(19)
(11) EP 3 696 486 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.08.2020  Patentblatt  2020/34

(21) Anmeldenummer: 19020068.3

(22) Anmeldetag:  13.02.2019
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Linde GmbH
82049 Pullach (DE)

(72) Erfinder:
  • Golubev, Dimitri
    82538 Geretsried (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde GmbH Intellectual Property EMEA Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) VERFAHREN UND ANLAGE ZUR BEREITSTELLUNG EINES ODER MEHRERER SAUERSTOFFREICHER, GASFÖRMIGER LUFTPRODUKTE


(57) Es wird ein Verfahren zur Herstellung eines oder mehrerer sauerstoffreicher, gasförmiger Luftprodukte vorgeschlagen, bei dem in einer Luftzerlegungsanlage (100-300) ein erster Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte unverflüssigte Luft umfasst, und ein zweiter Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte verflüssigte Luft umfasst, gebildet werden, und bei dem der erste und der zweite Prozessstrom getrennt voneinander einer Entspannung auf ein Betriebsdruckniveau einer Hochdruckkolonne (111) der Luftzerlegungsanlage (100-300) unterworfen und teilweise oder vollständig in die Hochdruckkolonne (111) eingespeist werden. Es ist vorgesehen, dass zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms Luft verwendet wird, die als Teil einer Gesamtluftmenge auf einem ersten Druckniveau und einem ersten Temperaturniveau bereitgestellt wird, wobei die Gesamtluftmenge unter Verwendung eines Luftverdichters (101) und eines Boosters (102), der parallel zu dem Luftverdichter (101) angeordnet ist, auf das erste Druckniveau gebracht wird, wobei der Booster (102) mit einer bei der Entspannung eines dritten Prozessstroms verwendeten Entspannungsturbine (109) gekoppelt ist und von dieser angetrieben wird. Eine Luftzerlegungsanlage (100-300) ist ebenfalls Gegenstand der vorliegenden Erfindung.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bereitstellung eines oder mehrerer sauerstoffreicher, gasförmiger Luftprodukte und eine entsprechende Anlage gemäß den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche.

Stand der Technik



[0002] Die Herstellung von Luftprodukten in flüssigem oder gasförmigem Zustand durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in Luftzerlegungsanlagen ist bekannt und beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH, 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification", beschrieben.

[0003] Der Begriff "Luftprodukt" soll sich hier auf ein Fluid beziehen, das zumindest teilweise durch Tieftemperaturzerlegung von atmosphärischer Luft bereitgestellt wird. Ein Luftprodukt weist ein oder mehrere in der atmosphärischen Luft enthaltene Luftgase in einer abweichenden Zusammensetzung als in der atmosphärischen Luft auf. Ein Luftprodukt kann grundsätzlich in gasförmigem, flüssigem oder überkritischem Zustand vorliegen und von einem dieser Zustände in einen anderen überführt werden. Insbesondere kann ein flüssiges Luftprodukt durch Erwärmen auf einem bestimmten Druck in den gasförmigen Zustand überführt ("verdampft") oder in den überkritischen Zustand überführt ("pseudoverdampft") werden, je nachdem, ob der Druck bei der Erwärmung unterhalb oder oberhalb des kritischen Drucks liegt.

[0004] Luftzerlegungsanlagen weisen Rektifikationskolonnensysteme auf, die herkömmlicherweise als Zweikolonnensysteme, insbesondere als klassische Linde-Doppelkolonnensysteme ausgebildet sind, aber auch als Drei- oder Mehrkolonnensysteme ausgebildet sein können. Neben den Rektifikationskolonnen zur Gewinnung von Stickstoff und/oder Sauerstoff in flüssigem und/oder gasförmigem Zustand, also den Rektifikationskolonnen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, können Rektifikationskolonnen zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten, insbesondere der Edelgase Krypton, Xenon und/oder Argon, vorgesehen sein. Häufig werden dabei die Begriffe "Rektifikation" und "Destillation" sowie "Kolonne" und "Säule" bzw. hieraus zusammengesetzte Begriffe synonym verwendet.

[0005] Die Rektifikationskolonnen der genannten Rektifikationskolonnensysteme werden auf unterschiedlichen Drücken betrieben. Bekannte Doppelkolonnensysteme weisen eine sogenannte Hochdruckkolonne (auch als Druckkolonne, Mitteldruckkolonne oder untere Kolonne bezeichnet) und eine sogenannte Niederdruckkolonne (auch als obere Kolonne bezeichnet) auf. Die Hochdruckkolonne wird typischerweise auf einem Druck von 4 bis 7 bar, insbesondere ca. 5,3 bar, betrieben. Die Niederdruckkolonne wird auf einem Druck von typischerweise 1 bis 2 bar, insbesondere ca. 1,4 bar, betrieben. In bestimmten Fällen können in beiden Rektifikationskolonnen auch höhere Drücke eingesetzt werden. Bei den hier jeweils angegebenen Drücken handelt es sich um Absolutdrücke am Kopf der jeweils angegebenen Kolonnen.

[0006] Zur Luftzerlegung können sogenannte Haupt(luft)verdichter/Nachverdichter-(Main Air Compressor/Booster Air Compressor-, MAC-BAC-)Verfahren oder sogenannte Hochluftdruck-(High Air Pressure-, HAP-)Verfahren eingesetzt werden. Bei den Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren handelt es sich um die eher konventionelleren Verfahren, Hochluftdruck-Verfahren kommen zunehmend in jüngerer Zeit als Alternativen zum Einsatz. Die vorliegende Erfindung eignet sich für beide Varianten der Luftzerlegung, kann jedoch insbesondere in Verbindung mit HAP-Verfahren eingesetzt werden. Aufgrund von deutlich geringeren Kosten - Haupt- und Nachverdichter sind gewissermaßen in einer Maschine integriert - und vergleichbarer Effizienz können Hochluftdruck-Verfahren eine vorteilhafte Alternative zu Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren darstellen.

[0007] Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass nur ein Teil der dem Rektifikationskolonnensystem insgesamt zugeführten Einsatzluftmenge auf einen Druck verdichtet wird, der wesentlich, d.h. um mindestens 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar, oberhalb des Drucks liegt, auf dem die Hochdruckkolonne betrieben wird. Ein weiterer Teil der Einsatzluftmenge wird lediglich auf diesen Druck oder einen Druck, der sich um nicht mehr als 1 bis 2 bar hiervon unterscheidet, verdichtet, und auf diesem in die Hochdruckkolonne eingespeist. Ein Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren ist beispielsweise bei Häring (s.o.) in Figur 2.3A gezeigt.

[0008] Bei einem Hochluftdruck-Verfahren wird hingegen die gesamte dem Rektifikationskolonnensystem insgesamt zugeführte Einsatzluftmenge auf einen Druck verdichtet, das wesentlich, d.h. um mindestens 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar, und beispielsweise bis zu 14, 16, 18 oder 20 bar, zu oberhalb des Drucks liegt, auf dem die Hochdruckkolonne betrieben wird. Hochluftdruck-Verfahren sind beispielsweise aus der EP 2 980 514 A1 und der EP 2 963 367 A1 bekannt.

[0009] Hochluftdruck-Verfahren kommen typischerweise mit der sogenannten Innenverdichtung (IV, Internal Compression, IC) zum Einsatz. Bei der Innenverdichtung wird wenigstens ein gasförmiges, druckbeaufschlagtes Luftprodukt, das mittels der Luftzerlegungsanlage bereitgestellt wird, dadurch gebildet, dass dem Rektifikationskolonnensystem ein tiefkaltes, flüssiges Luftprodukt entnommen, einer Druckerhöhung auf einen Produktdruck unterworfen, und auf dem Produktdruck durch Erwärmen in den gasförmigen oder überkritischen Zustand überführt wird. Beispielsweise können mittels Innenverdichtung gasförmiger, druckbeaufschlagter Sauerstoff (GOX IV, GOX IC) gasförmiger, druckbeaufschlagter Stickstoff (GAN IV, GAN IC) und/oder gasförmiges, druckbeaufschlagtes Argon (GAR IV, GAR IC) erzeugt werden. Die Innenverdichtung bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber einer alternativ ebenfalls möglichen externen Verdichtung und ist z.B. bei Häring (s.o.) in Abschnitt 2.2.5.2, "Internal Compression", erläutert. Anlagen zur Tieftemperaturzerlegung von Luft, bei der eine Innenverdichtung zum Einsatz kommt, sind auch in der US 2007/0209389 A1 und in der WO 2015/127648 A1 gezeigt.

[0010] Die vorliegende Erfindung stellt sich die Aufgabe, ein kostengünstiges und effizientes Hochluftdruck-Verfahren bereitzustellen, wobei ein vorteilhafter Einsatz unter bestimmten, unten angegebenen Randbedingungen angestrebt wird.

Offenbarung der Erfindung



[0011] Vor diesem Hintergrund schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Bereitstellung eines oder mehrerer sauerstoffreicher, gasförmiger Luftprodukte und eine entsprechende Anlage mit den jeweiligen Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vor. Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der jeweiligen abhängigen Patentansprüche und der nachfolgenden Beschreibung.

[0012] Es werden zunächst weitere Grundlagen der Erfindung näher erläutert und zur Beschreibung der Erfindung verwendete Begriffe definiert.

[0013] Unter einer "Einsatzluftmenge" oder kurz "Einsatzluft" wird hier die gesamte, dem Rektifikationskolonnensystem einer Luftzerlegungsanlage zugeführte ("eingesetzte") Luft verstanden. Wie bereits zuvor erläutert, wird diese Einsatzluftmenge in einem Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren nur zu einem Teil auf ein Druckniveau verdichtet, das deutlich oberhalb des Druckniveaus der Hochdruckkolonne liegt. Hingegen wird in einem Hochluftdruck-Verfahren die gesamte Einsatzluftmenge auf ein derartig hohes Druckniveau verdichtet. Zur Bedeutung des Begriffs "deutlich" im Zusammenhang mit Hauptverdichter/Nachverdichter- und Hochluftdruck-Verfahren sei auf die obigen Erläuterungen verwiesen.

[0014] Unter einer "tiefkalten" Flüssigkeit wird hier ein flüssiges Medium verstanden, dessen Siedepunkt deutlich unterhalb der Umgebungstemperatur liegt, z.B. bei -50 °C oder weniger, insbesondere bei -100 °C oder weniger. Beispiele für tiefkalte Flüssigkeiten sind flüssige Luft, flüssiger Sauerstoff, flüssiger Stickstoff, flüssiges Argon oder Flüssigkeiten, die reich an den genannten Verbindungen sind.

[0015] Zu den in Luftzerlegungsanlagen eingesetzten Vorrichtungen bzw. Apparaten sei auf Fachliteratur wie Häring (s.o.), insbesondere Abschnitt 2.2.5.6, "Apparatus" verwiesen. Nachfolgend werden zur Verdeutlichung und klareren Abgrenzung einige Aspekte entsprechender Vorrichtungen näher erläutert.

[0016] In Luftzerlegungsanlagen kommen zur Verdichtung der Einsatzluftmenge mehrstufige Turboverdichter zum Einsatz, die hier als "Hauptluftverdichter" bezeichnet werden. Der mechanische Aufbau von Turboverdichtern ist dem Fachmann grundsätzlich bekannt. In einem Turboverdichter erfolgt die Verdichtung des zu verdichtenden Mediums mittels Turbinenschaufeln, die auf einem Turbinenrad oder direkt auf einer Welle angeordnet sind. Ein Turboverdichter bildet dabei eine bauliche Einheit, die jedoch bei einem mehrstufigen Turboverdichter mehrere Verdichterstufen aufweisen kann. Eine Verdichterstufe umfasst dabei in der Regel ein Turbinenrad oder eine entsprechende Anordnung von Turbinenschaufeln. Alle dieser Verdichterstufen können von einer gemeinsamen Welle angetrieben werden. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, die Verdichterstufen gruppenweise mit unterschiedlichen Wellen anzutreiben, wobei die Wellen auch über Getriebe miteinander verbunden sein können.

[0017] Der Hauptluftverdichter zeichnet sich ferner dadurch aus, dass durch diesen die gesamte in das Destillationskolonnensystem eingespeiste und zur Herstellung von Luftprodukten verwendete Luftmenge, also die gesamte Einsatzluftmenge, verdichtet wird. Entsprechend kann auch ein "Nachverdichter" vorgesehen sein, in dem aber nur ein Teil der im Hauptluftverdichter verdichteten Einsatzluftmenge auf einen nochmals höheren Druck gebracht wird. Auch dieser kann Turboverdichter ausgebildet sein. Zur Verdichtung von Teilluftmengen sind typischerweise weitere Turboverdichter vorgesehen, die auch als Booster bezeichnet werden, im Vergleich zu dem Hauptluftverdichter oder dem Nachverdichter jedoch nur eine Verdichtung in relativ geringem Umfang vornehmen. Auch in einem Hochluftdruck-Verfahren kann ein Nachverdichter vorhanden sein, dieser verdichtet jedoch eine Teilmenge der Einsatzluftmenge dann ausgehend von einem höheren Druckniveau.

[0018] An mehreren Stellen in Luftzerlegungsanlagen kann ferner Luft entspannt werden, wozu unter anderem Entspannungsmaschinen in Form von Turboexpandern, hier auch als "Entspannungsturbinen" bezeichnet, zum Einsatz kommen können. Turboexpander können auch mit Turboverdichtern gekoppelt sein und diese antreiben. Werden ein oder mehrere Turboverdichter ohne extern zugeführte Energie, d.h. nur über einen oder mehrere Turboexpander, angetrieben, wird für eine derartige Anordnung auch der Begriff "Turbinenbooster" verwendet. In einem Turbinenbooster sind der Turboexpander (die Entspannungsturbine) und der Turboverdichter (der Booster) mechanisch gekoppelt, wobei die Kopplung drehzahlgleich (beispielsweise über eine gemeinsame Welle) oder drehzahlunterschiedlich (beispielsweise über ein zwischengeschaltetes Getriebe) erfolgen kann.

[0019] Unter einem "Kaltverdichter" bzw. "Kaltbooster" soll hier ein Verdichter bzw. Booster verstanden werden, dem Fluid auf einem Temperaturniveau unterhalb der Umgebungstemperatur, insbesondere bei weniger als 0 °C, -50 °C oder -100 °C und ggf. mehr als -150 °C oder -200 °C zugeführt wird.

[0020] Flüssige, gasförmige oder auch im überkritischen Zustand vorliegende Fluide können im hier verwendeten Sprachgebrauch reich oder arm an einer oder mehreren Komponenten sein, wobei "reich" für einen Gehalt von wenigstens 75%, 90%, 95%, 99%, 99,5%, 99,9% oder 99,99% und "arm" für einen Gehalt von höchstens 25%, 10%, 5%, 1%, 0,1% oder 0,01% auf Mol-, Gewichts- oder Volumenbasis stehen kann. Der Begriff "überwiegend" kann der soeben getroffenen Definition von "reich" entsprechen, bezeichnet jedoch insbesondere einen Gehalt von mehr als 90%. Ist hier beispielsweise von "Stickstoff" die Rede, kann es sich um ein Reingas, aber auch ein an Stickstoff reiches Gas handeln.

[0021] Nachfolgend werden zur Charakterisierung von Drücken und Temperaturen die Begriffe "Druckniveau" und "Temperaturniveau" verwendet, wodurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Drücke und Temperaturen nicht in Form exakter Druck- bzw. Temperaturwerte verwendet werden müssen, um ein erfinderisches Konzept zu verwirklichen. Jedoch bewegen sich derartige Drücke und Temperaturen typischerweise in bestimmten Bereichen, die beispielsweise ± 1%, 5% oder 10% um einen Mittelwert liegen. Unterschiedliche Druckniveaus und Temperaturniveaus können dabei in disjunkten Bereichen liegen oder in Bereichen, die einander überlappen. Insbesondere schließen beispielsweise Druckniveaus unvermeidliche oder zu erwartende Druckverluste, beispielsweise aufgrund von Abkühlungseffekten, ein. Entsprechendes gilt für Temperaturniveaus. Bei hier in bar angegebenen Druckniveaus handelt es sich um Absolutdrücke.

Vorteile der Erfindung



[0022] Bekannte Hochluftdruck-Verfahren werden häufig nach der sogenannten Flüssigleistung bzw. nach dem Verhältnis von innenverdichteten Produkten zu Flüssigprodukten klassifiziert und unterschieden. Die Flüssigleistung bezeichnet dabei die Menge an Luftprodukten, die flüssig aus der Anlage bzw. einem entsprechenden Verfahren ausgeführt werden, bei denen also keine Verdampfung oder Pseudoverdampfung erfolgt. Mittels derartiger Produkte können also keine Einsatzströme in die Anlage bzw. das Verfahren gekühlt werden. Daher ist dann, wenn weniger Luftprodukte flüssig aus der aus der Anlage bzw. einem entsprechenden Verfahren ausgeführt sondern diese verdampft bzw. pseudoverdampft werden, gewissermaßen Kälte im Überschuss vorhanden.

[0023] Bei einer geringen Flüssigleistung kann daher beispielsweise ein sogenannter Kaltbooster eingesetzt werden, um die Prozesseffizienz durch die Umwandlung solcher überschüssiger Kälte in höheren Luftdruck zu steigern: Der Wärmeeintrag durch den Kaltbooster vernichtet die im Überschuss vorhandene Kälte zum Teil; der Kaltbooster verdichtet aber im Gegenzug dazu einen Teil der Einsatzluft, so dass beispielsweise die Leistung des Hauptluftverdichters entsprechend reduziert werden kann. Die Ansaugtemperatur eines Kaltboosters liegt, wie oben bereits angesprochen, unterhalb der Umgebungstemperatur, so dass sich die Leistungsaufnahme bei einem zur Vereinfachung angenommenen idealen Gasverhalten reduziert.

[0024] Die Erfindung soll sich nun insbesondere für ein Hochluftdruck-Verfahren eignen, bei dem gasförmiger Sauerstoff ohne (nennenswerte) Flüssigproduktion hergestellt werden soll. Die Besonderheit liegt dabei in der Aufteilung des gasförmigen Sauerstoffs in zwei Fraktionen unterschiedlicher Drücke (beinahe drucklos und druckbeaufschlagt, beispielsweise bei ca. 31 bar) in einem Verhältnis von ca. 1 zu 2. Ein beispielhaftes Produktspektrum von Luftprodukten (allesamt gasförmig), für das sich die Erfindung eignen soll, ist in der nachfolgenden Tabelle 1 angegeben. Die Erfindung ist jedoch nicht auf dieses spezifische Beispiel oder auch nur die hier angegebenen Größenordnungen beschränkt.
Tabelle 1
Produkt Menge (Nm3/h) Druck (bar)
Sauerstoff 18.700 1,3
Sauerstoff 44.750 31
Argon 1.865 17
Stickstoff 75.000 1,3


[0025] Das erfindungsgemäß vorgeschlagene Verfahren soll sich ferner insbesondere für die Verwendung von Einsatzluft eignen, die auf einem Druckniveau von ca. 6 bar bereitgestellt wird (beispielsweise aus einem vorhandenen Versorgungsnetz am Standort, einer sogenannten "Luftschiene"). Aus diesem Grund umfasst eine Luftzerlegungsanlage, wie sie gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung vorgeschlagen wird, bzw. ein entsprechendes Verfahren, eine wie in einem Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren übliche Verschaltung, bei der ferner eine Einblaseturbine (Lachmann-Turbine) vorgesehen ist. Wie nachfolgend erläutert, kann jedoch im Rahmen der vorliegenden Erfindung anstelle einer Einblase- bzw. Lachmann-Turbine auch eine zweite Turbine verwendet werden, die nach Art einer Claude-Turbine Luft in die Hochdruckkolonne entspannt. Zu den Begriffen "Claude-Turbine" und "Lachmann-Turbine" wird auf Fachliteratur, beispielsweise F.G. Kerry, Industrial Gas Handbook: Gas Separation and Purification, CRC Press, 2006, insbesondere die Abschnitte 2.4, "Contemporary Liquefaction Cycles", 2.6, "Theoretical Analysis of the Claude Cycle" und 3.8.1, "The Lachmann Principle", verwiesen.

[0026] Insgesamt schlägt die vorliegende Erfindung vor diesem Hintergrund ein Verfahren zur Herstellung eine oder mehrerer sauerstoffreicher, gasförmiger Luftprodukte vor, bei dem in einer Luftzerlegungsanlage ein erster Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte unverflüssigte Luft umfasst, und ein zweiter Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte verflüssigte Luft umfasst, gebildet werden, und bei dem der erste und der zweite Prozessstrom getrennt voneinander einer Entspannung auf ein Betriebsdruckniveau einer Hochdruckkolonne der Luftzerlegungsanlage unterworfen und teilweise oder vollständig in die Hochdruckkolonne eingespeist werden. Es versteht sich in diesem Zusammenhang jeweils, dass nach der Entspannung zu dem ersten und dem zweiten Prozessstrom jeweils noch weitere Stoffströme zugespeist und zusammen mit diesen in die Hochdruckkolonne eingespeist werden können. Ferner versteht sich, dass jeweils nicht der gesamte erste bzw. zweite Prozessstrom nach der Entspannung in die Hochdruckkolonne eingespeist werden muss.

[0027] Der erste Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte unverflüssigte Luft umfasst, wird dabei insbesondere in einer Entspannungsturbine entspannt, wie auch nachfolgend noch im Detail erläutert. Es handelt sich damit um einen sogenannten Turbinenstrom, wie er auch in bekannten Verfahren der Luftzerlegung gebildet wird. Die zur Entspannung eines entsprechenden Turbinenstroms verwendete Entspannungsturbine ist eine typische Claude-Turbine. Der zweite Prozessstrom, der im Rahmen der vorliegenden Erfindung gebildet wird und überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte verflüssigte Luft umfasst, entspricht einem bekannten Drosselstrom, wie er auch im Stand der Technik gebildet wird. Zur Entspannung des zweiten Prozessstroms, also des Drosselstroms, kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung beispielsweise ein Entspannungsventil verwendet werden; es kann jedoch auch beispielsweise eine sogenannte Flüssigturbine bzw. ein sogenannter Dichtfluid-Expander (Dense Liquid Expander, DLE), wie er aus dem Stand der Technik bekannt ist, zum Einsatz kommen. Vorteile von Flüssigturbinen sind im Stand der Technik umfangreich beschrieben, beispielsweise bei Häring (s.o.), Abschnitt 2.2.5.6, "Apparatus", Seite 48 und 49.

[0028] Es versteht sich, dass der erste und der zweite Prozessstrom im Rahmen der vorliegenden Erfindung auf einem Druckniveau gebildet werden, das oberhalb des Betriebsdruckniveaus der Hochdruckkolonne liegt. Unter dem Betriebsdruckniveau der Hochdruckkolonne wird dabei im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere ein Druckniveau verstanden, wie es an einer Einspeisestelle des ersten bzw. zweiten Prozessstroms in die Hochdruckkolonne vorliegt, bzw. ein Druckbereich, der die Drücke an diesen Einspeisestellen umfasst. Es ist bekannt, dass Rektifikationskolonnen im Betrieb Druckgradienten aufweisen können. Daher bezeichnet, wie erwähnt, der Begriff des "Betriebsdruckniveaus" den Druck an der jeweiligen Einspeisestelle bzw. einen entsprechenden Druckbereich.

[0029] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms jeweils Luft verwendet wird, die als Teil einer Gesamtluftmenge auf einem ersten Druckniveau und einem ersten Temperaturniveau bereitgestellt wird, wobei die Gesamtluftmenge unter Verwendung eines Luftverdichters und eines Boosters, der parallel zu dem Luftverdichter angeordnet ist, auf das erste Druckniveau gebracht wird, und wobei der Booster mit einer bei der Entspannung eines dritten Prozessstroms verwendeten Entspannungsturbine gekoppelt ist und von dieser angetrieben wird. Der dritte Prozessstrom wird ebenfalls unter Verwendung eines Teils der Gesamtluftmenge gebildet, wie unten im Detail erläutert.

[0030] Die Luft, die zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms verwendet wird, wird im Rahmen einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung, die nun vorab erläutert wird, nacheinander einer Abkühlung auf ein zweites Temperaturniveau, einer Verdichtung auf ein zweites Druckniveau, einer Abkühlung auf ein drittes Temperaturniveau und, unter Erhalt einer Flüssigphase und einer Gasphase, einer Phasentrennung unterworfen wird. Das erste Temperaturniveau liegt im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere oberhalb von 0 °C, beispielsweise bei Umgebungstemperatur, typischerweise in einem Bereich von 10 bis 50° C. Das zweite Temperaturniveau liegt im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere bei -120 is -150 °C; die Verdichtung auf das zweite Druckniveau erfolgt also ausgehend von einem entsprechend niedrigen Temperaturniveau. Ein für die Verdichtung auf das zweite Druckniveau verwendeter Verdichter bzw. Booster, welcher vorteilhafterweise mittels einer Entspannungsturbine angetrieben wird, die den ersten Prozessstrom auf das Betriebsdruckniveau der Hochdruckkolonne entspannt, ist daher ein sogenannter Kaltbooster, wie er einleitend bereits erläutert wurde.

[0031] Das erste Druckniveau (stromauf des Kaltboosters) liegt im Rahmen der soeben angesprochenen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung insbesondere bei 7 bis 13 bar, das zweite Druckniveau (stromab des Kaltboosters), auf das die zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms verwendete Luft nach der Abkühlung auf das zweite Temperaturniveau verdichtet wird, bei insbesondere 11 bis 17 bar. Das dritte Temperaturniveau, auf das die zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms verwendete Luft in dieser Ausgestaltung nach der Verdichtung auf das zweite Druckniveau abgekühlt wird (nachdem sie sich zuvor durch die Verdichtung erwärmt hat) liegt insbesondere bei -140 bis -170 °C.

[0032] Im Rahmen der soeben angesprochenen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass der erste Prozessstrom unter Verwendung zumindest eines Teils der Gasphase aus der erwähnten Phasentrennung gebildet wird, und dass der zweite Prozessstrom unter Verwendung zumindest eines Teils der Flüssigphase gebildet wird, die in der Phasentrennung gebildet wird. Insbesondere kann der erste Prozessstrom die gesamte Gasphase und/oder der zweite Prozessstrom die gesamte Flüssigphase umfassen, die jeweils in der Phasentrennung gebildet werden.

[0033] Der erste Prozessstrom wird in dieser Ausgestaltung der Erfindung der Entspannung auf das Druckniveau der Hochdruckkolonne auf dem zweiten Druckniveau und dem dritten Temperaturniveau zugeführt, und das zweite Druckniveau und das dritte Temperaturniveau werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere derart gewählt, dass sich bei der Entspannung des ersten Prozessstroms auf das Betriebsdruckniveau der Hochdruckkolonne ein Flüssiganteil von 5% bis 15%, bezogen auf den gesamten ersten Prozessstrom, bildet. Beispielsweise beträgt der Flüssiganteil im Rahmen der vorliegenden Erfindung ca. 10%.

[0034] Mit anderen Worten wird die für die Entspannung des ersten Prozessstroms verwendete Entspannungsturbine im Rahmen der erwähnten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung mit einem definierten (Tau-) Zustand am Turbineneintritt betrieben, die zu einem entsprechenden Flüssiganteil am Austritt der Turbine führt. Durch einen entsprechenden Betrieb kann das Verfahrenspotential optimal ausgeschöpft werden und es ergibt sich ein zuverlässiger Betrieb. Der erwähnte Flüssiganteil bezeichnet dabei insbesondere einen Anteil, der sich aus den jeweiligen Normvolumina der gebildeten Anteile berechnet.

[0035] Der Betrieb der Entspannungsturbine zur Entspannung des ersten Prozessstroms ist dabei insbesondere im Zusammenhang mit einer verwendeten Einblaseturbine bzw. einer Entspannungsturbine, die einen weiteren Turbinenstrom entspannt, zu betrachten, wie nachfolgend erläutert.

[0036] Würde man das vorgeschlagene Verfahren konventionell, also mit üblicher Optimierung der Turbinen-Eintrittstemperaturen betrachten, so würde man feststellen, dass der Austrittszustand bei einer entsprechenden Einblaseturbine stark in die Vorverflüssigung geht, und der Eintrittszustand der zur Entspannung des ersten Prozessstroms verwendeten Turbine nur eine relativ geringe Überhitzung von ca. 2 bis 2,5 K gegenüber dem Taupunkt aufweist. Derartige Betriebszustände sind aus dem Blickwinkel der Betriebstechnik ungünstig, da zum einen zusätzliche Maßnahmen erforderlich wären, um die am Austritt der Einblaseturbine anfallende Flüssigkeit sicher mit in die Niederdruckkolonne zu befördern und zum anderen es zu einer Vorverflüssigung stromauf der zu Entspannung des ersten Prozessstroms verwendeten Entspannungsturbine kommen könnte. Bei einer derartigen Vorverflüssigung sind ggf. Schäden an den Eintrittsdüsen in eine entsprechende Entspannungsturbine sowie der Laufradoberfläche zu befürchten.

[0037] Daher wird im Rahmen der erwähnten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ferner vorgeschlagen, den Eintrittszustand eines entsprechenden Prozessstroms in die Einblaseturbine höher zu setzen bzw. derart zu wählen, dass keine Flüssigkeit an deren Austritt anfällt. Der Eintrittszustand in die zur Entspannung des ersten Prozessstroms verwendete Turbine wird im Gegenzug dazu niedriger gesetzt, so dass die aus Bilanzsicht "fehlende" Flüssigkeit von der Einblaseturbine praktisch bei der Entspannung des ersten Prozessstroms gebildet wird.

[0038] Ein wesentliches Merkmal der zuvor erläuterten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung besteht dabei darin, dass der Turbinenstrom, d.h. der erste Prozessstrom und der zweite Prozessstrom, also ein Drosselstrom, gemeinsam abgekühlt und vor dem Eintritt in die Turbine vorverflüssigt werden, wie zuvor erläutert. Die dabei anfallende Flüssigkeit wird in einem Abscheider abgeschieden und in Form des zweiten Prozessstroms insbesondere zurück in den Wärmetauscher zwecks Unterkühlung geleitet. Das Gas aus einem entsprechenden Abscheider wird in Form des ersten Prozessstroms direkt in die Turbine geführt, wie bereits zuvor mit anderen Worten beschrieben.

[0039] Lediglich zur Klarstellung sei nochmals zusammengefasst erwähnt, dass die zur Bereitstellung des ersten und des zweiten Prozessstroms verwendete Luft der Abkühlung auf das zweite Temperaturniveau auf dem ersten Druckniveau und dem ersten Temperaturniveau, der Verdichtung auf das zweite Druckniveau auf dem zweiten Temperaturniveau und dem ersten Druckniveau, die Abkühlung auf das dritte Temperaturniveau auf dem zweiten Druckniveau und einem Temperaturniveau unterhalb des zweiten Temperaturniveaus, und der Phasentrennung auf dem zweiten Druckniveau und dem dritten Temperaturniveau zugeführt wird.

[0040] In sämtlichen Fällen kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung neben dem zweiten Prozessstrom auch ein weiterer Prozessstrom in einem Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage verflüssigt und teilweise oder vollständig in die Hochdruckkolonne entspannt werden, und zwar insbesondere gemeinsam mit dem zweiten Prozessstrom, wobei eine Entspannung separat zu dem zweiten Prozessstrom oder gemeinsam mit diesem erfolgen kann.

[0041] Wie bereits erläutert, wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorteilhafterweise eine Einblaseturbine verwendet bzw. ein entsprechender Stoffstrom gebildet. Es kann aber auch ein zweiter Turbinenstrom bereitgestellt werden. Unter Verwendung eines entsprechenden Prozessstroms wird, wie erwähnt, ein Booster, der bei der Bereitstellung der Gesamtluftmenge auf dem ersten Druckniveau verwendet wird, angetrieben. Mit anderen Worten umfasst die vorliegende Erfindung, dass ein dritter Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte unverflüssigte Luft umfasst, gebildet wird, wobei der dritte Prozessstrom einer Entspannung auf ein Betriebsdruckniveau einer Niederdruckkolonne der Luftzerlegungsanlage unterworfen und teilweise oder vollständig in die Niederdruckkolonne eingespeist werden kann, oder einer Entspannung auf das Betriebsdruckniveau der Hochdruckkolonne der Luftzerlegungsanlage unterworfen und teilweise oder vollständig in die Hochdruckkolonne eingespeist werden kann. Der dritte Prozessstrom wird der Entspannung insbesondere auf einem Temperaturniveau zugeführt, das mehr als 10 K oberhalb des dritten Temperaturniveaus liegt und sich um weniger als 10 K von dem zweiten Temperaturniveau unterscheidet.

[0042] Wie bereits erwähnt, wird die Entspannung eines derartigen dritten Prozessstroms im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere derart durchgeführt, dass sich am Austritt einer für diese Entspannung verwendete Entspannungsturbine kein bzw. kein nennenswerter Flüssigkeitsanteil bildet. Dieser Flüssigkeitsanteil, der aus Bilanzgründen erforderlich ist, wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung stattdessen, wie zuvor bereits erwähnt, insbesondere in der für die Entspannung des ersten Prozessstroms verwendeten Entspannungsturbine gebildet.

[0043] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird auch zur Bildung des dritten Prozessstroms Luft verwendet, die als Teil der Gesamtluftmenge auf dem ersten Druckniveau und dem ersten Temperaturniveau bereitgestellt wird. Diese Luft wird sodann insbesondere einer Abkühlung auf ein viertes Temperaturniveau unterworfen. Das vierte Temperaturniveau kann insbesondere bei -120 bis -150 °C liegen. Es wird, in Kombination mit dem verwendeten Druck, also dem ersten Druckniveau, derart gewählt, dass sich die erläuterten Austrittsbedingungen an einer zur Entspannung des dritten Prozessstroms verwendeten Turbine einstellen.

[0044] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist die auf dem ersten Druckniveau bereitgestellte Luft, die zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms verwendet wird, wie erwähnt, ein Teil einer Gesamtluftmenge, die unter Verwendung eines Luftverdichters und eines Boosters, der parallel zu dem Luftverdichter angeordnet ist, auf das erste Druckniveau gebracht wird. Auch die Luft, die zur Bildung des dritten Prozessstroms verwendet wird, ist Teil dieser Gesamtluftmenge. Der Booster wird dabei mit einer bei der Entspannung des dritten Prozessstroms verwendeten Entspannungsmaschine gekoppelt und wird mittels dieser Entspannungsmaschine angetrieben. Der Antrieb des Boosters kann ausschließlich oder zum Teil unter Verwendung dieser Entspannungsmaschine erfolgen, mit anderen Worten kann auch beispielsweise ein zusätzlicher motorischer Antrieb eingesetzt werden. Die Kopplung kann auch unter Zwischenschaltung einer Bremse erfolgen, so dass nicht die gesamte Antriebsleistung, die bei der Entspannung des dritten Prozessstroms frei wird, zum Antreiben des Boosters verwendet wird. Insbesondere kann der Luftverdichter ausschließlich mittels externer Energie, d.h. ohne Verwendung von Leistung, die bei der Entspannung eines Prozessstroms der Luftzerlegungsanlage frei wird, und der Booster ausschließlich durch Entspannung eines entsprechenden Prozessstroms angetrieben werden.

[0045] Es sei nochmals klargestellt, dass im Rahmen der vorliegenden Erfindung stets ein erster Anteil der Gesamtluftmenge durch den Luftverdichter und nicht durch den Booster geführt wird, und dass ein zweiter Anteil der Gesamtluftmenge durch den Booster und nicht durch den Luftverdichter geführt wird. Unter Verwendung der Gesamtluftmenge werden der erste, der zweite und der dritte Prozessstrom gebildet; es kann jedoch insbesondere auch noch ein weiterer Prozessstrom in Form eines weiteren Drosselstroms gebildet werden, dessen Luft in einem Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage abgekühlt, verflüssigt und in die Hochdruckkolonne eingespeist werden kann. Zu weiteren Details sei auf die eingangs erläuterte Fachliteratur verwiesen.

[0046] Vorteilhafterweise umfasst der zweite Anteil der Gesamtluftmenge 5% bis 25% der Gesamtluftmenge und der erste Anteil der Gesamtluftmenge umfasst insbesondere den Rest der Gesamtluftmenge. Auch diese Anteile sind jeweils auf Normvolumenströme bezogen. Der erste Anteil kann dabei im Rahmen der vorliegenden Erfindung im ausgewerteten Fall insbesondere 13% bis 17% der Gesamtluftmenge umfassen. Durch die Verdichtung dieses Anteils der Gesamtluftmenge in einem Booster kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung eine Kostenreduzierung für den Luftverdichter erzielt werden. Der Luftverdichter kann auf diese Weise insbesondere einstufig ausgeführt werden. Er kann insbesondere mit Luft versorgt werden, welche aus einem Luftversorgungsnetz stammt, und welche in diesem Luftversorgungsnetz bereits auf ein bestimmtes Druckniveau verdichtet ist. Jedoch kann der Luftverdichter auch, beispielsweise als Verdichterstufe, weiteren Verdichterstufen nachgeschaltet sein.

[0047] Insbesondere sei betont, dass im Rahmen der vorliegenden Erfindung der Booster nicht zur Verdichtung einer bereits einer Aufreinigung unterzogenen Luftmenge verwendet wird. Vielmehr wird der Booster im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere stromauf eines entsprechenden Reinigungssystems eingesetzt. Mit anderen Worten wird gemäß einer besonders bevorzugten Ausgestaltung die Gesamtluftmenge unter Verwendung des Luftverdichters und des Boosters in wasserhaltigem Zustand verdichtet und danach, d.h. nach der Verdichtung, vorgekühlt und getrocknet. Wie bereits erwähnt, kann die Gesamtluftmenge dem Luftverdichter und dem Booster auf einem überatmosphärischen Druckniveau zugeführt werden. Die Gesamtluftmenge kann anlagenextern auf diesen überatmosphärischen Ausgangsdruckniveau bereitgestellt oder in der Luftzerlegungsanlage auf dieses Ausgangsdruckniveau verdichtet werden.

[0048] Wie mehrfach erläutert, kann die vorliegende Erfindung insbesondere in Luftzerlegungsverfahren zum Einsatz kommen, im Rahmen derer keine oder nur ausgesprochen geringe Mengen an flüssigen Luftprodukten gebildet werden. Mit anderen Worten umfasst die vorliegende Erfindung gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform, dass eine maximal 2% der Gesamtluftmenge entsprechende Menge eines oder mehrerer Luftprodukte flüssig aus der Luftzerlegungsanlage ausgeleitet wird. Die Ausleitung kann ferner kontinuierlich oder nur zeitweise erfolgen. Die Maximalmenge kann insbesondere auch 1.5%, 1% oder 0,5% betragen.

[0049] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung werden insbesondere zwei oder mehr als zwei sauerstoffreiche, gasförmige Luftprodukte bereitgestellt. Ein erstes dieser sauerstoffreichen, gasförmigen Luftprodukte kann dabei durch Innenverdichtung bereitgestellt werden, wie zuvor mehrfach erläutert. Hierzu wird typischerweise der Niederdruckkolonne sauerstoffreiche Flüssigkeit entnommen, unter Verwendung einer Innenverdichtungspumpe druckerhöht und unter dem Druck, auf den sie mittels der Innnenverdichtungspumpe druckerhöht wurde, in einem Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage in den gasförmigen oder überkritischen Zustand überführt. Ein zweites dieser sauerstoffreichen, gasförmigen Luftprodukte wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere ohne Druckerhöhung gasförmig aus der Niederdruckkolonne entnommen.

[0050] Die vorliegende Erfindung bezieht sich ferner auf eine Luftzerlegungsanlage zur Bereitstellung eines oder mehrerer sauerstoffreicher, gasförmiger Luftprodukte. Zu den Merkmalen der erfindungsgemäß vorgeschlagenen Luftzerlegungsanlage sei auf den entsprechenden unabhängigen Patentanspruch ausdrücklich verwiesen. Eine entsprechende Luftzerlegungsanlage profitiert von den zuvor bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens und seiner bevorzugten Ausgestaltungen erläuterten Vorteilen, auf die daher ausdrücklich verwiesen wird. Insbesondere ist eine derartige Luftzerlegungsanlage dafür eingerichtet, ein Verfahren gemäß einer der zuvor erläuterten Ausgestaltungen durchzuführen, und weist hierzu eingerichtete Mittel auf.

[0051] Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher erläutert, welche bevorzugte Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung veranschaulichen.

[0052] Kurze Beschreibung der Zeichnungen

Figur 1 veranschaulicht eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.

Figur 2 veranschaulicht eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.

Figur 3 veranschaulicht eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.



[0053] In den Figuren sind einander baulich oder funktionell entsprechende Elemente mit identischen Bezugszeichen veranschaulicht und werden der Übersichtlichkeit halber nicht wiederholt erläutert.

Ausführliche Beschreibung der Zeichnungen



[0054] In den Figuren 1 bis 3 sind jeweils mit 100, 200 und 300 bezeichnete Luftzerlegungsanlagen gemäß bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung veranschaulicht. Die Luftzerlegungsanlagen 100, 200 und 300 weisen dabei eine Reihe identisch ausgebildeter Komponenten auf, können in der Praxis jedoch auch baulich voneinander abweichen. Nachfolgend wird zunächst die Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1 erläutert; bezüglich der in den Figuren 2 und 3 veranschaulichten Luftzerlegungsanlagen 200 und 300 werden nachfolgend nur die unterscheidenden Merkmale thematisiert.

[0055] In der in Figur 1 veranschaulichten Luftzerlegungsanlage 100 wird Luft A, die bereits außerhalb der Anlage 100 druckbeaufschlagt wurde, in Form eines Einsatzluftstroms a bereitgestellt. Diese Luft kann beispielsweise aus einem Versorgungsnetz stammen und beispielsweise auf einem Druck von ca. 6 bar vorliegen. Abweichend zu der Darstellung gemäß Figur 1 kann die Luft A jedoch auch innerhalb der Luftzerlegungsanlage 100 auf Druck gebracht werden.

[0056] Die Einsatzluft A des Einsatzluftstroms a wird nach einer (in bestimmten Fällen erforderlichen) Vorkühlung in einem nicht gesondert bezeichneten Wärmetauscher in zwei Teilströme b und c aufgeteilt, wobei der Teilstrom b in einem Luftverdichter 101 und der Teilstrom c in einem Booster 102 verdichtet werden. Im hier verwendeten Sprachgebrauch wird ein Druckniveau stromauf des Luftverdichters 101 und des Boosters 102 als "Ausgangsdruckniveau", ein Druckniveau stromab des Luftverdichters 101 und des Boosters 102 hingegen als "erstes Druckniveau" bezeichnet. Der Luftverdichter 101 ist vorzugsweise einstufig ausgeführt. Wie zuvor erläutert, wird der überwiegende Anteil der Einsatzluft A in Form des Stoffstroms b in dem Luftverdichter 101, ein kleinerer Anteil jedoch parallel dazu in dem Booster 102 verdichtet.

[0057] Nach der Verdichtung werden die Teilströme b und c im dargestellten Beispiel zu einem Sammelstrom d vereinigt, welcher in grundsätzlich bekannter Weise in einer Vorkühleinrichtung 103 unter Verwendung von Kühlwasser (Vorlauf B, Rücklauf C) gekühlt wird. Der gekühlte Einsatzluftstrom wird weiterhin mit d bezeichnet und anschließend einer Reinigungseinrichtung 104, beispielsweise umfassend ein Paar im Wechselbetrieb betriebener Adsorberbehälter, zugeführt.

[0058] Der entsprechend von Wasser und Kohlendioxid befreite Stoffstrom, der hier jedoch weiterhin mit d bezeichnet wird, wird in mehrere Teilströme aufgeteilt. Ein Teilstrom e wird dabei (auf dem ersten Druckniveau und einem hier als "erstes Temperaturniveau" bezeichneten Temperaturniveau) einem Hauptwärmetauscher 105 der Luftzerlegungsanlage 100 zugeführt. Der Teilstrom e wird dem Hauptwärmetauscher 105 auf einem Temperaturniveau entnommen, das hier als "zweites Temperaturniveau" bezeichnet wird. Der Teilstrom e liegt dabei zunächst noch auf dem ersten Druckniveau vor. Der Teilstrom e wird auf dem ersten Druckniveau und dem zweiten Temperaturniveau einer Verdichtung in einem Kaltbooster 106 unterworfen. Er wird hierdurch auf ein höheres Druckniveau gebracht, das hier als "zweites Druckniveau" bezeichnet wird.

[0059] Die Temperatur des Teilstroms e erhöht sich durch die Verdichtung aufgrund der eingebrachten Verdichtungswärme, so dass der Teilstrom e dem Hauptwärmetauscher 105 auf einem Zwischentemperaturniveau oberhalb des zweiten Temperaturniveaus wieder zugeführt wird. Der Teilstrom e wird sodann in dem Hauptwärmetauscher 105 weiter abgekühlt, und zwar auf ein Temperaturniveau, das hier als "drittes Temperaturniveau" bezeichnet wird. Auf dem zweiten Druckniveau und dem durch die Abkühlung erhaltenen dritten Temperaturniveau wird der Teilstrom e sodann in einen Abscheider 107 eingespeist und einer Phasentrennung unterworfen.

[0060] Aus dem Abscheider 107 werden im hier dargestellten Beispiel eine Gasphase in Form eines Stoffstroms f und eine Flüssigphase in Form eines Stoffstroms g abgezogen. Der Stoffstrom f wird hier als "erster Prozessstrom" bezeichnet, der Stoffstrom g entsprechend als "zweiter Prozessstrom". Der erste Prozessstrom umfasst durch die zuvor erläuterte Behandlung unverflüssigte, druckbeaufschlagte Luft, der zweite Prozessstrom g druckbeaufschlagte und verflüssigte Luft.

[0061] Der erste Prozessstrom f wird in einer Entspannungsturbine 108 entspannt und in eine Hochdruckkolonne 111 der Luftzerlegungsanlage 100 eingespeist. Die Entspannungsturbine 108 wird dabei, wie mehrfach erläutert, derart betrieben, dass sich an ihrem Austritt ein Flüssiganteil in definiertem Umfang wie zuvor erläutert bildet. Die Entspannung in der Entspannungsturbine 108 erfolgt dabei auf ein Betriebsdruckniveau der Hochdruckkolonne 111 bzw. ein in der Hochdruckkolonne 111 an der Einspeisestelle vorliegendes Druckniveau.

[0062] Der zweite Prozessstrom g wird in dem in Figur 1 veranschaulichten Beispiel erneut dem Hauptwärmetauscher 105 zugeführt und diesem am kalten Ende entnommen. Der zweite Prozessstrom g wird mit einem Teilstrom h des Stoffstroms d, der vom warmen bis zum kalten Ende durch den Hauptwärmetauscher 105 geführt und hierdurch verflüssigt wurde, vereinigt, nachdem der zweite Prozessstrom g und der Teilstrom h jeweils in entsprechenden Entspannungseinrichtungen, beispielsweise Entspannungsventilen, die hier nicht gesondert bezeichnet sind, entspannt wurden. Die Entspannung erfolgt ebenfalls auf ein Druckniveau der Hochdruckkolonne 111 bzw. ein Druckniveau, das an einer Einspeisestelle in die Hochdruckkolonne 111 vorliegt. Ein aus dem zweiten Prozessstrom g und dem Teilstrom h gebildeter Stoffstrom ist als Sammelstrom mit dem Bezugszeichen i bezeichnet.

[0063] In der Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1 wird ferner in eine Niederdruckkolonne 112 der Luftzerlegungsanlage 100 Luft eingeblasen, wozu eine grundsätzlich bekannte Lachmann-Turbine 109 zum Einsatz kommt. Die Lachmann-Turbine 109 ist eine Entspannungsturbine, die in der in Figur 1 veranschaulichten Ausgestaltung der Luftzerlegungsanlage 100 mit dem bereits zuvor erläuterten Booster 102 mechanisch gekoppelt ist. Die in der Entspannungsturbine 109 entspannte Luft, ist ein Teilstrom k des Stoffstroms d, der zuvor in dem Hauptwärmetauscher 105 auf ein Zwischentemperaturniveau abgekühlt wurde (hier als "viertes Temperaturniveau" bezeichnet). Die in der Entspannungsturbine 109 entspannte Luft des Teilstroms k wird (siehe Verknüpfung 2) in die Niederdruckkolonne 112 eingespeist, wie bereits erwähnt.

[0064] Die Luftzerlegungsanlage 100 weist im dargestellten Beispiel neben der Hochdruckkolonne 111 und der Niederdruckkolonne 112 in einem Rektifikationskolonnensystem, das insgesamt mit 110 bezeichnet ist, eine Rohargonkolonne 113 und Reinargonkolonne 114 auf. Der Betrieb des Rektifikationskolonnensystems 110 ist aus dem Stand der Technik bekannt.

[0065] Luftzerlegungsanlagen der gezeigten Art sind vielfach an anderer Stelle beschrieben, beispielsweise bei Häring (s.o.) zu Figur 2.3A. Für detaillierte Erläuterungen zu Aufbau und Funktionsweise sei daher auf entsprechende Fachliteratur verwiesen. Eine Luftzerlegungsanlage zum Einsatz der vorliegenden Erfindung kann auf unterschiedlichste Weise ausgebildet sein.

[0066] Im dargestellten Beispiel erfolgt die Bereitstellung zweier gasförmiger sauerstoffreicher Luftprodukte auf unterschiedlichen Druckniveaus. Zur Bereitstellung eines gasförmigen, sauerstoffreichen Luftprodukts auf knapp über atmosphärischem Druckniveau, d.h. dem Druckniveau, auf dem die Niederdruckkolonne 112 betrieben wird, wird der Niederdruckkolonne 112 oberhalb ihres Sumpfs gasförmiges Fluid in Form eines Stoffstroms I entnommen, welcher ohne weitere druckbeeinflussenden Maßnahmen in dem Hauptwärmetauscher 105 erwärmt und als entsprechendes Luftprodukt, das hier ergänzend mit D bezeichnet ist, bereitgestellt wird.

[0067] Zur Bereitstellung des druckbeaufschlagten, sauerstoffreichen, gasförmigen Luftprodukts wird Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne 112 in Form eines Stoffstroms m entnommen, welcher im dargestellten Beispiel zu einem Anteil auch als Flüssigsauerstoff, hier ergänzend mit K bezeichnet, in Form eines Stoffstroms n aus der Luftzerlegungsanlage 100 ausgeführt werden kann. Dies ist vorzugsweise im Rahmen der vorliegenden Erfindung nicht oder nur in geringem Umfang der Fall. Zur Bereitstellung des druckbeaufschlagten, sauerstoffreichen, gasförmigen Luftprodukts wird der verbleibende Rest hiervon unter Verwendung einer Innenverdichtungspumpe 115 auf ein höheres Druckniveau, hier als "Abgabedruckniveau" bezeichnet, gebracht, in dem Hauptwärmetauscher 105 in den gasförmigen oder, je nach Druckniveau, überkritischen Zustand überführt und in Form eines Stoffstroms o als entsprechendes Luftprodukt, das hier ergänzend mit E bezeichnet, ausgeführt.

[0068] In der in Figur 1 dargestellten Luftzerlegungsanlage 100 wird ferner druckbeaufschlagtes, gasförmiges, argonreiches Fluid als Luftprodukt F bereitgestellt. Hierzu wird der Reinargonkolonne 114 Flüssigkeit in Form eines Stoffstroms p entnommen und, vergleichbar wie der Stoffstrom o, in einer Innenverdichtungspumpe 116 auf ein höheres Druckniveau gebracht, in dem Hauptwärmetauscher 105 einem gasförmigen oder überkritischen Zustand überführt und in Form des entsprechenden Luftprodukts F bereitgestellt.

[0069] Wie insoweit aus dem Bereich der Luftzerlegung bekannt, können mittels der Luftzerlegungsanlage 100 auch Niederdruckstickstoff in Form eines Luftprodukts G, Stickstoff vom Kopf der Hochdruckkolonne 111 in Form eines Luftprodukts H und Unreinstickstoff vom Kopf der Niederdruckkolonne 112 in Form eines Luftprodukts I bereitgestellt werden. Weiterer Unreinstickstoff kann in Form eines Stoffstroms r der Niederdruckkolonne 112 entnommen und beispielsweise als Regeneriergas in der Reinigungseinrichtung 104 bzw. in der Vorkühleinrichtung 103 verwendet und anschließend an die Atmosphäre X abgeblasen werden. Durch Ausschleusen von Flüssigkeit kann theoretisch, aber bevorzugt nicht im Rahmen der vorliegenden Erfindung, ein Flüssigstickstoffprodukt L bereitgestellt werden.

[0070] Die Luftzerlegungsanlage 200 gemäß Figur 2 unterscheidet sich von Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1 insbesondere dadurch, dass der zweite Prozessstrom g vor seiner Entspannung und der Einspeisung in die Niederdruckkolonne nicht in dem Hauptwärmetauscher 105 weiter abgekühlt wird.

[0071] In der Luftzerlegungsanlage 300, die in Figur 3 veranschaulicht wird, ist im Gegensatz zu der Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1 eine Einspeisung des in der Entspannungsturbine 109 entspannten Teilstroms k nur auf das Druckniveau der Hochdruckkolonne 111 vorgesehen, der Teilstrom k wird daher nicht in die Niederdruckkolonne eingeblasen, sondern als weiterer Turbinenstrom der Hochdruckkolonne 111 zugeführt.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines oder mehrerer sauerstoffreicher, gasförmiger Luftprodukte, bei dem in einer Luftzerlegungsanlage (100-300) ein erster Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte unverflüssigte Luft umfasst, und ein zweiter Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte verflüssigte Luft umfasst, gebildet werden, und bei dem der erste und der zweite Prozessstrom getrennt voneinander einer Entspannung auf ein Betriebsdruckniveau einer Hochdruckkolonne (111) der Luftzerlegungsanlage (100-300) unterworfen und teilweise oder vollständig in die Hochdruckkolonne (111) eingespeist werden, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms Luft verwendet wird, die als Teil einer Gesamtluftmenge auf einem ersten Druckniveau und einem ersten Temperaturniveau bereitgestellt wird, wobei die Gesamtluftmenge unter Verwendung eines Luftverdichters (101) und eines Boosters (102), der parallel zu dem Luftverdichter (101) angeordnet ist, auf das erste Druckniveau gebracht wird, wobei der Booster (102) mit einer bei der Entspannung eines dritten Prozessstroms verwendeten Entspannungsturbine (109) gekoppelt ist und von dieser angetrieben wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Luft, die zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms verwendet wird, nacheinander einer Abkühlung auf ein zweites Temperaturniveau, einer Verdichtung auf ein zweites Druckniveau, einer Abkühlung auf ein drittes Temperaturniveau, und unter Erhalt einer Flüssigphase und einer Gasphase einer Phasentrennung unterworfen wird, wobei das zweite Temperaturniveau bei -120 °C bis -150 °C liegt, der erste Prozessstrom unter Verwendung zumindest eines Teils der Gasphase gebildet wird, der zweite Prozessstrom unter Verwendung zumindest eines Teils der Flüssigphase gebildet wird, der erste Prozessstrom der Entspannung auf dem zweiten Druckniveau und dem dritten Temperaturniveau zugeführt wird, und das zweite Druckniveau und das dritte Temperaturniveau derart gewählt werden, dass sich bei der Entspannung des ersten Prozessstroms auf das Betriebsdruckniveau der Hochdruckkolonne (111) ein Flüssiganteil von 5% bis 15%, bezogen auf den gesamten ersten Prozessstrom, bildet.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, bei dem ein dritter Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte unverflüssigte Luft umfasst, gebildet wird, wobei der dritte Prozessstrom einer Entspannung auf ein Betriebsdruckniveau einer Niederdruckkolonne (112) der Luftzerlegungsanlage (100, 200) unterworfen und teilweise oder vollständig in die Niederdruckkolonne (112) eingespeist wird, oder einer Entspannung auf das Betriebsdruckniveau der Hochdruckkolonne (111) der Luftzerlegungsanlage (300) unterworfen und teilweise oder vollständig in die Hochdruckkolonne (111) eingespeist wird, wobei der dritte Prozessstrom der Entspannung insbesondere auf einem Temperaturniveau zugeführt wird, das mehr als 10 K oberhalb des dritten Temperaturniveaus liegt und sich um weniger als 10 K von dem zweiten Temperaturniveau unterscheidet.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem zur Bildung des dritten Prozessstroms Luft verwendet wird, die auf dem ersten Druckniveau und dem ersten Temperaturniveau bereitgestellt und einer Abkühlung auf ein viertes Temperaturniveau unterworfen wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4, bei dem ein erster Anteil der Gesamtluftmenge durch den Luftverdichter (101) und nicht durch den Booster (102) geführt wird, und bei dem ein zweiter Anteil der Gesamtluftmenge durch den Booster (102) und nicht durch den Luftverdichter (101) geführt wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, bei dem der zweite Anteil der Gesamtluftmenge 5% bis 25% der Gesamtluftmenge und der zweite Anteil der Gesamtluftmenge den Rest der Gesamtluftmenge umfasst.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 6, bei dem die Gesamtluftmenge unter Verwendung des Luftverdichters (101) und des Boosters (102) in wasserhaltigem Zustand verdichtet und danach gemeinsam vorgekühlt und getrocknet wird.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 7, bei dem als der Luftverdichter (101) ein einstufiger Luftverdichter verwendet wird.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 8, bei dem die Gesamtluftmenge dem Luftverdichter (101) und dem Booster (102) auf einem überatmosphärischen Ausgangsdruckniveau zugeführt wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, bei dem die Gesamtluftmenge von anlagenextern auf dem überatmosphärischen Ausgangsdruckniveau bereitgestellt oder in der Luftzerlegungsanlage auf das Ausgangsdruckniveau verdichtet wird.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 10, bei dem eine maximal 2% der Gesamtluftmenge entsprechende Menge eines oder mehrerer Luftprodukte kontinuierlich oder nur zeitweise flüssig aus der Luftzerlegungsanlage (100-300) ausgeleitet wird.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 10, bei dem zwei oder mehr als zwei sauerstoffreiche, gasförmige Luftprodukte bereitgestellt werden, wobei ein erstes der sauerstoffreichen, gasförmigen Luftprodukte durch Innenverdichtung bereitgestellt wird, und wobei ein zweites der sauerstoffreichen, gasförmigen Luftprodukt ohne Druckerhöhung aus der Niederdruckkolonne (112) gasförmig entnommen wird.
 
13. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem die zur Bereitstellung des ersten und des zweiten Prozessstroms verwendete Luft der Abkühlung auf das zweite Temperaturniveau auf dem ersten Druckniveau und dem ersten Temperaturniveau, der Verdichtung auf das zweite Druckniveau auf dem zweiten Temperaturniveau und dem ersten Druckniveau, der Abkühlung auf das dritte Temperaturniveau auf dem zweiten Druckniveau und einem Temperaturniveau unterhalb des zweiten Temperaturniveaus, und der Phasentrennung auf dem zweiten Druckniveau und dem dritten Temperaturniveau zugeführt wird.
 
14. Luftzerlegungsanlage (100-300) zur Bereitstellung eines oder mehrerer sauerstoffreicher, gasförmiger Luftprodukte, wobei Mittel bereitgestellt sind, die dafür eingerichtet sind, einen ersten Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte unverflüssigte Luft umfasst, und einen zweiten Prozessstrom, der überwiegend oder ausschließlich druckbeaufschlagte verflüssigte Luft umfasst, zu bilden, und den ersten und den zweiten Prozessstrom getrennt voneinander einer Entspannung auf ein Betriebsdruckniveau einer Hochdruckkolonne (111) der Luftzerlegungsanlage (100-300) zu unterwerfen und danach teilweise oder vollständig in die Hochdruckkolonne (111) einzuspeisen, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel bereitgestellt sind, die dafür eingerichtet sind, zur Bildung des ersten und des zweiten Prozessstroms Luft zu verwenden, die als Teil einer Gesamtluftmenge auf einem ersten Druckniveau und einem ersten Temperaturniveau bereitgestellt wird, wobei ein Luftverdichter (101) und ein Booster (102), der parallel zu dem Luftverdichter (101) angeordnet ist, bereitgestellt sind, die dafür eingerichtet sind, die Gesamtluftmenge auf das erste Druckniveau zu bringen, wobei der Booster (102) mit einer zur Entspannung eines dritten Prozessstroms eingerichteten Entspannungsturbine (109) gekoppelt ist und zum Antrieb durch diese eingerichtet ist.
 
15. Luftzerlegungsanlage (100-300) nach Anspruch 14, die zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 13 eingerichtet ist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur