[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Lackierung und Trocknung von Kraftfahrzeugkarosserien,
bei dem Karosserien in Tauchbecken mit wenigstens einer Beschichtung versehen werden,
diese Beschichtung(en) anschließend ausgehärtet werden und nach einem bedarfsweisen
Polieren und Kontrollieren eine Heißwachsversiegelung durchgeführt wird. Ferner betrifft
die Erfindung eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] Tauchlackierungen werden als elektrophoretische Abscheideprozesse insbesondere für
das Beschichten von Fahrzeugteilen im Durchlaufbetrieb verwendet. Dabei handelt es
sich um ein elektrochemisches Verfahren, bei dem das Werkstück, beispielsweise eine
Fahrzeugkarosserie, in einem Tauchbad in einen elektrisch leitfähigen, wässrigen Tauchlack
eingetaucht und zwischen dem Werkstück und einer Gegenelektrode ein Gleichspannungsfeld
angelegt wird. Nach der Tauchlackierung erfolgt unmittelbar eine thermische und/oder
optische Behandlung, um den aufgebrachten Epoxidharz haltigen Lack auszuhärten (zu
vernetzen). Dies erfolgt üblicherweise bei Temperaturen zwischen 150 bis 200°C und/oder
mittels UV-Licht.
[0003] Obwohl die Methode der kathodischen Tauchlackierung in der Automobilindustrie ein
langjährig erprobtes System ist, gibt es gleichwohl noch Verbesserungspotenzial hinsichtlich
der Sauberkeit bei derartigen Elektrotauchlackierungsverfahren, wie beispielsweise
die
DE 10 2011 018 562 A1 mit einer Vorrichtung zur Reinigung an solchen Elektrotauchlackierungsanlagen beschreibt.
Darin wird eine Vorrichtung zur Reinigung bereitgestellt, die einen Luftstrom zur
Aufnahme von Staub und/oder Farbpartikeln zeigt. Somit kann die Qualität der aufgebrachten
Lackschicht verbessert werden, was bei Implementierung des Systems im Auslauf von
KTL-Trocknern dazu führt, dass weniger Ausschuss und geringerer Reinigungsaufwand
entsteht sowie das Risiko von Schwelbränden mit Rußbildung durch Haufenbildung aus
Lackpartikeln im Trockner reduziert wird.
[0004] Die typischen Produktionsprozesse bei der Karosserielackierung sind beispielsweise
in der
DE 10 2018 116 488 A1 derart beschrieben, das zunächst eine kathodische Tauchlackierung mit anschließendem
Trocknen, ein Abdichten von Nähten im Unterboden der jeweiligen Karosserie mit anschließendem
Trocknen, einer Nachbehandlung der kathodischen Tauchlackierung im sogenannten Finish
erfolgt und anschließend in einem weiteren Prozessschritt ein Decklack aufgebracht
und anschließend getrocknet wird. Auch zum Decklack erfolgt eine Nachbehandlung (Decklack-Finish),
wobei dann bedarfsweise als weiterer nachfolgender Prozessschritt eine Hohlraumkonservierung,
bei der Heißwachs im Unterboden der Karosserie eingebracht wird, erfolgt.
[0005] Stets ist es dabei erforderlich, die Karosserien mit geeigneten Fördergeräten, beispielsweise
Flurförderern oder ähnlichem von Prozessstation zur Prozessstation und gegebenenfalls
zu Zwischenlagern zu transportieren. Da die Karosserien nach der Lackierung ihre verkaufsfertige
Oberflächenbeschichtung erhalten haben und diese empfindlich für Verschmutzungen und
insbesondere mechanische Beschädigungen sind, ist es bei der Kraftfahrzeugfertigung
im Stand der Technik bekannt, Behelfsfolien für einzelne Produktionsschritte vorzusehen,
die vor der jeweiligen Montage an exponierten Stellen der Karosserie aufgeklebt und
nach der Montage wieder entfernt werden. Diese Schutzmaßnahmen sind arbeitsaufwendig,
da die momentan eingesetzten Folien auf passende Formate und je nach Modell und Autoteil
zugeschnitten und vorgehalten werden müssen und von Hand aufkaschiert werden. Daher
sind diese Folierungen lohn- und zeitintensiv, und verteuern die Produktion deutlich.
[0006] Ferner sind Abziehlacke oder auch Schutzlacke bekannt, die als temporären Oberflächenschutz
Gegenstände vor Verschmutzung und Beschädigungen schützt. Anschließend kann der trockene
Lackfilm später einfach vom Untergrund abgezogen werden. Beispielsweise ist von der
Firma Zuelch ein Abziehlack mit der Bezeichnung Scheerolit bekannt, der als Copolymer
einen hochwertigen, sehr elastischen Abziehlack bildet, der frei von Lösemitteln ist
und wasserverdünnbar im sogenannten Airless-Auftragverfahren auf den zu schützenden
Gegenstand aufzubringen ist. Häufig werden Abziehlacke zum Schutz für die Wände von
Lackierkabinen verwendet, damit der zwangsläufig entstehende und sich auch an den
Wänden absetzende Farbnebel von Zeit zur Zeit von den Wänden der Lackierkabine zusammen
mit dem Abziehlack entfernt werden kann.
[0007] Aus der
US 2009/ 0 272 488 A1 ist eine Lackierstraße mit einer Lackierstation, einer Trocknungsstraße und einem
Unterbodenschutzapplikationsbereich mit Wärmebehandlung bekannt, wobei in Durchlaufrichtung
vor dem Unterbodenschutzapplikationsbereich ein Abziehlackapplikator angeordnet ist.
[0008] Aus der
DE 199 43 933 A1 sind lichtechte Beschichtungsmittel, beispielsweise auch als transparenter Abziehlack,
bekannt, die als Überzüge auch für den Schutz von Kraftfahrzeugen dienen sollen. Nach
dem Aufbringen erfolgt ein anschließendes Trocknen bei 20°C bis 150°C.
[0009] Aufgabe der Erfindung ist es, die in einer Lackierstraße verkaufsfertig lackierten
Kraftfahrzeugkarosserien für die weitere Handhabung und Bestückung sowie zur Vermeidung
von Verschmutzungen für den weiteren Prozess kostengünstig zu schützen.
[0010] Gelöst wird diese Aufgabe mit einem Lackierverfahren gemäß Anspruch 1 bzw. in einer
Lackieranordnung gemäß Anspruch 6.
[0011] Dadurch, dass während oder unmittelbar nach der Heißwachsversiegelung auf die sich
erwärmende oder noch warme Karosserie ein Abziehlack als abziehbarer Schutzlack aufgebracht
wird, wird parallel zum Vorgang der Heißwachsversiegelung für den Unterboden und gegebenenfalls
die Hohlräume der Karosserie ein Abziehlack auf die insbesondere sichtbaren Teile
der Karosserie aufgebracht. Dabei wird die für die Heißwachsversiegelung erforderliche
Erwärmung der Karosserie genutzt, um den Abziehlack möglichst schnell auf der Oberfläche
der Karosserie auftrocknen zu lassen. Vorteilhaft ist dabei, dass keine gesonderte
Heizenergie erforderlich ist, da für die Heißwachsversiegelung bereits Prozess bedingt
eine Erwärmung der Karosserie erfolgt. Ferner wird kein gesonderter Verarbeitungsschritt
eingeführt, da das Auftragen des Abziehlacks unmittelbar nach der Heißwachsversiegelung
oder auch während der Heißwachsversiegelung erfolgt. Da die Heißwachsversiegelung
insbesondere den Unterboden der Karosserie und gegebenenfalls Hohlräume umfasst, kann
das Aufbringen des Abziehlacks auch parallel zur Heißwachsversiegelung ablaufen, da
die frei sichtbaren Teile der Karosserie nicht mit Heißwachs ausgestattet werden,
diese Teile jedoch gerade mit dem Abziehlack zu schützen sind. Somit benötigt dieser
ergänzende Arbeitsschritt keine gesonderte thermische Energie und weder zeitlich noch
räumlich besondere Vorkehrungen in der Fertigungsstraße.
[0012] Vorrichtungsgemäß wird dies dadurch erreicht, dass in dem Heißwachsapplikationsbereich
oder dem Heißwachsapplikationsbereich in Durchlaufrichtung unmittelbar nachfolgend
ein Abziehlackapplikator angeordnet ist. Der Abziehlackapplikator kann dann parallel
zur Heißwachsversiegelung oder unmittelbar nachher den Abziehlack auf die sichtbaren
Teile der Karosserie aufbringen.
[0013] Um eine möglichst rasche Auftrocknung des Abziehlacks auf der Karosserie zu erreichen,
hat die Karosserie bei der Heißwachsversiegelung eine Oberflächentemperatur von 60°C
bis 150°C, insbesondere 80°C bis 120°C, besonders bevorzugt 90°C bis 100°C. Entsprechend
dieses Temperaturbereichs wird der als Lösungsmittel in dem Abziehlack enthaltende
Wasseranteil schnell an die Umgebung abgegeben.
[0014] Wenn der Abziehlack auf die Karosserie, insbesondere im Airless-Verfahren, aufgespritzt
wird, wird eine gleichmäßige Beschichtung der Karosserie ermöglicht. Dabei kann die
Spritzanlage, bevorzugt die Airless-Spritzanlage, an Roboterköpfen angeordnete Düsen
aufweisen, die die erforderlichen Sprühbewegungen um die Karosserie automatisiert
ausführen.
[0015] Wenn Warmluft mit 60°C bis 100°C über die mit dem Abziehlack versehene Karosserie
geführt wird, wird der Trocknungsprozess des auf die warme Karosserie aufgebrachten
Abziehlacks durch den Warmluftstrom weiter beschleunigt.
[0016] Bevorzugt trocknet der aufgebrachte Abziehlack auf der warmen Karosserie in einer
Trocknungszeit von 10 s bis 5 min, insbesondere 20 s bis 2 min. Damit steht die mit
dem Abziehlack versehene Karosserie bereits nach Verlassen des Heißwachsversiegelungsbereiches
mit einem aufgetrockneten Abziehlack, also geschützt zur weiteren Bearbeitung bereit.
[0017] Zur Schonung der lackierten Karosserie ist für den Abziehlackapplikator ein wasserverdünnbarer
und lösemittelfreier Abziehlack vorgesehen.
[0018] Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der beiliegenden Zeichnung
detailliert beschrieben.
[0019] Darin zeigt:
- Fig. 1
- schematisch eine Anordnung für die Lackierbehandlung von Kraftfahrzeugkarosserien.
[0020] In Fig. 1 ist eine Lackierstraße für die Kraftfahrzeugproduktion in einer schematischen
Ansicht dargestellt. X gibt die Durchlaufrichtung (Arbeitsrichtung) der Lackierstraße
an. Im hier dargestellten Ausführungsbeispiel werden die Karosserien an einem Deckenförderer
14 in Durchlaufrichtung X gefördert. Die Lackierbehandlungsanordnung beginnt an einer
Reinigungs- und Passivierungsposition 10, an der das zu behandelnde Werkstück, hier
eine Karosserie W gereinigt und für die nachfolgende Lackierung passiviert wird. So
dann wird die Karosserie W mittels des Deckenförderers 14 in die Lackierstation 1
gefördert und in ein Tauchbecken 11 eingetaucht, in dem ein Korrosionsschutz als Grundierung
bzw. Füller aufgebracht wird. Anschließend wird die Karosserie W in einem Trockenbereich
12 zwischengetrocknet. Anschließend wird in einem Lackierbereich 13 eine Farblack-
und Decklackschicht aufgebracht. Erforderlichenfalls sind weitere Bearbeitungsstationen
vorgesehen, die hier in Fig. 1 nicht gesondert dargestellt sind.
[0021] Anschließend wird die so beschichtete Karosserie W mit dem Deckenförderer 14 in eine
Trocknungsstraße 2 gefördert. Die Trocknungsstraße 2 enthält eine erste Wärmequelle
21 und/oder UV-Lichtquellen 22, um die Lackierung thermisch und/oder optisch auszuhärten.
Anschließend wird die Karosserie in einem Kontroll- und Polierbereich 3 kontrolliert
und poliert. Etwaige nicht ordnungsgemäß ausgeführte Lackierungen werden nachgebessert
bzw. betreffende Karosserien ausgesondert. Anschließend wird die Karosserie W in einen
Heißwachsapplikationsbereich 4 gefördert, in dem ein Heißwachsapplikator 41 Heißwachs
an den Unterboden und in Hohlräume der Karosserie appliziert. Ferner ist im Heißwachsapplikationsbereich
4 eine zweite Wärmequelle 42 vorgesehen, um die für eine Heißwachsapplikation erforderliche
Temperatur von 80 ° C bis 100 ° C zu erreichen und für den Applikationszeitraum aufrechtzuerhalten.
[0022] An dieser Stelle ist ferner ein Abziehlackapplikator 5 vorgesehen, der Roboterarme
52 mit daran angeordneten Sprühdüsen 51 aufweist, die einen Abziehlack im Airless-Spritzverfahren
auf die äußeren, sichtbaren Teile der Karosserie appliziert. Ferner ist dem Heißwachsapplikationsbereich
4 im hier dargestellten Ausführungsbeispiel ein Gebläse 53 zugeordnet, das gegebenenfalls
erwärmte Luft entlang der mit dem Abziehlack besprühten Karosserie W zwangsführt,
um den Trocknungsprozess des aufgebrachten Abziehlacks zu beschleunigen.
[0023] Am Ende des Heißwachsapplikationsbereiches 4 wird dann die fertig lackierte, mit
Heißwachs im Unterboden und Hohlraumbereich und mit Abziehlack im sichtbaren Bereich
versehene Karosserie an einem Abgabebereich 50 ausgegeben. Von hier kann die Karosserie
weiteren Bearbeitungsschritten, insbesondere einer weiteren Bestückung zugeführt werden.
[0024] Die Karosserie W ist durch den Abziehlack gegen Verunreinigungen und mechanische
Einwirkungen geschützt. Mit diesem abziehbaren Schutzlack können teilweise nachgelagerte
Folierungen der Karosserie eingespart werden, da bereits durch den aufgebrachten Abziehlack
eine entsprechende Schutzfunktion vorliegt. Es können somit aufwendig zugeschnittene
Folienformate, die per Hand anzubringen sind, eingespart werden, was sowohl hinsichtlich
der Fertigungskosten wie auch des Umweltgedankens vorteilhaft ist. Dieser Abziehlack
kann über den gesamten Fertigungsprozess des Kraftfahrzeugs in der Fertigungsstraße
bis zur Verbrauchsübergabe, also auch während der Transportwege auf dem Kraftfahrzeug
verbleiben. Der Abziehlack kann somit mehrere Stunden bis zu mehreren Monaten auf
dem Fahrzeug verbleiben.
Bezugszeichenliste
[0025]
- 1
- Lackierstation
- 10
- Reinigungs-/Passivierungsposition
- 11
- Tauchbecken
- 12
- Trockenbereich
- 13
- Lackierbereich
- 14
- Deckenförderer
- 2
- Trocknungsstraße
- 21
- erste Wärmequelle
- 22
- UV-Lichtquelle
- 3
- Kontroll- und Polierbereich
- 4
- Heißwachsapplikationsbereich
- 41
- Heißwachsapplikator
- 42
- zweite Wärmequelle
- 5
- Abziehlackapplikator
- 50
- Abgabebereich
- 51
- Sprühdüse
- 52
- Roboterarm
- 53
- Gebläse
- X
- Durchlaufrichtung
- W
- Werkstück, Karosserie
1. Verfahren zur Lackierung und Trocknung von Kraftfahrzeugkarosserien, bei dem Karosserien
(W) in einer Lackierstation (1) mit wenigstens einer Beschichtung versehen werden,
diese Beschichtung(en) anschließend ausgehärtet werden und nach einem bedarfsweisen
Polieren und Kontrollieren eine Heißwachsversiegelung durchgeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass während oder unmittelbar nach der Heißwachsversiegelung auf die sich erwärmende oder
noch warme Karosserie (W) ein Abziehlack als abziehbarer Schutzlack aufgebracht wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Karosserie (W) bei der Heißwachsversiegelung eine Oberflächentemperatur von 60°C
bis 150°C, insbesondere 80°C bis 120°C, besonders bevorzugt 90°C bis 100°C hat.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Abziehlack auf die Karosserie (W), insbesondere im Airless-Verfahren, aufgespritzt
wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass Warmluft mit 60°C bis 100°C über die mit dem Abziehlack versehene Karosserie (W)
geführt wird.
5. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der aufgebrachte Abziehlack auf der warmen Karosserie (W) in einer Trocknungszeit
von 10 s bis 5 min, insbesondere 20 s bis 2 min trocknet.
6. Anordnung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche mit
in Durchlaufrichtung nacheinander folgenden Komponenten, nämlich einer Lackierstation
(1), einer Trocknungsstraße (2) und einem Heißwachsapplikationsbereich (4) mit Wärmebehandlung,
dadurch gekennzeichnet, dass in dem Heißwachsapplikationsbereich (4) oder dem Heißwachsapplikationsbereich (4)
unmittelbar nachfolgend ein Abziehlackapplikator (5) angeordnet ist.
7. Anordnung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Abziehlackapplikator (5) eine Spritzanlage, bevorzugt eine airless Spritzanlage
ist.
8. Anordnung nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass ein Warmluftgebläse (53) vorgesehen ist, dessen Luftstrom in Durchlaufrichtung (X)
hinter dem Abziehlackapplikator (5) auf die Karosserie (W) gerichtet ist.
9. Anordnung nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass für den Abziehlackapplikator (5) ein wasserverdünnbarer und lösemittelfreier Abziehlack
vorgesehen ist.