[0001] Die Erfindung betrifft ein warmgewalztes Stahlflachprodukt mit einer besonders hohen
Gleichmäßigkeit der mechanisch-technologischen Eigenschaften über seine Länge und
Breite, hervorragenden Umform- und Zähigkeitseigenschaften sowie geringer Rückfederung.
[0002] Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines solchen warmgewalzten
Stahlflachprodukts.
[0003] Als "Stahlflachprodukte" werden hier Walzprodukte verstanden, deren Länge und Breite
jeweils wesentlich größer sind als ihre Dicke. Hierzu zählen insbesondere Stahlbänder,
Stahlbleche und daraus gewonnene Zuschnitte, wie Platinen und desgleichen.
[0004] Im vorliegenden Text sind, soweit nicht explizit etwas anderes vermerkt ist, Angaben
zu Legierungsbestandteilen stets in Gew.-% gemacht.
[0005] Die Anteile von bestimmten Bestandteilen am Gefüge eines Stahlflachprodukts sind
dagegen in Flächen-% angegeben, soweit nichts anderes vermerkt ist.
[0006] Stahlflachprodukte aus mikrolegierten Stählen werden seit mehr als 40 Jahren hergestellt.
Sie werden dabei für Verwendungen eingesetzt, bei denen eine Kombination aus hoher
Festigkeit und guter Umformbarkeit gefordert ist. Durch ihren geringen Gehalt an Legierungselementen
besitzen solche Stähle zudem eine hervorragende Schweißeignung und können vergleichsweise
kostengünstig erzeugt werden. Die Erzeugung von Stahlflachprodukten aus mikrolegierten
Stählen geht üblicherweise von einer Schmelzanalyse aus, die auf mindestens einem
der Mikrolegierungselemente Niob, Titan oder Vanadium beruht. Indem das aus einer
so legierten Stahlschmelze gegossene Vorprodukt in einem kontrollierten thermomechanischen
Walz- und Abkühlprozess zu einem warmgewalzten Band verarbeitet wird, weist das so
erhaltene warmgewalzte Stahlflachprodukt ein sehr feinkörniges Gefüge auf. Dieses
besteht typischerweise vorwiegend aus Ferrit und/oder Bainit und geringen Mengen an
Perlit bzw. Zementit (Fe
3C) sowie feinen und feinsten Ausscheidungen, die die Feinkörnigkeit des Gefüges sichern.
Die feine Kornstruktur und die hohe Dichte an feinen und feinsten Ausscheidungen führt
zusammen mit der durch die Anwesenheit von Mangan und Silizium bewirkten Mischkristallverfestigung
zu der hohen Festigkeit solcher Stahlflachprodukte.
[0007] Werkstofftechnisch führt die Feinheit des Gefüges zu einer enormen Behinderung bei
der Wanderung von Versetzungen während der Verformung, da substituierte Fremdatome
(z.B. Mangan) umgangen und sehr viele Korngrenzen und hohe Mengen an feinen und feinsten
Ausscheidungen überwunden werden müssen. Obwohl die Dehnung bekanntermaßen bei steigender
Festigkeit herabgesetzt wird, verbleibt diese bei aus mikrolegierten Stählen bestehenden
Stahlflachprodukten dennoch auf einem hohen Niveau.
[0008] Aus der
EP 2 924 140 A1 ist ein Verfahren zur Erzeugung eines Stahlflachprodukts mit einer Streckgrenze von
mindestens 700 MPa und mit einem zu mindestens 70 Vol.-% bainitischen Gefüge bekannt,
bei dem im ersten Arbeitsschritt eine Stahlschmelze erschmolzen wird, die (in Gew.-%)
aus C: 0,05 - 0,08 %, Si: 0,015 - 0,500 %, Mn: 1,60 - 2,00 %, P: bis zu 0,025 %, S:
bis zu 0,010 %, Al: 0,020 - 0,050 %, N: bis zu 0,006 %, Cr: bis zu 0,40 %, Nb: 0,
060 - 0,070 %, B: 0,0005 - 0,0025 %, Ti: 0,090 - 0,130 %, und als Rest aus Eisen sowie
technisch unvermeidbaren Verunreinigungen besteht, zu denen bis zu 0,12 % Cu, bis
zu 0,100 % Ni, bis zu 0,010 % V, bis zu 0,004 % Mo und bis zu 0,004 % Sb gehören,
besteht. Die so zusammengesetzte Schmelze wird zu einer Bramme vergossen, die anschließend
auf eine Wiedererwärmungstemperatur von 1200 - 1300 °C erwärmt wird. Daraufhin wird
die Bramme bei einer 950 - 1250 °C betragenden Vorwalztemperatur bei einer über das
Vorwalzen erzielten Gesamtstichabnahme von mindestens 50 % vorgewalzt und darauf folgend
fertig warmgewalzt, wobei das Warmwalzen bei einer Warmwalzendtemperatur von 800 -
880 °C beendet wird. Innerhalb von höchstens 10 s nach dem Fertigwarmwalzen wird das
erhaltene Warmband dann mit einer Abkühlgeschwindigkeit von mindestens 40 K/s intensiv
auf eine 550 - 620 °C betragende Haspeltemperatur abgekühlt, bei der es schließlich
zu einem Coil gewickelt wird. Die Legierungselemente des Stahls sind in engen Grenzen
so aufeinander abgestimmt, dass bei einer betriebssicher durchzuführenden Verfahrensweise
maximierte mechanische Eigenschaften und optimierte Oberflächenbeschaffenheiten erzielt
werden.
[0009] Es ist bekannt, dass Niob, Titan und Vanadium einen unterschiedlich starken Beitrag
zu Festigkeitssteigerung leisten. So hat Niob die stärkste festigkeitssteigernde Wirkung,
gefolgt von Titan und Vanadium. Legierungskonzepte auf Basis von Titan ohne Niob und
Vanadium sind meist günstig, da Titan preiswert ist. Allerdings führen reine Titan-mikrolegierte
Konzepte nur bei sehr großen Gehalten an Titan zu hohen Festigkeiten. Durch die hohe
Affinität zu Stickstoff bildet Titan Titannitride, die auch bei Temperaturen > 1200
°C stabil bleiben, und sich bei der Umformung derart legierter Stahlflachprodukte
zu einem Bauteil aufgrund ihrer meist scharfkantigen Struktur nachteilig auswirken
können.
[0010] Legierungskonzepte auf Basis von Vanadium erreichen auch bei großen Gehalten an Vanadium
meist nicht die gewünschten Festigkeiten, da die Ausscheidungshärtung durch Vanadium
im Vergleich zu Niob und Titan deutlich schwächer ist. Weiterhin ist Vanadium sehr
teuer, weshalb meist nur geringe Gehalte verwendet werden.
[0011] Eine Kombination aus Mikrolegierungselementen (z. B. Titan und Vanadium), um hohe
Festigkeiten zu erreichen, ist möglich und gängige Praxis. Allerdings neigen diese
Konzepte oft zu Schwankungen der mechanischen Eigenschaften über die Länge und Breite
des aus entsprechend legiertem Stahl erzeugten Stahlflachprodukts. Grund hierfür ist,
dass bei der Abkühlung im nach dem Warmwalzen aus dem erhaltenen warmgewalzten Stahlband
gewickelten Coil die Temperatur aus technischen Gründen nicht über die gesamte Bandlänge
und -breite konstant ist, so dass die von der jeweiligen Temperatur abhängige Bildung
von Ausscheidungen der Mikrolegierungselemente über Bandlänge und -breite mehr oder
weniger stark unterschiedlich abläuft mit der Folge, dass die durch diese Ausscheidungen
direkt beeinflussten mechanischen Eigenschaften des Stahlbands entsprechend starke
Schwankungen zeigen.
[0012] Vor diesem Hintergrund hat sich die Aufgabe gestellt, ein warmgewalztes Stahlflachprodukt
zu entwickeln, das sich durch eine besonders gleichmäßige Verteilung seiner mechanischen
Eigenschaften über seine Länge und Breite auszeichnet und dabei eine gute Umformbarkeit
sowie eine geringe Rückfederungsneigung besitzt, die es für die Herstellung von komplex
geformten Bauteilen mit besonders breit gefächertem Anforderungsprofil geeignet machen.
[0013] Ein diese Aufgabe gemäß der Erfindung lösendes Stahlflachprodukt weist mindestens
die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale auf.
[0014] Darüber hinaus sollte ein Verfahren angegeben werden, das die gezielte Herstellung
eines solchen warmgewalzten Stahlflachprodukts ermöglicht.
[0015] Ein diese Aufgabe lösendes Verfahren umfasst mindestens die in Anspruch 11 angegebenen
Verfahrensschritte.
[0016] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben
und werden wie der allgemeine Erfindungsgedanke nachfolgend im Einzelnen erläutert.
[0017] Ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt besteht demnach aus (in Gew.-%) 0,02 - 0,1
% C, 0,1 - 2,5 % Mn, 0,02 - 0,1 % Al, 0,02 - 0,12 % Nb sowie jeweils optional aus
einem Element oder mehreren Elementen der Gruppe "Si, Ti, V, Cr, B, Ca, Mo" mit der
Maßgabe, dass der Si-Gehalt höchstens 0,6 %, der Ti-Gehalt höchstens 0,12 %, der V-Gehalt
höchstens 0,2 %, der Cr-Gehalt höchstens 0,2 %, der B-Gehalt höchstens 0,0025 %, der
Ca-Gehalt höchstens 0,01 % und der Mo-Gehalt höchstens 0,3 % beträgt, und als Rest
aus Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen, wobei zu den Verunreinigungen bis zu
0,05 % P, bis zu 0,03 % S, bis zu 0,01 % N, bis zu 0,2 % Ni und bis zu 0,15 % Cu zählen.
[0018] Das Gefüge eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts besteht dabei zu mindestens
60-Flächen-% aus Ferrit und/oder Bainit und als Rest aus Perlit, aus Karbid- oder
Karbonitrid-Ausscheidungen und aus höchstens bis zu 2 Flächen-% sonstigen Gefügebestandteilen.
Gleichzeitig weist das Gefüge ein Kornstreckungsverhältnis von 0,2 - 0,7 auf.
[0019] Als besonders günstig hat es sich erwiesen, wenn das Gefüge eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts darüber hinaus eine mittlere Ferritkorngröße von höchstens 15 µm
aufweist. Die insbesondere durch die erfindungsgemäße Herstellweise im Gefüge sicher
erzielbaren Kornstreckungsverhältnisse tragen wesentlich zu den guten Zähigkeitseigenschaften
eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts bei. Weiterhin trägt das durch geringe
Ferritkorngrößen gekennzeichnete feine Gefüge zur weiteren Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften
bei.
[0020] Durch seine besondere Zusammensetzung und seine Gefügebeschaffenheit, die Folge der
Art und Weise seiner Herstellung ist, besitzt ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt
hervorragende Umformeigenschaften, die gepaart sind mit optimierten mechanischen Eigenschaften.
So gilt für die Streckgrenze Re erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte Re > RE_BER,
wobei gilt:
mit %Nb: jeweiliger Nb-Gehalt des Stahlflachprodukts in Gew.-% und
d: jeweilige Dicke des Stahlflachprodukts in mm
[0021] Typischerweise betragen die Streckgrenzen Re erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte
mehr als 350 MPa, insbesondere mehr als 400 MPa, 450 MPa oder mehr als 500 MPa. Weiterhin
typischerweise liegen die Streckgrenzen Re unterhalb von 800 MPa, insbesondere unterhalb
von 750 MPa oder unterhalb von 700 MPa.
[0022] Gleichzeitig ergeben gemäß DIN EN ISO 148-1 in Prüfrichtung "längs" durchgeführte
Kerbschlagbiegeversuche bei erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten bei -20° C und -30
°C jeweils eine Kerbschlagarbeit von > 100 J, wobei regelmäßig Werte für die Kerbschlagarbeit
von mehr als 125 J, insbesondere mehr als 150 J, erreicht worden sind. Bei derselben
Versuchsanordnung, jedoch Prüftemperaturen von -60 °C, betrug die ermittelte Kerbschlagarbeit
in Prüfrichtung "längs" bei -60° C mehr als 27 J, wobei regelmäßig für die Kerbschlagarbeit
Werte von mehr als 80 J erzielt wurden. Selbst bei einer Prüftemperatur von -80 °C
erreichten erfindungsgemäße Stahlflachprodukte in Prüfrichtung "längs" noch eine Kerbschlagarbeit
von mehr als 27 J. Ihre demgemäß optimierte Kerbschlagzähigkeit und ihr hoher Sprödbruchwiderstand
machen erfindungsgemäße Stahlflachprodukte insbesondere auch für Anwendungen geeignet,
bei denen tiefere Temperaturen, d.h. insbesondere Temperaturen von weniger als -40
°C, herrschen.
[0023] Die gemäß DIN EN 10149-2 mit einem Biegedorndurchmesser von 8 mm ermittelte Rückfederung
beträgt bei erfindungsgemäßen warmgewalzten Stahlflachprodukten weniger als 20 %,
wobei sich in der Praxis regelmäßig Werte der Rückfederung von weniger als 17 %, insbesondere
weniger als 15 %, einstellen.
[0024] Ihre Eigenschaften entwickeln erfindungsgemäße warmgewalzte Stahlflachprodukte durch
die Anwesenheit von Niob als alleinigem Pflicht-Mikrolegierungselement, ohne dass
dazu weitere Mikrolegierungselemente, nämlich Titan und Vanadium, zugegeben werden
müssen. Zwar können diese Elemente, wie nachfolgend erläutert, in einem erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukt optional in wirksamen Gehalten zur Unterstützung der Wirkung des
erfindungsgemäß immer vorhandenen Niob-Gehalts vorhanden sein. Jedoch beruht das Legierungskonzept
eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts auf der Anwesenheit von Niob, dessen Gehalte
erfindungsgemäß so abgestimmt sind, dass grundsätzlich keine zusätzlichen Mikroelemente
erforderlich sind, um allen Anforderungen zu genügen, die an die Umformbarkeit, die
Festigkeit, die Zähigkeit, das Kerbschlagverhalten und das Rückfederungsverhalten
erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte gestellt werden. So zeigt sich bei der Umformung,
dass bei erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten aufgrund ihrer speziellen Mikrostruktur
(d.h. ihrer besonderen Kornstreckung und Faser-Orientierung) die Gefahr einer Rissbildung
derart verzögert ist, dass selbst komplexe Bauteile wie z. B. Federbeinaufnahmen für
Fahrwerke von Kraftfahrzeugen problemlos gefertigt werden können.
[0025] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäß beschaffenen
Stahlflachprodukts umfasst folgende Arbeitsschritte:
- a) Erzeugen einer Stahlschmelze, die aus (in Gew.-%) 0,02 - 0,1 % C, 0,1 - 2,5 % Mn,
0,02 - 0,1 % Al, 0,02 - 0,12 % Nb sowie jeweils optional aus einem Element oder mehreren
Elementen der Gruppe "Si, Ti, V, Cr, B, Ca, Mo" mit der Maßgabe, dass der Si-Gehalt
höchstens 0,6 %, der Ti-Gehalt höchstens 0,12 %, der V-Gehalt höchstens 0,2 %, der
Cr-Gehalt höchstens 0,2 %, der B-Gehalt höchstens 0,0025 %, der Ca-Gehalt höchstens
0,01 % und der Mo-Gehalt höchstens 0,3 % beträgt, und als Rest aus Eisen und unvermeidbaren
Verunreinigungen besteht, wobei zu den Verunreinigungen bis zu 0,05 % P, bis zu 0,03
% S, bis zu 0,01 % N, bis zu 0,2 % Ni und bis zu 0,15 % Cu zählen;
- b) Vergießen der Schmelze zu einem Vorprodukt, bei dem es sich um eine Bramme mit
einer Dicke von 70 mm - 350 mm oder eine Dünnbramme mit einer Dicke von 30 - 70 mm
handelt;
- c) Austenitisieren des Vorprodukts derart, dass das Vorprodukt auf eine Austenitisierungstemperatur
von 1150 - 1320 °C durcherwärmt ist;
- d) im Fall, dass das Vorprodukt eine Bramme ist:
Vorwalzen des austenitisierten Vorprodukts in zwei oder mehr Walzstichen auf eine
Dicke von mindestens 30 mm und höchstens 70 mm bei einer Vorwalztemperatur, die höchstens
gleich der Austenitisierungstemperatur ist, jedoch mindestens 30 °C oberhalb der Rekristallisationsstopptemperatur
TNR liegt, die wie folgt berechnet wird:

mit %Nb = jeweiliger Nb-Gehalt des Stahlflachprodukts;
- e) Fertigwarmwalzen des Vorprodukts zu einem warmgewalzten Stahlflachprodukt in mehreren
Walzstichen,
- wobei eine Anzahl nW von Walzstichen, die größer oder gleich einem auf eine ganze Zahl abgerundeten Wert
nW' ist, der gemäß der Formel

mit dEW: Endwalzdicke des Stahlflachprodukts
Z: Dicke des Vorprodukts
berechnet wird, bei einer unterhalb der gemäß Formel (1) berechneten Rekristallisationsstopptemperatur
TNR liegenden Temperatur durchgeführt werden,
- wobei für einen über das Fertigwarmwalzen insgesamt erzielten Umformgrad Δhges gilt

mit dEinlauf: Dicke des Stahlflachprodukts beim Einlauf in das Fertigwarmwalzen,
dAuslauf: Dicke des Stahlflachprodukts am Ende des Fertigwarmwalzens,
- wobei für den im letzten Walzstich des Fertigwarmwalzens erzielten Umformgrad ΔhLG ist gilt:

mit

dEinlauf LG: Dicke des Stahlflachprodukts beim Einlauf in das letzte Walzgerüst,
dAuslauf LG:Dicke des Stahlflachprodukts beim Auslauf aus dem letzten Walzgerüst

ΔhLG min: Mindest-Umformgrad im letzten Walzstich des Fertigwarmwalzens
TEW: Warmwalzendtemperatur in °C,
und
- wobei die Warmwalzendtemperatur 760 - 940 °C beträgt;
f) Abkühlen des warmgewalzten Stahlflachprodukts auf eine Haspeltemperatur von 520
- 650 °C;
g) Haspeln des warmgewalzten Stahlflachprodukts zu einem Coil und Abkühlen des warmgewalzten
Stahlflachprodukts im Coil auf Raumtemperatur.
[0026] Die Legierungsbestandteile eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts und die Gehalte
dieser Bestandteile sind erfindungsgemäß wie folgt ausgewählt:
Neben Eisen sind C, Mn, Al und Nb Pflichtelemente der Legierung eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts. Alle anderen nachfolgend erläuterten Elemente sind optional im
erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt vorhanden, um bestimmte Eigenschaften auszuprägen,
oder den unvermeidbaren Verunreinigungen zuzuordnen, deren Anwesenheit zwar unerwünscht
ist, jedoch aus herstellungstechnischen Gründen nicht vermeidbar ist. Die Gehalte
dieser unvermeidbaren Begleitelemente sind bei einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
beschränkt, so dass sie keinen negativen Einfluss auf die Eigenschaften des Stahlflachprodukts
haben.
[0027] Kohlenstoff "C" ist in einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in Gehalten von
0,02 - 0,1 Gew.-% vorhanden. Mindestens 0,02 Gew.-% sind erforderlich, damit ein erfindungsgemäßes
Stahlflachprodukt die von ihm geforderten Festigkeitseigenschaften erreicht. Diese
Wirkung kann besonders sicher bei C-Gehalten von mindestens 0,4 Gew-% erzielt werden.
Gleichzeitig ist der C-Gehalt auf höchstens 0,1 Gew.-% beschränkt, um einen negativen
Einfluss auf die Schweißbarkeit und die Umformbarkeit zu vermeiden. Negative Wirkung
der Anwesenheit von C, wie eine Verringerung der Zähigkeit, können dabei besonders
sicher dadurch vermieden werden, dass ein C-Gehalt von maximal 0,08 Gew.-% eingestellt
wird.
[0028] Silizium "Si" wird optional bei der Erzeugung des Stahls eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts als Desoxidationsmittel eingesetzt und trägt im erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukt zur Verbesserung der Festigkeitseigenschaften bei. Um diese Wirkung
von Si zuverlässig nutzen zu können, kann der Si-Gehalt mindestens 0,01 Gew.-% betragen.
Si-Gehalte von mehr als 0,6 Gew.-% würden die Oberflächenbeschaffenheit und die Zähigkeitseigenschaften
des erfindungsgemäßen Materials beeinträchtigen, insbesondere die Zähigkeit in der
Wärmeeinflusszone einer an einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt erzeugten Schweißnaht.
Darüber hinaus könnten zu hohe Si-Gehalte die Schweißbarkeit erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte
verschlechtern. Um diese negativen Einflüsse sicher zu vermeiden und insbesondere
eine optimierte Oberflächenqualität zu gewährleisten, kann der Si-Gehalt auf 0,25
Gew.-% begrenzt werden.
[0029] Mangan "Mn" ist in einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in Gehalten von 0,1
- 2,5 Gew.-% vorhanden, um gute mechanische Eigenschaften, insbesondere eine hohe
Zähigkeit, sowie eine S-Abbindung zu gewährleisten. Bei Gehalten von weniger als 0,1
Gew.-% würden keine ausreichenden Festigkeiten erreicht. Bei Mn-Gehalten von mehr
als 2,5 Gew.-% würden allerdings die Schweißbarkeit und die Umformbarkeit negativ
beeinflusst. Um die festigkeitssteigernde Wirkung von Mn beim erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
sicher nutzen zu können, kann der Gehalt an Mn auf mindestens 0,5 Gew.-% angehoben
werden. Um das Seigerungsverhalten, sowie die Zähigkeit nicht negativ zu beeinflussen,
kann der Mn-Gehalt auf höchstens 2,0 Gew.-% beschränkt werden.
[0030] Aluminium "Al" ist im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in Gehalten von 0,02 -
0,1 Gew.-% vorhanden. Es wird bei der Erzeugung des Stahls eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts als Desoxidationsmittel eingesetzt und behindert durch Bildung
von AlN-Ausscheidungen eine Vergröberung des Austenitkorns bei einer im Zuge der Verarbeitung
des Stahls zu dem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt durchlaufenen Erwärmung ("Austenitisieren").
Liegt der Aluminiumgehalt unter 0,02 Gew.-%, laufen bei der Stahlerzeugung die Desoxidationsprozesse
nicht vollständig ab. Übersteigt der Al-Gehalt jedoch die Obergrenze von 0,1 %, so
können sich unerwünschte Al
2O
3-Einschlüsse bilden. Diese würden sich negativ auf den Reinheitsgrad und die Zähigkeitseigenschaften
eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts auswirken. Sollen bei der Erzeugung erfindungsgemäßer
Stahlflachprodukte Einschränkungen der Vergießbarkeit der Stahlschmelze besonders
sicher vermieden werden, so kann der Al-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
auf höchstens 0,05 Gew.-% begrenzt werden.
[0031] Niob "Nb" ist im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in Gehalten von 0,02 - 0,12
Gew.-% vorhanden, um optimierte Festigkeitseigenschaften durch Ausscheidungshärtung
beim erfindungsgemäß durchgeführten Haspeln zu erzielen. Beträgt der Nb-Gehalt weniger
als 0,02 Gew.-%, so würden die geforderten Festigkeitseigenschaften nicht erreicht.
Um die Kornfeinung der Austenitstruktur beim erfindungsgemäß temperaturgesteuerten
Walzen sicher einzustellen, kann Nb in Gehalten von mindestens 0,04 Gew-% zugegeben
werden. Würden Nb-Gehalte von mehr als 0,12 Gew.-% vorgesehen, so würden hierdurch
die Schweißbarkeit und die Zähigkeit in der Wärmeeinflusszone einer an einem erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukt erzeugten Schweißverbindung verschlechtert. Besonders wirtschaftlich
lassen sich die durch die erfindungsgemäß vorgesehenen Nb-Gehalte erzielten Effekte
bei Nb-Gehalten von maximal 0,08 Gew.-% erzielen.
[0032] Auch wenn das erfindungsgemäße Legierungskonzept darauf abzielt, nur Nb als Mikrolegierungselement
zu verwenden, kann Titan "Ti" im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in Gehalten von
bis zu 0,12 Gew.-% vorhanden sein, um die Festigkeitseigenschaften durch Verhinderung
des Kornwachstums beim Austenitisieren und durch Ausscheidungshärtung beim Haspeln
zu unterstützen. Diese vorteilhaften Wirkungen der Anwesenheit von Ti können dadurch
besonders sicher genutzt werden, dass der Ti-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
auf mindestens 0,005 Gew.-% eingestellt wird. Bei oberhalb von 0,12 Gew.-% liegenden
Ti-Gehalten besteht die Gefahr, dass sich die Umformbarkeit, Schweißbarkeit und die
Zähigkeit des Stahlflachprodukts infolge der Bildung von groben Ti-Ausscheidungen
verschlechtert. Diese Gefahr kann dadurch minimiert werden, dass der Ti-Gehalt auf
höchstens 0,10 Gew.-% beschränkt wird. Zur Gewährleistung möglichst gleichmäßiger
Festigkeitseigenschaften über Länge und Breite wird insbesondere ganz auf eine Ti-Legierung
verzichtet oder der Gehalt wird bevorzugt auf höchstens 0,010 Gew.-%, besonders bevorzugt
auf höchstens 0,006 Gew.-% beschränkt.
[0033] Vanadin "V" kann einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in Gehalten von bis zu
0,2 Gew.-% zugegeben werden, um die Festigkeit durch Bildung von Karbonitriden zu
unterstützen. Soll diese Wirkung in einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt gezielt
genutzt werden, so kann hierzu ein Gehalt von mindestens 0,005 Gew.-% V vorgesehen
werden. Bei Gehalten von mehr als 0,2 Gew.-% tritt keine weitere Steigerung der positiven
Einflüsse der optionalen Anwesenheit von V in einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
auf. Optimal nutzen lässt sich die festigkeitssteigernde Wirkung von V, wenn in einem
erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt bis zu 0,15 Gew.-% V vorhanden sind. Grundsätzlich
gilt aber auch hier, dass die Zugabe von V rein optional zu betrachten ist, die Zugabe
von V also vollständig entfallen kann, weil das erfindungsgemäße Legierungskonzept
vorranging auf der Anwesenheit des Mikroelements Nb gründet. Zur Gewährleistung möglichst
gleichmäßiger Festigkeitseigenschaften über Länge und Breite wird gemäß einer besonders
praxisgerechten Variante der Erfindung der V-Gehalt in einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
bis auf technisch unwirksame Gehalte reduziert. Hierzu kann der V-Gehalt auf höchstens
0,010 Gew.-%, insbesondere höchstens 0,006 Gew.-%, beschränkt werden.
[0034] Chrom "Cr" ist im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt optional in Gehalten von bis
zu 0,2 Gew.-% vorhanden. Durch Zugabe von Cr können ebenfalls die Festigkeitseigenschaften
eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts verbessert werden. Ist der Chromgehalt
zu hoch, werden allerdings die Schweißbarkeit und Zähigkeit in der Wärmeeinflusszone
einer an einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt vorgenommenen Verschweißung negativ
beeinflusst. Die positiven Einflüsse der optionalen Anwesenheit von Cr in einem erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukt können dadurch sicher genutzt werden, dass sein Cr-Gehalt mindestens
0,02 Gew.-% beträgt.
[0035] Bor "B" ist im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt optional in Gehalten von bis zu
0,0025 Gew.-% vorhanden. B wirkt sich günstig auf die Festigkeitseigenschaften und
die Härtbarkeit des Stahls aus, aus dem ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt besteht.
Diese günstige Wirkung von B kann dadurch genutzt werden, dass für ein erfindungsgemäßes
Stahlflachprodukt B-Gehalte von mindestens 0,0005 Gew.-% B, insbesondere mindestens
0,0015 Gew.-% B, vorgesehen werden. B-Gehalte von mehr als 0,0025 Gew.-% würden jedoch
die Zähigkeitseigenschaften verschlechtern.
[0036] Calcium "Ca" kann im Stahl eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts optional vorhanden
sein, um im Gefüge des Stahlflachprodukts nichtmetallische Einschlüsse einzuformen,
damit die Zähigkeit verbessert wird. Liegt der Ca-Gehalt oberhalb von 0,01 Gew.-%,
kann dies allerdings eine negative Wirkung auf den Reinheitsgrad der Schmelze haben
und beim Vergießen des Stahls, aus dem ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt erzeugt
ist, zu Fehlern in der Schale des jeweils gegossenen Zwischenprodukts führen. Die
positiven Einflüssen der optionalen Anwesenheit von Ca in einem erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukt können dadurch sicher genutzt werden, dass sein Ca-Gehalt mindestens
0,0005 Gew.-% beträgt.
[0037] Molybdän "Mo" kann im Stahl eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts optional vorhanden
sein, um die höheren Festigkeitseigenschaften zu erreichen. Die positiven Einflüsse
der optionalen Anwesenheit von Mo können ab einem Mo-Gehalt von mindestens 0,02 %
erreicht werden. Ist der Mo-Gehalt zu hoch, werden die Bruchdehnung sowie die Umformbarkeit
des Werkstoffs negativ beeinflusst. Hierzu ist der Mo-Gehalt auf höchstens 0,3 Gew.-%,
insbesondere auf höchstens 0,25 Gew.-% oder, besonders vorteilhaft, auf höchstens
0,1 Gew.-%, beschränkt.
[0038] Ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt weist eine optimierte Kombination aus Festigkeit
und Zähigkeit auf, ohne dass dazu teure Legierungselemente wie Nickel "Ni" und Kupfer
"Cu" benötigt werden. Jedoch können auch diese Elemente herstellungsbedingt, beispielsweise
durch den Einsatz von Schrott bei der Stahlerzeugung, als unvermeidbare Verunreinigungen
in den Stahl gelangen. In jedem Fall sind in einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
die Gehalte an Ni und Cu so niedrig gehalten, dass sie keinen Einfluss auf die Eigenschaften
eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts haben. Der Ni-Gehalt eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts beträgt aus denselben Gründen höchstens 0,2 Gew.-%, sein Cu-Gehalt
höchstens 0,15 Gew.-%.
[0039] Phosphor "P" und Schwefel "S" sind ebenfalls Verunreinigungen, die im erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukt unerwünscht sind, weil sie dessen mechanische Eigenschaften, insbesondere
die Kerbschlagarbeit und die Umformbarkeit, verschlechtern. Um jeden Einfluss dieser
herstellungsbedingt jedoch unvermeidbaren Begleitelemente zu vermeiden, legt die Erfindung
für den P-Gehalt eine Obergrenze von 0,05 Gew.-%, insbesondere von höchstens 0,025
Gew.-% oder, besonders bevorzugt, von höchstens 0,015 Gew.-%, und für den S-Gehalt
eine Obergrenze von höchstens 0,03 Gew.-% fest, insbesondere von höchstens 0,01 Gew.-%
oder, besonders bevorzugt, von höchstens 0,003 Gew.-%.
[0040] Stickstoff "N" ist ebenfalls eine herstellungsbedingt unvermeidbare Verunreinigung,
die bei zu hohen Gehalten die Zähigkeitseigenschaften eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
verschlechtert. Daher ist der N-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
auf höchstens 0,01 Gew.-%, insbesondere 0,008 Gew.-% oder, besonders bevorzugt, von
höchstens 0,006 Gew.-%, begrenzt. Typische N-Gehalte eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
liegen bei mindestens 0,004 Gew.-%. Durch diese im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
typischerweise mindestens vorliegenden Gehalte an N kommt es zur Bildung von AIN-
und, soweit Ti vorhanden ist, von TiN-Ausscheidungen, die sich, wie oben bereits erläutert,
positiv auf die Feinheit des Gefüges eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts auswirken.
[0041] Das Gefüge eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts besteht überwiegend aus Ferrit
und/oder Bainit. So beträgt der Ferrit- und/oder Bainit-Anteil des Gefüges eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts typischerweise mindestens 60 Flächen-% Ferrit und/oder Bainit,
wobei der Ferrit als polygonaler Ferrit und/oder quasipolygonaler Ferrit und/oder
stark versetzungsverfestigter Ferrit vorliegen kann. Zur Gewährleistung einer möglichst
guten Umformbarkeit wird bevorzugt ein Anteil von mindestens 80 Flächen-%, zur Erhöhung
der Zähigkeit weiter bevorzugt mindestens 90 Flächen-%, besonders bevorzugt mindestens
95 Flächen-% Ferrit und/oder Bainit eingestellt. Der Rest des Gefüges eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts wird durch Perlit sowie die schon erwähnten Ausscheidungen in Form
von Karbiden oder Karbonitriden sowie höchstens 2 Flächen-% sonstigen Gefügebestandteilen
eingenommen, zu denen Martensit oder Restaustenit zählen.
[0042] Das Gefüge eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts zeichnet sich weiterhin dadurch
aus, dass das Kornstreckungsverhältnis zwischen 0,2 und 0,7 liegt. Die Einstellung
eines Kornstreckungsverhältnisses in diesem Bereich gewährleistet gute Zähigkeitseigenschaften.
Liegt das Kornstreckungsverhältnis oberhalb 0,7, so wird die Dehnung negativ beeinflusst.
Liegt das Verhältnis unterhalb 0,2, so ist der Einfluss auf die Festigkeit zu gering.
[0043] Darüber hinaus zeichnet sich das Gefüge des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
dadurch aus, dass die im Ferrit vorhanden Anteile der α-Faser <110> parallel zur Walzrichtung
in einem Anteil von höchstens 30 % und die im Ferrit vorhanden Anteile der γ-Faser
<111> parallel zur Blechnormalen in einem Anteil von höchstens 20 % ausgebildet ist.
Diese Ausprägung sorgt für ein gutes Fließverhalten bei der Umformung sowie für gute
Bruchdehnungseigenschaften, wodurch insgesamt ein hervorragendes Umformverhalten erfindungsgemäßer
Stahlflachprodukte erzielt wird.
[0044] Die Arbeitsschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens und die dabei erfindungsgemäß
eingestellten Verfahrensparameter sind in besonderer Weise so auf das erfindungsgemäße
Legierungskonzept abgestimmt, dass die besondere Eigenschaftskombination erfindungsgemäßer
Stahlflachprodukte betriebssicher erreicht wird.
[0045] Durch das erfindungsgemäß auf der Verwendung von Niob als vorzugsweise alleinigem
Mikrolegierungselement basierende Legierungskonzept können bereits mit vergleichbar
geringen Nb-Gehalten hohe Festigkeiten erreicht werden. Bedingt dadurch, dass Niob
die Rekristallisation stark verzögert, kommt es bei der erfindungsgemäßen Erzeugung
erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte im Zuge des Warmwalzens zu einer starken Austenitkornstreckung,
die in einer sehr feinkörnigen versetzungsreichen Ferrit- bzw. Bainitstruktur nach
dem Aufhaspeln resultiert. Im Vergleich zu Titan und Vanadium verzögert Niob die Rekristallisation
bei gleichen Elementgehalten deutlich stärker und trägt zudem besonders effektiv zur
Kornfeinung des Gefüges nach dem Aufhaspeln bei.
[0046] Dabei kommt es im Coil, zu dem das Stahlflachprodukt nach dem Warmwalzen im Arbeitsschritt
g) gewickelt wird, zur Bildung feiner Nb-Ausscheidungen, deren Entstehung stabil und
unempfindlich gegenüber einer ungleichförmigen Temperaturverteilung über die gesamte
Länge und Breite des Stahlflachprodukts abläuft. Infolgedessen zeichnet sich ein erfindungsgemäßes
Stahlflachprodukt durch geringe Schwankungen der mechanischen Eigenschaften über seine
Länge und Breite aus.
[0047] Es versteht sich von selbst, dass bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
der Fachmann nicht nur die in den Ansprüchen erwähnten und hier erläuterten Verfahrensschritte
absolviert, sondern auch alle sonstigen Schritte und Tätigkeiten ausführt, die bei
der praktischen Umsetzung derartiger Verfahren im Stand der Technik regelmäßig durchgeführt
werden, wenn sich hierzu die Notwendigkeit ergibt.
[0048] Für die Herstellung erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte wird dementsprechend im
Arbeitsschritt a) in hinsichtlich des dabei anzuwendenden Vorgehens an sich bekannter
Weise eine den voranstehenden Erläuterungen entsprechend erfindungsgemäß zusammengesetzte
Stahlschmelze erzeugt.
[0049] Diese Stahlschmelze wird anschließend unter ebenfalls an sich bekannten Bedingungen
zu einem Vorprodukt vergossen, bei dem es sich um eine Bramme oder eine Dünnbramme
handeln kann. Dabei sollte die Gießtemperatur der Schmelze beim Stranggießen mehr
als 1500 °C betragen, um sicherzustellen, dass der Stahl nicht bereits in der Transportpfanne
erstarrt. Dies gilt insbesondere im Fall, dass als Vorprodukt eine Dünnbramme erzeugt
wird.
[0050] Das Vergießen der Schmelze zu einer Bramme kann in jeder aus dem Stand der Technik
für diese Zwecke bekannten Art und Weise erfolgen.
[0051] Für die Erzeugung von Dünnbrammen steht in der Praxis beispielsweise das "CSP-Verfahren"
(CSP = Compact-Strip-Production, s. https://www.sms-group.com/de/anlagen/alle-anlagen/csp-technologie/)
zur Verfügung. Bei diesem Verfahren wird die Schmelze in einem kontinuierlichen Ablauf
zu einem Strang vergossen, von dem anschließend die Dünnbrammen abgeteilt werden.
Der flüssige Stahl wird dazu über eine Verteilerrinne in eine Kokille geleitet, aus
der in der Praxis parallel zueinander zwei Stränge austreten, bei denen eine Erstarrung
jeweils durch Bildung einer so genannten äußeren "Strangschale" beginnt. Nach Austritt
aus der Kokille schreitet die Erstarrung ausgehend von der Strangschale der Strangmitte
(Kern) immer weiter fort, bis auch der Kernbereich verfestigt ist. Der so vollständig
erstarrte Strang hat eine Dicke von mindestens 30 mm, typischerweise von 35 - 70 mm,
und eine Temperatur, die typischerweise mehr als 600 °C beträgt. Nach der Verfestigung
werden die Dünnbrammen von dem Strang abgeteilt.
[0052] Die jeweils erzeugten Vorprodukte (Bramme oder Dünnbramme) werden für die so genannte
"Austenitisierung" (Arbeitsschritt c)) in einem Vorwärm- oder Ausgleichsofen auf eine
Austenitisierungstemperatur oberhalb 1150 °C erwärmt, bei der sie ein vollständig
austenitisches Gefüge besitzen. Die hohe Austenitisierungstemperatur ist wichtig,
damit im Zuge der Austenitisierung die groben Ausscheidungen aufgelöst werden, die
sich während der Erstarrung des jeweiligen Vorprodukts gebildet haben. Die Obergrenze
des für die Austenitisierungstemperatur vorgesehenen Bereichs liegt erfindungsgemäß
bei 1320 °C, um eine Vergröberung des Austenitkorns und eine verstärkte Zunderbildung
zu unterbinden.
[0053] Im Fall, dass es sich bei dem Vorprodukt um eine Dünnbramme handelt, kann diese direkt
dem Fertigwarmwalzen (Arbeitsschritt e)) zugeführt werden. Dies kann, wie auch die
Austenitisierung im Ausgleichsofen und die vorangegangene Erzeugung der Dünnbramme,
in an sich bekannter Weise in einer kontinuierlich durchlaufenden Arbeitsabfolge erfolgen.
[0054] Im Fall, dass es sich bei dem Vorprodukt um eine Bramme handelt, muss dagegen deren
Dicke vor dem Fertigwarmwalzen reduziert werden. Hierzu wird die jeweilige Bramme
nach dem Austenitisieren beispielweise in einem oder mehreren hierzu im Stand der
Technik verfügbaren Reversier-Walzgerüsten reversierend in mehr als einem Stich zu
einem Vorband mit einer Dicke von mindestens 30 mm, jedoch höchstens 70 mm, vorgewalzt.
Die Temperatur der Bramme zum Beginn des Vorwalzens ist dabei höchstens gleich der
Austenitisierungstemperatur und mindestens 1100 °C. Die Temperatur des aus der Bramme
vorgewalzten Vorbandes nach Abschluss des Vorwalzens wird als Vorwalztemperatur TVW
bezeichnet. Die Vorwalztemperatur ist höchstens gleich der Austenitisierungstemperatur.
Bevorzugt liegt die Vorwalztemperatur unterhalb von 1150 °C, insbesondere unterhalb
von 1120 °C. Bei einer Vorwalztemperatur oberhalb dieses Grenzwerts würde sich zum
einen ein gröberes Austenitkorn infolge des Kornwachstums nach der Rekristallisation
bilden. Zum anderen würde sich eine erhöhte Menge an Ungänzen, d.h. Fehlstellen, an
der Oberfläche des fertigen warmgewalzten Produktes einstellen. Jedoch darf die Vorwalztemperatur
nicht niedriger sein als eine Temperatur TVW min, die mindestens 30 °C oberhalb der
in der oben angegebenen Weise in Abhängigkeit vom Nb-Gehalt %Nb berechneten Rekristallisationsstopptemperatur
T
NR liegt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Rekristallisationsprozesse vollständig
ablaufen, somit ein feines Austenitkorn beibehalten und anschließendes Kornwachstum
begrenzt wird. Dies wirkt sich positiv auf die Zähigkeitseigenschaften und auf die
Bruchdehnung erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte aus. Die Bruchdehnung beträgt typischerweise
mindestens 14 %. Würde die Vorwalztemperatur die TVW min unterschreiten, so würde
dies zu einem unerwünschten Mischgefüge infolge der dann nicht vollständig ablaufenden
Rekristallisation führen, wodurch die Zähigkeits- und Bruchdehnungseigenschaften des
Stahlflachprodukts verschlechtert würden und zudem eine größere Streuung der mechanischen
Eigenschaften eintreten könnte.
[0055] Beim erfindungsgemäßen Fertigwarmwalzen (Arbeitsschritt e)) wird in einer mehrgerüstigen,
typischerweise fünf, sechs oder sieben Walzgerüste umfassenden Warmwalzanlage im Fall,
dass das jeweilige Vorprodukt eine Bramme war, das daraus vorgewalzte Vorband oder
die als Vorprodukt erzeugte Dünnbramme zu einem fertig warmgewalzten Stahlflachprodukt
warmgewalzt, bei dem es sich typischerweise um ein warmgewalztes Band handelt. Die
Parameter des Warmwalzens werden dabei so eingestellt, dass das erhaltene Stahlflachprodukt
die jeweils geforderte Dicke hat und der Abschluss des erfindungsgemäßen Verfahrens
die schon erläuterten strukturellen Merkmale aufweist. Mit einem "mehrgerüstigen"
Walzprozess sind erfindungsgemäß mindestens drei aufeinanderfolgende Stichabnahmen
gemeint.
[0056] Die Anzahl der jeweils tatsächlich erforderlichen Stichabnahmen wird dabei in Abhängigkeit
von der für das fertig warmgewalzte Stahlflachprodukt geforderten Dicke gewählt. Dabei
muss eine bestimmte Anzahl n
W von Walzstichen in der Fertigwarmwalzanlage bei einer Temperatur durchgeführt werden,
die unterhalb der in der voranstehend erläuterten Weise berechneten Rekristallisationsstopptemperatur
T
NR (Gleichung (1)) liegt. Diese Anzahl n
W wird als das auf eine ganze Zahl abgerundete Ergebnis nw' der oben genannten Gleichung
(2) bestimmt.
[0057] Erfindungsgemäß wird das Fertigwarmwalzen nach Art eines so genannten "thermo-mechanischen
Walzens" durchgeführt. Durch die erfindungsgemäß gezielt eingestellten, über den gesamten
Fertigwarmwalzprozess und die einzelnen Warmwalzstiche eingehaltenen Umformgrade,
auch "Stichabnahmen" genannt, und eine präzise Temperaturführung wird die erfindungsgemäße
Orientierung der Fasern des Gefüges und dessen Kornstreckung erzielt. Dies beeinflusst
positiv nicht nur die Festigkeitseigenschaften, sondern auch die Zähigkeit, Bruchdehnung
und die daraus resultierenden Umformeigenschaften, insbesondere die Rückfederung,
im Vergleich zu typischen Mikrolegierungskonzepten auf Basis zweier Mikrolegierungselemente.
[0058] Der erfindungsgemäß über den gesamten Fertigwarmwalzprozess zu erzielende Gesamtumformgrad
Δh
ges, sowie der über den letzten Walzstich zu erzielende Umformgrad Δh
LG ist sind so abgestimmt, dass sich ein stark gestrecktes Austenitkorn im Gefüge eines
erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts einstellt. Das Fertigwalzen wird dabei unterhalb
einer Walzendtemperatur von 940 °C, insbesondere von weniger als 920 °C oder, besonders
bevorzugt, von weniger als 890 °C beendet. Durch die erfindungsgemäß niedrige Warmwalzendtemperatur
wird der Effekt des thermo-mechanischen Walzens verstärkt, so dass im Gefüge des erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts bei Beendigung des Warmwalzens versetzungsreicher Austenit vorliegt.
Indem die Warmwalzendtemperatur erfindungsgemäß höchstens 940 °C beträgt, wird gewährleistet,
dass nach dem Ende des Warmwalzens auch lokal keine Rekristallisationsvorgänge mehr
ablaufen. Auf diese Weise ist sichergestellt ist, dass die erfindungsgemäß geforderte
Kornstreckung erreicht und eine für die Umformung günstige Ausrichtung der im Ferrit
vorhanden Anteile der α-Faser <110> parallel zur Walzrichtung und γ-Faser <111> parallel
zur Blechnormalen erhalten wird. Gleichzeitig wird das Fertigwarmwalzen jedoch bei
einer Temperatur oberhalb von 760 °C beendet, um zu gewährleisten, dass eine Phasenumwandlung
beim Fertigwarmwalzen, insbesondere im Bereich der Oberfläche, unterbleibt.
[0059] Erfindungsgemäß soll der in der Fertigwarmwalzanlage erzielte gesamte Umformgrad
Δh
ges mindestens 65 % betragen. Im letzten Gerüst soll der Umformgrad Δh
LG ist jedoch mindestens die Bedingung nach Gleichung (4) erfüllen. Dabei soll der Umformgrad
Δh
LG ist bevorzugt mindestens 4 % betragen. Werden die Maßgaben, die die Erfindung in Bezug
auf die Umformgrade Δh
ges und Δh
LG ist aufgestellt hat, nicht eingehalten, so werden die erfindungsgemäße Kornstreckung
und die erfindungsgemäße Ausrichtung der im Ferrit vorhanden Anteile der α-Faser <110>
parallel zur Walzrichtung und γ-Faser <111> parallel zur Blechnormalen nicht erreicht.
[0060] Nach dem Warmwalzen wird das erhaltene warmgewalzte Stahlflachprodukt im Arbeitsschritt
f) auf eine Haspeltemperatur von 520 - 650 °C abgekühlt. Die Abkühlung kann dabei
in an sich bekannter Weise erfolgen. Typische, für die erfindungsgemäßen Zwecke geeignete
Abkühlraten liegen dabei im Bereich von 10 - 300 K/s. Dabei sollte die Abkühlung innerhalb
von maximal 20 s nach dem Ende des Warmwalzens einsetzen.
[0061] Durch Einhaltung des erfindungsgemäß vorgeschriebenen Bereichs der Haspeltemperaturen
wird eine optimale Umwandlungs- und Ausscheidungshärtung erzielt. Dabei ist der Bereich
der Haspeltemperaturen so gewählt, dass die Anzahl der Karbonitridausscheidungen ein
Maximum erreicht. Eine zu tiefe Haspeltemperatur würde dazu führen, dass das Ausscheidungspotenzial
eingefroren und somit die von einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt geforderte
Mindeststreckgrenze nicht erreicht würde. Eine zu hohe Haspeltemperatur würde dagegen
zu einem unerwünschten Ausscheidungs- und/oder Kornwachstum führen, was wiederum zu
einem Verlust an Zähigkeit und Streckgrenze führen könnte.
[0062] Erfindungsgemäße warmgewalzte Stahlflachprodukte eignen sich aufgrund ihrer Eigenschaftskombination
für die Umformung in komplexe Bauteile aller Art, insbesondere für im Bereich des
Personen- oder Lastkraftwagenbaus verwendete Bauteile, bei denen es sich typischerweise
um Fahrgestells- bzw. Fahrwerksteile, wie Federbeinaufnahmen, Achsträger, Querträger
oder Längsträger oder um automobile Sitzteile, wie z.B. Sitzschienen, handelt. Zudem
eignet es sich für lackierte Bauteile, welche beispielsweise mittels Laserschneiden
konfektioniert werden.
[0063] Die im vorliegenden Text erwähnten Bestandteile des Gefüges lassen sich mittels Lichtmikroskop,
Rasterelektronenmikroskop und Electron Back Scattered Diffraction "EBSD" ermitteln.
[0064] So wurden hier für die Bestimmung der Gefügebestandteile Proben aus einem Viertel
der Breite des Stahlflachprodukts bei einem Drittel der Blechdicke entnommen, als
Längsschliff präpariert und mit alkoholischer Salpetersäure, die einen Salpetersäureanteil
von 3 Vol. % enthält, (in der Fachsprache auch als "Nital" bekannt) oder Natriumdisulfit
geätzt. Die jeweiligen Anteile der Gefügebestandteile wurden dann mittels Licht- oder
Rasterelektronenmikroskopie in bekannter Weise mittels Flächenanalyse ermittelt.
[0065] Das Kornstreckungsverhältnis sowie die im Ferrit vorhanden Anteile der α-Faser <110>
parallel zur Walzrichtung und γ-Faser <111> parallel zur Blechnormalen können mittels
EBSD an einem Längsschliff bestimmt werden. Hierzu wird in 1/3-Lage über Blechdicke
ein Messfeld von 800 x 800 µm positioniert und mit einer Schrittweite von 0,9 µm abgerastert.
Zwillingskorngrenzen werden dabei nicht als Korngrenzen berücksichtigt. Innerhalb
der Körner wird eine Missorientierung von bis zu 5° zwischen benachbarten Messpunkten
zugelassen. Als Mindestkorngröße ist eine Anzahl von mindestens zehn zusammenhängenden
Messpunkten gewählt worden. Um das Kornstreckungsverhältnis zu bestimmen, werden die
Körner als Ellipsen angenähert, so dass die Kornstreckung anschließend als das Längenverhältnis
der Halbachsen der Ellipse angegeben werden kann. Ein Wert von 1 entspricht demnach
einem kreisrunden Korn und das Korn ist umso stärker gestreckt, je kleiner der Wert
wird. Um die Anteile von Texturkomponenten aus der α-Faser und der γ-Faser zu quantifizieren,
wird eine Orientierungstoleranz von 10° angesetzt - d.h. Orientierungen werden zu
der entsprechenden Faser gezählt wenn sie bis zu 10° von der idealen Faserorientierung
abweichen. Die Messungen können beispielsweise an einem Feldemissions-Rasterelektronenmikroskop
LEO 1530 der Carl Zeiss Microscopy GmbH mit einem EBSD-System des Herstellers EDAX
Inc. mit der Kamera Digiview durchgeführt werden. Die Datenauswertung und Erstellung
der Korngrößenverteilungen, sowie die Quantifizierung der Anteile der α-Faser <110>
parallel zur Walzrichtung und γ-Faser <111> parallel zur Blechnormalen können beispielsweise
mit der Software OIM Analysis V 8 von der EDAX Inc. durchgeführt werden.
[0066] Die Zugversuche zur Ermittlung der Streckgrenze (Re) wurden nach DIN EN ISO 6892-1
an Längsproben der Warmbänder durchgeführt.
[0067] Die Kerbschlagbiegeversuche zur Ermittlung der Kerbschlagarbeit Av bei -20 °C, -30
°C, -60 °C und -80 °C wurden an Längsproben nach DIN EN ISO 148-1 durchgeführt. Bei
den hier beschriebenen Ergebnissen handelt es sich stets um Vollproben.
[0068] Die Rückfederung wurde im 180°-Biegefaltversuch nach DIN EN 10149-2 ermittelt, mit
einem Biegedorndurchmesser von 8 mm.
[0069] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert:
Für die nachfolgend erläuterten Versuche 1 - 32 sind nach Maßgabe der Erfindung legierte
Stahlschmelzen A - M erzeugt worden, deren Zusammensetzungen in Tabelle 1 angegeben
sind. Ebenso ist in Tabelle 1 die gemäß der Formel T
NR [°C] = 913 °C + 910 °C/Gew.-% * %Nb in Abhängigkeit von seinem Nb-Gehalt %Nb ermittelte
Rekristallisationsstopptemperatur T
NR des jeweiligen Stahls angegeben.
[0070] Ein Teil dieser Schmelzen A - M ist zu Brammen vergossen worden (Variante "A"). Der
andere Teil der Schmelzen A - M ist in einer CSP-Anlage in einem kontinuierlichen
Arbeitsablauf zunächst zu Dünnbrammen und anschließend direkt zu einem warmgewalzten,
als Warmband vorliegenden Stahlflachprodukt verarbeitet worden (Variante "B").
[0071] Die jeweils gegossenen Brammen sind bei einer Austenitisierungstemperatur TA austenitisiert
worden. Bei der Variante A (= Verarbeitung von Brammen als Vorprodukt) sind die Brammen
anschließend in mehreren Stichen vorgewalzt. Dabei hatten die Brammen zu Beginn des
Vorwalzprozesses jeweils eine Temperatur, die ca. 30 °C unterhalb der Austenitisierungstemperatur
TA lag. Nach Abschluss des Vorwalzens bei einer in der Tabelle angegebenen Vorwalztemperatur
TVW waren 30 -70 mm dicke Vorbänder anschließend fertigwarmgewalzt worden. Bei der
Variante B (= Verarbeitung von Dünnbrammen als Vorprodukt) sind die 30 - 70 mm dicken
Dünnbrammen dagegen direkt, d.h. ohne zwischengeschaltetes Vorwalzen, in die Warmwalzanlage
geleitet worden.
[0072] In der Warmwalzanlage ist das jeweilige Vorband oder die jeweilige Bramme in 5 bis
7 Warmwalzstichen α zu einem warmgewalzten Stahlflachprodukt mit einer Dicke d ausgewalzt
worden. Dabei wurde über alle Warmwalzstiche jeweils ein Gesamtumformgrad Δh
ges und über den letzten Stich des Warmwalzens ein Umformgrad Δh
LG ist erzielt.
[0073] Das Warmwalzen der Stahlflachprodukte wurde dabei jeweils mit einer Warmwalzendtemperatur
TEW beendet.
[0074] Die aus der Warmwalzanlage austretenden, die Warmwalzendtemperatur TEW aufweisenden
Stahlflachprodukte sind jeweils durch Wasserkühlung mit Abkühlraten von 10 bis 300
K/s auf eine Haspeltemperatur HT abgekühlt worden, mit der sie zu einem Coil gehaspelt
worden sind. Im Coil erfolgte schließlich die Abkühlung auf Raumtemperatur.
[0075] In Tabelle 2 sind für die Versuche 1 - 32 der dabei jeweils eingesetzte Stahl, die
jeweils durchlaufene Variante, die Dicke "d" des fertig warmgewalzten Stahlflachprodukts,
die Austenitisierungstemperatur "TA", die jeweilige Vorwalztemperatur "TVW", die jeweilige
Warmwalzendtemperatur "TEW", der Gesamtumformgrad "Δh
ges" und der über den letzten Stich des Warmwalzens erzielte Umformgrad "Δh
LG ist" sowie der gemäß der Gleichung (4) berechnete Umformgrad "Δh
LG min" eingetragen.
[0076] Die nicht erfindungsgemäßen Versuche 3 (zu geringer Umformgrad "Δh
LG ist"), 7 (zu hohe Vorwalztemperatur und zu hohe Warmwalzendtemperatur), 18 (zu hohe Austenitisierungstemperatur)
und 28 (zu niedrige Haspeltemperatur) sind durch ein nachgestelltes "*" hervorgehoben.
[0077] In Tabelle 3 sind die an den bei den Versuchen erhaltenen Stahlflachprodukten ermittelte
Streckgrenze "Re", Kerbschlagarbeit "Av" bei -20 °C, -30 °C, -60 °C und -80 °C, das
Kornstreckverhältnis, die Lage der im Ferrit vorhandenen Anteile der α-Faser <110>
parallel zur Walzrichtung und der γ-Faser <111> parallel zur Blechnormalen, Bruchdehnung
A sowie die Rückfederung angegeben, wobei zusätzlich verzeichnet ist, in welcher Probenlage
die betreffenden Kennwerte ermittelt worden sind. Für die Angaben zur Bruchdehnung
A gilt, dass für Proben aus Blechen mit einer Dicke von größer oder gleich 3 mm die
Bruchdehnung A5 gemäß DIN EN ISO 6892-1 (Dezember 2009) bestimmt wurde und dass für
Proben aus Blechen mit einer Dicke von weniger als 3 mm die Bruchdehnung A80 gemäß
DIN EN ISO 6892-1 (Dezember 2009) bestimmt wurde.
[0078] Es zeigt sich, dass die bei den Versuchen erhaltenen, erfindungsgemäß beschaffenen
und erzeugten Stahlflachprodukte eine Kombination aus hoher Streckgrenze, hoher Kerbschlagarbeit,
also hoher Zähigkeit, ausgeprägter Kornstreckung, guter Ausrichtung der im Ferrit
vorhandenen Anteile der α-Faser <110> parallel zur Walzrichtung und γ-Faser <111>
parallel zur Blechnormalen, sowie gutem Rückfederungsverhalten besitzen, die ein optimales
Umformverhalten bei gleichzeitig optimierten Gebrauchseigenschaften gewährleisten.
Tabelle 1 |
Stahl |
C |
Si |
Mn |
Al |
Nb |
Ti |
V |
Cr |
Ni |
Cu |
Mo |
B |
Ca |
P |
S |
N |
TNR [°C] |
A |
0,063 |
0,017 |
1,46 |
0,029 |
0,061 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,014 |
0,002 |
0,0059 |
968,51 |
B |
0,061 |
0,018 |
1,45 |
0,031 |
0,063 |
0,008 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,011 |
0,002 |
0,0040 |
970,33 |
C |
0,051 |
0,18 |
1,41 |
0,035 |
0,058 |
- |
0,05 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,010 |
0,001 |
0,0099 |
965,78 |
D |
0,054 |
0,21 |
1,42 |
0,031 |
0,055 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,010 |
0,001 |
0,0036 |
963,05 |
E |
0,028 |
0,031 |
1,54 |
0,031 |
0,091 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,014 |
0,001 |
0,0056 |
995,81 |
F |
0,026 |
0,032 |
1,59 |
0,034 |
0,093 |
- |
- |
- |
- |
- |
0,2 |
- |
- |
0,015 |
0,002 |
0,0050 |
997,63 |
G |
0,049 |
0,025 |
1,32 |
0,043 |
0,069 |
- |
0,009 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,014 |
0,002 |
0,0078 |
975,79 |
H |
0,048 |
0,025 |
1,33 |
0,047 |
0,072 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,010 |
0,003 |
0,0053 |
978,52 |
I |
0,086 |
0,019 |
1,42 |
0,034 |
0,046 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,014 |
0,002 |
0,0056 |
954,86 |
J |
0,082 |
0,018 |
1,47 |
0,030 |
0,047 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,019 |
0,003 |
0,0050 |
955,77 |
K |
0,061 |
0,24 |
0,55 |
0,029 |
0,054 |
0,054 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,014 |
0,002 |
0,0051 |
962,14 |
L |
0,059 |
0,23 |
0,58 |
0,028 |
0,051 |
- |
- |
- |
- |
- |
0,08 |
0,002 |
- |
0,018 |
0,001 |
0,0065 |
959,41 |
M |
0,060 |
0,016 |
1,35 |
0,036 |
0,059 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
0,025 |
0,004 |
0,0040 |
966,69 |
alle Angaben der Gehalte in Gew.-%, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen |
Tabelle 2 |
Versuch |
Stahl |
Variante |
d |
TA |
TVW |
TEW |
HT |
Δhges |
ΔhLG ist |
ΔhLG min |
[mm] |
[°C] |
[%] |
[%] |
[%] |
1 |
A |
B |
2 |
1280 |
- |
880 |
580 |
95 |
6,76 |
6,01 |
2 |
A |
A |
12 |
1240 |
1040 |
840 |
590 |
76 |
8,92 |
4,76 |
3* |
A* |
A |
20 |
1260 |
1060 |
800 |
580 |
67 |
3,41 |
4,02 |
4 |
B |
A |
4 |
1220 |
1040 |
930 |
590 |
90 |
15,45 |
8,92 |
5 |
B |
A |
8 |
1250 |
1050 |
910 |
580 |
80 |
14,89 |
7,52 |
6 |
C |
A |
2 |
1290 |
1120 |
900 |
610 |
95 |
9,52 |
6,95 |
7* |
C |
A |
4 |
1300 |
1160 |
950 |
610 |
90 |
11,33 |
10,76 |
8 |
C |
A |
10 |
1250 |
1060 |
850 |
600 |
80 |
15,89 |
5,01 |
9 |
D |
A |
5 |
1180 |
1040 |
880 |
580 |
88 |
7,85 |
6,01 |
10 |
D |
A |
8 |
1160 |
1030 |
860 |
580 |
80 |
10,02 |
5,30 |
11 |
E |
A |
2 |
1280 |
1090 |
880 |
590 |
95 |
7,69 |
6,01 |
12 |
E |
A |
12 |
1220 |
1040 |
840 |
580 |
76 |
12,65 |
4,76 |
13 |
E |
A |
20 |
1240 |
1030 |
810 |
570 |
67 |
15,70 |
4,17 |
14 |
F |
A |
8 |
1270 |
1080 |
840 |
530 |
80 |
12,45 |
4,76 |
15 |
F |
B |
12 |
1260 |
- |
840 |
550 |
76 |
15,78 |
4,76 |
16 |
F |
A |
15 |
1250 |
1070 |
820 |
540 |
70 |
14,01 |
4,34 |
17 |
G |
A |
5 |
1260 |
1080 |
880 |
600 |
88 |
9,92 |
6,01 |
18* |
G |
A |
20 |
1330 |
1100 |
880 |
590 |
67 |
16,35 |
6,01 |
19 |
H |
A |
7 |
1250 |
1070 |
860 |
580 |
83 |
10,76 |
5,30 |
20 |
H |
A |
3 |
1270 |
1090 |
890 |
580 |
93 |
7,85 |
6,45 |
21 |
I |
A |
6 |
1240 |
1050 |
850 |
580 |
85 |
11,49 |
5,01 |
22 |
I |
A |
9 |
1240 |
1060 |
830 |
570 |
82 |
6,32 |
4,53 |
23 |
I |
A |
18 |
1210 |
1040 |
800 |
580 |
70 |
19,52 |
4,02 |
24 |
J |
A |
2 |
1300 |
1110 |
870 |
620 |
95 |
7,41 |
5,63 |
25 |
J |
B |
8 |
1290 |
- |
870 |
600 |
80 |
10,71 |
5,63 |
26 |
K |
A |
5 |
1260 |
1090 |
880 |
570 |
88 |
9,82 |
6,01 |
27 |
K |
A |
9 |
1250 |
1080 |
860 |
550 |
82 |
12,32 |
5,30 |
28* |
K |
A |
16 |
1230 |
1080 |
830 |
510 |
68 |
17,35 |
4,53 |
29 |
L |
A |
4 |
1280 |
1090 |
880 |
580 |
90 |
9,28 |
6,01 |
30 |
L |
A |
8 |
1270 |
1060 |
870 |
580 |
80 |
11,50 |
5,63 |
31 |
L |
A |
12 |
1250 |
1070 |
850 |
570 |
76 |
13,89 |
5,01 |
32* |
L |
A |
18 |
1250 |
1040 |
820 |
570 |
60 |
15,23 |
4,34 |
*) - nicht erfindungsgemäß |
Tabelle 3 |
Versuch |
Stahl |
Probenlage |
Re |
Av**-20°C |
Av**-30°C |
Av**-60°C |
Av**-80°C |
A |
Kornstreckungsverhältnis |
α-Faser <110> |
γ-Faser <111> |
Rückfederung |
[MPa] |
[J] (Vollprobe) |
[%] |
[-] |
[%] |
[%] |
[°] |
1 |
A |
BA |
561 |
- |
- |
- |
- |
23 |
0,45 |
12 |
7 |
13 |
1a |
A |
BM |
557 |
- |
- |
- |
- |
24 |
0,47 |
11 |
7 |
13 |
2 |
A |
BA |
435 |
220 |
205 |
167 |
148 |
37 |
0,43 |
19 |
10 |
4 |
3* |
A |
BA |
420 |
96 |
72 |
25 |
3 |
41 |
0,18 |
35 |
9 |
7 |
4 |
B |
BA |
548 |
- |
- |
- |
- |
28 |
0,62 |
7 |
8 |
12 |
5 |
B |
BA |
481 |
253 |
238 |
200 |
177 |
32 |
0,37 |
10 |
12 |
5 |
6 |
C |
BA |
539 |
- |
- |
- |
- |
23 |
0,41 |
14 |
8 |
12 |
7* |
C |
BA |
529 |
- |
- |
- |
- |
12 |
0,73 |
5 |
3 |
26 |
8 |
C |
BA |
483 |
208 |
192 |
169 |
141 |
33 |
0,36 |
15 |
10 |
4 |
9 |
D |
BA |
557 |
- |
- |
- |
- |
27 |
0,39 |
12 |
7 |
10 |
10 |
D |
BA |
530 |
278 |
261 |
235 |
219 |
28 |
0,38 |
19 |
9 |
5 |
11 |
E |
BA |
576 |
- |
- |
- |
- |
21 |
0,48 |
13 |
10 |
14 |
12 |
E |
BA |
464 |
196 |
183 |
144 |
125 |
35 |
0,40 |
22 |
6 |
4 |
13 |
E |
BA |
436 |
182 |
178 |
136 |
122 |
39 |
0,42 |
19 |
12 |
2 |
14 |
F |
BA |
460 |
221 |
216 |
171 |
139 |
33 |
0,37 |
18 |
4 |
8 |
15 |
F |
BA |
421 |
187 |
171 |
138 |
111 |
38 |
0,51 |
14 |
6 |
5 |
16 |
F |
BA |
413 |
261 |
235 |
199 |
171 |
40 |
0,48 |
16 |
8 |
4 |
17 |
G |
BA |
541 |
- |
- |
- |
- |
29 |
0,52 |
10 |
11 |
9 |
18* |
G |
BA |
438 |
90 |
80 |
20 |
6 |
42 |
0,18 |
33 |
12 |
7 |
19 |
H |
BA |
552 |
198 |
175 |
121 |
100 |
28 |
0,49 |
14 |
7 |
7 |
20 |
H |
BA |
568 |
- |
- |
- |
- |
24 |
0,51 |
17 |
10 |
11 |
21 |
I |
BA |
523 |
176 |
162 |
108 |
85 |
27 |
0,44 |
15 |
9 |
11 |
22 |
I |
BA |
505 |
189 |
175 |
126 |
97 |
30 |
0,52 |
19 |
8 |
9 |
23 |
I |
BA |
472 |
213 |
198 |
178 |
161 |
38 |
0,36 |
21 |
9 |
3 |
23a |
I |
BM |
465 |
209 |
192 |
169 |
149 |
38 |
0,37 |
20 |
9 |
3 |
24 |
J |
BA |
567 |
- |
- |
- |
- |
22 |
0,41 |
18 |
12 |
13 |
25 |
J |
BA |
548 |
164 |
148 |
102 |
78 |
29 |
0,51 |
17 |
10 |
8 |
26 |
K |
BA |
562 |
- |
- |
- |
- |
26 |
0,49 |
12 |
5 |
11 |
27 |
K |
BA |
554 |
187 |
172 |
128 |
96 |
29 |
0,45 |
17 |
5 |
7 |
28* |
K |
BA |
361 |
220 |
208 |
130 |
117 |
13 |
0,29 |
33 |
5 |
23 |
29 |
L |
BA |
540 |
- |
- |
- |
- |
26 |
0,39 |
16 |
10 |
12 |
30 |
L |
BA |
549 |
267 |
258 |
210 |
186 |
32 |
0,47 |
14 |
7 |
5 |
30a |
L |
BM |
554 |
260 |
251 |
204 |
174 |
31 |
0,49 |
12 |
7 |
5 |
31 |
L |
BA |
445 |
273 |
264 |
206 |
174 |
34 |
0,41 |
16 |
7 |
5 |
32* |
L |
BA |
401 |
120 |
105 |
40 |
16 |
40 |
0,18 |
35 |
8 |
10 |
*)- nicht erfindungsgemäß
**) - umgerechnet auf Vollprobe
BA - Bandanfang
BM - Bandmitte |
1. Stahlflachprodukt, das aus (in Gew.-%)
C: 0,02 - 0,1 %,
Mn: 0,1 - 2,5 %,
Al: 0,02 - 0,1 %,
Nb: 0,02 - 0,12 %,
sowie jeweils optional aus einem Element oder mehreren Elementen der Gruppe "Si, Ti,
V, Cr, B, Ca, Mo" mit der Maßgabe, dass der Si-Gehalt höchstens 0,6 %, der Ti-Gehalt
höchstens 0,12 %, der V-Gehalt höchstens 0,2 %, der Cr-Gehalt höchstens 0,2 %, der
B-Gehalt höchstens 0,0025 %, der Ca-Gehalt höchstens 0,01 % und der Mo-Gehalt höchstens
0,3 % beträgt
und als Rest aus Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht, wobei zu den Verunreinigungen
bis zu 0,05 % P, bis zu 0,03 % S, bis zu 0,01 % N, bis zu 0,2 % Ni, bis zu 0,15 %
Cu zählen,
wobei das Gefüge des Stahlflachprodukts
- zu mindestens 60 Flächen-% aus Ferrit und/oder Bainit und als Rest aus Perlit sowie
Karbid- oder Karbonitrid-Ausscheidungen und höchstens bis zu 2 Flächen-% sonstigen
Gefügebestandteilen besteht,
und
- ein Kornstreckungsverhältnis von 0,2 - 0,7 aufweist,
und wobei das Stahlflachprodukt
- eine Streckgrenze Re besitzt, für die gilt Re > RE_BER, wobei

mit %Nb: jeweiliger Nb-Gehalt des Stahlflachprodukts in Gew.-% und
d: jeweilige Dicke des Stahlflachprodukts in mm.
2. Stahlflachprodukt nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Gefüge eine mittlere Ferritkorngröße von höchstens 15 µm aufweist.
3. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es bei -60 °C eine Kerbschlagarbeit in Prüfrichtung "längs" von mehr als 27 J aufweist.
4. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es eine im 180°-Faltversuch nach DIN EN 10149-2 mit einem Biegedorndurchmesser von
8 mm ermittelte Rückfederung von weniger als 20 % aufweist.
5. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es mindestens 0,005 Gew.-% Ti enthält.
6. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es mindestens 0,005 Gew.-% V enthält.
7. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es höchstens 0,25 Gew.-% Si enthält.
8. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es höchstens 2,0 Gew.-% Mn enthält.
9. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es mindestens 0,5 Gew.-% Mn enthält.
10. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im Gefüge des Stahlflachprodukts höchstens 30 % der im Ferrit vorhandenen Anteile
der α-Faser <110> parallel zur Walzrichtung und höchstens 20 % der im Ferrit vorhandenen
Anteile der γ-Faser <111> parallel zur Blechnormalen ausgerichtet sind.
11. Verfahren zur Herstellung eines gemäß einem der voranstehenden Ansprüche beschaffenen
Stahlflachprodukts umfassend folgende Arbeitsschritte:
a) Erzeugen einer Stahlschmelze, die aus (in Gew.-%) 0,02 - 0,1 % C, 0,1 - 2,5 % Mn,
0,02 - 0,1 % Al, 0,02 - 0,12 % Nb sowie jeweils optional aus einem Element oder mehreren
Elementen der Gruppe "Si, Ti, V, Cr, B, Ca, Mo" mit der Maßgabe, dass der Si-Gehalt
höchstens 0,6 %, der Ti-Gehalt höchstens 0,12 %, der V-Gehalt höchstens 0,2 %, der
Cr-Gehalt höchstens 0,2 %, der B-Gehalt höchstens 0,0025 %,der Ca-Gehalt höchstens
0,01 % und der Mo-Gehalt höchstens 0,3 % beträgt und als Rest aus Eisen und unvermeidbaren
Verunreinigungen besteht, wobei zu den Verunreinigungen bis zu 0,05 % P, bis zu 0,03
% S, bis zu 0,01 % N, bis zu 0,2 % Ni, bis zu 0,15 % Cu zählen;
b) Vergießen der Schmelze zu einem Vorprodukt, bei dem es sich um eine Bramme mit
einer Dicke von 70 - 350 mm oder eine Dünnbramme mit einer Dicke von 30 - 70 mm handelt;
c) Austenitisieren des Vorprodukts derart, dass das Vorprodukt auf eine Austenitisierungstemperatur
von 1150 - 1320 °C durcherwärmt ist;
d) im Fall, dass das Vorprodukt eine Bramme ist:
Vorwalzen des austenitisierten Vorprodukts in zwei oder mehr Walzstichen auf eine
Dicke von mindestens 30 mm und höchstens 70 mm bei einer Vorwalztemperatur, die höchstens
gleich der Austenitisierungstemperatur ist, jedoch mindestens 30 °C oberhalb der Rekristallisationsstopptemperatur
TNR liegt, die wie folgt berechnet wird:

mit %Nb = jeweiliger Nb-Gehalt des Stahlflachprodukts;
e) Fertigwarmwalzen des Vorprodukts zu einem warmgewalzten Stahlflachprodukt in mehreren
Walzstichen,
- wobei eine Anzahl nW von Walzstichen, die gleich einem auf eine ganze Zahl abgerundeten Wert nw' ist,
der gemäß der Formel

mit dEW: Endwalzdicke des Stahlflachprodukts
Z: Dicke des Vorprodukts
berechnet wird, bei einer unterhalb der gemäß Formel (1) berechneten Rekristallisationsstopptemperatur
TNR liegenden Temperatur durchgeführt werden,
- wobei für einen über das Fertigwarmwalzen insgesamt erzielten Umformgrad Δhges gilt

mit dEinlauf: Dicke des Stahlflachprodukts beim Einlauf in das Fertigwarmwalzen,
dAuslauf: Dicke des Stahlflachprodukts am Ende des Fertigwarmwalzens,
- wobei für den im letzten Walzstich des Fertigwarmwalzens erzielten Umformgrad ΔhLG ist gilt:

mit

dEinlauf LG: Dicke des Stahlflachprodukts beim Einlauf in das letzte Walzgerüst,
dAuslauf LG: Dicke des Stahlflachprodukts beim Auslauf aus dem letzten Walzgerüst

ΔhLG min: Mindest-Umformgrad im letzten Walzstich des Fertigwarmwalzens
TEW: Warmwalzendtemperatur in °C,
und
- wobei die Warmwalzendtemperatur 760 - 940 °C beträgt;,
f) Abkühlen des warmgewalzten Stahlflachprodukts auf eine Haspeltemperatur von 520
- 650 °C;
g) Haspeln des warmgewalzten Stahlflachprodukts zu einem Coil und Abkühlen des warmgewalzten
Stahlflachprodukts im Coil auf Raumtemperatur.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorwalztemperatur im Arbeitsschritt d) höchstens 1150 °C beträgt.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 - 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Warmwalzendtemperatur im Arbeitsschritt e) höchstens 920 °C beträgt.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Warmwalzendtemperatur im Arbeitsschritt e) höchstens 890 °C beträgt.
15. Verwendung eines Stahlflachprodukts gemäß Anspruch 1-10 zur Herstellung eines Bauteils