[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von
Luft und eine Luftzerlegungsanlage gemäß den jeweiligen Oberbegriffen der unabhängigen
Patentansprüche.
Hintergrund der Erfindung
[0003] Luftzerlegungsanlagen klassischer Art weisen Rektifikationskolonnensysteme auf, die
beispielsweise als Zweikolonnensysteme, insbesondere als Doppelkolonnensysteme, aber
auch als Drei- oder Mehrkolonnensysteme ausgebildet sein können. Neben Rektifikationskolonnen
zur Gewinnung von Stickstoff und/oder Sauerstoff in flüssigem und/oder gasförmigem
Zustand, also Rektifikationskolonnen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, können Rektifikationskolonnen
zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten, insbesondere von Edelgasen, vorgesehen sein.
[0004] Die Rektifikationskolonnen der genannten Rektifikationskolonnensysteme werden auf
unterschiedlichen Druckniveaus betrieben. Bekannte Doppelkolonnensysteme weisen eine
sogenannte Hochdruckkolonne (auch als Druckkolonne, Mitteldruckkolonne oder untere
Kolonne bezeichnet) und eine sogenannte Niederdruckkolonne (obere Kolonne) auf. Die
Hochdruckkolonne wird typischerweise auf einem Druckniveau von 4 bis 7 bar betrieben.
Dieses Druckniveau wird nachfolgend als "erstes Druckniveau" bezeichnet. Die Niederdruckkolonne
dagegen auf einem Druckniveau von typischerweise 1 bis 2 bar betrieben. Dieses Druckniveau
wird nachfolgend als "zweites Druckniveau" bezeichnet. In bestimmten Fällen können
in den Rektifikationskolonnen auch höhere Druckniveaus eingesetzt werden. Spezifische
Druckniveaus sind weiter unten angegeben. Bei den hier angegebenen Druckniveaus handelt
es sich um Absolutdrücke am Kopf der jeweils genannten Kolonnen.
[0005] In einer Luftzerlegungsanlage, die ein Rektifikationskolonnensystem mit einer Hochdruckkolonne
und einer Niederdruckkolonne aufweist, wird in der Hochdruckkolonne Luft unter Erhalt
einer gegenüber der Luft an Sauerstoff angereicherten Sumpfflüssigkeit und unter Erhalt
eines stickstoffreichen Kopfgases auf dem ersten Druckniveau rektifiziert.
[0006] Zumindest ein Teil der Sumpfflüssigkeit der Hochdruckkolonne wird, optional nach
weiterer Verwendung, beispielsweise als Kühlmittel in Kopfkondensatoren von zur Gewinnung
von Argon eingerichteten Rektifikationskolonnen, in die Niederdruckkolonne eingespeist,
in welcher eine sauerstoffreiche Sumpfflüssigkeit und ein Kopfgas gebildet werden.
Zumindest ein Teil des Kopfgases der Hochdruckkolonne wird gegen die dabei zum Teil
verdampfende Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne in einem auf diese Weise die
Hochdruckkolonne und die Niederdruckkolonne wärmetauschend verbindenden Kondensatorverdampfer,
dem sogenannten Hauptkondensator, kondensiert und zumindest zu einem Teil als Rücklauf
auf die Hochdruckkolonne zurückgeführt.
[0007] Der Hauptkondensator einer Luftzerlegungsanlage kann in Form eines sogenannten Kaskadenverdampfers
ausgebildet sein, wie er unten weiter erläutert wird, und der aus bestimmten Gründen
betriebliche Vorteile bietet. Die vorliegende Erfindung stellt sich die Aufgabe, die
Luftzerlegung unter Verwendung von Luftzerlegungsanlagen mit Kaskadenverdampfern zu
verbessern.
Offenbarung der Erfindung
[0008] Vor diesem Hintergrund schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung
von Luft und eine Luftzerlegungsanlage mit den Merkmalen der jeweiligen unabhängigen
Patentansprüche vor. Ausgestaltungen sind jeweils Gegenstand der abhängigen Patentansprüche
und der nachfolgenden Beschreibung.
[0009] Nachfolgend werden zunächst einige bei der Beschreibung der vorliegenden Erfindung
und ihrer Vorteile verwendete Begriffe sowie der zugrunde liegende technische Hintergrund
näher erläutert.
[0010] Die in einer Luftzerlegungsanlage eingesetzten Vorrichtungen sind in der zitierten
Fachliteratur, beispielsweise bei Häring in Abschnitt 2.2.5.6, "Apparatus", beschrieben.
Sofern die nachfolgenden Definitionen nicht hiervon abweichen, wird daher zum Sprachgebrauch,
der im Rahmen der vorliegenden Anmeldung verwendet wird, ausdrücklich auf die zitierte
Fachliteratur verwiesen.
[0011] Als "Kondensatorverdampfer" wird ein Wärmetauscher bezeichnet, in dem ein erster,
kondensierender Fluidstrom in indirekten Wärmeaustausch mit einem zweiten, verdampfenden
Fluidstrom tritt. Für einen intensiven Wärmeaustausch ist eine Vielzahl von Passagen
bereitgestellt, die wechselseitig und gruppenweise in Wärmeaustauschbeziehung stehen,
und die als Verflüssigungspassagen mit dem kondensierenden Fluidstrom bzw. als Verdampfungspassagen
mit dem verdampfenden Fluidstrom beaufschlagt werden. Zu den in Luftzerlegungsanlagen
typischerweise eingesetzten Kondensatorverdampfern sei insbesondere auf die Unterabschnitte
"
Heat Exchangers and Condensers" auf Seite 49 ff. und "
Combined Evaporator/Condenser - Heat Transfer Units" auf Seite 52 ff. bei Häring verwiesen. Es handelt sich typischerweise um gelötete Rippen-Platten-Wärmetauscher
aus Aluminium (engl. Brazed Aluminium Plate-Fin Heat Exchangers, PFHE; Bezeichnungen
gemäß der deutschen und englischen Ausgabe der ISO 15547-2:3005). Anstelle des Begriffs
"Kondensatorverdampfer" wird häufig vereinfachend auch der Begriff "Kondensator" oder
"Verdampfer" verwendet, je nachdem, ob vornehmlich das kondensierende oder verdampfende
Fluid betrachtet wird.
[0012] Nachfolgend werden Badverdampfer und deren Varianten näher erläutert; zu den ebenfalls
in Luftzerlegungsanlagen einsetzbaren Fallfilmverdampfern und deren Funktion sei auf
die zitierte Fachliteratur verwiesen.
[0013] Bei Badverdampfern bzw. Badkondensatoren handelt es sich um Apparate, die auf Grundlage
des Thermosiphoneffekts arbeiten. Ein Badverdampfer weist einen Wärmetauscherblock
mit nach unten offenen Verdampfungspassagen auf, die in ein Flüssigkeitsbad, im Fall
einer Luftzerlegungsanlage der oben erläuterten Art in die Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne,
eintauchen. Die Verflüssigungspassagen werden mit dem zu kondensierenden Fluid beaufschlagt,
im Fall einer Luftzerlegungsanlage der oben erläuterten Art mit Kopfgas der Hochdruckkolonne.
Bei der Verdampfung in den Verdampfungspassagen bildet sich ein Zweiphasengemisch,
das aufgrund seiner geringeren Dichte in den Verdampfungspassagen aufsteigt. Nach
dem Austritt aus den Verdampfungspassagen an der Oberseite des Badverdampfers strömt
der flüssige Anteil des Zweiphasengemischs in das Flüssigkeitsbad zurück, während
der verdampfte Anteil gasförmig weiter aufsteigt.
[0014] Je größer die Eintauchtiefe des Wärmetauscherblocks in dem Flüssigkeitsbad ist, desto
höher wird der mittlere hydrostatische Druck in den Verdampfungspassagen und desto
schlechter verdampft die Flüssigkeit, da die Siedetemperatur der Flüssigkeit entsprechend
der Dampfdruckkurve ansteigt. Als Hauptkondensator in einem Rektifikationskolonnensystem
einer Luftzerlegungsanlage können daher auch zwei oder mehrere, nebeneinander angeordnete
Badverdampfer eingesetzt werden, die dann verdampfungs- und verflüssigungsseitig parallel
geschaltet sind.
[0015] Der Wirkungsgrad eines Badverdampfers kann aber auch durch Unterteilung des Wärmetauscherblocks
in mehrere, übereinander angeordnete Abschnitte erhöht werden. Der Vorteil einer derartigen
Anordnung liegt darin, dass die Eintauchtiefe bei jedem der Abschnitte jeweils kleiner
ist als bei einem einzigen hohen Wärmetauscherblock. Auf diese Weise wird der hydrostatische
Druck in den Verdampfungspassagen verringert und die Flüssigkeit kann leichter verdampfen.
Weil in jedem der Abschnitte die nicht verdampfte Flüssigkeit von oben nach unten
in das Flüssigkeitsbad abfließt und von dort aus wieder angesaugt wird, werden die
Abschnitte auch als Umlaufabschnitte bezeichnet.
[0016] Aus der
DE 199 39 294 ist ein mehrstöckiger Badkondensator bekannt, bei dem zwei Wärmetauscherblöcke parallel
zueinander angeordnet sind und bei dem sich zwischen den Wärmetauscherblöcke für jedes
Stockwerk Flüssigkeitsvorratsbehälter für die zu verdampfende Flüssigkeit befinden.
Die Verdampfungspassagen sind in vertikaler Richtung in mehrere Stockwerke unterteilt,
die jeweils einen eigenen Umlaufabschnitt der erläuterten Art bilden. Die Eintauchtiefe
wird so relativ klein gehalten.
[0017] Bei einem sogenannten Kaskadenverdampfer ("Kasko") sind die Stockwerke auf der Verdampfungsseite
seriell miteinander verbunden, d.h. nicht verdampfte Flüssigkeit aus einem oberen
Stockwerk fließt aus den oberen Stockwerken nicht direkt ins unterste Flüssigkeitsbad,
sondern kaskadenförmig weiter zum darunterliegenden Stockwerk, das ein separates Flüssigkeitsbad
aufweist. Bei einem beispielsweise in der
EP 1 287 302 A1 offenbarten Kaskadenverdampfer sind dabei mindestens zwei übereinander angeordnete
Umlaufabschnitte vorgesehen, die jeweils aus einem eigenen Flüssigkeitsbad bzw. Flüssigkeitsvorratsbehälter
mit Flüssigkeit gespeist werden. Durch die vertikale Unterteilung kann der Flüssigkeitsstand
in den Flüssigkeitsvorratsbehältern der jeweiligen Umlaufabschnitte gegenüber dem
Flüssigkeitsstand bei einem einzigen, durchgehenden Kondensatorblock deutlich reduziert
werden. Die Flüssigkeit tritt über am unteren Ende eines Umlaufabschnittes befindliche
Eintrittsöffnungen in die Verdampfungspassagen ein, strömt nach oben, verdampft teilweise
und verlässt die Verdampfungspassagen am oberen Ende des Umlaufabschnittes über geeignete
Austrittsöffnungen. Der Flüssiganteil in dem aus den Passagen austretenden Zweiphasengemisch
strömt zum einen zurück zu den Eintrittsöffnungen dieses Umlaufabschnittes und zum
anderen, abhängig vom Flüssigkeitsstand im Flüssigkeitsvorratsbehälter des Umlaufabschnittes,
zu den Eintrittsöffnungen des darunterliegenden Umlaufabschnittes, um dort wiederum
über die Verdampfungspassagen umgeworfen zu werden.
[0018] Bei einem Kaskadenverdampfer können mindestens zwei der Umlaufabschnitte durch einen
Wärmetauscherabschnitt eines gemeinsamen Wärmetauscherblocks gebildet sein. Mindestens
einer der Umlaufabschnitte kann jedoch auch durch einen separaten Wärmetauscherblock
gebildet sein. Auf der Verflüssigungsseite können Kaskadenverdampfer vorzugsweise
ebenfalls seriell geschaltet sein, beispielsweise mittels Verflüssigungspassagen eines
gemeinsamen Wärmetauscherblocks, die sich über sämtliche Stockwerke erstrecken. Alternativ
dazu können auch bei einem Kaskadenverdampfer die Stockwerke verflüssigungsseitig
parallel geschaltet sein.
[0019] Dem Rektifikationskolonnensystem einer Luftzerlegungsanlage der beschriebenen Art
wird verdichtete und abgekühlte Einsatzluft zugeführt, die auf unterschiedliche Weise
und in Form eines oder mehrerer Teilströme gleichen oder unterschiedlichen Aggregatzustands
und auf unterschiedlichen Druckniveaus bereitgestellt werden kann. Die Bereitstellung
der Einsatzluft kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung auf unterschiedliche Weise
bereitgestellt werden und die vorliegende Erfindung ist nicht auf eine spezifische
Ausgestaltung beschränkt.
[0020] Flüssigkeiten und Gase können im hier verwendeten Sprachgebrauch reich oder arm an
einer oder an mehreren Komponenten sein, wobei "reich" für einen Gehalt von wenigstens
50%, 75%, 90%, 95%, 99%, 99,5%, 99,9% oder 99,99% und "arm" für einen Gehalt von höchstens
50%, 25%, 10%, 5%, 1%, 0,1% oder 0,01% auf Mol-, Gewichts- oder Volumenbasis stehen
kann. Der Begriff "überwiegend" kann der Definition von "reich" entsprechen. Flüssigkeiten
und Gase können ferner angereichert oder abgereichert an einer oder mehreren Komponenten
sein, wobei sich diese Begriffe auf einen Gehalt in einer Ausgangsflüssigkeit oder
einem Ausgangsgas beziehen, aus der oder dem die jeweils betrachtete Flüssigkeit oder
das jeweils betrachtete Gas gewonnen wurde. Die Flüssigkeit oder das Gas ist "angereichert",
wenn diese oder dieses zumindest den 1,1-fachen, 1,5-fachen, 2-fachen, 5-fachen, 10-fachen
100-fachen oder 1.000-fachen Gehalt, und "abgereichert", wenn diese oder dieses höchstens
den 0,9-fachen, 0,5-fachen, 0,1-fachen, 0,01-fachen oder 0,001-fachen Gehalt einer
entsprechenden Komponente, bezogen auf die Ausgangsflüssigkeit oder das Ausgangsgas
enthält.
[0021] Die vorliegende Offenbarung verwendet zur Charakterisierung von Drücken und Temperaturen
die Begriffe "Druckniveau" und "Temperaturniveau", wodurch zum Ausdruck gebracht werden
soll, dass entsprechende Drücke und Temperaturen in einer entsprechenden Anlage nicht
in Form exakter Druck- bzw. Temperaturwerte verwendet werden müssen, um das erfinderische
Konzept zu verwirklichen. Jedoch bewegen sich derartige Drücke und Temperaturen typischerweise
in bestimmten Bereichen, die beispielsweise 1%, 5%, 10%, 20% oder sogar 50% um einen
Mittelwert herum liegen. Entsprechende Druckniveaus und Temperaturniveaus können dabei
in disjunkten Bereichen liegen oder in Bereichen, die einander überlappen. Insbesondere
schließen beispielsweise Druckniveaus unvermeidliche oder zu erwartende Druckverluste
ein. Entsprechendes gilt für Temperaturniveaus. Wie erwähnt, handelt es sich bei Druckangaben
hier um Absolutdrücke und in dem Fall, dass diese sich auf Druckniveaus in Rektifikationskolonnen
beziehen, jeweils um Druckniveaus, die am Kopf dieser Rektifikationskolonnen vorliegen.
[0022] Generell wird hier unter einer "Rektifikationskolonne" ein trenntechnischer Apparat
verstanden, in dem ein von unten nach oben aufsteigendes Gas einer von oben nach unten
herabrieselnden Flüssigkeit entgegengeschickt wird. Gas und Flüssigkeit, die jeweils
unter Verwendung eines oder mehrerer unterschiedlicher Stoffströme gebildet werden
können, werden dabei, unterstützt durch oberflächenvergrößernde Strukturen oder bekannte
Trennböden, einem Stoffaustausch unterworfen. In einem unteren Bereich einer Rektifikationskolonne
("Sumpf") sammelt sich dabei die aufgrund des Stoffaustauschs in ihrer Zusammensetzung
veränderte Flüssigkeit ("Sumpfflüssigkeit"), in einem oberen Bereich ("Kopf") dagegen
das aufsteigende Gas ("Kopfgas") in entsprechend veränderter Zusammensetzung. In einer
Rektifikationskolonne im hier zugrunde gelegten Verständnis wird im Gegensatz zu einer
reinen Absorptionskolonne entweder eine Kondensation zumindest eines Teils des Kopfgases,
das danach in kondensierter Form zumindest zum Teil in die betrachtete Rektifikationskolonne
zurückgeführt wird, und/oder eine Verdampfung zumindest eines Teils der Sumpfflüssigkeit,
die danach ebenfalls zumindest zum Teil in verdampfter Form in die Rektifikationskolonne
zurückgeführt wird, vorgenommen.
[0023] Die relativen räumlichen Begriffe "oben", "unten", "über", "unter", "oberhalb", "unterhalb",
"neben", "nebeneinander", "vertikal", "horizontal" etc. beziehen sich hier auf die
räumliche Ausrichtung der Rektifikationskolonnen einer Luftzerlegungsanlage oder anderer
Komponenten im Normalbetrieb. Unter einer Anordnung zweier Komponenten "übereinander"
wird hier verstanden, dass sich das obere Ende der unteren der beiden Komponenten
auf niedrigerer oder gleicher geodätischer Höhe befindet wie das untere Ende der oberen
der beiden Komponenten und sich die Projektionen der beiden Komponenten in einer horizontalen
Ebene überschneiden, aber nicht in einer vertikalen Ebene. Insbesondere sind die beiden
Komponenten genau übereinander angeordnet, das heißt die Achsen der beiden Komponenten
verlaufen auf derselben vertikalen Geraden. Die Achsen der beiden Komponenten müssen
jedoch nicht genau senkrecht übereinander liegen, sondern können auch gegeneinander
versetzt sein, insbesondere wenn einer der beiden Komponenten, beispielsweise eine
Rektifikationskolonne oder ein Kolonnenteil mit geringerem Durchmesser, denselben
Abstand zum Blechmantel einer Coldbox aufweisen soll wie ein anderer mit größerem
Durchmesser. Entsprechend wird unter einer Anordnung zweier Komponenten "nebeneinander"
hier verstanden, dass sich die Projektionen der beiden betrachteten Komponenten in
einer vertikalen Ebene überschneiden, wobei aber die unteren oder oberen Enden nicht
genau in einer horizontalen Ebene liegen müssen.
Vorteile der Erfindung
[0024] Die vorliegende Erfindung wird in einer Luftzerlegungsanlage eingesetzt, die eine
Hochdruckkolonne und eine Niederdruckkolonne aufweist. Die Hochdruckkolonne wird auf
dem erwähnten ersten Druckniveau, das insbesondere auch bei 5 bis 6 bar, beispielsweise
ca. 5,3 bar, liegen kann, betrieben. Die Niederdruckkolonne wird auf dem erwähnten
zweiten Druckniveau, das insbesondere auch bei ca. 1,1 bis 1,5 bar, beispielsweise
ca. 1,2 bar liegen kann, betrieben. Im Rahmen der Erfindung ist die Niederdruckkolonne
im oben erläuterten Sinn neben der Hochdruckkolonne angeordnet. Es handelt sich bei
dem im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzten Rektifikationskolonnensystem
also nicht um ein klassisches Doppelkolonnensystem, bei dem Hoch- und Niederdruckkolonne
übereinander angeordnet sind und miteinander eine Doppelkolonne bilden. Durch die
Anordnung von Hoch- und Niederdruckkolonne nebeneinander können die Gesamthöhe der
Luftzerlegungsanlage reduziert und Transport und Erstellung vereinfacht werden. Beispielsweise
verbessert sich hierbei die Montage auf einer Baustelle, wo z.B. eine zu hohe Gesamthöhe
aufgrund der ggf. Nichtverfügbarkeit von Kränen für die Aufstellung der Rektifikationskolonnen
kritisch sein kann.
[0025] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde festgestellt, dass die Funktion des Hauptkondensators
einer Luftzerlegungsanlage in einem derartigen Szenario mit besonderem Vorteil durch
die Kombination eines Kaskadenverdampfers mit einem weiteren Kondensatorverdampfer,
der ebenfalls in Form eines Kaskadenverdampfers oder in Form eines anderen Kondensatorverdampfertyps
wie beispielsweise in Form eines einstufigen Badverdampfers ausgebildet sein kann,
übernommen werden kann. Im ersteren Fall wird also gewissermaßen ein zweigeteilter
Kaskadenverdampfer bereitgestellt, im zweiten Fall wird ein Kaskadenverdampfer mit
einem zusätzlichen Kondensatorverdampfer, der nicht als Kaskadenverdampfer ausgebildet
ist, bereitgestellt. Der Kaskadenverdampfer ist im Rahmen der vorliegenden Erfindung
in einem Kompartiment am Kopf der Hochdruckkolonne angeordnet. Dieses Kompartiment
kann insbesondere in einer gemeinsamen Außenhülle mit den Trenneinrichtungen der Hochdruckkolonne
angeordnet bzw. fest mit der Hochdruckkolonne verbunden sein. Auch eine Bereitstellung
von zwei unterschiedlichen Außenhüllen, die über einen Randbereich miteinander verbunden,
beispielsweise verschweißt sind, oder bei denen beispielsweise die Außenhülle des
Kompartiments an eine Außenhülle der Hochdruckkolonne angefügt ist, ist grundsätzlich
möglich. Eine "feste" Verbindung soll damit also eine Verbindung bezeichnen, die über
Strukturen erfolgt, welche über reine Leitungen hinausgehende Verbindungsstrukturen
darstellen.
[0026] Die Funktion des Hauptkondensators kann bekanntermaßen auch auf zwei bauliche Einheiten
in unterschiedlichen Kompartimenten verteilt werden. So wird beispielsweise bereits
in der
DE 827 364 B vorgeschlagen, am Kopf der Hochdruckkolonne einen ersten Kondensatorverdampfer und
im Sumpf der Niederdruckkolonne, die hier neben der Hochdruckkolonne angeordnet ist,
einen zweiten Kondensatorverdampfer bereitzustellen. Beide Kondensatorverdampfer sind
hier als Badverdampfer ausgebildet. In dem ersten und dem zweiten Kondensatorverdampfer
wird jeweils ein Teil des Kopfgases der Hochdruckkolonne kondensiert und ein Teil
der Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne verdampft. Vergleichbares wird auch in
der
DE 24 02 246 A1 zur Gewinnung von Sauerstoff mittlerer Reinheit vorgeschlagen.
[0027] Die Zweiteilung eines Kaskadenverdampfers bzw. die Bereitstellung eines weiteren
Kondensatorverdampfers in der angesprochenen Weise ist gegenüber der Zweiteilung eines
Badverdampfers bzw. die Bereitstellung separater Badverdampfer technisch nicht ohne
weiteres realisierbar. So weichen die fluiddynamischen Gegebenheiten bei Kaskadenverdampfern
fundamental von jenen bei reinen Badverdampfern ab. Bei einem einstufigen Badverdampfer
fließt ein deutlich größerer Teil an in den Verdampfungspassagen unverdampfter Flüssigkeit
in das Flüssigkeitsbad, in das der Badverdampfer eingetaucht ist, ab. Da dies bei
einem einstufigen Badverdampfer nur einmalig bzw. auf einer Stufe erfolgt, ist der
Verlust an Flüssigkeit hier relativ gering, d.h. ein vergleichsweise geringer Anteil
der Flüssigkeit wird durch das sogenannte Entrainment in die Gasphase mitgerissen.
Auf diese Weise kann ein Badverdampfer in relativ einfacher Weise aufgeteilt werden,
da die Mengen an Flüssigkeit in jedem der gebildeten Teile einfach eingestellt werden
kann.
[0028] Bei einem Kaskadenverdampfer ergibt sich dagegen in jeder Stufe ein Verlust an Flüssigkeit
in dieser Weise. Die für einen Kaskadenverdampfer insgesamt erforderliche Flüssigkeitsmenge
bestimmt sich dabei nach der in der zweituntersten Stufe des Kaskadenverdampfers benötigten
Flüssigkeitsmenge, da die von oben nach unten herabfließende Flüssigkeit in jeder
der darüber liegenden Stufen verdampft und zu einem Teil auch dem Entrainment unterworfen
wird. Das unterste Flüssigkeitsbad ist demgegenüber weniger kritisch, weil sich hier
weitere Flüssigkeit sammelt, darunter auch ein Teil der zuvor mitgerissenen Flüssigkeitstropfen.
Mit anderen Worten muss beim Betrieb eines Kaskadenverdampfers regelungstechnisch
stets die gesamte Kette der Flüssigkeitsbäder im Auge behalten werden, um eine Mindermenge
an Flüssigkeit in einem der Flüssigkeitsbäder (insbesondere im zweituntersten) zu
vermeiden. Eine reine Unterteilung eines Kaskadenverdampfers in zwei Teile ist daher
offensichtlich mit einem deutlich erhöhten Kontroll- und Regelungsaufwand verbunden,
da dies diesen regelungstechnischen Aufwand verdoppelt.
[0029] Gleichwohl ist eine Zweiteilung eines Kaskadenverdampfers jedoch vorteilhaft und
wünschenswert, da auf diese Weise eine Bauhöhe der Anlage reduziert werden kann bzw.
sich die an sich vorteilhaften Funktionen eines Kondensatorverdampfers, wie sie oben
erläutert wurden, auch in größeren Anlagen, in denen für Kaskadenverdampfer die Baubarkeitsgrenzen
erreicht werden, nutzen lassen. Die Zweiteilung hat auch den Vorteil, dass das beschriebene
Problem des Entrainments, wie erfindungsgemäß erkannt wurde, hier weniger kritisch
ist, da sich die Flüssigkeitsmenge, die über den Kaskadenverdampfer gefahren wird,
relativ betrachtet erhöht.
[0030] Die vorliegende Erfindung löst dieses Problem dadurch, dass dem ersten Kondensatorverdampfer
die Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne in einer Menge zugeführt wird, die
eine in dem ersten Kondensatorverdampfer hiervon verdampfte Menge übersteigt. Die
in dem ersten Kondensatorverdampfer nicht verdampfte Menge der Sumpfflüssigkeit aus
der Niederdruckkolonne kann zumindest zu einem Teil in die Niederdruckkolonne zurückgeführt
und/oder beispielsweise zur Bereitstellung eines Sauerstoffprodukts aus der Luftzerlegungsanlage
ausgeleitet werden. Mit anderen Worten wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung dem
ersten Kondensatorverdampfer, der als Kaskadenverdampfer ausgebildet ist, die zu verdampfende
Flüssigkeit in einer Überschussmenge zugeführt, die den Flüssigkeitsbedarf in dem
ersten Kondensatorverdampfer übersteigt. Auf diese Weise wird im Rahmen der vorliegenden
Erfindung der regelungstechnische Aufwand zum Betrieb des ersten, als Kaskadenverdampfer
ausgebildeten Kondensatorverdampfers deutlich vereinfacht, wobei die grundsätzlichen
Vorteile der Verwendung eines Kaskadenverdampfers genutzt und durch die Aufteilung
der Hauptkondensatorfunktion insbesondere Bauhöhe und Transportfähigkeit verbessert
werden.
[0031] Mit anderen Worten schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung
von Luft vor, bei dem eine Luftzerlegungsanlage mit einem Rektifikationskolonnensystem
verwendet wird, das eine Hochdruckkolonne und eine Niederdruckkolonne aufweist, wobei
die Hochdruckkolonne neben der Niederdruckkolonne angeordnet ist und wobei Gas aus
der Hochdruckkolonne unter Verwendung eines ersten Kondensatorverdampfers, der in
einem Kompartiment am Kopf der Hochdruckkolonne angeordnet ist, und eines zweiten
Kondensatorverdampfers, der im Sumpfbereich der Niederdruckkolonne angeordnet ist,
jeweils gegen Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne kondensiert wird.
[0032] Erfindungsgemäß ist zumindest der erste Kondensatorverdampfer als Kaskadenverdampfer
ausgebildet, dem ersten Kondensatorverdampfer wird die Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne
in einer Menge zugeführt wird, die eine in dem ersten Kondensatorverdampfer hiervon
verdampfte Menge übersteigt. In dem ersten Kondensatorverdampfer nicht verdampfte
Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne kann, wie erwähnt, zumindest zu einem
Teil in die Niederdruckkolonne zurückgeführt und/oder beispielsweise zur Bereitstellung
eines Sauerstoffprodukts aus der Luftzerlegungsanlage ausgeleitet werden. Es versteht
sich, dass dann, wenn hier davon die Rede ist, dass "nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit
aus der Niederdruckkolonne zumindest zu einem Teil in die Niederdruckkolonne zurückgeführt"
bzw. "aus der Luftzerlegungsanlage ausgeleitet" wird, hiervon jeweils die gesamte,
nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit oder nur ein Teil hiervon betroffen sein kann und
dass ggf. auch weitere Flüssigkeit zusammen mit dieser Sumpfflüssigkeit in die Niederdruckkolonne
eingespeist wird.
[0033] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann die nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit aus
der Niederdruckkolonne, die in einer entsprechenden Ausgestaltung in die Niederdruckkolonne
zurückgeführt wird, oberhalb oder unterhalb eines oberen Endes des zweiten Kondensatorverdampfers
und oberhalb eines Flüssigkeitsspiegels der Sumpfflüssigkeit in der Niederdruckkolonne
in den Sumpfbereich der Niederdruckkolonne eingespeist werden. Die genaue Art der
Einspeisung richtet sich dabei insbesondere auch nach der Art des verwendeten zweiten
Kondensatorverdampfers und dem Verhältnis der im ersten und zweiten Kondensatorverdampfer
zu verdampfenden Flüssigkeitsmengen. Durch die Einspeisung oberhalb des oberen Endes
des zweiten Kondensatorverdampfers kann insbesondere eine größere Flüssigkeitsmenge
im Kreis über den Kaskadenverdampfer gefahren werden, so dass weniger Probleme mit
dem erwähnten Entrainment auftreten. Es ergibt sich jedoch ein höherer Fertigungsaufwand.
Umgekehrt reduziert sich durch die Einspeisung unterhalb des oberen Endes des zweiten
Kondensatorverdampfers ein entsprechend geringerer Fertigungsaufwand.
[0034] Dieser zweite Kondensatorverdampfer kann, wie ebenfalls erwähnt, in Ausgestaltungen
der vorliegenden Erfindung als (weiterer) Kaskadenverdampfer, als einstufiger Badverdampfer
oder als Fallfilmverdampfer ausgebildet sein. In allen Fällen können die jeweiligen
Vorteile der entsprechenden Verdampfertypen genutzt werden. Für Badverdampfer bestehen
diese insbesondere darin, dass man keine Vorrichtung zum Sammeln der Flüssigkeit und
Zuführen direkt zum Verdampfer benötigt, ein Kaskadenverdampfer weist dagegen Vorteile
aufgrund der geringeren Eintauchtiefe auf, wie oben beschrieben.
[0035] Der erste und der zweite Kondensatorverdampfer können im Rahmen der vorliegenden
Erfindung seriell oder parallel mit dem zu verflüssigenden Gas aus der Hochdruckkolonne
und/oder mit der Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne beaufschlagt werden.
Eine parallele Beaufschlagung kann besonders vorteilhaft sein, weil hierdurch Druckverluste
und damit der Energieverbrauch minimiert werden können. Eine serielle Beaufschlagung
kann vorteilhaft sein, weil auf diese Weise eine Anreicherung von Helium und/oder
Neon genutzt werden kann.
[0036] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann die in dem ersten Kondensatorverdampfer
nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne und ferner in dem ersten
Kondensatorverdampfer verdampftes Gas in Form eines oder mehrerer Stoffströme in die
Niederdruckkolonne zurückgeführt werden. Beispielsweise können die nicht verdampfte
Sumpfflüssigkeit und das verdampfte Gas in Form eines Zweiphasenstroms zurückgeführt
werden, es kann jedoch auch vorgesehen sein, hierfür separate Leitungen zu verwenden.
[0037] Anstelle der Überführung von verdampftem Gas in die Niederdruckkolonne kann auch
eine umgekehrte Gasführung erfolgen. Die Verdampfungsräume der beiden Kondensatorverdampfer
können auch auf unterschiedlichem Druck- und damit Temperaturniveau betrieben werden.
Der Druck im Sumpf der Niederdruckkolonne ergibt sich aus dem Druckverlust der Niederdruckkolonne
zuzüglich der Druckverluste der Abluft (z.B. zur Regenerierung). Insbesondere wenn
man gasförmigen Sauerstoff erzeugt, den man direkt aus dem Sumpf der Niederdruckkolonne
abzieht, d.h. also keine Innenverdichtung erfolgt, kann der Verdampfungsraum des ersten
Kondensatorverdampfer in dem Kompartiment am Kopf der Hochdruckkolonne auf einem niedrigeren
Druckniveau von beispielsweise 1,1 bis 1,25 bar betrieben werden als der Verdampfungsraum
des zweiten Kondensatorverdampfers im Sumpf der Niederdruckkolonne, das bei beispielsweise
1,2 bis 1,4 bar liegen kann, wodurch sich Heizfläche einsparen lässt. In diesem Fall
kann in dem ersten Kondensatorverdampfer verdampfte Flüssigkeit nicht in die Niederdrucksäule,
sondern umgekehrt über eine Leitung aus dem Sumpf der Niederdruckkolonne Gas in den
Verdampfungsraum des ersten Kondensatorverdampfers eingespeist werden.
[0038] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann insbesondere vorgesehen sein, dass in dem
ersten Kondensatorverdampfer aus dem Gas aus der Hochdruckkolonne ein erstes Kondensat
gebildet wird, und dass das erste Kondensat zumindest zu einem Teil in die Hochdruckkolonne
oder aber sowohl in die Hochdruckkolonne als auch in die Niederdruckkolonne eingespeist
wird. In dem zweiten Kondensatorverdampfer kann aus dem Gas aus der Hochdruckkolonne
ein zweites Kondensat gebildet werden, das ebenfalls zumindest zu einem Teil in die
Hochdruckkolonne oder sowohl in die Hochdruckkolonne als auch in die Niederdruckkolonne
eingespeist wird. Von bekannten Verfahren aus dem Stand der Technik, bei denen zweigeteilte
Badkondensatoren eingesetzt werden, unterscheidet sich diese Variante der vorliegenden
Erfindung also dadurch, dass Rücklaufflüssigkeit für die Hochdruckkolonne auch unter
Verwendung des in der Niederdruckkolonne angeordneten Kondensatorverdampfers bereitgestellt
wird.
[0039] Die beiden Kondensate können dabei auch vollständig oder zumindest zum Teil vereinigt
und in einstellbaren Anteilen auf die Hoch- und die Niederdruckkolonne verteilt werden.
Auf diese Weise können besonders günstige Rücklaufverhältnisse eingestellt werden.
Die Kondensate können jedoch auch zumindest zum Teil separat in die Hoch- und Niederdruckkolonne
eingespeist werden. Zumindest eines der beiden Kondensate kann dabei auch pumpenlos
in die Hochdruckkolonne und/oder in die Niederdruckkolonne eingespeist werden.
[0040] Das Gas aus der Hochdruckkolonne, das unter Verwendung des ersten Kondensatorverdampfers
und des zweiten Kondensatorverdampfers kondensiert wird, kann im Rahmen der vorliegenden
Erfindung ausschließlich Kopfgas aus der Hochdruckkolonne, aber auch über einen Seitenabzug
aus der Hochdruckkolonne entnommenes Gas und Kopfgas aus der Hochdruckkolonne umfassen.
Das über den Seitenabzug aus der Hochdruckkolonne entnommene Gas und das Kopfgas aus
der Hochdruckkolonne können getrennt voneinander jeweils in einem der zwei Kondensatorverdampfer
kondensiert werden. Die beiden entsprechend gebildeten Kondensate können gemeinsam
oder getrennt voneinander an gleichen oder an unterschiedlichen Positionen in die
Hochdruckkolonne und/oder in die Niederdruckkolonne eingespeist werden.
[0041] Insbesondere kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung Energie durch ein reduziertes
Druckniveau der Hochdruckkolonne eingespart werden, wenn unter Verwendung des ersten
Kondensatorverdampfers das Kopfgas der Hochdruckkolonne und unter Verwendung des zweiten
Kondensatorverdampfers das über den Seitenabzug aus der Hochdruckkolonne entnommene
Gas, beispielsweise mit einem Stickstoffgehalt von 92 bis 97%, insbesondere ca. 95%,
kondensiert werden. Das Kopfgas der Hochdruckkolonne weist insbesondere einen Gehalt
von mehr als 99% Stickstoff auf. Der Druck im Verdampfungsraum des ersten Kondensatorverdampfers
ist dabei vorteilhafterweise niedriger als im Sumpf der Niederdruckkolonne. Ersterer
liegt beispielsweise bei 1,1 bis 1,25 bar, letzterer beispielsweise bei 1,2 bis 1,4
bar. Die Hochdruckkolonne kann hierbei beispielsweise bei 4,7 bis 5,1 bar betrieben
werden.
[0042] Zu den Merkmalen der erfindungsgemäß ebenfalls vorgeschlagenen Luftzerlegungsanlage
sei auf den entsprechenden unabhängigen Patentanspruch ausdrücklich verwiesen. Die
Luftzerlegungsanlage ist insbesondere zur Durchführung eines Verfahrens eingerichtet,
wie es zuvor in Ausgestaltungen erläutert wurde. Auf die obigen Erläuterungen bezüglich
des erfindungsgemäßen Verfahrens und seiner vorteilhaften Ausgestaltungen sei daher
ausdrücklich verwiesen.
[0043] Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher
erläutert, die die bevorzugten Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung veranschaulichen.
Figurenbeschreibung
[0044] Die Figuren 1 bis 3 veranschaulichen Luftzerlegungsanlagen gemäß unterschiedlicher
Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung.
[0045] In den Figuren sind einander baulich oder funktional entsprechende Elemente mit identischen
Bezugszeichen angegeben und werden der Übersichtlichkeit halber nicht wiederholt erläutert.
Anlagen und Anlagenkomponenten betreffende Erläuterungen gelten für entsprechende
Verfahren und Verfahrensschritte in gleicher Weise.
[0046] Die in den Figuren in Blockdarstellung vereinfachten Komponenten können in beliebiger
fachüblicher Weise ausgebildet sein. Es handelt sich dabei um eine Verdichtungseinheit
1, die insbesondere einen bekannten Hauptluftverdichter umfasst, eine Luftreinigungseinheit
2, die insbesondere ein bekanntes Adsorptionssystem umfasst, und eine Hauptwärmetauscheinheit
3, die insbesondere einen bekannten Hauptwärmetauscher umfasst. Durch diese Einheiten,
die zur Veranschaulichung der allgemeinen Anwendbarkeit unverknüpft dargestellt sind,
werden in den in den Figuren veranschaulichten Beispielen zwei symbolisch dargestellte
Einsatzluftströme A und B bereitgestellt. Die Erfindung ist durch die spezifische
Art der Bereitstellung der Einsatzluftströme sowie deren Art, Anzahl, Aggregatzustand,
Druck usw. nicht beschränkt. In den jeweiligen Luftzerlegungsanlagen gebildete Luftprodukte
sind nicht bzw. nicht in ihrer Gesamtheit veranschaulicht.
[0047] Die Luftzerlegungsanlagen können beliebige weitere Komponenten aufweisen. Zu beispielhaften
Ausgestaltungen sei auf die zitierte Fachliteratur, insbesondere den erwähnten Abschnitt
2.2.5, "Cryogenic Rectification", bei Häring und die dortige Figur 2.3A ausdrücklich
verwiesen.
[0048] Die Luftzerlegungsanlagen weisen als gemeinsame Merkmale jeweils ein Rektifikationskolonnensystem
10 auf, das eine Hochdruckkolonne 11 und eine Niederdruckkolonne 12 umfasst. Die Hochdruckkolonne
11 und die Niederdruckkolonne 12 können auf bekannten Druckniveaus betrieben werden.
Die Hochdruckkolonne 11 ist neben der Niederdruckkolonne 12 angeordnet. In dem Rektifikationskolonnensystem
10 wird jeweils Gas aus der Hochdruckkolonne 11 unter Verwendung eines ersten Kondensatorverdampfers
13, der in einem Kompartiment 15 am Kopf der Hochdruckkolonne 11 angeordnet ist, und
eines zweiten Kondensatorverdampfers 14, der im Sumpfbereich der Niederdruckkolonne
12 angeordnet ist, jeweils gegen Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne 12 kondensiert,
wie nachfolgend zu den einzelnen Ausgestaltungen erläutert.
[0049] In allen Fällen ist, ungeachtet der nicht erfolgten spezifischen zeichnerischen Darstellung,
zumindest der erste Kondensatorverdampfer 13 als Kaskadenverdampfer ausgebildet ist,
und dem ersten Kondensatorverdampfer 13 wird die Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne
12 in eine Menge zugeführt, die eine in dem ersten Kondensatorverdampfer 13 verdampfte
Menge übersteigt. In dem ersten Kondensatorverdampfer 13 nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit
aus der Niederdruckkolonne 12 wird in die Niederdruckkolonne 12 zurückgeführt.
[0050] Als weitere Komponenten sind in den nachfolgenden Figuren ein Unterkühlungsgegenströmer
16, Pumpen 17 und 18 und ein Abscheidebehälter veranschaulicht. Diese Elemente sind
nicht in allen Ausgestaltungen vorhanden.
[0051] In Figur 1 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausgestaltung der vorliegenden
Erfindung in Form eines vereinfachten Prozessflussdiagramms veranschaulicht und insgesamt
mit 100 bezeichnet.
[0052] Wie anhand der Luftzerlegungsanlage 100 veranschaulicht, wird hier ausschließlich
Kopfgas der Hochdruckkolonne 11 in dem ersten Kondensatorverdampfer 13 und in dem
zweiten Kondensatorverdampfer 14 kondensiert. Dieses wird der Hochdruckkolonne 11
in Form eines Stoffstroms C entnommen und in Form von Teilströmen D und E durch den
ersten Kondensatorverdampfer 13 und den zweiten Kondensatorverdampfer 14 geführt.
Aus dem Teilstrom D gebildetes Kondensat wird hier teilweise mit aus dem Teilstrom
E gebildeten und mittels der Pumpe 17 geförderten Kondensat zu einem Sammelstrom F
vereinigt und als Rücklauf auf die Hochdruckkolonne 11 zurückgeführt. Ein Teilstrom
G kann auch in der veranschaulichten Weise durch den Unterkühlungsgegenströmer 16
geführt und in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist werden. Da hier insbesondere
kein oder nur ein sehr kleiner Stickstoffabschnitt 12a in der Niederdruckkolonne 12
vorhanden ist, kann dieser Stoffstrom G gering ausfallen oder entfallen. Der Hochdruckkolonne
11 wird ferner über einen Seitenabzug Gas in Form eines Stoffstroms H entnommen, der
im dargestellten Beispiel ebenfalls durch den Unterkühlungsgegenströmer 16 geführt
und in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist wird.
[0053] Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne 12 kann in Form eines Stoffstroms K als
Produkt ausgeleitet werden. Weitere Sumpfflüssigkeit wird in Form eines Stoffstroms
L mittels der Pumpe 18 dem Kompartiment 15 bzw. dem ersten Kondensatorverdampfer 13
zugeführt. Es handelt sich dabei, wie erwähnt, um eine Menge, die eine in dem ersten
Kondensatorverdampfer 13 verdampfte Menge übersteigt. In dem ersten Kondensatorverdampfer
13 nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne 12 wird in Form eines
Stoffstroms M in die Niederdruckkolonne 12 zurückgeführt. Entsprechend wird auch verdampftes
Gas in Form eines Stoffstroms N in die Niederdruckkolonne 12 zurückgeführt.
[0054] Wie nicht gesondert erläutert, können aus der Niederdruckkolonne 12 Unreinstickstoff
O, gasförmiger Stickstoff P und Flüssigstickstoff Q ausgeleitet werden.
[0055] In Figur 2 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer weiteren Ausgestaltung der vorliegenden
Erfindung in Form eines vereinfachten Prozessflussdiagramms veranschaulicht und insgesamt
mit 200 bezeichnet.
[0056] Im Gegensatz zu der in Figur 1 veranschaulichten Luftzerlegungsanlage 100 wird hier
in dem zweiten Kondensatorverdampfer 14 nicht Kopfgas der Hochdruckkolonne 11, also
der Stoffstrom E, sondern Gas von einem Seitenabzug der Hochdruckkolonne 11 in Form
eines Stoffstroms R kondensiert Auf diese Weise kann auf die Pumpe 17 verzichtet werden.
Das in dem ersten Kondensatorverdampfer 13 auch hier kondensierte Kopfgas der Hochdruckkolonne
11 ist auch hier mit D bezeichnet. Der kondensierte Stoffstrom R und weiteres Fluid,
das in Form eines Stoffstroms S über einen Seitenabzug aus der Hochdruckkolonne 11
entnommen wird, wird in den Abscheidebehälter 19 eingespeist. Gas aus dem Abscheidebehälter
19, das nicht gesondert bezeichnet ist, kann an die Atmosphäre abgegeben werden, wohingegen
Flüssigkeit aus dem Abscheidebehälter 19 in Form eines Stoffstroms T durch den Unterkühlungsgegenströmer
16 geführt und anschließend in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist wird.
[0057] In Figur 3 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer weiteren Ausgestaltung der vorliegenden
Erfindung in Form eines vereinfachten Prozessflussdiagramms veranschaulicht und insgesamt
mit 300 bezeichnet.
[0058] Die Luftzerlegungsanlage 300 ähnelt hinsichtlich der Stromführung der Stoffströme
C bis E der in Figur 1 veranschaulichten Luftzerlegungsanlage 100, weist allerdings
den Abscheidebehälter 19 auf. In diesen werden ein nicht in Form eines Stoffstroms
U in die Hochdruckkolonne 11 eingespeister Anteil des Stoffstroms D, hier mit V bezeichnet,
und der Stoffstrom E eingespeist. Auch hier kann Gas aus dem Abscheidebehälter 19,
das nicht gesondert bezeichnet ist, an die Atmosphäre abgegeben werden, wohingegen
Flüssigkeit aus dem Abscheidebehälter 19 in Form eines Stoffstroms W durch den Unterkühlungsgegenströmer
16 geführt und anschließend in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist wird.
1. Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft, bei dem eine Luftzerlegungsanlage
(100-300) mit einem Rektifikationskolonnensystem (10) verwendet wird, das eine Hochdruckkolonne
(11) und Niederdruckkolonne (12) aufweist, wobei die Hochdruckkolonne (11) neben der
Niederdruckkolonne (12) angeordnet ist und wobei Gas aus der Hochdruckkolonne (11)
unter Verwendung eines ersten Kondensatorverdampfers (13), der in einem Kompartiment
(15) am Kopf der Hochdruckkolonne (11) angeordnet ist, und eines zweiten Kondensatorverdampfers
(14), der im Sumpfbereich der Niederdruckkolonne (12) angeordnet ist, jeweils gegen
Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne (12) kondensiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest der erste Kondensatorverdampfer (13) als Kaskadenverdampfer ausgebildet
ist, dass dem ersten Kondensatorverdampfer (13) die Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne
(12) in einer Menge zugeführt wird, die eine in dem ersten Kondensatorverdampfer (13)
verdampfte Menge übersteigt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem zumindest ein Teil der in dem ersten Kondensatorverdampfer
(13) nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne
(12) zurückgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem zumindest ein Teil der in dem ersten Kondensatorverdampfer
(13) nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit aus der Luftzerlegungsanlage (100-300) ausgeleitet
wird.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem die nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit
aus der Niederdruckkolonne (12), die in die Niederdruckkolonne (12) zurückgeführt
wird, oberhalb oder unterhalb eines oberen Endes des zweiten Kondensatorverdampfers
(14) und oberhalb eines Flüssigkeitsspiegels der Sumpfflüssigkeit in der Niederdruckkolonne
(12) in den Sumpfbereich der Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der zweite Kondensatorverdampfer
(14) als Kaskadenverdampfer, als einstufiger Badverdampfer oder als Fallfilmverdampfer
ausgebildet ist.
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der erste Kondensatorverdampfer
(13) und der zweite Kondensatorverdampfer (14) seriell oder parallel mit dem zu verflüssigenden
Gas aus der Hochdruckkolonne (11) und/oder seriell oder parallel mit der Sumpfflüssigkeit
aus der Niederdruckkolonne (12) beaufschlagt werden.
7. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem die in dem ersten Kondensatorverdampfer
(13) nicht verdampfte Sumpfflüssigkeit und ferner in dem ersten Kondensatorverdampfer
verdampftes Gas in Form eines oder mehrerer Stoffströme in die Niederdruckkolonne
(12) zurückgeführt wird.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem in dem ersten Kondensatorverdampfer
(13) aus dem Gas aus der Hochdruckkolonne (11) ein erstes Kondensat gebildet wird,
und bei dem das erste Kondensat zumindest zu einem Teil in die Hochdruckkolonne (11)
oder in die Hochdruckkolonne (11) und in die Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, bei dem in dem zweiten Kondensatorverdampfer (14) aus dem
Gas aus der Hochdruckkolonne (11) ein zweites Kondensat gebildet wird, und bei dem
das zweite Kondensat zumindest zu einem Teil in die Hochdruckkolonne (11) oder in
die Hochdruckkolonne (11) und in die Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9, bei dem das erste und/oder das zweite Kondensat zumindest
zu einem Teil in einstellbaren Anteilen auf die Hochdruckkolonne (11) und auf die
Niederdruckkolonne (12) verteilt wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 oder 10, bei dem das erste und/oder das zweite
Kondensat pumpenlos in die Hochdruckkolonne (11) und/oder in die Niederdruckkolonne
(12) eingespeist wird.
12. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem das Gas aus der Hochdruckkolonne
(11), das unter Verwendung des ersten Kondensatorverdampfers (13) und des zweiten
Kondensatorverdampfers (14) kondensiert wird, über einen Seitenabzug aus der Hochdruckkolonne
(11) entnommenes Gas und Kopfgas aus der Hochdruckkolonne (11) umfasst.
13. Verfahren nach Anspruch 10, bei dem das über den Seitenabzug aus der Hochdruckkolonne
(11) entnommene Gas und das Kopfgas aus der Hochdruckkolonne (11) getrennt voneinander
jeweils in einem der zwei Kondensatorverdampfer (13, 14) kondensiert werden.
14. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der Verdampfungsraum des
ersten Kondensatorverdampfers (11) auf einem geringeren Druckniveau als der Verdampfungsraum
des zweiten Kondensatorverdampfers (12) betrieben wird.
15. Luftzerlegungsanlage (100-300) mit einem Rektifikationskolonnensystem (10), das eine
Hochdruckkolonne (11) und eine Niederdruckkolonne (12) aufweist, wobei die Hochdruckkolonne
(11) neben der Niederdruckkolonne (12) angeordnet ist, ein erster Kondensatorverdampfers
(13) in einem Kompartiment (15) am Kopf der Hochdruckkolonne (11) bereitgestellt ist,
ein zweiter Kondensatorverdampfer (14) im Sumpfbereich der Niederdruckkolonne (12)
bereitgestellt ist, und der erste Kondensatorverdampfer (13) und der zweite Kondensatorverdampfer
(14) dafür eingerichtet sind, Gas aus der Hochdruckkolonne (11) gegen Sumpfflüssigkeit
aus der Niederdruckkolonne (12) zu kondensieren, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest der erste Kondensatorverdampfer (13) als Kaskadenverdampfer ausgebildet
ist, und dass Mittel bereitgestellt sind, die dafür eingerichtet sind, dem ersten
Kondensatorverdampfer (13) die Sumpfflüssigkeit aus der Niederdruckkolonne (12) in
einer Menge zuzuführen, die eine in dem ersten Kondensatorverdampfer (13) verdampfte
Menge übersteigt.