(19)
(11) EP 3 893 230 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.10.2021  Patentblatt  2021/41

(21) Anmeldenummer: 21166719.1

(22) Anmeldetag:  01.04.2021
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
G09F 3/00(2006.01)
G09F 3/03(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
G09F 3/0376; G09F 3/0292; G09F 3/0291
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 08.04.2020 DE 102020109876

(71) Anmelder: Papiertechnische Stiftung (PTS)
01809 Heidenau (DE)

(72) Erfinder:
  • Hempel, Jörg
    01809 Dohna (DE)
  • Jüttke, Yvonne
    01279 Dresden (DE)
  • Steinberg, Anke
    01309 Dresden (DE)
  • Geißler, Andreas
    01219 Dresden (DE)

(74) Vertreter: Lippert Stachow Patentanwälte Rechtsanwälte Partnerschaft mbB 
Krenkelstraße 3
01309 Dresden
01309 Dresden (DE)

   


(54) INDIKATORETIKETT UND VERFAHREN ZUR MISSBRAUCHSERKENNUNG


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Missbrauchserkennung und ein Indikatoretikett zur Verwendung in dem Verfahren, das zur Detektion unsachgemäßen Gebrauchs von Bekleidungsartikeln geeignet ist und folgendes umfasst: mindestens ein flächiges Trägersubstrat, mindestens ein auf dem Trägersubstrat angeordnetes und mit diesem verbundenes, flächiges Abdecksubstrat mit mindestens einer Sichtöffnung sowie mindestens eine zwischen dem Trägersubstrat und dem Abdecksubstrat im Bereich der Sichtöffnung angeordnete Indikatorsubstanz, die durch Einwirkung von Wärme oder/und Druck oder/und Feuchtigkeit oder/und einer Testsubstanz aus der Gruppe umfassend Aminosäuren, Lactat, Harnstoff, Proteine, Lipide usw., nach einer im Herstellungsprozess einstellbaren Zeit einen irreversiblen Farbumschlag aufweist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Missbrauchserkennung und ein Indikatoretikett zur Verwendung in dem Verfahren. Das vorgeschlagene Indikatoretikett ist für die Detektion übermäßigen und unsachgemäßen Gebrauchs von Bekleidungsartikeln geeignet.

[0002] Verbrauchern steht bei einem Fernabsatzvertrag, also beim Erwerb von Waren unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon, E-Mail oder Internet, ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Der Verbraucher muss für diesen Widerruf keine Begründung angeben. Ist der Vertrag widerrufen, so sind beide Seiten zur Rückabwicklung des Vertrages verpflichtet, d.h. der Verbraucher muss die Ware zurücksenden und der Unternehmer muss den Kaufpreis zurückerstatten. Zu Problemen führt dies immer dann, wenn der Verbraucher die Ware nicht bloß auf ihre Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise prüft, wie ihm vom Gesetzgeber innerhalb der Widerrufsfrist ausdrücklich zugestanden wird, sondern die Ware in Gebrauch nimmt und anschließend dennoch den Vertrag widerruft und Rückzahlung verlangt. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Erwerb eines festlichen Anzugs oder Kleides, das zu dem entsprechenden Anlass getragen und anschließend zurückgesendet wird, ungeachtet der durch den Gebrauch verursachten Wertminderung des Artikels.

[0003] Zwar ist gesetzlich auch vorgesehen, dass der Verbraucher für Verschlechterungen der Ware Wertersatz zu leisten hat, die auf deren Gebrauch zurückgeht, soweit dieser Gebrauch über die Prüfung der Ware hinausgeht. Hier steht der Unternehmer jedoch in der Regel vor dem Problem, den Beweis für diese unsachgemäße Verwendung der Ware durch den Verbraucher erbringen zu müssen, was wiederum Kosten auf Händlerseite hervorruft, deren Rückerstattung höchst fraglich ist.

[0004] Mit der ständigen Zunahme des Handelsvolumens in allen Bereichen des Online-Handels steigt auch die Anzahl missbräuchlicher Retouren, vor allem im Sektor Bekleidung und Schuhe. In vielen Fällen werden Artikel übermäßig bzw. unsachgemäß genutzt und dennoch zurückgesandt. Insgesamt entsteht in Deutschland durch derartige missbräuchliche Retouren im Bereich der Fashionartikel ein Schaden von mindestens 400 Mio. Euro/Jahr. Neben der Logistik ist auch die anschließende Reinigung, Reparatur bzw. die Entsorgung von verschmutzten oder beschädigten Gütern mit hohen Kosten verbunden.

[0005] Indikatoretiketten sind beispielsweise als ergänzendes Element in Verpackungsmitteln bereits etabliert, beispielsweise zum Nachweis einer lückenlosen Kühlkette, eines Feuchtigkeitseinflusses, von Erschütterungen, Druckbelastungen, eines zu großen Neigungswinkels usw..

[0006] EP 1 448 742 B1 offenbart einen Klebeartikel zum Detektieren der Einwirkung von Wasser auf Elektronikartikel. Der Klebeartikel umfasst eine erste Schicht, umfassend einen transparenten Film, wobei die erste Schicht eine erste Hauptfläche und eine zweite Hauptfläche aufweist. Außerdem umfasst der Klebeartikel eine zweite Schicht, umfassend ein Fluidtransportsubstrat, wobei die zweite Schicht eine erste Hauptfläche und eine zweite Hauptfläche aufweist, wobei sich die erste Hauptfläche der zweiten Schicht in Kontakt mit der zweiten Hauptfläche der ersten Schicht befindet, und eine dritte Schicht, umfassend eine fluidtransportable Tinte, wobei die dritte Schicht mit der zweiten Hauptfläche der zweiten Schicht assoziiert ist. Der Klebeartikel umfasst dann eine Klebeschicht.

[0007] Im Textilbereich dienen Indikatoretiketten aktuell maßgeblich als Echtheitszertifikat oder als Diebstahlschutz.

[0008] US 2009/0064919 A1 stellt sich die Aufgabe, Detektorelemente bereitzustellen, um leicht zu bestimmen, ob ein Artikel und insbesondere ein Kleidungsstück getragen oder verwendet wurde, mit denen Bekleidungshändler oder nachfolgende Käufer feststellen können, ob ein von einem Kunden zurückgegebenes Kleidungsstück tatsächlich getragen wurde und ob es gereinigt wurde, und die erfassen und anzeigen, ob ein Kleidungsstück mit Wasser, Körperschweiß, chemischen Fleckenentfernern, sauren oder basischen Medien oder chemischen Reinigungsmitteln in Kontakt gekommen ist. Zur Lösung der Aufgabe wird ein Verfahren vorgeschlagen zum Erfassen, ob ein Kleidungsstück getragen wurde, umfassend die Schritte: a) Versehen eines Etiketts mit einem Kennzeichnungselement zum Erfassen und Anzeigen des Kontakts des Etiketts mit menschlichem Schweiß, Reinigungsmitteln und dem Kleidungsstück fremden Materialien; b) Integrieren des Kennzeichnungselements in das Kleidungsstück an einer Position, die für Schweiß, Reinigungsmittel und dem Kleidungsstück fremde Materialien zugänglich sind. Die Anzeige eines solchen Kontakts kann unter anderem durch eine Verfärbung erfolgen.

[0009] Aktuell ist es nicht möglich, eine über eine Anprobe hinausgehende und damit im Rahmen des gesetzlich verbrieften Rücksenderechts unberechtigte Nutzung eines Fashionartikels zu detektieren und in rechtssicherer Weise einen derartigen unsachgemäßen Gebrauch in einem sehr kurzen Betrachtungszeitraum zu belegen. Einzelne Steuergrößen wie Temperatur und Feuchte erscheinen in Anbetracht der variablen Transport- und Lagerbedingungen (Jahreszeiten) nicht geeignet, um als alleiniges Indiz zu Rate gezogen zu werden. Darüber hinaus sorgen die unterschiedlichen Tragebedingungen der einzelnen Modeartikel (z.B.: im direkten Hautkontakt) und deren materielle Zusammensetzung und damit Luftdurchlässigkeit (PVC vs. Baumwolle) sowie der volatilen Komponente "Mensch" für eine breite Variation im Auslöseverhalten etwaiger Indikatoren.

[0010] Ein Ziel der vorliegenden Erfindung ist es, derartigen Warenmissbrauch beim Sichtungsprozess der retournierten Ware schnell und sicher zu erkennen, um die entstehenden Kosten auf den missbräuchlich handelnden Kunden übertragen zu können und damit die Verluste der Onlinehändler zu reduzieren. Durch Bereitstellung und Kombination verschiedener Indikatorsysteme soll es möglich werden, für individuelle Produktklassen einen geeigneten Nachweis für übermäßiges Tragen zu führen. Abgesehen von den grundlegenden Indikatoren für Temperatur, Feuchtigkeit und Druck sollen auch spezifische Systeme für die Detektion von Ionen und flüchtigen organischen Verbindungen (Schweiß) bereitgestellt werden.

[0011] Das Indikatoretikett soll eine oder mehrere der folgenden Grundanforderungen erfüllen:
  • Irreversibilität der Benutzungsanzeige,
  • Kompatibilität mit direktem Hautkontakt,
  • Potential, die Benutzungsdauer zu indizieren,
  • frei von Mikroelektronik.


[0012] Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein Indikatoretikett vorgeschlagen, das mindestens ein flächiges, beispielsweise aus Papier hergestelltes, Trägersubstrat, mindestens ein auf dem Trägersubstrat angeordnetes und mit diesem verbundenes, flächiges Abdecksubstrat mit mindestens einer Sichtöffnung sowie mindestens eine zwischen dem Trägersubstrat und dem Abdecksubstrat im Bereich der Sichtöffnung angeordnete Indikatorsubstanz umfasst, die durch Einwirkung von Umgebungsparametern, beispielsweise Einflussfaktoren wie Wärme oder/und Druck oder/und Feuchtigkeit oder/und einer Testsubstanz aus der Gruppe umfassend Aminosäuren, Lactat, Harnstoff, Proteine, Lipide usw., nach einer einstellbaren, relativ kurzen Zeit im Bereich weniger Minuten bis zu wenigen Stunden, beispielsweise nach einer Stunde, einen irreversiblen Farbumschlag aufweist. Der Farbumschlag kann dabei bevorzugt mit fortschreitender Zeit zunehmen, so dass eine Abschätzung des konkreten Tragezeitraums ermöglicht wird.

[0013] Papier ist ein flächiger Werkstoff, der im Wesentlichen aus Fasern pflanzlicher Herkunft besteht und durch Entwässerung einer Fasersuspension auf einem Sieb gebildet wird. Papier weist eine Reihe von Vorteilen auf: Es ist vollständig aus natürlichen Rohstoffen herstellbar und biologisch abbaubar. Außerdem ist es dampf- und feuchtigkeitsdurchlässig und aufgrund seiner faserigen Struktur in der Lage, Flüssigkeiten kapillar zu leiten. Schließlich kann Papier auch mit bestimmten Substanzen versetzt werden, die als Indikatorsubstanz oder als eine Komponente einer Indikatorsubstanz, d.h. einer Indikatorkomponente, dienen können.

[0014] Die Indikatorsubstanz kann beispielsweise in das Trägersubstrat eingebettet oder auf das Trägersubstrat aufgetragen sein. Liegt die Indikatorsubstanz in Form von zwei oder mehr Indikatorkomponenten vor, so können beispielsweise je eine Indikatorkomponente auf je eine Seite des Trägersubstrats aufgetragen sein, oder/und eine Indikatorkomponente ist in das Trägersubstrat eingebettet und mindestens eine weitere Indikatorkomponente ist auf das Trägersubstrat aufgetragen, wobei bei drei Indikatorkomponenten eine Indikatorkomponente in das Trägersubstrat eingebettet und je eine weitere Indikatorkomponente auf je eine Seite des Trägersubstrats aufgetragen sein kann.

[0015] Als Feuchtigkeitsindikatoren eignen sich viele Salze und Salzmischungen. Diese werden mit einem wasserlöslichen Farbstoff versetzt. Je nach Deliqueszenzfeuchte der Mischung (d.h. das für einen Stoff spezifische Vermögen, die Feuchtigkeit der umgebenden Luft zu absorbieren und eine wässrige Lösung zu bilden) wird die Färbung (das Lösen des Farbstoffes) sichtbar. Tendenziell sollten die Deliqueszenzfeuchten relativ hoch (> 80%) liegen, um das Auslösen des Indikatorsystems auf die Tragesituation zu beschränken. Geeignet sind beispielsweise Alkali- und Erdalkalisalze (Halogenide oder Sulfate mit hygroskopischen Eigenschaften).

[0016] In einer Ausgestaltung kann vorgesehen sein, dass die Sichtöffnung durch ein transparentes Sichtfenster verschlossen ist. Das Sichtfenster kann entweder aus einem feuchtigkeitsdurchlässigen Membranwerkstoff oder aus einem feuchtigkeitsundurchlässigen Polymerfilm gebildet sein. Ist das Sichtfenster aus einem feuchtigkeitsundurchlässigen Polymerfilm gebildet, so kann Feuchtigkeit nur außerhalb des Sichtfensters und damit durch das Abdecksubstrat hindurch in das Indikatoretikett eindringen und muss sich dann unter dem Sichtfenster ausbreiten, um mit der Indikatorsubstanz in Kontakt zu kommen. Auf diese Weise ist es möglich, eine Zeitverzögerung in das Indikatoretikett einzubauen, die sich aus der Zeit ergibt, welche die Testsubstanz benötigt, um mit der Indikatorsubstanz in Kontakt zu kommen. Auch eine zeitaufgelöste, z.B. ringförmig von außen nach innen fortschreitende) Verfärbung wäre damit zu realisieren.

[0017] Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass die Indikatorsubstanz direkt mit einer Testsubstanz reagiert. In diesem Fall findet eine Reaktion zwischen der Testsubstanz und der Indikatorsubstanz statt, die einen Farbumschlag verursacht. Die Testsubstanz kann dabei beispielsweise Schweiß sein, also Feuchtigkeit mit einem Anteil an Salzen, Proteinen und weiteren organischen Bestandteilen usw., und die Indikatorsubstanz kann so ausgewählt sein, dass sie mit mindestens einem Bestandteil der Testsubstanz, beispielsweise der Feuchtigkeit, den Ionen oder den Proteinen reagiert.

[0018] Alternativ kann vorgesehen sein, dass die Indikatorsubstanz mindestens zwei Indikatorkomponenten umfasst, die miteinander reagieren. In diesem Fall findet die chemische Reaktion, ausgelöst durch äußere Einflüsse, die auf das Tragen der Bekleidung zurückzuführen sind, zwischen den zwei oder mehr Indikatorkomponenten statt, wodurch der Farbumschlag verursacht wird. Ein solcher äußerer Einfluss kann beispielsweise eine durch Körperwärme erzeugte Temperatureinwirkung während des Tragens der Bekleidung sein, die mindestens eine Indikatorkomponente schmilzt und so die Reaktion zwischen den Indikatorkomponenten ermöglicht, oder eine durch Schweiß erzeugte Feuchtigkeitseinwirkung, die mindestens eine Indikatorkomponente löst und so die Reaktion zwischen den Indikatorkomponenten ermöglicht, oder eine durch das Körpergewicht erzeugte Druckeinwirkung, die die Indikatorkomponenten aufeinander presst und so deren Reaktion ermöglicht, beispielsweise dadurch, dass eine Indikatorkomponente mikroverkapselt vorliegt und die Kapseln durch die Druckeinwirkung platzen. Auch eine Kombination von zwei oder mehr derartigen äußeren Einflüssen ist möglich.

[0019] Zwischen dem Trägersubstrat und dem Abdecksubstrat kann im Bereich der Sichtöffnung gemäß einer weiteren Ausgestaltung mindestens ein Substanzträgerelement angeordnet sein, das die Indikatorsubstanz oder mindestens eine Indikatorkomponente trägt. In diesem Fall werden die Indikatorsubstanz bzw. die Indikatorkomponenten also nicht auf oder in dem Trägersubstrat angebracht, sondern auf einem zusätzlichen Substrat, das zwischen dem Trägersubstrat und dem Abdecksubstrat angeordnet ist und nachfolgend als Substanzträgerelement bezeichnet wird.

[0020] Beispielsweise kann in einer vorteilhaften Ausgestaltung vorgesehen sein, dass zwei Substanzträgerelemente, die je eine Indikatorkomponente tragen, übereinander angeordnet sind. Ein solches Substanzträgerelement kann beispielsweise aus einem transparenten Celluloseregeneratfilm oder faserbasiert sein, beispielsweise aus einem Vliespapier bestehen.

[0021] Alternativ oder zusätzlich kann vorgesehen sein, dass die Indikatorsubstanz oder mindestens eine Indikatorkomponente verkapselt oder durch eine Opferschicht abgedeckt ist. Die Indikatorsubstanz oder Indikatorkomponente bzw. die Entwicklersubstanz kann vorteilhaft durch Hyaluronsäure oder Gelatine oder Stärke oder Dextran oder Agarose oder Polyallyamin oder Methylcellulose oder Ethylcellulose oder Polyvinylalkohol eingekapselt oder durch eine Opferschicht aus diesen Materialien abgedeckt sein, die beispielsweise durch Kaschieren, Lackieren, oder Beschichten hergestellt ist, und die sich beim Tragen des Kleidungsstücks oder Schuhs mit der Zeit abnutzt bzw. ablöst und dadurch das Indikatoretikett in einen wirksamen Zustand versetzt.

[0022] Gemäß einer weiteren Ausgestaltung kann vorgesehen sein, dass zwischen zwei Substanzträgerelementen mindestens ein Abstandhalterelement angeordnet ist. Ein solches Abstandhalterelement dient dazu, eine Zeitverzögerung in das Indikatoretikett einzubauen, die sich aus der Zeit ergibt, welche die Testsubstanz benötigt, um mit der Indikatorsubstanz in Kontakt zu kommen, bzw. welche eine Indikatorkomponente benötigt, um mit einer anderen Indikatorkomponente in Kontakt zu kommen. Als Material für das Abstandhalterelement kann beispielsweise Celluloseregenerat oder Vliespapier verwendet werden, oder ein anderes Material, das für eine Testsubstanz bzw. eine Indikatorkomponente durchlässig ist.

[0023] Für bestimmte Indikatorsubstanzen oder Indikatorkomponenten kann es weiter vorteilhaft sein, wenn das Indikatoretikett eine Entwicklersubstanz umfasst, die beispielsweise von einem Abstandhalterelement getragen wird, oder/und die verkapselt oder durch eine Opferschicht abgedeckt ist. Verkapselte Indikatorsubstanzen oder Indikatorkomponenten können durch äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit, Temperatur, Druck usw. freigesetzt werden. Unter Opferschichten sollen Schichten von Abdeckmaterialien verstanden werden, die sich bei Benutzung des Kleidungsstücks oder des Schuhs mit der Zeit mechanisch abnutzen bzw. in Lösung gehen und schließlich die Indikatorsubstanzen oder Indikatorkomponenten freisetzen.

[0024] Für das Trägersubstrat sowie für das Abdecksubstrat können besonders vorteilhaft faserbasierte Materialien wie Papier oder Vlies verwendet werden, die flächig und flexibel sind. Das Trägersubstrat ist der Träger für einen Schichtaufbau der übrigen Komponenten des Indikatoretiketts, das nach oben hin durch das Abdecksubstrat oder/und ein Sichtfenster abgeschlossen wird. Das Trägersubstrat kann darüber hinaus zur Fixierung an einem Kleidungsstück oder Schuh mit einer Klebefunktion versehen sein und optional weiterhin einen Manipulationsschutz aufweisen, beispielsweise perforiert sein.

[0025] Für das Sichtfenster, die Substanzträgerelemente sowie das Abstandhalterelement ebenfalls geeignete Materialien sind beispielsweise Celluloseregenerat, Polyamid, Celluloseether usw.

[0026] Die Erfindung umfasst auch ein Verfahren zur Erkennung der übermäßigen und missbräuchlichen Benutzung von Kleidungsstücken, bei dem ein Indikatoretikett mit mindestens einer Indikatorsubstanz ausgerüstet wird, die durch Einwirkung von Wärme oder Feuchtigkeit nach einer einstellbaren, relativ kurzen Zeit im Bereich weniger Minuten bis zu wenigen Stunden, beispielsweise nach einer Stunde, einen Farbumschlag aufweist, der auch zeitaufgelöst fortschreitend stattfinden kann, anschließend das Indikatoretikett fest mit dem Kleidungsstück verbunden wird, das Kleidungsstück einem Käufer übergeben oder übersandt wird und nach Rückgabe oder Rücksendung des Kleidungsstücks das Indikatoretikett einer Sichtprüfung unterzogen wird.

[0027] Die Verwendung des beschriebenen neuartigen Indikatoretiketts in einem solchen Verfahren ermöglicht es, missbräuchliche Benutzung eines Kleidungsstücks rechtssicher nachzuweisen, wenn das Kleidungsstück trotz der intensiven Benutzung innerhalb der gesetzlichen Rücksendefrist retourniert wird.

[0028] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist ein neuartiges Indikatoretikett für Schuhe. In einem 3-lagigen Papiersystem kommt es in Gegenwart von Feuchte zu einer Farbreaktion, sofern die Papierlagen in direktem Kontakt zueinanderstehen. Da Schuhe nicht getragen werden können ohne im Inneren eine Gewichtskraft auszuüben, bezieht das genutzte Prinzip für den Tragenachweis sowohl diesen Druck, als auch Feuchtigkeit im Sinne einer stark erhöhten Luftfeuchtigkeit bzw. Flüssigkeit, im erweiterten Sinne von Schweiß, als Steuergröße mit ein.

[0029] Durch das Bereitstellen einer breiten Palette miteinander kompatibler, papierbasierter Indikatorsysteme wird erstmalig die Möglichkeit geboten, eine individuell angepasste Trageindikation für Fashionartikel zu realisieren. Die Verwendung von selbstklebenden und fälschungs- bzw. manipulationssicheren Etiketten ermöglicht eine rechtssichere Detektion unsachgemäßen Gebrauchs. Die Erfindung bietet demnach erstmalig die Chance für Onlinehändler, gezielt gegen Warenmissbrauch vorzugehen und damit Verlustmargen durch unrechtmäßige Retouren zu reduzieren. Ebenso kann das System auch im Einzelhandel zum Einsatz kommen.

[0030] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und zugehörigen Zeichnungen näher erläutert. Dabei zeigen

Fig. 1A, 1B zwei Varianten eines ersten Ausführungsbeispiels,

Fig. 2A, 2B zwei Varianten eines zweiten Ausführungsbeispiels,

Fig. 3A, 3B zwei Varianten eines dritten Ausführungsbeispiels, und

Fig. 4A, 4B zwei Varianten eines vierten Ausführungsbeispiels.



[0031] Allen Ausführungsbeispielen gemeinsam ist, dass das Trägersubstrat 1 und das Abdecksubstrat 2 aus einem selbstklebenden Etikettenpapier gefertigt sind. Zwischen Trägersubstrat 1 und Abdecksubstrat 2 ist bei allen Ausführungsbeispielen ein erstes Substanzträgerelement 4, das auf seiner Unterseite mit einer ersten Indikatorkomponente, beispielsweise Eisen(II)-sulfat, beschichtet ist, angeordnet.

[0032] Bei den Ausführungsbeispielen der Fig. 1A, 2A, 2B, 2C, 3A, 3B, 4A und 4B ist jeweils unter dem ersten Substanzträgerelement 4 ein zweites Substanzträgerelement 5, das eine zweite Indikatorkomponente, beispielsweise Gerbsäure, aufweist, die entweder auf das zweite Substanzträgerelement 5 aufgetragen oder in dieses eingebettet sein kann, angeordnet.

[0033] Bei dem Ausführungsbeispiel der Fig. 1B gibt es dagegen kein zweites Substanzträgerelement 5. Stattdessen ist entweder eine Indikatorsubstanz auf das erste Substanzträgerelement 4 aufgetragen oder in dieses eingebettet, oder auf das Trägersubstrat 1 aufgetragen oder in dieses eingebettet, oder eine erste Indikatorkomponente ist auf das erste Substanzträgerelement 4 aufgetragen oder in dieses eingebettet und eine zweite Indikatorkomponente ist auf das Trägersubstrat 1 aufgetragen oder in dieses eingebettet.

[0034] Das erste Substanzträgerelement 4 kann beispielsweise aus einem transparenten Celluloseregeneratfilm gefertigt sein, damit der Farbumschlag von außen sichtbar ist. Das zweite Substanzträgerelement kann beispielsweise aus Vliespapier gefertigt sein, weil sich dieses besonders gut mit der zweiten Indikatorkomponente imprägnieren lässt. Es versteht sich, dass die Erfindung nicht auf diese lediglich beispielhafte Konfiguration beschränkt ist und alternative Ausgestaltungen im Rahmen der offenbarten technischen Lehre ebenso umfasst sind.

[0035] Fig. 1A und 1B zeigen zwei Varianten eines ersten Ausführungsbeispiels, bei dem die Sichtöffnung im Abdecksubstrat 2 unverschlossen bleibt. Es ist zu erkennen, dass sowohl das Trägersubstrat 1 als auch das Abdecksubstrat 2 an ihrer jeweiligen Unterseite eine Klebeschicht aufweisen, wobei die Klebeschicht des Abdecksubstrats 2 dessen Verbindung mit dem Trägersubstrat 1 dient und die Klebeschicht des Trägersubstrats 1 dessen Anbringung an einem Kleidungsstück oder Schuh dient.

[0036] Feuchtigkeit kann bei Verwendung eines feuchtigkeitsundurchlässigen Materials seitlich am ersten Substanzträgerelement 4 vorbei, ansonsten auch durch dieses hindurch, in das Innere des Indikatoretiketts gelangen und seitlich migrieren, im Falle der Variante gemäß Fig. 1A durch das Vliespapier des zweiten Substanzträgerelements 5 hindurch. Dadurch wird bei dieser Variante die im zweiten Substanzträgerelement 5 gespeicherte Gerbsäure gelöst, so dass sie mit dem an der Unterseite des ersten Substanzträgerelements 4 befindlichen Eisen(II)-sulfat reagieren kann. Das Reaktionsprodukt ist eine schwarze Komplexverbindung, die auch als Eisengallustinte bekannt ist.

[0037] Auch die hier genannten Indikatorkomponenten sind lediglich beispielhaft für den Grundgedanken der Erfindung, ein Indikatoretikett bereitzustellen, bei dem eine Testsubstanz einen von außen sichtbaren Farbumschlag einer Indikatorsubstanz oder von zwei oder mehr Indikatorkomponenten verursacht und sollte keineswegs als beschränkend aufgefasst werden.

[0038] Die Fig. 2A und 2B zeigen zwei Varianten eines zweiten Ausführungsbeispiels, bei dem die Sichtöffnung im Abdecksubstrat 2 jeweils durch ein transparentes Sichtfenster 3 verschlossen ist, das hier aus einem feuchtigkeitsundurchlässigen Polymerfilm gefertigt ist. Während bei der Variante gemäß Fig. 2A das Sichtfenster 3 kleiner als das erste Substanzträgerelement 4 und dieses kleiner als das zweite Substanzträgerelement 5 ist, ist bei der Variante gemäß Fig. 2B das Sichtfenster 3 größer als das erste Substanzträgerelement 4 und als das zweite Substanzträgerelement 5. Dies hat zur Folge, dass bei der Variante gemäß Fig. 2B die Testsubstanz ausschließlich durch das Abdecksubstrat 2 diffundieren kann und dann eine relativ große Entfernung seitlich diffundieren muss, um die zweite Indikatorkomponente aus dem zweiten Substanzträgerelement 5 zu lösen und dadurch der zweiten Indikatorkomponente die Reaktion mit der ersten Indikatorkomponente, die an der Unterseite des ersten Substanzträgerelements 4 angebracht ist, zu ermöglichen. Durch die Wahl der Größe des Sichtfensters 3 relativ zu der Größe des ersten Substanzträgerelements 4 und des zweiten Substanzträgerelements 5 lässt sich bei dem Indikatorelement einstellen, nach welcher Tragezeit des Kleidungsstücks ein Farbumschlag einsetzt. Der Farbumschlag beginnt am Rand des ersten Substanzträgerelements 4 und breitet sich mit fortschreitender Einwirkzeit der Umgebungsparameter radial nach innen aus, wodurch eine Abschätzung der Tragezeit des Kleidungsstücks ermöglicht ist.

[0039] Die Fig. 3A und 3B zeigen zwei Varianten eines dritten Ausführungsbeispiels, bei dem zwischen dem ersten Substanzträgerelement 4 und dem zweiten Substanzträgerelement 5 ein Abstandhalterelement 6 angeordnet ist, durch welches das erste Substanzträgerelement 4 und das zweite Substanzträgerelement 5 - und damit auch die erste Indikatorkomponente und die zweite Indikatorkomponente - auf einem definierten Abstand zueinander gehalten werden. Mindestens eine der Indikatorkomponenten muss diesen Abstand überwinden, bevor eine chemische Reaktion mit einer weiteren Indikatorkomponente möglich wird. Durch die Wahl der Dicke des Abstandhalterelements 6, das beispielsweise aus Celluloseregenerat hergestellt sein kann, lässt sich bei dem Indikatorelement ebenfalls einstellen, nach welcher Tragezeit des Kleidungsstücks ein Farbumschlag einsetzt.

[0040] Die Fig. 4A und 4B zeigen zwei Varianten eines vierten Ausführungsbeispiels, bei dem zwischen dem ersten Substanzträgerelement 4 und dem zweiten Substanzträgerelement 5 ein reaktives Abstandhalterelement 7 angeordnet ist, das eine Reaktivkomponente (Entwickler) trägt, die an der Farbumschlagsreaktion beteiligt ist. Bei der Variante der Fig. 4A ist das Abstandhalterelement 7 ein- oder zweiseitig mit einer verkapselten Reaktivkomponente beschichtet, die durch mechanische Belastung freigesetzt wird und als essentieller Bestandteil für die Indikatorreaktion erforderlich ist. Bei der Variante der Fig. 4B hingegen ist das Abstandhalterelement 7 mit der Reaktivkomponente imprägniert.

Bezugszeichenliste



[0041] 
1
Trägersubstrat
2
Abdecksubstrat
3
Sichtfenster
4
erstes Substanzträgerelement
5
zweites Substanzträgerelement
6
nichtreaktives Abstandhalterelement
7
reaktives Abstandhalterelement



Ansprüche

1. Indikatoretikett, umfassend

• mindestens ein flächiges Trägersubstrat (1),

• mindestens ein auf dem Trägersubstrat (1) angeordnetes und mit diesem verbundenes, flächiges Abdecksubstrat (2) mit mindestens einer Sichtöffnung sowie

• mindestens eine zwischen dem Trägersubstrat (1) und dem Abdecksubstrat (2) im Bereich der Sichtöffnung angeordnete Indikatorsubstanz, die durch Einwirkung von Wärme oder/und Druck oder/und Feuchtigkeit oder/und einer Testsubstanz aus der Gruppe umfassend Aminosäuren, Lactat, Harnstoff, Proteine, Lipide usw., nach einer relativ kurzen Zeit im Bereich weniger Minuten bis zu wenigen Stunden, beispielsweise nach einer Stunde, einen irreversiblen Farbumschlag aufweist.


 
2. Indikatoretikett nach Anspruch 1, bei dem die Sichtöffnung durch ein transparentes Sichtfenster (3) verschlossen ist.
 
3. Indikatoretikett nach Anspruch 2, bei dem das Sichtfenster (3) aus einem feuchtigkeitsundurchlässigen Polymerfilm gebildet ist.
 
4. Indikatoretikett nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bei dem die Indikatorsubstanz direkt mit einer Testsubstanz reagiert.
 
5. Indikatoretikett nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bei dem die Indikatorsubstanz mindestens zwei Indikatorkomponenten umfasst, die miteinander reagieren.
 
6. Indikatoretikett nach Anspruch 5, bei dem zwischen dem Trägersubstrat (1) und dem Abdecksubstrat (2) im Bereich der Sichtöffnung mindestens ein flächiges Substanzträgerelement (4,5) angeordnet ist, das die Indikatorsubstanz oder mindestens eine Indikatorkomponente trägt.
 
7. Indikatoretikett nach Anspruch 6, bei dem zwei Substanzträgerelemente (4,5), die je eine Indikatorkomponente tragen, übereinander angeordnet sind.
 
8. Indikatoretikett nach Anspruch 6 oder 7, bei dem mindestens ein Substanzträgerelement (4,5) aus Celluloseregenerat oder Polyamid oder Celluloseether oder aus einem Vliespapier besteht.
 
9. Indikatoretikett nach einem der Ansprüche 1 bis 8, bei dem die Indikatorsubstanz oder mindestens eine Indikatorkomponente verkapselt oder durch eine Opferschicht abgedeckt ist.
 
10. Indikatoretikett nach einem der Ansprüche 7 bis 9, bei dem zwischen zwei Substanzträgerelementen (4,5) mindestens ein Abstandhalterelement (6,7) angeordnet ist.
 
11. Indikatoretikett nach einem der Ansprüche 1 bis 10, weiter umfassend eine Entwicklersubstanz.
 
12. Indikatoretikett nach den Ansprüchen 10 und 11, bei dem das Abstandhalterelement (6,7) die Entwicklersubstanz trägt.
 
13. Indikatoretikett nach Anspruch 11 oder 12, bei dem die Entwicklersubstanz verkapselt oder durch eine Opferschicht abgedeckt ist.
 
14. Indikatoretikett nach Anspruch 9 oder 13, bei dem die Indikatorsubstanz oder Indikatorkomponente bzw. die Entwicklersubstanz durch eine filmbildende Verbindung wie Hyaluronsäure oder Gelatine oder Stärke oder Dextran oder Agarose oder Polyallyamin oder Methylcellulose oder Ethylcellulose oder Polyvinylalkohol eingekapselt oder abgedeckt ist.
 
15. Verfahren zur Erkennung der missbräuchlichen Benutzung von Kleidungsstücken, bei dem ein Indikatoretikett mit mindestens einer Indikatorsubstanz ausgerüstet wird, die durch Einwirkung von Wärme oder Feuchtigkeit nach einer relativ kurzen Zeit im Bereich weniger Minuten bis zu wenigen Stunden, beispielsweise nach einer Stunde, einen Farbumschlag aufweist, das Indikatoretikett fest mit dem Kleidungsstück verbunden wird, das Kleidungsstück einem Käufer übergeben oder übersandt wird und nach Rückgabe oder Rücksendung des Kleidungsstücks das Indikatoretikett einer Sichtprüfung unterzogen wird.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente