(19)
(11) EP 3 871 805 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.09.2021  Patentblatt  2021/35

(21) Anmeldenummer: 20159578.2

(22) Anmeldetag:  26.02.2020
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B22D 17/20(2006.01)
B22D 17/22(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Bültermann, Bernd
8044 Graz-Mariatrost (AT)

(72) Erfinder:
  • Bültermann, Bernd
    8044 Graz-Mariatrost (AT)

(74) Vertreter: Weiser & Voith Patentanwälte Partnerschaft 
Kopfgasse 7
1130 Wien
1130 Wien (AT)

   


(54) VORRICHTUNG UND VERFAHREN ZUM DRUCKGIESSEN VON METALLISCHEM MATERIAL IN THIXOTROPEM ZUSTAND


(57) Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Druckgießen von metallischem Material in thixotropem Zustand in eine Form (3), die mehrere Angussöffnungen (4, 5) hat, umfassend einen beheizbaren Verteiler (11) mit einem Einlass (14) und mehreren mit dem Einlass über Kanäle (12, 13) in Verbindung stehenden Auslässen (15, 16), und eine Mehrzahl von beheizbaren Gießrohren (21, 22) mit jeweils einem Eingang (23, 24) und einem Ausgang (25, 26), wobei jedes Gießrohr (21, 22) mit einem rund um seinen Eingang (23, 24) liegenden Stirnflächenbereich (27, 28) an einem rund um den zugehörigen Auslass (15, 16) liegenden Oberflächenbereich (17, 18) des Verteilers (11) mittels einer linearen Relativbewegung (31 - 33) zwischen diesem Gießrohr (21, 22) und dem Verteiler (11) in Dichtanlage bringbar ist, und wobei an dem Verteiler (11) zumindest eine selektiv spannbare Zugeinrichtung (36) mit ihrem einen Ende (37) angreift, deren anderes Ende (38) an der Form (3) verankerbar ist.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Druckgießen von metallischem Material in thixotropem Zustand in eine Form, die mehrere Angussöffnungen hat, umfassend einen beheizbaren Verteiler mit einem Einlass für das Material und mehreren mit dem Einlass über Kanäle in Verbindung stehenden Auslässen, und eine Mehrzahl von beheizbaren Gießrohren mit jeweils einem Eingang zum Anschluss an je einen der Auslässe und einem Ausgang zum Ansetzen an je eine der Angussöffnungen.

[0002] Beim Druckgießen von metallischem Material im thixotropen ("semi-soliden" bzw. "fest-flüssigen") Zustand, auch als Metall-Spritzgießen, Thixoforming, Thixocasting oder Thixomolding bekannt, können Druckgussteile mit gegenüber herkömmlichen Druckgussverfahren verbesserten Eigenschaften hergestellt werden. Dabei werden die Materialien auf die Übergangstemperatur zwischen der festen und der flüssigen Phase gebracht, sodass verteilte kristallisierte Bestandteile in zusammenhängende geschmolzene Bereiche eingebettet sind ("thixotrope Phase"). Durch die zusätzliche Einwirkung von Scherkräften werden die kristallinen Strukturen der festen Bestandteile verkleinert, die Viskosität des Materials sinkt, was dessen Einspritzen in die Druckgussform erleichtert und ein präzises Druckgießen ermöglicht.

[0003] Vorrichtungen der eingangs genannten Art mit einem beheizbaren Verteiler und mehreren beheizbaren Gießrohren dienen dazu, mit einer einzigen Spritzgussmaschine gleich mehrere Formen oder eine große Form über mehrere Angussöffnungen zu beschicken, um die Fließstrecken in der Form kurz zu halten. Die Gießrohre werden auch als "Heißkanäle" bezeichnet, und Systeme mit mehreren Gießrohren als "Mehrfach-Heißkanalsysteme".

[0004] Die Anforderungen an Mehrfach-Heißkanalsysteme für das Thixoforming unterscheiden sich dabei wesentlich von "normalen" Heißkanalsystemen für z.B. den Kunststoffspritzguss. Die Prozesstemperatur für das Thixoforming von z.B. Aluminium- oder Magnesiumlegierungen liegt im Bereich von 550 - 700 °C. Die für das Spritzgießen der thixotropen Metallschmelze erforderlichen Drücke betragen dabei mehrere 100 bar bis zu über 1000 bar.

[0005] Bei derartig hohen Temperaturen und Drücken versagen bereits viele Abdichtungssysteme, die zum Beispiel im Kunststoffspritzguss zur Abdichtung zwischen Spritzgussmaschine, Verteiler, Gießrohren und Form noch problemlos einsetzbar sind, wie Hochtemperaturkunststoff-Dichtringe und metallische Schraubverbindungen. Kunststoffdichtungen weichen auf, und metallische Schraubverbindungen beginnen bei hohen Temperaturen zu "kriechen", d.h. geben nach, lockern sich und werden undicht. Nicht zuletzt ist bei hohen Temperaturbereichen die Wärmedehnung der Bauteile signifikant, was die Materialermüdung aller Verbindungen und damit Undichtigkeiten verstärkt. Derzeit bekannte Mehrfach-Heißkanalsysteme für Thixoforming haben daher nur kurze Standzeiten, was ihren praktischen Einsatz stark limitiert.

[0006] Die Erfindung setzt sich zum Ziel, ein Mehrfach-Heißkanalsystem für das Druckgießen von metallischen Materialien in thixotropem Zustand zu schaffen, welches hohe Standzeiten ermöglicht.

[0007] Dieses Ziel wird in einem ersten Aspekt mit einer Vorrichtung der einleitend genannten Art erreicht, die sich erfindungsgemäß dadurch auszeichnet, dass jedes Gießrohr mit einem rund um seinen Eingang liegenden Stirnflächenbereich an einem rund um den zugehörigen Auslass liegenden Oberflächenbereich des Verteilers mittels einer linearen Relativbewegung zwischen diesem Gießrohr und dem Verteiler in Dichtanlage bringbar ist, wobei an dem Verteiler zumindest eine selektiv spannbare Zugeinrichtung mit ihrem einen Ende angreift, deren anderes Ende an der Form verankerbar ist.

[0008] Das Mehrfach-Heißkanalsystem der Erfindung beruht auf dem neuartigen Ansatz, auf störungsanfällige Schraubverbindungen zwischen Verteiler und Gießrohren gänzlich zu verzichten und stattdessen eine wahlweise spann- und entspannbare Dichtpressung zwischen den Gießrohren und dem Verteiler vorzusehen. Die Vorrichtung kann damit in entspanntem Zustand auf die für das Thixoforming erforderliche Betriebstemperatur von z.B. 600 °C (Aluminium- oder Magnesiumlegierungen) gebracht werden, in welcher die dabei auftretende Wärmedehnung der Gießrohre und des Verteilers deren Relativlagen verändert, und anschließend wird durch Spannen der Zugeinrichtung die Dichtanlage zwischen den wärmegedehnten Komponenten hergestellt. Die Abmessungen der Komponenten Gießrohre und Verteiler, insbesondere die Ausrichtungen der Gießrohr-Stirnflächenbereiche und der Verteiler-Oberflächenbereiche, können so bereits für den heißen Betriebszustand ausgelegt werden. Wenn die Zugeinrichtung dann im heißen Betriebszustand gespannt wird, sind alle Komponenten perfekt zueinander ausgerichtet. Dadurch kann im Betrieb eine optimale Dichtanlage zwischen Gießrohren und Verteiler erreicht werden, selbst bei großen Mittenabständen zwischen den Angussöffnungen. Durch den Verzicht auf gesonderte Dichtringe und störungsanfällige metallische Schraubverbindungen können dabei außerordentliche Standzeiten der Vorrichtung von über 500.000 Druckgussvorgängen ("Schüssen") erreicht werden.

[0009] In diesem Sinne schafft die Erfindung in einem zweiten Aspekt auch ein Verfahren zum Druckgießen von metallischem Material in thixotropem Zustand in eine Form, die mehrere Anguss-öffnungen hat, mit den Schritten:

Bereitstellen einer Vorrichtung der hier vorgestellten Art;

Ansetzen der Gießrohre an die Angussöffnungen und Verankern der Zugeinrichtung in entspanntem Zustand an der Form;

Aufheizen des Verteilers und der Gießrohre auf die für den thixotropen Zustand des Materials erforderliche Temperatur;

Spannen der Zugeinrichtung, um die Stirnflächenbereiche der Gießrohre an den Oberflächenbereichen des Verteilers in Dichtanlage zu bringen; und

Ansetzen der Düse einer Spritzgussmaschine an den Einlass des Verteilers und Druckgießen des Materials über den Verteiler und die Gießrohre in die Form.



[0010] Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Gießrohre vom Verteiler aus gesehen voneinander divergieren. Dadurch kann die Spannweite der Vorrichtung erhöht werden, sodass größere Formen mit weiter auseinanderliegenden Angussöffnungen beschickt werden können, oder es kann umgekehrt mit einem kleineren Verteiler das Auslangen gefunden werden, was die zu erwärmende und abzukühlende Masse der Vorrichtung reduziert, so dass die Rüst-und Stillstandszeiten bei Werkzeugwechseln oder Reparaturen verkürzt werden können. Gleichzeitig wird durch die schräge Lage der Gießrohre gegenüber dem Verteiler eine Selbstzentrierung des Verteilers erreicht, wenn dieser durch die Zugeinrichtung auf die Gießrohre gespannt wird. Dadurch können allfällige ungleichmäßige Wärmedehnungen der Gießrohre besser aufgenommen und eine noch bessere Abdichtung im heißen Zustand erzielt werden.

[0011] Für die Selbstzentrierung des Verteilers gegenüber den Gießrohren beim Spannen der Zugeinrichtung ist es besonders günstig, wenn der Oberflächenbereich jedes Auslasses schräg zu einer zentralen Achse des Verteilers und bevorzugt auch schräg zu dem zu diesem Auslass führenden Kanal liegt, und/oder wenn der Stirnflächenbereich jedes Gießrohres schräg zu seiner Längsachse liegt. Mit jeder dieser Maßnahmen kann die Dichtheit im heißen Zustand noch weiter gesteigert werden. Durch die Zugeinrichtung in Verbindung mit den schrägen Anpressflächen wird zusätzlich sichergestellt, dass Wärmedehnungsschwankungen im Betrieb, zum Beispiel bei notwendigen Prozesstemperaturoptimierungen, ausgeglichen werden, ebenso wie geringfügige Toleranzabweichungen aus dem Herstellprozess.

[0012] Gemäß einem weiteren bevorzugten Merkmal bildet die Längsachse jedes Gießrohres, wenn es an den zugehörigen Auslass angeschlossen ist, einen stumpfen Winkel mit dem zu diesem Auslass führenden Kanal. Dadurch erfährt der Strömungsweg der Schmelze beim Übergang vom Verteiler zum jeweiligen Gießrohr einen leichten Knick, welcher das Abreißen der erkalteten Schmelze, wenn das Gießrohr vom Verteiler im kalten Zustand beispielsweise zu Reparaturzwecken getrennt werden soll, erleichtert. Die erkaltete Schmelze wird beim Trennen der Gießrohre vom Verteiler an diesem Knick nicht nur auf Zug sondern auch auf Scherung beansprucht, was das Abreißen begünstigt.

[0013] Bevorzugt weist der Verteiler neben jedem Auslass eine optional einstellbare seitliche Führung für das eingangsseitige Ende des zugehörigen Gießrohres auf. Dadurch können die Gießrohreingänge noch besser auf die Verteilerauslässe ausgerichtet werden. Im Falle von divergierenden Gießrohren, insbesondere mit schrägen Stirnflächenbereichen und damit zusammenwirkenden schrägen Verteiler-Oberflächenbereichen, bilden die seitlichen Führungen überdies einen Anschlag für die Seitwärtsbewegung der Gießrohre bei der Selbstzentrierung des Verteilers auf den Gießrohren.

[0014] In einer ersten Variante der Erfindung kann für jedes Gießrohr eine eigene Zugeinrichtung vorgesehen werden, um den Verteiler gegen dieses Gießrohr zu spannen. In einer zweiten, besonders vorteilhaften Variante sind die genannten Relativbewegungen für alle Gießrohre parallel und allen Gießrohren ist eine gemeinsame Zugeinrichtung zugeordnet. Mit einer einzigen Spann- bzw. Entspannbewegung der gemeinsamen Zugeinrichtung kann so der Verteiler an allen Gießrohren zur Dichtanlage gebracht bzw. von diesen wieder gelöst werden.

[0015] In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist die Zugeinrichtung eine kombinierte Zug-/Druckeinrichtung, die wahlweise zur Ausübung von Zug oder Druck betätigbar ist. Die kombinierte Zug-/Druckeinrichtung kann zum kräftigen Abheben des Verteilers von den Gießrohren verwendet werden, beispielsweise im erkalteten Zustand, um die erkaltete Schmelze an den Schnittstellen der Verteilerauslässe zu den Gießrohreingängen abzureißen.

[0016] Dazu ist es besonders günstig, wenn die Gießrohre temporär an der Form verankerbar sind. Die Gießrohre können damit zum leichteren Abheben des Verteilers zunächst noch an der Form fixiert werden, oder sie können überhaupt an der Form verankert bleiben, wenn z.B. nur der Verteiler getauscht werden soll.

[0017] Die Zugeinrichtung kann auf jede in der Technik bekannte Art ausgebildet sein, beispielsweise als Spannnocken, Exzenter, Schiebekeile usw. Bevorzugt ist die Zugeinrichtung durch zumindest einen Hydraulikzylinder gebildet. Mit entsprechendem Hydraulikdruck, z.B. 5 bis 500 bar, und einer entsprechend großen Kolbenfläche können so sehr große Spannkräfte aufgebracht werden, bis zu mehreren Tonnen. Zudem kann durch Verstellung des Hydraulikdrucks im Betrieb jederzeit nachjustiert werden. Es versteht sich, dass die Zugeinrichtung auch mehrere an verschiedenen Punkten des Verteilers angreifende Hydraulikzylinder umfassen kann, beispielsweise an diametralen Enden eines langgestreckten Verteilers oder über den Umfang eines runden oder polygonalen Verteilers verteilt.

[0018] Besonders günstig ist es, wenn die Hydraulikzylinder doppelwirkende Hydraulikzylinder sind, mittels welchen eine kombinierte Zug-/Druckeinrichtung auf einfache Weise realisiert werden kann.

[0019] Gemäß einem weiteren vorteilhaften Merkmal der Erfindung greift das eine Ende der Zugeinrichtung an dem Verteiler lösbar an, bevorzugt über eine Nut/Feder-Verbindung. Dadurch kann die Vorrichtung auf besonders einfache Weise zur Reparatur und Wartung in ihre Einzelteile zerlegt werden.

[0020] Bevorzugt sind der Verteiler und die Gießrohre von Kühlfluidkanälen durchzogen. Dadurch kann die Vorrichtung bei Bedarf rasch abgekühlt werden, z.B. für Werkzeugwechsel oder zur Reparatur. Zumindest einige der Kühlfluidkanäle können dabei die Verteiler-Oberflächenbereiche und die jeweils daran anliegenden Gießrohr-Stirnflächenbereiche fluchtend durchsetzen. Die Kühlfluidkanäle in den Gießrohren können dadurch vom Verteiler her gespeist werden, sodass externe Kühlfluidzuleitungen zu den Gießrohren nicht erforderlich sind.

[0021] Die zwischen Verteiler und Form wirkende Zugeinrichtung ist einem hohen Temperaturgradienten unterworfen. Der Verteiler liegt auf der Temperatur der thixotropen Schmelze, z.B. 600 °C, während die Form auf eine im Vergleich dazu kühle Temperatur von 100 - 300 °C temperiert wird. Um die Zugeinrichtung, beispielsweise die für diese verwendeten Hydraulikzylinder, vor der hohen Temperatur des Verteilers zu schützen, ist gemäß einem weiteren bevorzugten Merkmal der Erfindung das am Verteiler angreifende Ende der Zugeinrichtung von zumindest einem Kühlfluidkanal durchsetzt, mit welchem diese Ende gekühlt werden kann.

[0022] Die Vorrichtung der Erfindung kann einen eigenständigen Adapter zum Ansetzen einer herkömmlichen Spritzgussmaschine an eine Form mit mehreren Angussöffnungen bilden. Die Form braucht dazu lediglich mit einer Verankerung für das Ende der Zugeinrichtung ausgestattet zu werden. In einer alternativen Ausführungsform kann die Vorrichtung der Erfindung einen mit der Form verbindbaren oder einen Teil der Form selbst bildenden Formeinsatz mit mehreren Angussöffnungen umfassen, welche Aufnahmen für die Ausgänge der Gießrohre bilden. Der Formeinsatz kann beispielsweise ein Teil oder die gesamte Formhälfte einer zweiteiligen Form sein.

[0023] Besonders günstig ist es, wenn die Längsachse jedes Gießrohres, wenn es an die zugehörige Angussöffnung angesetzt ist, einen stumpfen Winkel mit der Durchtrittsachse dieser Angussöffnung bildet. Dadurch ergibt sich auch an dieser Stelle ein leichter Knick des Strömungswegs der Metallschmelze. Beim Entformen des durchgegossenen Formlings, wenn die Form geöffnet wird und die Schmelze im Gießrohrausgang zu einem Pfropfen erstarrt, reduziert dieser Knick zwischen Gießrohr und Angussöffnung die Länge des Pfropfens. Der Pfropfen stellt Ausschuss dar, der vor dem nächsten Druckpressvorgang entfernt werden muss, und ein kürzerer Pfropfen bedeutet verringerten Ausschuss.

[0024] Gemäß einem weiteren bevorzugten Merkmal kann der Formeinsatz einen Endanschlag für den Verteiler bei dessen Relativbewegung gegenüber den Gießrohren darbieten. Dies schafft Sicherheit bei einem Einsatz der Vorrichtung an älteren Spritzgussmaschinen, welche zum Teil sehr hohe Anpresskräfte haben können, die zu einer Zerstörung der zwischen dem Verteiler und der Form eingespannten Gießrohren führen könnten, wenn sie nicht durch einen solchen Endanschlag abgefangen werden.

[0025] Die Erfindung wird nachstehend anhand von in den beigeschlossenen Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. In den Zeichnungen zeigen:

Fig. 1 die Vorrichtung der Erfindung in gespanntem Zustand zwischen einer Spritzgussmaschine und einer Form im Schnitt;

Fig. 2 die Vorrichtung von Fig. 1 in entspanntem Zustand mit von den Gießrohren abgehobenem Verteiler im Schnitt;

Fig. 3 eines der Gießrohre der Vorrichtung von Fig. 1 in einer Seitenansicht; und

die Fig. 4 und 5 zwei weitere Ausführungsformen der Vorrichtung der Erfindung in einer Perspektivansicht von schrägunten (Fig. 4) bzw. schräg-oben (Fig. 5).



[0026] Die Fig. 1 und 2 zeigen eine Vorrichtung 1 zum Druckgießen von metallischem Material, z.B. einer Aluminium- oder Magnesiumlegierung. Die Vorrichtung 1 ist in der Art eines Adapters bzw. Mehrfachverteilers ("Mehrfach-Heißkanals") zwischen die Düse 2 einer (nicht weiter dargestellten) Spritzgussmaschine und eine Form 3 mit mehreren Angussöffnungen 4, 5 zwischengeschaltet. In der Spritzgussmaschine wird das metallische Material durch Temperatur- und Druckeinwirkung z.B. mittels einer beheizten Schneckeneinheit in den thixotropen Zustand versetzt und über die Düse 2 für den Druckgussvorgang ("Schuss") als thixotrope Metallschmelze abgegeben.

[0027] Die Metallschmelze aus der Düse 2 wird von der Vorrichtung 1 über die Angussöffnungen 4, 5 in an diese anschließende Formhohlräume 6, 7 der Form 3 gespritzt, um darin einen oder mehrere Formlinge (nicht gezeigt) zu gießen. Die Form 3 ist in herkömmlicher Weise mehrteilig und öffenbar, beispielsweise mittels zweier relativ zueinander öffen- und schließbarer Formhälften 8, 9, um die Formlinge aus den Formhohlräumen 6, 7 zu entformen; dazu dienende Auswerfer in den Formhälften 8, 9 sind der Einfachheit halber nicht gezeigt.

[0028] Die Angussöffnungen 4, 5 können in der einen Formhälfte 9 ausgebildet sein oder in einem Formeinsatz 10 der Formhälfte 9. Die Form 3 oder ihr Formeinsatz 10 mit den Angussöffnungen 4, 5 kann von der Vorrichtung 1 gesondert oder ein Teil derselben sein.

[0029] Die Vorrichtung 1 weist einen zentralen Verteiler 11 auf, z.B. aus einem soliden Metallblock, der von inneren, sich verzweigenden Kanälen 12, 13 durchzogen ist. Die Kanäle 12, 13 verbinden einen Einlass 14 auf einer Seite des Verteilers 11 mit zwei oder mehr Auslässen 15, 16 auf einer anderen Seite des Verteilers 11. Die Auslässe 15, 16 sind beispielsweise auf einer dem Einlass 14 gegenüberliegenden oder benachbarten Seite des Verteilers 11 angeordnet. Im gezeigten Beispiel liegen die Auslässe 15, 16 auf schräg nach unten und außen weisenden Oberflächenbereichen 17, 18 des Verteilers 11, während der Einlass 14 auf der oberen Seite 19 des Verteilers 11 liegt. Es versteht sich, dass die Vorrichtung 1 in beliebiger Einbaulage verwendet werden kann, sodass die Ausdrücke "oben" und "unten" hier nur relativ zueinander zu verstehen sind.

[0030] Vom Verteiler 11 gehen zwei oder mehr Gießrohre 21, 22 aus, die unter einem Divergenzwinkel α voneinander divergieren. Jedes Gießrohr 21, 22 hat einen Eingang 23, 24 und einen Ausgang 25, 26, die über den Rohrinnenraum des Gießrohres 21, 22 miteinander in Strömungsverbindung stehen. Der Eingang 23, 24 jedes Gießrohres 21, 22 ist jeweils mit einem der Auslässe 15, 16 des Verteilers 11 in Strömungsverbindung bringbar, und der Ausgang 25, 26 jedes Gießrohres 21, 22 jeweils mit einer der Angussöffnungen 4, 5 der Form 3.

[0031] Der Verteiler 11 einerseits und die Gießrohre 21, 22 anderseits sind zueinander relativbeweglich, und zwar zwischen einer ersten, in Fig. 1 gezeigten Stellung, in welcher die rund um die Eingänge 23, 24 liegenden Stirnflächenbereiche 27, 28 der Gießrohre 21, 22 jeweils mit dem rund um den zugehörigen Auslass 15, 16 liegenden Oberflächenbereich 17, 18 des Verteilers 11 in Dichtanlage sind, und einer zweiten, in Fig. 2 gezeigten Stellung, in der die Stirnflächenbereiche 27, 28 der Gießrohre 21, 22 von den Oberflächenbereichen 17, 18 des Verteilers 11 abgehoben sind. Dazu ist beispielsweise jedes Gießrohr 21, 22 in einer zu seiner Längsachse 29, 30 parallelen Linearbewegung 31, 32 individuell gegenüber dem Verteiler 11 relativbeweglich, oder es sind alle Gießrohre 21, 22 in derselbe Linearrichtung gegenüber dem Verteiler 11 relativbeweglich bzw. ist umgekehrt betrachtet der Verteiler 11 in einer einzigen Linearbewegung 33 gegenüber allen Gießrohren 21, 22 relativbeweglich. Diese gemeinsame Bewegung bzw. einzige Linearbewegung 33 kann beispielsweise parallel zu einer zentralen Achse 34 des Verteilers 11 sein, welche Achse 34 insbesondere auch mit einer zentralen Achse 35 der Düse 2 der Spritzgussmaschine zusammenfallen kann.

[0032] Um in der Abdichtungsstellung (Fig. 1) den Verteiler 11 dicht an die Gießrohre 21, 22 anzupressen, d.h. die Dichtanlage zwischen den Verteiler-Oberflächenbereichen 17, 18 und den Gießrohr-Stirnflächenbereichen 27, 28 herzustellen, weist die Vorrichtung 1 mindestens eine Zugeinrichtung 36 auf, die mit ihrem einen Ende 37 am Verteiler 11 und mit ihrem anderen Ende 38 an der Form 3 angreift, genauer an jener Formhälfte 9 bzw. dem Formeinsatz 10, welche bzw. welcher die Angussöffnungen 4, 5 hat. Die Zugeinrichtung 36 spannt die Gießrohre 21, 22 zwischen Verteiler 11 und Form 3 ein.

[0033] Zur besseren Aufnahme der von den Gießrohren 21, 22 auf die Form 3 bzw. die Angussöffnungen 4, 5 ausgeübten Kraft können die Angussöffnungen 4, 5 speziell an die Form der ausgangsseitigen Enden der Gießrohre 21, 22 angepasste Aufnahmen 39, 40 bilden. Wie in Fig. 3 gezeigt, sind die ausgangsseitigen Enden der Gießrohre 21, 22 mit Absätzen 41 und Abschrägungen 42 versehen, und die Aufnahmen 39, 40 der Angussöffnungen 4, 5 sind komplementär dazu ausgebildet, um die Enden der Gießrohre 21, 22 formschlüssig bzw. zentrierend aufzunehmen und dabei gleichzeitig abzudichten.

[0034] Wenn die Formhälfte 9 bzw. der Formeinsatz 10 mit den Angussöffnungen 4, 5 keinen Teil der Vorrichtung 1 bildet, d.h. die Vorrichtung 1 zur Verbindung mit beliebigen "fremden" Formen 3 bestimmt ist, dann ist das formseitige Ende 38 der Zugeinrichtung 36 entsprechend zur Verankerung an solchen Fremd-Formen 3 ausgebildet. Dazu kann das Ende 38 beispielsweise Bohrungen 43 zur Verschraubung mit der Formhälfte 9 oder dem Formeinsatz 10, einen Bajonettkopf, der in einer entsprechenden Bajonettnut der Formhälfte 9 oder des Formeinsatzes 10 verriegelbar ist, oder eine Spange oder Klammer aufweisen, welche die Formhälfte 9 oder den Formeinsatz 10 lösbar ergreifen kann, od.dgl. Wenn die Formhälfte 9 bzw. der Formeinsatz 10 Teil der Vorrichtung 1 sind, kann das Ende 38 der Zugeinrichtung 36 optional auch einstückig mit der Formhälfte 9 oder dem Formeinsatz 10 ausgebildet sein.

[0035] Auch das Ende 37 der Zugeinrichtung 36 kann lösbar an dem Verteiler 11 angreifen, z.B. mittels einer Verschraubung, Bajonettkupplung, Klinkenverbindung, Schwalbenschwanzverbindung oder wie gezeigt einer Nut/Feder-Verbindung mit einem T-förmigen Kopf 37', der in eine T-Nut 37" des Verteilers 11 seitlich einschiebbar ist.

[0036] Für die Zugeinrichtung 36 kann jeder in der Technik bekannte Aktuator verwendet werden, der eine Zugkraft (Spannkraft) zwischen Verteiler 11 und Form 3 errichten kann, um diese gegeneinander zu spannen, beispielsweise ein Spannnocken, Exzenter, Schiebekeile, eine Schraubzwinge od.dgl. Im gezeigten Beispiel weist die Zugeinrichtung 36 mindestens einen Hydraulikzylinder auf, dessen Kolben mit dem einen Ende 37 und dessen Zylinderteil mit dem anderen Ende 38 verbunden ist oder umgekehrt. Der Hydraulikzylinder kann mit einem Druck von z.B. 5 bis 500 bar beaufschlagt werden.

[0037] Die Zugeinrichtung 36 kann auch eine kombinierte Zug-/Druckeinrichtung sein, beispielsweise mit (mindestens) einem doppelwirkenden Hydraulikzylinder, so dass sie auch eine den Verteiler 11 von der Form 3 entfernende Druckkraft (Spreizkraft) ausüben kann. Damit können die Gießrohre 21, 22 vom Verteiler 11 nicht nur bloß gelockert werden, wie es durch das Entspannen der Zugeinrichtung 36 geschieht, sondern die Gießrohre 21, 22 können auch mittels der Spreizkraft zwangsweise vom Verteiler 11 abgelöst werden (Fig. 2), beispielsweise zu Reparatur- oder Werkzeugwechselzwecken. Allfällige in den Kanälen 12, 13 des Verteilers 11 und den Innenräumen der Gießrohre 21, 22 erstarrte Metallschmelze kann so durch die Spreizkraft der kombinierten Zug-/Druckeinrichtung 36 in den sich auftuenden Spalten 44, 45 zwischen den Stirnflächenbereichen 27, 28 und den Oberflächenbereichen 17, 18 abgerissen bzw. abgeschert werden, um die Gießrohre 21, 22 vollständig ausbauen zu können.

[0038] Die Gießrohre 21, 22 können zum Abtrennen des Verteilers 11 mittels in Querbohrungen 46' der Gießrohre 21, 22 eingreifender Querstifte oder Schrauben 46 an der Form 3 temporär verankert werden, beispielsweise an einem zwischen die Gießrohre 21, 22 reichenden Vorsprung 10' des Formeinsatzes 10.

[0039] Bei einem großen oder langgestreckten Verteiler 11 können auch mehrere Zugeinrichtungen 36 über den Umfang oder die Längserstreckung des Verteilers 11 verteilt zum Einsatz kommen.

[0040] Anstelle einer oder mehrerer gemeinsamer Zugeinrichtungen 36 für alle Gießrohre 21, 22 könnte auch für jedes Gießrohr 21, 22 eine eigene Zugeinrichtung 36 verwendet werden, insbesondere bei individuellen Linearbewegungen 31, 32 der Gießrohre 21, 22.

[0041] Wie einleitend erörtert wird die Vorrichtung 1 als Mehrfach-Heißkanalsystem in einem Heißbetrieb verwendet. Zu diesem Zweck sind sowohl der Verteiler 11 als auch die Gießrohre 21, 22 beheizbar, um sie auf die thixotrope Temperatur der zu gießenden Metallschmelze zu bringen. Dazu ist der Verteiler 11 mit einer Heizeinrichtung 47 ausgestattet, beispielsweise einem ringförmigen, elektrisch betriebenen Keramikheizelement oder anderen Widerstandsheizband, das den Verteiler 11 mit engem Abstand umgibt und seinerseits von einer Wärmeisolierung 47' umschlossen ist. Das Heizelement 47 und die Wärmeisolierung 47' können von einer wärmeisolierenden Abdeckhaube 48 abgehängt sein, die über den Verteiler 11 gestülpt ist und eine zentrale Öffnung 49 hat, um der Spritzdüse 2 Zugang zum Einlass 14 des Verteilers 11 zu gewähren. Die Abdeckhaube 48 kann auch auf Umfangsteilen der Formhälfte 9 aufliegen. Mithilfe der Heizeinrichtung 47 kann der Verteiler 11 auf die Prozesstemperatur für Aluminium- oder Magnesiumlegierungen von z.B. 550 - 700 °C gebracht werden.

[0042] Die Gießrohre 21, 22 sind ebenfalls mit eigenen Heizeinrichtungen 51, 52 ausgestattet, beispielsweise elektrisch betriebenen Heizhülsen, die auf die Gießrohre 21, 22 aufgezogen und nach außen hin wärmeisoliert sind. Mithilfe der Heizhülsen 51, 52 werden auch die Gießrohre 21, 22 auf die thixotrope Temperatur der Metallschmelze von z.B. 550 - 700 °C für Aluminium-oder Magnesiumlegierungen gebracht.

[0043] Die Form 3 mitsamt dem Formeinsatz 10 und dessen Vorsprung 10' wird zum Erstarrenlassen der in die Form 3 eingespritzten Metallschmelze zum Formling auf eine vergleichsweise niedrige Temperatur von z.B. 100 - 300 °C temperiert, z.B. mittels (nicht gezeigter) Temperierfluidkanäle in der Form 3, die mit entsprechenden Temperierfluiden wie Öl, Wasser oder Luft beaufschlagt werden.

[0044] Durch die hohe Temperatur des Verteilers 11 und der Gießrohre 21, 22 im Betrieb erfahren sowohl der Verteiler 11 als auch die Gießrohre 21, 22 eine signifikante Wärmedehnung, welche beispielsweise den gegenseitigen Abstand der ausgangsseitigen Enden der Gießrohre 21, 22 um mehrere Millimeter erhöhen kann. Da die gegenseitige Lage der Angussöffnungen 4, 5 der Form 3 vorgegeben ist, könnten dadurch beträchtliche thermische Spannungen im Inneren der Vorrichtung 1 auftreten, die zu Undichtigkeiten zwischen den Gießrohren 21, 22 und dem Verteiler 11 sowie der Form 3 führen können. Um dem entgegenzuwirken, wird die Vorrichtung 1 unter Ausnützung der spann- und entspannbaren Zugeinrichtung 36 wie folgt dimensioniert und betrieben.

[0045] Zunächst werden die Abmessungen der Vorrichtung 1, insbesondere des Verteilers 11 und der Gießrohre 21, 22, für die thixotrope Temperatur des zu gießenden Metalls, z.B. 600 °C bei einer Magnesiumlegierung, mittels einer geometrischen Wärmedehnungsberechnung ausgelegt, sodass bei dieser Temperatur die Auslässe 15, 16 des Verteilers 11 mit den Eingängen 23, 24 der Gießrohre 21, 22 fluchten, die Oberflächenbereiche 17, 18 des Verteilers 11 dicht an den Stirnflächenbereichen 27, 28 der Gießrohre 21, 22 anliegen, die Ausgänge 25, 26 der Gießrohre 21, 22 mit den Angussöffnungen 4, 5 fluchten und die ausgangsseitigen Enden der Gießrohre 21, 22 dicht und formschlüssig in den Aufnahmen 39, 40 der Angussöffnungen 4, 5 sitzen, ohne dass dabei mechanische Spannungen, insbesondere Biegebeanspruchungen der Gießrohre 21, 22, auftreten.

[0046] Im kalten Zustand der Vorrichtung 1, wenn die Heizeinrichtungen 47, 51, 52 noch nicht laufen, ergibt sich durch diese Dimensionierung umgekehrt aufgrund der Kälteschrumpfung eine Fehlausrichtung zwischen den Verteiler-Auslässen 15, 16 und den Gießrohr-Eingängen 23, 24, wenn die Gießrohr-Ausgänge 25, 26 vor Beginn des Spritzgussvorgangs mit den Anguss-Öffnungen 4, 5 ausgerichtet werden. Dazu werden die kalten Gießrohre 21, 22 locker in die Aufnahmen 39, 40 der Form 3 eingesetzt. Der Verteiler 11 wird anschließend locker - in Fehlausrichtung wegen der Kälteschrumpfung - auf die Gießrohre 21, 22 aufgesetzt, während die Zugeinrichtung 36 noch entspannt ist. Nun werden der Verteiler 11 und die Gießrohre 21, 22 auf die thixotrope Temperatur des zu gießenden Materials erhitzt, z.B. auf 600 °C, während die Form 3 auf die vergleichsweise kühlere Erstarrungstemperatur von z.B. 200 °C erwärmt wird.

[0047] Wenn alle Temperaturen für den Spritzgussvorgang eingestellt sind, ist die anfängliche Fehlausrichtung zwischen den Gießrohr-Stirnflächenbereichen 27, 28 und den Verteiler-Oberflächenbereichen 17, 18 durch die Wärmedehnung beseitigt. Die Zugeinrichtung 36 wird nun gespannt und presst damit die Gießrohr-Stirnflächenbereiche 27, 28 dicht gegen die Verteiler-Oberlächenbereiche 17, 18 sowie die Gießrohr-Ausgänge 25, 26 dicht gegen die Angussöffnungen 4, 5. Die Vorrichtung 1 ist nun dicht und für den Spritzgussvorgang bereit. Beispielsweise kann nun die Düse 2 einer Spritzgussmaschine an den Einlass 14 des Verteilers 11 angesetzt werden, um die Form 3 mit thixotroper Metallschmelze zu beschicken und so den oder die Formlinge darin zu erzeugen.

[0048] Das Ansetzen der Düse 2 gegen die Vorrichtung 1 und damit auch gegen die Form 3 erfolgt mit hoher Kraft, beispielsweise von 1 - 20 Tonnen. Zum Abfangen der Anpresskraft der Düse 2 ist die Form 3 in einem stationären Gestell (nicht gezeigt) abgestützt, auf welchem die Spritzgussmaschine verfahrbar ist, oder es ist umgekehrt die Spritzgussmaschine stationär und die Form 3 mitsamt der Vorrichtung 1 verfährt auf dem Gestell.

[0049] Um eine Beschädigung der Vorrichtung 1 bei übermäßigen Anpresskräften der Spritzgussmaschine zu verhindern, kann die Vorrichtung 1 optional mit einer Sicherheitseinrichtung in Form von Endanschlägen 53, 54 für den Verteiler 11 ausgestattet sein. Im gezeigten Beispiel hat der Verteiler 11 Fortsätze 55, 56, mit denen er an den Endanschlägen 53, 54 anschlagen kann. Die Endanschläge 53, 54 können beispielsweise an der Form 3, der Formhälfte 9, dem Formeinsatz 10, dessen Vorsprung 10' oder einem Gestell dieser Komponenten abgestützt sein.

[0050] Es versteht sich, dass die Endanschläge 53, 54 noch nicht bei der "normalen" Zugkraft der Zugeinrichtung 36 zur Wirkung kommen sollen, denn die Zugkraft der Zugeinrichtung 36 soll ja gerade den Verteiler 11 auf die Gießrohre 21, 22 spannen. Erst wenn die auf den Verteiler 11 wirkende Anpresskraft der Düse 2 die Zugkraft der Zugeinrichtung 36 wesentlich übersteigt, so dass die Gefahr besteht, dass die Gießrohre 21, 22 sich verbiegen und beschädigt werden könnten, kommen die Endanschläge 53, 54 zur Wirkung und stützen den Verteiler 11 gegenüber der Form 3.

[0051] Die Zugeinrichtung 36 liegt auf ihrem am Verteiler 11 angreifenden Ende 37 auf der Betriebstemperatur des Verteilers 11, z.B. auf 600 °C, während sie auf ihrem an der Form 3 verankerten Ende 38 auf der Betriebstemperatur der Form 3 liegt, z.B. auf 200 °C. Um die Zugeinrichtung 36 vor den schädlichen Auswirkungen eines solch hohen Temperaturgradienten und insbesondere der hohen Temperatur an ihrem Ende 37 zu schützten, ist das Ende 37 mit einem Kühlfluidkanal 57 für ein Kühlfluid wie Luft, Öl oder Wasser ausgestattet. Über den Kühlfluidkanal 57 kann das Ende 37 auf die Betriebstemperatur der Form 3 herabgekühlt werden. Die Verankerung des Endes 37 am Verteiler 11 kann mit einer Wärmeisolierung versehen sein, um ein unbeabsichtigtes Mitkühlen des Verteilers 11 zu vermeiden. Auch die Endanschläge 53, 54 können mit solchen Kühlfluidkanälen 57 ausgestattet sein.

[0052] Für Reparatur- und Wartungszwecke, z.B. einen Austausch der Gießrohre 21, 22 oder ihrer Heizeinrichtungen 51, 52, oder wenn die Form 3 und/oder die Vorrichtung 1 gewechselt werden sollen, ist eine möglichst rasche Abkühlung der Vorrichtung 1 wünschenswert, um Umrüst- bzw. Reparaturzeiten möglichst kurz zu halten. Zu diesem Zweck können der Verteiler 11 und die Gießrohre 21, 22 von weiteren Kühlfluidkanälen 58 durchzogen sein, um sie bei Bedarf zwangskühlen zu können. Die Kühlfluidkanäle 58 können dabei vom Verteiler 11 ausgehend die Oberflächenbereiche 17, 18 und Stirnflächenbereiche 27, 28 fluchtend durchsetzen, in den Wandungen der Gießrohre 21, 22 und wieder zurück zum Verteiler 11 verlaufen (siehe Fig. 3), so dass keine eigenen, externen Kühlfluidleitungen zu den Gießrohren 21, 22 erforderlich sind.

[0053] Wie in den Fig. 1 und 2 ersichtlich liegt der Oberflächenbereich 17, 18 jedes Auslasses 15, 16 schräg zur zentralen Achse 34 des Verteilers und optional auch schräg zu dem zu diesem Auslass 15, 16 führenden Kanal 12, 13, und der Stirnflächenbereiche 27, 28 jedes Gießrohres 21, 22 liegt ebenso schräg zur Längsachse 29, 30 des jeweiligen Gießrohres 21, 22. Durch diese Schrägstellung ergibt sich beim Spannen des Verteilers 11 gegen die Gießrohre 21, 22 eine selbsttätige Zentrierung des Verteilers 11 zwischen den eingangsseitigen Enden der Gießrohre 21, 22, welche geringfügige Abweichungen in den Wärmedehnungen der beteiligten Komponenten kompensieren kann. Je spitzer der Winkel β zwischen den Oberflächen- bzw. Stirnflächenbereichen 17, 18, 27, 28 und der Richtung der jeweiligen Linealbewegung 31, 32 bzw. (hier) der gemeinsamen Linearbewegung 33 ist, desto stärker ist diese Selbstzentrierung.

[0054] Um die Seitenbewegung der Gießrohre 21, 22 beim Spannen des darauf schräg aufliegenden Verteilers 11 zu begrenzen bzw. den Verteiler 11 auf den Gießrohren 21, 22 zu zentrieren, kann der Verteiler 11 neben jedem Auslass 15, 16 eine seitliche Führung 59 als eine Art Seitenanschlag aufweisen. Die Führungen 59 sind beispielsweise L-Winkel, die mittels Justierschrauben 60 querverstellbar am Verteiler 11 gelagert sind.

[0055] Wie in den Fig. 1 und 2 gezeigt bilden die Längsachsen 29, 30 der Gießrohre 21, 22 mit den Verteiler-Kanälen 12, 13 jeweils einen stumpfen Winkel γ, sodass die Schmelzeströmung auf ihrem Weg von den Kanälen 12, 13 in die Gießrohre 21, 22 jeweils einen leichten Knick erfährt. Die Schrägstellungen der Oberflächenbereiche 17, 18 und Stirnflächenbereichen 27, 28 können dabei so gewählt werden, dass sie den stumpfen Winkel γ halbieren, auch wenn dies nicht zwingend ist. Der Knick des Strömungspfades erleichtert das Abreißen einer in den Kanälen 12, 13 und Gießrohrinnenräumen erstarrten Schmelze, wenn die Gießrohre 21, 22 vom Verteiler 11 zu Wartungszwecken oder für einen Werkzeugwechsel abgehoben werden (Fig. 2). Die erstarrte Schmelze wird in den sich auftuenden Spalten 44, 45 nicht nur auf Zug sondern auch auf Scherung beansprucht, was ihr Abreißen begünstigt.

[0056] Für denselben Zweck bilden die Längsachsen 29, 30 der Gießrohre 21, 22 mit den Durchtrittsachsen 61, 62 der Anguss-öffnungen 4, 5 jeweils einen stumpfen Winkel δ. Dies erleichtert das Abreißen des am Ausgang 25, 26 des jeweiligen Gießrohres 21, 22 beim Entformen des Formlings erstarrenden Angusspfropfens. Auch verkürzt es die Gesamtlänge des bis in den Ausgang 25, 26 hineinreichenden Pfropfens, der den Ausgang 25, 26 des Gießrohres 21, 22 bis zum nächsten Schuss vorübergehend verschließt. Dieser Pfropfen wird beim nächsten Schuss durch die nachdrängende heiße Schmelze aus dem Ausgang 25, 26 herausgedrückt und in einen Pfropfenfänger in der Form 3 ausgeworfen, wo er Ausschuss darstellt; ein kleinerer bzw. kürzerer Pfropfen bedeutet damit auch weniger Ausschuss an Material.

[0057] Fig. 3 zeigt eines der Gießrohre 21, 22 im Detail. Das dargestellte Gießrohr 21 ist für einen Divergenzwinkel α/2 von 20° ausgebildet. Allgemein kann der Divergenzwinkel α im Bereich von 10° bis 185°, bevorzugt 20° bis 120°, besonders bevorzugt 30° bis 80° und insbesondere symmetrisch zur zentralen Achse 34 des Verteilers 11 liegen.

[0058] Das eingangsseitige Ende des Gießrohres 21 weist einen stufenförmigen Absatz 63 für den Angriff der Seitenführung 59 des Verteilers 11 auf. Die Seitenführung 59 kann in der Art eines Keiles in den Absatz 63 eingreifen. Zu diesem Zweck kann die Seitenwand des Absatzes 63 in der Dichtanlagestellung (Fig. 1) des Gießrohres 21 unter einem Winkel ϕ von 1° - 20°, z.B. 10°, zur zentralen Achse 34 des Verteilers 11 verlaufen.

[0059] Das ausgangsseitige Ende des Gießrohres 21 ist an seiner Außenseite komplementär zur jeweiligen Aufnahme 39, 40 der Angussöffnung 4, 5 ausgebildet. Wie gezeigt kann der Endabschnitt des Ausgangs 25, 26 bereits den Knick zur Umlenkung der Gießrohrachse 29, 30 zur Angussöffnungsachse 61, 62 enthalten, falls gewünscht.

[0060] Fig. 4 zeigt eine Ausführungsform der Vorrichtung 1 mit vier symmetrisch von einem runden Verteiler 11 divergierend ausgehenden Gießrohren 21, 21', 22, 22' und einer gemeinsamen Zugeinrichtung 36 für alle Gießrohre.

[0061] Fig. 5 zeigt eine weitere Ausführungsform der Vorrichtung 1 mit einem langgestreckten Verteiler 11, von dem zwei Gießrohre 21, 22 voneinander divergierend ausgehen. Eine gemeinsame Zugeinrichtung 36 für beide Gießrohre 21, 22 ist durch zwei doppelwirkende Hydraulikzylinder 36', 36" gebildet, welche jeweils an diametralen Enden des Verteilers 11 angreifen und an der Form 3 verankerbar sind.

[0062] Die Vorrichtung 1 kann an geeigneten Stellen, beispielsweise am Verteiler 11, an den Ein- und Ausgängen 23 - 26 der Gießrohre 21, 22 und/oder an den Endanschlägen 53, 54, mit Temperatursensoren ausgestattet sein, um die Heizeinrichtungen 47, 51, 52 zu regeln und den Spritzgussvorgang entsprechend zu steuern. Auch kann mithilfe der Temperatursensoren überwacht werden, dass die Zugeinrichtung 36 erst dann gespannt wird, wenn der Verteiler 11 und die Gießrohre 21, 22 ihre korrekten Betriebstemperaturen erreicht haben.

[0063] Die hier vorgestellten Vorrichtungen und Verfahren sind nicht nur zum Thixoforming von Aluminium- oder Magnesiumlegierungen im Temperaturbereich von 550 - 700 °C geeignet, sondern auch von anderen Metalllegierungen, z.B. Stahllegierungen, bei Temperaturen von bis zu 1500 °C und mehr.

[0064] Die Erfindung ist nicht auf die dargestellten Ausführungsformen beschränkt, sondern umfasst alle Varianten, Modifikationen und deren Kombinationen, die in den Rahmen der angeschlossenen Ansprüche fallen.


Ansprüche

1. Vorrichtung (1) zum Druckgießen von metallischem Material in thixotropem Zustand in eine Form (3), die mehrere Angussöffnungen (4, 5) hat, umfassend
einen beheizbaren Verteiler (11) mit einem Einlass (14) für das Material und mehreren mit dem Einlass über Kanäle (12, 13) in Verbindung stehenden Auslässen (15, 16), und
eine Mehrzahl von beheizbaren Gießrohren (21, 22) mit jeweils einem Eingang (23, 24) zum Anschluss an je einen der Auslässe (15, 16) und einem Ausgang (25, 26) zum Ansetzen an je eine der Angussöffnungen (4, 5),
dadurch gekennzeichnet,
dass jedes Gießrohr (21, 22) mit einem rund um seinen Eingang (23, 24) liegenden Stirnflächenbereich (27, 28) an einem rund um den zugehörigen Auslass (15, 16) liegenden Oberflächenbereich (17, 18) des Verteilers (11) mittels einer linearen Relativbewegung (31 - 33) zwischen diesem Gießrohr (21, 22) und dem Verteiler (11) in Dichtanlage bringbar ist,
wobei an dem Verteiler (11) zumindest eine selektiv spannbare Zugeinrichtung (36) mit ihrem einen Ende (37) angreift, deren anderes Ende (38) an der Form (3) verankerbar ist.
 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Gießrohre (21, 22) vom Verteiler (11) aus gesehen voneinander divergieren.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Oberflächenbereich (17, 18) jedes Auslasses schräg zu einer zentralen Achse (34) des Verteilers (11) und bevorzugt auch schräg zu dem zu diesem Auslass (15, 16) führenden Kanal (12, 13) liegt.
 
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Stirnflächenbereich (27, 28) jedes Gießrohres (21, 22) schräg zu seiner Längsachse (29, 30) liegt.
 
5. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Längsachse (29, 30) jedes Gießrohres (21, 22), wenn es an den zugehörigen Auslass (15, 16) angeschlossen ist, einen stumpfen Winkel (γ) mit dem zu diesem Auslass (15, 16) führenden Kanal (12, 13) bildet.
 
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Verteiler (11) neben jedem Auslass (15, 16) eine bevorzugt einstellbare seitliche Führung (59) für das eingangsseitige Ende des zugehörigen Gießrohres (21, 22) aufweist.
 
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die genannten Relativbewegungen (33) für alle Gießrohre (21, 22) parallel sind und allen Gießrohren (21, 22) eine gemeinsame Zugeinrichtung (36) zugeordnet ist.
 
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Zugeinrichtung (36) eine kombinierte Zug-/Druckeinrichtung ist, die wahlweise zur Ausübung von Zug oder Druck betätigbar ist.
 
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Zugeinrichtung (36) durch zumindest einen Hydraulikzylinder gebildet ist, bevorzugt zumindest einen doppeltwirkenden Hydraulikzylinder.
 
10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Gießrohre (21, 22) temporär an der Form (3) verankerbar sind.
 
11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das eine Ende (37) der Zugeinrichtung (36) an dem Verteiler (11) lösbar angreift, bevorzugt über eine Nut/Feder-Verbindung (37', 37").
 
12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Verteiler (11) und die Gießrohre (21, 22) von Kühlfluidkanälen (58) durchzogen sind.
 
13. Vorrichtung nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest einige der Kühlfluidkanäle (58) die Oberflächenbereiche (17, 18) und die jeweils daran anliegenden Stirnflächenbereiche (27, 28) fluchtend durchsetzen.
 
14. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass das am Verteiler (11) angreifende Ende (37) der Zugeinrichtung (36) von zumindest einem Kühlfluidkanal (57) durchsetzt ist.
 
15. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 14, ferner gekennzeichnet durch einen mit der Form (3) verbindbaren oder einen Teil der Form (3) bildenden Formeinsatz (10) mit mehreren Angussöffnungen (4, 5), welche Aufnahmen (39, 40) für die Ausgänge (25, 26) der Gießrohre (21, 22) bilden.
 
16. Vorrichtung nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass die Längsachse (29, 30) jedes Gießrohres (21, 22), wenn es an die zugehörige Angussöffnung (4, 5) angesetzt ist, einen stumpfen Winkel (δ) mit der Durchtrittsachse (61, 62) dieser Angussöffnung (4, 5) bildet.
 
17. Vorrichtung nach Anspruch 15 oder 16, dadurch gekennzeichnet, dass der Formeinsatz (10) einen Endanschlag (53, 54) für den Verteiler (11) bei dessen Relativbewegung (31 - 33) darbietet.
 
18. Verfahren zum Druckgießen von metallischem Material in thixotropem Zustand in eine Form (3), die mehrere Angussöffnungen (4, 5) hat, mit den Schritten:

Bereitstellen einer Vorrichtung (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 17;

Ansetzen der Gießrohre (21, 22) an die Angussöffnungen (4, 5) und Verankern der Zugeinrichtung (36) in entspanntem Zustand an der Form (3);

Aufheizen des Verteilers (11) und der Gießrohre (21, 22) auf die für den thixotropen Zustand des Materials erforderliche Temperatur;

Spannen der Zugeinrichtung (36), um die Stirnflächenbereiche (27, 28) der Gießrohre (21, 22) an den Oberflächenbereichen (17, 18) des Verteilers (11) in Dichtanlage zu bringen; und

Ansetzen der Düse (2) einer Spritzgussmaschine an den Einlass (14) des Verteilers (11) und Druckgießen des Materials über den Verteiler (11) und die Gießrohre (21, 22) in die Form (3) .


 




Zeichnung
















Recherchenbericht









Recherchenbericht