[0001] Die Erfindung betrifft einen plattenförmigen Werkstoff und ein Verfahren zu dessen
Herstellung sowie die Verwendung des plattenförmigen Werkstoffs.
[0002] Plattenförmige Werkstoffe aus lignocellulosischen Fasern werden vielfältig eingesetzt,
weil ihre Herstellung preiswert und technisch ausgereift ist. Typisch ist z. B. der
Einsatz von hochdichten Faserplatten (HDF), wobei Holzfasern unter Einsatz von Bindemitteln
zu Platten verpresst werden, die anschließend meist mit kunstharzgetränkten Papieren
beschichtet werden. Diese Beschichtung härtet unter Einwirkung von Druck und Temperatur
aus, so dass sich ein fest verbundenes Laminat bildet. Dieses Laminat wird zerteilt
und die Teile werden an den Kanten profiliert, z. B. um als leimlos verlegter Fußbodenbelag
eingesetzt zu werden. An den profilierten Kanten liegt der Werkstoff jedoch frei.
In Gegenwart von Wasser beginnen an den freiliegenden Kanten die Holzfasern infolge
von Wasseraufnahme zu quellen, was zu einer Formänderung der Holzwerkstoffplatte führt.
Als Wasser kann dabei entweder frei fließendes Wasser oder auch schon hohe Luftfeuchte
gelten. Eine hohe Luftfeuchte, die z. B. jahreszeitlich bedingt oder technisch verursacht
sein kann, kann der Verwendung von Laminat entgegenstehen, auch wenn Quellung weitgehend
reversibel ist, so dass die Quellung durch Trocknung zum überwiegenden Teil rückgängig
gemacht werden kann. Eine Quellung kann jedoch nicht vollständig reversibel gemacht
werden, so dass nach einer ersten Quellung eine unschöne offene Fuge verbleibt.
[0003] Alternativen zu Laminat sind Wood Plastic Composites (WPC), eine extrudierte Mischung
aus Holzfasern und Kunststoff. Bei ausreichend hohem Anteil an Kunststoff ist ein
WPC unter Wasser- bzw. Feuchtigkeitseinfluss dimensionsbeständig. Allerdings erfordert
die Herstellung den Einsatz von Extrudern, die nicht zur Herstellung von plattenförmigen
Werkstoffen größerer Abmessungen geeignet sind.
[0004] Schließlich sind Werkstoffe verfügbar, aus denen nicht-quellende plattenförmige Werkstoffe
hergestellt werden können, die keine Holzfasern oder andere Holzbestandteile enthalten.
Sie verzichten damit auf einen nachwachsenden, in großer Menge verfügbaren Rohstoff,
der gute Festigkeitseigenschaften aufweist. Hier sind z. B. Stone Plastic Composites
(SPC) oder Polyvinylchlorid (PVC) als Rohstoffe zu nennen. Hier werden in der Regel
Halogene oder auch Terephthalate eingesetzt, so dass diese Produkte unter Umweltüberlegungen
nachteilig sind. Der erfindungsgemäße plattenförmige Werkstoff ist emissionsarm oder
emissionsfrei; insbesondere die Emission von Formaldehyd kann weitgehend reduziert
oder vermieden werden, so dass die Auflagen des Staates Kalifornien zur Formaldehydemission
CARB 2 eingehalten werden können. Auch flüchtige organische Stoffe (VOC volatile organic
compounds) können weitgehend oder vollständig vermieden werden.
[0005] Es ist Aufgabe der Erfindung, einen plattenförmigen Werkstoff und ein Verfahren zu
seiner Herstellung bereitzustellen, der unter Nutzung von Fasern eine reduzierte Quellung
aufweist.
[0006] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch einen plattenförmigen Holzwerkstoff nach
Anspruch 1 und ein Verfahren nach Anspruch 13. Die Verwendung des plattenförmigen
Werkstoffs nach der Erfindung ist in Anspruch 16 erfasst.
[0007] Die Erfindung betrifft einen plattenförmigen Werkstoff, aufweisend Fasern und Bindemittel,
dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil des Bindemittels bezogen auf den plattenförmigen
Werkstoff mehr als 50 Gew.-% beträgt. Fasern im Sinne dieser Erfindung sind Feststoffpartikel,
die langgestreckt sind, d. h., deren Durchmesser um ein Vielfaches geringer ist als
die längste Dimension des Partikels. Die Abmessungen der Fasern können in einem weiten
Rahmen gewählt werden; sie richten sich insbesondere nach der Plattendicke und nach
den Vorgaben für die Homogenität des plattenförmigen Werkstoffs. Der Durchmesser der
Fasern beträgt von 10 µm bis 5 mm, die Länge der Fasern von 0,05 mm bis 100 mm.
[0008] Der plattenförmige Werkstoff weist also einen größeren Anteil an Bindemittel als
an Fasern auf. Der Bindemittelanteil kann auch bezogen auf Fasern ausgedrückt werden,
das heißt, der Anteil des Bindemittels wird angegeben mit Bezug auf das Gewicht der
eingesetzten Fasern. Bei hygroskopischen Fasern, die Feuchtigkeit aufnehmen können
(z. B. lignocellulosische Fasern), wird der Anteil der Fasern als bis zur Gewichtskonstanz
getrocknete Fasern angegeben (atro Fasern: absolut trockene Fasern). Der Bindemittelanteil
an dem plattenförmigen Werkstoff beträgt dann mehr als 100 Gew.-%. Für den erfindungsgemäßen
plattenförmigen Werkstoff können organische oder anorganische Fasern wie Carbonfasern
oder Fasern aus mineralischem oder keramischem Rohstoff oder Glasfasern eingesetzt
werden. Natürliche Fasern, z. B. lignocellulosische Fasern oder synthetische Fasern
wie beispielsweise Fasern aus thermoplastischem Material wie Polyethylen oder Polypropylen,
aber auch aus Polycarbonat, Polyacryl, Polymethacryl oder Polyurethan können zur Herstellung
des erfindungsgemäßen Werkstoffs eingesetzt werden. Insbesondere können Mischungen
von Fasern, insbesondere Mischungen der vorgenannten Fasern, zur Herstellung des erfindungsgemäßen
Werkstoffs eingesetzt werden. Mischungen von Fasern ermöglichen das Einstellen von
Eigenschaften des erfindungsgemäßen Werkstoffs, z. B. der Elastizität oder der Biegeeigenschaften,
der Formstabilität, der Festigkeit, aber auch der Herstellungseigenschaften bzw. der
Verarbeitbarkeit. Werden lignocellulosische Fasern, z. B. Fasern aus Holz, Bambus
oder Einjahrespflanzen eingesetzt, so stehen preiswerte, einfach zu verarbeitende
Fasern zur Verfügung. Der Einsatz hygroskopischer Fasern ist nicht ausgeschlossen,
insbesondere sofern diese vor dem Herstellen bzw. Verpressen des erfindungsgemäßen
Werkstoffs mindestens teilweise getrocknet werden.
[0009] Die vorstehend erwähnten lignocellulosischen Fasern umfassen insbesondere sämtliche
Fasern, die durch chemische oder physikalische Verfahren aus Pflanzen gewonnen wurden.
Typische Beispiele für physikalisch gewonnene Fasern sind Nadelholzfasern, Laubholzfasern
oder Bambusfasern, oder Fasern aus anderen organischen Rohstoffen, die durch mechanische
Zerfaserung gewonnen wurden. Ein Beispiel für chemisch gewonnene Fasern sind z. B.
Zellstofffasern aus Holz, Einjahrespflanzen oder anderen Rohstoffen. Besonders typisch
werden Holzfasern aus mechanischer Zerfaserung eingesetzt, wobei angestrebt wird,
den Verlust an Lignin und Hemicellulosen möglichst zu minimieren. Auch Mischungen
von Fasern können eingesetzt werden, insbesondere um Eigenschaften des Werkstoffs
(Festigkeitseigenschaften, Gewicht) einzustellen, aber auch um den Rohstoff Faser
kostenoptimiert einzusetzen. Fasern im Sinne dieser Erfindung sind auch Faserbündel;
eingeschlossen sind auch kleinere Späne, soweit deren Fasern noch weitgehend mit Bindemittel
beschichtet werden können.
[0010] Der erfindungsgemäße Werkstoff ist plattenförmig, d. h, er weist in der Regel zwei
Hauptflächen auf, die im Folgenden auch als Ober- und Unterseite bezeichnet werden.
Die Dicke des fertigen plattenförmigen Werkstoffs kann von 1 mm bis 500 mm betragen,
typischerweise zwischen 3 mm und 80 mm, meist zwischen 5 mm und 30 mm. Eine typische
Anwendung kann eine Dicke des plattenförmigen Werkstoffs von 4 mm bis 10 mm erfordern.
Der erfindungsgemäße Werkstoff kann ebene Hauptflächen aufweisen, die Ober- und/oder
Unterseite können aber auch geprägt oder gefräst oder in anderer Weise bearbeitet
sein, so dass sich, bezogen auf die Fläche des Werkstoffs, eine variable Dicke des
Werkstoffs ergibt. Der Werkstoff weist bevorzugt eine über die Dicke im Wesentlichen
homogene Zusammensetzung auf. Die Kanten, deren Höhe der Dicke des Werkstoffs entspricht,
können mit üblichen Werkzeugen bearbeitet werden. Sie können gesägt, geschnitten oder
gefräst werden. Der erfindungsgemäße plattenförmige Werkstoff kann vielseitig eingesetzt
werden. Er kann z. B. eingesetzt werden als Fußboden-, Decken- und/oder Wandbelag,
zur Herstellung von Innenausbauten oder Möbeln, insbesondere auch für den Innenausbau
von Fahrzeugen wie z. B. Fahrzeugkabinen, aber auch im Außenbereich, sowohl als Verkleidung,
z. B. als vorgehängte Fassade, als auch für konstruktive Verwendungen. Der plattenförmige
Werkstoff nach der Erfindung kann beschichtet, gefärbt, lackiert oder in anderer Weise
dekorativ gestaltet werden. Insbesondere Oberflächenbeschichtungen, wie sie z. B.
aus dem Bereich der Holzwerkstoffe bekannt sind, können auf die Oberfläche des erfindungsgemäßen
Werkstoffs aufgebracht werden.
[0011] Der erfindungsgemäße Werkstoff unterscheidet sich von dem vorstehend beschriebenen
WPC dadurch, dass nicht Kunststoff, insbesondere thermoplastischer Kunststoff mit
Fasern zu einem plattenförmigen Werkstoff geformt wird, sondern dass ein Bindemittel
eingesetzt wird, das eine kohäsive und/oder adhäsive Wechselwirkung mit den Fasern
eingeht. Solche Bindemittel sind beispielsweise aus der Holzwerkstoffherstellung nach
dem Stand der Technik bekannt. Das erfindungsgemäß eingesetzte Bindemittel weist vorzugsweise
Melamin auf. Melamin wird als Bindemittel bevorzugt, weil es sich als nicht-quellend
und nicht-hygroskopisch sowie als beständig gegen Hydrolyse erweist. Melamin kann
entweder allein als Bindemittel eingesetzt werden oder in Kombination mit einem oder
mehreren anderen Bindemitteln. In Kombination bedeutet im Zusammenhang mit dieser
Erfindung, dass Mischungen von Bindemitteln eingesetzt werden können, wobei entweder
die Mischung von zwei oder mehr Bindemitteln gleichzeitig auf die Faser aufgebracht
wird, z. B. als MF-Harz (Melamin-Formaldehyd-Harz). Oder es wird eine Kombination
von Bindemitteln eingesetzt, die nacheinander eingesetzt werden, z. B. weil sie nicht
in Mischung eingesetzt werden können oder weil ein getrenntes Auftragen von verschiedenen
Bindemitteln vorteilhafte Wirkung hat. In Kombination mit dem vorstehend genannten
Melamin oder alternativ dazu können weitere Bindemittel wie z. B. Formaldehyd, Phenol,
Methylendiphenylisocyanat (MDI), auch in emulgierter Form als eMDI oder polymerem
Diphenylmethandiisocyanat (PMDI) eingesetzt werden. Wie vorstehend beschrieben können
auch zwei oder mehr Bindemittel in Kombination eingesetzt werden. Es wird bevorzugt,
wenn das Bindemittel überwiegend Melamin aufweist. Es wird weiter bevorzugt, wenn
der Anteil von Melamin am Bindemittel 20 Gew.-%, insbesondere 50 Gew.-% übersteigt.
Bevorzugt ist das Bindemittel harnstofffrei, da Harnstoff zur Hygroskopizität und
damit zur Quellung der lignocellulosischen Fasern beiträgt bzw. diese nicht verhindert.
Vorteilhaft werden thermoplastische Bindemittel vermieden. Der erfindungsgemäße plattenförmige
Werkstoff ist bevorzugt frei von Halogenen (z. B. Fluor, Chlor), aber auch von Terephthalaten.
[0012] Das Bindemittel bildet den überwiegenden Anteil des plattenförmigen Werkstoffs nach
der Erfindung. Bevorzug weist der plattenförmige Werkstoff, bezogen auf den Faseranteil,
mehr als 100 Gew.-%, z. B. 101 Gew.-% oder 102 Gew.-% bis zu 120 Gew.-% Bindemittel
auf, vorteilhaft weist der Werkstoff mehr als 150 Gew.-% Bindemittel, besonders bevorzugt
mehr als 200 Gew.-% Bindemittel, maximal 500 Gew.-% Bindemittel, jeweils bezogen auf
den Faseranteil auf.
[0013] Die Dichte des erfindungsgemäßen Werkstoffs beträgt bevorzugt zwischen 1.000 kg/m
3 und 1.800 kg/m
3, insbesondere zwischen 1.000 kg/m
3 und 1.600 kg/m
3, vorteilhaft zwischen 1.000 kg/m
3 und 1.200 kg/m
3. Der erfindungsgemäße Werkstoff zeigt, bedingt durch den hohen Einsatz an Bindemittel,
gegenüber z. B. einem Holzwerkstoff, z. B. einer HDF-Platte, die mengenmäßig überwiegend
lignocellulosische Fasern aufweist, ein höheres Gewicht, z. B. zwischen 1.000 kg/m
3 und 1.200 kg/m
3.
[0014] Bevorzugt weist der Werkstoff Füllstoffe auf. Füllstoffe können dazu beitragen, das
Gewicht des plattenförmigen Werkstoffs zu optimieren, meist zu minimieren. Füllstoffe
können alternativ oder ergänzend dazu dienen, bestimmte Eigenschaften der Platten
zu optimieren, z. B. Leitfähigkeit, isolierende Eigenschaften oder Festigkeitseigenschaften.
Füllstoffe ersetzen im erfindungsgemäßen Werkstoff Fasern. Da der Werkstoff in Gegenwart
von Wasser eine minimale Quellung, insbesondere eine minimierte Dickenquellung aufweisen
soll, werden nicht-hygroskopische oder nicht-quellende Füllstoffe sowie Füllstoffe
bevorzugt, die beständig gegen Hydrolyse sind. Solche Füllstoffe können mineralische
Partikel sein, aber auch keramische, synthetische oder Partikel aus Glas. Die Größe
der Partikel ist bevorzugt nicht größer als ein Millimeter, vorzugsweise zwischen
10 µm und 800 µm. Es können auch Mischungen verschiedener Partikel eingesetzt werden,
z. B. Mischungen verschiedener Materialien oder Größe. Bevorzugt werden bis zu 30
Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht des plattenförmigen Werkstoffs eingesetzt, besonders
bevorzugt bis zu 20 Gew.-%, vorteilhaft bis zu 15 Gew.-%. Die untere Grenze der Einsatzmenge
ergibt sich durch die Nachweisbarkeit der Füllstoffe.
[0015] Nach einer Weiterbildung der Erfindung weist der Werkstoff Nassfestmittel auf. Typische
Nassfestmittel sind Polyamine, Polyimine, z. B. Polyethylenimin, Polyamide, z. B.
Polyacrylamide oder Polyamidoamin-Epichlorhydrin (PAAE), Polyalkohole, z. B. Polyvinylalkohole
oder deren Copolymere. Nassfestmittel tragen weiter zu einer Reduzierung der Quellung
des plattenförmigen Werkstoffs nach der Erfindung bei. Sie werden eingesetzt in Mengen
von bis zu 5 % bezogen auf das Gewicht des plattenförmigen Werkstoffs, bevorzugt in
einer Menge von 0,05 Gew.-% bis 2 Gew.-% des plattenförmigen Werkstoffs.
[0016] Gemäß einer vorteilhaften Ausführung der Erfindung weist der plattenförmige Werkstoff
Hydrophobierungsmittel auf, z. B. Paraffin oder Wachs, die typischerweise in Mengen
von bis zu 5 Gew.-% bezogen auf das Gewicht des plattenförmigen Werkstoffs eingesetzt
werden, meist in Mengen von bis zu 2 Gew.-%, oft in einer Menge von 0,1 Gew.-% bis
1 Gew.-%. Auch der Einsatz von Hydrophobierungsmitteln trägt zu einer Reduzierung
der Quellungsneigung des plattenförmigen Werkstoffs bei.
[0017] Die Erfindung betrifft weiter ein Verfahren zum Herstellen eines plattenförmigen
Werkstoffs, aufweisend Fasern und Bindemittel, wobei der Anteil des Bindemittels am
plattenförmigen Werkstoff mehr als 50 Gew.-% beträgt, mit den Schritten:
- Bereitstellen von Fasern,
- Bereitstellen des Bindemittels, bevorzugt in flüssiger Form,
- Auftragen des Bindemittels auf die Fasern,
- Formen eines Faserkuchens,
- Verpressen des Faserkuchens unter Aushärten des Bindemittels zum Erzeugen eines plattenförmigen
Werkstoffs.
[0018] Die Schritte des Verfahrens entsprechen denen eines konventionellen Verfahrens z.
B. zum Herstellen einer Holzwerkstoffplatte. Erfindungsgemäß wird jedoch eine größere
Menge an Bindemittel eingesetzt als bisher bekannt, so dass der Gewichtsanteil des
Bindemittels größer ist als der Gewichtsanteil der Fasern.
[0019] Werden synthetische oder anorganische Fasern eingesetzt, kann es erforderlich sein,
das Bindemittel auf den Fasern mindestens teilweise zu trocknen. Weisen die Fasern
Feuchtigkeit auf, so wie es z. B. für lignocellulosische Fasern üblich ist, sollte
der Feuchtegehalt vor dem Verpressen des Faserkuchens so eingestellt werden, dass
nach dem Verpressen eine formstabile, nicht quellende oder schwindende Platte vorliegt.
Die lignocellulosischen Fasern werden vor der Beleimung oft mit einer Feuchte von
bis zu 120 Gew.-% oder mehr eingesetzt. Die lignocellulosischen Fasern können vor
oder nach dem Aufbringen von Bindemittel getrocknet werden. Beim Verpressen ist es
bevorzugt, wenn die lignocellulosischen Fasern eine Feuchte von maximal 15 Gew.-%
aufweisen, das heißt, mit einem Wassergehalt von bis zu 15 Gew.-% bezogen auf das
Gesamtgewicht der Fasern. Bevorzugt beträgt die Feuchte zwischen 5% und 10%.
[0020] Das Bindemittel wird in der Regel in flüssiger Form bereitgestellt. Es kann in reiner
Form bereitgestellt werden oder -was die Regel ist- in Lösung, entweder in Lösemittel
oder in Wasser. Das Auftragen des Bindemittels auf die lignocellulosischen Fasern
erfolgt meist durch Sprühen, z. B. durch eine Mehrzahl von Sprühdüsen, die einen Sprühnebel
des Bindemittels erzeugen und die um einen Abwärtsstrom von Fasern herum angeordnet
sind. Eine typische Ausführung für eine solche Trockenvorrichtung ist z. B. eine Blowline,
die bei der Faserplattenherstellung eingesetzt wird. Die Oberfläche der Fasern wird
mit Bindemitteltröpfchen benetzt. Die mit Bindemittel benetzten Fasern werden, nachdem
sie optional getrocknet wurden, zu einem Faserkuchen geformt und verpresst. Dabei
härtet das Bindemittel aus, so dass ein plattenförmiger Werkstoff entsteht. Beim Aushärten,
das unter Einwirkung von Druck und Temperatur erfolgt, werden, anders als bei WPC-Produkten,
irreversible chemische Bindungen zwischen Fasern und Bindemittel, aber auch innerhalb
des Bindemittels aufgebaut.
[0021] Es hat sich überraschenderweise herausgestellt, dass die Pressbedingungen insbesondere
denen bekannter Holzwerkstoffe mit einem gegenüber der Erfindung verringerten Anteil
von Bindemittel im Wesentlichen gleich sind. Druck und Temperatur sowie Pressdauer
liegen z. B. im Bereich üblicher HDF-Platten (Hochdichter Faserplatten). Der erfindungsgemäße
Werkstoff lässt sich ausgezeichnet in Pressen herstellen, wie sie für die Herstellung
von Holzwerkstoffen eingesetzt werden. Damit lassen sich Plattenformate herstellen,
die -anders als bei WPC- nicht auf die Herstellung schmaler Dielenformate mit einer
Breite von ca. 30 cm limitiert sind. Vielmehr können konventionelle Plattenformate
bereitgestellt werden, wie sie für Holzwerkstoffplatten üblich sind.
[0022] Das Aufbringen der großen Mengen an Bindemittel auf die Fasern kann in einem Schritt
oder Durchgang durchgeführt werden. Es hat sich allerdings herausgestellt, dass das
Aufbringen des Bindemittels vorteilhaft in mindestens zwei Schritten durchgeführt
werden kann, wobei pro Schritt vorteilhaft maximal 50 % der Menge des Bindemittels
auf die Faser aufgebracht wird. Besonders bevorzugt werden maximal 35 %, insbesondere
maximal 25 % der Menge an Bindemittel pro Schritt auf die Faser aufgebracht. Das schrittweise
Aufbringen von Bindemittel hat sich insbesondere für lignocellulosische Fasern bewährt.
[0023] Nach einer weiter vorteilhaften Ausführung kann vor oder nach dem Auftragen des Bindemittels
oder einer Teilmenge des Bindemittels auf die Faser eine Trocknung der Faser erfolgen.
Das Trocknen der Faser nach dem Aufbringen des Bindemittels oder einer Teilmenge des
Bindemittels bewirkt, dass die auf der Oberfläche mit Bindemittel versehenen Fasern
nicht aneinanderkleben. Ziel des Trocknens ist also nicht das vollständige Entfernen
von Wasser bzw. Lösungsmittel aus dem Bindemittel und/oder der Faser. Vermieden werden
soll, dass die Reaktivität des Bindemittels beim Aushärten unter Einwirkung von Druck
und/oder Temperatur beeinträchtigt wird. Angestrebt wird lediglich, dass die Fasern
beim Fördern oder Streuen nicht mehr aneinanderhaften oder kleben. Sie werden dadurch
schüttfähig und können z. B. zwischengelagert werden. Sie werden aber auch besser
streufähig, weil sie nicht an den Streuvorrichtungen, insbesondere Streuköpfen kleben
bleiben.
[0024] Wird das Bindemittel in mindestens zwei Schritten aufgetragen, erfolgt vorzugsweise
nach jedem Auftragen einer Teilmenge des Bindemittels ein Trocknen der Fasern. Das
Trocknen erfolgt vorzugsweise mit erhitzter Luft, z. B. in einem Trockentunnel, der
einer Vorrichtung zum Beleimen nachgeordnet ist, oder in einem Trockenschacht, der
z. B. unterhalb der Vorrichtung zum Beleimen angeordnet sein kann.
[0025] Das Herstellen des Faserkuchens erfolgt, wie bei Holzwerkstoffen üblich, in der Regel
durch Streuen. Die mit der gesamten Menge des Bindemittels entweder frisch beleimten
oder vorzugsweise getrockneten Fasern werden auf einen Träger, meist auf ein Förderband,
gestreut, meist in einer homogenen Schicht, aber alternativ auch in mehreren Schichten.
Der Faserkuchen wird auf dem Träger ggf. zuerst durch eine Vorpresse geführt und dann
in einer Presse verpresst. Jede Presse, die in ausreichender Weise Druck und Temperatur
aufbringt, ist geeignet, sowohl eine Plattenpresse, in der der Werkstoff zwischen
zwei Blechen verpresst wird, als auch insbesondere eine kontinuierliche Presse, in
der der Werkstoff zwischen zwei umlaufenden Metallbändern gepresst wird. Geeignete
Presstemperaturen können von 140 °C bis 220 °C, bevorzugt von 160 °C bis 180 °C gewählt
werden, geeignete Pressdrücke von 0,3 N/mm
2 bis 5,5 N/mm
2, insbesondere 1 N/mm
2 bis 3 N/mm
2. Die Pressdauer beträgt vorteilhaft 6 Sekunden/mm Plattendicke (im Folgenden: s/mm)
bis 60 s/mm, meist 10 s/mm bis 20 s/mm. Dem eigentlichen Pressvorgang kann eine Vorpresse
zum Verdichten des Faserkuchens vorgeschaltet sein. Optional kann der Presse eine
Vorrichtung zum Abkühlen des plattenförmigen Werkstoffs nachgeschaltet sein, insbesondere
eine Vorrichtung zum Abkühlen unter einem vorgegebenen Pressdruck, der geringer sein
kann als der Pressdruck während des Pressens des Werkstoffs.
[0026] Dem erfindungsgemäßen Werkstoff können die vorstehend beschriebenen Füllstoffe, Nassfestmittel
oder Hydrophobierungsmittel zugesetzt werden, typischerweise vor dem Formen des Faserkuchens.
[0027] Der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Werkstoff hat bevorzugt eine
Oberfläche, die im Wesentlichen Bindemittel aufweist, besonders bevorzugt eine Oberfläche,
die aus Bindemittel besteht. Insbesondere bei Einsatz hygroskopischer Fasern, z. B.
lignocellulosischer Fasern, wird angestrebt, so wenig Fasern wie möglich in der Oberfläche
des Werkstoffs zu haben, um die Dickenquellung so weit wie möglich zu optimieren.
Wasser in flüssiger Form oder auch z. B. als Luftfeuchtigkeit würde von den hygroskopischen
Fasern aufgesogen und es käme in der Folge zu einer Quellung des Werkstoffs. Dies
ist unerwünscht. Der hohe bzw. überwiegende Anteil an Bindemittel im plattenförmigen
Werkstoff ermöglicht eine Oberfläche des Werkstoffs, die überwiegend oder vollständig
Bindemittel aufweist bzw. die kaum oder keine hygroskopischen Fasern aufweist.
[0028] Der erfindungsgemäße Werkstoff kann wie eine Holzwerkstoffplatte, z. B. wie eine
HDF-Platte, bearbeitet werden. Die Oberfläche kann beschichtet, geprägt oder gefräst
werden; die Kanten können profiliert werden, z. B. zur Herstellung von Fußbodenpaneelen.
Der plattenförmige Werkstoff nach der Erfindung kann mit kunstharzgetränkten Papieren
laminiert werden, er kann bedruckt, lackiert, lasiert oder in anderer Weise bearbeitet
werden. Es ist als Vorteil dieser Erfindung anzusehen, dass der plattenförmige Werkstoff
auf vorhandenen Vorrichtungen be- und verarbeitet werden kann.
[0029] Weiter gehört zur Erfindung eine Vorrichtung zum Herstellen des vorstehend beschriebenen
plattenförmigen Werkstoffs, aufweisend Mittel zum Beleimen von lignocellulosischen
Fasern mit Bindemittel, die erfindungsgemäß über Mittel zum Beleimen von bereits vorbeleimten
lignocellulosischen Fasern verfügt. Der Begriff "beleimen" meint hier das Auftragen
von Bindemittel. Die Mittel zum Beleimen von Fasern sind vorteilhaft als Düsen ausgebildet,
die einen Sprühnebel aus flüssig zugeführtem Bindemittel erzeugen. Durch den Sprühnebel
aus Bindemittel werden Fasern geführt, auf denen sich dann Bindemitteltröpfchen des
Sprühnebels ablagern. Bekannte Mittel zum Beleimen lignocellulosischer Fasern sind
dazu ausgelegt, dass sie maximal 30 Gew.-% Bindemittel bezogen auf die zu beleimenden
Fasern aufbringen. Das erfindungsgemäße Verfahren kann durchgeführt werden, indem
die zu beleimenden Fasern die bekannten Mittel zum Beleimen mehrfach passieren, bis
ausreichend Bindemittel auf die Fasern aufgetragen ist. Es wird erfindungsgemäß jedoch
vorgeschlagen, mehrere der bekannten Mittel zum Beleimen so anzuordnen, dass die zu
beleimenden Fasern entlang einer Mehrzahl von Mitteln zum Beleimen gefördert werden,
wobei jedes Mittel zum Beleimen eine Teilmenge des Bindemittels auf die lignocellulosischen
Fasern aufträgt, bis die gewünschte Gesamtmenge von mindestens mehr als 50 Gew.-%
des plattenförmigen Werkstoffs auf die Fasern aufgebracht ist. Es werden also zusätzlich
zu den bekannten Mitteln zum Beleimen unbeleimter Fasern (Fasern ohne Bindemittel)
weitere Mittel zum Beleimen vorbeleimter Fasern eingesetzt, auf die bereits eine Teilmenge
des Bindemittels aufgebracht ist.
[0030] Der erfindungsgemäße plattenförmige Werkstoff kann durch unterschiedliche Kombinationen
von Fasern, Bindemittel, Füllstoffen und ggf. anderen Additiven wie Wachsen an verschiedene
Anforderungen angepasst werden. Es wird deshalb ausdrücklich darauf verwiesen, dass
die vorstehend beschriebenen Merkmale jeweils frei miteinander kombiniert werden können.
[0031] Die Erfindung betrifft weiter die Verwendung des vorstehend beschriebenen plattenförmigen
Werkstoffs. Es zeichnet den plattenförmigen Werkstoff nach der Erfindung aus, dass
er wegen der minimalen Quellung, insbesondere der nahezu vollständig reduzierten Dickenquellung
im Bereich der Kanten, vielfältig einsetzbar ist. Im Innenausbau kann der plattenförmige
Werkstoff z. B. als Fußbodenplatte oder Fußbodenlaminat eingesetzt werden. Hier ist
der Einsatz, anders als bei z. B. HDF-Fußbodenpaneelen, auch in Feucht- und Nassräumen
möglich, weil das Kantenprofil, an dem der Plattenkern der Feuchtigkeit frei zugänglich
ist, unter Einfluss von Wasser oder hoher Luftfeuchte nicht mehr signifikant quillt
bzw. beim Trocknen schwindet. Eine Dickenquellung, die weniger als 2 %, bevorzugt
weniger als 1 % beträgt, wird im Sinne der Erfindung als nichtsignifikant angesehen.
Damit kann z. B. auf bekannten Vorrichtungen zur Herstellung von Holzwerkstoffplatten
nun ein plattenförmiger, im Wesentlichen nicht-quellender, gegenüber Wasser bzw. Luftfeuchtigkeit
formstabiler Werkstoff hergestellt werden, der nicht auf schmale Formate begrenzt
ist und der bevorzugt den Einsatz nachwachsender Rohstoffe maximiert. Selbstverständlich
kann der erfindungsgemäße plattenförmige Werkstoff auch als Wand- oder Deckenplatte,
als Möbelplatte, insbesondere beim Ausbau von Feucht- und Nassräumen oder von Labor-
und Technikräumen bzw. Werkstätten, aber nicht beschränkt darauf, eingesetzt werden.
Im Außenbau bietet sich der erfindungsgemäße Werkstoff als Fassadenplatte oder zur
Dacheindeckung an. Der erfindungsgemäße plattenförmige Werkstoff kann z. B. für den
Terrassenbau einschließlich Terrassendielen oder Außenfußböden eingesetzt werden.
Auf diese Weise wird es möglich, gleiche Fußböden bzw. Fußbodenbeläge für Innen- und
angrenzende Außenbereiche (Terrassen, Balkone, Zuwegungen) einzusetzen. Bevorzugt
kann der erfindungsgemäße plattenförmige Werkstoff für Konstruktionen, insbesondere
Möbel, im Außenbereich eingesetzt werden. Der Ausbau von Werkstätten, Produktionshallen
oder Stallungen kann z.B. ohne Weiteres mit dem erfindungsgemäßen Werkstoff erfolgen.
[0032] Details der Erfindung werden nachfolgend an Ausführungsbeispielen erläutert. Es zeigt:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen plattenförmigen Werkstoffs
[0033] Die Abbildung zeigt einen plattenförmigen Werkstoff 1 mit einer Oberseite 2 und einer
Unterseite 3 sowie einer Kante 4. Der Werkstoff weist Fasern 5 auf, die in Bindemittel
eingebettet sind. Der Anteil des Bindemittels beträgt mehr als 50 Gew.-% des plattenförmigen
Werkstoffs. Es wird also mehr Bindemittel als Faser 5 eingesetzt. Als Fasern können
natürliche, synthetische, organische und anorganische Fasern eingesetzt werden, sowohl
einzeln als auch in Mischung. Auch hygroskopische Fasern wie z. B. Holz-, Cellulose-
oder Leinenfasern können eingesetzt werden. Als Bindemittel wird bevorzugt Melamin
eingesetzt, häufig in Kombination mit Formaldehyd oder Phenol aber auch in Mischung
mit PMDI. Beispiele für Kombinationen von Fasern und Bindemittel werden nachfolgend
beschrieben.
Ausführungsbeispiel 1
[0034] Für den Versuch, dessen Ergebnisse nachfolgend in Tabelle 1 dargestellt sind, werden
lignocellulosische Fasern, hier Nadelholzfasern, eingesetzt. Die Fasern wurden aus
gedämpften Holzhackschnitzeln durch Zerfasern im Refiner hergestellt. Alternativ können
beliebige andere lignocellulosische Fasern oder Gemische solcher Fasern eingesetzt
werden. Die Nadelholzfasern werden mit einer Feuchte von 120% vor dem Beleimen eingesetzt;
vor dem Verpressen werden sie mit dem darauf befindlichen Bindemittel auf eine Restfeuchte
von 8% getrocknet, d. h., eine Tonne Fasern enthält 80 kg Wasser.
[0035] Für diesen Versuch werden mehr als 100 Gew.-%, vorliegend 108 Gew.-% Bindemittel
bezogen auf atro Holz eingesetzt, hier ein Bindemittel aufweisend Melamin-Formaldehydharz
(MF-Harz). Das verwendete Melamin-Formaldehydharz (MF-Harz) hatte eine Feststoffkonzentration
von 60% (gemessen bei 60 min/120°C). Somit wurden auf 100 Gramm atro Faserstoff (atro
Holz) unter Berücksichtigung des Flüssigkeitsanteils 180 Gramm Bindemittel flüssig
enthaltend 108 g MF-Harz aufgetragen (108 g bei 60% Feststoffkonzentration = 180 g).
"atro Holz" bezeichnet hier lignocellulosische Fasern, die bei 105°C bis zur Gewichtskonstanz
getrocknet wurden. "atro Holz" ist ein übliches Referenzmaß für Rezepturen, die lignocellulosische
Fasern enthalten. In den weiteren Ausführungsbeispielen wird auf den absoluten Einsatz
des Bindemittels abgestellt.
[0036] Des Weiteren werden 1,2 Gew.-% Paraffin bezogen auf atro Holz eingesetzt.
[0037] Das Bindemittel wird in vier Durchgängen auf die lignocellulosischen Fasern aufgetragen,
je Durchgang werden 27 Gew.-% auf die Fasern aufgebracht. Das flüssige Bindemittel
wird in einer bekannten Vorrichtung zum Beleimen von Fasern durch Düsen versprüht.
Der durch die Düsen erzeugte Sprühnebel schlägt sich auf der Oberfläche der Fasern
nieder, die den Sprühnebel passieren, z. B. von oben nach unten durch den Sprühnebel
aus Bindemittel fallen.
[0038] An die Vorrichtung zum Beleimen von Fasern schließt sich eine Trocknung der beleimten
Fasern in Mitteln zum Trocknen an, z. B. ein Warmlufttunnel oder -schacht, der erhitzte
Luft auf die Fasern aufbringt. Ziel des Trocknens ist nicht das vollständige Entfernen
jeglicher Flüssigkeit, sondern das Trocknen des Bindemittels so weit, dass es nicht
mehr klebt. Die Reaktivität des Bindemittels beim Aushärten unter Einwirkung von Druck
und/oder Temperatur soll durch das Trocknen nicht beeinträchtigt werden.
[0039] Nach dem Trocknen können die Fasern gelagert oder weiter beleimt bzw. verarbeitet
werden. Zunächst schließt sich ein zweiter Durchgang durch die Vorrichtung zum Beleimen
an, bei dem erneut 27 Gew.-% MF-Harz auf die nach dem ersten Durchgang bereits vorbeleimten
Fasern aufgesprüht werden. Auch nach dem zweiten Durchgang werden die beleimten Fasern
getrocknet, bis sie nicht mehr aneinander haften bzw. kleben. In gleicher Weise wird
ein dritter und vierter Durchgang durch die Vorrichtung zum Beleimen und die Mittel
zum Trocknen durchgeführt. Alternativ können die 110 Gew.-% Bindemittel auch in ein
oder zwei Durchgängen, alternativ auch in fünf oder mehr Durchgängen auf die Fasern
aufgebracht werden. Die Menge des je Durchgang auf die Fasern aufgebrachten Bindemittels
kann von Durchgang zu Durchgang variieren.
[0040] Nach jedem Durchgang wird ein Teil der beleimten Fasern abgenommen und zu einem plattenförmigen
Werkstoff mit einer Dicke von 7 mm verarbeitet. Dies geschieht durch Streuen eines
Faserkuchens, der in einer bekannten kontinuierlich arbeitenden Doppelbandpresse bei
180 °C und einem Druck von 2,5 N/mm
2 bei 15 s/mm Pressdauer verpresst wird. Die so erzeugte Platte weist eine Dicke von
5,5 mm und eine Dichte von 1050 kg/m
3 auf. Als Referenz wird zum einen ein unter gleichen Bedingungen hergestellter, plattenförmiger
Werkstoff ohne erhöhten Bindemittelzusatz geprüft (Tabelle 1, Durchgang 0).
[0041] Der so hergestellte plattenförmige Werkstoff wird gemäß DIN 317 auf Quellung und
gemäß DIN 13329 auf Kantenquellung geprüft. Die Dickenquellung wird an einer Kante
des Werkstoffs als Veränderung in mm bezogen auf die Ausgangs-Dicke von 7 mm absolut
und auch als relative Änderung (%) bestimmt.
Tabelle 1 Dickenquellung für einen plattenförmigen Werkstoff, Dicke 7 mm, Bindemitteleinsatz
steigend von 0 bis 108 Gew.-%
Durchgang Nr. |
0 |
1 |
2 |
3 |
4 |
Differenz absolut (mm) |
1,47 |
0,50 |
0,25 |
0,21 |
0,12 |
Differenz relativ (%) |
22,92 |
7,45 |
3,82 |
3,05 |
1,83 |
[0042] Bei dem plattenförmigen Werkstoff ohne Bindemittelzusatz (Durchgang 0) ist die Dickenquellung
gemäß Tabelle 1 wie zu erwarten maximal bei annähernd 23%. Jeder Durchgang, in dem
jeweils 27 Gew.-% MF-Harz aufgebracht werden, reduziert die Dickenquellung an der
Kante des plattenförmigen Werkstoffs. Es wird ein außerordentlich niedriger Wert von
1,83% Kantenquellung erreicht, wenn 108 Gew.-% Bindemittel bezogen auf atro Holz eingesetzt
werden.
Ausführungsbeispiel 2
[0043] Für den Faseranteil des plattenförmigen Werkstoffs wird beim Ausführungsbeispiel
2 eine 50:50 Mischung aus unterschiedlichen Fasern, hier z. B. Holzfasern und Carbonfasern,
alternativ z. B. Altpapierfasern und Glaswollfasern, alternativ Mineralfasern und
Cellulosefasern eingesetzt. Die natürlichen Fasern (Holz-, Altpapier-, Cellulosefasern)
werden hier vorzugsweise vor dem Beleimen getrocknet, die Fasern können vor oder nach
dem Beleimen und dem optionalen Trocknen des Bindemittels gemischt werden. Beide Varianten
erlauben das Herstellen eines homogenen Gemisches aus beleimten Fasern, die dann zu
einem Faserkuchen gestreut werden können. Im Übrigen ist das Ausführungsbeispiel 2
hinsichtlich des Bindemitteleinsatzes und des Einsatzes von Paraffin identisch mit
dem Ausführungsbeispiel 1.
Ausführungsbeispiel 3
[0044] Ausführungsbeispiel 3 betrifft eine Mischung aus Fasern und Bindemittel, bei dem
50 Teile Polyethylenfasern und 20 Teile Carbonfasern und 10 Teile Füllstoff, z. B.
Glaspartikel, mineralische oder keramische Partikel den Faseranteil bilden, der mit
115 Gew.-% Bindemittel, hier z. B. mit MF-Harz, beleimt wird. Das Faser-Bindemittelgemisch
wird im Übrigen behandelt wie im Ausführungsbeispiel 1.
Ausführungsbeispiel 4
[0045] Hergestellt werden soll eine Platte aus Fasern und Bindemittel, die zur Herstellung
eines Fußbodenbelags eingesetzt werden kann, die also insbesondere mit einer dekorativen
Oberfläche beschichtet werden kann, insbesondere entweder mit kunstharzgetränkten
Papieren oder durch Lackieren. Eingesetzt werden 40 Gew.-% Fasern mit einer Dichte
von ca. 550 kg/m
3 und 55 Gew.-% eines Bindemittels, hier eines MF-Harzes mit einem Melaminanteil von
mehr als 60 %. Außerdem werden 5 Gew.-% andere Stoffe eingesetzt, hier 1,5 Gew.-%
Paraffin und 3,5 Gew.-% Farbstoff "grau". Der Farbstoff wird eingesetzt, um dem plattenförmigen
Werkstoff eine einheitliche Farbe zu verleihen.
[0046] Der plattenförmige Werkstoff mit der vorstehend genannten Zusammensetzung wird auf
einer industriellen, kontinuierlichen Presse hergestellt und mit HDF-Platten verglichen,
die aus demselben Fasermaterial, jedoch mit einem Bindemittelanteil von 15 Gew.-%
hergestellt wurden, und die eine Dichte von 880 kg/m
3 aufweisen.
Tabelle 2 Vergleichsversuche zur Quellung einer HDF- und einer erfindungsgemäßen Platte
Versuch |
Plattenstärke (mm) |
Bindemittel (%) |
Dichte (kg/m3) |
Querzugfestigkeit (N/mm2) |
Quellung Rohplatte (%) |
Kantenquellung beschichtet (%) |
Standard HDF |
6 |
15% |
880 |
>1,4 |
18 - 22 |
14 - 18 |
plattenförmiger Werkstoff |
5,8 |
137,5% |
1050 |
>4,5 |
0,1 - ,03 |
1,0 - 1,2 |
[0047] Die vorstehende Tabelle 2 zeigt die beiden Platten im Vergleich, mit Angabe der Plattenstärke
in mm als Bruttowert (vor dem Schleifen) und der Dichte in kg/m
3. Die Platten wurden jeweils ausgewertet nach Querzugfestigkeit (DIN EN 319), Quellung
(gemessen nach EN 317) und Kantenquellung (gemessen nach EN 13329).
[0048] Die erfindungsgemäße Platte lässt sich aufgrund des hohen Faseranteils stärker verdichten
als eine Faserplatte. Der Bindemitteleinsatz ist um ca. das 9-fache höher als bei
der HDF-Platte nach dem Stand der Technik. Der erfindungsgemäße plattenförmige Werkstoff
weist eine um das Dreifache höhere Querzugfestigkeit und eine um den Faktor 100 reduzierte
Quellung der Rohplatte auf. Nach dem Laminieren der Ober- und Unterseite wird die
Kantquellung "beschichtet" gemessen. Nur noch die Kanten sind der Einwirkung von Wasser
zugänglich, da die Ober- und Unterseite der Platte durch das Laminieren versiegelt
und dem Wasser nicht mehr zugänglich sind. Dieser Test ist gerade für Fußbodenbeläge
von besonderer Bedeutung, weil die Kanten der Fußbodenpaneele in der Regel nicht versiegelt
werden können und so dem Wasser ausgesetzt sind. Hier zeigt sich eine auf ein Zehntel
reduzierte Kantenquellung für den erfindungsgemäßen Plattenwerkstoff im Vergleich
mit einer bekannten HDF-Platte. Beide, die HDF-Platte und der erfindungsgemäße plattenförmige
Werkstoff, wurden auf denselben industriellen Produktionsanlagen hergestellt.
1. Plattenförmiger Werkstoff, aufweisend lignocellulosische Fasern (5) und Bindemittel,
dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil des Bindemittels mehr als 50 Gew.-% des plattenförmigen Werkstoffs (1)
aufweist.
2. Werkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Bindemittel Melamin, Formaldehyd, Phenol, Methylendiphenylisocyanat (MDI), auch
in emulgierter Form als eMDI, polymeres Diphenylmethandiisocyanat (PMDI) oder Mischungen
der vorgenannten Bindemittel aufweist.
3. Werkstoff nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Werkstoff (1) natürliche Fasern, synthetische Fasern, anorganische oder organische
Fasern oder Mischungen von Fasern aufweist.
4. Werkstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die organischen, natürlichen Fasern lignocellulosischen Fasern umfassen, insbesondere
Nadelholzfasern, Laubholzfasern, Fasern aus Einjahrespflanzen oder Bambusfasern.
5. Werkstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die synthetischen Fasern Fasern aus thermoplastischem Material umfassen, insbesondere
Fasern aus Polyethylen oder Polypropylen, aber auch aus Polycarbonat, Polyacryl, Polymethacryl
oder Polyurethan.
6. Werkstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die anorganischen Fasern Fasern aus mineralischen, keramischen oder glasförmigen
Werkstoffen umfassen.
7. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil an Bindemittel bezogen auf atro Holz mehr als 101 Gew.-%, mehr als 120
Gew.-%, mehr als 150 Gew.-%, mehr als 200 Gew.-% beträgt.
8. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) Füllstoffe aufweist, insbesondere nicht-hygroskopische
oder nicht-quellende Füllstoffe.
9. Werkstoff nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, das als Füllstoff mineralische, keramische, synthetische oder Glaspartikel eingesetzt
sind.
10. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) Nassfestmittel, insbesondere Polyamine, Polyimine,
z. B. Polyethylenimin, Polyamide, z. B. Polyacrylamide oder Polyamidoamin-Epichlorhydrin
(PAAE), Polyalkohole, z. B. Polyvinylalkohole oder deren Copolymere aufweist.
11. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) Hydrophobierungsmittel aufweist, z. B. Paraffin
oder Wachs.
12. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1), aufweisend lignocellulosische Fasern (5) und Bindemittel,
eine Dickenquellung von bis zu 4%, bevorzugt von bis zu 3%, vorzugsweise von unter
2% aufweist.
13. Verfahren zum Herstellen eines plattenförmigen Werkstoffs, aufweisend lignocellulosische
Fasern (5) und Bindemittel, wobei der Anteil des Bindemittels mehr als 50% an dem
plattenförmigen Werkstoff (1) beträgt, mit den Schritten:
Bereitstellen von lignocellulosischen Fasern (5),
Bereitstellen des Bindemittels, bevorzugt in flüssiger Form,
Auftragen des Bindemittels auf die Fasern (5),
Formen eines Faserkuchens,
Verpressen des Faserkuchens unter Aushärten des Bindemittels zum Erzeugen eines plattenförmigen
Werkstoffs (1).
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass das Auftragen des Bindemittels in einem oder in mehreren Schritten erfolgt.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Faser (5) vor oder nach dem Auftragen des Bindemittels mindestens abschnittsweise
getrocknet wird.
16. Verwendung eines plattenförmigen Werkstoffs nach mindestens einem der Ansprüche 1
bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) eingesetzt wird im Innenausbau, insbesondere als
Fußbodenplatte oder Fußbodenlaminat, als Wand- oder Deckenplatte, als Möbelplatte,
beim Ausbau von Feucht- und Nassräumen, im Außenbau als Fassadenplatte oder zur Dacheindeckung,
für Stallungen, für Terrassenbau einschließlich Terrassendielen oder Außenfußböden
und Konstruktionen, insbesondere Möbeln für den Außenbereich.
Geänderte Patentansprüche gemäss Regel 137(2) EPÜ.
1. Plattenförmiger Werkstoff, aufweisend lignocellulosische Fasern (5) und Bindemittel,
wobei der Anteil des Bindemittels mehr als 50 Gew.-% des plattenförmigen Werkstoffs
(1) beträgt, dadurch gekennzeichnet, dass das Bindemittel Melamin, Formaldehyd, Phenol, Methylendiphenylisocyanat (MDI), auch
in emulgierter Form als eMDI, polymeres Diphenylmethandiisocyanat (PMDI) oder Kombinationen
oder Mischungen der vorgenannten Bindemittel aufweist und wobei der plattenförmige
Werkstoff (1) durch Verpressen hergestellt ist.
2. Werkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Werkstoff (1) natürliche Fasern, synthetische Fasern, anorganische oder organische
Fasern oder Mischungen von Fasern aufweist.
3. Werkstoff nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die organischen, natürlichen Fasern lignocellulosische Fasern umfassen, insbesondere
Nadelholzfasern, Laubholzfasern, Fasern aus Einjahrespflanzen oder Bambusfasern.
4. Werkstoff nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die synthetischen Fasern Fasern aus thermoplastischem Material umfassen, insbesondere
Fasern aus Polyethylen oder Polypropylen, aber auch aus Polycarbonat, Polyacryl, Polymethacryl
oder Polyurethan.
5. Werkstoff nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die anorganischen Fasern Fasern aus mineralischen, keramischen oder glasförmigen
Werkstoffen umfassen.
6. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil an Bindemittel bezogen auf atro Holz mehr als 101 Gew.-%, bis zu 120 Gew.-%,
vorteilhaft mehr als 150 Gew.-%, besonders bevorzugt mehr als 200 Gew.-% beträgt.
7. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) Füllstoffe aufweist, insbesondere nichthygroskopische
oder nicht-quellende Füllstoffe.
8. Werkstoff nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass als Füllstoff mineralische, keramische, synthetische oder Glaspartikel eingesetzt
sind.
9. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) Nassfestmittel, insbesondere Polyamine, Polyimine,
z. B. Polyethylenimin, Polyamide, z. B. Polyacrylamide oder Polyamidoamin-Epichlorhydrin
(PAAE), Polyalkohole, z. B. Polyvinylalkohole oder deren Copolymere aufweist.
10. Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) Hydrophobierungsmittel aufweist, z. B. Paraffin
oder Wachs.
11. Verfahren zum Herstellen eines plattenförmigen Werkstoffs, aufweisend lignocellulosische
Fasern (5) und Bindemittel, wobei der Anteil des Bindemittels mehr als 50% an dem
plattenförmigen Werkstoff (1) beträgt, und wobei das Bindemittel Melamin, Formaldehyd,
Phenol, Methylendiphenylisocyanat (MDI), auch in emulgierter Form als eMDI, polymeres
Diphenylmethandiisocyanat (PMDI) oder Kombinationen oder Mischungen der vorgenannten
Bindemittel aufweist und wobei der plattenförmige Werkstoff (1) Hydrophobierungsmittel
aufweist mit den Schritten:
Bereitstellen von lignocellulosischen Fasern (5),
Bereitstellen des Bindemittels, bevorzugt in flüssiger Form,
Auftragen des Bindemittels auf die Fasern (5),
Formen eines Faserkuchens,
Verpressen des Faserkuchens unter Aushärten des Bindemittels zum Erzeugen eines plattenförmigen
Werkstoffs (1).
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Auftragen des Bindemittels in einem oder in mehreren Schritten erfolgt.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Faser (5) vor oder nach dem Auftragen des Bindemittels mindestens abschnittsweise
getrocknet wird.
14. Verwendung eines plattenförmigen Werkstoffs nach mindestens einem der Ansprüche 1
bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der plattenförmige Werkstoff (1) eingesetzt wird im Innenausbau, insbesondere als
Fußbodenplatte oder Fußbodenlaminat, als Wand- oder Deckenplatte, als Möbelplatte,
beim Ausbau von Feucht- und Nassräumen, im Außenbau als Fassadenplatte oder zur Dacheindeckung,
für Stallungen, für Terrassenbau einschließlich Terrassendielen oder Außenfußböden
und Konstruktionen, insbesondere Möbeln für den Außenbereich.