(19)
(11) EP 3 760 772 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.01.2021  Patentblatt  2021/01

(21) Anmeldenummer: 20179126.6

(22) Anmeldetag:  10.06.2020
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
D01H 1/20(2006.01)
D01H 13/32(2006.01)
D01H 4/42(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 18.06.2019 DE 102019116475

(71) Anmelder: Saurer Spinning Solutions GmbH & Co. KG
52531 Übach-Palenberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Werheit, Patrick
    52066 Aachen (DE)
  • Schiffers, Philipp
    41812 Erkelenz (DE)
  • Hüls, Jürgen
    40670 Meerbusch (DE)
  • Spitzer, Michael
    52156 Monschau-Kalterherberg (DE)
  • von Livonius, Jörg
    41836 Hückelhoven (DE)
  • Turowski, Anna
    41065 Mönchengladbach (DE)
  • Märtin, Jan
    41366 Schwalmtal (DE)

(74) Vertreter: Schniedermeyer, Markus 
Saurer Spinning Solutions GmbH & Co. KG Patentabteilung Carlstraße 60
52531 Übach-Palenberg
52531 Übach-Palenberg (DE)

   


(54) OPTIMIERUNG DES BETRIEBES EINER SPINNMASCHINE


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Optimierung des Betriebes einer Spinnmaschine in Bezug auf Qualität und Produktivität. Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung umfassend eine Steuereinrichtung und die Spinnmaschine.
Erfindungsgemäß wird ein Garn mit vorgegebenen Garneigenschaften produziert, ein Qualitätsparameter des Garns wird während des Spinnbetriebes erfasst, ein Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit wird vorgeben, der Qualitätsparameter und der Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit werden ausgewertet und die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit erfolgt in Abhängigkeit von einer Zielgröße, wobei die Zielgröße den Qualitätsparameter umfasst.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Optimierung des Betriebes einer Spinnmaschine, insbesondere einer Offenend-Rotorspinnmaschine oder einer Luftdüsenspinnmaschine, in Bezug auf Qualität und Produktivität. Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung umfassend eine Steuereinrichtung und die Spinnmaschine.

[0002] Die EP 2 565 306 B1 offenbart eine Offenend-Rotorspinnmaschine, bei die Drehzahl der Spinnrotoren automatisch in Abhängigkeit von einer jeweils ermittelten Fadenbruchrate eingestellt wird und dadurch die Fadenbruchrate so geregelt wird, dass die Fadenbruchrate in einem vorgegebenen Sollbereich unterhalb einer maximalen Fadenbruchrate liegt. Die Drehzahl des Spinnrotors bestimmt unmittelbar die Produktionsgeschwindigkeit der Offenend-Rotorspinnmaschine. Damit bei einer Änderung der Drehzahl der Spinnrotoren vorgegebene Garnparameter bzw. Garneigenschaften eingehalten werden, werden die Fadenabzugsgeschwindigkeit und die Einspeisegeschwindigkeit des Faserbandes entsprechend der Drehzahl des Spinnrotors verändert.

[0003] Beim Rotorspinnen erfolgt die Garnbildung in der Rotorrille des Spinnrotors. Hier wird den abgelegten Fasern infolge des Torsionsmoments des umlaufenden Garnendes Drehung erteilt. Diese Drehung erzeugt die für den Garnabzug notwendige Garnfestigkeit. Beim Abzug des Garnes aus der Rotorrille muss der Faden eine Festigkeit aufweisen, welche größer ist als die durch den Garnumlauf erzeugte Zentrifugalkraft im Rotor. Anderenfalls würde der Faden bereits im Bereich des Rotors reißen. Bei nahezu konstanter Reißkraft steigt die Zentrifugalkraft des umlaufenden Garnendes bei einer zunehmenden Rotordrehzahl quadratisch an. Damit führt eine Verdopplung der Rotordrehzahl zu einer vierfachen Fadenspannung im Bereich des Rotors. Die Gefahr des Fadenbruches im Bereich des Rotors nimmt somit mit der Steigerung der Rotordrehzahl zu.

[0004] Die Fadenbruchrate, die beim Betrieb einer Offenend-Rotorspinnmaschine akzeptiert werden kann, hängt von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Mittel zur Fadenbruchbehebung ab. Die Fadenbruchrate ist dabei die Anzahl der Fadenbrüche bezogen auf die Betriebszeit der Offenend-Rotorspinnmaschine bzw. einer Arbeitsstelle. Der Fadenbruch wird durch einen Anspinner behoben. Das Anspinnen kann halbautomatisch erfolgen, das heißt, dass für das Anspinnen ein Bediener erforderlich ist. Das Anspinnen kann auch mittels eines Anspinnwagens automatisch erfolgen. Es sind auch Maschinen bekannt, bei denen das Anspinnen autark an einer Arbeitsstelle automatisch durchgeführt werden kann. Im ersten Fall hängt die Anzahl der akzeptierbaren Fadenbrüche von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Bediener ab. Im zweiten Fall wird die zulässige Fadenbruchrate von der Anzahl der Anspinnwagen bestimmt. Beim autarken Anspinnen an den Arbeitsstellen ist von Bedeutung, wie viele Anspinner parallel durchgeführt werden können, ohne dass eine ausreichende Unterdruckversorgung beeinträchtigt wird. Aufgrund der beschrieben Bedingungen kann eine maximal zulässige Fadenbruchzahl festgelegt werden.

[0005] Die Geschwindigkeit mit der das Garn produziert wird und damit die Produktivität der Offenend-Rotorspinnmaschine steigen mit zunehmender Rotordrehzahl. Deshalb ist es wünschenswert, dass die Spinnrotoren mit der maximal möglichen Drehzahl betrieben werden.

[0006] Die DE 10 2004 053 505 A1 offenbart ein Verfahren zum Optimieren der Produktivität einer Luftdüsenspinnmaschine, indem die Produktionsgeschwindigkeit bei erhöhter Anzahl von Fadenbrüchen reduziert und bei verringerter Anzahl von Fadenbrüchen erhöht wird. Auch hier wird also die Produktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Fadenbruchrate eingestellt. Zur Änderung der Produktionsgeschwindigkeit werden die Liefergeschwindigkeit und die Abzugsgeschwindigkeit entsprechend eingestellt. Damit die Spinndrehung in Relation zur Liefergeschwindigkeit konstant bleibt, wird entsprechend die Druckluft in Abhängigkeit von der Produktionsgeschwindigkeit eingestellt.

[0007] Die zuvor genannten Schriften betrachten ausschließlich die Produktivität der Spinnmaschinen. Die Qualität des produzierten Garnes ist jedoch ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Deshalb sind im Stand der Technik sogenannte Garnreiniger bekannt, wie bspw. in der EP 0 877 108 B1 beschrieben.

[0008] Garnreiniger erfassen während der Produktion des Garns messbare Eigenschaften des Garns. Auf diese Weise sollen Garnfehler ermittelt werden. Durch eine Reinigungsgrenze kann festgelegt werden, welche Garnfehler ausgereinigt werden und welche im Garn verbleiben. Neben der Ausreinigung von Garnfehlern ermöglicht der Garnreiniger auch die Bewertung der Qualität des Garns.

[0009] Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, bei der Garnproduktion sowohl die Produktivität als die Qualität zu optimieren.

[0010] Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Optimierung des Betriebes einer Spinnmaschine in Bezug auf Qualität und Produktivität gelöst. Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird ein Garn mit vorgegebenen Garneigenschaften produziert, ein Qualitätsparameter des Garns wird während des Spinnbetriebes erfasst, ein Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit wird vorgeben, der Qualitätsparameter und der Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit werden ausgewertet und die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit erfolgt in Abhängigkeit von einer Zielgröße, wobei die Zielgröße den Qualitätsparameter umfasst.

[0011] Die Optimierung erfolgt vorzugsweise für eine Offenend-Rotorspinnmaschine oder für eine Luftdüsenspinnmaschine.

[0012] Die Garneigenschaften sind z. B. Garnfeinheit und Garndrehung. Außerdem beeinflusst das verwendete Rohmaterial die Garneigenschaften. Die Garneigenschaften können vorzugsweise auch durch Maschinen- und/oder Produktionsparameter vorgegeben werden. Dazu gehören insbesondere die Spinnmittel, wie Spinnrotoren, Auflösewalzen und Abzugsdüsen bzw. Spinndüsen. Außerdem spielt der Spinnunterdruck bzw. Spinndruck, der mittels der Spinneinrichtung erteilte Verzug und die erteilte Drehung eine Rolle. Bei der Offenend-Rotorspinnmaschine kommt es auf das Verhältnis von Abzugsgeschwindigkeit, Faserbandzuführung und Rotordrehzahl an. Bei der Luftdüsenspinnmaschine ist es das Verhältnis von Spinndruck und Liefergeschwindigkeit.

[0013] Qualitätsparameter beschreiben vorzugsweise Abweichungen von vorgegebenen Garneigenschaften. Zur Optimierung der Herstellung des Garns werden besonders vorzugsweise der CV-Wert und/ oder IPI-Werte verwendet. Der CV-Wert ist dabei ein Maß für die Gleichmäßigkeit des Garns, je ungleichmäßiger das Garn ist, desto höher ist der CV-Wert. Die IPI-Werte sind sogenannte häufige Garnfehler (Imperfektionen), die einzeln betrachtet nicht als störend beurteilt werden. Sie liegen größtenteils unterhalb des in der Kurzfehler-Matrix aktivierten Ausreinigungsbereichs. Es können IPI-Werte für Dickstellen, Dünnstellen und Neps angegeben werden.

[0014] Wie oben bereits beschrieben kommt als Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit bei einer Offenend-Rotorspinnmaschine vor allem die Rotordrehzahl in Betracht. Damit die Garneigenschaften erhalten bleiben, müssen dann Einspeisung und Abzugsgeschwindigkeit entsprechend angepasst werden. Bei der Luftdüsenspinnmaschine kann als Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit die Liefergeschwindigkeit gewählt werden. Der Spinndruck wird zur Beibehaltung der Garneigenschaften der Liefergeschwindigkeit entsprechend angepasst.

[0015] Der Erfindung liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass die Produktionsgeschwindigkeit der Spinnmaschine direkt Einfluss auf die Qualität des produzierten Garns hat. Mit zunehmender Produktionsgeschwindigkeit nimmt die Qualität des produzierten Garnes ab. Durch Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von einem Qualitätsparameter, kann die maximale Produktivität bei Einhaltung einer gewünschten Qualität erreicht werden. Um die Produktivität weiter zu erhöhen, können die Grenzen für den Qualitätsparameter angepasst werden.

[0016] Die Optimierung kann für die ganze Spinnmaschine erfolgen, das heißt alle Arbeitsstellen werden mit der gleichen Produktionsgeschwindigkeit betrieben. Die Einstellung erfolgt dann vorzugsweise aufgrund von Mittelwerten oder anhand der Auswertung der Produktionsgeschwindigkeit und Qualitätsparameter an einer Pilotspinnstelle. Es ist auch möglich jede Arbeitsstelle individuell zu optimieren. Dazu sind autarke Arbeitsstellen erforderlich, die mit individuellen Einzelantrieben ausgestattet sind. Jede Arbeitsstelle kann mit ihrer eigenen individuellen Produktionsgeschwindigkeit produzieren. Damit können jeder Arbeitsstelle auch unterschiedliche Grenzen für den Qualitätsparameter und unterschiedliche Garneigenschaften vorgegeben werden. Es können auch Gruppen von Arbeitsstellen auf denen Garne mit gleichen Garneigenschaften produziert werden für die Optimierung zusammengefasst werden.

[0017] Vorzugsweise erfolgt die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit mit Hilfe einer Steuereinrichtung in Abhängigkeit von einer Zielgröße, wobei die Zielgröße den Qualitätsparameter umfasst. Die Steuereinrichtung kann dabei vorzugsweise mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sein.

[0018] Dementsprechend wird die Aufgabe auch durch eine Vorrichtung gelöst, die eine Steuereinrichtung und eine Spinnmaschine aufweist. Die Vorrichtung umfasst Mittel zur Produktion eines Garns mit vorgegebenen Garneigenschaften, Mittel zur Erfassung eines Qualitätsparameters des Garns während des Spinnbetriebes und Mittel zur Vorgabe eines Parameters zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit. Erfindungsgemäß ist die Steuereinrichtung zur Auswertung des Qualitätsparameters und des Parameters zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit ausgebildet und die Steuereinrichtung ist so ausgebildet, dass die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit mit Hilfe der Steuereinrichtung in Abhängigkeit von einer Zielgröße erfolgen kann, wobei die Zielgröße den Qualitätsparameter umfasst.

[0019] Die Steuereinrichtung kann Teil der Spinnmaschine sein und ist in diesem Fall vorzugsweise als zentrale Steuereinrichtung und/oder Arbeitsstellensteuerung ausbildet. Die integrierte Steuereinrichtung übernimmt neben den Aufgaben bei der erfindungsgemäßen Optimierung vorzugsweise auch die bekannten Steuerfunktionen einer Spinnmaschine. Die Steuereinrichtung kann aber auch (räumlich) unabhängig von der Spinnmaschine sein. Es ist lediglich notwendig, dass die erforderlichen Daten zwischen der Steuereinrichtung und der Spinnmaschine ausgetauscht werden können. Dazu kann z. B. innerhalb einer Spinnerei die Steuereinrichtung über ein Netzwerk mit der Spinnmaschine verbunden sein. Die Steuereinrichtung kann dann zur Optimierung auch mit weiteren Spinnmaschinen der Spinnerei verbunden sein. Bei bestimmten, im Folgenden noch beschriebenen Ausführungsformen kann eine Anbindung der Steuereinrichtung und der Spinnmaschine an das Internet vorteilhaft sein. Die Steuereinrichtung kann vorzugsweise als PC, Laptop oder Tablet ausbildet sein oder diese umfassen.

[0020] Die Mittel zur Produktion eines Garnes sind vorzugsweise als Spinneinrichtung, insbesondere als Offenend-Rotorspinneinrichtung oder Luftdüsenspinneinrichtung, ausgebildet. Die Mittel zur Erfassung eines Qualitätsparameters des Garns sind vorzugsweise als Garnreiniger ausgebildet. Zur Vorgabe eines Parameters zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit kann eine Bedieneinrichtung vorhanden sein.

[0021] Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Fadenbruchrate erfasst und ausgewertet und die Zielgröße umfasst die Fadenbruchrate. Die Zielgröße umfasst also bei dieser Ausgestaltung sowohl den Qualitätsparameter als auch die Fadenbruchrate. Das heißt, die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit erfolgt sowohl in Abhängigkeit von dem Qualitätsparameter als in Abhängigkeit von der Fadenbruchrate. Die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit erfolgt vorzugsweise so, dass sowohl der Qualitätsparameter als auch die Fadenbruchrate innerhalb vorgegebener Grenzen liegt. So können sowohl Produktivität als auch Qualität optimal eingestellt werden. Es kann so sichergestellt werden, dass die Produktionsgeschwindigkeit nur so hoch, dass die auftretenden Fadenbrüche noch behoben werden können. Auch wird die Produktionsgeschwindigkeit so begrenzt, dass der Qualitätsparameter innerhalb der vorgegebenen Grenzen bleibt.

[0022] Entsprechend weist eine vorteilhafte Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Vorrichtung Mittel zur Erfassung der Fadenbruchrate auf, die Steuereinrichtung ist zur Auswertung der Fadenbruchrate ausgebildet und die Zielgröße umfasst die Fadenbruchrate. Fadenbrüche können in an sich bekannter Weise mit Hilfe von Fadenwächtern oder auch mit Hilfe von Garnreinigern ermittelt werden. Eine entsprechende Auswerteeinrichtung wertet die Fadenbrüche aus und ermittelt die Fadenbruchrate. Die Auswerteeinrichtung kann auch Teil der Steuereinrichtung sein.

[0023] Die Steuereinrichtung umfasst gemäß einer bevorzugten Ausführungsform eine Benutzeroberfläche, auf der gleichzeitig der Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und die Zielgröße dargestellt sind. Das heißt, neben dem Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit wird auf der Benutzeroberfläche zumindest der Qualitätsparameter angezeigt. Je nach Ausbildung der Zielgröße werden weitere Qualitätsparameter und/oder die Fadenbruchrate auf der Benutzeroberfläche angezeigt. Vorzugsweise kann über die gleiche Benutzeroberfläche auch der Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit verändert werden. Der Bediener erhält so alle relevanten Informationen, die er für die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit benötigt. Mit Hilfe der Benutzeroberfläche wird damit die Einstellung für den Bediener vereinfacht. Die Benutzeroberfläche kann Teil einer Bedieneinrichtung der Spinnmaschine sein oder auch der Bildschirm eines PCs, Laptops oder Tablets sein.

[0024] Besonders übersichtlich ist eine Darstellung des zeitlichen Verlaufs des Parameters zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und der Zielgröße auf der Benutzeroberfläche. Damit kann der Bediener leicht erkennen, wie sich Änderungen der Produktionsgeschwindigkeit auf die Zielgröße auswirken und entscheiden, ob die Produktionsgeschwindigkeit gesteigert werden kann oder gesenkt werden sollte.

[0025] Vorzugsweise kann der Steuereinrichtung ein Grenzwert für die Zielgröße vorgegeben werden. Vorzugsweise wird ein oberer und ein unterer Grenzwert für den Qualitätsparameter vorgegeben bzw. ist mittels der Steuereinrichtung vorgebbar. Bei der Fadenbruchrate kommt es vor allem auf den oberen Grenzwert an. Vorzugsweise werden der oder die Grenzwerte auch auf der Benutzeroberfläche angezeigt. Auch ist einer Darstellung des oder der Grenzwerte in der Darstellung des zeitlichen Verlaufs vorteilhaft.

[0026] Gemäß einer möglichen Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist die Steuereinrichtung ausgebildet, um die Produktionsgeschwindigkeit bzw. den Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Abweichung der Zielgröße von dem vorgegebenen Grenzwert automatisch zu verändern

[0027] Die Steuereinrichtung kann bevorzugt dazu ausgebildet sein, Vorschläge für eine Änderung des Parameters zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit zu ermitteln. Die Vorschläge werden in Abhängigkeit von der Abweichung der Zielgröße von dem vorgegebenen Grenzwert ermittelt. Der jeweilige Vorschlag wird dem Bediener vorzugsweise auf der Benutzeroberfläche angezeigt. Der Bediener kann dann in Verbindung mit einer entsprechenden Ausbildung der Steuereinrichtung, den Vorschlag bestätigen oder manuell ändern und erst dann bestätigen. Erst mit der Bestätigung wird die Änderung der Produktionsgeschwindigkeit von der Steuereinrichtung durchgeführt.

[0028] Zur optimalen Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit der Spinnmaschine können Prinzipien der künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen. In Verbindung mit der vorliegenden Erfindung ist die Methode des fallbasierten Schließens (engl. case-based reasoning) besonders vorteilhaft. Hierbei werden Probleme durch Analogieschluss gelöst. Um die dazu notwendige Fallbasis zu schaffen, ist die Steuereinrichtung zum Erstellen und Speichern von Datensätzen, die die vorgegebenen Garneigenschaften, den Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und die zugehörige Zielgröße umfassen, ausgebildet. Wie schon erläutert verfügt die Steuerung vorzugsweise über eine Verbindung zum Internet. Damit stehen nicht nur lokale Datensätze, sondern auch Datensätze anderer Spinnereien zur Verfügung. Damit kann die Fallbasis deutlich vergrößert und das Lernen des Systems beschleunigt werden.

[0029] Um einen passenden Fall unter den gespeicherten Datensätzen zu ermitteln, ist die Steuereinrichtung vorzugsweise zum Vergleich der Datensätze mit den vorgegebenen Garneigenschaften und einem vorgegebenen Grenzwert für die Zielgröße und zur Auswahl eines Datensatzes für den Betrieb der Spinnmaschine in Abhängigkeit des Vergleichs ausgebildet ist. Die Vorrichtung ist vorzugsweise zur Anwendung des ausgewählten Datensatzes ausgebildet. Das heißt, es wird vorzugsweise durch Vergleich ein Datensatz ausgewählt und die Spinnmaschine wird vorzugsweise auf Basis der ausgewählten Daten betrieben.

[0030] Damit der Bediener den ausgewählten Datensatz bewerten und überarbeiten kann, weist die Steuereinrichtung eine Schnittstelle zur Überarbeitung des ausgewählten Datensatzes auf.

[0031] Die Steuereinrichtung ist vorzugsweise zur Anwendung und Speicherung des überarbeiteten Datensatzes ausgebildet. So kann der Datensatz überprüft werden und anschließend die Fallbasis erweitern.

[0032] Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1
eine Benutzeroberfläche zur Durchführung der erfindungsgemäßen Optimierung;
Fig. 2
eine Darstellung des zeitlichen Verlaufs des Parameters zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und der Zielgröße;
Fig. 3
eine schematische Darstellung der Optimierung nach dem Prinzip des fallbasierten Schließens


[0033] Die Fig. 1 zeigt eine Benutzeroberfläche einer Steuereinrichtung mit deren Hilfe der Bediener der Spinnmaschine die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von einer Zielgröße durchführen kann. In dem Ausführungsbeispiel umfasst die Zielgröße einen Qualitätsparameter, nämlich einen CV-Wert, und die Fadenbruchrate (Yarn breaks). Der CV-Wert wird in % angegeben. Das Ausführungsbeispiel bezieht sich auf eine Offenend-Rotorspinnmaschine.

[0034] Die Benutzeroberfläche enthält zunächst Angaben, die Rückschlüsse auf die Garneigenschaften zulassen. Im Feld 1 wird der Losname, im Feld 2 die Losnummer, im Feld 3 die Garnnummer und im Feld 4 der Arbeitsbereich angezeigt. Der Arbeitsbereich gibt die Spinnstellen an, für die die Optimierung durchgeführt wird. Durch Angabe der Losnummer und des Losnamens ist jederzeit eine Nachverfolgbarkeit weiterer für die Garneigenschaften relevanter Maschinen- und Produktionsparameter gewährleistet.

[0035] Im Feld 5 kann der Betrachtungszeitraum (Observation time) angegeben werden, der für die Optimierung verwendet werden soll. Die verbleibende Zeit (Remaining time) wird in Feld 6 angegeben. In Feld 9 kann eine Referenzdrehzahl für den Spinnrotor angeben werden. Ferner kann in Feld 7 eine Schrittgröße (Delta Rotor Speed) angegeben werden, mit die Rotordrehzahl zur Optimierung verändert wird. Im Feld 14 wird die obere Grenze (max) für die Fadenbruchrate angegeben. Das Feld 16 ermöglicht die Eingabe einer unteren Grenze (min) für den CV-Wert. Im Feld 17 wird die obere Grenze (max) des CV-Wertes vorgegeben.

[0036] Durch die Betätigung der Startfläche 10 wird der Optimierungsvorgang gestartet. Mit der Stopfläche 11 kann der Vorgang unterbrochen oder beendet werden. Der Betrieb der Spinnmaschine startet zunächst mit der Referenzdrehzahl 9. Die aktuelle Rotordrehzahl wird in Feld 8 angezeigt. Die laufende Produktion (Production) wird im Feld 12 angezeigt. Das heißt, es werden die Meter produzierten Garns angegeben. Ferner wird die aktuelle Fadenbruchrate 13 und der CV-Wert 15 angegeben. Direkt angrenzend sind die vorgegebenen Grenzwerte angegeben. Der Bediener sieht nun auf einen Blick, ob und wie weit, die Fadenbruchrate 13 und der CV-Wert 15 von den Grenzen entfernt sind. Der Bediener kann nun die Rotordrehzahl direkt über die Referenzdrehzahl 9 oder per Tastendruck, um die vorher festgelegte Schrittgröße 7, verändern.

[0037] In einer alternativen Ausführungsform ist die Steuereinrichtung dazu ausgebildet, Vorschläge für eine Änderung der Rotordrehzahl zu machen. Solche Vorschläge können z. B. über ein Pop-up-Fenster anzeigt werden. In der Steuereinrichtung kann ein Algorithmus hinterlegt sein, der auf Basis der Abweichung der Fadenbruchrate 13 und des CV-Wertes 15 von den vorgegebenen Grenzwerten 14, 16, 17 und der Schrittgröße 7 diesen Vorschlag berechnet. Der Bediener hat hier noch mal die Möglichkeit den Vorschlag zu überprüfen, bevor die Änderung der Rotordrehzahl durchgeführt wird.

[0038] Um dem Bediener die Entscheidung über eine Änderung der Produktionsgeschwindigkeit zu erleichtern, kann vorteilhafterweise der zeitliche Verlauf des Parameters zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und der Zielgröße grafisch dargestellt werden. Die Fig. 2 zeigt eine solche grafische Darstellung wieder am Beispiel einer Offenend-Rotorspinnmaschine. Als Zielgröße ist ein CV-Wert dargestellt.

[0039] Die Fig. 2 zeigt demnach den Verlauf 20 des CV-Wertes und den Verlauf 21 der Rotordrehzahl über der Zeit (Time). Außerdem ist die untere Grenze 18 und die obere Grenze 19 für den CV-Wert dargestellt. Am Anfang der Betrachtung liegt der CV-Wert innerhalb der vergebenen Grenzen, jedoch nur knapp oberhalb der unteren Grenze 18. Hier besteht also die Möglichkeit die Rotordrehzahl zu erhöhen und die Produktivität zu steigern. Die Rotordrehzahl wird in mehreren Schritten erhöht. Der CV-Wert steigt jeweils an bis der obere Grenzwert 19 überschritten ist. Die Rotordrehzahl wird um den zuletzt durchgeführten Schritt wieder gesenkt. Damit ist ein optimierter Arbeitspunkt gefunden, der eine höhere Produktionsgeschwindigkeit aufweist. Der CV-Wert liegt aber nach wie vor innerhalb der vorgegeben Grenzen.

[0040] Die Fig. 3 veranschaulicht eine Optimierung des Betriebes einer Spinnmaschine in Bezug auf Qualität und Produktivität mit Hilfe des Prinzips des fallbasierten Schließens. Der Vorgang erfolgt weitestgehend automatisch und wird von der erfindungsgemäßen Steuereinrichtung durchgeführt, die z. B. einen Chip mit künstlicher Intelligenz umfasst.

[0041] Ausgangspunkt für die Optimierung ist eine Fallbasis bzw. eine Datenbasis 22. Diese Datenbasis 22 enthält eine Vielzahl von Datensätzen 23 mit optimierten Betriebspunkten einer oder mehrerer Spinnmaschinen unter vorgegebenen Bedingungen. Dazu enthalten die Datensätze 23 die vorgegebenen Garneigenschaften, den Parameter zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und die sich daraus ergebene Zielgröße. Bezugszeichen 24 definiert vorgegebene Bedingungen, unter denen der Betrieb einer Spinnmaschine optimiert werden soll. Die vorgegebenen Bedingungen 24 umfassen zumindest die vorgegebenen Garneigenschaften und einem vorgegebenen Grenzwert für die Zielgröße. Nun werden die Bedingungen 24 mit den Datensätzen 23 verglichen und der den Bedingungen 24 am nächsten kommende Datensatz 22 ausgewählt (Retrieve). Daraus ergibt sich der Datensatz 25. Durch die Anwendung dieses Datensatzes 25 unter den vorgegebenen Bedingungen erhält man den angewendeten Datensatz 26 (Reuse). Bis hier hin erfolgt das beschriebene Verfahren vorzugsweise automatisch durch die Steuereinrichtung. Die Steuereinrichtung weist vorzugsweise eine Schnittstelle auf, die eine Überarbeitung durch den Bediener ermöglicht (Revise). Damit erhält man den Datensatz 27, der schließlich als Datensatz 28 in die Datenbasis 22 übernommen wird (Retain). Damit lernt die Steuereinrichtung und kann für künftige Optimierungen auf eine größere Datenbasis 22 zurückgreifen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Optimierung des Betriebes einer Spinnmaschine in Bezug auf Qualität und Produktivität,
wobei ein Garn mit vorgegebenen Garneigenschaften produziert wird,
wobei ein Qualitätsparameter (15) des Garns während des Spinnbetriebes erfasst wird,
wobei ein Parameter (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit vorgeben wird,
wobei der Qualitätsparameter (15) und der Parameter (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit ausgewertet werden,
wobei die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von einer Zielgröße erfolgt, wobei die Zielgröße den Qualitätsparameter (15) umfasst.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Fadenbruchrate (13) erfasst und ausgewertet wird und die Zielgröße die Fadenbruchrate (13) umfasst.
 
3. Vorrichtung umfassend eine Steuereinrichtung und eine Spinnmaschine
mit Mitteln zur Produktion eines Garns mit vorgegebenen Garneigenschaften,
mit Mitteln zur Erfassung eines Qualitätsparameters (15) des Garns während des Spinnbetriebes und
mit Mitteln zur Vorgabe eines Parameters (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit,
wobei die Steuereinrichtung zur Auswertung des Qualitätsparameters (15) und des Parameters (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit ausgebildet ist,
wobei die Steuereinrichtung so ausgebildet ist, dass die Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit mit Hilfe der Steuereinrichtung in Abhängigkeit von einer Zielgröße erfolgen kann, wobei die Zielgröße den Qualitätsparameter (15) umfasst.
 
4. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel zur Erfassung der Fadenbruchrate vorhanden sind, die Steuereinrichtung zur Auswertung der Fadenbruchrate (13) ausgebildet ist und die Zielgröße die Fadenbruchrate (13) umfasst.
 
5. Vorrichtung nach einem Ansprüche 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung eine Benutzeroberfläche umfasst, auf der gleichzeitig der Parameter (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und die Zielgröße dargestellt sind.
 
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung zur Darstellung des zeitlichen Verlaufs (20, 21) des Parameters (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und der Zielgröße ausgebildet ist.
 
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Steuereinrichtung ein Grenzwert (14, 16, 17) für die Zielgröße vorgebbar ist.
 
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung dazu ausgebildet ist, Vorschläge für eine Änderung des Parameters (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit zu ermitteln.
 
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung zum Erstellen und Speichern von Datensätzen (23), die die vorgegebenen Garneigenschaften, den Parameter (9) zur Einstellung der Produktionsgeschwindigkeit und die zugehörige Zielgröße umfassen, ausgebildet ist.
 
10. Vorrichtung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung zum Vergleich der Datensätze (23) mit den vorgegebenen Garneigenschaften und einem vorgegebenen Grenzwert für die Zielgröße und zur Auswahl eines Datensatzes (25) für den Betrieb der Spinnmaschine in Abhängigkeit des Vergleichs ausgebildet ist.
 
11. Vorrichtung nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung eine Schnittstelle zur Überarbeitung des ausgewählten Datensatzes (26) aufweist.
 
12. Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung zur Anwendung und Speicherung des überarbeiteten Datensatzes (27) ausgebildet ist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente