(19)
(11) EP 3 892 772 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.10.2021  Patentblatt  2021/41

(21) Anmeldenummer: 20168191.3

(22) Anmeldetag:  06.04.2020
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
D06M 15/431(2006.01)
D06M 15/673(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
D06M 15/423; D06M 15/431; D06M 15/673; D06M 15/579; D06M 2200/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Ecoatech GmbH
86167 Augsburg (DE)

(72) Erfinder:
  • NIEDERSTADT, Rule
    86167 Augsburg (DE)

(74) Vertreter: Reitstötter Kinzebach 
Patentanwälte Sternwartstrasse 4
81679 München
81679 München (DE)

   


(54) FLAMMSCHUTZAUSRÜSTUNG VON TEXTILEN FLÄCHENGEBILDEN MIT POLYKONDENSATIONSPRODUKTEN


(57) Zur Flammschutzausrüstung von textilen Flächengebilden bringt man ein Polykondensationsprodukt, welches Wiederholungseinheiten I und (IIa und/oder IIb) umfasst und eine mittlere Molmasse im Bereich von 400-5000 g/mol aufweist,

worin jedes R1 unabhängig voneinander für Wasserstoff, -CH2OH, -CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht; jedes R2 unabhängig voneinander für -CH2OH, - CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht; und jedes Y unabhängig voneinander für eine Einfachbindung oder -O-CH2- steht; wobei das Molverhältnis von I zur Summe von IIa und IIb im Bereich von 1,4 zu 0,9 bis 0,9 zu 1,4 liegt, auf das textile Flächengebilde auf; und vernetzt das Polykondensationsprodukt auf dem textilen Flächengebilde.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Flammschutzausrüstung von textilen Flächengebilden, bei dem ein stickstoff- und phosphorhaltiges Polykondensationsprodukt auf einem textilen Flächengebilde aufgebracht und auf diesem vernetzt wird. Die vorliegende Erfindung betrifft auch ein nach diesem Verfahren erhältliches textiles Flächengebilde mit flammhemmenden Eigenschaften.

[0002] Die nachträgliche Ausrüstung und Behandlung von Textil, Vliesstoffen und Papier mit Flammschutzmittel ist ein in der Industrie häufig verwendeter Prozess. Dabei werden Flammschutzmittel auf der Cellulosestruktur durch Imprägnieren aufgebracht und verbleiben nach der Trocknung auf den Fasern. Sofern sie nicht durch nachgeschaltete Reaktion fixiert oder unlöslich gemacht werden, können sie durch Tauchen oder Wäsche wieder entfernt werden. Dies ist erklärlich, da Produkte, die aus wässriger Lösung aufgetragen werden, normalerweise eine hohe Affinität oder Löslichkeit in Wasser besitzen.

[0003] Möchte man hingegen eine Beständigkeit gegenüber Wässerung und Wäsche erreichen, muss eine Fixierung des Flammschutzmittels erfolgen. Dies ist prinzipiell durch unlösliche Ablagerungen, reaktive Anbindungen oder den Aufbau von Netzwerken aufgrund einer Wärmebehandlung möglich.

[0004] Effektive Flammschutzmittel für Textilien sind organische phosphor- und stickstoffhaltige Verbindungen, die reaktiv an Cellulosefasern binden.

[0005] Im Pyrovatex-Verfahren werden Textilien mit N-Methylol-dialkylphosphonopropionamiden behandelt. Hierbei wird bei Temperaturen von 150-170°C und einem sehr sauren pH-Wert von 2 bis 4 eine Reaktion mit der Zellulosefaser bewirkt.

[0006] Die warmen, sauren Bedingungen bewirken jedoch gleichzeitig eine teilweise Hydrolyse der Cellulose, was zu Festigkeitsverlust führt und ein wesentlicher Nachteil des Verfahrens ist. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass das Reaktion eine Gleichgewichtreaktion ist, die bewirkt, dass etwa 50% der Flammschutzmoleküle nicht an die Zellulose anbinden und damit nicht waschfest sind. Zudem ist eine exakte Einhaltung der Reaktionsbedingungen erforderlich, was hohe Ansprüche an die Anlagen und die Präzision der Ausrüstung stellt.

[0007] In der US 2,809,941 wird beschrieben, dass Tetrakis(hydroxymethyl)-phosphoniumchlorid (THCP) oder Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid (THPO) mit Stickstoffverbindungen wie Harnstoff, Harnstoffderivaten oder Melamin zu Polymeren umgesetzt werden können. Textilien werden mit einer Lösung der Monomere imprägniert und getrocknet. Bei erhöhter Temperatur polymerisieren die Monomere. Monomeres Tetrakis(hydroxymethyl)phosphoniumchlorid und Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid sind Gefahrstoffe und sollten nur in chemischen Anlagen gehandhabt werden. Die Reaktion von THPC mit den Stickstoffverbindungen läuft nicht direkt, sondern nur über die Zwischenstufe des Trihydroxymethylphosphins (THP) ab, wobei Formaldehyd abgespalten wird. Die Reaktion von THPO verläuft sehr viel langsamer als die von THP mit Aminen, Melamin oder Harnstoff Urea. Mit einer vollständigen Umsetzung von THPO auf dem Fasermaterial ist daher nicht zu rechnen.

[0008] Die Anmeldung CN 107629248A beschreibt die Kondensation von Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid mit Phosphoroxychlorid, wobei lineare und zyklische Oligomere entstehen, die mit Melamin weiter umgesetzt werden.

[0009] Beim so genannten Proban®-Verfahren wird textiles Gewebe zunächst mit THPC imprägniert und getrocknet. Danach wird das Gewebe mit Ammoniak begast. THPC reagiert mit dem Ammoniakgas zu einem unlöslichen, dreidimensionalen Polykondensat. Im Anschluss an die Ammoniakbehandlung wird die Ware einem Spül-, Oxidations- und Waschprozess unterzogen, um die gevom dreiwertigen in den geruchlosen fünfwertigen Zustand zu überführen. Der Nachteil des Verfahrens besteht darin, dass spezielle Anlagen zur Begasung mit Ammoniak-Gas erforderlich sind. Die Durchführung stellt ein Sicherheits-, Kosten- und Umweltproblem für die verarbeitenden Betriebe dar. Alle entstehenden Nebenprodukte müssen anschließend ausgewaschen werden. Allerdings weisen die nach dem Proban®-Verfahren behandelten Textilien eine hohe Steifheit auf. Daher versucht man durch den nachträglichen Zusatz von Weichmachern sowie durch Sanforisieren (Anrauhen der Oberfläche) der Versteifung entgegen zu wirken. Die Sanfor-Behandlung bedeutet jedoch einen zusätzlichen Arbeitsschritt sowie spezielle Anlagen. Nachteilig an dem nachträglichen Zusatz von Weichmachern ist, dass Weichmacher im Allgemeinen brennbar sind, wenn sie bei Beflammung verdampfen und in der Gasphase entzündet werden. Daher ist man bei Textilien mit Flammschutzausrütung sehr beschränkt in der Menge an Weichmacher.

[0010] Die WO 1988/002283A1 beschreibt ein Verfahren, bei dem man ein Präpolymer aus Harnstoff und Tetrakis(hydroxymethyl)phosphoniumchlorid auf ein Textil aufbringt, das Textil mit Ammonik begast und das ammonisierte Präpolymer zum Phosphinoxid oxidiert.

[0011] Die Umsetzungsprodukte aus THP, Harnstoff, Formaldehyd und Formaldehyd-Ammoniak-Addukten führen zum Aufbau von Molekülen mit höheren Molmassen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen kontrollierten, reproduzierbaren Aufbau, da je nach Fasertyp, Migrationsstabilität der einzelnen Komponenten in der Faser und Konzentration der Edukte Umsetzungsprodukte mit unterschiedlicher Summe an Stickstoff- und Phosphoratomen und unterschiedlichem Stickstoff/Phosphor-Atomverhältnissen entstehen können. Die unterschiedlichen Umsetzungsprodukte unterscheiden sich im Molekulargewicht, der Flammschutzwirkung und auch der Waschpermanenz, was sich in der durchschnittlichen Fixierrate von ca. 50% erkennen lässt.

[0012] Die am Prioritätstag dieser Anmeldung unveröffentlichte EP 19194436.2 beschreibt ein Verfahren zur Ausrüstung saugfähiger Substrate, bei dem man ein Umsetzungsprodukt eines Aminoplast-Vorkondensats mit Tris(hydroxymethyl)-phosphinoxid, welches Umsetzungsprodukt freie oder veretherte N-Hydroxymethylgruppen aufweist, auf das Substrat aufbringt; und das Umsetzungsprodukt auf dem Substrat vernetzt. Im Hinblick auf eine optimale Flammschutzwirkung weist das Umsetzungsprodukt ein Stickstoff/Phosphor-Atomverhältnis von 4:1 bis 12:1 auf. Die Flammschutzausrüstung besitzt gegenüber anderen Flammschutzmitteln beispielsweise den Vorteil, dass die beschichteten Textilien nicht nachgewaschen werden müssen.

[0013] Die aus dem Stand der Technik bekannten phosphor- und stickstoffhaltigen Flammschutzmittel haben häufig den Nachteil, dass sie die anwendungstechnischen Eigenschaften von textilen Flächengebilden verschlechtern. So können diese beispielsweise ihre Geschmeidigkeit verlieren und versteifen, was unter anderem zu einem stark verminderten Tragekomfort der aus diesen Flächengebilden gefertigten Kleidungsstücken oder zu einer schlechten Verarbeitbarkeit der Flächengebilde führt, was z. B. in der Herstellung von Möbel- oder Autobezügen nachteilig ist.

[0014] Häufig weisen die mit den bekannten Flammschutzmittel ausgerüsteten Flächengebilde zudem keine zufriedenstellende Waschbeständigkeit auf. Häufig geben die mit Flammschutzmittel ausgerüsteten Flächengebilde nachträglich Formaldehyd ab, so dass eine Nachwäsche zur Absenkung des Formaldehyds erforderlich ist, um den Anforderungen an den maximalen Formaldehydgehalt gemäß den Ökotex Standards zu genügen.

[0015] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, ein ökonomisches Verfahren zur Flammschutzausrüstung bereitzustellen, die textilen Flächengebilden einen hohen Flammschutz bei gleichzeitig gutem Tragekomfort oder angenehmen Griff verleiht. Außerdem sollten die behandelten textilen Flächengebilde umweltverträglich sein und die aktuellen Ökotex Standards hinsichtlich des Formaldehyd-Gehalts erfüllen.

[0016] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Flammschutzausrüstung von textilen Flächengebilden, bei dem man
  1. (i) ein Polykondensationsprodukt, welches Wiederholungseinheiten I und (IIa und/oder IIb) umfasst und eine mittlere Molmasse im Bereich von 400-5000 g/mol aufweist,

    worin

    jedes R1 unabhängig voneinander für Wasserstoff, -CH2OH, -CH2OCH3 oder - CH2OCH2CH3 steht;

    jedes R2 unabhängig voneinander für -CH2OH, -CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht; und

    jedes Y unabhängig voneinander für eine Einfachbindung oder -O-CH2- steht; wobei das Molverhältnis von I zur Summe von IIa und IIb im Bereich von 1,4 : 0,9 bis 0,9 : 1,4 liegt, auf das textile Flächengebilde aufbringt; und

  2. (ii) das Polykondensationsprodukt auf dem textilen Flächengebilde vernetzt.


[0017] Vorzugsweise ist wenigstens ein Teil der Reste R1 von Wasserstoff verschieden.

[0018] Überraschenderweise wurde gefunden, dass über das Verhältnis von Wiederholungseinheiten der Formel (I) zu der Summe der Wiederholungseinheiten (IIa und IIb) die anwendungstechnischen Eigenschaften der behandelten textilen Flächengebilde gesteuert werden können. Es ist erfindungswesentlich, dass das Molverhältnis von I zu IIa und IIb im Bereich von 1,4 : 0,9 bis 0,9 : 1,4, vorzugsweise 1,2 : 0,9 bis 0,9 : 1,2, insbesondere 1,1 : 0,95 bis 0,95 : 1,1 liegt. Aufgrund dieses eng definierten Molverhältnisses ist es möglich, hohe Fixierraten, d.h. eine gute Waschbeständigkeit zu erzielen und gleichzeitig die Geschmeidigkeit des textilen zu erhalten. Die Erfinder konnten in weiteren Versuchen auch zeigen, dass eine Abweichung von diesem Verhältnis zu schlechteren anwendungstechnischen Eigenschaften führt. So ergeben sich bei einer 1:2 oder 1:3 Stöchiometrie harte und lack-ähnliche Ausrüstungen, die keinen textilen Charakter aufweisen. Insbesondere verschlechtert sich der Weichgriff der textilen Flächengebilde. Wird hingegen die Summe der Wiederholungseinheiten (IIa und IIb) zum Beispiel in einem Unterschuss von 1:0,5 eingesetzt, so bleibt der weiche Griff erhalten, aber die Waschbeständigkeit (Fixierrate) sinkt deutlich.

[0019] Das erfindungsgemäß in Schritt (i) aufgetragene Polykondensationsprodukt weist eine begrenzte Zahl reaktionsfähiger N-Methylolgruppen bzw. veretherter N-Methylolgruppen auf. Hierdurch wird eine hohe Quervernetzung vermieden und gleichzeitig der Eintrag von gebundenem Formaldehyd reduziert.

[0020] Erfindungsgemäß weist das Polykondensationsprodukt eine mittlere Molmasse im Bereich von 400-5000 g/mol auf. Aufgrund seines nichtionischen Charakters und seiner Größe kann das Polykondensationsprodukt gut in tiefere Schichten des textilen Flächengebildes eindringen und anschließend mit sich selber reagieren zu können. Im Gegensatz dazu vermögen Polykondensationsprodukte mit vielen Hundert Wiederholungseinheiten aufgrund ihrer Größe und Form nur schlecht bis gar nicht in das textile Flächengebilde einzudringen. Sie bleiben, wie bei einer Filtration, an der Oberfläche des textilen Flächengebildes hängen.

[0021] Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, dass nur eine Komponente aufgetragen wird. Somit kann diese gleichmäßig in das textile Flächengebilde eindringen. Es liegt über alle Zonen des textilen Flächengebildes ein gleiches stöchiometrisches Verhältnis von Stickstoff zu Phosphor vor und das N:P-Verhältnis kann sich durch Migration nicht ändern. Die gute Verteilung der Komponente sorgt außerdem dafür, dass insgesamt weniger Stickstoff und Phosphor enthaltenes Polykondensationsprodukt zum Erreichen einer guten Flammhemmung aufgetragen werden kann. Beim Auftrag eines 2-Komponentensystems, wobei nur eine Komponente reaktive N-Methylolgruppen aufweist, ist regelmäßig eine Vormischung erforderlich. Außerdem können sich die zwei Komponenten unterschiedlich auf dem textilen Flächengebilde verteilen und/oder migrieren, so dass nicht gebundene Komponenten später leicht ausgewaschen werden können, was wiederum die Flammschutzausrüstung mindert.

[0022] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein textiles Flächengebilde mit flammhemmenden Eigenschaften, erhältlich nach dem zuvor und nachfolgend in allen Einzelheiten beschriebenen Verfahren.

[0023] Unter textilen Flächengebilden sollen alle textilen Flächenerzeugnisse, unabhängig von ihrem Herstellungsverfahren, verstanden werden. Solche textilen Flächengebilde sind z. B. Gewebe, Gewirke, Gestricke, Tuftings, Filze und Vliesstoffe.

[0024] Das in Schritt (i) eingesetzte Polykondensationsprodukt ist erhältlich durch Umsetzung geeigneter Mengen von Tris(hydroxymethyl)phosphinoxid (THPO), Formaldehyd und eines Amins/Amids, ausgewählt unter Harnstoff, Melamin oder Mischungen davon. Die gebildeten N-Hydroxymethylgruppen können mit Methanol oder Ethanol verethert werden. Alternativ kann man THPO in einem wässrigen Medium bei alkalischem pH mit einem Aminoplast-Vorkondensat umsetzen.

[0025] In dem Polykondensationsprodukt sind die phosphorhaltigen Wiederholungseinheiten und die stickstoffhaltigen Wiederholungseinheiten kovalent verbunden, so dass es beim Eindringen nicht zu einer Trennung kommen kann, was automatisch eine schlechtere Fixierung bedingen würde.

[0026] In einer Ausführungsform enthält das Polykondensationsprodukt ausschließlich Wiederholungseinheiten der Formeln (I) und (IIa). In einer weiteren Ausführungsform enthält das Polykondensationsprodukt ausschließlich Wiederholungseinheiten der Formeln (I) und (IIb).

[0027] Das Polykondensationsprodukt liegt vor dem Auftrag vorzugsweise als wässrige Lösungen mit einem Feststoffgehalt von 40-80 Gew.-% vor. Wässrige Lösungen mit diesem Feststoffgehalt sind niederviskos und lassen sich gut aufbringen.

[0028] Zur Verbesserung des Netzverhaltens kann die Lösung des Polykondensationsproduktes Netzmittel enthalten. Geeignete Netzmittel sind anionische oder nichtionische Tenside, wie alkoxylierte Fettalkohole, alkoxylierte Fettsäuren, Alkylsulfate, alkoxylierte Alkylsulfate, Alkylsulfosuccinate, alkoxylierte Alkylsulfosuccinate, Polyether-modifizierte Polysiloxanecopolymere oder Alkylphosphonatester.

[0029] Die Vernetzung des Polykondensationsprodukts kann mit sich selbst dem textilen Flächengebilde und/oder durch Reaktion mit reaktiven Gruppen des textilen Flächengebildes erfolgen.

[0030] Diese Vernetzung erfolgt durch Erwärmen auf eine Temperatur von 100 bis 250 °C. Die Geschwindigkeit der Vernetzung hängt neben der Temperatur vom pH-Wert der aufgebrachten Lösung ab. Zur Erhöhung der Lagerstabilität ist das Polykondensationsprodukt in der Regel auf einen basischen pH eingestellt. Die Vernetzung des Polykondensationsprodukts erfolgt dagegen bevorzugt bei neutralem bis saurem pH. Daher wird das Polykondensationsprodukt vorzugsweise mit einer Säure versetzt, geeigneterweise vor dem Aufbringen auf das Substrat. Geeignete Säuren sind Mineralsäure, wie Phosphorsäure, phosphorige Säure, Schwefelsäure, Sulfonsäuren, wie Amidosulfonsäure, oder organische Säuren, wie Essigsäure. Es können auch saure Salze wie Ammoniumchlorid zur pH-Einstellung verwendet werden. Die Vernetzungstemperatur hängt unter anderem von der Temperaturbeständigkeit des textilen Flächengebildes ab. In geeigneten Ausführungsformen vernetzt man bei einer Temperatur von 140 bis 200 °C und einem pH von 3,5 bis 6,5, vorzugsweise 4 bis 6, um die Ausrüstung des textilen Flächengebildes abzuschließen. Bei einer Vernetzung unter diesen Bedingungen über einen Zeitraum von 10 bis 40 Minuten, bevorzugt 20-30 Minuten werden Etherbindungen (durch Reaktion zweier Methyolgruppen) in stabile Methylengruppen umgewandelt, gleichzeitig wird das entstandene Formaldehyd zur Anlagerung an freie NH-Gruppen im vernetzten Umlagerungsprodukt genutzt. Dadurch nimmt insgesamt der freie Formaldehydgehalt ab. Je nach Dauer der Behandlung erfüllen die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelten textilen Flächengebilde den Ökotex Standard der Produktklasse 2, 3 bzw. 4 von maximal 75, 150 und 300 µg/kg an freiem Formaldehyd.

[0031] Die applizierte Menge an Polykondensationsprodukt beträgt nach der Trocknung im Allgemeinen 20 bis 50 Gew.-%, bezogen auf die Summe des Gewichts von Polykondensationsprodukt und textilem Flächengebilde.

[0032] Es ist bekannt, Baumwolle zur Erzeugung von Hydrophobier- und Weichgriffeffekten mit Siliciumverbindungen zu behandeln. Die Siliciumverbindungen werden dabei entweder kovalent angebunden oder lediglich adhäsiv angelagert. Nicht kovalente Textilausrüstungen zeigen eine geringe Waschpermanenz. Ausrüstungen, welche sich nur auf der Oberfläche des Textils ablegen, können durch mechanische Beanspruchung oder den Einfluss von Tensiden im Waschprozess abgetragen werden. Die Effekte wie Weichgriff oder Wasserabweisung werden dadurch nach wenigen Wäschen auf das Ursprungsniveau der unausgerüsteten Ware zurück gesetzt.

[0033] In einer weiteren Ausführungsform wird daher zur Verbesserung von Tragekomfort und Weichgriff wenigstens ein Silikon auf das textile Flächengebilde aufgetragen. Das wenigstens eine Silikon kann linear oder verzweigt sein und mit endständigen oder seitlichen Blöcken alkoxyliert und/oder alkyliert sein. Ein geeignetes Siloxan ist zum Beispiel reines Polydimethysiloxan.

[0034] Vorzugsweise umfasst das wenigstens eine Silikon ein Siloxan, das Gruppen aufweist, die mit den N-Methyolgruppen des Polykondensationsprodukts zu reagieren vermögen. Geeignete Gruppen, die mit den N-Metholgruppen des Polykondensationsproduktes zu reagieren vermögen, sind primäre Aminogruppen, sekundäre Aminogruppen, Epoxidgruppen, etc. Insbesondere umfasst das wenigstens eine Silikon ein Aminosiloxan mit primären und/oder sekundären Aminogruppen. Üblicherweise wird das wenigstens eine Silikon als wässrige Emulsion wie als Makroemulsion oder Mikroemulsion aufgetragen.

[0035] In einer anderen Ausführungsform erfolgt die Vernetzung des Polykondensationsprodukts in Gegenwart des Aminosiloxans. Es ist vorteilhaft, in einem vorgeschalteten Schritt das Aminosiloxan auf das textile Flächengebilde und anschließend in Schritt (i) das Polykondensationsproduktes auf das textile Flächengebilde aufzutragen. Die Umsetzung des Polykondensationsprodukts mit dem Aminosiloxan führt zur Bildung wasserunlöslicher Netzwerke. Ohne an eine Theorie gebunden zu sein wird davon ausgegangen, dass der unpolare Weichmacher und das polare Polykondensationsprodukt andere Bereiche der textilen Oberfläche besetzen. Dennoch kommt es zu Überlappungen, wo Weichmacher und Polykondensationsprodukt Bindungen aufbauen, wodurch die Gesamtfixierrate, die Waschpermanenz und die Griffigkeit erhöht werden. Hierdurch erhält man textile Flächengebilde mit weichem Griff, guten Brandschutz und guter Waschpermanenz.

[0036] Das Aufbringen des Polykondensationsprodukts und optional des wenigstens einen Silikons kann durch ein beliebiges geeignetes Verfahren erfolgen, z.B. durch Autoklavieren, Tauch-, Sprüh- oder Lackierverfahren.

[0037] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zur Flammschutzausrüstung textiler Flächengebilde.

[0038] Die erfindungsgemäß behandelten textilen Flächengebilde sind beispielsweise Vliese (Nonwovens), Gewebe, Gewirke oder Gestricke, vorzugsweise Gewebe. Die textilen Flächengebilde können Wolle enthalten. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung umfasst der Begriff Wolle alle groben und feinen Tierhaare. Insbesondere umfassen die textilen Flächengebilde Cellulose enthaltende Fasern wie Baumwolle, Cellulose-Regenerat, Hanf, Flachs, Jute, Sisal oder Mischungen davon. Vorzugsweise bestehen die textilen Flächengebilde ganz oder überwiegend aus Baumwolle und enthalten z. B. 65 bis 100 Gew.-% Baumwolle. Bei der Baumwolle kann es sich um native oder regenerierte Baumwolle handeln. Enthalten die textilen Flächengebilde neben Baumwolle weitere Fasern, kann es sich z. B. um synthetische Fasern wie Polyester oder Polyamid handeln. Das Cellulose enthaltende textile Flächengebilde kann bis zu 50 Gew.-% Polyesterfasern enthalten. Bevorzugt sind außerdem Cellulose-Regenerate, wie Viskose, Modal, Tencel oder Lyocell.

[0039] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zur Flammschutzausrüstung von textilen Flächengebilden. Vorteilhafterweise kann auch eine Nachwäsche zum Entfernen nicht umgesetzter Polymere oder Oligomere und anderer Nebenprodukte verzichtet werden. Insbesondere ist der verbleibende Anteil von Formaldehyd im Vergleich zu Verfahren aus dem Stand der Technik. Durch den Zusatz und die reaktive Einbindung von Weichmachern kann der Weichgriff stark erhöht werden, so dass eine mechanische Weichmachung durch Aufrauhen wie z.B. Sanfor-Behandlung entfallen kann. Die Ausrüstung erzeugt keine korrosiven Eigenschaften im Kontakt mit metallteilen, wie z. B. Klammern zur Befestigung von Möbelbezugsstoffen. Die Ausrüstung ergibt einen hydrohoben Effekt. Wasser wird auf der Oberfläche abgewiesen, so dass die Trocknung der Stoffe vereinfacht und der Zusatz von Hydrophobiermitteln nicht mehr erforderlich ist.

[0040] Ein weiterer Gegenstand ist ein textiles Flächengebilde, erhältlich nach einem Verfahren wie zuvor beschrieben.

[0041] Die Erfindung wird durch die folgenden Beispiele näher veranschaulicht.

Beispiel 1: Synthese eines Flammschutzmittels bestehend aus Wiederholungseinheiten der Formeln (I) und (IIb)



[0042] 65,3 g THPO, 60 g Melamin und 27,6 g Paraformaldehyd wurden in einem Kolben auf 120°C erwärmt und 10 Minuten bei 110 - 120 °C erwärmt. Das Reaktionsgemisch wurde abgekühlt und in 100 g Methanol gelöst. Die Mischung wurde anschließend für 2 Stunden im Rückfluss bei 65°C gekocht. Anschließend wurde mit 150 g Wasser verdünnt und Vakuum angelegt, um Methanol zu entfernen. Man erhält 244 g einer 52 Gew.-%igen klaren, farblosen Lösung.

Beispiel 2: Synthese eines Flammschutzmittels bestehend aus Wiederholungseinheiten der Formeln (I) und (IIa)



[0043] Man wiederholte die Vorschrift gemäß Beispiel 1, setzte aber anstelle von 60 g Melamin 28,5 g Harnstoff ein. Man erhielt 221 g einer trüben Lösung.

Beispiel 3: Ausrüstung von Baumwolle



[0044] Stoff aus 100% Baumwolle wurde über ein Tauch-Quetsch-Verfahren bei pH 5 mit dem Flammschutzmittel aus Beispiel 1 ausgerüstet und bei verschiedenen Temperaturen und Zeiträumen getrocknet und vernetzt.

[0045] Tabelle 1 enthält den Formaldehydgehalt vor der Wässerung und die Fixierraten nach Wässerung.
Tabelle 1:
Temperatur Zeit /Minuten Auflage Fixierrate HCHO [µg/Kg]
130°C 15 24% 70% 100 ppm
130°C 30 27% 79% 55 ppm
160°C 15 29% 77% 45 ppm
160°C 30 27% 81% 15 ppm
190°C 15 29% 88% <10 ppm
190°C 30 28% 91% <10 ppm


[0046] Die Flammschutzwirkung wurde optisch und gemäß Flammschutztest DIN 4102B2 ermittelt. Alle ausgerüsteten Proben bestanden den Flammschutztest.

Vergleichsbeispiel 4:



[0047] Stoff aus 100% Baumwolle wurde über ein Tauch-Quetsch-Verfahren gemäß der Vorschrift in Beispiel 1 ausgerüstet, jedoch wurde ein Umsetzungsprodukt eines Melamin-Harnstoff-Formaldehyd-Vorkondensats mit THPO im Molverhältnis 2:1 anstelle des Flammschutzmittel aus Beispiel 1 eingesetzt. Der Stoff hatte einen deutlich härteren Griff im Vergleich zu den Stoffproben in Beispiel 1.

Vergleichsbeispiel 5:



[0048] Stoff aus 100% Baumwolle wurde über ein Tauch-Quetsch-Verfahren gemäß der Vorschrift in Beispiel 1 ausgerüstet, jedoch wurde ein Umsetzungsprodukt eines Melamin-Harnstoff-Formaldehyd-Vorkondensats mit THPO im Molverhältnis 0,5:1 anstelle des Flammschutzmittel aus Beispiel 1 eingesetzt. Die Fixierrate sank deutlich ab.


Ansprüche

1. Verfahren zur Flammschutzausrüstung von textilen Flächengebilden, bei dem man

(i) ein Polykondensationsprodukt, welches Wiederholungseinheiten I und (IIa und/oder IIb) umfasst und eine mittlere Molmasse im Bereich von 400-5000 g/mol aufweist,

worin

jedes R1 unabhängig voneinander für Wasserstoff, -CH2OH, -CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht;

jedes R2 unabhängig voneinander für -CH2OH, -CH2OCH3 oder -CH2OCH2CH3 steht; und

jedes Y unabhängig voneinander für eine Einfachbindung oder -O-CH2-steht;

wobei das Molverhältnis von I zur Summe von IIa und IIb im Bereich von 1,4 : 0,9 bis 0,9 : 1,4 liegt, auf das textile Flächengebilde aufbringt; und

(ii) das Polykondensationsprodukt auf dem textilen Flächengebilde vernetzt.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Vernetzung bei einer Temperatur von 140 bis 200 °C und einem pH von 3,5 bis 6,5 erfolgt.
 
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Polykondensationsprodukt als wässrige Lösung mit einem Feststoffgehalt von 40 bis 80 Gew.-% aufgetragen wird.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei man außerdem wenigstens ein Silikon als Weichmacher aufbringt.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4, wobei es sich bei dem wenigstens einen Silikon um ein Aminosiloxan mit primären und/oder sekundären Aminogruppen handelt.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das wenigstens eine Silikon als wässrige Emulsion eingesetzt wird
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei man zunächst das wenigstens eine Silikon auf das textile Flächengebilde aufbringt und anschließend das Polykondensationsprodukt auf das textile Flächengebilde aufbringt.
 
8. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei das textile Flächengebilde ein Cellulose enthaltendes textiles Flächengebilde ist.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei das Cellulose enthaltende textile Flächengebilde Fasern aus Baumwolle, Cellulose-Regenerat, Hanf, Flachs, Jute, Sisal oder Mischungen davon enthält.
 
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, wobei das Cellulose enthaltende textile Flächengebilde bis zu 50 Gew.-% Polyesterfasern enthält.
 
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei man das Polykondensationsprodukt durch Autoklavieren, Tauch-, Sprüh- oder Lackierverfahren aufbringt.
 
12. Textiles Flächengebilde mit flammhemmenden Eigenschaften, erhältlich nach einem der Ansprüche 1-11.
 





Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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