[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Eisenbahnleitsystem mit einem Sicherungsanlagen
Schnittstellen-Adapter für ein Stellwerk oder ein Radio Block Center gemäss dem Patentanspruch
1 sowie auf ein Verfahren zur Konfigurierung und zum Betrieb eines Eisenbahnleitsystem
gemäss dem Patentanspruch 8.
[0002] Die Überwachung und Steuerung des Bahnbetriebs werden in verschiedene Ebenen unterteilt:
Die einzelnen Ebenen sind die Leitebene, die Sicherheitsebene und die Schutzebene.
Zur Erläuterung dieser Ebenen wird auf die FIG 1 Bezug genommen.
[0003] Die Leitebene 1 wird gebildet durch ein oder mehrere verteilte Eisenbahnleitsysteme
11. Im Folgenden werden diese Eisenbahnleitsysteme nur noch verkürzt mit dem Begriff
«Leitsystem» bezeichnet. Jedes Leitsystem 11 wird von mindestens einem Bedienplatz
12 aus bedient. Von der Leitebene 1 aus können das Bedienpersonal über die vorgenannten
Bedienplätze 12 aber auch Automatik-Komponenten (zB Zuglenkung) Befehle an die darunter
liegende Sicherheitsebene 2 ausgeben. Solche Leitsysteme 11 sind bekannt. Dazu wird
rein beispielhaft auf die Quellen [1] und [2] verwiesen.
[0004] Die Sicherheitsebene 2 ist gegliedert in eine sogenannte Innenanlage 21 und eine
Aussenanlage 22. Die Innenanlage 21 wird gebildet durch Stellwerke 211 mit zugehörigen
optionalen Stellwerkarbeitsplätzen 212. Die Aussenanlage 22 enthält (in unvollständiger
Aufzählung) die eisenbahntechnischen Komponenten mit Weichen 221, Gleisfreimeldern
222, Signalen 223, Zugsicherungseinrichtungen 224 wie zB eine Balise. Zusätzlich oder
alternativ zu einem Stellwerk 211 kann ein Radio Block Center RBC 211 vorhanden sein.
Die Stellwerke 211 und/oder die Radio Block Center RBC 211 sorgen für einen kollisionsfreien
Verkehr auf den Gleisen und garantieren insbesondere die Sicherheit für die Fahrzeuge.
Diese Sicherheit muss die Erfordernisse von SIL 4 gemäss EN 50128 [3] erfüllen. Stellwerke
und Radio Block Center RBC werden vom Fachmann unter dem Oberbegriff «Sicherungsanlage»
subsummiert, vgl zB [4].
[0005] Die Schutzebene 3 wird gebildet aus den verkehrenden Fahrzeugen/Zügen 30 und ihrer
Zugsicherungseinrichtungen 31. Anstelle des Begriffs Schutzebene 3 wird auch der Begriff
Bahnanlage 3 verwendet. Die Begriffe Schutzebene 3 bzw Bahnanlage 3 beziehen sich
stets auf die vom betreffenden Leitsystem 11 geschützten Komponenten der Schutzebene
3 bzw gesteuerten Elemente der Bahnanlage 3.
[0006] Wie aus der FIG 1 unschwer abzuleiten ist, sind in der Regel an einem Leitsystem
11 mehrere Stellwerke 211 bzw Radio Block Centers 211 angeschlossen. Dabei sind abhängig
vom Land, von der Bahngesellschaft oder aus historischen Gründen ganz verschiedene
Stellwerktypen anzubinden. Diese Verschiedenheit ist gegeben durch das Alter bzw.
die technische Generation der betreffenden Stellwerke, selbst wenn diese Stellwerke
vom gleichen Lieferanten entstammen. Ebenso sind die Radio Block Center RBC hinsichtlich
der Schnittstelle zu einem Leitsystem nicht normiert. Diese Schnittstelle wird durch
die RBC-Lieferanten festgelegt und somit ergeben sich auch für die RBC verschiedene
«RBC-Typen». Normiert ist jedoch die Schnittstelle zwischen RBC und Fahrzeug, vgl
→ ETCS/ERMS.
[0007] Die Anbindung eines neuen Stellwerktyps oder die Anbindung eines einzuführenden RBC's
an ein Leitsystem verursacht verschiedene Probleme. Dabei hat ein Bahnbetreiber in
aller Regel keine Wahl, ob er einen neuen Stellwerktyp in seiner Bahninfrastruktur
einführen will oder nicht, da dies durch Ausbauten oder durch einen Technologiewechsel
der Stellwerke zwingend vorgegeben ist.
[0008] Unterschiedliche Stellwerktypen und unterschiedliche «RBC-Typen» verwenden Stellwerktyp-spezifische
bzw. RBC-Typ-spezifische Schnittstellen für Anzeige- und Bediensysteme. Auf dieser
Ebne ist noch keine Standardisierung eingeführt bzw eine Standardisierung müsste der
betrieblichen und technologischen Entwicklung voraus sein. Nachfolgend werden die
Probleme mit der Einführung eines neuen Stellwerktyps dargelegt. Diese Darlegung ist
entsprechend auch für die Einführung eines neuen RBC-Typs gleichermassen gültig und
anwendbar. Der Einfachheit halber wird dies hier nur für Stellwerktypen dargelegt.
[0009] Wenn nun ein neuer Stellwerktyp über eine neue Stellwerktyp-spezifische Schnittstelle
an ein Leitsystem angebunden werden soll, muss das Leitsystem entsprechend erweitert
werden, was zu weiteren Problemen führt:
- a) Mit der Erweiterung verliert das betreffende Leitsystem seine eisenbahntechnische
behördliche Zulassung. Für die erneute Zulassung ist in Zusammenarbeit mit der Zulassungsbehörde
und dem Betreiber ein aufwendiges Verfahren notwendig.
- b) Die Erweiterung bedingt einen neuen Release/Version des Leitsystems. Ein neuer
Release ist aufwändig und steht meist erst nach 1 bis 2 Jahren Entwicklungszeit zur
Verfügung.
[0010] Damit ein Leitsystem nicht für jede neue Stellwerktyp-spezifische Schnittstelle erweitert
werden muss, könnte das Leitsystem eine bezüglich Stellwerk unabhängige, leitsystemspezifische
Schnittstelle anbieten. Mit einer solchen «standardisierten» Stellwerkschnittstelle
könnten so Stellwerke über einen stellwerktyp-spezifischen Adapter an das Leitsystem
angebunden werden.
[0011] Ein zwischen dem Stellwerk und dem Leitsystem liegender Adapter wandelt die Informationen
- das sind meist Zustandsmeldungen - von der stellwerkspezifischen Schnittstelle zu
Informationen der standardisierten Stellwerkschnittstelle. Umgekehrt werden in einem
solchen Adapter Bedienbefehle für das Stellwerk in einem standardisierten Befehlsformat
in ein Stellwerk-spezifisches Befehlsformat gewandelt. Für diese Wandlung benötigt
der Adapter jedoch eine topologieabhängige Konfiguration.
[0012] Der Begriff topologieabhängige Konfiguration bezieht sich auf Daten, die ein Abbild
der zu steuernden Eisenbahnanlage beinhalten wie zB
- Bahnhof als hierarchisch zusammenfassendes Konstrukt von zu steuernden bzw überwachenden
Elementen;
- Gleisabschnitte;
- Sequenz von Gleisabschnitten;
- Weichen;
- Kreuzungen;
- Barrieren (für Strassenübergänge).
Gleisabschnitte, Weichen, usw werden als Elemente bezeichnet und sind im Leitsystem
mit entsprechenden Bezeichnern in leitsystemspezifischer Form und Codierung abgebildet.
Diese topologieabhängige Konfiguration wird zur Projektierungszeit in das Leitsystem
eingebracht. Eine Änderung der Gleisanlage wie zB die Inbetriebnahme eines zweiten
Streckengeleises erfordern vor der Betriebsfreigabe eine Anpassung der topologieabhängigen
Konfiguration im Leitsystem, wofür jedoch keine neue eisenbahntechnische Typenzulassung
des Leitsystems selber erforderlich ist. Es braucht jedoch immer noch eine spezifische
Zulassung für die spezifische Anlage im Feld.
[0013] Wenn nun über die standardisierte Stellwerkschnittstelle zwischen Adapter und Leitsystem
leitsystemspezifische Zustandsidentifikationen (zB Station, Elementart, Elementname,
Zustandsname) übertragen würden, dann müsste der Adapter eine Wandlung vornehmen,
da die Elemente bzw. Zustände auf der Stellwerk(typ)-spezifischen Schnittstelle anders
identifiziert werden. Auf der Stellwerk(typ)-spezifischen Schnittstelle werden die
Elemente zB mit einem Index und die darin enthaltenen Zustände mit einer Bit-Position
identifiziert. Für diese Wandlung bräuchte es eine topologieabhängige Konfiguration,
da die Elemente Teil der Topologie sind.
[0014] Zur Klarstellung des vorstehend verwendeten Begriffs «Stellwerk(typ)-spezifisch»
wird hier ausgeführt:
Die Wandlung im Adapter beinhaltet zum einen eine Wandlung in das für den betreffenden
Stellwerktyp vorgegebene Format (Struktur) und zum andern eine Wandlung gemäss den
zu steuernden Elementen der Bahnanlage (Topologie, Inhalte, Nummerierung, Indizierung,
etc). Nachstehend wird diese Unterscheidung nur noch dann gemacht, wo dies für die
vorliegende Erfindung relevant ist.
[0015] Eine topologieabhängige Konfiguration ist jedoch in einem Adapter aus verschiedenen
Gründen unerwünscht:
- i) Jede Änderung an der Topologie der Bahnanlage und damit im Stellwerk bedingt eine
Anpassung der topologieabhängigen Konfiguration im betreffenden Adapter. Die geänderte
Konfiguration muss geprüft und zum richtigen Zeitpunkt im Adapter installiert werden.
Der Adapter ist örtlich oft irgendwo zwischen Leitsystem und Stellwerk. Die Verbindung
kann über Internet erfolgen und sich somit über mehrere Kilometer Distanz erstrecken.
- ii) Für die Wandlung der Informationen - also Zustandsmeldungen und/oder Bedienbefehle
- und die Interpretation der topologieabhängigen Konfiguration wird ein solcher Adapter
entsprechend komplex. Für jede neue stellwerkpezifische Schnittstelle muss ein neuer
Adapter mit dem entsprechenden Aufwand entwickelt werden.
- iii) Bei einem Bahnbetreiber mit einem Streckennetz von zB über 2000km ergeben sich
ca 10 verschiedene Stellwerktypen bei rund 600 installierten Stellwerken und etwa
3 verschiedene RBC-Typen. Pro solchem Sicherungsanlagentyp wäre ein spezifischer Adapter
vorzusehen. Bei einer Änderung am Stellwerk müsste darüber hinaus die Konfiguration
des zugehörigen Adapters, sowie die Konfiguration im zugehörigen Leitsystem oder Leitsystemzelle
geändert und geprüft werden. Die Prüfung erfolgt mit Stellwerk, Adapter und Leitsystem/Leitsystemzelle.
Bei grösseren Änderungen erfolgt dies auch etappenweise. Das bedeutet, dass nur während
Zugspausen geprüft werden kann. Für diese Prüfungen muss zuerst die neue, zu prüfende
Konfiguration geladen werden und nach Abschluss wieder die ursprüngliche Konfiguration
geladen werden, damit der Bahnbetrieb wieder aufgenommen werden kann.
[0016] Besonders der vorstehende Grund iii) zeigt, dass das Vorhandensein einer topologieabhängigen
Konfiguration im Schnittstellen-Adapter aus operationellen Gründen wie auch aus Gründen
der Logistik massive Nachteile für die Bahnbetreiber nach sich zieht.
[0017] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Eisenbahnleitsystem
mit einem Schnittstellen-Adapter zur Anbindung eines Stellwerks oder eines Radio Block
Centers RBC zu schaffen, mit dem die vorstehend dargelegten erheblichen Nachteile
bei einer Änderung der zu steuernden Eisenbahnanlage eliminiert werden und insbesondere
der Aufwand zur Anbindung eines neuen Stellwerktyps oder eines einzuführenden RBC-Typs
signifikant reduziert werden kann. Ebenso liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe
zugrunde, ein Verfahren zur Konfigurierung und zum Betrieb eines Eisenbahnleitsystems
anzugeben, so dass Änderungen an der zu steuernden Bahnanlage sich nur auf das Leitsystem
auswirken.
[0018] Diese Aufgabe wird für ein Eisenbahnleitsystem durch die im Patentanspruch 1 angegebenen
Merkmale gelöst und für ein Verfahren zur Konfigurierung und zum Betrieb eines Eisenbahnleitsystems
durch die im Patentanspruch 8 angegebenen Merkmale und Verfahrensschritte. Vorteilhafte
Ausgestaltungen der Erfindung sind in weiteren Ansprüchen angegeben.
[0019] Das erfindungsgemässe Eisenbahnleitsystem ist ein Eisenbahnleitsystem für eine Eisenbahnanlage
mit einer Anbindung von mindestens einem Stellwerk oder von einem Radio Block Center
- beide im folgenden Sicherungsanlage genannt -, wobei
- im Leitsystem von der Sicherungsanlage Zustandsmeldungen empfangen und Bedienbefehle
generiert und an die mindestens eine Sicherungsanlage übermittelt werden und wobei
- jeder Sicherungsanlage ein bestimmter Sicherungsanlagentyp zugeordnet ist,
welches Eisenbahnleitsystem sich dadurch auszeichnet, dass die Generierung der Bedienbefehle
im Leitsystem auf empfangenen Zustandsmeldungen und auf topologischen Konfigurationsdaten
beruht, die beide ein Abbild der zu steuernden Bahnanlage repräsentieren,
die Anbindung der Sicherungsanlage über einen Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter
erfolgt, so dass
- zwischen Leitsystem und Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter eine universelle
Sicherungsanlagenschnittstelle vorgesehen ist und so dass
- zwischen Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter und Sicherungsanlage eine Sicherungsanlagentyp-spezifische
Schnittstelle vorgesehen ist und
- im Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter die generierten Bedienbefehle in Sicherungsanlagentyp-spezifische
Bedienbefehle nach einem vorgegebenen Schema unabhängig von topologischen Konfigurationsdaten
gewandelt werden.
[0020] Das erfindungsgemässe Verfahren zur Konfigurierung und zum Betrieb eines Eisenbahnleitsystem
ist
ein Verfahren zur Konfigurierung und zum Betrieb eines Eisenbahnleitsystems für eine
Bahnanlage mit einer Anbindung von mindestens einem Stellwerk oder von einem Radio
Block Center - beide im folgenden Sicherungsanlage genannt - wobei
- im Leitsystem von der Sicherungsanlage Zustandsmeldungen empfangen und Bedienbefehle
generiert und an die mindestens eine Sicherungsanlage übermittelt werden und wobei
- jeder Sicherungsanlage ein bestimmter Sicherungsanlagentyp zugeordnet ist,
welches Verfahren sich dadurch auszeichnet, dass die Anbindung der Sicherungsanlage
über einen Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter erfolgt und dass topologische
Konfigurationsdaten, die ein Abbild der zu steuernden Bahnanlage repräsentieren, in
einer Projektierungsphase in das Leitsystem geladen werden so dass im Betrieb das
Leitsystems die Generierung der Bedienbefehle auf empfangenen Zustandsmeldungen und
auf den topologischen Konfigurationsdaten beruht und in einem universellen Format
dem Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter übermittelt werden wobei im Sicherungsanlagen
Schnittstellen-Adapter die Wandlung der Bedienbefehle unabhängig von topologischen
Konfigurationsdaten in ein sicherungsanlagentyp-spezifisches Format nach einem vorgegebenen
Schema erfolgt.
[0021] Damit im Sicherungsanlagen Schnittstellen Adapter - im Folgenden nur noch «SSA» genannt
- keine topologieabhängige Konfiguration mehr notwendig ist, werden die Daten (siehe
dazu vorstehende detaillierte Darstellung) im Leitsystem soweit aufbereitet, dass
der SSA diese Daten in, bzw. aus den Stellwerk(typ)-spezifischen Informationen ohne
eigene topologieabhängige Konfigurationsdaten wandeln kann. Damit dies möglich ist
muss aber auch die Schnittstelle zwischen SSA und Leitsystem so gestaltet sein, dass
die stellwerkspezifischen Informationen für jeden Stellwerktyp über dieselbe Schnittstelle
übertragen werden können. Das ist (im Gegensatz zur standardisierten Stellwerkschnittstelle
vgl. vorstehend in Absatz [0012]) mit der universellen Stellwerkschnittstelle möglich
Die Aufbereitung der Stellwerk(typ)-spezifischen Informationen werden im Leitsystem
mit Hilfe einer topologieabhängigen Konfiguration durchgeführt. So ergeben sich die
folgenden Vorteile:
- i) Der SSA kann relativ einfach aufgebaut sein, da topologieabhängige Konfigurationsdaten
weder vorhanden sein müssen noch gewandelt werden müssen.
- ii) Mit der Vereinfachung gemäss i) steht ein neuer SSA in kürzerer Zeit und kostengünstiger
zur Verfügung.
- iii) Da im SSA keine topologieabhängige Konfiguration notwendig ist, bleibt der SSA
bei einer Bahnanlagenänderung davon nicht betroffen, diese muss nur noch im betreffenden
Stellwerk und/oder RBC nachgeführt werden. Eine Nachführung im Leitsystem ist jedoch
auf jeden Fall vorzunehmen.
- iv) Für den Einsatz eines neuen Stellwerktyps mit neuer stellwerktypspezifischer Schnittstelle
müssen im Leitsystem lediglich die Konfigurationsdaten angepasst werden. Es braucht
keine neue Zulassung des Leitsystems. Da der SSA keine Abhängigkeit zum Bahnleitsystem
hat, kann ein neuer Stellwerktyp mit dem Leitsystem betrieben werden, sobald der zugehörige
SSA zur Verfügung steht. Ein neuer Release des Leitsystems ist nicht erforderlich.
[0022] Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnung beispielsweise näher erläutert.
Dabei zeigen:
Figur 1 Übersicht über die verschiedenen Ebenen der Überwachung und Steuerung des
Bahnbetriebs;
Figur 2 Einbettung eines Adapters zwischen einem Leitsystem und einem Stellwerk bzw
RBC.
[0023] In einer Übersicht zeigt FIG 1 die verschiedenen Ebenen zur Überwachung und Steuerung
des Bahnbetriebs wie folgt, detaillierte Angaben zur FIG 1 sind vorstehend zu entnehmen.
[0024] Die Leitebene 1 enthält wenigstens ein Leitsystem 11 oder Leitsystemzellen 11 und
zugehörige Bedienplätze 12. In FIG 1 ist nur ein Leitsystem 11 und nur ein Bedienplatz
12 gezeigt.
[0025] Die Sicherheitsebene 2 ist gegliedert in eine Innenanlage 21 und eine Aussenanlage
22. Die Innenanlage 21 enthält ein Stellwerk 211 mit einem optionalen Stellwerkbedienplatz
212, zB in einem Bahnhof. Die Aussenanlage 22 enthält in nicht abschliessender Aufzählung
die eisenbahntechnischen Komponenten wie zB Weichen 221, Gleisfreimelder 222, Signale
223 und Zugsicherungseinrichtungen 224, zB Balisen 224. Nur der Vollständigkeit halber
sei angemerkt, dass die Signale 223 fehlen können bei einem Bahnbetrieb gemäss ETCS
Level 2 oder ETCS Level 3. Nicht explizit gezeigt sind in FIG 2 zusätzlich oder alternativ
zu den Stellwerken 211 sogenannte Radio Block Center 211.
[0026] Die Schutzebene 3 enthält die auf den Gleisen sich bewegenden Fahrzeuge/Züge 30,
die zugseitigen Sicherungseinrichtungen 31, zB Antennen 31. Anstelle des Begriffs
Schutzebene 3 wird auch der Begriff Bahnanlage 3 verwendet.
[0027] FIG 2 zeigt die konkrete Einbettung eines Sicherungsanlagen Schnittstellen Adapters
SSA 4 - im Folgenden nur noch «SSA 4» genannt - zwischen einem Leitsystem 11 und einem
Stellwerk 211 bzw RBC 211. Konkret wird nachfolgend eine Begrifflichkeit zusammen
mit den entsprechenden Bezugszeichen eingeführt:
Sicherungsanlage 211 steht für
ein Stellwerk 211 oder ein Radio Block Center 211, kurz RBC 211.
Die universelle Sicherungsanlagen Schnittstelle ist gegliedert in
- eine universelle Sicherungsanlagen Schnittstelle 40 für Bedienbefehle, also in Richtung
Leitsystem 11 → SSA 4 und in
- eine universelle Sicherungsanlagen Schnittstelle 41 für Zustandsmeldungen, also in
Richtung SSA 4 → Leitsystem 11.
Zwischen SSA 4 und Sicherungsanlage 211 ist eine Schnittstelle vorgesehen, die hier
Sicherungsanlagentyp-spezifische Schnittstelle 42 genannt ist. Diese Schnittstelle
42 ist einerseits Sicherungsanlagentyp-spezifisch und andererseits hinsichtlich der
verwendeten Bezeichnungen/Nummern Sicherungsanlagenspezifisch.
[0028] Da zwischen Leitsystem 11 und der Sicherungsanlage 211 mehrere Kilometer in einem
weiten Bereich bis zu rund 100km liegen können, ist die räumliche Anordnung der betreffenden
SSA 4 sehr verschieden. Als Übertragungsmedium können in entsprechender Redundanz
zB leased lines verwendet werden. Die Übertragung selber kann via IP mit den bekannten
Protokollsicherungstechniken erfolgen.
[0029] Die universelle Schnittstelle 40, 41 zwischen SSA 4 und Leitsystem 11 ist so gestaltet,
dass für unterschiedliche Stellwerke 211 und Stellwerktypen immer dieselbe Schnittstelle
40, 41 verwendet werden kann. Innerhalb der universellen Schnittstelle 40, 41 zwischen
SSA 4 und Leitsystem 11 werden Zustandsmeldungen und Elementidentifikationen stellwerkspezifisch
- jedoch nicht Stellwerktyp-spezifisch - übertragen. Damit kann der SSA 4 eine Wandlung
nach einem vorgegebenen Schema vornehmen ohne dass dazu eine Konfiguration im SSA
4 notwendig ist.
[0030] Das Ganze gilt auch für Bedienungen, bei denen die zu bedienenden Elemente mit stellwerkspezifischen
Elementidentifikationen über die universelle Schnittstelle übertragen werden. Das
Leitsystem 11 enthält weiter eine Bedien- und Anzeigesteuerung 111.
[0031] Ein SSA 4 ist als Rechnerplattform ausgebildet mit entsprechenden Hardware-Komponenten
und Hardware-Schnittstellen. Auf dieser Rechnerplattform ist ein Betriebssystem implementiert.
Da ein SSA 4 sicherheitsrelevante Funktionen für den Bahnbetrieb wahrnimmt, müssen
Operationen (Bedienbefehle, Zustandsmeldungen) auf zwei unabhängige Arten bearbeitet
und/oder übertragen werden. Vorliegend muss also im SSA die Wandlung der im Leitsystem
generierten Bedienbefehle in Sicherungsanlagentyp-spezifische Bedienbefehle auf zwei
voneinander unabhängige Arten vorgenommen werden. Für beide Arten gilt jedoch, dass
die Wandlung nach einem vorgegebenen Schema erfolgt und unabhängig von topologischen
Konfigurationsdaten erfolgt. Für die sicherheitsrelevanten Funktionen müssen zwei
unabhängige Nachrichten übermittelt werden. Diese Nachrichten müssen aber unabhängig
voneinander verarbeitet werden. Da die Nachrichten mit einer Prüfsumme gesichert sind,
können sie auch auf einem gemeinsamen Kanal übertragen werden Je nach Anwendung können
auch zwei physisch getrennte Übertragungskanäle vorgesehen sein.
Liste der Bezugszeichen, Glossar
[0032]
- 1
- Leitebene
- 11
- Eisenbahnleitsystem, Leitsystem
- 111
- Bedien- und Anzeigesteuerung
- 12
- Leitsystem-Bedienplatz, Bedienplatz
- 120
- Bedienkonverter
- 121
- Meldungskonverter
- 2
- Sicherheitsebene
- 21
- Innenanlage
- 211
- Sicherungsanlage; Stellwerk, RBC
- 212
- Stellwerkbedienplatz
- 22
- Aussenanlage
- 221
- Weiche
- 222
- Gleisfreimelder
- 223
- Signale
- 224
- Zugssicherungseinrichtungen in Aussenanlage; Balise
- 3
- Schutzebene, Eisenbahnanlage, Bahnanlage
- 30
- Fahrzeug
- 31
- Zugsicherungseinrichtung auf Fahrzeug; Antenne
- 4
- Sicherungsanlagen Schnittstellen Adapter, Stellwerk Schnittstellen Adapter, RBC Schnittstellen
Adapter
- 40
- Universelle Sicherungsanlagenschnittstelle für Bedienbefehle
- 41
- Universelle Sicherungsanlagenschnittstelle für Zustandsmeldungen
- 42
- Sicherungsanlagentyp-spezifische Schnittstelle, Stellwerktyp-spezifische Schnittstelle,
RBC-Typ-spezifische Schnittstelle,
Liste der zitierten Dokumente, Quellenangaben, Liste der verwendeten Akronyme
[0033]
- [1]
- Integrales Leit- und Informationssystem ILTIS https://de.wikipedia.org/wiki/Integrales Leit- und Informationssystem
- [2]
- WO 2012/119879 A1
EISENBAHNLEITSYSTEM
SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT, DE - 80333 München
- [3]
- EN 50128: 2012-03
Bahnanwendungen - Telekommunikationstechnik, Signaltechnik und Datenverarbeitungssysteme
- Software für Eisenbahnsteuerungs- und Überwachungssysteme
- [4]
- https://www.zevrail.de/
- ETCS
- European Train Control System https://en.wikipedia.org/wiki/European Train Control System
- ERMS
- The European Rail Traffic Management System http://www.ertms.net/
- IP
- Internet Protokoll.
- RBC
- Radio Block Center
- SSA
- Sicherungsanlagen Schnittstellen Adapter
1. Eisenbahnleitsystem (11) für eine Eisenbahnanlage (3) mit einer Anbindung von mindestens
einem Stellwerk (211) oder von einem Radio Block Center (RBC, 211) - beide im folgenden
Sicherungsanlage (211) genannt -, wobei
- im Leitsystem (11) von der Sicherungsanlage (211) Zustandsmeldungen empfangen und
Bedienbefehle generiert und an die mindestens eine Sicherungsanlage (211) übermittelt
werden und wobei
- jeder Sicherungsanlage (211) ein bestimmter Sicherungsanlagentyp zugeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Generierung der Bedienbefehle im Leitsystem auf empfangenen Zustandsmeldungen
und auf topologischen Konfigurationsdaten beruht, die beide ein Abbild der zu steuernden
Bahnanlage (3) repräsentieren,
die Anbindung der Sicherungsanlage (211) über einen Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter
(SSA, 4) erfolgt, so dass
- zwischen Leitsystem (11) und Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter (SSA, 4) eine
universelle Sicherungsanlagenschnittstelle (40, 41) vorgesehen ist und so dass
- zwischen Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter (SSA, 4) und Sicherungsanlage
(211) eine Sicherungsanlagentyp-spezifische Schnittstelle (42) vorgesehen ist und
- im Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter (SSA, 4) die generierten Bedienbefehle
in Sicherungsanlagentyp-spezifische Bedienbefehle nach einem vorgegebenen Schema unabhängig
von topologischen Konfigurationsdaten gewandelt werden.
2. Leitsystem (11) nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter (SSA, 4) als Rechnerplattform ausgebildet
ist und dass auf dieser Rechnerplattform ein Betriebssystem implementiert ist.
3. Leitsystem (11) nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
die universelle Sicherungsanlagenschnittstelle (40, 41) richtungsgetrennt ausgeführt
ist.
4. Leitsystem (11) nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
die universelle Sicherungsanlagenschnittstelle (40, 41) pro Richtung unabhängige Übertragungskanäle
aufweist ist.
5. Leitsystem (11) nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
die die Unabhängigkeit der zwei Übertragungskanäle durch ein Protokoll oder physisch
gebildet ist.
6. Leitsystem (11) nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
im Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter (SSA, 4) die generierten Bedienbefehle
in Sicherungsanlagentyp-spezifische Bedienbefehle auf zwei voneinander unabhängige
Arten gewandelt werden.
7. Leitsystem (11) nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
die über die Sicherungsanlagentyp-spezifische Schnittstelle (42) übertragenen Sicherungsanlagen-spezifischen
Bedienbefehle die für die betreffende Bahnanlage (3) entsprechende Bezeichnungen und
Nummern enthalten.
8. Verfahren zur Konfigurierung und zum Betrieb eines Eisenbahnleitsystems (11) für eine
Bahnanlage (3) mit einer Anbindung von mindestens einem Stellwerk (211) oder von einem
Radio Block Center (RBC, 211) - beide im folgenden Sicherungsanlage (211) genannt
- nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei
- im Leitsystem (11) von der Sicherungsanlage (211) Zustandsmeldungen empfangen und
Bedienbefehle generiert und an die mindestens eine Sicherungsanlage (211) übermittelt
werden und wobei
- jeder Sicherungsanlage (211) ein bestimmter Sicherungsanlagentyp zugeordnet ist
dadurch gekennzeichnet, dass
die Anbindung der Sicherungsanlage (211) über einen Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter
(SSA, 4) erfolgt und dass topologische Konfigurationsdaten, die ein Abbild der zu
steuernden Bahnanlage (3) repräsentieren, in einer Projektierungsphase in das Leitsystem
(11) geladen werden so dass im Betrieb das Leitsystems die Generierung der Bedienbefehle
auf empfangenen Zustandsmeldungen und auf den topologischen Konfigurationsdaten beruht
und in einem universellen Format dem Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter (SSA,
4) übermittelt werden wobei im Sicherungsanlagen Schnittstellen-Adapter (SSA, 4) die
Wandlung der Bedienbefehle unabhängig von topologischen Konfigurationsdaten in ein
sicherungsanlagentyp-spezifisches Format nach einem vorgegebenen Schema erfolgt.