[0001] Die Erfindung betrifft eine Sprengstoffwirkmasse, welche einen kristallinen ersten
Sprengstoff und einen schmelzbaren zweiten Sprengstoff als Bindemittel sowie einen
energetischen Zuschlagsstoff umfasst.
[0002] Eine ähnliche Sprengstoffwirkmasse, jedoch ohne einen energetischen Zuschlagsstoff,
ist unter dem Namen Octol bekannt. Dabei handelt es sich um ein festes Gemisch aus
Cyclotetramethylentetranitramin (HMX) und Trinitrotoluol (TNT). In dem Gemisch können
beispielsweise 70 Gew.-% HMX und 30 Gew.-% TNT ("Octol 70/30") oder 75 Gew.-% HMX
und 25 Gew.-% TNT ("Octol 75 / 25") enthalten sein. Octol ist eine schmelzgießbare
Sprengstoffwirkmasse, die jedoch eine hohe Sensitivität aufweist und daher in der
Handhabung gefährlich ist.
[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine alternative Sprengstoffwirkmasse
bereitzustellen, welche bei einer Detonation eine ähnlich hohe Leistung wie Octol
bereitstellt, gleichzeitig jedoch deutlich weniger empfindlich und daher sicherer
zu handhaben ist.
[0005] Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst. Zweckmäßige Ausgestaltungen
der Erfindung ergeben sich aus den Merkmalen der Patentansprüche 2 bis 15.
[0006] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch eine Sprengstoffwirkmasse gelöst, die neben
einem kristallinen ersten Sprengstoff und einem zweiten Sprengstoff als Bindemittel
einen energetischen Zuschlagsstoff umfasst. Unter einem energetischen Zuschlagsstoff
wird ein Zuschlagsstoff verstanden, welcher nach seiner Zündung oder Anzündung durch
Reaktion ohne externe Oxidatoren, wie Luftsauerstoff, Energie, insbesondere mindestens
1 kJ/g freisetzt. Moleküle derartiger Zuschlagsstoffe tragen üblicherweise energetische
Gruppen, wie Nitrogruppen, Nitramingruppen oder Nitratgruppen. Der zweite Sprengstoff
weist einen Schmelzpunkt oder Schmelzbereich in einem Temperaturbereich zwischen 70
°C und 120 °C auf. Dadurch wird die erfindungsgemäße Sprengstoffwirkmasse schmelzgießbar.
Eine Besonderheit der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse besteht darin, dass der
erste Sprengstoff und der Zuschlagsstoff in Form von Partikeln in einem Gemisch vorliegen,
in welchem die Partikel eine multimodale Partikelgrößenverteilung aufweisen. In der
erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse weist das Gemisch eine zumindest drei Modi
aufweisende Partikelgrößenverteilung auf, wobei eine mittlere Partikelgröße der Partikel
eines ersten Modus um das 1,2-fache bis 20-fache größer ist als eine mittlere Partikelgröße
der Partikel eines zweiten Modus. Der zweite Modus kann derjenige der Modi sein, der
die kleinste mittlere Partikelgröße aufweist. Die mittlere Partikelgröße der Partikel
des ersten Modus ist außerdem um das 1,2-fache bis 20-fache kleiner als eine mittlere
Partikelgröße der Partikel eines dritten Modus. Der dritte Modus kann derjenige der
Modi sein, der die größte mittlere Partikelgröße aufweist.
[0007] Unter einer mittleren Partikelgröße wird dabei diejenige Partikelgröße verstanden,
bei der gerade 50% der Partikel dieses Modus kleiner als diese Partikelgröße sind.
Die Partikelgröße und die Partikelgrößenverteilung kann mittels Laserbeugung bestimmt
werden. Dazu kann beispielsweise das Gerät "Mastersizer 3000" der Firma Malvern Panalytical
GmbH, Kassel, Deutschland eingesetzt werden. Zur Partikelgrößenbestimmung mittels
Laserbeugung werden die zu vermessenden Partikel in einer Flüssigkeit, beispielsweise
Isopropanol, suspendiert und die Streuung eines durch die resultierende Suspension
geleiteten Laserstrahls analysiert. Die Analyse erfolgt, indem ein durch die Laserbeugung
erhaltenes Beugungsmuster mit Beugungsmustern verglichen wird, die durch Kalibrierung
mittels definierten Suspensionen kugelförmiger Partikel unterschiedlicher Größe erhaltenen
wurden. Bei der durch Laserlichtstreuung ermittelten Partikelgröße handelt es sich
um einen physikalischen Äquivalentdurchmesser. Alternativ kann auch ein anderer physikalischer
Äquivalentdurchmesser, beispielsweise durch eine Bestimmung der Sinkgeschwindigkeit
der Partikel in einer Flüssigkeit oder in Luft, bestimmt werden. Bei der Partikelgrößenbestimmung
mittels der Sinkgeschwindigkeit von Partikeln in Luft spricht man vom aerodynamischen
Durchmesser und bei der Partikelgrößenbestimmung mittels der Sedimentationsgeschwindigkeit
von Partikeln in einer Flüssigkeit vom Äquivalentdurchmesser in einem Fluid.
[0008] Durch die Größenabstufung der in der Sprengstoffwirkmasse enthaltenen Partikel kann
eine sehr hohe Dichte der Sprengstoffwirkmasse erreicht werden. Dadurch, dass die
mittlere Partikelgröße des zweiten Modus um nicht mehr als das 20-fache kleiner ist
als die mittlere Partikelgröße des ersten Modus, wird vermieden, dass die geschmolzene
Sprengstoffwirkmasse zu viskos wird, um in geschmolzenem Zustand durch Gießen noch
gut handhabbar zu sein. Sind die Partikel zu klein resultiert daraus eine hochviskose
Schmelze.
[0009] Dadurch, dass der Zuschlagstoff energetisch ist, wird vermieden, dass die Sprengstoffwirkmasse
durch den Zuschlagsstoff in ihrer Leistung allzu stark reduziert wird. Durch die durch
die spezielle Partikelgrößenverteilung in mindestens drei Modi erreichte sehr dichte
Packung der Partikel wird die Sensitivität der Sprengstoffwirkmasse reduziert. Sie
kann weiter reduziert werden, wenn der Zuschlagsstoff ein insensitiver Zuschlagsstoff
ist. Die Insensitivität des Zuschlagsstoffs, der Sprengstoffwirkmasse oder eines sonstigen
Bestandteils der Sprengstoffwirkmasse kann mittels eines Gap-Tests ermittelt werden.
Dabei wird die als "Gap" bzw. "Spalt" bezeichnete Höhe einer standardisierten Wassersäule
gemessen, die ausreicht, um eine durch Detonation einer Standardsprengladung erzeugte
Stoßwelle in der Wassersäule auf die zu untersuchende Sprengstoffwirkmasse oder Sprengstoffwirkmassenkomponente
so zu übertragen, dass diese noch zuverlässig detoniert bzw. zuverlässig nicht mehr
detoniert. Die Werte werden dabei üblicherweise in Millimeter der Wassersäule angegeben.
Je niedriger der Wert ist, desto insensitiver ist die untersuchte Wirkmasse oder Wirkmassenkomponente.
Bei einem üblichen Standardtest beträgt der Grenzwert des Spalts für einen insensitiven
Stoff 15 mm. Ist der Spalt gleich oder kleiner als 15 mm und der Stoff detoniert dabei
reproduzierbar noch nicht, wird er als insensitiv eingestuft. Derartige insensitive
Zuschlagsstoffe sind bekannt. Es kann sich dabei beispielsweise um Nitroguanidin,
Guanylharnstoff-Dinitramid (FOX-12; GUDN; CAS-Nr. 217464-38-5), Guanidindinitrat,
Nitrotriazolon (NTO), Triaminotrinitrobenzol (TATB) oder Dihydroxylammonium-5,5'-bistetrazol-1,1'-diolat
(TKX-50) handeln. Alternativ kann der Zuschlagsstoff zumindest einen der genannten
Stoffe umfassen. Die absolute Dichte des Zuschlagsstoffs kann mindestens 1,74 g/cm
3, insbesondere mindestens 1,75 g/cm
3, betragen. Dadurch reduziert der Zuschlagsstoff die üblicherweise möglichst hoch
angestrebte Dichte der Sprengstoffwirkmasse allenfalls unwesentlich. Zusätzlich kann
in der Sprengstoffwirkmasse ein Wachs, Kunststoff oder Harz enthalten sein, welches
bzw. welcher einen Schmelzpunkt oder Schmelzbereich in einem Temperaturbereich von
80 °C bis 120 °C aufweist. Dadurch kann die Sensitivität auf kostengünstige Weise
reduziert werden, wobei dies üblicherweise jedoch mit einem Leistungsverlust der Sprengstoffwirkmasse
einhergeht.
[0010] Bei den Partikeln des ersten Modus kann es sich um Partikel des Zuschlagsstoffs handeln.
Die mittlere Partikelgröße der Partikel des ersten Modus kann im Bereich von 90 µm
bis 210 µm, insbesondere 100 µm bis 190 µm, insbesondere 110 µm bis 180 µm, liegen.
[0011] Ein Verhältnis des gewichtsprozentualen Anteils der Partikel des ersten Modus zum
gewichtsprozentualen Anteil der Partikel des zweiten Modus an der Sprengstoffwirkmasse
kann im Bereich von 1 : 5 bis 6 : 1, insbesondere 2 : 1 bis 5 : 1, liegen.
[0012] Ein Verhältnis des gewichtsprozentualen Anteils der Partikel des zweiten Modus zum
gewichtsprozentualen Anteil der Partikel des dritten Modus an der Sprengstoffwirkmasse
kann im Bereich von 1 : 2 bis 1 : 6, insbesondere 1 : 3 bis 1 : 5, liegen.
[0013] Ein Verhältnis des gewichtsprozentualen Anteils der Partikel des ersten Modus zum
gewichtsprozentualen Anteil der Partikel des dritten Modus an der Sprengstoffwirkmasse
kann im Bereich von 1 : 1 bis 1 : 12, insbesondere 1 : 2 bis 1 : 11, insbesondere
1 : 3 bis 1 : 5, liegen.
[0014] Durch die spezielle Partikelgrößenverteilung der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse
kann ein Verhältnis der gewichtsprozentualen Anteile der Partikel des ersten, zweiten
und dritten Modus an der Sprengstoffwirkmasse so gewählt sein, dass die Sprengstoffwirkmasse
dadurch eine Dichte von mehr als 99%, insbesondere mehr als 99,1%, insbesondere mehr
als 99,2%, insbesondere mehr als 99,3%, insbesondere mehr als 99,4%, der theoretischen
maximalen Dichte und/oder eine absolute Dichte von mindestens 1,77 g/cm
3, insbesondere mindestens 1,78 g/cm
3, insbesondere mindestens 1,79 g/cm
3, insbesondere mindestens 1,80 g/cm
3, aufweist. Je höher die Dichte im Verhältnis zur theoretischen maximalen Dichte ist,
desto insensitiver ist die Sprengstoffwirkmasse. Um eine möglichst hohe Dichte und
eine hohe Insensitivität zu erreichen, kann die mittlere Partikelgröße der Partikel
des ersten Modus um das 1,3-fache bis 18-fache, insbesondere das 1,4-fache bis 12-fache,
insbesondere das 1,5-fache bis 8-fache, größer sein als die mittlere Partikelgröße
der Partikel des zweiten Modus. Alternativ oder gleichzeitig kann die mittlere Partikelgröße
der Partikel des ersten Modus um das 1,3-fache bis 18-fache, insbesondere das 1,4-fache
bis 12-fache, insbesondere das 1,5-fache bis 8-fache, kleiner sein als die mittlere
Partikelgröße der Partikel des dritten Modus.
[0015] Bei einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse weist die Partikelgrößenverteilung
drei oder vier Modi auf.
[0016] Bei dem ersten Sprengstoff kann es sich um Cyclotetramethylentetranitramin (HMX),
1,1-diamino-2,2-dinitroethylen (DADNE, FOX-7), Hexogen (RDX), 3,3'-diamino-4,4'-azoxyfurazan
(DAAF), 2,6-Diamino-3,5-Dinitropyrazin-1-Oxid (LLM-105) handeln. Es kann sich bei
dem ersten Sprengstoff aber auch um jeden anderen kristallinen Sprengstoff handeln,
dessen Detonationsdruck höher ist als der Detonationsdruck von Cyclotrimethylentrinitramin
(Hexogen) und dessen Detonationsgeschwindigkeit höher ist als die Detonationsgeschwindigkeit
von Hexogen bei einer Detonation von dem anderen kristallinen Sprengstoff und Hexogen.
[0017] Der zweite Sprengstoff kann Trinitrotoluol (TNT), 1-Methyl-2,4,5-trinitroimidazol
(MTNI), Bis(1,2,4-oxadiazolyl)furoxan (BOF), N-Methyltetranitropyrrol (MTNP), Bis(1,2,4-oxadiazol)bis(methylen)dinitrat
(BITN), 3,3-Bis-isoxazol-5,5'-bis-methylendinitrat (BIDN), 3-(4-Aminofurazan-3-yl)-4-(4-nitrofurazan-3-yl)furazan
(ANTF), 1,3,3-Trinitroazetidin (TNAZ), ein Ammoniumnitrat enthaltendes eutektisches
Gemisch oder Ammoniumdinitramin (ADN) sein.
[0018] Bei einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse bestehen die Partikel
des ersten Modus aus dem Zuschlagsstoff. Die Partikel des zweiten und des dritten
Modus können jeweils aus dem ersten Sprengstoff bestehen. Es ist aber auch möglich,
dass die Partikel des zweiten Modus oder des dritten Modus aus dem Zuschlagsstoff
bestehen oder die Partikel des ersten und des dritten Modus oder des ersten und des
zweiten Modus aus dem Sprengstoff bestehen. Jegliche andere Kombination der Zusammensetzung
der Partikel der einzelnen Modi ist möglich. Es ist sogar möglich, dass Partikel unterschiedlicher
Zusammensetzung demselben Modus der Partikelgrößenverteilung angehören.
[0019] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
[0020] Es zeigen:
- Fig. 1
- ein Diagramm der Partikelgrößenverteilung von Guanylharnstoff-Dinitramid (GUDN),
- Fig. 2
- ein Diagramm der Partikelgrößenverteilung von Nitroguanidin (NQ),
- Fig. 3
- ein Diagramm der Partikelgrößenverteilung von HMX der Spezifikation NSO137 und
- Fig. 4
- ein Diagramm der Partikelgrößenverteilung von HMX der Klassifikation Grade B Klasse
2.
[0021] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse wurden die Partikelgrößenverteilungen
der Partikel potentieller Komponenten einer erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse
mittels des Partikelgrößenmessgeräts "Mastersizer 3000" der Firma Malvern Panalytical
GmbH in einer Suspension der Partikel in Isopropanol bestimmt. Die Messungen wurden
jeweils mehrfach durchgeführt, um eine artifizielle Verfälschung der Messergebnisse
erkennen zu können. Die Ergebnisse der Messungen sind in den Figuren 1 bis 4 dargestellt.
Dabei wurden sämtliche mit derselben Substanz ermittelte Messkurven jeweils in derselben
Figur dargestellt. In der Reihenfolge der Figuren 1 bis 4 zeigen diese die Ergebnisse
der Partikelgrößenbestimmungen von Guanylharnstoff-Dinitramid, Nitroguanidin, HMX
NSO137 und HMX Grade B Klasse 2. Die dabei ermittelte mittlere Partikelgröße, d. h.
diejenige Partikelgröße, bei der 50% der insgesamt in der gemessenen Probe enthaltenen
Partikel kleiner sind als dieser Wert, beträgt bei Guanylharnstoff-Dinitramid 164
µm, bei Nitroguanidin 115 µm, bei HMX NSO137 244 µm und bei HMX Grade B Klasse 2 9,87
µm. Da die für die jeweilige Substanz ermittelten Messkurven nahezu deckungsgleich
sind, kann eine artifizielle Verfälschung der Messungen, beispielsweise durch Luftbläschen,
ausgeschlossen werden.
[0022] Als schmelzfähiger Sprengstoff mit einem Schmelzpunkt von 80,1 °C wurde Trinitrotoluol
(TNT) eingesetzt. Zur Herstellung erfindungsgemäßer Sprengstoffwirkmassen wurden die
in der nachfolgenden Tabelle 1 angegebenen Komponenten in dem angegebenen gewichtsprozentualen
Mischungsverhältnis gemischt, um die jeweilige Mischung zu erhalten. Die resultierenden
Mischungen wurden jeweils in einem Wasserbad geschmolzen, homogen vermischt und dann
zu den Probekörpern gegossen. Die Probekörper wurden für die Bestimmung der tatsächlichen
Dichte, für die Durchführung des Gap-Tests und für die Ermittlung der Detonationseigenschaften
eingesetzt.
Tabelle 1
| Mischung Nr. |
Komponenten |
Mischungsverhältnis [Gew.-%] |
| 5 |
GUDN |
5 |
| TNT |
30 |
| HMX NSO137 |
51 |
| HMX Grade B Klasse 2 |
14 |
| 7 |
Nitroguanidin |
15 |
| TNT |
33 |
| HMX NSO137 |
41 |
| HMX Grade B Klasse 2 |
11 |
[0023] Zur Durchführung des Gap-Tests wurden jeweils 24 g der Wirkmasse enthaltende Tabletten
mit einem Durchmesser von 21 mm hergestellt und beim Gap-Test eingesetzt. Die gemessenen
Werte sind in der nachfolgenden Tabelle 2 jeweils in Millimeter der Wassersäule angegeben.
Der erste Wert unter "Gap-Test GO" bezeichnet jeweils den Wert, bei dem die zu untersuchende
Sprengstoffwirkmasse zuverlässig gerade noch detoniert und der Wert unter "Gap-Test
NOGO" jeweils den Wert, bei dem die zu untersuchende Sprengstoffwirkmasse zuverlässig
gerade nicht mehr detoniert. Je niedriger diese Werte sind, desto insensitiver ist
die Sprengstoffwirkmasse.
Tabelle 2
| Zusammensetzung |
Gap-Test GO |
Gap-Test NOGO |
| Octol 70/30 (Referenz) |
17 mm |
18 mm |
| GUDN/TNT/HMX NSO137/HMX Grade B Klasse 2 (V5) |
14 mm |
15 mm |
| NQ/TNT/HMX NSO137/HMX Grade B Klasse 2 (V7) |
13 mm |
15 mm |
[0024] "V5" bezeichnet dabei die Mischung Nr. 5 und "V7" die Mischung Nr. 7. Beim Gap-Test
beträgt der Grenzwert des Spalts für einen insensitiven Sprengstoff 15 mm. Ist der
Spalt gleich oder kleiner als 15 mm und der Sprengstoff detoniert dabei reproduzierbar
noch nicht, wird er als insensitiv eingestuft. Aus der obigen Tabelle 2 ist deutlich
erkennbar, dass das als Referenz eingesetzte Octol 70/30 nicht insensitiv ist, während
die Mischungen Nr. 5 und 7 als insensitiv einzustufen sind.
[0025] Die Ergebnisse von Dichtemessungen sind in der nachfolgenden Tabelle 3 dargestellt.
"Dichte zur TMD [%]" bezeichnet dabei die prozentuale Dichte der jeweiligen Sprengstoffwirkmasse
im Verhältnis zur theoretischen maximalen Dichte der jeweiligen Sprengstoffwirkmasse.
Tabelle 3
| Zusammensetzung |
Dichte [g/cm3] |
Dichte zur TMD [%] |
| Octol 70/30 (Referenz) |
1,8281 |
99,8940 |
| GUDN/TNT/HMX NSO137/HMX Grade B Klasse 2 (V5) |
1,8021 |
99,4547 |
| NQ/TNT/HMX NSO137/HMX Grade B Klasse 2 (V7) |
1,7804 |
99,4610 |
[0026] Aus der obigen Tabelle 3 ist erkennbar, dass die jeweils gemessene Dichte nahezu
100% der theoretischen maximalen Dichte erreicht. Im Gegensatz zu Octol 70/30 ist
die erfindungsgemäße Sprengstoffwirkmasse dabei jedoch insensitiv. Die hohe Dichte
zeigt, dass die Partikel in der jeweiligen Sprengstoffwirkmasse eine nahezu optimale
Packungsdichte erreichen. Die absoluten Dichten liegen mit 1,8021 g/cm
3 und 1,7804 g/cm
3 relativ nahe an der Dichte von Octol 70/30. Damit konnten auch sehr ähnliche Detonationseigenschaften
erreicht werden, wie mit Octol 70/30.
[0027] Um die Detonationseigenschaften der Mischungen Nr. 5 und 7 zu untersuchen, sind die
Mischungen geschmolzen und daraus einen Durchmesser von 50 mm aufweisende Stränge
gegossen worden. Zwei der so erhaltenen Gießlinge sind verklebt worden, um einen Prüfkörper
mit einer Messstrecke von 300 mm zu erhalten. In Abständen von 45 mm sind Bohrungen
in den so erhaltenen zusammengesetzten Prüfkörper gesetzt worden. In die Bohrungen
sind Messsonden für die Detonationsmessung eingebracht worden. Im gesamten zusammengesetzten
Prüfkörper sind 7 Messsonden eingebracht worden, um eine gleichmäßige Detonationsfront
über eine Messstrecke von 300 mm messen zu können. An das obere Ende des Prüfkörpers
ist eine Tablette eines sogenannten HWC-Boosters (94,5 Gew.-% Hexogen, 4,5 Gew.-%
Wachs, 1 Gew.-% Graphit) geklebt und zur Zündung des Prüfkörpers mittels einer elektrischen
Sprengkapsel gezündet worden. Die resultierenden Messergebnisse sind in den nachfolgenden
Tabellen 4 bis 7 dargestellt.
Tabelle 4
| Proben identität |
GUDN/TNT/HMX NSO137/HMX Grade B Klasse 2 (V5) |
| Solldichte [g/cm3] (TMD) |
1,812 |
| Detonationsdruck [kbar] (berechnet) zur TMD |
323,334 |
| Detonationsgeschwindigkeit [m/s] (berechnet) zur TMD |
8442,185 |
| Auflösung [µs] |
0,1 |
| Bemerkung |
HMX-Mischung: NSO137 [51%] & Grade B Klasse 2 [14%] |
Tabelle 5
| Sonden nummer |
Messzeit [µs] |
Detonationsgeschwindigkeit [m/s] |
| 1-2 |
5,6 |
8040 |
| 2-3 |
5,3 |
8490 |
| 3-4 |
5,5 |
8180 |
| 4-5 |
4,9 |
9184 |
| 5-6 |
5,4 |
8333 |
| 6-7 |
5,5 |
8180 |
| |
8401,166667 |
Tabelle 6
| Proben identität |
NQ/TNT/HMX NSO137/HMX Grade B Klasse 2 (V7) |
| Solldichte [g/cm3] (TMD) |
1,790 |
| Detonationsdruck [kbar] (berechnet) zur TMD |
306,909 |
| Detonationsgeschwindigkeit [m/s] (berechnet) zur TMD |
8357,565 |
| Auflösung [µs] |
0,2 |
| Bemerkung |
HMX-Mischung: |
| |
NSO137 [41%] & Grade B Klasse 2 [11%] |
Tabelle 7
| Sonden nummer |
Messzeit [µs] |
Detonationsgeschwindigkeit [m/s] |
| 1-2 |
5,4 |
8333 |
| 2-3 |
5,6 |
8040 |
| 3-4 |
5,4 |
8333 |
| 4-5 |
5,6 |
8040 |
| 5-6 |
5,4 |
8333 |
| 6-7 |
5,2 |
8650 |
| |
8288,166667 |
[0028] Entsprechende Daten für die Dichte, den Detonationsdruck und die Detonationsgeschwindigkeit
für Octol 70/30 sind in der nachfolgenden Tabelle 8 angegeben.
Tabelle 8
| Zusammensetzung |
Dichte [g/cm3] |
Dichte zur TMD [%] |
Detonationsdruck (berechnet) [kbar] |
Detonationsgeschwindigkeit (berechnet) [m/s] |
| Octol 70/30 |
1,8281 |
99,894 |
332,773 |
8509,194 |
[0029] Aus einem Vergleich der Daten der erfindungsgemäßen Mischungen Nr. 5 und Nr. 7 mit
den entsprechenden Daten für Octol 70/30 geht hervor, dass die maximalen Detonationsgeschwindigkeiten
der erfindungsgemäßen Mischungen nahezu die Detonationsgeschwindigkeit von Octol 70/30
erreichen. In Anbetracht dessen, dass die erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmassen
jedoch insensitiv sind, ist das Erreichen solcher Detonationsgeschwindigkeiten überraschend.
1. Sprengstoffwirkmasse, umfassend einen kristallinen ersten Sprengstoff, einen zweiten
Sprengstoff als Bindemittel und einen energetischen Zuschlagsstoff, wobei der zweite
Sprengstoff einen Schmelzpunkt oder Schmelzbereich in einem Temperaturbereich zwischen
70 °C und 120 °C aufweist, wobei der erste Sprengstoff und der Zuschlagsstoff in Form
von Partikeln in einem Gemisch vorliegen, welches eine zumindest drei Modi aufweisende
Partikelgrößenverteilung aufweist, wobei eine mittlere Partikelgröße eines ersten
Modus um das 1,2-fache bis 20-fache größer ist als eine mittlere Partikelgröße eines
zweiten Modus und um das 1,2-fache bis 20-fache kleiner ist als eine mittlere Partikelgröße
eines dritten Modus.
2. Sprengstoffwirkmasse nach Anspruch 1,
wobei die mittlere Partikelgröße der Partikel des ersten Modus im Bereich von 90 µm
bis 210 µm liegt.
3. Sprengstoffwirkmasse nach Anspruch 1 oder 2,
wobei ein Verhältnis des gewichtsprozentualen Anteils der Partikel des ersten Modus
zum gewichtsprozentualen Anteil der Partikel des zweiten Modus an der Sprengstoffwirkmasse
im Bereich von 1 : 5 bis 6 : 1 liegt und/oder wobei ein Verhältnis des gewichtsprozentualen
Anteils der Partikel des zweiten Modus zum gewichtsprozentualen Anteil der Partikel
des dritten Modus an der Sprengstoffwirkmasse im Bereich von 1 : 2 bis 1 : 6, insbesondere
1 : 3 bis 1 : 5, liegt.
4. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei ein Verhältnis des gewichtsprozentualen Anteils der Partikel des ersten Modus
zum gewichtsprozentualen Anteil der Partikel des dritten Modus an der Sprengstoffwirkmasse
im Bereich von 1 : 1 bis 1 : 12 liegt.
5. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei ein Verhältnis der gewichtsprozentualen Anteile der Partikel des ersten, zweiten
und dritten Modus an der Sprengstoffwirkmasse so gewählt ist, dass die Sprengstoffwirkmasse
eine Dichte von mehr als 99% der theoretischen maximalen Dichte und/oder eine Dichte
von mindestens 1,77 g/cm3 aufweist.
6. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei die mittlere Partikelgröße des ersten Modus um das 1,3-fache bis 18-fache, insbesondere
das 1,4-fache bis 12-fache, größer ist als die mittlere Partikelgröße des zweiten
Modus und/oder kleiner ist als die mittlere Partikelgröße des dritten Modus.
7. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei Partikelgrößenverteilung drei oder vier Modi aufweist.
8. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei der erste Sprengstoff Cyclotetramethylentetranitramin (HMX), 1,1-diamino-2,2-dinitroethylen
(DADNE, FOX-7), Hexogen (RDX), 3,3'-diamino-4,4'-azoxyfurazan (DAAF), 2,6-Diamino-3,5-Dinitropyrazin-1-Oxid
(LLM-105) ist.
9. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei der zweite Sprengstoff Trinitrotoluol (TNT), 1-Methyl-2,4,5-trinitroimidazol
(MTNI), Bis(1,2,4-oxadiazolyl)furoxan (BOF), N-Methyltetranitropyrrol (MTNP), Bis(1,2,4-oxadiazol)bis(methylen)dinitrat
(BITN), 3,3-Bis-isoxazol-5,5'-bis-methylendinitrat (BIDN), 3-(4-Aminofurazan-3-yl)-4-(4-nitrofurazan-3-yl)furazan
(ANTF), 1,3,3-Trinitroazetidin (TNAZ), ein Ammoniumnitrat enthaltendes eutektisches
Gemisch oder Ammoniumdinitramin (ADN) ist.
10. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei die Partikel des ersten Modus aus dem Zuschlagsstoff bestehen.
11. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei die Partikel des zweiten und des dritten Modus jeweils aus dem ersten Sprengstoff
bestehen.
12. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei der Zuschlagsstoff ein insensitiver Zuschlagsstoff ist.
13. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei der Zuschlagsstoff Nitroguanidin, Guanylharnstoff-Dinitramid (FOX-12; GUDN;
CAS-Nr. 217464-38-5), Guanidindinitrat, Nitrotriazolon (NTO), Triaminotrinitrobenzol
(TATB) oder Dihydroxylammonium-5,5'-bistetrazol-1,1'-diolat (TKX-50) umfasst oder
ist.
14. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei die Dichte des Zuschlagstoffs mindestens 1,74 g/cm3, insbesondere mindestens 1,75 g/cm3, beträgt.
15. Sprengstoffwirkmasse nach einem der vorherigen Ansprüche,
wobei darin zusätzlich ein Wachs, Kunststoff oder Harz enthalten ist, welches/welcher
einen Schmelzpunkt oder Schmelzbereich in einem Temperaturbereich von 80 °C bis 120
°C aufweist.