[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts sowie ein Hörgerät.
[0002] Ein Hörgerät dient allgemein zur Ausgabe von Schall an einen Nutzer des Hörgeräts.
Hierzu weist ein Hörgerät zunächst ein Mikrofon auf, mit welchem Schall aus der Umgebung,
d.h. Umgebungsschall, aufgenommen wird. Dadurch wird ein elektrisches Eingangssignal
erzeugt, welches zur weiteren Bearbeitung einer Signalverarbeitung zugeführt wird.
Diese erzeugt dann ein elektrisches Ausgangssignal, welches über einen Hörer des Hörgeräts
an den Nutzer als Schall ausgegeben wird. Ein Hörgerät wird typischerweise vom Nutzer
im oder am Ohr getragen.
[0003] Eine spezielle Ausgestaltung eines Hörgeräts ist ein Hörgerät zum Ausgleich eines
Hördefizits eines hörgeschädigten Nutzers. Bei einem solchen Hörgerät wird das Eingangssignal
in der Signalverarbeitung anhand eines individuellen Audiogramms des Nutzers modifiziert
und dabei typischerweise verstärkt, um das Hördefizit auszugleichen.
[0004] Das Verhalten des Hörgeräts ist üblicherweise durch einen oder mehrere Betriebsparameter
charakterisiert, welche situationsabhängig einstellbar sind, um in verschiedenen Umgebungssituationen
ein möglichst optimales Hörerlebnis zu gewährleisten. Um das Hörgerät situationsabhängig
einzustellen, ist es erforderlich, die Umgebungssituation zu charakterisieren oder
zu klassifizieren. Ein wichtiger Parameter hierfür ist das Signal-zu-Rausch-Verhältnis
der Umgebung, d.h. das Verhältnis von Nutzsignal zu Störsignal. Ein Nutzsignal ist
ein Signal, welches für den Nutzer von Interesse ist und daher möglichst deutlich
an diesen ausgegeben werden soll, beispielsweise die Stimme eines Sprechers, mit welchem
der Nutzer sich unterhält. Ein Störsignal ist hingegen ein Signal, welches unterdrückt
werden soll, da es das Nutzsignal überdeckt und somit dessen Verständlichkeit negativ
beeinflusst. Beispiele für Störsignale sind sogenannter "babble noise", Hintergrundgeräusche,
andere Sprecher, mit welchen der Nutzer sich nicht unterhält sowie Umwelt- oder Maschinengeräusche.
[0005] Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis ist nicht ohne Weiteres zugänglich, da zu dessen
Berechnung die Pegel des Nutzanteils und des Störanteils separat ermittelt werden
müssen, um anschließend deren Verhältnis zu bestimmen. Da Nutzsignale und Störsignale
aber gleichzeitig vorliegen, überlagern sich diese und werden vom Mikrofon gemeinsam
aufgenommen. Im Eingangssignal ist somit üblicherweise sowohl ein Nutzanteil als auch
ein Störanteil vorhanden. Eine Trennung dieser beiden Anteile zwecks Berechnung des
Signal-zu-Rausch-Verhältnisses ist nicht ohne Weiteres möglich. Eine näherungsweise
Berechnung mittels anderer Größen, welche besser zugänglich sind, ist unter Umständen
stark fehlerbehaftet.
[0006] Vor diesem Hintergrund ist es eine Aufgabe der Erfindung ein verbessertes Verfahren
zum Betrieb eines Hörgeräts anzugeben sowie ein entsprechendes Hörgeräts. Speziell
soll die Bestimmung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses in der Umgebung verbessert
werden. Insbesondere soll eine möglichst gute Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
vorgenommen werden. Die Schätzung soll insbesondere ohne eine explizite Trennung von
Nutzanteil und Störanteil auskommen.
[0007] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß
Anspruch 1 sowie durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Anspruch 14. Vorteilhafte
Ausgestaltungen, Weiterbildungen und Varianten sind Gegenstand der Unteransprüche.
Dabei gelten die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Verfahren sinngemäß auch für
das Hörgerät und umgekehrt. Sofern nachfolgend Verfahrensschritte beschrieben werden,
ergeben sich vorteilhafte Ausgestaltungen für das Hörgerät insbesondere dadurch, dass
dieses ausgebildet ist, einen oder mehrere dieser Verfahrensschritte auszuführen.
[0008] Das Verfahren dient zum Betrieb eines Hörgeräts und ist demnach ein Betriebsverfahren.
Während des Verfahrens wird das Hörgerät insbesondere von einem Nutzer im oder am
Ohr getragen und zur Ausgabe von Umgebungsschall genutzt. Das Hörgerät weist ein Mikrofon
auf, mittels welchem Umgebungsschall aufgenommen wird und in ein Eingangssignal umgewandelt
wird. Das Mikrofon ist vorzugsweise ein omnidirektionales Mikrofon, d.h. kein Richtmikrofon,
und weist somit insbesondere keine Vorzugsrichtung zur Aufnahme von Schall auf. Analog
hierzu ist das Eingangssignal vorzugsweise ein omnidirektionales Signal. Der Umgebungsschall
ist ein akustisches Signal. Das Eingangssignal ist ein elektrisches Signal. Das Eingangssignal
weist einen Nutzanteil und einen Störanteil auf. Der Nutzanteil ist ein Signal, welches
für den Nutzer von Interesse ist und daher möglichst deutlich an diesen ausgegeben
werden soll. Der Störanteil ist hingegen ein Signal, welches unterdrückt werden soll,
da es den Nutzanteil überdeckt und somit dessen Verständlichkeit negativ beeinflusst.
Das Hörgerät weist weiterhin vorzugsweise eine Signalverarbeitung auf, welcher das
Eingangssignal zur weiteren Bearbeitung zugeführt wird. Die Signalverarbeitung erzeugt
dann ein elektrisches Ausgangssignal, welches über einen Hörer des Hörgeräts an den
Nutzer als Schall ausgegeben wird.
[0009] Bei dem Verfahren wird eine Stationarität des Eingangssignals bestimmt. Hierzu weist
das Hörgerät und insbesondere dessen Signalverarbeitung zweckmäßigerweise einen Stationaritätsdetektor
auf, welchem das Eingangssignal zugeführt wird und welcher die Stationarität ausgibt.
Unter Stationarität wird allgemein ein Maß für die Variabilität eines Signals im Verlauf
der Zeit verstanden. Ein Signal, welches sich mit der Zeit wenig ändert, weist eine
höhere Stationarität auf als ein Signal, welches sich im Vergleich dazu stärker ändert.
Die Stationarität eines Signals allgemein wird beispielsweise dadurch gemessen, dass
die zeitliche Änderung eines Frequenzspektrums des Signals gemessen wird und daraus
dann ein Wert für die Stationarität abgeleitet wird. Je weniger und je langsamer sich
das Frequenzspektrum ändert, desto höher ist die Stationarität. Alternativ oder zusätzlich
wird das Signal, speziell dessen Frequenzspektrum, auf ein oder mehrere vorgegebene
Merkmale untersucht und abhängig vom Vorliegen oder von der Ausgeprägtheit dieser
Merkmale die Stationarität bestimmt.
[0010] Bei dem Verfahren wird ein Signal-zu-Rausch-Verhältnis des Eingangssignals abhängig
von einem Skalierungsfaktor bestimmt, vorzugsweise fortlaufend. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis
wird kurz auch lediglich als SNR bezeichnet. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis ist ein
Maß für die relativen Anteile des Nutzanteils und des Störanteils im gesamten Eingangssignal
und somit auch im Umgebungsschall. Der Skalierungsfaktor wird stationaritätsabhängig
bestimmt, nämlich anhand einer Funktion, welche den Skalierungsfaktor in Abhängigkeit
der Stationarität des Eingangssignals angibt. Die Funktion ist beispielsweise in einem
Speicher des Hörgeräts, speziell der Signalverarbeitung, hinterlegt. Die Funktion
weist für den Skalierungsfaktor vorzugsweise einen Wertebereich von 0 bis 1 auf, besonders
bevorzugt von 0,5 bis 1. Mit anderen Worten: die Funktion gibt vorzugsweise einen
Wert im Bereich von 0 bis 1 zurück, besonders bevorzugt von 0,5 bis 1. Andere Wertebereiche
sind grundsätzlich auch möglich und geeignet.
[0011] Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis wird zweckmäßigerweise im Betrieb des Hörgeräts dazu
genutzt, dieses situationsabhängig und somit möglichst optimal einzustellen. Mit anderen
Worten: abhängig vom Signal-zu-Rausch-Verhältnis wird zweckmäßigerweise ein Betriebsparameter
des Hörgeräts eingestellt. Vorzugsweise wird das Signal-zu-Rausch-Verhältnis vor einer
Verwendung noch geglättet, z.B. mittels einer zeitlichen, insbesondere rollierenden
Mittelwertbildung.
[0012] Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung ist der stationaritätsabhängige Skalierungsfaktor,
durch dessen Verwendung das Signal-zu-Rausch-Verhältnis abhängig von der Stationarität
des Eingangssignals bestimmt wird. Auf diese Weise ist die Bestimmung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
deutlich präziser und es wird eine verbesserte Einstellung des Hörgeräts realisiert.
[0013] Die Erfindung geht zunächst davon aus, dass im Eingangssignal sowohl ein Nutzanteil
als auch ein Störanteil enthalten sind und dass diese beiden Anteile zunächst nicht
getrennt zur Berechnung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses zur Verfügung stehen. Daher
wird vorliegend das Signal-zu-Rausch-Verhältnis anhand des Eingangssignals bestimmt,
genauer gesagt geschätzt. Das mit dem Verfahren bestimmte Signal-zu-Rausch-Verhältnis
entspricht also nicht zwingend dem tatsächlichen Signal-zu-Rausch-Verhältnis, sondern
stellt eine Schätzung dar. Mit anderen Worten: das Signal-zu-Rauschverhältnis wird
insbesondere ohne genaue Kenntnis des Nutzanteils und des Störanteils näherungsweise
errechnet.
[0014] Umgebungen mit einem hohen Störanteil sind typischerweise entsprechend laut, d.h.
das entsprechende Eingangssignal weist einen hohen Pegel auf. Bei einem solch hohen
Pegel ist häufig, jedoch nicht zwingend, der Störanteil relativ zum Nutzanteil groß,
sodass also das Signal-zu-Rausch-Verhältnis gering ist. In erster Näherung kann somit
durch eine einfache Pegelmessung am Eingangssignal eine grobe Einschätzung des wahrscheinlich
vorliegenden Signal-zu-Rausch-Verhältnisses gewonnen werden. Dieser Ansatz ist jedoch
problematisch, da auch Situationen möglich sind, in welchen der Störanteil gering
ist, der Nutzanteil selbst jedoch demgegenüber sehr laut. Dann ist zwar das Signal-zu-Rausch-Verhältnis
hoch, der Pegel jedoch auch, sodass die Einschätzung anhand der einfachen Pegelmessung
entsprechend fehlerhaft ist.
[0015] Das oben genannte Problem sei nachfolgend anhand eines konkreten Anwendungsfalls
beschrieben: in einer zweckmäßigen Ausgestaltung wird eine Direktionalität des Hörgeräts
abhängig vom Signal-zu-Rausch-Verhältnis eingestellt. Direktionalität bezeichnet allgemein
ein Fokussieren des Hörgeräts auf eine bestimmte Hörrichtung unter Abschwächung oder
Ausblendung anderer Richtungen. Hierzu wird beispielsweise ein Beamformer verwendet,
welcher eine Richtkeule aufweist, mit einer einstellbaren Breite. Die Breite der Richtkeule
wird nun abhängig vom Signal-zu-Rausch-Verhältnis eingestellt. Je niedriger das Signal-zu-Rausch-Verhältnis
ist, desto kleiner wird die Breite eingestellt, sodass nur noch Signale an den Nutzer
ausgegeben werden, welche aus einer bestimmten Richtung stammen und überwiegend Nutzsignale
sind. Dadurch werden Störsignale aus anderen Richtungen ausgeblendet. Falls nun ein
einzelner Sprecher in einer ansonsten leisen Umgebung sehr laut spricht, wird jedoch
aufgrund des hohen Pegels eine geringe Breite und somit eine hohe Direktionalität
eingestellt, obwohl dies an sich nicht notwendig ist. Dadurch gehen Signale außerhalb
der Richtkeule verloren, obwohl diese vorteilhaft zu einem insgesamt natürlicheren
Hörerlebnis beitragen würden, ohne die Verständlichkeit des Nutzanteils zu stark zu
beeinträchtigen.
[0016] Vorliegend wird das Signal-zu-Rausch-Verhältnis geschätzt und dabei zusätzlich die
Stationarität des Eingangssignals berücksichtigt, sodass die Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
insgesamt verbessert ist. Die Schätzung erhält mit der Stationarität sozusagen eine
zusätzliche Dimension, welche eine Unterscheidung und Klassifikation der Umgebungssituation
ermöglicht. Konkret angewandt auf den oben beispielhaft beschriebenen Anwendungsfall
bedeutet dies: Falls der Störanteil gering ist, der Nutzanteil allerdings sehr laut,
ist die Stationarität des Eingangssignals insgesamt gering, wohingegen im Fall eines
lauten Störanteils die Stationarität im Vergleich dazu hoch ist. Trotz eines ähnlichen
Pegels, können dann Situationen mit stark unterschiedlichem tatsächlichem Signal-zu-Rausch-Verhältnis
zuverlässig unterschieden werden und die Umgebung wird korrekt klassifiziert. Das
geschätzte Signal-zu-Rausch-Verhältnis wird entsprechend mittels des Skalierungsfaktors
angepasst und entspricht dann eher dem tatsächlichen Signal-zu-Rausch-Verhältnis.
Abseits des explizit genannten Anwendungsfalls, ist somit jegliche Einstellung des
Hörgeräts, welche abhängig vom Signal-zu-Rausch-Verhältnis durchgeführt wird, deutlich
verbessert.
[0017] Wie das Signal-zu-Rausch-Verhältnis konkret errechnet wird, ist für das grundlegende
Konzept zunächst nicht wesentlich, vielmehr kommt es zunächst nur darauf an, dass
die Stationarität berücksichtigt wird. Hinsichtlich der Berechnung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
ist jedoch eine Ausgestaltung besonders bevorzugt, bei welcher ein Eingangspegel des
Eingangssignals gemessen wird und bei welcher ein geschätzter Störanteil des Eingangssignals
bestimmt wird. Der geschätzte Störanteil wird mit dem Skalierungsfaktor multipliziert,
sodass sich ein skalierter, geschätzter Störanteil ergibt. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis
wird dann errechnet, indem eine Differenz aus dem Eingangspegel und dem skalierten,
geschätzten Störanteil gebildet wird und indem das Signal-zu-Rausch-Verhältnis als
Verhältnis der Differenz zum skalierten, geschätzten Störanteil errechnet wird. Dieses
Vorgehen wird durch die nachfolgende Formel ausgedrückt:

[0018] Dabei ist E = S+N der Eingangspegel, welcher zusammengesetzt ist aus dem Nutzanteil
S (signal) und dem Störanteil N (noise). Der Skalierungsfaktor ist mit sc bezeichnet,
der geschätzte Störanteil mit N_est. Der skalierte, geschätzte Störanteil entspricht
demnach sc*N_est.
[0019] Sowohl der Eingangspegel als auch der geschätzte Störanteil werden direkt aus dem
Eingangssignal abgeleitet, insbesondere ohne Kenntnis des Nutzanteils und des Störanteils
für sich genommen, d.h. eine Trennung von Störanteil und Nutzanteil erfolgt nicht.
[0020] Grundsätzlich ist es möglich, das Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu bestimmen, indem
das Verhältnis von Eingangspegel zu geschätztem Störanteil berechnet wird, sodass
der Eingangspegel als Näherung für den tatsächlichen Nutzanteil verwendet wird und
der geschätzte Störanteil als Näherung für den tatsächlichen Störanteil:

[0021] Für einen gegenüber dem Störanteil sehr geringen Nutzanteil, d.h. für S « N, und
unter der Annahme, dass der Störanteil in etwa dem geschätzten Störanteil entspricht,
d.h. N ≈ N_est, liefert diese Formel lediglich positive Werte für das Signal-zu-Rausch-Verhältnis,
gemessen in dB. Mit anderen Worten: Fälle mit einem negativen Signal-zu-Rausch-Verhältnis
(in dB) können nicht dargestellt werden.
[0022] Die Darstellung eines negativen Signal-zu-Rausch-Verhältnisses ist hingegen möglich
in einer vorteilhaften Ausgestaltung, bei welcher vom Eingangssignal der geschätzte
Störanteil zunächst subtrahiert wird:

[0023] Zusätzlich wird zweckmäßigerweise der stationaritätsabhängige Skalierungsfaktor angewendet,
um den Anteil und Einfluss des geschätzten Störanteils einzustellen, sodass sich die
oben bereits genannte Formel ergibt:

[0024] In einer ebenfalls geeigneten Variante wird der Skalierungsfaktor im Nenner ausgelassen
und der geschätzte Nutzanteil im Zähler wird lediglich durch den geschätzten Störanteil
geteilt. Die Verwendung des Skalierungsfaktors im Nenner führt zwar zu einem zusätzlichen
Offset, welcher jedoch gering ist. Demgegenüber steht eine vorteilhaft vereinfachte
Handhabung und Implementierung der Berechnung durch die Verwendung des Skalierungsfaktors
im Nenner, da dann zur Berechnung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses lediglich zwei
Größen benötigt werden, nämlich der Eingangspegel und der skalierte, geschätzte Störanteil.
[0025] Durch den Skalierungsfaktor lässt sich das Signal-zu-Rausch-Verhältnis genauer bestimmen
und mit geringerem Fehler schätzen. Falls der Nutzanteil größer ist als der Störanteil,
wird zweckmäßigerweise keine oder lediglich eine geringe Korrektur mittels des Skalierungsfaktors
vorgenommen. Je geringer jedoch der Nutzanteil gegenüber dem Störanteil ist, desto
höher ist die Stationarität des Eingangssignals insgesamt und desto mehr ist dieses
vom Störanteil dominiert. Hier wird ein stärkerer Ausgleich benötigt, um gegebenenfalls
auch ein negatives Signal-zu-Rausch-Verhältnis darzustellen. Entsprechend wird mit
größerer Stationarität ein größerer Skalierungsfaktor angewendet, sodass die Schätzung
des Nutzanteils, welcher durch den Zähler (S + N - sc*N_est) ausgedrückt wird, stärker
nach unten korrigiert wird.
[0026] Bevorzugterweise weist das Hörgerät einen ersten Pegelmesser auf, mit welchem der
Eingangspegel bestimmt wird, und einen insbesondere separaten, zweiten Pegelmesser,
mit welchem der geschätzte Störanteil bestimmt wird. Das Eingangssignal wird demnach
zwei unterschiedlichen Pegelmessern zugeführt. Die Pegelmesser sind insbesondere Teile
der Signalverarbeitung. Mit dem einen Pegelmesser wird der Eingangspegel gemessen,
mit dem anderen Pegelmesser wird der Störanteil im Eingangssignal geschätzt, indem
der zweite Pegelmesser derart eingestellt ist, dass dieser vorrangig den Pegel des
Störanteils misst, also auf den Nutzanteil weniger stark anspricht als auf den Störanteil.
Die beiden Pegelmesser sind demnach unterschiedlich konfiguriert, um an dem gleichen
Signal, nämlich dem Eingangssignal, unterschiedliche Pegelmessungen durchzuführen.
[0027] Insgesamt werden somit zur Bestimmung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses lediglich
zwei Pegelmesser und ein Stationaritätsdetektor benötigt, welchen jeweils lediglich
das Eingangssignal zugeführt wird. In einer zweckmäßigen und besonders einfachen Ausgestaltung
wird dann das Signal-zu-Rausch-Verhältnis lediglich mittels zweier Pegelmessungen
und einer Stationaritätsmessung am Eingangssignal ermittelt. In einer vorteilhaften
Weiterbildung kommen noch ein oder mehrere weitere Messungen hinzu.
[0028] In einer geeigneten Ausgestaltung wird der geschätzte Störanteil mit einem Pegelmesser
bestimmt, welcher mit zwei asymmetrischen Zeitkonstanten betrieben wird. Dieser Pegelmesser
ist insbesondere der zuvor genannte zweite Pegelmesser zur Bestimmung des geschätzten
Störanteils. Durch die Verwendung eines solchen asymmetrischen Pegelmessers wird die
Pegelmessung am Eingangssignal verzerrt und auf den Störanteil fokussiert.
[0029] Besonders vorteilhaft ist eine Ausgestaltung, bei welcher der Pegelmesser, d.h. insbesondere
der zweite Pegelmesser, mit einer Einschwingzeit (attack) betrieben wird, welche größer
ist als eine Ausschwingzeit (release) des Pegelmessers. Ein solcher Pegelmesser mit
langsamer Einschwingzeit und schneller Ausschwingzeit wird auch als "minimum tracker"
bezeichnet. Die Einschwingzeit und die Ausschwingzeit sind jeweils eine Zeitkonstante
des Pegelmessers. Durch die im Vergleich zur Ausschwingzeit größere, d.h. längere
Einschwingzeit ist beim Ansprechen des Pegelmessers eine entsprechende Trägheit realisiert,
welche dazu führt, dass der Nutzanteil, welcher im Vergleich zum Störanteil als weniger
stationär oder sogar als nicht-stationär angenommen wird, zur Pegelmessung weniger
beiträgt als der Störanteil, welcher als stationär im Vergleich zum Nutzanteil angenommen
wird.
[0030] Die Funktion, welche den Skalierungsfaktor in Abhängigkeit der Stationarität des
Eingangssignals angibt, ist vorzugsweise derart ausgebildet, dass mit größerer Stationarität
des Eingangssignals ein größerer Skalierungsfaktor bestimmt wird. Mit anderen Worten:
für eine größere Stationarität gibt die Funktion einen größeren Skalierungsfaktor
zurück. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Nutzanteil eher nicht-stationär
ist im Vergleich zum Störanteil und umgekehrt, dass der Störanteil eher stationär
ist im Vergleich zum Nutzanteil. Eine größere Stationarität indiziert somit ein schlechteres,
d.h. geringeres Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Mit größerer Stationarität des Eingangssignals
ist demnach der Anteil des Nutzanteils am Eingangssignal geringer, sodass eine größere
Korrektur erforderlich ist, welche durch den größeren Skalierungsfaktor dann realisiert
ist. In einer besonders einfachen Ausgestaltung ist die Funktion linear oder alternativ
abschnittsweise linear und ansonsten konstant.
[0031] Die Funktion ist beispielsweise als Rechenvorschrift oder als Tabelle in einem Speicher
des Hörgeräts, speziell der Signalverarbeitung hinterlegt.
[0032] In einer zweckmäßigen Ausgestaltung ist die Funktion mittels einer Eichmessung vorgegeben.
Bei der Eichmessung wird für verschiedene Verhältnisse von einem Nutzanteil und einem
Störanteil ein tatsächliches Signal-zu-Rausch-Verhältnis bestimmt und dieses mit dem
errechneten Signal-zu-Rausch-Verhältnis verglichen. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis
wird vorzugsweise mit der oben genannten Formel errechnet, sodass dann der Skalierungsfaktor
als Variable verbleibt und bestimmt wird, insbesondere gemäß folgender oder einer
ähnlichen Formel:

Es wird also ein bekannter Störanteil mit einem bekannten Nutzanteil gemischt, um
ein Eingangssignal zu erhalten, dessen tatsächlicher Störanteil und tatsächlicher
Nutzanteil somit bekannt sind. Dann wird das tatsächliche Signal-zu-Rausch-Verhältnis
gemäß SNR = S/N bestimmt und mit dem Ergebnis der Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
verglichen und daraus der Skalierungsfaktor ermittelt. Logischerweise wird auch der
geschätzte Störanteil ermittelt, insbesondere wie im Verfahren vorgesehen. Dies wird
nun für mehrere verschiedene Signal-zu-Rausch-Verhältnisse wiederholt. Die Stationarität
des Eingangssignals wird für jedes Signal-zu-Rausch-Verhältnis ebenfalls bestimmt,
sodass insgesamt der Skalierungsfaktor als Funktion der Stationarität dargestellt
wird.
[0033] Der Störanteil an sich muss allerdings nicht zwangsläufig stationär sein, sondern
kann auch nicht-stationär sein und weist wie das Eingangssignal insgesamt eine grundsätzlich
variable Stationarität auf. Ein Beispiel für einen Störanteil mit geringer Stationarität
ist sogenannter "babble noise". Ein Beispiel für einen Störanteil mit hoher Stationarität
sind sogenannte langzeitgemittelte Sprachspektren, kurz LTASS (long-term average speech
spectrum). Je nach Stationarität des Störanteils liefert die verfahrensgemäße Schätzung
des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses unter Umständen unterschiedliche Ergebnisse, obwohl
das tatsächliche Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR = S/N eigentlich dasselbe ist. Die
Ergebnisse weichen typischerweise insbesondere umso mehr ab, umso geringer das tatsächliche
Signal-zu-Rausch-Verhältnis ist. Somit ergibt sich insgesamt das Problem, dass besonders
bei einem Eingangssignal, bei welchem der Nutzanteil im Vergleich zum Störanteil gering
ist und bei welchem der Störanteil eine geringe Stationarität aufweist, der Nutzanteil
überschätzt wird und die verfahrensgemäße Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
vom tatsächlichen Signal-zu-Rausch-Verhältnis abweicht, nämlich insbesondere zu hoch
ist, d.h. das Signal-zu-Rausch-Verhältnis wird überschätzt. Dies hängt insbesondere
mit der Schätzung des geschätzten Störanteils zusammen, da bei dessen Bestimmung mit
dem oben beschriebenen Pegelmesser vorrangig stationäre Anteile berücksichtigt werden.
Ein stark nicht-stationärer Störanteil wird somit nur unvollständig oder gar nicht
erfasst, sodass der Störanteil mit abnehmender Stationarität desselben zunehmen unterschätzt
wird. Dieses Problem wird in einer vorteilhaften Ausgestaltung dadurch gelöst, dass
die Funktion für den Skalierungsfaktor abhängig von einer Stationarität des Störanteils
angepasst wird. Der Skalierungsfaktor wird demnach einerseits abhängig von einer ersten
Stationarität, nämlich der Stationarität des Eingangssignals insgesamt, bestimmt und
andererseits zusätzlich auch abhängig von einer zweiten Stationarität, nämlich der
Stationarität des Störanteils. Dabei wird die Stationarität des Störanteils an sich
nicht zwingend konkret gemessen, sondern zweckmäßigerweise indirekt bestimmt, indem
eine Eingangsdynamik des Eingangssignals bestimmt wird und dann angenommen wird, dass
mit geringerer Eingangsdynamik die Stationarität des Störanteils größer ist. Mit anderen
Worten: die Stationarität des Störanteils wird geeigneterweise dadurch bestimmt, dass
unterhalb eines Schwellwerts für eine Eingangsdynamik des Eingangssignals angenommen
wird, dass ein stationärer Störer vorliegt und der Störanteil somit stationär ist,
also eine bestimmte Stationarität aufweist.
[0034] Vorteilhafterweise wird die Funktion abhängig von der Stationarität des Störanteils
derart angepasst, dass die Funktion für eine geringere Stationarität des Störanteils
einen größeren Skalierungsfaktor zurückgibt, d.h. der Skalierungsfaktor wird nach
oben hin korrigiert, sodass der skalierte, geschätzte Störanteil mit abnehmender Stationarität
größer ist und die Unterschätzung des Störanteils korrigiert wird.
[0035] Die Stationarität des Störanteils wird in einer geeigneten Ausgestaltung bestimmt,
indem die zeitliche Dynamik des Eingangssignals (d.h. die Eingangsdynamik) analysiert
wird, nämlich indem ein Maximalpegel und ein Minimalpegel des Eingangssignals ermittelt
und miteinander verglichen werden. Hierzu werden zweckmäßigerweise ein dritter und
ein vierter Pegelmesser verwendet, welchen das Eingangssignal zugeführt wird. Der
dritte Pegelmesser misst den Maximalpegel, der vierte Pegelmesser misst dagegen den
Minimalpegel, oder umgekehrt. Hierzu werden die beiden Pegelmesser zweckmäßigerweise
einerseits jeweils mit asymmetrischen Zeitkonstanten betrieben und andererseits mit
im Vergleich zueinander entgegengesetzten Zeitkonstanten. Darunter wird verstanden,
dass der Pegelmesser, welcher den Maximalpegel misst, mit einer geringen Einschwingzeit
und einer großen Ausschwingzeit betrieben wird und der Pegelmesser, welcher den Minimalpegel
misst, umgekehrt mit einer großen Einschwingzeit und einer geringen Ausschwingzeit.
[0036] Beispielsweise wird dann die Differenz zwischen oder das Verhältnis von dem Maximalpegel
und dem Minimalpegel ermittelt. Der Maximalpegel und der Minimalpegel werden vorzugsweise
fortlaufend innerhalb eines mitlaufenden Zeitintervalls bestimmt. Auf diese Weise
wird vorteilhaft die Stationarität des Störanteils anhand des Eingangssignals ermittelt,
ohne den Störanteil selbst kennen zu müssen. Dabei wird ausgenutzt, dass speziell
bei niedrigem tatsächlichem Signal-zu-Rausch-Verhältnis eine höhere Stationarität
des Störanteils zu einer niedrigeren Differenz zwischen Maximalpegel und Minimalpegel
führt. Mit anderen Worten: je geringer die Differenz, desto höher die Stationarität
für ein gegebenes Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Die Ausführungen gelten analog bei
Verwendung des Verhältnisses von Maximalpegel und Minimalpegel. Das Verhältnis oder
die Differenz werden in einer Ausgestaltung direkt als Maß für die Stationarität des
Störanteils verwendet.
[0037] Besonders zweckmäßig ist die Verwendung mehrerer unterschiedlicher Funktionen, welche
für Störanteile mit unterschiedlicher Stationarität optimiert sind.
[0038] In einer zweckmäßigen Ausgestaltung wird die Funktion für den Skalierungsfaktor abhängig
von einer Stationarität des Störanteils angepasst, indem die Funktion für den Skalierungsfaktor
abhängig von der Stationarität des Störanteils aus wenigstens zwei Basisfunktionen
ausgewählt wird. Je nach Stationarität wird demnach eine von mehreren Basisfunktionen
ausgewählt, um einen je nach Umgebungssituation optimalen Skalierungsfaktor zu erhalten.
In einem besonders einfachen Ausführungsbeispiel sind zwei Basisfunktionen vorhanden,
eine erste Basisfunktion für stationäre oder überwiegend stationäre Störanteile und
eine zweite Basisfunktion für nicht-stationäre oder überwiegend nicht-stationäre Störanteile.
Im Rahmen des Verfahrens wird zunächst die Stationarität des Störanteils bestimmt,
insbesondere wie bereits beschrieben aus dem Eingangssignal. Je nach Stationarität
wird dann eine der Basisfunktionen ausgewählt und als Funktion verwendet, um den Skalierungsfaktor
zu bestimmen. Vorzugsweise wird auf die Basisfunktion für stationäre oder überwiegend
stationäre Störanteile umgeschaltet oder übergeblendet, sobald eine Eingangsdynamik
des Eingangssignals einen vorgegebenen Schwellwert unterschreitet, also hinreichend
gering ist.
[0039] Alternativ zur oben genannten, diskreten Auswahl aus mehreren Basisfunktionen, wird
in einer ebenfalls vorteilhaften Ausgestaltung die Funktion für den Skalierungsfaktor
abhängig von einer Stationarität des Störanteils angepasst, indem die Funktion aus
mehreren Basisfunktionen und in Abhängigkeit von der Stationarität des Störanteils
zusammengemischt wird. Hierzu sind in einer geeigneten Ausgestaltung zwei Basisfunktionen
vorhanden und die Funktion wird bestimmt, indem die beiden Basisfunktionen in einem
Mischverhältnis miteinander gemischt werden, welches abhängig ist von der Stationarität
des Störanteils. Dadurch ist ein besonders weicher Übergang bei der Verwendung unterschiedlicher
Basisfunktionen realisiert. Die Basisfunktionen sind zweckmäßigerweise wie zuvor bereits
beschrieben ausgebildet.
[0040] Zum Mischen der Basisfunktionen weist das Hörgerät, speziell dessen Signalverarbeitung,
in einer geeigneten Ausgestaltung einen Mischer auf, welchem die Skalierungsfaktoren
aus mehreren Basisfunktionen zugeführt werden. Der Mischer mischt dann diese Skalierungsfaktoren
abhängig von der Stationarität in einem entsprechenden Mischverhältnis und gibt dann
selbst einen Skalierungsfaktor aus, welcher schließlich mit dem geschätzten Störanteil
multipliziert wird, um den skalierten, geschätzten Störanteil zu ermitteln.
[0041] Die weiter oben beschriebene Eichmessung wird zweckmäßigerweise analog angewendet,
um verschiedene Basisfunktionen zu bestimmen. Die Eichmessung wird dann nicht nur
für verschiedene Signal-zu-Rausch-Verhältnisse ausgeführt, sondern mehrfach für verschiedene
Signal-zu-Rausch-Verhältnisse, wobei jeweils ein Störanteil mit einer anderen Stationarität
verwendet wird. In einem besonders einfachen Ausführungsbeispiel wird die Eichmessung
zweimal durchgeführt, einmal mit einem Störanteil mit geringer Stationarität und einmal
mit einem Störanteil mit hoher Stationarität, sodass die Eichmessung zwei entsprechende
Basisfunktionen liefert.
[0042] In einer geeigneten Ausgestaltung weist das Hörgerät mehrere Frequenzkanäle auf,
sodass das Eingangssignal auf diese mehreren Frequenzkanäle aufgeteilt wird. Die Frequenzkanäle
sind dann einzeln von der Signalverarbeitung modifizierbar. Zur Ausgabe werden die
Frequenzkanäle insbesondere wieder zusammengeführt. Zur Aufteilung auf die verschiedenen
Frequenzkanäle wird beispielsweise eine Filterbank verwendet. Insgesamt weist das
Hörgerät insbesondere wenigstens 2, bevorzugt wenigstens 3 Frequenzkanäle auf und
vorzugsweise 8 bis 128 Frequenzkanäle. Geeignet ist beispielsweise eine Ausgestaltung
mit 48 Frequenzkanälen.
[0043] Das Eingangssignal erstreckt sich über einen bestimmten Frequenzbereich, insbesondere
den hörbaren Frequenzbereich von 20 Hz bis 20 kHz oder einen Teilbereich davon, vorzugsweise
von 100 Hz bis 12 kHz. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis wird nun entweder über den
gesamten Frequenzbereich des Eingangssignals ermittelt oder lediglich über einen Teilbereich.
[0044] In einer besonders zweckmäßigen Ausgestaltung weist das Hörgerät wie beschrieben
mehrere Frequenzkanäle auf und das Signal-zu-Rausch-Verhältnis wird für jeden Frequenzkanal
einer Teilanzahl der Frequenzkanäle wie zuvor beschrieben errechnet, sodass sich mehrere
Signal-zu-Rausch-Verhältnisse ergeben, aus welchen dann ein Mittelwert gebildet wird,
welcher ein gemitteltes Signal-zu-Rausch-Verhältnis ist, welches auch als globales
Signal-zu-Rausch-Verhältnis bezeichnet wird. Für jeden der Teilanzahl der Frequenzkanäle
wird sozusagen separat ein eigenes, lokales Signal-zu-Rausch-Verhältnis ermittelt.
Bei der Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses werden somit explizit nicht alle
Frequenzkanäle berücksichtigt, sondern einige Frequenzkanäle ausgelassen, indem lediglich
eine Teilanzahl der Frequenzkanäle berücksichtigt wird. Dadurch ist es vorteilhaft
möglich, die Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses auf die relevanteren Frequenzkanäle
zu beschränken und somit den Betrieb des Hörgeräts weiter zu optimieren. Der Mittelwert
wird insbesondere mittels einer Mittelwerteinheit des Hörgeräts, speziell der Signalverarbeitung,
gebildet. Die Teilanzahl der Frequenzkanäle deckt vorzugsweise einen einzelnen, zusammenhängenden
Frequenzbereich ab, dies ist jedoch nicht zwingend. Geeignet ist auch eine Ausgestaltung,
bei welcher mehrere gemittelte Signal-zu-Rausch-Verhältnisse ermittelt werden, nämlich
für unterschiedliche Frequenzbereiche.
[0045] Die Bestimmung des Signal-zu-Rauschverhältnisses muss nicht zwingend vollständig
für jeden der Frequenzkanäle separat vorgenommen werden, vielmehr ist es ausreichend,
dass einzelne Berechnungen, Bestimmungen, Ermittlungen oder Messungen frequenzabhängig,
d.h. für einzelne Frequenzkanäle vorgenommen werden, wobei andere Berechnungen, Bestimmungen,
Ermittlungen oder Messungen dann global, d.h. nicht frequenzabhängig vorgenommen werden.
Beispielsweise wird der Eingangspegel frequenzabhängig und somit separat für jeden
einzelnen Frequenzkanal ermittelt, der geschätzte Störanteil wird jedoch global anhand
des summierten Eingangspegels aller Frequenzkanäle ermittelt. In einer anderen beispielhaften
und geeigneten Variante wird die Stationarität des Eingangssignals frequenzabhängig
bestimmt, gemittelt und dann der Skalierungsfaktor bestimmt und der Eingangspegel
sowie der geschätzte Störanteil werden demgegenüber global ermittelt. Geeignet ist
auch eine Ausgestaltung, bei welcher der geschätzte Störanteil nicht global, sondern
frequenzabhängig bestimmt wird.
[0046] Besonders zweckmäßig ist eine Ausgestaltung, bei welcher die Teilanzahl der Frequenzkanäle
einen Frequenzbereich bis 1,5 kHz, d.h. es werden lediglich niedrige Frequenzen bei
der Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses berücksichtigt. Dem liegt die Überlegung
zugrunde, dass der genannte Frequenzbereich für die Wahrnehmung von Lautstärke durch
den Nutzer relevanter ist, als andere Frequenzbereiche. Möglich und ebenfalls geeignet
sind aber auch Varianten, bei welchen alternativ oder zusätzlich andere Frequenzbereiche
abgedeckt werden.
[0047] Wie bereits angedeutet, wird abhängig vom geschätzten Signal-zu-Rausch-Verhältnis
ein Betriebsparameter des Hörgeräts eingestellt. In einer bevorzugten Ausgestaltung
ist der Betriebsparameter ein Parameter eines Beamformers, z.B. eine Direktionalität
oder eine Breite einer Richtkeule des Beamformers, oder ein Parameter einer Störgeräuschreduktion,
z.B. ein Dämpfungsfaktor oder eine Filterfrequenz oder ein Filterfrequenzband eines
Filters. Durch die verbesserte Ermittlung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses sind
auch die Einstellung des Betriebsparameters und der Betrieb des Hörgeräts insgesamt
entsprechend verbessert. So wird beispielsweise die Breite der Richtkeule eines Beamformers
für größere Signal-zu-Rausch-Verhältnisse verringert, d.h. ein räumlicher Filter wird
verengt, um eine Fokussierung zu realisieren, mittels welcher Störanteile aus der
Umgebung unterdrückt werden.
[0048] Das Hörgerät ist bevorzugterweise ein Hörgerät zum Ausgleich eines Hördefizits eines
hörgeschädigten Nutzers. Bei einem solchen Hörgerät wird das Eingangssignal in der
Signalverarbeitung anhand eines individuellen Audiogramms des Nutzers mittels einer
Modifikationseinheit modifiziert und dabei insbesondere verstärkt, um das Hördefizit
auszugleichen. Das beschriebene Verfahren ist jedoch vorteilhaft auch auf andere Hörgeräte
anwendbar, z.B. Kopfhörer, Headsets, Telefone, Smartphones und dergleichen.
[0049] Eine oder mehrere der beschriebenen Funktionen oder Verfahrensschritte sind in dem
Hörgerät und speziell in dessen Signalverarbeitung insbesondere programmtechnisch
oder schaltungstechnisch realisiert oder eine Kombination hiervon. Die Signalverarbeitung
ist zur Durchführung eines oder mehrerer der beschriebenen Funktionen oder Verfahrensschritte
beispielswiese als ein Mikroprozessor oder als ein ASIC ausgebildet oder als eine
Kombination hiervon.
[0050] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer Zeichnung näher
erläutert. Darin zeigen jeweils schematisch:
- Fig. 1
- ein Hörgerät,
- Fig. 2
- eine Funktion für einen Skalierungsfaktor,
- Fig. 3
- ein tatsächliches und ein geschätztes Signal-zu-Rausch-Verhältnisses für einen stationären
Störanteil,
- Fig. 4
- ein tatsächliches und ein geschätztes Signal-zu-Rausch-Verhältnisses für einen nicht-stationären
Störanteil,
- Fig. 5
- eine Variante der Funktion aus Fig. 2,
- Fig. 6
- ein tatsächliches und ein geschätztes Signal-zu-Rausch-Verhältnisses für einen stationären
Störanteil,
- Fig. 7
- ein tatsächliches und ein geschätztes Signal-zu-Rausch-Verhältnisses für einen nicht-stationären
Störanteil,
- Fig. 8
- eine Variante des Hörgeräts aus Fig. 1.
[0051] In Fig. 1 ist ein Ausführungsbeispiel für ein Hörgerät 2 dargestellt. Eine Variante
des Hörgeräts 2 ist in Fig. 8 gezeigt. Während eines Verfahrens zum Betrieb wird des
Hörgeräts 2 wird dieses von einem nicht dargestellten Nutzer im oder am Ohr getragen
und zur Ausgabe von Umgebungsschall genutzt. Das Hörgerät 2 weist ein Mikrofon 4 auf,
mittels welchem Umgebungsschall aufgenommen wird und in ein Eingangssignal I umgewandelt
wird. Das Mikrofon 4 ist hier ein omnidirektionales Mikrofon, sodass das Eingangssignal
I ein omnidirektionales Signal ist. Das Eingangssignal I weist einen Nutzanteil S
(signal) und einen Störanteil N (noise) auf. Das Hörgerät 2 weist in den gezeigten
Beispielen eine Signalverarbeitung 6 auf, welcher das Eingangssignal I zur weiteren
Bearbeitung zugeführt wird. Die Signalverarbeitung 6 erzeugt ein elektrisches Ausgangssignal
O, welches über einen Hörer 8 des Hörgeräts 2 an den Nutzer als Schall ausgegeben
wird. Vorliegend ist das Hörgerät 2 speziell ein Hörgerät 2 zum Ausgleich eines Hördefizits
eines hörgeschädigten Nutzers. Entsprechend wird das Eingangssignal I in der Signalverarbeitung
6 anhand eines individuellen Audiogramms des Nutzers mittels einer Modifikationseinheit
10 modifiziert und dabei insbesondere verstärkt, um das Hördefizit auszugleichen.
Die hier beschriebenen Konzepte sind jedoch auch auf andere Hörgeräte anwendbar.
[0052] Im Betrieb des Hörgeräts 2 wird eine Stationarität st_I des Eingangssignals I bestimmt.
Hierzu weist das Hörgerät 2 einen Stationaritätsdetektor 12 auf, welchem das Eingangssignal
I zugeführt wird und welcher die Stationarität st_I ausgibt. Unter Stationarität wird
allgemein ein Maß für die Variabilität eines Signals im Verlauf der Zeit verstanden.
[0053] Weiter wird ein Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR des Eingangssignals I abhängig von
einem Skalierungsfaktor sc bestimmt. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR ist ein Maß
für die relativen Anteile des Nutzanteils S und des Störanteils N im gesamten Eingangssignal
I und somit auch im Umgebungsschall. Der Skalierungsfaktor sc wird stationaritätsabhängig
bestimmt, nämlich anhand einer Funktion F, welche den Skalierungsfaktor sc in Abhängigkeit
der Stationarität st_I des Eingangssignals I angibt. Zwei Beispiele für eine solche
Funktion F sind in den Fig. 2 und 5 gezeigt.
[0054] Vorliegend wird das Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR anhand des Eingangssignals I
bestimmt, genauer gesagt geschätzt. Das mit dem Verfahren bestimmte Signal-zu-Rausch-Verhältnis
SNR entspricht also nicht zwingend dem tatsächlichen Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR_t,
sondern stellt eine Schätzung dar. Die Fig. 3, 4, 6 und 7 zeigen Vergleiche des geschätzten
Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR mit dem tatsächlichen Signal-zu-Rausch-Verhältnis
SNR_t, wobei bei der Bestimmung des geschätzten Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR in
den Fig. 3 und 4 die Funktion F aus Fig. 2 verwendet wurde und bei der Bestimmung
des geschätzten Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR in den Fig. 6 und 7 die Funktion F
aus Fig. 5.
[0055] Das geschätzte Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR wird beispielsweise genutzt, um einen
Betriebsparameter P des Hörgeräts 2 einzustellen. Der Betriebsparameter P ist z.B.
ein Parameter eines Beamformers oder ein Parameter einer Störgeräuschreduktion.
[0056] Wie das Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR konkret errechnet wird, ist für das grundlegende
Konzept zunächst nicht wesentlich, vielmehr kommt es zunächst nur darauf an, dass
die Stationarität st_I berücksichtigt wird. In den hier gezeigten Ausführungsbeispielen
wird speziell ein Eingangspegel E des Eingangssignals I gemessen und ein geschätzter
Störanteil N_est des Eingangssignals I bestimmt. Der geschätzte Störanteil N_est wird
mit dem Skalierungsfaktor sc multipliziert, sodass sich ein skalierter, geschätzter
Störanteil sc*N_est ergibt. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR wird dann errechnet,
indem eine Differenz aus dem Eingangspegel E und dem skalierten, geschätzten Störanteil
sc*N_est gebildet wird und indem das Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR als Verhältnis
der Differenz zum skalierten, geschätzten Störanteil sc*N_est errechnet wird. Dieses
Vorgehen wird durch die nachfolgende Formel ausgedrückt:

[0057] Sowohl der Eingangspegel E als auch der geschätzte Störanteil N_est werden direkt
aus dem Eingangssignal I abgeleitet, ohne Kenntnis des Nutzanteils S und des Störanteils
N. Eine Trennung von Störanteil N und Nutzanteil S erfolgt nicht.
[0058] Der Zähler in obiger Formel entspricht einem geschätzten Nutzanteil, der Nenner einem
geschätzten Störanteil, sodass insgesamt ein geschätztes Signal-zu-Rausch-Verhältnis
SNR errechnet wird. Mit der angegebenen Formel ist vor Allem auch eine Darstellung
eines negativen Signal-zu-Rausch-Verhältnisses SNR möglich. In einer nicht gezeigten
Variante wird in der genannten Formel der Skalierungsfaktor sc im Nenner ausgelassen
und der geschätzte Nutzanteil im Zähler wird lediglich durch den geschätzten Störanteil
N_est geteilt.
[0059] In den gezeigten Beispielen weist das Hörgerät 2 einen ersten Pegelmesser 14 auf,
mit welchem der Eingangspegel E bestimmt wird, und einen separaten, zweiten Pegelmesser
16, mit welchem der geschätzte Störanteil N_est bestimmt wird. Das Eingangssignal
I wird demnach zwei unterschiedlichen Pegelmessern 14, 16 zugeführt. Mit dem zweiten
Pegelmesser 16 wird der Störanteil N im Eingangssignal E geschätzt, indem der zweite
Pegelmesser 16 derart eingestellt ist, dass dieser vorrangig den Pegel des Störanteils
N misst, also auf den Nutzanteil S weniger stark anspricht. Die beiden Pegelmesser
14, 16 sind demnach unterschiedlich konfiguriert, um an dem Eingangssignal I, unterschiedliche
Pegelmessungen durchzuführen. Der zweite Pegelmesser 16 wird hier mit zwei asymmetrischen
Zeitkonstanten betrieben, nämlich mit einer Einschwingzeit (attack), welche größer
ist als eine Ausschwingzeit (release). Der zweite Pegelmesser 16 wird daher auch als
"minimum tracker" bezeichnet.
[0060] Die Funktionen F in den Fig. 2 und 5, welche jeweils den Skalierungsfaktor sc in
Abhängigkeit der Stationarität st_I angeben, sind derart ausgebildet, dass mit größerer
Stationarität st_I des Eingangssignals E ein größerer Skalierungsfaktor sc bestimmt
wird. In den Fig. 2 und 5 ist die Stationarität st_I horizontal aufgetragen und nimmt
von links nach rechts betrachtet ab. Der Skalierungsfaktor sc ist vertikal aufgetragen
und nimmt von unten nach oben hin zu. Die Funktionen F bilden die Überlegung ab, dass
mit größerer Stationarität st_I der Anteil des Nutzanteils S am Eingangssignal E geringer
ist, sodass eine größere Korrektur erforderlich ist, welche durch den größeren Skalierungsfaktor
sc dann realisiert ist. Die hier beispielhaft gezeigten Funktionen F sind insgesamt
stufenartig oder rampenartig ausgebildet und verlaufen hierzu auf einem Mittenabschnitt
ungefähr linear und auf Seitenabschnitten ansonsten überwiegend konstant. Die beiden
explizit gezeigten Funktionen F der Fig. 2 und 5 unterscheiden sich einerseits hinsichtlich
des Wertebereiches für den Skalierungsfaktor sc und andererseits hinsichtlich der
Position des Mittenabschnitts, also in welchem Wertebereich für die Stationarität
st_I die jeweilige Funktion F näherungsweise linear verläuft. In Fig. 2 weist die
Funktion F für den Skalierungsfaktor sc einen Wertebereich von 0,51 bis 0,8 auf. In
Fig. 5 weist die Funktion F für den Skalierungsfaktor sc einen Wertebereich von 0,59
bis 0,95 auf und liegt insgesamt höher als die Funktion F in Fig. 2.
[0061] Die Funktion F in Fig. 2 wurde mittels einer Eichmessung wie in den Fig. 3 und 4
illustriert ermittelt. Analoges gilt für die Funktion F der Fig. 5 bezüglich der Fig.
6 und 7. Bei der jeweiligen Eichmessung wird für verschiedene Verhältnisse von einem
Nutzsignal S und einem Störsignal N zunächst das tatsächliche Signal-zu-Rausch-Verhältnis
SNR_t bestimmt, welches in den Fig. 3, 4, 6 und 7 jeweils horizontal aufgetragen und
in dB angegeben ist. Das tatsächliche Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR_t wird dann
mit dem gemäß obiger Formel und mit der jeweiligen Funktion F errechneten Signal-zu-Rausch-Verhältnis
SNR verglichen. Das errechnet Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR ist in den Fig. 3, 4,
6 und 7 jeweils vertikal aufgetragen und ebenfalls in dB angegeben. Gezeigt sind jeweils
mehrere Punktwolken W, in Fig. 3 konkret 11 Stück, von welchen eine exemplarisch mit
einem Kreis markiert ist. Auch in den Fig. 4 und 7 sind jeweils 11 Punktwolken W erkennbar,
in Fig. 6 dagegen nur 10. Vorliegend wurde für die Punktwolken W in einer jeweiligen
der Fig. 3, 4, 6, 7 das gleiche Nutzsignal S verwendet und der mittlere Pegel des
Störsignals N schrittweise erhöht. Eine jeweilige Punktwolke W ergibt sich dadurch,
dass die Signal-zu-Rausch-Verhältnisse SNR, SNR_t für verschiedene Zeitpunkte aufgetragen
werden, wobei der Pegel für das Nutzsignal S zeitlich fluktuiert, da das Nutzsignal
S z.B. Sprache ist, welche entsprechend zeitlich variiert.
[0062] In den Fig. 3 und 6 wurde jeweils ein stationärer Störanteil S verwendet, nämlich
sogenannte langzeitgemittelte Sprachspektren, kurz LTASS (long-term average speech
spectrum). In dem Fig. 4 und 7 wurde dagegen ein nicht-stationärer Störanteil S, nämlich
sogenannter "babble noise" verwendet. Aus den Figuren wird unmittelbar deutlich, dass
die Funktion F der Fig. 2 besser geeignet ist für Störanteile S mit hoher Stationarität
st_N und dass die Funktion F der Fig. 5 besser geeignet ist für Störanteile N mit
niedriger Stationarität st_N. Wie Fig. 4 zeigt, wird das Signal-zu-Rauschverhältnis
SNR für wenig stationäre Störanteile N hin zu einem geringen, tatsächlichen Signal-zu-Rausch-Verhältnis
SNR_t zunehmend überschätzt, wohingegen die Schätzung für stationäre Störanteils N
sehr gut ist, wie Fig. 3 zeigt. Die Fig. 6 und 7 zeigen ein umgekehrtes Ergebnis bei
Anwendung der Funktion F gemäß Fig. 5. Wie Fig. 7 zeigt, ist die Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
SNR für nicht-stationäre Störanteile N sehr gut, wie Fig. 6 zeigt wird das Signal-zu-Rausch-Verhältnis
SNR bei stationären Störanteilen N unterschätzt.
[0063] Je nach Stationarität st_N des Störanteils N liefert die verfahrensgemäße Schätzung
des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses SNR somit unter Umständen unterschiedliche Ergebnisse,
obwohl das jeweils zugrundeliegende, tatsächliche Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR_t
= S/N eigentlich dasselbe ist. Deutlich wird, dass besonders bei einem Eingangssignal
I, bei welchem der Nutzanteil S im Vergleich zum Störanteil N gering ist und bei welchem
der Störanteil N eine geringe Stationarität st_N aufweist, der Nutzanteil S überschätzt
wird und die verfahrensgemäße Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses SNR zu
hoch ist. Dies wird auch deutlich mit Blick auf den geschätzten Störanteil N_est.
Bei dessen Bestimmung mit dem oben beschriebenen Pegelmesser 16 werden vorrangig stationäre
Anteile berücksichtigt, sodass ein stark nicht-stationärer Störanteil N nur unvollständig
oder gar nicht erfasst wird und der Störanteil N mit abnehmender Stationarität st_N
desselben zunehmen unterschätzt wird. Dieses Problem wird vorliegend dadurch gelöst,
dass die Funktion F für den Skalierungsfaktor sc abhängig von der Stationarität st_N
des Störanteils N angepasst wird. Die Anpassung der Funktion F ist hier derart, dass
diese für eine geringere Stationarität st_N des Störanteils N einen größeren Skalierungsfaktor
sc zurückgibt, d.h. der Skalierungsfaktor sc wird mit abnehmender Stationarität st_N
nach oben hin korrigiert. Dies wird beim Vergleich der Fig. 2 und 5 deutlich: der
Skalierungsfaktor wird gemäß der Funktion F der Fig. 5, welche für nicht-stationäre
Störanteile N optimiert ist, deutlich größer gewählt als gemäß der Funktion F in Fig.
2, welche für stationäre Störanteile N optimiert ist.
[0064] Bei dem Hörgerät 2 in Fig. 2 wird lediglich eine einzelne Funktion F für den Skalierungsfaktor
sc verwendet. In der Variante des Hörgeräts 2 gemäß Fig. 8 dagegen werden mehrere
unterschiedliche Basisfunktionen B verwendet, welche für Störanteile N mit unterschiedlicher
Stationarität st_N optimiert sind. Bei dem Hörgerät 2 der Fig. 8 wird dann die Funktion
F für den Skalierungsfaktor sc abhängig von einer Stationarität st_N des Störanteils
N angepasst, indem die Funktion F aus mehreren Basisfunktionen B und in Abhängigkeit
von der Stationarität st_N zusammengemischt wird. Im gezeigten Ausführungsbeispiel
sind zwei Basisfunktionen B vorhanden und die Funktion F wird bestimmt, indem die
beiden Basisfunktionen B in einem Mischverhältnis miteinander gemischt werden, welches
abhängig ist von der Stationarität st_N. Dadurch ist ein weicher Übergang bei der
Verwendung unterschiedlicher Basisfunktionen B realisiert. Beispielsweise werden die
beiden Funktionen F der Fig. 2 und 5 jeweils als eine Basisfunktion B verwendet.
[0065] Zum Mischen der Basisfunktionen B weist das Hörgerät 2 in Fig. 8 einen Mischer 18
auf, welchem die Skalierungsfaktoren sc aus mehreren Basisfunktionen B zugeführt werden.
Der Mischer 18 mischt dann diese Skalierungsfaktoren sc abhängig von der Stationarität
st_N in einem entsprechenden Mischverhältnis und gibt dann selbst einen Skalierungsfaktor
sc aus, welcher schließlich mit dem geschätzten Störanteil N_est multipliziert wird,
um den skalierten, geschätzten Störanteil sc*N_est zu ermitteln.
[0066] In einer nicht gezeigten Variante des Hörgeräts 2 wird die Funktion F für den Skalierungsfaktor
sc abhängig von der Stationarität st_N des Störanteils N angepasst, indem die Funktion
F für den Skalierungsfaktor sc aus wenigstens zwei Basisfunktionen B ausgewählt wird,
beispielsweise den in den Fig. 2 und 5 gezeigten Funktionen F.
[0067] In einer möglichen Ausgestaltung weist das Hörgerät 2 mehrere, hier nicht explizit
dargestellt Frequenzkanäle auf, sodass das Eingangssignal I auf diese mehreren Frequenzkanäle
aufgeteilt wird. Die Bestimmung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses SNR erfolgt dann
analog auch für einige oder alle der übrigen Frequenzkanäle. Zur Ausgabe werden die
Frequenzkanäle wieder zusammengeführt. Zur Aufteilung auf die verschiedenen Frequenzkanäle
wird beispielsweise eine Filterbank verwendet. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR
wird beispielsweise für jeden Frequenzkanal einer Teilanzahl der Frequenzkanäle wie
zuvor beschrieben errechnet, sodass sich mehrere Signal-zu-Rausch-Verhältnisse SNR
ergeben, aus welchen dann in einer Mittelwerteinheit ein Mittelwert gebildet wird,
welcher ein gemitteltes Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR ist, welches auch als globales
Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR bezeichnet wird. Für jeden der Teilanzahl der Frequenzkanäle
wird sozusagen separat ein eigenes, lokales Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR ermittelt.
Bei der Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses SNR werden somit explizit nicht
alle Frequenzkanäle berücksichtigt, sondern einige Frequenzkanäle ausgelassen, indem
lediglich eine Teilanzahl der Frequenzkanäle berücksichtigt wird. Beispielsweise deckt
die Teilanzahl der Frequenzkanäle einen Frequenzbereich bis 1,5 kHz ab, d.h. es werden
lediglich niedrige Frequenzen bei der Schätzung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
SNR berücksichtigt.
[0068] Die Bestimmung des Signal-zu-Rauschverhältnisses SNR muss nicht zwingend vollständig
für jeden der Frequenzkanäle separat vorgenommen werden, vielmehr ist es ausreichend,
dass einzelne Berechnungen, Bestimmungen, Ermittlungen oder Messungen frequenzabhängig,
d.h. für einzelne Frequenzkanäle vorgenommen werden, wobei andere Berechnungen, Bestimmungen,
Ermittlungen oder Messungen dann global, d.h. nicht frequenzabhängig vorgenommen werden.
Beispielsweise wird bei dem Hörgerät 2 in Fig. 2 die Stationarität st_I des Eingangssignals
I frequenzabhängig und lediglich für eine Teilanzahl der Frequenzkanäle bestimmt,
gemittelt und dann der Skalierungsfaktor sc bestimmt. Der Eingangspegel E sowie der
geschätzte Störanteil N_est werden global oder frequenzabhängig ermittelt.
[0069] Die Stationarität st_N des Störanteils N wird in den gezeigten Ausführungsbeispielen
bestimmt, indem die zeitliche Dynamik des Eingangssignals I analysiert wird, nämlich
indem ein Maximalpegel Emax und ein Minimalpegel Emin des Eingangssignals I ermittelt
und miteinander verglichen werden. Beispielsweise wird die Differenz zwischen oder
das Verhältnis von dem Maximalpegel Emax und dem Minimalpegel Emin ermittelt. Auf
diese Weise wird die Stationarität st_N ermittelt, ohne den Störanteil N explizit
kennen zu müssen. Dabei wird ausgenutzt, dass speziell bei niedrigem tatsächlichem
Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR_t eine höhere Stationarität st_N des Störanteils N
zu einer niedrigeren Differenz zwischen Maximalpegel Emax und Minimalpegel Emin führt.
Die Funktion F wird dann derart angepasst, dass mit größerer Differenz eine geringere
Stationarität st_N angenommen wird und daher ein entsprechend angepasster Skalierungsfaktor
sc verwendet wird. Vorliegend werden ein dritter und vierter Pegelmesser 20 verwendet,
welchen das Eingangssignal I zugeführt wird und welche den Maximalpegel Emax sowie
den Minimalpegel Emin bestimmen und somit auch die Stationarität st_N.
Bezugszeichenliste
[0070]
- 2
- Hörgerät
- 4
- Mikrofon
- 6
- Signalverarbeitung
- 8
- Hörer
- 10
- Modifikationseinheit
- 12
- Stationaritätsdetektor
- 14
- erster Pegelmesser
- 16
- zweiter Pegelmesser
- 18
- Mischer
- 20
- dritter und vierter Pegelmesser
- E
- Eingangspegel
- Emax
- Maximalpegel
- Emin
- Minimalpegel
- F
- Funktion
- I
- Eingangssignal
- N
- Störanteil
- N_est
- geschätzter Störanteil
- O
- Ausgangssignal
- P
- Betriebsparameter
- S
- Nutzanteil
- sc
- Skalierungsfaktor
- sc*N_est
- skalierter, geschätzter Störanteil
- SNR
- (geschätztes) Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR_ttatsächliches Signal-zu-Rausch-Verhältnis
- st_I
- Stationarität des Eingangssignals
- st_N
- Stationarität des Störanteils
- W
- Punktwolke
1. Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts (2),
- wobei das Hörgerät (2) ein Mikrofon (4) aufweist, mittels welchem Umgebungsschall
aufgenommen wird und in ein Eingangssignal (I) umgewandelt wird, welches einen Nutzanteil
(S) und einen Störanteil (N) aufweist,
- wobei eine Stationarität (st_I) des Eingangssignals (I) bestimmt wird,
- wobei ein Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) des Eingangssignals (I) abhängig von
einem Skalierungsfaktor (sc) bestimmt wird,
- wobei der Skalierungsfaktor (sc) stationaritätsabhängig bestimmt wird, nämlich anhand
einer Funktion (F), welche den Skalierungsfaktor (sc) in Abhängigkeit der Stationarität
(st_I) des Eingangssignals (I) angibt.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
- wobei ein Eingangspegel (E) des Eingangssignals (I) gemessen wird,
- wobei ein geschätzter Störanteil (N_est) des Eingangssignals (I) bestimmt wird und
mit dem Skalierungsfaktor (sc) multipliziert wird, sodass sich ein skalierter, geschätzter
Störanteil (sc*N_est) ergibt,
- wobei das Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) errechnet wird, indem eine Differenz
aus dem Eingangspegel (E) und dem skalierten, geschätzten Störanteil (sc*N_est) gebildet
wird und indem das Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) als Verhältnis der Differenz
zum skalierten, geschätzten Störanteil (sc*N_est) errechnet wird.
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2,
wobei das Hörgerät (2) einen ersten Pegelmesser (14) aufweist, mit welchem der Eingangspegel
(E) bestimmt wird, und einen zweiten Pegelmesser (16), mit welchem der geschätzte
Störanteil (N_est) bestimmt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
wobei der geschätzte Störanteil (N_est) mit einem Pegelmesser (16) bestimmt wird,
welcher mit zwei asymmetrischen Zeitkonstanten betrieben wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
wobei der Pegelmesser (16) mit einer Einschwingzeit betrieben wird, welche größer
ist als eine Ausschwingzeit des Pegelmessers (16).
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
wobei die Funktion (F) derart ausgebildet ist, dass mit größerer Stationarität (st_I)
ein größerer Skalierungsfaktor (sc) bestimmt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
wobei die Funktion (F) mittels einer Eichmessung vorgegeben ist, bei welcher für verschiedene
Verhältnisse von einem Nutzanteil (S) und einem Störanteil (N) ein tatsächliches Signal-zu-Rausch-Verhältnis
(SNR_t) bestimmt wird und dieses mit dem errechneten Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR)
verglichen wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
wobei die Funktion (F) für den Skalierungsfaktor (sc) abhängig von einer Stationarität
(st_N) des Störanteils (N) angepasst wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8,
wobei die Stationarität (st_N) des Störanteils (N) bestimmt wird, indem die zeitliche
Dynamik des Eingangssignals (I) analysiert wird, nämlich indem ein Maximalpegel und
(Emax) ein Minimalpegel (Emin) des Eingangssignals (I) ermittelt werden und miteinander
verglichen werden.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 oder 9,
wobei die Funktion (F) für den Skalierungsfaktor (sc) abhängig von der Stationarität
(st_N) des Störanteils (N) aus wenigstens zwei Basisfunktionen (B) ausgewählt wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 oder 9,
wobei zwei Basisfunktionen (B) vorhanden sind und die Funktion (F) bestimmt wird,
indem die beiden Basisfunktionen (B) in einem Mischverhältnis miteinander gemischt
werden, welches abhängig ist von der Stationarität (st_N) des Störanteils (N).
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11,
wobei das Hörgerät (2) mehrere Frequenzkanäle aufweist,
wobei das Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) für jeden Frequenzkanal einer Teilanzahl
der Frequenzkanäle errechnet wird, sodass sich mehrere Signal-zu-Rausch-Verhältnisse
(SNR) ergeben, aus welchen dann ein Mittelwert gebildet wird, welcher ein gemitteltes
Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) ist.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12,
wobei abhängig vom Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) ein Betriebsparameter (P) des
Hörgeräts (2) eingestellt wird,
wobei der Betriebsparameter (P) ein Parameter eines Beamformers ist oder ein Parameter
einer Störgeräuschreduktion.
14. Hörgerät (2), welches ausgebildet ist zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem
der Ansprüche 1 bis 13.