[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts sowie ein entsprechendes
Hörgerät.
[0002] Ein Hörgerät dient der Ausgabe von Geräuschen an einen Nutzer des Hörgeräts. Der
Nutzer trägt das Hörgerät hierzu am oder im Ohr. Zur Ausgabe von Geräuschen weist
das Hörgerät einen Hörer auf. Manche Hörgeräte weisen zudem wenigstens ein Mikrofon
auf und sind als Hörhilfegeräte ausgebildet, um Geräusche aus der Umgebung aufzunehmen
und diese dann an den Nutzer auszugeben. Die Geräusche werden dabei von dem Hörgerät
typischerweise zusätzlich modifiziert, z.B. um einen Hörverlust des Nutzers auszugleichen.
Allgemein werden unter einem Hörgerät vorliegend aber nicht lediglich Hörhilfegeräte
für hörgeschädigte Nutzer verstanden, sondern auch Kopfhörer und dergleichen, welche
zwar auch von Nutzern mit einem Hördefizit nutzbar sind, dieses jedoch nicht notwendigerweise
ausgleichen.
[0003] Ein Hörgerät kann beispielsweise eine aktive Störgeräuschunterdrückung, kurz ANC
(active noise cancellation) aufweisen, mittels welcher Geräusche aus der Umgebung,
speziell Störgeräusche, unterdrückt werden, sodass sich für den Nutzer eine beruhigte
Hörsituation ergibt. Auf ähnliche Weise kann auch durch eine aktive Okklusionsreduzierung,
kurz AOR (active occlusion reduction), eine beruhigte Hörsituation hergestellt werden.
Bei einer ANC werden Geräusche unterdrückt, welche aus der Umgebung von außen in den
Gehörgang des Nutzers gelangen. Im Gegensatz hierzu werden bei einer AOR solche Geräusche
unterdrückt, welche durch den Nutzer selbst entstehen oder welche aus stehenden Wellen
im Gehörgang resultieren. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der Gehörgang durch
ein Ohrstück gegenüber der Umgebung überwiegend oder vollständig verschlossen ist.
In beiden Fällen werden somit Geräusche, welche vom Nutzer üblicherweise als störend
empfunden werden, unterdrückt und dadurch eine beruhigte Hörsituation hergestellt.
[0004] ANC und AOR und allgemein jegliche aktive Geräuschunterdrückung verbrauchen bei Anwendung
entsprechend Energie und tragen somit zum Energieverbrauch eines Hörgeräts bei. Ein
Energiespeicher des Hörgeräts oder eines damit verbundenen externen Geräts wird entsprechend
belastet. Bei Hörgeräten und besonders bei Hörhilfegeräten steht jedoch ein hoher
Energieverbrauch im Konflikt mit Anforderungen bezüglich Bauraum und Mobilität. Der
Energiespeicher kann nicht beliebig groß gewählt werden und soll trotzdem eine möglichst
lange und ununterbrochene Nutzung des Hörgeräts ermöglichen.
[0005] Vor diesem Hintergrund ist es eine Aufgabe der Erfindung, eine möglichst energiearme,
aktive Geräuschunterdrückung für ein Hörgerät zu realisieren. Hierzu sollen ein verbessertes
Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts sowie ein entsprechendes Hörgerät angegeben
werden.
[0006] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß
Anspruch 1 sowie durch ein Hörgerät mit den Merkmalen gemäß Anspruch 10. Vorteilhafte
Ausgestaltungen, Weiterbildungen und Varianten sind Gegenstand der Unteransprüche.
Dabei gelten die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Verfahren sinngemäß auch für
das Hörgerät und umgekehrt.
[0007] Das Verfahren dient zum Betrieb eines Hörgeräts, ist also ein Betriebsverfahren.
Dieses wird insbesondere bei der bestimmungsgemäßen Verwendung des Hörgeräts ausgeführt,
nämlich wenn ein Nutzer das Hörgerät am oder im Ohr trägt und wenn das Hörgerät eingeschaltet
ist. Das Hörgerät weist eine aktive Geräuschunterdrückung auf, zur Unterdrückung von
Geräuschen. Geräusche sind akustische Signale, also Schallsignale. Dabei sind mit
dem Begriff "Geräusche" ohne Beschränkung der Allgemeinheit auch einzelne Geräusche
gemeint. Typischerweise sind jedoch mehrere Geräusche vorhanden. Die Geräuschunterdrückung
unterdrückt Geräusche derart, dass für den Nutzer eine beruhigte Hörsituation hergestellt
wird. Unter "aktiv" wird insbesondere verstanden, dass die Geräuschunterdrückung Gegengeräusche
z.B. in Form von Antischall erzeugt, um einige oder sämtliche Geräusche wenigstens
teilweise und vorzugsweise vollständig auszulöschen. Die Gegengeräusche werden derart
erzeugt, dass diese mit den Geräuschen überlagert werden und zu diesen derart phasenversetzt
sind, dass im Ergebnis die Geräusche unterdrückt werden. Dadurch wird für den Nutzer
der Pegel der Geräusche reduziert.
[0008] Im Gegensatz zu "aktiv" wird unter einer "passiven" Geräuschunterdrückung dann verstanden,
dass Geräusche durch eine Schallisolierung z.B. in Form spezieller Materialien oder
spezieller Verschließung oder Verdeckung des Ohrs oder des Gehörgangs des Nutzers
unterdrückt werden. Solch eine passive Geräuschunterdrückung ist zusätzlich zur aktiven
Geräuschunterdrückung zwar nicht zwingend, aber vorteilhaft. Ein weiterer Unterschied
zwischen aktiver und passiver Geräuschunterdrückung ist, dass die aktive Geräuschunterdrückung
Energie benötigt, welche einem Energiespeicher, z.B. einer Batterie, entnommen wird.
Der Energiespeicher ist vorzugsweise ein Teil des Hörgeräts.
[0009] Weiter ist ein Audiogramm des Nutzers des Hörgeräts bereitgestellt. Das Audiogramm
gibt frequenzabhängig eine Hörschwelle des Nutzers an. Insbesondere ist das Audiogramm
in einem Speicher des Hörgeräts hinterlegt. Das Audiogramm wird insbesondere in einem
entsprechenden Test- oder Kalibrierverfahren bestimmt, beispielsweise durch einen
Audiologen oder in einem geeigneten Betriebsmodus durch das Hörgerät selbst. Das Audiogramm
unterscheidet sich typischerweise von Nutzer zu Nutzer. Das Audiogramm gibt für mehrere
Frequenzanteile eines Frequenzspektrums jeweils eine Hörschwelle an, ab welcher der
jeweilige Frequenzanteil für den Nutzer hörbar ist. Mit anderen Worten: das Audiogramm
gibt für ein Gesamtfrequenzspektrum frequenzabhängig die nutzerspezifische Hörschwelle
an. Das Audiogramm enthält somit eine Funktion, welche für einen gegebenen Frequenzanteil
die individuelle Hörschwelle des Nutzers angibt. Die Hörschwelle ist ein Pegel, also
eine Amplitude. Die Hörschwellen der diversen Frequenzen bilden gemeinsam eine Hörkurve.
In einer graphischen Darstellung teilt die Hörkurve den durch die beiden Dimensionen
Pegel und Frequenz aufgespannten Raum in zwei Bereiche, nämlich einen tatsächlich
nicht hörbaren Bereich unterhalb der Hörkurve und einen tatsächlich hörbaren Bereich
oberhalb der Hörkurve.
[0010] Unter "Frequenzanteil" wird eine einzelne Frequenz verstanden oder ein Frequenzbereich
mit mehreren Frequenzen. Vorzugsweise zerlegt das Hörgerät die Geräusche in mehrere
aufeinanderfolgende Frequenzbänder und dadurch in entsprechend viele Frequenzanteile,
sodass dann jeder Frequenzanteil genau jeweils einem der Frequenzbänder des Hörgeräts
zugeordnet sind. Die Trennung ist nicht zwingend scharf, vielmehr überlappen in einer
möglichen Ausgestaltung die Frequenzbänder und entsprechend auch die Frequenzanteile
technisch bedingt in einem Randbereich.
[0011] Das Audiogramm ist somit derart ausgebildet, dass sich anhand dessen bestimmen lässt,
welche Geräusche für den Nutzer hörbar sind und welche nicht hörbar sind. Ein jeweiliges
Geräusch besteht entweder sowohl aus hörbaren als auch aus nicht-hörbaren Frequenzanteile
oder ausschließlich aus hörbaren oder nicht-hörbaren Frequenzanteilen. Dabei ist die
Zusammensetzung logischerweise nuterzabhängig und kann für dasselbe Geräusch für unterschiedliche
Nutzer auch unterschiedlich sein. Ein Frequenzanteil ist genau dann für den Nutzer
hörbar, wenn dieser Frequenzanteil einen Pegel aufweist, welcher die Hörschwelle des
Nutzers für diesen Frequenzbereich überschreitet. Ansonsten ist der Frequenzbereich
nicht hörbar. Für diejenigen Geräusche, welche im Betrieb zu einem gegebenen Zeitpunkt
vorliegen, ist durch das Audiogramm vorbestimmt, welche Frequenzanteile ebenjener
Geräusche die zugehörige Hörschwelle überschreiten und somit für den Nutzer tatsächlich
hörbar sind und welche die zugehörige Hörschwelle nicht überschreiten und somit nicht
hörbar sind. Darüber hinaus gibt das Audiogramm aber auch allgemein an, welche Frequenzanteile
für den Nutzer besser hörbar sind, d.h. für welche die Hörschwelle niedrig ist, und
welche schlechter hörbar sind, d.h. für welche die Hörschwelle hoch ist.
[0012] Vorliegend wird anhand des Audiogramms bestimmt, welche Frequenzanteile der Geräusche
für den Nutzer hörbar sind und welche nicht-hörbar sind. Diese Bestimmung erfolgt
vorzugsweise als Teil des Verfahrens und somit während des Betriebs. Darunter wird
insbesondere verstanden, dass die zu einem gegebenen Zeitpunkt während des Betriebs
konkret vorliegenden Geräusche untersucht werden und deren hörbare und nicht-hörbare
Frequenzanteile identifiziert werden. Welche Frequenzanteile ausgehend von dem Audiogramm
hörbar sind und welche nicht hörbar sind, ist dagegen bereits im Vorfeld durch das
Audiogramm selbst vorgegeben und braucht nicht zwingend während des Verfahrens bestimmt
zu werden, da das Audiogramm während des Verfahrens üblicherweise feststeht. Mit anderen
Worten: die Geräusche werden anhand des vorbekannten Audiogramms in hörbare und nicht-hörbare
Frequenzanteile unterteilt. Hierzu werden die Geräusche insbesondere mit einem Mikrofon
des Hörgeräts aufgenommen und einer Steuereinheit des Hörgeräts zugeführt. Die hörbaren
und nicht-hörbaren Frequenzanteile sind nicht zwingend scharf voneinander getrennt,
sondern überlappen unter Umständen, typischerweise jedoch lediglich geringfügig. Beispielsweise
ist es bei Totregionen, sogenannten "dead regions", auf der Cochlea nicht ohne Weiteres
möglich, einzelne Zellen auf der Basilarmembran exakt bestimmten Frequenzanteilen
zuzuordnen. Sondern ein jeweiliger Frequenzbereich kann von mehreren Zellen überlappend
bedient werden, sodass der Ausfall der Hörfähigkeit für bestimmte Frequenzanteile
fortschreitend und sozusagen schleichend mit dem vermehrten Ausfall von Zellen erfolgt.
Beispielsweise ist dann nach und nach eine erhöhte Amplitude erforderlich, um den
Frequenzanteil noch hören zu können.
[0013] Vorliegend wird die Geräuschunterdrückung selektiv betrieben, indem hörbare Frequenzanteile
der Geräusche unterdrückt werden und nicht-hörbare Frequenzanteile der Geräusche nicht
unterdrückt werden. Damit ist insbesondere gemeint, dass die hörbaren Frequenzanteile
aktiv unterdrückt werden und die nicht-hörbaren Frequenzanteile nicht aktiv unterdrückt
werden. Dabei werden nicht zwingend, jedoch bevorzugt alle hörbaren Frequenzanteile
unterdrückt. Ebenso werden nicht zwingend, jedoch bevorzugt alle nicht-hörbaren Frequenzanteile
auch nicht unterdrückt. Vorzugsweise werden lediglich hörbare Frequenzanteile unterdrückt,
sodass sämtliche, nicht-hörbaren Frequenzanteile auch nicht unterdrückt werden.
[0014] Die anhand des Audiogramms ermittelten hörbaren und nicht-hörbaren Frequenzanteile
entsprechen vorzugsweise tatsächlich hörbaren bzw. tatsächlich nicht-hörbaren Frequenzanteilen.
Dies ist aber zunächst nicht in aller Konsequenz zwingend, vielmehr ist es bereits
ausreichend, dass anhand des Audiogramms bestimmt ist oder wird, dass ein jeweiliger
Frequenzanteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit oder in einer überwiegenden Anzahl
an Hörsituationen oder dergleichen tatsächlich hörbar oder nicht-hörbar ist. Beispielsweise
wird ein Frequenzanteil, für welchen die Hörschwelle sehr hoch liegt und z.B. 100
dB beträgt als nicht-hörbarer Frequenzanteil angesehen, obwohl tatsächlich zumindest
Geräusche oberhalb von 100 dB bei den entsprechenden Frequenzen hörbar wären, solche
Pegel aber seltener auftreten als Pegel unterhalb von 100 dB. Ob ein Frequenzanteil
anhand des Audiogramms als hörbar und nicht-hörbar bestimmt wird, kann sich demnach
davon unterscheiden, ob dieser tatsächlich hörbar oder nicht hörbar ist. Dies ist
insbesondere davon abhängig, auf welche Art und Weise die Geräuschunterdrückung konkret
selektiv betrieben wird. Generell wird die Geräuschunterdrückung jedoch zweckmäßigerweise
derart selektiv betrieben, dass durch Bestimmung anhand des Audiogramms ein jeweiliger
Frequenzanteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit korrekt, d.h. in Übereinstimmung
mit der tatsächlichen Situation, als hörbar oder nicht hörbar identifiziert wird.
[0015] Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung besteht insbesondere darin, dass mittels des
Audiogramms nutzerspezifisch, d.h. individuell, zwischen hörbaren und nicht-hörbaren
Frequenzanteilen unterschieden wird und dann die Geräusche nutzerangepasst unterdrückt
werden. Somit werden zu einem gegebenen Zeitpunkt lediglich diejenigen Frequenzanteile
der Geräusche unterdrückt, welche gemäß dem Audiogram für den Nutzer hörbar sind,
genauer gesagt, welche ohne eingeschaltete Geräuschunterdrückung für den Nutzer hörbar
wären. Die Geräuschunterdrückung wird also selektiv lediglich für solche Frequenzanteile
verwendet, für welche eine Unterdrückung für den Nutzer auch einen hinreichenden Nutzen
hat. Insgesamt wirkt die Geräuschunterdrückung insbesondere wie ein Filter, welches
lediglich hörbare Frequenzanteile herausfiltert und dadurch ein nutzerspezifisches
Filter ist. Nicht-hörbare Frequenzanteile werden dagegen auch nicht unterdrückt, wodurch
entsprechend Energie eingespart wird, da für nicht-hörbare Frequenzanteile keine aktiven
Maßnahmen wie z.B. die Erzeugung von Antischall durchgeführt werden. Die Geräuschunterdrückung
belastet somit den Energiespeicher des Hörgeräts deutlich weniger und führt insgesamt
zu einem energieärmeren Betrieb des Hörgeräts.
[0016] Der Erfindung liegt insbesondere die Erkenntnis zugrunde, dass solche Frequenzanteile,
welche der Nutzer gar nicht hört, auch nicht aktiv unterdrückt werden müssen. Daher
werden diese nicht-hörbaren Frequenzanteile vorliegend bei der Unterdrückung ausgelassen,
indem die Geräuschunterdrückung entsprechend selektiv betrieben wird. Dabei werden
aber nicht lediglich solche Frequenzanteile nicht unterdrückt, welche ohnehin außerhalb
des akustischen Spektrums liegen und daher unabhängig vom Nutzer für jeden Menschen
nicht hörbar sind, sondern es wird gezielt das individuelle Audiogramm des Nutzers
genutzt, um die Unterdrückung individuell durchzuführen. Das vom Menschen wahrnehmbare
akustische Spektrum ist allgemein auf einen Frequenzbereich von 10 Hz bis 20 kHz beschränkt,
sodass Frequenzanteile außerhalb des akustischen Spektrums unabhängig vom Nutzer zweckmäßigerweise
durch die Geräuschunterdrückung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Vorliegend
ist relevant, dass ein oder mehrere Frequenzbereiche innerhalb des akustischen Spektrums
selektiv nicht unterdrückt werden, d.h. von der Geräuschunterdrückung ausgenommen
sind.
[0017] Die nicht-hörbaren Frequenzbereiche innerhalb des akustischen Spektrums werden anhand
des Audiogramms nutzerspezifisch bestimmt und können daher bezüglich des Gesamtfrequenzspektrums
unterschiedlich positioniert und unterschiedlich umfangreich sein. Beispielsweise
weist der Nutzer ein Hördefizit auf, bei welchem die Hörschwelle im Bereich von 1
kHz bis 2 kHz wenigstens 100 dB beträgt. Geräusche bei diesen Frequenzen und unterhalb
dieser Hörschwelle sind dann für den Nutzer nicht wahrnehmbar, d.h. sind nicht hörbar,
und werden daher wenn vorhanden nicht aktiv unterdrückt.
[0018] Dabei ist es zunächst von untergeordneter Bedeutung, ob der Nutzer gehörgeschädigt
ist, d.h. einen Hörverlust, einen Hörschaden oder ein Hördefizit im Sinne eines pathologischen
Leidens aufweist. Vorteilhaft ist es an sich schon, dass überhaupt die individuelle
Hörfähigkeit des Nutzers, egal ob gesund oder gehörgeschädigt, mittels des individuellen
Audiogramms berücksichtigt wird. Da der selektive Betrieb der Geräuschunterdrückung
vom Audiogramm des Nutzers abhängig ist, ist die Geräuschunterdrückung entsprechend
eine personalisierte Geräuschunterdrückung. Besonders bevorzugt ist dieses Vorgehen
bei einem gehörgeschädigten Nutzer, da bei diesem typischerweise ohnehin das Audiogramm
gemessen wird, um die Hörfähigkeit quantitativ zu bestimmen. Konsequenterweise sind
die Messung und die Berücksichtigung des Audiogramms aber auch bei einem gesunden
Nutzer vorteilhaft, da auch hier die Berücksichtigung der individuellen Hörfähigkeit
durch eine personalisierte Geräuschunterdrückung zu einer Energieeinsparung beim Betrieb
des Hörgeräts führt. Insofern ist das Verfahren nicht lediglich für Hörgeräte geeignet,
welche als Hörhilfegeräte ausgebildet sind, d.h. ausgebildet sind ein Hördefizit des
Nutzers ausgleichen. Sondern das Verfahren ist auch geeignet für Kopfhörer, Headsets
und dergleichen, welche an sich zunächst nur Nutzgeräusche, z.B. Musik, an den Nutzer
ausgeben, wobei aber diese Nutzgeräusche von anderen Geräuschen z.B. aus der Umgebung
überlagert sind. Diese anderen Geräusche werden dann mittels der Geräuschunterdrückung
nutzerspezifisch unterdrückt. Dies steht im Gegensatz zu einer einfachen, breitbandigen
Geräuschunterdrückung, welche ohne Unterscheidung zwischen hörbaren und nicht-hörbaren
Frequenzbereichen jegliche Frequenzanteile unterdrückt und dadurch mehr Energie benötigt,
als die hier beschriebene selektive Geräuschunterdrückung.
[0019] Vorliegend sind zwei Varianten besonders geeignet, um hörbare und nicht-hörbare Frequenzanteile
zu unterscheiden und dadurch eine selektive Geräuschunterdrückung zu realisieren.
Diese beiden Varianten sind nachfolgend näher erläutert und werden als erste Variante
und zweite Variante bezeichnet.
[0020] In der ersten Variante wird die Geräuschunterdrückung amplitudenselektiv betrieben,
indem solche Frequenzanteile, welche einen Pegel unterhalb der Hörschwelle aufweisen,
nicht unterdrückt werden, sodass lediglich solche Frequenzanteile aktiv unterdrückt
werden, in welchen der Pegel oberhalb der Hörschwelle liegt. Hierzu wird insbesondere
der jeweilige Pegel eines Frequenzanteils mit der zugehörigen Hörschwelle des Audiogramms
verglichen und diejenigen Frequenzanteile, welche einen Pegel oberhalb der Hörschwelle
aufweisen, werden als hörbare Frequenzanteile angesehen, wohingegen diejenigen Frequenzanteile,
welche einen Pegel unterhalb der Hörschwelle aufweisen, als nicht-hörbare Frequenzanteile
angesehen werden. Es wird also nach dem Pegel, d.h. der Amplitude der Frequenzanteile
relativ zum Audiogramm unterschieden, sodass die Geräuschunterdrückung dann amplitudenselektiv
ist. Dies hat den Vorteil, dass eine aktive Unterdrückung der Geräusche erst oberhalb
der Hörschwelle erfolgt und nicht schon unnötigerweise unterhalb der Hörschwelle.
Je nach Situation ist es dann auch möglich, dass sämtliche Frequenzanteile hörbar
oder nicht-hörbar sind, sodass dann sämtliche Frequenzanteile entsprechend entweder
unterdrückt oder nicht unterdrückt werden. Beispielsweise weist der Nutzer eine konstante
Hörschwelle von 60 dB für sämtliche Frequenzanteile auf, dann werden alle Frequenzanteile
sozusagen frequenzunabhängig ausschließlich abhängig von deren Amplitude unterdrückt
oder nicht unterdrückt.
[0021] Vorzugsweise ist ein Maximalpegel vorgegeben, welcher eine Leistungsgrenze des Hörgeräts
angibt, und solche Frequenzanteile, deren Pegel oberhalb des Maximalpegels liegt,
werden nicht unterdrückt. Der Maximalpegel wird auch als Direktschall-Schwellenwert
oder als Außenschall-Schwellenwert bezeichnet, da der Maximalpegel mit einem Eingangspegel
verglichen wird, d.h. dem Pegel der tatsächlich vorhandenen Geräusche, und gerade
nicht mit einem Ausgangspegel, d.h. dem Pegel der Geräusche, welche über den Hörer
an den Nutzer ausgegeben werden. Der Ausgangspegel ist nämlich aufgrund der Leistungsgrenze
begrenzt. Der Maximalpegel gibt an, ab welchem Pegel eine Unterdrückung des jeweiligen
Frequenzanteils aufgrund von technischen Beschränkungen des Hörgeräts nicht mehr sinnvoll
oder nicht mehr möglich ist. Solche technischen Beschränkungen ergeben sich z.B. aus
einer Maximalleistung des Hörers oder einer Endstufe des Hörgeräts. Da oberhalb des
Maximalpegels also mit dem Hörgerät eine effektive Unterdrückung nicht durchgeführt
werden kann, wird in diesem Fall auf eine Unterdrückung zweckmäßigerweise verzichtet
und der Frequenzanteil bleibt von der Geräuschunterdrückung ausgenommen, obwohl er
möglicherweise hörbar ist. Der Maximalpegel liegt regelmäßig oberhalb der jeweiligen
Hörschwelle, dies ist jedoch speziell in solchen Frequenzbereichen nicht zwingend,
in welchen der Nutzer ein Hördefizit aufweist. Grundsätzlich ist ein frequenzabhängiger
Maximalpegel geeignet, bevorzugt ist aber ein konstanter Maximalpegel für alle Frequenzanteile.
Ein geeigneter Maximalpegel beträgt beispielsweise 140 dB. Die Verwendung eines Maximalpegels
in Kombination mit einer amplitudenselektiven Geräuschunterdrückung ist besonders
vorteilhaft, aber nicht zwingend, vielmehr kann ein Maximalpegel wie beschrieben auch
allgemein bei einer selektiven Geräuschunterdrückung verwendet werden
[0022] In der zweiten Variante weist das Audiogramm einen oder mehrere Totbereiche auf,
innerhalb welchen die Hörschwelle jeweils oberhalb eines Mindestpegels liegt, und
die Geräuschunterdrückung wird frequenzselektiv betrieben, indem solche Frequenzanteile,
welche innerhalb eines Totbereichs des Audiogramms liegen, nicht unterdrückt werden,
sodass lediglich solche Frequenzanteile aktiv unterdrückt werden, welche nicht innerhalb
eines Totbereichs des Audiogramms liegen. In dem Audiogramm sind ein oder mehrere
Frequenzbereiche jeweils als Totbereich dadurch definiert, dass die jeweilige Hörschwelle
der Frequenzen innerhalb des Totbereichs oberhalb des Mindestpegels liegt. Ein jeweiliger
Totbereich kennzeichnet somit einen Frequenzbereich, auf welchem der Nutzer besonders
schlecht hört. Der Mindestpegel beträgt in einer geeigneten Ausgestaltung 90 dB. In
den Totbereichen erfolgt dann generell keine Unterdrückung der Geräusche, unabhängig
vom Pegel. Jegliche Frequenzanteile, welche innerhalb eines Totbereichs liegen, werden
als nicht-hörbar angesehen und auch nicht unterdrückt. Frequenzanteile, welche jedoch
außerhalb sämtlicher Totbereiche liegen, werden als hörbar angesehen und zweckmäßigerweise
aktiv unterdrückt. Es wird also nach der Frequenz der Frequenzanteile relativ zu den
Totbereichen des Audiogramms unterschieden, sodass die Geräuschunterdrückung dann
frequenzselektiv ist. Die Unterscheidung, ob ein Frequenzanteil hörbar oder nicht
hörbar ist, erfolgt also dadurch, dass überprüft wird, ob der Frequenzanteil innerhalb
eines Totbereichs liegt oder nicht und ist somit zunächst unabhängig davon, ob dessen
Pegel die Hörschwelle überschreitet oder nicht. Die getroffene Unterteilung in hörbare
und nicht-hörbare Frequenzanteile entspricht also eher einer Erwartung bezüglich der
Hörbarkeit, welche aus dem Audiogramm abgeleitet ist, und nicht zwingend der tatsächlichen
Hörbarkeit. Dennoch gewährleistet dieses Vorgehen eine ausreichende Geräuschunterdrückung
bei gleichzeitiger Energieeinsparung.
[0023] Ein Totbereich ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass ein Überschreiten der
im Vergleich zum übrigen Audiogramm hohen Hörschwelle innerhalb des Totbereichs eher
unwahrscheinlich oder sogar unmöglich ist. Allgemein erstreckt sich ein Totbereich
des Audiogramms beginnend bei einer unteren Frequenz bis abschließend zu einer oberen
Frequenz und zwischen diesen beiden Frequenzen, auch als Grenzfrequenzen bezeichnet,
liegt die Hörschwelle durchgängig oberhalb des Mindestpegels. Dabei wird zwischen
allgemeinen und speziellen Totbereichen unterschieden. Während allgemeine Totbereiche
am Rand des akustischen Spektrums liegen, wo die Hörkurve für jeden Nutzer allgemein
zu hohen Pegeln hin ausläuft, liegen spezielle Totbereiche gerade nicht am Rand, sondern
innerhalb des Frequenzspektrums. Ein spezieller Totbereich kennzeichnet zudem ein
tatsächliches Hördefizit eines gehörgeschädigten Nutzers, wohingegen ein allgemeiner
Totbereich ein natürliches Hördefizit kennzeichnet, welches zwar auch individuell
sein kann, welches jedoch nicht auf ein pathologisches Leiden zurückgeht und in der
ein oder anderen Form für alle Nutzer vorhanden ist. Ein spezieller Totbereich wird
daher auch als Hördefizit-Totbereich bezeichnet und ein allgemeiner Totbereich als
natürlicher Totbereich.
[0024] Vorzugsweise liegt ein lokales Maximum der Hörschwelle innerhalb des Totbereichs,
sodass dieser das Maximum gleichsam einrahmt und somit einen Frequenzbereich umfasst,
auf welchem der Nutzer besonders schlecht hört. Solch ein lokales Maximum ergibt sich
insbesondere bei einem Hördefizit-Totbereich, typischerweise jedoch nicht bei einem
natürlichen Totbereich am Rande des akustischen Spektrums.
[0025] Die Geräuschunterdrückung wird demnach wie vorstehend beschrieben vorteilhafterweise
amplitudenselektiv oder frequenzselektiv betrieben. Besonders bevorzugt ist eine Ausgestaltung,
bei welcher diese beiden Varianten miteinander kombiniert sind, sodass die Geräuschunterdrückung
dann Amplituden- und frequenzselektiv betrieben wird. Im Audiogramm sind dann durch
Überlappung der Hörkurve mit den Totbereichen ein oder mehrere Regionen ausgebildet,
welche sich als Differenzmenge des hörbaren Bereichs und der Totbereiche ergeben.
Diese Regionen umfassen demnach alle Frequenzanteile, welche nicht in einem Totbereich
liegen und deren Pegel oberhalb der zugehörigen Hörschwelle liegt. Vorzugsweise wird
dann lediglich solche Frequenzanteile, welche aufgrund ihrer Frequenz und ihres Pegels
in einer dieser Regionen liegen, mittels der Geräuschunterdrückung aktiv unterdrückt,
wohingegen die übrigen Frequenzanteile nicht aktiv unterdrückt werden. Die Regionen
werden daher auch jeweils als Aktivregion bezeichnet. Dabei werden dann lediglich
diejenigen Frequenzanteile unterdrückt, welche sowohl außerhalb der Totbereiche liegen
als auch oberhalb der jeweiligen Hörschwelle, wohingegen die übrigen Frequenzbereiche
nicht aktiv unterdrückt werden, da diese insbesondere ohnehin nicht vom Nutzer wahrgenommen
werden.
[0026] Die Geräusche sind entweder Störgeräusche oder Nutzgeräusche oder eine Kombination
hiervon. Allgemein ist das Hörgerät zweckmäßigerweise dazu ausgebildet, Nutzgeräusche
von Störgeräuschen zu unterscheiden und überwiegend oder ausschließlich die Störgeräusche
mittels der aktiven Geräuschunterdrückung zu unterdrücken, wohingegen die Nutzgeräusche
überwiegen oder vollständig unbeeinflusst von der Geräuschunterdrückung an den Nutzer
ausgegeben werden. Nutzgeräusche sind z.B. Sprache eines Gesprächspartners, Sprache
des Nutzers, Musik, Warnsignale oder dergleichen. Störgeräusche sind insbesondere
Rauschen, Anlagen- oder Maschinengeräusche, Hintergrundgeräusche und dergleichen.
Vorzugsweise wird die aktive Geräuschunterdrückung also lediglich auf die Störgeräusche
angewandt.
[0027] Bevorzugterweise weist die aktive Geräuschunterdrückung eine aktive Störgeräuschunterdrückung
auf, welche Störgeräusche aus der Umgebung dadurch unterdrückt, dass die Störgeräusche
mit einem äußeren Mikrofon des Hörgeräts aufgenommen werden und invertiert über einen
Hörer des Hörgeräts ausgegeben werden. Das äußere Mikrofon ist insbesondere an oder
in einem Gehäuse des Hörgeräts angebracht und weist generell nach außen, sitzt also
gerade nicht im Gehörgang des Nutzers ein. Das äußere Mikrofon nimmt demnach vorrangig
Geräusche aus der Umgebung des Nutzers auf, darunter gegebenenfalls auch Störgeräusche.
Die aktive Geräuschunterdrückung dient dann zur Unterdrückung von Störgeräuschen aus
der Umgebung des Nutzers. Die aktive Störgeräuschunterdrückung wird auch als ANC (active
noise cancellation) bezeichnet.
[0028] Alternativ oder zusätzlich weist die aktive Geräuschunterdrückung eine aktive Okklusionsreduzierung
auf, welche Störgeräusche, welche sich aus einer Okklusion eines Gehörgangs des Nutzers
ergeben, dadurch unterdrückt, dass die Störgeräusche mit einem inneren Mikrofon des
Hörgeräts im Gehörgang des Nutzers aufgenommen werden und invertiert über einen Hörer
des Hörgeräts ausgegeben werden. Die aktive Okklusionsreduzierung wird auch kurz als
AOR (active occlusion reduction) bezeichnet. Eine Okklusion ergibt sich bei bestimmungsgemäßer
Verwendung des Hörgeräts insbesondere durch ein Ohrstück des Hörgeräts. Das Ohrstück
ist beispielsweise ein sogenannter Dome, ein Ear Tip oder eine Otoplastik und allgemein
in den Gehörgang des Nutzers eingesetzt und verschließt also den Gehörgang nach außen
hin. Dadurch ist im Ohrkanal ein Resonator ausgebildet, welcher zu unangenehmen Störgeräuschen
führt. Diese werden mittels des inneren Mikrofons aufgenommen. Hierzu ist das innere
Mikrofon zweckmäßigerweise am Ohrstück angebracht und in eingesetztem Zustand vorzugsweise
auch im Resonator angeordnet, sodass eigene Geräusche des Nutzers und stehende Wellen
im Gehörgang besonders effizient aufgenommen werden und entsprechend mittels der Geräuschunterdrückung
unterdrückt werden.
[0029] Vorzugsweise gibt das Audiogramm die Hörschwelle in einem Frequenzbereich von wenigstens
10 Hz bis höchstens 20 kHz an, umfasst also ein Gesamtfrequenzspektrum, welches dem
akustischen Spektrum entspricht. An den Rändern des Audiogramms, also insbesondere
unterhalb von 20 Hz und oberhalb von 16 kHz ist die Hörfähigkeit der meisten Menschen
regelmäßig schlecht, unabhängig davon, ob diese hörgeschädigt sind oder nicht. Die
Hörschwelle liegt hier typischerweise oberhalb von 90 dB. Daher werden Frequenzanteile
an diesen Rändem zweckmäßigerweise ebenfalls von der aktiven Geräuschunterdrückung
nicht aktiv unterdrückt.
[0030] Zudem ist es sinnvoll, solche Frequenzbereiche, in welchen überwiegend Nutzsignale
zu erwarten sind, von vornherein von der Geräuschunterdrückung auszunehmen, sofern
diese Nutzsignale nicht ohnehin schon vom Hörgerät zuvor abgetrennt und gesondert
weiterverarbeitet werden. In einer besonders zweckmäßigen Ausgestaltung wird ein Frequenzbereich
für Sprache von der Geräuschunterdrückung nicht unterdrückt, unabhängig davon, ob
der Nutzer hier gut oder schlecht hört. Sprache stellt üblicherweise ein Nutzsignal
dar, welches vorzugsweise möglichst nicht von der Geräuschunterdrückung ausgelöscht
wird. Ein geeigneter Frequenzbereich für Sprache erstreckt sich insbesondere von 300
Hz bis 5 kHz oder über einen Teilbereich hiervon.
[0031] Ein erfindungsgemäßes Hörgerät weist eine Steuereinheit auf, welche ausgebildet ist
zur Durchführung eines Verfahrens wie vorstehend beschrieben. Die Steuereinheit wird
auch als Controller bezeichnet und ist insbesondere innerhalb eines Gehäuses des Hörgeräts
angeordnet. Das Audiogramm ist zweckmäßigerweise in einem Speicher hinterlegt, welcher
ein Teil der Steuereinheit ist oder mit dieser verbunden ist. Der Speicher ist vorzugsweise
ebenfalls ein Teil des Hörgeräts.
[0032] In einer bevorzugten Ausgestaltung ist das Hörgerät als Hörhilfegerät ausgebildet
und weist hierzu eine Signalverarbeitung auf, zur Modifizierung von Eingangssignalen
zwecks Ausgleich eines Hördefizits des Nutzers. Die Eingangssignale werden mittels
eines Mikrofons, speziell eines äußeren Mikrofons, des Hörgeräts aufgenommen. Die
Modifizierung der Eingangssignale erfolgt in der Signalverarbeitung abhängig vom Audiogramm,
also nutzerspezifisch. Die modifizierten Eingangssignale sind dann Ausgangssignale
der Signalverarbeitung und werden an einen Hörer des Hörgeräts weitergegeben, zur
Ausgabe an den Nutzer.
[0033] Alternativ oder zusätzlich sind die Eingangssignale nicht oder nicht ausschließlich
mittels eines Mikrofons des Hörgeräts erzeugt, sondern sind elektrische Audiosignale,
welche von einem geeigneten Abspielgerät an das Hörgerät übermittelt werden oder in
dem Hörgerät gespeichert sind.
[0034] Die Eingangssignale werden vorzugsweise mittels einer Filterbank des Hörgeräts, speziell
der Signalverarbeitung, in mehrere Frequenzbänder aufgeteilt. Beispielsweise weist
die Filterbank 48 Kanäle auf und erzeugt entsprechend 48 Frequenzbänder. Ein jeweiliger
Frequenzanteil wird dann dadurch unterdrückt, dass dasjenige Frequenzband unterdrückt
wird, in welchem der zu unterdrückende Frequenzanteil liegt.
[0035] Vorzugsweise ist das Hörgerät binaural ausgebildet und weist zwei Einzelgeräte auf,
je eines für eines der beiden Ohren des Nutzers. Zweckmäßigerweise wird das Verfahren
auf beiden Seiten, d.h. für beide Ohren, dann separat durchgeführt, da die Hörfähigkeit
des Nutzers für beide Ohren üblicherweise nicht identisch ist. Entsprechend werden
dann zwei Audiogramme bereitgestellt, eines für jede Seite.
[0036] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer Zeichnung näher
erläutert. Darin zeigen jeweils schematisch:
- Fig. 1
- ein Hörgerät,
- Fig. 2
- ein Audiogramm und eine amplitudenselektive Unterdrückung von Geräuschen,
- Fig. 3
- das Audiogramm aus Fig. 2 und eine frequenzselektive Unterdrückung von Geräuschen,
- Fig. 4
- das Audiogramm aus Fig. 2 und eine amplituden- und frequenzselektive Unterdrückung
von Geräuschen.
[0037] In Fig. 1 ist ein Ausführungsbeispiel eines Hörgeräts 2 gezeigt. In den Fig. 2 bis
4 ist exemplarisch ein Audiogramm 4 eines Nutzers gezeigt, anhand dessen auf unterschiedliche
Weisen im Rahmen eines Verfahrens zum Betrieb des Hörgeräts 2 eine aktive Geräuschunterdrückung
6 des Hörgeräts 2 selektiv betrieben wird. Die aktive Geräuschunterdrückung 6 dient
allgemein zur Unterdrückung von Geräuschen, wobei mit dem Begriff "Geräusche" ohne
Beschränkung der Allgemeinheit auch einzelne Geräusche gemeint sind. Die Geräuschunterdrückung
6 unterdrückt Geräusche derart, dass für den Nutzer eine beruhigte Hörsituation hergestellt
wird. Dazu werden Gegengeräusche erzeugt, um die Geräusche teilweise oder sogar vollständig
auszulöschen. Hierzu wird Energie benötigt, welche vorliegend einem Energiespeicher
8 des Hörgeräts 2, entnommen wird.
[0038] Das Hörgerät 2 in Fig. 1 weist eine Steuereinheit 10 auf, welche ausgebildet ist
zur Durchführung des Verfahrens. Die Steuereinheit 10 ist innerhalb eines Gehäuses
12 des Hörgeräts 2 angeordnet. Das Audiogramm 4 ist vorliegend in einem Speicher 14
hinterlegt. Vorliegend sind der Speicher 14 und die Geräuschunterdrückung 6 jeweils
ein Teil der Steuereinheit 10. Dies ist jedoch nicht zwingend.
[0039] Das gezeigte Hörgerät 2 als Hörhilfegerät ausgebildet, zum Ausgleich eines Hördefizits
des Nutzers, und weist hierzu eine Signalverarbeitung 15 auf, welche hier auch ein
Teil der Steuereinheit 10 ist. Die Signalverarbeitung 15 dient zur Modifizierung von
Eingangssignalen zwecks Ausgleich des Hördefizits des Nutzers. Die Eingangssignale
werden mittels eines Mikrofons 16 des Hörgeräts 2 aufgenommen, in Fig. 1 sind zwei
äußere Mikrofone 16 gezeigt. Die Modifizierung der Eingangssignale erfolgt in der
Signalverarbeitung 15 abhängig vom Audiogramm 4, also nutzerspezifisch. Die modifizierten
Eingangssignale sind dann Ausgangssignale der Signalverarbeitung 15 und werden an
einen Hörer 18 des Hörgeräts 2 weitergegeben, zur Ausgabe an den Nutzer. Der Hörer
18 ist in der gezeigten Ausführungsform ein Teil eines Ohrstücks 20, welches in den
Gehörgang des Nutzers eingesetzt wird. Alternativ ist der Hörer 18 im Gehäuse 12 angeordnet
und die Schallsignale, welche vom Hörer 18 erzeugt werden, werden über einen Schallschlauch
in den Gehörgang geleitet. Alternativ oder zusätzlich sind die Eingangssignale elektrische
Audiosignale, welche von einem geeigneten Abspielgerät an das Hörgerät 2 übermittelt
werden oder in dem Hörgerät 2 gespeichert sind.
[0040] Die Eingangssignale werden mittels einer nicht näher gezeigten Filterbank als Teil
der Signalverarbeitung 15 des Hörgeräts 2, d.h. vorliegend innerhalb der Steuereinheit
10, in mehrere Frequenzbänder aufgeteilt. Beispielsweise weist die Filterbank 48 Kanäle
auf und erzeugt entsprechend 48 Frequenzbänder. Ein jeweiliger Frequenzanteil f1 -
f8 wird dann dadurch unterdrückt, dass dasjenige Frequenzband unterdrückt wird, in
welchem der zu unterdrückende Frequenzanteil f1 - f8 liegt.
[0041] In Fig. 1 ist ein Hörgerät mit lediglich einem Einzelgerät gezeigt. In einer nicht
gezeigten Variante ist das Hörgerät 2 binaural ausgebildet und weist zwei Einzelgeräte
auf, z.B. wie in Fig. 1, je eines für eines der beiden Ohren des Nutzers.
[0042] Das Audiogramm 4 gibt allgemein frequenzabhängig eine Hörschwelle 22 des Nutzers
an und wird beispielsweise in einem entsprechenden Test- oder Kalibrierverfahren bestimmt.
Das Audiogramm 4 unterscheidet sich typischerweise von Nutzer zu Nutzer. Das in den
Fig. 2 bis 4 gezeigte Audiogramm 4 ist somit lediglich ein Beispiel aus einer Vielzahl
von möglichen Audiogrammen 4. Das gezeigt Audiogramm 4 gibt für jede Frequenz f eines
Frequenzspektrums von 10 Hz bis 20 kHz jeweils eine Hörschwelle 22 an, ab welcher
die jeweilige Frequenz f für den Nutzer hörbar ist, d.h. es wird frequenzabhängig
die nutzerspezifische Hörschwelle 22 angegeben. Die Hörschwelle 22 ist ein Pegel p,
also eine Amplitude. In den Fig. 2 bis 4 sind zudem durch jeweils mehrere vertikale
Pfeile diverse Frequenzanteile f1 - f8 dargestellt, welche jeweils einen bestimmten
Pegel p aufweisen. Die exemplarisch gezeigten Frequenzanteile f1 - f8 sind hier einzelne
Frequenzen, sind alternativ jedoch Frequenzbereiche mit mehreren Frequenzen. Die Hörschwellen
22 der diversen Frequenzen f bilden gemeinsam eine Hörkurve H. Wie aus den graphischen
Darstellungen der Fig. 2 bis 4 deutlich wird, teilt die Hörkurve H den durch die beiden
Dimensionen Pegel p und Frequenz f aufgespannten Raum in zwei Bereiche, nämlich einen
tatsächlich nicht hörbaren Bereich nB unterhalb der Hörkurve H und einen tatsächlich
hörbaren Bereich hB oberhalb der Hörkurve H.
[0043] Das Audiogramm 4 ist somit derart ausgebildet, dass sich anhand dessen bestimmen
lässt, welche Geräusche für den Nutzer hörbar sind und welche nicht hörbar sind. Ein
jeweiliges Geräusch besteht aus einem oder mehrere Frequenzanteilen f1 - f8, welche
hörbar oder nicht-hörbar sind oder eine Kombination hiervon. Ein Frequenzanteil f1
- f8 ist genau dann für den Nutzer hörbar, wenn dieser Frequenzanteil f1 - f8 einen
Pegel p aufweist, welcher die Hörschwelle 22 des Nutzers für diesen Frequenzbereich
überschreitet. Somit sind in Fig. 2 die Frequenzanteile f1 - f5 tatsächlich vom Nutzer
hörbar, die Frequenzanteile f6 - f8 dagegen nicht. In Fig. 3 sind die Frequenzanteile
f1, f2, f5 tatsächlich vom Nutzer hörbar, die Frequenzanteile f4, f6 dagegen nicht.
In Fig. 4 sind die Frequenzanteile f1 - f3 tatsächlich vom Nutzer hörbar, die Frequenzanteile
f4 - f6 dagegen nicht.
[0044] Die Geräuschunterdrückung 6 wird weiterhin selektiv betrieben, indem hörbare Frequenzanteile
f1 - f8 der Geräusche unterdrückt werden und nicht-hörbare Frequenzanteile f1 - f8
der Geräusche nicht unterdrückt werden. Die Geräuschunterdrückung 6 wird also selektiv
lediglich für solche Frequenzanteile f1 - f8 verwendet, für welche eine Unterdrückung
für den Nutzer auch einen hinreichenden Nutzen hat. Solche Frequenzanteile f1 - f8,
welche der Nutzer gar nicht hört, müssen auch nicht aktiv unterdrückt werden und werden
daher bei der Unterdrückung ausgelassen. Dabei werden nicht lediglich solche Frequenzanteile
f1 - f8 nicht unterdrückt, welche ohnehin außerhalb des akustischen Spektrums liegen,
also in den Fig. 2 und 4 unterhalb von 20 Hz und oberhalb von 20 kHz, sondern es wird
gezielt das individuelle Audiogramm 4 des Nutzers genutzt, um die Unterdrückung individuell
durchzuführen. So ist der Nutzer im gezeigten Ausführungsbeispiel gehörgeschädigt
und weist ein Hördefizit auf, bei welchem die Hörschwelle 22 etwa im Bereich von 1
kHz bis 2 kHz wenigstens etwa 100 dB beträgt. Geräusche bei diesen Frequenzen und
unterhalb dieser Hörschwelle 22 sind dann für den Nutzer nicht wahrnehmbar, d.h. sind
nicht hörbar, und werden daher nicht aktiv unterdrückt.
[0045] Alternativ ist der nicht Nutzer gehörgeschädigt im Sinne eines pathologischen Leidens.
Die Geräuschunterdrückung 6 ist allgemein eine personalisierte Geräuschunterdrückung
6. Insofern ist das Verfahren nicht lediglich für Hörgeräte 2 geeignet, welche z.B.
wie in Fig. 1 als Hörhilfegeräte ausgebildet sind, sondern auch für Kopfhörer, Headsets
und dergleichen, welche an sich zunächst nur Nutzgeräusche an den Nutzer ausgeben,
wobei aber diese Nutzgeräusche von anderen Gerauschen überlagert sind. Diese anderen
Geräusche werden dann mittels der Geräuschunterdrückung 6 nutzerspezifisch unterdrückt.
[0046] Welche Frequenzanteile f1 - f8 der Geräusche für den Nutzer hörbar sind und welche
nicht hörbar sind wird anhand des Audiogramms 4 bestimmt. Genauer gesagt: es wird
ermittelt, welche Frequenzanteile f1 - f8 auf Basis des Audiogramms 4 als hörbar oder
nicht angenommen werden können. Die Geräusche werden also anhand des vorbekannten
Audiogramms 4 in hörbare und nicht-hörbare Frequenzanteile f1 - f8 unterteilt. Ob
ein Frequenzanteil f1 - f8 anhand des Audiogramms 4 als hörbar und nicht-hörbar bestimmt
wird, kann sich prinzipiell je nach Art und Weise des selektiven Betriebs der Geräuschunterdrückung
6 davon unterscheiden, ob dieser tatsächlich hörbar oder nicht hörbar ist. Generell
ist jedoch das Ziel, die Geräuschunterdrückung derart selektiv zu betreiben, dass
durch Bestimmung anhand des Audiogramms 4 der Frequenzanteil f1 - f8 mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit korrekt als hörbar oder nicht hörbar identifiziert wird.
[0047] Vorliegend sind zwei Varianten besonders geeignet, um hörbare und nicht-hörbare Frequenzanteile
f1 - f8 zu unterscheiden und dadurch eine selektive Geräuschunterdrückung 6 zu realisieren.
Anhand von Fig. 2 wird eine Ausführungsform der ersten Variante erläutert, anhand
von Fig. 3 eine Ausführungsform der zweiten Variante, in der Ausführungsform nach
Fig. 4 sind beide Varianten miteinander kombiniert. In den Fig. 2 - 4 sind zudem exemplarisch
mehrere Frequenzanteile f1 - f8 gezeigt, welche ein oder mehrere Geräusche bilden.
Die gezeigten Frequenzanteile f1 - f8 stellen dabei die tatsächlich vorhandenen Geräusche
dar, also nicht die Geräusche, welche über den Hörer 18 an den Nutzer ausgegeben werden.
Diese tatsächlichen Geräusche gelangen regelmäßig direkt in den Gehörgang des Nutzers,
werden dabei aber unter Umständen aufgrund des Ohrstücks 18 noch abgeschwächt. Die
tatsächlichen Geräusche gelangen vorliegend zudem auch zum Mikrofon 16, werden mit
diesem aufgenommen, ggf. in der Steuereinheit 10 verarbeitet und über den Hörer 18
an den Nutzer ausgegeben.
[0048] In Fig. 2 wird gemäß der ersten Variante die Geräuschunterdrückung 6 amplitudenselektiv
betrieben, indem solche Frequenzanteile f6 - f8, welche einen Pegel p unterhalb der
jeweils zugehörigen Hörschwelle 22 aufweisen, nicht unterdrückt werden, sodass lediglich
solche Frequenzanteile f1 - f5 aktiv unterdrückt werden, in welchen der Pegel p oberhalb
der jeweils zugehörigen Hörschwelle 22 liegt. Hierzu wird der jeweilige Pegel p eines
Frequenzanteils f1 - f8 mit der zugehörigen Hörschwelle 22 des Audiogramms 4 verglichen
und diejenigen Frequenzanteile f1 - f5, welche einen Pegel p oberhalb der Hörschwelle
22 aufweisen, werden als hörbare Frequenzanteile f1 - f5 angesehen, wohingegen diejenigen
Frequenzanteile f6 - f8, welche einen Pegel p unterhalb der Hörschwelle 22 aufweisen,
als nicht-hörbare Frequenzanteile f6 - f8 angesehen werden. Es wird also nach dem
Pegel p, d.h. der Amplitude der Frequenzanteile f1 - f8 relativ zum Audiogramm 4,
genauer gesagt relativ zur Hörkurve H, unterschieden. Dadurch erfolgt während des
Verfahrens eine aktive Unterdrückung der Geräusche erst oberhalb der Hörkurve H und
nicht schon unnötigerweise unterhalb davon.
[0049] Zusätzlich wird im Beispiel der Fig. 2 noch ein Maximalpegel 24 vorgegeben, welcher
eine Leistungsgrenze des Hörgeräts 2 angibt, und solche Frequenzanteile f4, f5, deren
Pegel p oberhalb des Maximalpegels 24 liegt, werden nicht unterdrückt. Der Maximalpegel
24 gibt an, ab welchem Pegel p eine Unterdrückung des jeweiligen Frequenzanteils f1
- f8 aufgrund von technischen Beschränkungen des Hörgeräts 2 nicht mehr sinnvoll oder
nicht mehr möglich ist. Solche technischen Beschränkungen ergeben sich z.B. aus einer
Maximalleistung des Hörers 18 oder einer Endstufe des Hörgeräts 2. Da oberhalb des
Maximalpegels 24 also mit dem Hörgerät 2 eine effektive Unterdrückung nicht durchgeführt
werden kann, sondern sich vielmehr automatisch aufgrund des Überschreitens der Leistungsgrenze
ergibt, wird in diesem Fall auf eine Unterdrückung verzichtet und die Frequenzanteile
f4, f5 bleiben von der Geräuschunterdrückung 6 ausgenommen, obwohl diese vorliegend
hörbar sind. Bei der Ausgabe sind diese Frequenzanteile f4, f5 jedoch automatisch
aufgrund der Leistungsgrenze auf den Maximalpegel 24 reduziert. Wie aus Fig. 2 deutlich
wird, liegt der Maximalpegel 24 regelmäßig oberhalb der jeweiligen Hörschwelle 22.
Dies ist aber nicht zwingend. Vorliegend ist der Maximalpegel 24 konstant für alle
Frequenzen f, in einer nicht gezeigten Variante ist der Maximalpegel 24 dagegen frequenzabhängig.
Die Verwendung eines Maximalpegels 24 wie beschrieben ist unabhängig von der beschriebenen
amplitudenselektiven Geräuschunterdrückung 6 und kann auch ausgelassen werden.
[0050] In Fig. 3 wird gemäß der zweiten Variante die Geräuschunterdrückung 6 frequenzselektiv
betrieben. Hier weist das Audiogramm 4 zudem einen oder mehrere Totbereiche 26 auf,
innerhalb welchen die Hörschwelle 22 jeweils oberhalb eines Mindestpegels 28 liegt.
Der frequenzselektive Betrieb ist nun derart realisiert, dass solche Frequenzanteile
f4, welche innerhalb eines Totbereichs 26 des Audiogramms 4 liegen, nicht unterdrückt
werden, sodass lediglich solche Frequenzanteile f1 - f3, f5, f6 aktiv unterdrückt
werden, welche nicht innerhalb eines Totbereichs 26 des Audiogramms 4 liegen. Ein
jeweiliger Totbereich 26 kennzeichnet somit einen Frequenzbereich, auf welchem der
Nutzer besonders schlecht hört. In den Totbereichen 26 erfolgt dann generell keine
Unterdrückung der Geräusche, unabhängig vom Pegel p, d.h. unabhängig davon, ob der
Pegel p ober oder unterhalb der Hörschwelle 22 liegt. Jegliche Frequenzanteile f4,
welche innerhalb eines Totbereichs 26 liegen, werden als nicht-hörbar angesehen und
auch nicht unterdrückt. Frequenzanteile f1 - f3, f4, f5, welche jedoch außerhalb sämtlicher
Totbereiche 26 liegen, werden als hörbar angesehen und aktiv unterdrückt.
[0051] Allgemein erstreckt sich ein Totbereich 26 des Audiogramms 4 beginnend bei einer
unteren Frequenz bis abschließend zu einer oberen Frequenz. Zwischen diesen beiden
Frequenzen liegt die Hörschwelle 22 durchgängig oberhalb des Mindestpegels 28. In
Fig. 3 sind insgesamt drei Totbereiche 26 gezeigt, wobei die beiden äußeren Totbereiche
26 am Rand des akustischen Spektrums liegen und lediglich natürliche Totbereiche 26
sind, also Totbereiche 26 im allgemeinen Sinne und somit nicht unbedingt auf ein Hördefizit
zurückzuführen. Der mittlere Totbereich 26 ist dagegen ein Hördefizit-Totbereich,
d.h. auf ein Hördefizit des Nutzers zurückzuführen und daher ein Totbereich 26 im
speziellen Sinne. Während allgemeine Totbereiche 26 am Rand liegen und dort die Hörkurve
H sozusagen zu hohen Pegeln p hin ausläuft, kann im Gegensatz hierzu ein spezieller
Totbereich 26 ein lokales Maximum 30 der Hörschwelle 22 aufweisen und das lokale Maximum
30 gleichsam einrahmen, wie dies in Fig. 3 für den mittleren Totbereich 26 der Fall
ist.
[0052] Anhand von Fig. 4 wird nun deutlich, dass der amplitudenselektive und der frequenzselektive
Betrieb der Geräuschunterdrückung 6 auch kombinierbar sind. Durch Überlappung dieser
beiden Konzepte sind dann im Audiogramm ein oder mehrere Aktivregionen 32 derart ausgebildet,
dass lediglich diejenigen Frequenzanteile f1 - f3 unterdrückt werden, welche sowohl
außerhalb der Totbereiche 26 liegen als auch oberhalb der jeweiligen Hörschwelle 22,
wohingegen die übrigen Frequenzbereiche f4 - f6 nicht aktiv unterdrückt werden, da
diese ohnehin nicht vom Nutzer wahrgenommen werden. Wie aus Fig. 4 deutlich wird,
ergeben sich die Aktivregionen 32 als Differenzmenge des hörbaren Bereichs hB und
der Totbereiche 26.
[0053] In den Fig. 2 - 4 gibt das Audiogramm 4 die Hörschwelle 22 in einem Frequenzbereich
von 10 Hz bis 20 kHz an, umfasst also ein Gesamtfrequenzspektrum, welches dem akustischen
Spektrum entspricht. An den Rändern des Audiogramms, also insbesondere unterhalb von
20 Hz und oberhalb von 16 kHz ist die Hörfähigkeit der meisten Menschen wie bereits
angedeutet regelmäßig schlecht, unabhängig davon, ob diese hörgeschädigt sind oder
nicht. Die Hörschwelle 22 liegt hier typischerweise oberhalb von 90 dB, sodass sich
hier natürliche Totbereiche 26 ergeben. Zusätzlich ist es sinnvoll, solche Frequenzbereiche,
in welchen überwiegend Nutzsignale zu erwarten sind, von vornherein von der Geräuschunterdrückung
6 auszunehmen, sofern diese Nutzsignale nicht ohnehin schon vom Hörgerät 2 zuvor abgetrennt
und gesondert weiterverarbeitet werden. In einer nicht explizit gezeigten Variante
wird z.B. ein Frequenzbereich für Sprache ähnlich wie die Totbereiche 26 von der Geräuschunterdrückung
6 nicht unterdrückt, unabhängig davon, ob der Nutzer hier gut oder schlecht hört.
Sprache stellt üblicherweise ein Nutzsignal dar, welches daher möglichst nicht von
der Geräuschunterdrückung 6 ausgelöscht wird. Ein geeigneter Frequenzbereich für Sprache
erstreckt sich von 300 Hz bis 5 kHz oder über einen Teilbereich hiervon.
[0054] Im gezeigten Ausführungsbeispiel der Fig. 1 weist die aktive Geräuschunterdrückung
6 eine aktive Störgeräuschunterdrückung (kurz ANC) auf, genauer gesagt, ist also eine
solche ausgebildet. Entsprechend unterdrückt die Geräuschunterdrückung 6 Störgeräusche
aus der Umgebung dadurch, dass die Störgeräusche mit einem oder beiden der äußeren
Mikrofone 16 des Hörgeräts 2 aufgenommen werden und invertiert über den Hörer 18 des
Hörgeräts 2 ausgegeben werden.
[0055] In einer nicht gezeigten Variante weist die aktive Geräuschunterdrückung 6 eine aktive
Okklusionsreduzierung (kurz AOR) auf oder ist als eine solche ausgebildet, und unterdrückt
Störgeräusche, welche sich aus einer Okklusion eines Gehörgangs des Nutzers ergeben,
dadurch, dass die Störgeräusche mit einem inneren Mikrofon 34 des Hörgeräts 2 im Gehörgang
des Nutzers aufgenommen werden und invertiert über den Hörer 18 des Hörgeräts 2 ausgegeben
werden. In Fig. 1 ist ein inneres Mikrofon 34 als Teil des Ohrstücks 18 gezeigt. Ohne
AOR ist das innere Mikrofon 34 lediglich optional.
Bezugszeichenliste
[0056]
- 2
- Hörgerät
- 4
- Audiogramm
- 6
- Geräuschunterdrückung
- 8
- Energiespeicher
- 10
- Steuereinheit
- 12
- Gehäuse
- 14
- Speicher
- 15
- Signalverarbeitung
- 16
- äußeres Mikrofon
- 18
- Hörer
- 20
- Ohrstück
- 22
- Hörschwelle
- 24
- Maximalpegel
- 26
- Totbereich
- 28
- Mindestpegel
- 30
- lokales Maximum
- 32
- Aktivregion
- 34
- inneres Mikrofon
- f
- Frequenz
- f1 - f8
- Frequenzanteil
- H
- Hörkurve
- hB
- tatsächlich hörbarer Bereich
- nB
- tatsächlich nicht hörbarer Bereich
- p
- Pegel
1. Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts (2),
wobei das Hörgerät (2) eine aktive Geräuschunterdrückung (6) aufweist, zur Unterdrückung
von Geräuschen, welche einen oder mehrere Frequenzanteile (f1 - f8) aufweisen,
wobei ein Audiogramm (4) bereitgestellt ist, welches frequenzabhängig eine Hörschwelle
(22) eines Nutzers des Hörgeräts (2) angibt,
wobei anhand des Audiogramms (4) bestimmt wird, welche Frequenzanteile (f1 - f8) der
Geräusche für den Nutzer hörbar sind und welche nicht-hörbar sind,
wobei die Geräuschunterdrückung (6) selektiv betrieben wird, indem hörbare Frequenzanteile
(f1 - f8) der Geräusche unterdrückt werden und nicht-hörbare Frequenzanteile (f1 -
f8) der Geräusche nicht unterdrückt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
wobei die Geräuschunterdrückung (6) amplitudenselektiv betrieben wird, indem solche
Frequenzanteile (f1 - f8), welche einen Pegel (p) unterhalb der Hörschwelle (22) aufweisen,
nicht unterdrückt werden, sodass lediglich solche Frequenzanteile (f1 - f8) aktiv
unterdrückt werden, in welchen der Pegel (p) oberhalb der Hörschwelle (22) liegt.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
wobei ein Maximalpegel (24) vorgegeben ist, welcher eine Leistungsgrenze des Hörgeräts
(2) angibt,
wobei solche Frequenzanteile (f1 - f8), deren Pegel (p) oberhalb des Maximalpegels
(24) liegt, nicht unterdrückt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
wobei das Audiogramm (4) einen oder mehrere Totbereiche (26) aufweist, innerhalb welchen
die Hörschwelle (22) jeweils oberhalb eines Mindestpegels (28) liegt,
wobei die Geräuschunterdrückung (6) frequenzselektiv betrieben wird, indem solche
Frequenzanteile (f1 - f8), welche innerhalb eines Totbereichs (26) des Audiogramms
(4) liegen, nicht unterdrückt werden, sodass lediglich solche Frequenzanteile (f1
- f8) aktiv unterdrückt werden, welche nicht innerhalb eines Totbereichs (26) des
Audiogramms (4) liegen.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
wobei innerhalb wenigstens eines Totbereichs (26) ein lokales Maximum (30) der Hörschwelle
(22) liegt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
wobei die aktive Geräuschunterdrückung (6) eine aktive Störgeräuschunterdrückung aufweist,
welche Störgeräusche aus der Umgebung dadurch unterdrückt, dass die Störgeräusche
mit einem äußeren Mikrofon (16) des Hörgeräts (2) aufgenommen werden und invertiert
über einen Hörer (18) des Hörgeräts (2) ausgegeben werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
wobei die aktive Geräuschunterdrückung (6) eine aktive Okklusionsreduzierung aufweist,
welche Störgeräusche, welche sich aus einer Okklusion eines Gehörgangs des Nutzers
ergeben, dadurch unterdrückt, dass die Störgeräusche mit einem inneren Mikrofon (34)
des Hörgeräts (2) im Gehörgang des Nutzers aufgenommen werden und invertiert über
einen Hörer (18) des Hörgeräts (2) ausgegeben werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
wobei das Audiogramm (2) die Hörschwelle (22) in einem Frequenzbereich von wenigstens
10 Hz bis höchstens 20 kHz angibt.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
wobei ein Frequenzbereich für Sprache von der Geräuschunterdrückung (6) nicht unterdrückt
wird.
10. Hörgerät (2),
welches eine Steuereinheit (10) aufweist, welche ausgebildet ist zur Durchführung
eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9.
11. Hörgerät (2) nach Anspruch 10,
welches als Hörhilfegerät ausgebildet ist und hierzu eine Signalverarbeitung (15)
aufweist, zur Modifizierung von Eingangssignalen zwecks Ausgleich eines Hördefizits
des Nutzers.