(19)
(11) EP 3 708 270 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.09.2020  Patentblatt  2020/38

(21) Anmeldenummer: 19162224.0

(22) Anmeldetag:  12.03.2019
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21J 1/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Heraeus Deutschland GmbH & Co KG
63450 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Stolpe, Moritz
    63450 Hanau (DE)
  • Dr. Schlott, Martin
    63075 Offenbach (DE)
  • Dr. Busch, Ralf
    66123 Saarbrücken (DE)
  • Dr. Milke, Eugen
    63450 Hanau (DE)

(74) Vertreter: Heraeus IP 
Heraeus Holding GmbH Intellectual Property Heraeusstraße 12-14
63450 Hanau
63450 Hanau (DE)

   


(54) FORMTEILE MIT GLEICHMÄSSIGEN MECHANISCHEN EIGENSCHAFTEN AUFWEISEND EIN METALLISCHES MASSIVGLAS


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas. Bei dem Verfahren wird eine Vorform unterhalb der Glasübergangstemperatur verformt und anschließend auf eine Temperatur oberhalb der Glasübergangstemperatur erwärmt.


Beschreibung

Einleitung



[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas sowie ein gemäß dem Verfahren hergestelltes Formteil und dessen Verwendung.

[0002] Seit ihrer Entdeckung vor etwa 50 Jahren am California Institute of Technology sind metallische Gläser Gegenstand umfangreicher Forschung. Im Laufe der Jahre gelang es, die Prozessierbarkeit und Eigenschaften dieser Materialklasse kontinuierlich zu verbessern. Waren die ersten metallischen Gläser noch einfache, binäre (aus zwei Komponenten aufgebaute) Legierungen, deren Herstellung Abkühlraten im Bereich von 106 Kelvin pro Sekunde (K/s) erforderten, lassen sich neuere, komplexere Legierungen bereits bei deutlich geringeren Abkühlraten im Bereich einiger K/s in den Glaszustand überführen. Dies hat erheblichen Einfluss auf die Prozessführung sowie die realisierbaren Bauteile. Die Abkühlgeschwindigkeit, ab der eine Kristallisation der Schmelze ausbleibt und die Schmelze im Glaszustand erstarrt, wird als kritische Abkühlrate bezeichnet. Sie ist eine systemspezifische, stark von der Zusammensetzung der Schmelze abhängige Größe, welche zudem die maximal erreichbaren Bauteildicken festlegt. Bedenkt man, dass die in der Schmelze gespeicherte Wärmeenergie ausreichend schnell durch das System abtransportiert werden muss, wird klar, dass sich aus Systemen mit hohen kritischen Abkühlraten lediglich Bauteile mit geringer Dicke fertigen lassen. Anfänglich wurden metallische Gläser daher meist nach dem Schmelzspinnverfahren (Englisch: melt spinning) hergestellt. Die Schmelze wird hierbei auf ein rotierendes Kupferrad abgestreift und erstarrt glasartig in Form von dünnen Bändern bzw. Folien mit Dicken im Bereich einiger hundertstel bis zehntel Millimeter. Durch die Entwicklung neuer, komplexer Legierungen mit deutlich geringeren kritischen Abkühlraten, können zunehmend andere Herstellungsverfahren genutzt werden. Heutige Massivglas-bildende metallische Legierungen lassen sich bereits durch Gießen einer Schmelze in gekühlte Kupferkokillen in den Glaszustand überführen. Die realisierbaren Bauteildicken liegen dabei legierungsspezifisch im Bereich einiger Millimeter bis Zentimeter. Derartige Legierungen werden als metallische Massivgläser (Englisch: bulk metallic glasses, BMG) bezeichnet. Heutzutage ist eine Vielzahl solcher Legierungssysteme bekannt. Die Unterteilung metallischer Massivgläser erfolgt gewöhnlich anhand der Zusammensetzung, wobei man das Legierungselement mit dem höchsten Gewichtsanteil als Basiselement bezeichnet. Die bestehenden Systeme umfassen beispielsweise Edelmetall-basierte Legierungen wie Gold-, Platin, und Palladium-basierte metallische Massivgläser, frühe Übergangsmetall basierte Legierungen wie z.B. Titan- oder Zirkonium-basierte metallische Massivgläser, späte Übergangsmetall-basierte Systeme auf Basis von Kupfer-, Nickel- oder Eisen, aber auch Systeme auf Basis von seltenen Erden, z.B. Neodym oder Terbium.

[0003] Metallische Massivgläser weisen im Vergleich zu klassischen kristallinen Metallen typischer Weise folgende Eigenschaften auf:
  • eine höhere spezifische Festigkeit, was zum Beispiel dünnere Wandstärken ermöglicht,
  • eine höhere Härte, wodurch die Oberflächen besonders kratzfest sein können,
  • eine viel höhere elastische Dehnbarkeiten und Resilienzen,
  • eine thermoplastische Formbarkeit und
  • eine höhere Korrosionsbeständigkeit.


[0004] Es gibt verschieden Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus metallischen Massivgläsern. Zur Herstellung von dünnen Metallbändern mit einer Dicke von etwa 100 µm eignet sich das Schmelzspinnverfahren wie es in US4116682A beschrieben ist.

[0005] Auf Grund der hohen erzielbaren Abkühlraten lasse sich auf diese Weise auch Legierungen amorph Verarbeiten, die vergleichsweise hohe kritische Abkühlraten aufweisen. Zur Herstellung von Gussteilen mit Dimensionen im Bereich einiger Millimeter wurde spezielle Legierungen entwickelt, die niedrigere kritische Abkühlraten aufweisen und auch bei Gussdicken im Bereich einiger Millimeter noch amorph erstarren. Solche Legierungen sind beispielsweise beschrieben in US20150307975A1.

[0006] Der Stand der Technik hat gewisse Nachteile. Mittels Schmelzspinnen lasse sich zwar dünne Strukturen mit einer hohen Homogenität herstellen, dickere Formteile mit einem Durchmesser von mehr als 150 µm sind jedoch nicht einfach zugänglich. Mittels Schmelzgießen lassen sich zwar dickere Formteile herstellen als durch Schmelzspinnen, jedoch weisen diese Formteile häufig stark schwankende mechanische Eigenschaften auf.

[0007] Weiterhin lassen sich Formteile mit einer Dicke von weniger als 500 µm häufig nur schwer mit Gussverfahren herstellen, da die Viskosität der Schmelze beim Gießen schnell ansteigt.

[0008] Mittels Gussverfahren hergestellte Formteile aus metallischen Massivgläsern weisen häufig eine hohe Heterogenität bezüglich der mechanischen Eigenschaften, z.B. der Biegefestigkeit, auf. Dies macht den Einsatz von Formteilen aus metallischen Massivgläsern in Präzisionsanwendungen, beispielsweise in der Feinmechanik schwierig oder unmöglich.

[0009] Weiterhin weisen gegossene Formteile häufig Defekte in Form von kleinsten Gaseinschlüssen auf, die die mechanischen Eigenschaften negativ beeinflussen.

[0010] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein Verfahren bereitzustellen, das mindestens eins der vorgenannten Probleme löst.

[0011] Eine bevorzugte Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein Verfahren bereitzustellen, das es erlaubt Formteile aufweisend ein metallisches Massivglas herzustellen, wobei die Formteile definierte und homogene mechanische Eigenschaften aufweisen.

[0012] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein Verfahren bereitzustellen, das es erlaubt Formteile aufweisend ein metallisches Massivglas herzustellen, die eine verringerte Zahl von Defekten, z.B. Lufteinschlüssen, aufweisen, gegenüber gegossenen Formteilen.

[0013] Weiterhin war es eine Aufgabe der Erfindung ein verbessertes Verfahren bereitzustellen, das es erlaubt, Formteile aufweisend ein metallisches Massivglas in weniger Arbeitsschritten herzustellen.

[0014] Eine weitere bevorzugte Aufgabe der Erfindung war es, ein Verfahren bereit zu stellen, mit dem mittels Gussverfahren Formteile aus metallischen Massivgläsern mit einem Durchmesser von höchstens 600 µm, insbesondere höchstens 400 µm hergestellt werden können.

[0015] Ein Beitrag zur Lösung mindestens einer der genannten Aufgaben wird geleistet durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche.

[0016] Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:
  1. a) Bereitstellen einer Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas,
  2. b) wiederholtes plastisches Verformen der Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas in mehreren Schritten mit einer Deformation Δd, wobei die Temperatur T1 der Vorform unterhalb der Glasübergangstemperatur des metallischen Massivglases liegt, und
  3. c) Erwärmen der Vorform auf eine Temperatur T2 oberhalb der Glasübergangstemperatur und unterhalb der Kristallisationstemperatur unter Erhalt eines Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas,
wobei das plastische Verformen in Schritt b) so erfolgt, dass die Deformation Δd mit zunehmender Schrittzahl zunimmt.

[0017] Optional können vor, während oder nach den genannten Schritten weitere Schritte durchgeführt werden, solange die vorgegebene Reihenfolge der Schritte a) - c) eingehalten wird.

[0018] Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird eine Produktionsroute für Formteile aufweisend ein metallisches Massivglas bereitgestellt. Die Form des Formteils ist erfindungsgemäß nicht weiter beschränkt. In einer möglichen Ausführung kann das Formteil ausgewählt sein aus der Gruppe bestehend aus Bändern, Quadern, Drähten, Stäben oder Blechen.

[0019] Besonders geeignet ist das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von Formteilen, insbesondere Blechen und Bändern mit einer Dicke von 100 - 600 µm, insbesondere 200 µm - 500 µm. Solche Formteile sind typischer Weise zu dick, um sie mittels Schmelzspinnen herzustellen und zu dünn, um sie mittels Spritzgusses herzustellen.

[0020] Weiterhin können durch das erfindungsgemäße Verfahren bei gleichbleibenden Prozessparametern mehrere Formteile mit homogenen mechanischen Eigenschaften erhalten werden, bezogen auf die relative Standardabweichung über mehrere Bauteile. Bevorzugt ist die relative Standardabweichung der Festigkeit bei mehreren erfindungsgemäß hergestellten Formteilen nicht größer als 10 % und insbesondere nicht größer als 5%.

[0021] In einem Aspekt betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines Formteils. Das erfindungsgemäße Formteil weist ein metallisches Massivglas auf oder besteht daraus. Unter metallischen Massivgläsern sind Legierungen zu verstehen, die metallischen Bindungscharakter und gleichzeitig eine amorphe, also nicht-kristalline, Phase aufweisen. Im Rahmen der Erfindung kann eine Legierung als metallisches Massivglas bezeichnet werden, wenn die jeweilige Legierung in einem Körper mit Dimensionen von 1 mm x 1 mm x 1 mm unter geeigneter Kühlrate in den Glaszustand gebracht werden kann.

[0022] Die metallischen Massivgläser können auf unterschiedlichen Elementen basieren. "Basiert" meint in diesem Zusammenhang, dass das jeweils genannte Element auf das Gewicht der Legierung bezogen den größten Anteil darstellt. Typische Bestandteile, die bevorzugt auch die Basis der Legierung stellen können, können ausgewählt sein aus:
  1. A. Metallen aus Gruppe IA und IIA des Periodensystems, z.B. Magnesium (Mg), Calcium (Ca),
  2. B. Metallen aus Gruppe IIIA und IVA, z.B. Aluminium (Al) oder Gallium (Ga),
  3. C. frühen Übergangsmetallen aus den Gruppen IVB bis VIIIB, wie z.B. Titan (Ti), Zirkon (Zr), Hafnium (Hf), Niob (Nb), Tantal (Ta), Chrom (Cr), Molybdän (Mo), Mangan (Mn),
  4. D. späten Übergangsmetallen aus den Gruppen VIIIB, IB, IIB, wie z.B. Eisen (Fe), Kobalt (Co), Nickel (Ni), Kupfer (Cu), Palladium (Pd), Platin (Pt), Gold (Au), Silber (Ag), Zink (Zn),
  5. E. Seltenerdmetallen, wie z.B. Scandium (Sc), Yttrium (Y), Terbium (Tb), Lanthan (La), Cer (Ce), Neodym Nd) oder Gadolinium (Gd)
  6. F. Nichtmetallen, wie z.B. Bor, Kohlenstoff, Phosphor, Silizium, Germanium, Schwefel


[0023] Bevorzugte Kombinationen von Elementen enthalten in metallischen Massivgläser sind ausgewählt aus:
  • Späten Übergangsmetallen und Nichtmetallen, wobei das späte Übergangsmetall die Basis darstellt, beispielsweise Ni-P, Pd-Si, Au-Si-Ge, Pd-Ni-Cu-P, Fe-Cr-Mo-P-C-B
  • Frühen und späten Übergangsmetallen, wobei beide Metalle die Basis darstellen können, wie z.B. Zr-Cu, Zr-Ni, Ti-Ni, Zr-Cu-Ni- Al, Zr-Ti-Cu-Ni-Be
  • Metalle aus Gruppe B mit Seltenerdmetallen, wobei das Metall B die Basis darstellt, wie z.B. Al-La, Al-Ce, Al-La-Ni-Co, La-(Al/Ga)-Cu-Ni
  • Metalle aus Gruppe A mit späten Übergangsmetallen, wobei das Metall A die Basis darstellt, wie z.B. Mg-Cu, Ca-Mg-Zn, Ca-Mg-Cu


[0024] Weitere, besonders bevorzugte Beispiele für Legierungen, die metallischen Massivgläser bilden, sind ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Ni-Nb-Sn, Co-Fe-Ta-B, Ca-Mg-Ag-Cu, C-oFe-B-Si-Nb, Fe-Ga-(Cr, Mo)(P,C,B), Ti-Ni-Cu-Sn, Fe-Co-Ln-B, Co-(Al, Ga)-(P, B, Si), Fe-B-Si-Nb und Ni-(Nb, Ta)-Zr-Ti. In einer Ausführungsform der Erfindung sind Legierungen auf Basis von Kupfer und/oder Zirkon bevorzugt. Insbesondere kann das metallische Massivglas eine Zr-Cu-Al-Nb-Legierung sein. Bevorzugt weist diese Zr-Cu-Al-Nb-Legierung außer Zirkon zusätzlich 23,5 - 24,5% Gew.-% Kupfer, 3,5 - 4,0 Gew.-% Aluminium sowie 1,5 - 2,0 Gew.-% Niob auf, wobei sich die Gewichtsanteile zu 100 Gew.-% ergänzen. Kommerziell erhältlich ist die letztgenannte Legierung unter dem Namen AMZ4® von der Heraeus Deutschland GmbH. In einer weiteren, besonders bevorzugten Ausführungsform kann das metallische Massivglas die Elemente Zirkon, Titan, Kupfer, Nickel und Aluminium enthalten. Besonders gut geeignete metallische Massivgläser zur Herstellung von Formteilen weisen die Zusammensetzung Zr52,5Ti5Cu17,9Ni14,6Al10 und Zr59,3Cu28,8Al10,4Nb1,5 auf, wobei die Indizes at-% der jeweiligen Elemente in der Legierung angeben. Eine weitere bevorzugte Gruppe von Legierungen kann die Elemente Zr, Al, Ni, Cu und Pd enthalten, insbesondere Zr60Al10Ni10Cu15Pd5 (Indizes in at.-%). Eine andere bevorzugte Gruppe von Legierungen enthält mindestens 85 Gew.-% Pt sowie Cu und Phosphor, wobei die Legierung weiterhin Co und/oder Nickel enthalten kann, beispielswiese Pt57.5Cu14.5Ni5P23 (Indizes in at.-%).

[0025] In Schritt a) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas bereitgestellt. Bevorzugt besteht die Vorform aus einem metallischen Massivglas. In einer bevorzugten Ausführung wird die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas durch ein Gussverfahren, insbesondere Spritzguss oder Saugguss, hergestellt.

[0026] Beispielsweise können zur Herstellung dieser Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas die Ausgangskomponenten der Massivglas-bildenden Legierung unter Vakuum im Lichtbogen geschmolzen werden, bis eine homogene Legierung entsteht. Die erhaltene Legierung kann zum Beispiel durch Saug- oder Spritzguss zu einer Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas verarbeitet werden. Das Gussverfahren findet bevorzugt in einer Argonatmosphäre statt. Bevorzugt ist die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas ein Band, ein Quader, ein Draht, ein Stab oder ein Blech. Bevorzugt weist die Vorform in der geringsten Ausdehnung einen massiven Durchmesser (also ohne Hohlräume oder Aussparungen) von mindestens 1 mm auf.

[0027] Damit die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas beim Gießen amorph erstarrt, sollte die kritische Gussdicke nicht überschritten werden Die Schmelzen von optimierten Legierungen weisen kritische Gussdicken von einem Millimeter oder mehr auf, sodass bei ausreichender Kühlrate, z.B. in einer Kupferkokille mit optionaler Wasserkühlung, komplett amorphe Vorformen aufweisend ein metallisches Massivglas erhalten werden können. Wie Vorformen aufweisend ein metallisches Massivglas mittels Gussverfahren hergestellt werden können, ist dem Fachmann bekannt.

[0028] Die erhaltene Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas weist bevorzugt einen Gewichtsanteil an metallischem Massivglas auf, der mindestens 95%, insbesondere mindestens 98% beträgt. Besonders bevorzugt ist die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas vollständig amorph, gemessen mittels XRD durch Abwesenheit kristalliner Signale im Diffraktogramm.

[0029] In Schritt b) wird die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas wiederholt plastisch verformt, wobei die Temperatur T1 unterhalb der Glasübergangstemperatur des metallischen Massivglases liegt. Insbesondere liegt die Temperatur T1 während des Verformens mindestens 15% unter der Glasübergangstemperatur, gemessen in °C. Erfindungsgemäß erfolgt das plastische Verformen in mehreren Verformungsschritten jeweils mit einer Deformation Δd (Δd= d vor Verformungsschritt - d nach Verformungsschritt). Der Durchmesser d der Vorform wird gemessen entlang der Verformungsrichtung im jeweiligen Verformungsschritt. Erfindungsgemäß erfolgt das plastische Verformen in Schritt b) derart, dass die Deformation Δd der Vorform aus metallischem Massivglas mit zunehmender Schrittzahl zunimmt. In einer optionalen Ausführung kann die Deformation Δd mit zunehmender Schrittzahl, nachdem sie zugenommen hat, wieder abnehmen. Beispielsweise kann die Deformation Δd von 5 µm auf 50 µm ansteigen und anschließend wieder bis auf 5 µm oder 10 µm abfallen. Durch Verfahren, in denen die Deformation Δd erst ansteigt und anschließend wieder abfällt können besonders dünne Formteile mit einem Durchmesser von weniger als 300 µm effizient und homogen hergestellt werden.

[0030] Durch die zunehmende Deformation Δd mit zunehmenden Verformungsschritten können Verformungsschritte eingespart werden, was das erfindungsgemäße Verfahren günstiger machen kann als herkömmliche Verfahren, bei denen die Deformation Δd konstant gehalten wird. Bevorzugt beträgt die Deformation Δd mindesten 1 µm, insbesondere mindestens 5 µm und ganz besonders bevorzugt mindestens 10 µm. Höchstens kann die Deformation Δd maximal 100 µm, insbesondere maximal 50 µm, pro Verformungsschritt betragen. Die Änderung der Deformation Δd mit zunehmender Schrittzahl kann bevorzugt kontinuierlich oder schrittweise erfolgen. Kontinuierlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich die Deformation Δd mit jedem weiteren Verformungsschritt ändert. Schrittweise bedeutet hier, dass jeweils mehrere Verformungsschritte mit der gleichen Deformation Δd durchgeführt werden, bevor einer oder mehrere Verformungsschritte mit der nächstgrößeren Deformation Δd erfolgen. Die Zunahme der Deformation Δd mit zunehmenden Verformungsschritten kann linear ansteigen, z.B. in Schritten von 5µm (Δd 5 µm→ Δd 10 µm→ Δd 15 µm→...) oder mit zunehmenden Verformungsschritten weiter zunehmen, z.B. Δd 5 µm→ Δd 10 µm→ Δd 20 µm → Δd 50 µm, ....

[0031] Im Beispiel einer Vorform aus metallischem Massivglas in Form eines gegossenen Bandes mit einer Dicke von 3 mm kann die Deformation Δd bei 5 µm im ersten Schritt beginnen und mit einer Deformation Δd von 50 µm im letzten Schritt des Verformens enden, wobei die finale Dicke des Bandes etwa 500 µm beträgt. In diesem Beispiel kann die Dickenreduktion bevorzugt in 50 - 150 Schritten erfolgen.

[0032] Der Deformationsgrad pro Verformungsschritt liegt bevorzugt im Bereich von 0,1 - 0,5% des Durchmessers d, wobei der Deformationsgrad berechnet wird durch: (1 - (d nach Verformungsschritt/d vor Verformungsschritt)). Bevorzugt kann der aufsummierte Deformationsgrad Δdgesamt der Vorform über alle Verformungsschritte bis zu 90% betragen, wobei der der aufsummierte Deformationsgrad Δdgesamt berechnet wird durch: (Δdgesamt = 1- (d nach Verformung/d vor Verformung)).

[0033] Bevorzugt erfolgt das Verformen durch Walzen. Optional können zwei oder mehr Walzen zum Verformen verwendet werden. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Verformen, insbesondere Walzen, derart, dass das Formteil mit einer Kraft verformt wird, die im Bereich der Sägezahnbildung (Engl.: seration) im Spannungs-Dehnungsdiagramm liegt. Unter der Sägezahnbildung im Spannungs-Dehnungsdiagramm ist ein Kurvenverlauf zu verstehen, bei dem es mit zunehmender Dehnung zu einem plötzlichen Spannungsabfall kommt und dieser Vorgang sich mehrere Male wiederholt, bevor die Probe bricht.

[0034] In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas entweder bei jedem Verformungsschritt in dieselbe Richtung verformt oder in verschiedene Richtungen. Wenn die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas in verschiedenen Richtungen verformt wird, können die Verformungsrichtungen von aufeinanderfolgenden Verformungsschritten parallel oder senkrecht zueinander stehen. Durch eine senkrechte Orientierung von aufeinander folgenden Verformungsschritten kann ein besonders homogenes Material erhalten werden.

[0035] Die Zahl der Verformungsschritte, insbesondere Walzschritte, ist erfindungsgemäß nicht weiter beschränkt. In einer bevorzugten Ausführung wird das Formteil in mindestens zwei Verformungsschritten verformt, insbesondere in mindestens zehn Verformungsschritten und ganz besonders bevorzugt in mindestens 30 Verformungsschritten und insbesondere in mindestens 50 Verformungsschritten. Besonders bevorzugt wird die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas in höchstens 300 Verformungsschritten, insbesondere höchstens 200 Verformungsschritten und ganz besonders bevorzugt in höchstens 150 oder höchstens 100 Verformungsschritten verformt.

[0036] Optional kann nach Schritt b) ein Umformen erfolgen. Das Umformen kann bevorzugt ausgewählt sein aus Biegen, Hämmern und Tiefziehen.

[0037] In Schritt c) des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt ein Erwärmen der Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas auf eine Temperatur T2 oberhalb der Glasübergangstemperatur und unterhalb der Kristallisationstemperatur unter Erhalt eines Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas. Bevorzugt besteht das Formteil aus einem metallischen Massivglas. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform enthält das Formteil sowohl amorphes metallisches Massivglas als auch mindestens eine kristalline Phase. Solche Mischungen aus amorphen und kristallinen Phasen werden auch metallische-Massivglaskomposite genannt (engl. bulk metallic glass composites, BMGC).

[0038] Bevorzugt erfolgt das Erwärmen in Schritt c) unterhalb der extrapolierten Anfangskristallisationstemperatur (gemäß DIN EN ISO 11357-3:2018-07). Das durch das Verfahren hergestellte Formteil kann mechanische Eigenschaften, insbesondere Festigkeiten, wie z.B. die Biegefestigkeit, aufweisen, die denen der Vorform vor der Verformung ähneln. Bevorzugt erfolgt das Erwärmen der Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas in Schritt c) so, dass die Biegefestigkeit des erhaltenen Formteils dem Ausgangswert der Biegefestigkeit der Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas in Schritt a) entspricht. Bevorzugt ist die Biegefestigkeit nach Schritt c) höchstens 15%, insbesondere höchstens 10% niedriger als die Biegefestigkeit der gegossenen Vorform. Im Rahmen der Erfindung kann die Biegefestigkeit gemäß DIN EN ISO 7438:2016-07 in einem Biegeversuch bestimmt werden. In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Erwärmen der Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas für eine Dauer von 0,1 bis 3000 s insbesondere von 5 bis 300 s. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird das Erwärmen beendet, bevor bei der jeweiligen Heizrate die Kristallisationstemperatur im TTT-Diagramm der Legierung erreicht wird.

[0039] Bevorzugt erfolgt das Erwärmen der Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas auf eine Temperatur T2, die folgende Bedingung erfüllt: TG < T2 < TG + (60/100) * (TX - TG), insbesondere die Bedingung TG < T2 < TG + (30/100) * (TX - TG). Hierbei sind TG die Glasübergangstemperatur und TX die Kristallisationstemperatur. Unter diesen Bedingungen sind besonders vorteilhafte mechanische Eigenschaften des fertigen Formteils erhältlich.

[0040] In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Erwärmen in Schritt c) unter Anlegen eines zusätzlichen Drucks auf das Formteil. Dies kann zu besonders geringen Stück-zu-Stück Abweichungen der mechanischen Eigenschaften der resultierenden Bauteile führen. Bevorzugt beträgt der auf das Formteil ausgeübte Druck 1 bis 600 MPa, insbesondere 5 bis 300 MPa und ganz besonders bevorzugt 10 bis 150 MPa.

[0041] In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung erfolgt das Erwärmen in Schritt c) als thermoplastisches Formen (engl.: thermoplastic forming, TPF). Durch TPF können sich die gesamten Dimensionen des Formteils, z.B. die Dicke eines Blechs, ändern oder alternativ können Strukturen in das Formteil geprägt werden, das heißt, die Vorform wird lokal verformt. Alternativ kann durch TPF die Oberfläche des Formteils verändert werden. Bevorzugt erfolgt das Erwärmen in einer beheizbaren Presse.

[0042] Bevorzugt kann die Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas zwischen zwei planparallelen Flächen unter Druck gesetzt werden bzw. thermoplastisch geformt werden, wodurch flache Formteile erhalten werden können. Flach bedeutet mit einer Schwankung der Dicke im Bereich von höchstens 20% um den Mittelwert, z.B. +/- 200 µm bei einer mittleren Dicke von 1 mm oder +/- 30 µm bei einer mittleren Dicke 150 µm.

[0043] In einer möglichen Ausführungsform der Erfindung kann das erhalten Bauteil nach Schritt c) direkt und ohne weitere Behandlung für technische Anwendungen verwendet werden.

[0044] Beispielsweise kann mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ein Formteil aufweisend ein metallisches Massivglas erzeugt werden, wobei das Formteil in mindestens einer Dimension einen Durchmesser von mindestens 200 µm aufweist. Das Formteil aufweisend ein metallisches Massivglas kann bevorzug eine Biegefestigkeit (in N/mm2) aufweisen, die höchstens 15 % unterhalb der Biegefestigkeit der gegossenen Legierung liegt. Bevorzugt weist das Formteil in mindestens zwei Dimensionen einen Durchmesser von mindestens 200 µm auf. In einer möglichen Ausführung der Erfindung weist das Formteil eine Dicke auf, die nicht größer ist als 600 µm, insbesondere nicht größer als 400 µm. Bevorzugt ist das metallische Massivglas des Formteils, das diese Eigenschaften aufweist, ausgewählt aus Zr52,5Ti5Cu17,9Ni14,6Al10 und Zr59,3Cu28,8Al10,4Nb1,5, wobei die Indizes at-% der jeweiligen Elemente in der Legierung angeben.

[0045] Optional können sich anschließend an Schritt c) ein oder mehrere Nachbehandlungsschritte des Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas anschließen. Die Nachbehandlungsschritte können beispielsweise ausgewählt sein aus Laserschneiden, Wasserstrahlschneiden, Fräsen, Bohren, Schleifen, Polieren und Sandstrahlen.

[0046] Das erfindungsgemäße Verfahren kann zur Herstellung von Formteilen für verschiedenste Anwendungen verwendet werden. Besonders vorteilhaft ist die Verwendung des Verfahrens überall dort, wo Formteile erforderlich sind, die eine hohen geometrischen Präzision und isotrope mechanische Eigenschaften aufweisen und mit geringer Stück-zu-Stück-Abweichung herstellbar sind.

[0047] Besonders bevorzugt ist die Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von feinmechanischen Bauteilen, z.B. Federn, Zahnräder, etc. Beispielsweise können solche Bauteile für die Herstellung von Uhren verwendet werden.

[0048] Abbildung 1 stellt eine mögliche Ausführungsform der Erfindung graphisch dar. Die Verfahrensschritte werden von links nach rechts beschrieben. Zuerst wird durch ein Gussverfahren eine Vorform aus metallischem Massivglas hergestellt (A). Die hergestellte Vorform wird anschließend auf eine Temperatur T1 unterhalb der Glasbildungstemperatur mittels Kaltwalzens verformt (B). Anschließend wird die Vorform auf eine Temperatur T2 oberhalb der Glasübergangstemperatur und unterhalb der Kristallisationstemperatur unter Anlegen von Druck erwärmt (C). Danach folgen optional ein Polierschritt (D) und optional ein Zuschneiden des Formteils auf eine bestimmte Form (E).

Messmethoden


DSC Messung



[0049] Die DSC-Messungen im Rahmen der Erfindung werden gemäß DIN EN ISO 11357-1:2017-02 und DIN EN ISO 11357-3:2018-07 durchgeführt. Die zu vermessende Probe in Form einer dünnen Scheibe oder Folie, (ca. 80 - 100 mg) wird in die Messvorrichtung (NETZSCH DSC 404F1, NETZSCH GmbH, Deutschland) gegeben. Die Aufheizrate beträgt 20,0 K/min. Als Tiegelmaterial wird Al2O3 verwendet. Die Messung des Wärmeflusses erfolgt gegenüber einem leeren Referenztiegel, sodass ausschließlich das thermische Verhalten der Probe gemessen wird.

[0050] Das Messverfahren erfolgt gemäß den folgenden Schritten:
  1. a) Die zu vermessende Probe wird mit der oben genannten Aufheizrate auf eine Temperatur kurz unterhalb der Schmelztemperatur aufgeheizt (T=0,75*Tm) und der Wärmefluss gemessen. Die Messung ist abgeschlossen, wenn kein Wärmefluss im Zusammenhang mit Phasenübergängen mehr gemessen werden kann. Insbesondere wird die Messung beendet, wenn ein exothermes Signal in Zusammenhang mit dem Kristallisationsvorgang vollständig erfasst ist. In den hierin enthaltenen Beispielen wird z.B. von Raumtemperatur bis etwa 600°C gemessen.
  2. b) Die Probe lässt man auf Raumtemperatur abkühlen.
  3. c) Die Probe wird erneut mit derselben Aufheizrate auf dieselbe Temperatur aufgeheizt wie in Schritt a) und der Wärmefluss wird gemessen.
  4. d) Die Messung aus Schritt c) wird von der Messung aus Schritt a) abgezogen, unter Erhalt der Messdifferenz. Aus der Differenzmessung kann die Kristallisationsenthalpie, falls vorhanden, durch Integralbildung bestimmt werden.

Glasübergangstemperatur



[0051] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird die Glasübergangstemperatur gemäß ASTM E1365-03 wie folgt gemessen.

[0052] Die zu untersuchende Probe wird in einem DSC Gerät (NETZSCH DSC 404F1, NETZSCH GmbH, Deutschland) in einen Tiegel gegeben. Das System wird nach dem folgenden Schema geheizt und gekühlt und der jeweilige Wärmefluss in den Schritten a) und c) gemessen.
  1. a) Erwärmen auf eine Temperatur von 0,75*Tm mit einer Heizrate von 20 K/min.
  2. b) Abkühlen auf Raumtemperatur
  3. c) Erwärmen auf die gleiche Temperatur wie in Schritt a) mit der gleichen Heizrate
  4. d) Abkühlen auf Raumtemperatur


[0053] Als Resultat des Experiments wird die Enthalpie in Abhängigkeit von der Temperatur für die Probe erhalten. In Schritt a) findet die Kristallisation der amorphen Probe statt. In Schritt c) wird das thermische Verhalten der bereits vollständig kristallisierten Probe aufgezeichnet.
Um die Glasübergangstemperatur zu bestimmen, wird die Messung aus Schritt c) von der Messung aus Schritt a) subtrahiert. Die resultierende Kurve beinhaltet einen endothermen Übergang bei niedrigere Temperatur und ein exothermes Signal bei höherer Temperatur. Das Signal bei höherer Temperatur korrespondiert mit dem Kristallisationsvorgang. Das endotherme Signal korrespondiert mit dem Glasübergang. Um die Glasübergangstemperatur zu bestimmen, wird vor dem Glasübergangsbereich eine Tangentenlinie zur Basislinie bestimmt (durch lineare Anpassung). Eine zweite Tangente wird im Wendepunkt (entsprechend dem zeitlichen Spitzenwert der ersten Ableitung) des Glasübergangsbereichs bestimmt. Der Temperaturwert am Schnittpunkt der beiden Tangenten gibt die Glasübergangstemperatur an (Tf gemäß AST 1356-03).

Kristallisationstemperatur



[0054] Die Kristallisationstemperatur wurde mittels DSC gemäß der Norm DIN EN ISO 11357-3:2018-07 bestimmt. Diese Norm ist ausgelegt auf Polymere, kann jedoch analog für metallische Gläser verwendet werden. Im Rahmen der Erfindung entspricht die Kristallisationstemperatur der Peakkristallisationstemperatur Tp,c. wie sie in der hier genannten Norm verwendet wird. Die Aufheizrate betrug 20 K/min.

Beispiele



[0055] Die Legierung (Zr59,3Cu28,8Al10,4Nb1,5) wurde durch Schmelzen der Elemente im Vakuum-Lichtbogen hergestellt. Aus der hergestellten Legierung wurde mittels Saugguss eine Vorform hergestellt, indem die homogene, flüssige Schmelze der Legierung in eine Kupfergussform gefüllt wurde. Die Kupferform war auf Raumtemperatur temperiert. Das erhaltene Gussteil in der Form eines Bandes hatte die Maße von 3x15x40 mm.

[0056] Das erhaltene Gussteil in Form eines Bandes wurde in einer Walzanlage bei Raumtemperatur mit zunehmenden Verformungsschritten auf ein Dicke von 0,5 mm gewalzt. Bei den Verformungsschritten wurde mit einer Dickenreduktion von 5 µm begonnen und das Walzen endete bei eine Deformation Δd von 50 µm pro Verformungsschritten nach 70 Walzvorgängen.

[0057] Anschließend wurde das kaltgewalzte Band über eine beheizte Presse unterhalb der Kristallisationstemperatur im TTT-Diagramm der Legierung für 60 Sekunden erwärmt, um die gewünschten Biegefestigkeit von etwa 2250 N/mm2 einzustellen.

[0058] Gemäß dem beschriebenen Beispiel wurden 50 Formteile hergestellt. Für die erhaltenen Bauteile wurde das Spannungs-Dehnungsverhalten gemessen mit 3-Punkt-Biegetest (gemäß DIN EN ISO 7438:2016-07). Die Ergebnisse der Messungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1
  Biegefestigkeit [N/mm2] (Mittelwert) Standardabweichung [N/mm2] (Zahl der vermessenen Teile)
Gegossen 2447 282 (10)
Gegossen und gewalzt 1682 224 (6)
Gegossen, gewalzt, TPF 2261 84 (10)


[0059] Tabelle 1 fasst die gemessen Biegefestigkeiten der hergestellten Teile für unterschiedliche Stufen der Herstellung zusammen und gibt für jeden Verarbeitungsschritt die Standardabweichung der Biegefestigkeit über mehrere Teile an. Es ist zu erkennen, dass sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren (3. Zeile) Formteile mit einer mittleren Biegefestigkeit von 2261 N/mm2 erreichen lassen, die nahe dem Ausgangswert der gegossenen Vorform von 2447 N/mm2 liegt, während sich die Homogenität der Bauteile (ausgedrückt durch die geringere Standardabweichung) um den Faktor 3,4 erhöht hat gegenüber den gegossenen Teilen (Zeile 1).


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:

a. Bereitstellen einer Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas,

b. wiederholtes plastisches Verformen der Vorform aufweisend ein metallisches Massivglas in mehreren Schritten mit einer Deformation Δd, wobei die Temperatur T1 der Vorform unterhalb der Glasübergangstemperatur des metallischen Massivglases liegt, und

c. Erwärmen der Vorform auf eine Temperatur T2 oberhalb der Glasübergangstemperatur und unterhalb der Kristallisationstemperatur unter Erhalt eines Formteils aufweisend ein metallisches Massivglas,

wobei das plastische Verformen in Schritt b) so erfolgt, dass die Deformation Δd mit zunehmender Schrittzahl zunimmt.
 
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, wobei die Deformation Δd pro Verformungsschritt mindestens 1 µm, insbesondere mindestens 5 µm und höchstens 100 µm, insbesondere höchstens 50 µm beträgt.
 
3. Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, wobei das Formteil in Schritt c) so erwärmt wird, dass die Biegefestigkeit des Formteils nicht mehr als 15% unter dem Wert für die Vorform in Schritt a) liegt.
 
4. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 - 3, wobei das Formteil in Schritt b) mindestens in zwei und höchstens 300 Schritten plastisch verformt wird.
 
5. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 - 4, wobei das Erwärmen in Schritt c) unter Anlegen eines Drucks auf das Formteil im Bereich von 1 bis 600 MPa erfolgt.
 
6. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 - 5, wobei der Druck zwischen zwei planparallelen Oberflächen ausgeübt wird.
 
7. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 - 6, wobei das metallische Massivglas auf das Gewicht bezogen als Hauptkomponente Zirkonium oder Kupfer aufweist.
 
8. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 - 7, wobei nach Schritt b) und vor Schritt c) die Vorform umgeformt wird.
 
9. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 8, wobei das Umformen durch Hämmern, Tiefziehen oder Biegen erfolgt.
 
10. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 - 9, wobei das wiederholte plastische Verformen mit Hilfe mindestens einer Walze erfolgt.
 
11. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 - 10, wobei das wiederholte plastische Verformen bei jedem Verformungsschritt in dieselbe Richtung oder in wechselnde Richtungen, insbesondere in orthogonal zueinander liegenden Richtungen, erfolgt.
 
12. Verwendung des Formteils hergestellt nach dem Verfahren gemäß der Ansprüche 1 - 11 als Bauteil in einer Uhr.
 
13. Verwendung des Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 - 11 zur Erzeugung von mehreren Formteilen mit einer relativen Standardabweichung der Festigkeit, insbesondere der Biegefestigkeit, von nicht mehr als 10%, insbesondere von nicht mehr als 5%.
 
14. Formteil aufweisend ein metallisches Massivglas wobei das Formteil in mindestens einer Dimension einen Durchmesser von mindestens 200 µm aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das metallische Massivglas eine Biegefestigkeit aufweist, die höchstens 15 % unter der Biegefestigkeit der gegossenen Legierung liegt.
 
15. Formteil gemäß Anspruch 14, wobei das Formteil in mindestens zwei Dimensionen einen Durchmesser im Bereich von mindestens 200 µm aufweist.
 
16. Formteil gemäß den Ansprüchen 14 und 15, wobei das metallische Massivglas bezogen auf das Gewicht als Hauptkomponente Zirkonium enthält.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente