[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Flammschutzausrüstung von textilen
Flächengebilden, bei dem ein stickstoff- und phosphorhaltiges Polykondensationsprodukt
auf einem textilen Flächengebilde aufgebracht und auf diesem vernetzt wird. Die vorliegende
Erfindung betrifft auch ein nach diesem Verfahren erhältliches textiles Flächengebilde
mit flammhemmenden Eigenschaften.
[0002] Die nachträgliche Ausrüstung und Behandlung von Textil, Vliesstoffen und Papier mit
Flammschutzmittel ist ein in der Industrie häufig verwendeter Prozess. Dabei werden
Flammschutzmittel auf der Cellulosestruktur durch Imprägnieren aufgebracht und verbleiben
nach der Trocknung auf den Fasern. Sofern sie nicht durch nachgeschaltete Reaktion
fixiert oder unlöslich gemacht werden, können sie durch Tauchen oder Wäsche wieder
entfernt werden. Dies ist erklärlich, da Produkte, die aus wässriger Lösung aufgetragen
werden, normalerweise eine hohe Affinität oder Löslichkeit in Wasser besitzen.
[0003] Möchte man hingegen eine Beständigkeit gegenüber Wässerung und Wäsche erreichen,
muss eine Fixierung des Flammschutzmittels erfolgen. Dies ist prinzipiell durch unlösliche
Ablagerungen, reaktive Anbindungen oder den Aufbau von Netzwerken aufgrund einer Wärmebehandlung
möglich.
[0004] Effektive Flammschutzmittel für Textilien sind organische phosphor- und stickstoffhaltige
Verbindungen, die reaktiv an Cellulosefasern binden.
[0005] Im Pyrovatex-Verfahren werden Textilien mit N-Methylol-dialkylphosphonopropionamiden
behandelt. Hierbei wird bei Temperaturen von 150-170°C und einem sehr sauren pH-Wert
von 2 bis 4 eine Reaktion mit der Zellulosefaser bewirkt.
[0006] Die warmen, sauren Bedingungen bewirken jedoch gleichzeitig eine teilweise Hydrolyse
der Cellulose, was zu Festigkeitsverlust führt und ein wesentlicher Nachteil des Verfahrens
ist. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass das Reaktion eine Gleichgewichtreaktion
ist, die bewirkt, dass etwa 50% der Flammschutzmoleküle nicht an die Zellulose anbinden
und damit nicht waschfest sind. Zudem ist eine exakte Einhaltung der Reaktionsbedingungen
erforderlich, was hohe Ansprüche an die Anlagen und die Präzision der Ausrüstung stellt.
[0007] In der
US 2,809,941 wird beschrieben, dass Tetrakis(hydroxymethyl)-phosphoniumchlorid (THCP) oder Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid
(THPO) mit Stickstoffverbindungen wie Harnstoff, Harnstoffderivaten oder Melamin zu
Polymeren umgesetzt werden können. Textilien werden mit einer Lösung der Monomere
imprägniert und getrocknet. Bei erhöhter Temperatur polymerisieren die Monomere. Monomeres
Tetrakis(hydroxymethyl)phosphoniumchlorid und Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid sind
Gefahrstoffe und sollten nur in chemischen Anlagen gehandhabt werden. Die Reaktion
von THPC mit den Stickstoffverbindungen läuft nicht direkt, sondern nur über die Zwischenstufe
des Trihydroxymethylphosphins (THP) ab, wobei Formaldehyd abgespalten wird. Die Reaktion
von THPO verläuft sehr viel langsamer als die von THP mit Aminen, Melamin oder Harnstoff
Urea. Mit einer vollständigen Umsetzung von THPO auf dem Fasermaterial ist daher nicht
zu rechnen.
[0008] Die Anmeldung
CN 107629248A beschreibt die Kondensation von Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid mit Phosphoroxychlorid,
wobei lineare und zyklische Oligomere entstehen, die mit Melamin weiter umgesetzt
werden.
[0009] Beim so genannten Proban®-Verfahren wird textiles Gewebe zunächst mit THPC imprägniert
und getrocknet. Danach wird das Gewebe mit Ammoniak begast. THPC reagiert mit dem
Ammoniakgas zu einem unlöslichen, dreidimensionalen Polykondensat. Im Anschluss an
die Ammoniakbehandlung wird die Ware einem Spül-, Oxidations- und Waschprozess unterzogen,
um die gevom dreiwertigen in den geruchlosen fünfwertigen Zustand zu überführen. Der
Nachteil des Verfahrens besteht darin, dass spezielle Anlagen zur Begasung mit Ammoniak-Gas
erforderlich sind. Die Durchführung stellt ein Sicherheits-, Kosten- und Umweltproblem
für die verarbeitenden Betriebe dar. Alle entstehenden Nebenprodukte müssen anschließend
ausgewaschen werden. Allerdings weisen die nach dem Proban®-Verfahren behandelten
Textilien eine hohe Steifheit auf. Daher versucht man durch den nachträglichen Zusatz
von Weichmachern sowie durch Sanforisieren (Anrauhen der Oberfläche) der Versteifung
entgegen zu wirken. Die Sanfor-Behandlung bedeutet jedoch einen zusätzlichen Arbeitsschritt
sowie spezielle Anlagen. Nachteilig an dem nachträglichen Zusatz von Weichmachern
ist, dass Weichmacher im Allgemeinen brennbar sind, wenn sie bei Beflammung verdampfen
und in der Gasphase entzündet werden. Daher ist man bei Textilien mit Flammschutzausrütung
sehr beschränkt in der Menge an Weichmacher.
[0010] Die
WO 1988/002283A1 beschreibt ein Verfahren, bei dem man ein Präpolymer aus Harnstoff und Tetrakis(hydroxymethyl)phosphoniumchlorid
auf ein Textil aufbringt, das Textil mit Ammonik begast und das ammonisierte Präpolymer
zum Phosphinoxid oxidiert.
[0011] Die Umsetzungsprodukte aus THP, Harnstoff, Formaldehyd und Formaldehyd-Ammoniak-Addukten
führen zum Aufbau von Molekülen mit höheren Molmassen. Hierbei handelt es sich allerdings
nicht um einen kontrollierten, reproduzierbaren Aufbau, da je nach Fasertyp, Migrationsstabilität
der einzelnen Komponenten in der Faser und Konzentration der Edukte Umsetzungsprodukte
mit unterschiedlicher Summe an Stickstoff- und Phosphoratomen und unterschiedlichem
Stickstoff/Phosphor-Atomverhältnissen entstehen können. Die unterschiedlichen Umsetzungsprodukte
unterscheiden sich im Molekulargewicht, der Flammschutzwirkung und auch der Waschpermanenz,
was sich in der durchschnittlichen Fixierrate von ca. 50% erkennen lässt.
[0012] Die am Prioritätstag dieser Anmeldung unveröffentlichte
EP 19194436.2 beschreibt ein Verfahren zur Ausrüstung saugfähiger Substrate, bei dem man ein Umsetzungsprodukt
eines Aminoplast-Vorkondensats mit Tris(hydroxymethyl)-phosphinoxid, welches Umsetzungsprodukt
freie oder veretherte N-Hydroxymethylgruppen aufweist, auf das Substrat aufbringt;
und das Umsetzungsprodukt auf dem Substrat vernetzt. Im Hinblick auf eine optimale
Flammschutzwirkung weist das Umsetzungsprodukt ein Stickstoff/Phosphor-Atomverhältnis
von 4:1 bis 12:1 auf. Die Flammschutzausrüstung besitzt gegenüber anderen Flammschutzmitteln
beispielsweise den Vorteil, dass die beschichteten Textilien nicht nachgewaschen werden
müssen.
[0013] Die aus dem Stand der Technik bekannten phosphor- und stickstoffhaltigen Flammschutzmittel
haben häufig den Nachteil, dass sie die anwendungstechnischen Eigenschaften von textilen
Flächengebilden verschlechtern. So können diese beispielsweise ihre Geschmeidigkeit
verlieren und versteifen, was unter anderem zu einem stark verminderten Tragekomfort
der aus diesen Flächengebilden gefertigten Kleidungsstücken oder zu einer schlechten
Verarbeitbarkeit der Flächengebilde führt, was z. B. in der Herstellung von Möbel-
oder Autobezügen nachteilig ist.
[0014] Häufig weisen die mit den bekannten Flammschutzmittel ausgerüsteten Flächengebilde
zudem keine zufriedenstellende Waschbeständigkeit auf. Häufig geben die mit Flammschutzmittel
ausgerüsteten Flächengebilde nachträglich Formaldehyd ab, so dass eine Nachwäsche
zur Absenkung des Formaldehyds erforderlich ist, um den Anforderungen an den maximalen
Formaldehydgehalt gemäß den Ökotex Standards zu genügen.
[0015] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, ein ökonomisches Verfahren zur Flammschutzausrüstung
bereitzustellen, die textilen Flächengebilden einen hohen Flammschutz bei gleichzeitig
gutem Tragekomfort oder angenehmen Griff verleiht. Außerdem sollten die behandelten
textilen Flächengebilde umweltverträglich sein und die aktuellen Ökotex Standards
hinsichtlich des Formaldehyd-Gehalts erfüllen.
[0016] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Flammschutzausrüstung
von textilen Flächengebilden, bei dem man
- (i) ein Polykondensationsprodukt, welches Wiederholungseinheiten I und (IIa und/oder
IIb) umfasst und eine mittlere Molmasse im Bereich von 400-5000 g/mol aufweist,

worin
jedes R1 unabhängig voneinander für Wasserstoff, -CH2OH, -CH2OCH3 oder - CH2OCH2CH3 steht;
jedes R2 unabhängig voneinander für -CH2OH, -CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht; und
jedes Y unabhängig voneinander für eine Einfachbindung oder -O-CH2- steht; wobei das Molverhältnis von I zur Summe von IIa und IIb im Bereich von 1,4
: 0,9 bis 0,9 : 1,4 liegt, auf das textile Flächengebilde aufbringt; und
- (ii) das Polykondensationsprodukt auf dem textilen Flächengebilde vernetzt.
[0017] Vorzugsweise ist wenigstens ein Teil der Reste R
1 von Wasserstoff verschieden.
[0018] Überraschenderweise wurde gefunden, dass über das Verhältnis von Wiederholungseinheiten
der Formel (I) zu der Summe der Wiederholungseinheiten (IIa und IIb) die anwendungstechnischen
Eigenschaften der behandelten textilen Flächengebilde gesteuert werden können. Es
ist erfindungswesentlich, dass das Molverhältnis von I zu IIa und IIb im Bereich von
1,4 : 0,9 bis 0,9 : 1,4, vorzugsweise 1,2 : 0,9 bis 0,9 : 1,2, insbesondere 1,1 :
0,95 bis 0,95 : 1,1 liegt. Aufgrund dieses eng definierten Molverhältnisses ist es
möglich, hohe Fixierraten, d.h. eine gute Waschbeständigkeit zu erzielen und gleichzeitig
die Geschmeidigkeit des textilen zu erhalten. Die Erfinder konnten in weiteren Versuchen
auch zeigen, dass eine Abweichung von diesem Verhältnis zu schlechteren anwendungstechnischen
Eigenschaften führt. So ergeben sich bei einer 1:2 oder 1:3 Stöchiometrie harte und
lack-ähnliche Ausrüstungen, die keinen textilen Charakter aufweisen. Insbesondere
verschlechtert sich der Weichgriff der textilen Flächengebilde. Wird hingegen die
Summe der Wiederholungseinheiten (IIa und IIb) zum Beispiel in einem Unterschuss von
1:0,5 eingesetzt, so bleibt der weiche Griff erhalten, aber die Waschbeständigkeit
(Fixierrate) sinkt deutlich.
[0019] Das erfindungsgemäß in Schritt (i) aufgetragene Polykondensationsprodukt weist eine
begrenzte Zahl reaktionsfähiger N-Methylolgruppen bzw. veretherter N-Methylolgruppen
auf. Hierdurch wird eine hohe Quervernetzung vermieden und gleichzeitig der Eintrag
von gebundenem Formaldehyd reduziert.
[0020] Erfindungsgemäß weist das Polykondensationsprodukt eine mittlere Molmasse im Bereich
von 400-5000 g/mol auf. Aufgrund seines nichtionischen Charakters und seiner Größe
kann das Polykondensationsprodukt gut in tiefere Schichten des textilen Flächengebildes
eindringen und anschließend mit sich selber reagieren zu können. Im Gegensatz dazu
vermögen Polykondensationsprodukte mit vielen Hundert Wiederholungseinheiten aufgrund
ihrer Größe und Form nur schlecht bis gar nicht in das textile Flächengebilde einzudringen.
Sie bleiben, wie bei einer Filtration, an der Oberfläche des textilen Flächengebildes
hängen.
[0021] Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, dass nur eine Komponente
aufgetragen wird. Somit kann diese gleichmäßig in das textile Flächengebilde eindringen.
Es liegt über alle Zonen des textilen Flächengebildes ein gleiches stöchiometrisches
Verhältnis von Stickstoff zu Phosphor vor und das N:P-Verhältnis kann sich durch Migration
nicht ändern. Die gute Verteilung der Komponente sorgt außerdem dafür, dass insgesamt
weniger Stickstoff und Phosphor enthaltenes Polykondensationsprodukt zum Erreichen
einer guten Flammhemmung aufgetragen werden kann. Beim Auftrag eines 2-Komponentensystems,
wobei nur eine Komponente reaktive N-Methylolgruppen aufweist, ist regelmäßig eine
Vormischung erforderlich. Außerdem können sich die zwei Komponenten unterschiedlich
auf dem textilen Flächengebilde verteilen und/oder migrieren, so dass nicht gebundene
Komponenten später leicht ausgewaschen werden können, was wiederum die Flammschutzausrüstung
mindert.
[0022] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein textiles Flächengebilde mit flammhemmenden
Eigenschaften, erhältlich nach dem zuvor und nachfolgend in allen Einzelheiten beschriebenen
Verfahren.
[0023] Unter textilen Flächengebilden sollen alle textilen Flächenerzeugnisse, unabhängig
von ihrem Herstellungsverfahren, verstanden werden. Solche textilen Flächengebilde
sind z. B. Gewebe, Gewirke, Gestricke, Tuftings, Filze und Vliesstoffe.
[0024] Das in Schritt (i) eingesetzte Polykondensationsprodukt ist erhältlich durch Umsetzung
geeigneter Mengen von Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid (THPO), Formaldehyd und eines
Amins/Amids, ausgewählt unter Harnstoff, Melamin oder Mischungen davon. Die gebildeten
N-Hydroxymethylgruppen können mit Methanol oder Ethanol verethert werden. Alternativ
kann man THPO in einem wässrigen Medium bei alkalischem pH mit einem Aminoplast-Vorkondensat
umsetzen.
[0025] In dem Polykondensationsprodukt sind die phosphorhaltigen Wiederholungseinheiten
und die stickstoffhaltigen Wiederholungseinheiten kovalent verbunden, so dass es beim
Eindringen nicht zu einer Trennung kommen kann, was automatisch eine schlechtere Fixierung
bedingen würde.
[0026] In einer Ausführungsform enthält das Polykondensationsprodukt ausschließlich Wiederholungseinheiten
der Formeln (I) und (IIa). In einer weiteren Ausführungsform enthält das Polykondensationsprodukt
ausschließlich Wiederholungseinheiten der Formeln (I) und (IIb).
[0027] Das Polykondensationsprodukt liegt vor dem Auftrag vorzugsweise als wässrige Lösungen
mit einem Feststoffgehalt von 40-80 Gew.-% vor. Wässrige Lösungen mit diesem Feststoffgehalt
sind niederviskos und lassen sich gut aufbringen.
[0028] Zur Verbesserung des Netzverhaltens kann die Lösung des Polykondensationsproduktes
Netzmittel enthalten. Geeignete Netzmittel sind anionische oder nichtionische Tenside,
wie alkoxylierte Fettalkohole, alkoxylierte Fettsäuren, Alkylsulfate, alkoxylierte
Alkylsulfate, Alkylsulfosuccinate, alkoxylierte Alkylsulfosuccinate, Polyether-modifizierte
Polysiloxanecopolymere oder Alkylphosphonatester.
[0029] Die Vernetzung des Polykondensationsprodukts kann mit sich selbst dem textilen Flächengebilde
und/oder durch Reaktion mit reaktiven Gruppen des textilen Flächengebildes erfolgen.
[0030] Diese Vernetzung erfolgt durch Erwärmen auf eine Temperatur von 100 bis 250 °C. Die
Geschwindigkeit der Vernetzung hängt neben der Temperatur vom pH-Wert der aufgebrachten
Lösung ab. Zur Erhöhung der Lagerstabilität ist das Polykondensationsprodukt in der
Regel auf einen basischen pH eingestellt. Die Vernetzung des Polykondensationsprodukts
erfolgt dagegen bevorzugt bei neutralem bis saurem pH. Daher wird das Polykondensationsprodukt
vorzugsweise mit einer Säure versetzt, geeigneterweise vor dem Aufbringen auf das
Substrat. Geeignete Säuren sind Mineralsäure, wie Phosphorsäure, phosphorige Säure,
Schwefelsäure, Sulfonsäuren, wie Amidosulfonsäure, oder organische Säuren, wie Essigsäure.
Es können auch saure Salze wie Ammoniumchlorid zur pH-Einstellung verwendet werden.
Die Vernetzungstemperatur hängt unter anderem von der Temperaturbeständigkeit des
textilen Flächengebildes ab. In geeigneten Ausführungsformen vernetzt man bei einer
Temperatur von 140 bis 200 °C und einem pH von 3,5 bis 6,5, vorzugsweise 4 bis 6,
um die Ausrüstung des textilen Flächengebildes abzuschließen. Bei einer Vernetzung
unter diesen Bedingungen über einen Zeitraum von 10 bis 40 Minuten, bevorzugt 20-30
Minuten werden Etherbindungen (durch Reaktion zweier Methyolgruppen) in stabile Methylengruppen
umgewandelt, gleichzeitig wird das entstandene Formaldehyd zur Anlagerung an freie
NH-Gruppen im vernetzten Umlagerungsprodukt genutzt. Dadurch nimmt insgesamt der freie
Formaldehydgehalt ab. Je nach Dauer der Behandlung erfüllen die nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren behandelten textilen Flächengebilde den Ökotex Standard der Produktklasse
2, 3 bzw. 4 von maximal 75, 150 und 300 µg/kg an freiem Formaldehyd.
[0031] Die applizierte Menge an Polykondensationsprodukt beträgt nach der Trocknung im Allgemeinen
20 bis 50 Gew.-%, bezogen auf die Summe des Gewichts von Polykondensationsprodukt
und textilem Flächengebilde.
[0032] Es ist bekannt, Baumwolle zur Erzeugung von Hydrophobier- und Weichgriffeffekten
mit Siliciumverbindungen zu behandeln. Die Siliciumverbindungen werden dabei entweder
kovalent angebunden oder lediglich adhäsiv angelagert. Nicht kovalente Textilausrüstungen
zeigen eine geringe Waschpermanenz. Ausrüstungen, welche sich nur auf der Oberfläche
des Textils ablegen, können durch mechanische Beanspruchung oder den Einfluss von
Tensiden im Waschprozess abgetragen werden. Die Effekte wie Weichgriff oder Wasserabweisung
werden dadurch nach wenigen Wäschen auf das Ursprungsniveau der unausgerüsteten Ware
zurück gesetzt.
[0033] In einer weiteren Ausführungsform wird daher zur Verbesserung von Tragekomfort und
Weichgriff wenigstens ein Silikon auf das textile Flächengebilde aufgetragen. Das
wenigstens eine Silikon kann linear oder verzweigt sein und mit endständigen oder
seitlichen Blöcken alkoxyliert und/oder alkyliert sein. Ein geeignetes Siloxan ist
zum Beispiel reines Polydimethysiloxan.
[0034] Vorzugsweise umfasst das wenigstens eine Silikon ein Siloxan, das Gruppen aufweist,
die mit den N-Methyolgruppen des Polykondensationsprodukts zu reagieren vermögen.
Geeignete Gruppen, die mit den N-Metholgruppen des Polykondensationsproduktes zu reagieren
vermögen, sind primäre Aminogruppen, sekundäre Aminogruppen, Epoxidgruppen, etc. Insbesondere
umfasst das wenigstens eine Silikon ein Aminosiloxan mit primären und/oder sekundären
Aminogruppen. Üblicherweise wird das wenigstens eine Silikon als wässrige Emulsion
wie als Makroemulsion oder Mikroemulsion aufgetragen.
[0035] In einer anderen Ausführungsform erfolgt die Vernetzung des Polykondensationsprodukts
in Gegenwart des Aminosiloxans. Es ist vorteilhaft, in einem vorgeschalteten Schritt
das Aminosiloxan auf das textile Flächengebilde und anschließend in Schritt (i) das
Polykondensationsproduktes auf das textile Flächengebilde aufzutragen. Die Umsetzung
des Polykondensationsprodukts mit dem Aminosiloxan führt zur Bildung wasserunlöslicher
Netzwerke. Ohne an eine Theorie gebunden zu sein wird davon ausgegangen, dass der
unpolare Weichmacher und das polare Polykondensationsprodukt andere Bereiche der textilen
Oberfläche besetzen. Dennoch kommt es zu Überlappungen, wo Weichmacher und Polykondensationsprodukt
Bindungen aufbauen, wodurch die Gesamtfixierrate, die Waschpermanenz und die Griffigkeit
erhöht werden. Hierdurch erhält man textile Flächengebilde mit weichem Griff, guten
Brandschutz und guter Waschpermanenz.
[0036] Das Aufbringen des Polykondensationsprodukts und optional des wenigstens einen Silikons
kann durch ein beliebiges geeignetes Verfahren erfolgen, z.B. durch Autoklavieren,
Tauch-, Sprüh- oder Lackierverfahren.
[0037] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zur Flammschutzausrüstung textiler Flächengebilde.
[0038] Die erfindungsgemäß behandelten textilen Flächengebilde sind beispielsweise Vliese
(Nonwovens), Gewebe, Gewirke oder Gestricke, vorzugsweise Gewebe. Die textilen Flächengebilde
können Wolle enthalten. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung umfasst der Begriff Wolle
alle groben und feinen Tierhaare. Insbesondere umfassen die textilen Flächengebilde
Cellulose enthaltende Fasern wie Baumwolle, Cellulose-Regenerat, Hanf, Flachs, Jute,
Sisal oder Mischungen davon. Vorzugsweise bestehen die textilen Flächengebilde ganz
oder überwiegend aus Baumwolle und enthalten z. B. 65 bis 100 Gew.-% Baumwolle. Bei
der Baumwolle kann es sich um native oder regenerierte Baumwolle handeln. Enthalten
die textilen Flächengebilde neben Baumwolle weitere Fasern, kann es sich z. B. um
synthetische Fasern wie Polyester oder Polyamid handeln. Das Cellulose enthaltende
textile Flächengebilde kann bis zu 50 Gew.-% Polyesterfasern enthalten. Bevorzugt
sind außerdem Cellulose-Regenerate, wie Viskose, Modal, Tencel oder Lyocell.
[0039] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zur Flammschutzausrüstung von textilen
Flächengebilden. Vorteilhafterweise kann auch eine Nachwäsche zum Entfernen nicht
umgesetzter Polymere oder Oligomere und anderer Nebenprodukte verzichtet werden. Insbesondere
ist der verbleibende Anteil von Formaldehyd im Vergleich zu Verfahren aus dem Stand
der Technik. Durch den Zusatz und die reaktive Einbindung von Weichmachern kann der
Weichgriff stark erhöht werden, so dass eine mechanische Weichmachung durch Aufrauhen
wie z.B. Sanfor-Behandlung entfallen kann. Die Ausrüstung erzeugt keine korrosiven
Eigenschaften im Kontakt mit metallteilen, wie z. B. Klammern zur Befestigung von
Möbelbezugsstoffen. Die Ausrüstung ergibt einen hydrohoben Effekt. Wasser wird auf
der Oberfläche abgewiesen, so dass die Trocknung der Stoffe vereinfacht und der Zusatz
von Hydrophobiermitteln nicht mehr erforderlich ist.
[0040] Ein weiterer Gegenstand ist ein textiles Flächengebilde, erhältlich nach einem Verfahren
wie zuvor beschrieben.
[0041] Die Erfindung wird durch die folgenden Beispiele näher veranschaulicht.
Beispiel 1: Synthese eines Flammschutzmittels bestehend aus Wiederholungseinheiten
der Formeln (I) und (IIb)
[0042] 65,3 g THPO, 60 g Melamin und 27,6 g Paraformaldehyd wurden in einem Kolben auf 120°C
erwärmt und 10 Minuten bei 110 - 120 °C erwärmt. Das Reaktionsgemisch wurde abgekühlt
und in 100 g Methanol gelöst. Die Mischung wurde anschließend für 2 Stunden im Rückfluss
bei 65°C gekocht. Anschließend wurde mit 150 g Wasser verdünnt und Vakuum angelegt,
um Methanol zu entfernen. Man erhält 244 g einer 52 Gew.-%igen klaren, farblosen Lösung.
Beispiel 2: Synthese eines Flammschutzmittels bestehend aus Wiederholungseinheiten
der Formeln (I) und (IIa)
[0043] Man wiederholte die Vorschrift gemäß Beispiel 1, setzte aber anstelle von 60 g Melamin
28,5 g Harnstoff ein. Man erhielt 221 g einer trüben Lösung.
Beispiel 3: Ausrüstung von Baumwolle
[0044] Stoff aus 100% Baumwolle wurde über ein Tauch-Quetsch-Verfahren bei pH 5 mit dem
Flammschutzmittel aus Beispiel 1 ausgerüstet und bei verschiedenen Temperaturen und
Zeiträumen getrocknet und vernetzt.
[0045] Tabelle 1 enthält den Formaldehydgehalt vor der Wässerung und die Fixierraten nach
Wässerung.
Tabelle 1:
Temperatur |
Zeit /Minuten |
Auflage |
Fixierrate |
HCHO [µg/Kg] |
130°C |
15 |
24% |
70% |
100 ppm |
130°C |
30 |
27% |
79% |
55 ppm |
160°C |
15 |
29% |
77% |
45 ppm |
160°C |
30 |
27% |
81% |
15 ppm |
190°C |
15 |
29% |
88% |
<10 ppm |
190°C |
30 |
28% |
91% |
<10 ppm |
[0046] Die Flammschutzwirkung wurde optisch und gemäß Flammschutztest DIN 4102B2 ermittelt.
Alle ausgerüsteten Proben bestanden den Flammschutztest.
Vergleichsbeispiel 4:
[0047] Stoff aus 100% Baumwolle wurde über ein Tauch-Quetsch-Verfahren gemäß der Vorschrift
in Beispiel 1 ausgerüstet, jedoch wurde ein Umsetzungsprodukt eines Melamin-Harnstoff-Formaldehyd-Vorkondensats
mit THPO im Molverhältnis 2:1 anstelle des Flammschutzmittel aus Beispiel 1 eingesetzt.
Der Stoff hatte einen deutlich härteren Griff im Vergleich zu den Stoffproben in Beispiel
1.
Vergleichsbeispiel 5:
[0048] Stoff aus 100% Baumwolle wurde über ein Tauch-Quetsch-Verfahren gemäß der Vorschrift
in Beispiel 1 ausgerüstet, jedoch wurde ein Umsetzungsprodukt eines Melamin-Harnstoff-Formaldehyd-Vorkondensats
mit THPO im Molverhältnis 0,5:1 anstelle des Flammschutzmittel aus Beispiel 1 eingesetzt.
Die Fixierrate sank deutlich ab.
1. Verfahren zur Flammschutzausrüstung von textilen Flächengebilden, bei dem man
(i) ein Polykondensationsprodukt, welches Wiederholungseinheiten I und (IIa und/oder
IIb) umfasst und eine mittlere Molmasse im Bereich von 400-5000 g/mol aufweist,

worin
jedes R1 unabhängig voneinander für Wasserstoff, -CH2OH, -CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht;
jedes R2 unabhängig voneinander für -CH2OH, -CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht; und
jedes Y unabhängig voneinander für eine Einfachbindung oder -O-CH2-steht;
wobei das Molverhältnis von I zur Summe von IIa und IIb im Bereich von 1,4 : 0,9 bis
0,9 : 1,4 liegt, auf das textile Flächengebilde aufbringt; und
(ii) das Polykondensationsprodukt auf dem textilen Flächengebilde vernetzt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Vernetzung bei einer Temperatur von 140 bis 200
°C und einem pH von 3,5 bis 6,5 erfolgt.
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Polykondensationsprodukt
als wässrige Lösung mit einem Feststoffgehalt von 40 bis 80 Gew.-% aufgetragen wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei man außerdem wenigstens ein
Silikon als Weichmacher aufbringt.
5. Verfahren nach Anspruch 4, wobei es sich bei dem wenigstens einen Silikon um ein Aminosiloxan
mit primären und/oder sekundären Aminogruppen handelt.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das wenigstens eine Silikon
als wässrige Emulsion eingesetzt wird
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei man zunächst das wenigstens
eine Silikon auf das textile Flächengebilde aufbringt und anschließend das Polykondensationsprodukt
auf das textile Flächengebilde aufbringt.
8. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei das textile Flächengebilde ein
Cellulose enthaltendes textiles Flächengebilde ist.
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei das Cellulose enthaltende textile Flächengebilde
Fasern aus Baumwolle, Cellulose-Regenerat, Hanf, Flachs, Jute, Sisal oder Mischungen
davon enthält.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, wobei das Cellulose enthaltende textile Flächengebilde
bis zu 50 Gew.-% Polyesterfasern enthält.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei man das Polykondensationsprodukt
durch Autoklavieren, Tauch-, Sprüh- oder Lackierverfahren aufbringt.
12. Textiles Flächengebilde mit flammhemmenden Eigenschaften, erhältlich nach einem der
Ansprüche 1-11.