(19)
(11) EP 3 964 602 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.03.2022  Patentblatt  2022/10

(21) Anmeldenummer: 20194103.6

(22) Anmeldetag:  02.09.2020
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C23C 2/12(2006.01)
C23C 2/20(2006.01)
C23C 2/28(2006.01)
C23C 8/14(2006.01)
C23C 14/02(2006.01)
C23C 16/06(2006.01)
C21D 1/673(2006.01)
C21D 9/52(2006.01)
C23C 2/26(2006.01)
C23C 8/10(2006.01)
C23C 24/08(2006.01)
C23C 14/16(2006.01)
C23C 20/04(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
C23C 2/12; C23C 2/20; C23C 2/26; C23C 2/28; C23C 8/10; C23C 8/14; C23C 24/08; C21D 1/673
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: ThyssenKrupp Steel Europe AG
47166 Duisburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Köyer, Maria
    44141 Dortmund (DE)
  • Ruthenberg, Manuela
    44143 Dortmund (DE)
  • Banik, Janko
    58762 Altena (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack 
Patent- & Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB Bleichstraße 14
40211 Düsseldorf
40211 Düsseldorf (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM HERSTELLEN EINES BLECHBAUTEILS DURCH WARMUMFORMEN EINES MIT EINER KORROSIONSSCHUTZBESCHICHTUNG VERSEHENEN STAHLFLACHPRODUKTS


(57) Die Erfindung ermöglicht ohne die Gefahr des Eindringens von H2 die Herstellung eines Blechbauteils aus einem mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehenen Stahlflachprodukt, das Abschnitte unterschiedlicher Dicke aufweist, wobei der Übergang zwischen den Abschnitten sprungartig ist. Hierzu wird a) ein Stahlflachprodukt mit einem Stahlsubstrat aus einem Stahl bereitgestellt, der, in Gew.-%, aus 0,07 - 0,4 % C, 1,0 - 2,5 % Mn, 0,06 - 0,9 % Si, ≤ 0,03 % P, ≤ 0,01 % S, ≤ 0,1 % AI, ≤ 0,15 % Ti, ≤ 0,6 % Nb, ≤ 0,005 % B, ≤ 0,5 % Cr, ≤ 0,5 % Mo, wobei die Summe an Cr und Mo ≤ 0,5 % ist, und als Rest aus Fe und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht, und mit einer Korrosionsschutzbeschichtung aus, in Gew.-%, ≤ 15 % Si, ≤ 5 %, Fe, ≤ 5 % mindestens eines Erdalkali- oder Übergangsmetalls und als Rest aus AI und unvermeidbaren Verunreinigungen. Enthält die Korrosionsschutzbeschichtung ≤ 0,1 Gew.-% an dem Erdalkali- oder Übergangsmetall, wird b) eine mindestens ein Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltende Lösung auf die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts appliziert. Dann wird c) das Stahlflachprodukt zur Erzeugung der unterschiedlich dicken Abschnitte flexibel kaltgewalzt. Sodann wird es d) auf 800 - 1000 °C unter Atmosphäre mit > 15 Vol.-% O2 so lange erwärmt, bis eine Wärmeenergiemenge Js von > 44.000 kJs und ≤ 400.000 kJs eingebracht ist. Danach ist die Korrosionsschutzbeschichtung dicht mit einer aus einem primären Oxid des mindestens einen Erdalkali- oder Übergangsmetalls bestehenden Schicht belegt. Schließlich wird das Stahlflachprodukt zu dem Blechbauteil warmumgeformt,


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Blechbauteils durch Warmumformen eines Stahlflachprodukts, das insbesondere durch Schmelztauchbeschichten mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen ist und das durch ein flexibles Kaltwalzen mindestens einen Abschnitt verliehen bekommt, der eine andere Dicke aufweist als ein an ihn angrenzender anderer Abschnitt des Stahlflachprodukts, wobei der Übergang zwischen den unterschiedlich dicken Abschnitten des Stahlflachprodukts sprungartig erfolgt.

[0002] Als "Stahlflachprodukte" werden hier Walzprodukte verstanden, deren Länge und Breite jeweils wesentlich größer sind als ihre Dicke. Hierzu zählen insbesondere Stahlbänder und Stahlbleche.

[0003] Im vorliegenden Text sind, soweit nicht explizit etwas anderes vermerkt ist, Angaben zu den Gehalten von Legierungsbestandteilen stets in Gew.-% gemacht.

[0004] Die Anteile von bestimmten Bestandteilen an einer Atmosphäre, insbesondere einer Glühatmosphäre, sind dagegen in Vol.-% angegeben, soweit nichts anderes vermerkt ist.

[0005] Aus der JP 2004-083988 A ist ein Verfahren bekannt, mit dem aus einem für einen Einsatz bei hohen Temperaturen von 450 - 650 °C bestimmten feuerverzinkten Stahlblech mit einer Korrosionsschutzbeschichtung auf AI-Basis ein Bauteil geformt wird, das bei den hohen Einsatztemperaturen eine verbesserte Oxidationsbeständigkeit aufweisen soll. Die Korrosionsschutzbeschichtung des Blechs besteht dazu aus bis zu 13 Gew.-% Si, 0,5 - 8 Gew.-% Mg und, falls erforderlich, aus einem oder mehreren Metallen aus der Gruppe "0,001 - 1 Gew.-% Sr, 0,001 - 1 Gew.-% Ca, 0,0001 - 0,1 Gew.-% Be, 0,001 - 1 Gew.-% Ba". Im Hochtemperatureinsatz der derart geformten Bauteile entsteht eine Legierungsschicht zwischen dem Stahlsubstrat und der Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts. Das in der Korrosionsschutzbeschichtung vorhandene Mg bewirkt dabei, dass sich auf den im Bereich von Rissen, die in der Korrosionsschutzbeschichtung entstehen, freiliegenden Oberflächen der Beschichtung Mg oder Mg-Oxide ansammeln. Gleichzeitig finden sich in einer Übergangsschicht zwischen der Korrosionsschutzbeschichtung und dem Stahlsubstrat bis zu 50 Vol.-% Eisenoxide.

[0006] Aus der EP 2 993 248 A1 ist ein weiteres Verfahren bekannt, bei dem Stahlflachprodukte der hier in Rede stehenden Art warmgeformt werden. Als Ausgangsprodukt für dieses Verfahren wird ein Stahlflachprodukt eingesetzt, dessen Stahlsubstrat aus so genanntem "MnB-Stahl" besteht. Stähle dieser Art sind in der DIN EN 10083-3 genormt und besitzen eine gute Härtbarkeit. Dabei erlauben sie beim Warmpressen eine sichere Prozessführung, durch die es auf wirtschaftliche Weise möglich ist, im Zuge der Warmverformung eine Martensithärtung noch im Werkzeug ohne zusätzliche Kühlung zu bewirken. Ein typisches Beispiel für einen solchen Stahl ist der unter der Bezeichnung 22MnB5 bekannte Stahl, der im Stahlschlüssel 2004 unter der Werkstoffnummer 1.5528 zu finden ist. Typischerweise enthält auf dem Markt erhältlicher, vollberuhigter 22MnB5-Stahl neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen , in Gew.-%, 0,10 - 0,250 % C, 1,0 - 1,4 % Mn, 0,35 - 0,4 % Si, bis zu 0,03 % P, bis zu 0,01 % S, bis zu 0,040 % AI, bis zu 0,15 % Ti, bis zu 0,1 % Nb, in Summe bis zu 0,5 % Cr + Mo, sowie bis zu 0,005 % B. Um die aus derart zusammengesetztem Stahl bestehenden Stahlflachprodukte gegen korrosive Angriffe zu schützen und gleichzeitig die Gefahr einer Wasserstoffaufnahme bei der für ein Warmumformen erforderlichen Erwärmung zu minimieren, werden die Stahlflachprodukte gemäß dem bekannten Verfahren mit einem Korrosionsschutzüberzug auf Al-Basis versehen, der als zusätzlichen Legierungsbestandteil wirksame Gehalte von 0,005 - 0,7 Gew.-% an mindestens einem Erdalkali- oder Übergangsmetall enthält. Darüber hinaus können in dem Überzug auch Si-Gehalte von 3 - 15 Gew.-% und Fe-Gehalte von bis zu 5 Gew.-% vorhanden sein. Als das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall des Schutzüberzugs wird dabei bevorzugt Mg in Gehalten von 0,1 - 0,5 Gew.-% eingesetzt, wobei ersatzweise oder ergänzend auch Kalzium, Strontium, Natrium oder Barium in Frage kommen. Der Al-basierte Schutzüberzug lässt sich durch Schmelztauchbeschichten, in der Fachsprache auch "Feueraluminieren" genannt, oder durch ein Gasabscheideverfahren, z.B. den bekannten PVD-(Physical Vapour Deposition) oder CVD-Verfahren (Chemical Vapour Deposition), auf das Stahlsubstrat aufbringen.

[0007] Besondere Anforderungen an die Art und Weise, in der der Korrosionsschutzüberzug auf das aus einem MnB-Stahl bestehende Stahlsubstrat aufgebracht wird, sind im voranstehend erläuterten Stand der Technik nicht erwähnt. Aufgrund der Anwesenheit des Erdalkali- oder Übergangsmetalls im Überzug kommt es bei einer in konventioneller Weise unter einer Normalatmosphäre über eine Dauer von 360 - 800 s auf eine Temperatur von 900 °C durchgeführten Erwärmung einer aus dem in der voranstehend erläuterten Weise beschichteten Platine allenfalls zu einer minimalen Sauerstoffaufnahme im Stahlsubstrat.

[0008] Beim "flexiblen Walzen" handelt es sich um ein Verfahren zur Herstellung von Metallbändern mit über ihrer Länge definiert unterschiedlichen Banddicken. Wie beispielsweise in der DE 198 46 900 A1 oder der DE 100 41 280 C2 erläutert, wird hierzu während des Walzens üblicherweise die Höhe des zwischen zwei Arbeitswalzen eines Walzgerüstes vorgesehenen Walzspalts variiert, den das zu walzende Stahlflachprodukt passieren muss. Auf diese Weise lassen sich an dem Stahlflachprodukt über die Länge des Stahlflachprodukts aufeinander folgend Abschnitte mit größerer Dicke (weiterer Walzspalt) und geringerer Dicke (engerer Walzspalt) erzeugen.

[0009] Aufgrund der Möglichkeit, gezielt bestimmte Dicken an einem Stahlflachprodukt zu erzeugen, ist das flexible Walzen bestens zur Erzeugung eines Stahlflachprodukts geeignet, dessen Eigenschaften beispielsweise an die im Gebrauch lokal begrenzt auf ihn wirkenden Belastungen oder die an sein Verformungsverhalten gestellten Anforderungen angepasst sind. So können durch flexibles Walzen Stahlflachprodukte so geformt werden, dass an einem aus einem solchen Stahlflachprodukt durch Umformen erhaltenen Bauteil an den erforderlichen Stellen unterschiedliche Blechdicken vorliegen, die das Bauteil bei minimiertem Gewicht zur Aufnahme hoher Belastungen ertüchtigen.

[0010] Sollen, wie bei der vorliegenden Erfindung, durch flexibles Kaltwalzen, also einem flexiblen Walzen, das an einem nicht gesondert vorgewärmten Stahlflachprodukt vorgenommen wird, Stahlflachprodukte prozessiert werden, die mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen sind, kann es aufgrund der regelmäßig dabei auftretenden hohen Walzkräfte zu Schädigungen der Korrosionsschutzbeschichtung in Form von Ablösungen kommen. Durch die so in der Korrosionsschutzbeschichtung entstehenden Löcher kann diffusibler Wasserstoff in das Stahlflachprodukt gelangen, die durch Risse im Stahlsubstrat ausgelöst werden können. Um diese Gefahr zu vermeiden, werden in der heutigen betrieblichen Praxis die Walzgrade, d.h. die über einen Walzschritt erzielte relative Dickenreduzierung auf bestimmte Höchstwerte beschränkt, bei denen es erfahrungsgemäß nicht zur Schädigung der Korrosionsschutzbeschichtung kommt.

[0011] Vor diesem Hintergrund hat sich die Aufgabe ergeben, ein Verfahren anzugeben, das es ermöglicht, ein Stahlflachprodukt der voranstehend erläuterten Art mit hohen Walzgraden flexibel warmzuwalzen, ohne dass dafür die Gefahr des Eindringens von Wasserstoff in das Stahlsubstrat in Kauf genommen werden muss.

[0012] Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Erfindung vor, dass beim flexiblen Kaltwalzen eines mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehenen Stahlflachprodukts mindestens die in Anspruch 1 angegebenen Verfahrensschritte absolviert werden.

[0013] Es versteht sich dabei von selbst, dass bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens der Fachmann nicht nur die in den Ansprüchen erwähnten und hier erläuterten Verfahrensschritte absolviert, sondern auch alle sonstigen Schritte und Tätigkeiten ausführt, die bei der praktischen Umsetzung derartiger Verfahren im Stand der Technik regelmäßig durchgeführt werden, wenn sich hierzu die Notwendigkeit ergibt.

[0014] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben und werden wie der allgemeine Erfindungsgedanke nachfolgend im Einzelnen erläutert.

[0015] Gemäß der Erfindung werden also bei der Herstellung eines Blechbauteils durch Warmumformen eines Stahlflachprodukts, das mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen ist und das durch ein flexibles Kaltwalzen mindestens einen Abschnitt verliehen bekommt, der eine andere Dicke aufweist als ein an ihn angrenzender anderer Abschnitt des Stahlflachprodukts, wobei der Übergang zwischen den unterschiedlich dicken Abschnitten des Stahlflachprodukts sprungartig erfolgt, folgende Arbeitsschritte absolviert:
  1. a) Bereitstellen eines Stahlflachprodukts, das ein Stahlsubstrat, das aus einem Stahl erzeugt ist, der, in Gew.-%, aus 0,07 - 0,4 % C, 1,0 - 2,5 % Mn, 0,06 - 0,9 % Si, bis zu 0,03 % P, bis zu 0,01 % S, bis zu 0,1 % Al, bis zu 0,15 % Ti, bis zu 0,6 % Nb, bis zu 0,005 % B, bis zu 0,5 % Cr, bis zu 0,5 % Mo, wobei die Summe der Gehalte an Cr und Mo höchstens 0,5 % beträgt, und als Rest aus Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht, und eine auf das Stahlsubstrat applizierte Korrosionsschutzbeschichtung umfasst, die aus, in Gew.-%, bis zu 15 % Si, bis zu 5 % Fe, optional bis zu 5 Gew.-% mindestens eines Erdalkali- oder Übergangsmetalls und als Rest aus AI und unvermeidbaren Verunreinigungen gebildet ist, sodann
  2. b) im Fall, dass die Korrosionsschutzbeschichtung kein oder weniger als 0,1 Gew.-% an dem mindestens Erdalkali- oder Übergangsmetall enthält: Applizieren einer mindestens ein Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden Lösung auf die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts,
  3. c) flexibles Kaltwalzen des Stahlflachprodukts, um an dem Stahlflachprodukt die Abschnitte unterschiedlicher Dicke zu erzeugen, sodann
  4. d) Erwärmen des flexibel kaltgewalzten Stahlflachprodukts auf eine 800 - 1000 °C betragende Warmformtemperatur unter einer Atmosphäre, die mehr als 15 Vol.-% Sauerstoff enthält, über eine Haltedauer, die ausreicht, um in das Stahlflachprodukt eine Wärmeenergiemenge Js von mehr als 44.000 kJs und höchstens 400.000 kJs einzubringen, so dass nach dem Erwärmen die Oberfläche der Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts dicht mit einer Schicht belegt ist, die aus einem primären Oxid des mindestens einen in der Korrosionsschutzschicht enthaltenen und/oder im Arbeitsschritt b) optional zusätzlich aufgetragenen Erdalkali- oder Übergangsmetalls besteht, sodann
  5. e) Warmumformen des Stahlflachprodukts zu dem Blechbauteil.


[0016] Gemäß der Erfindung wird also ein Stahlflachprodukt bereitgestellt, das ein in bestimmter Weise zusammengesetztes MnB-Stahlsubstrat und eine darauf, insbesondere durch Schmelztauchbeschichten, aufgebrachte Korrosionsschutzbeschichtung auf Al-Basis umfasst. Beim zu Zwecken der Erfindung in konventioneller Weise durchgeführten Schmelztauchbeschichten wird das Stahlflachprodukt durch ein nach Maßgabe der Erfindung legiertes Schmelzenbad geleitet und von dem aus dem Schmelzenbad austretenden Stahlflachprodukt mittels Abstreifdüsen die Auflagenschichtdicke der Schutzschicht eingestellt. Als Abstreifmedium wird dabei Luft verwendet. Durch die Beaufschlagung mit dem Luftstrahl und der damit einhergehenden rapiden Temperaturabsenkung wird die auf der Korrosionsschutzschicht vorhandene Oxidschicht "eingefroren", d.h. sie kann sich nicht nach den chemischen Gleichgewichtsregeln ausbilden.

[0017] Die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts weist dabei einen Gehalt an mindestens einem Erdalkali- oder Übergangsmetall auf oder wird im erforderlichenfalls durchgeführten Arbeitsschritt b) mit einer Lösung benetzt, die mindestens ein solches Erdalkali- oder Übergangsmetall enthält. Bei der hierzu erfindungsgemäß eingesetzten Lösung handelt es sich vorzugsweise um eine wässrige Lösung, deren Lösungsmittel "Wasser" prozesstechnisch einfach beherrscht und hinsichtlich der Umwelt unbedenklich ist.

[0018] Der Arbeitsschritt b) wird notwendig dann durchgeführt, wenn die Korrosionsschutzbeschichtung einen zu geringen Gehalt an dem mindestens einen Erdalkali- oder Übergangsmetall enthält. Jedoch kann die Benetzung mit der das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden wässrigen Lösung als ergänzende Maßnahme selbstverständlich auch dann erfolgen, wenn in der Korrosionsschutzbeschichtung zwar eine grundsätzlich ausreichende Menge an Erdalkali- oder Übergangsmetall vorhanden ist, jedoch weitere Mengen an dem mindestens Erdalkali- oder Übergangsmetall auf der Oberfläche der Korrosionsschutzbeschichtung aufgebracht werden sollen, um das Eintreten des erfindungsgemäß genutzten Effekts der Anwesenheit dieser Metalle in oder auf der Korrosionsschutzschicht sicherzustellen.

[0019] Zu den für die erfindungsgemäßen Zwecke dem Korrosionsschutzüberzug zulegierten und/oder in Form einer Lösung auf die Oberfläche des Korrosionsschutzüberzugs applizierten Erdalkali- und Übergangsmetallen gehören insbesondere Magnesium ("Mg") und Kalzium ("Ca") aber auch Beryllium ("Be"), Strontium ("Sr") und Barium ("Ba").

[0020] Die gegebenenfalls notwendig oder optional zusätzlich durchgeführte Applikation der das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden Lösung kann vor oder nach dem flexiblen Walzen erfolgen. Wesentlich ist, dass vor der Erwärmung auf die Warmformtemperatur in oder auf der Korrosionsschutzbeschichtung eine ausreichende Menge an dem oder den jeweiligen Erdalkali- oder Übergangsmetallen vorliegt.

[0021] Im Arbeitsschritt c) wird das bereitgestellte und gegebenenfalls mit der das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenen Schicht beschichtete Stahlflachprodukt bei Raumtemperatur in konventioneller Weise flexibel kaltgewalzt, um ihm die Abschnitte unterschiedlicher Dicke zu verleihen.

[0022] Beim flexiblen Walzen wird das Stahlflachprodukt mit Walzgraden W, die 0,1 bis 80 % betragen, gewalzt. Der Walzgrad W wird gemäß der Formel W = ((U / Xn) - 1) 100 % bestimmt, in der mit "U" die Ausgangsdicke des jeweils gewalzten Abschnitts n vor der Walzung und mit Xn die Dicke des betreffenden Abschnitts n nach der Walzung bezeichnet sind. D.h., bei einer Ausgangsdicke U von jeweils 2,75 mm zur Erzeugung eines ersten Abschnitts mit einer bei einer Dicke X1 von 1,85 mm wird ein Walzgrad W von 48,64 %, zur Erzeugung eines zweiten Abschnitts mit einer bei einer Dicke X2 von 2,5 mm ein Walzgrad W von 10,00 %, zur Erzeugung eines dritten Abschnitts mit einer bei einer Dicke X3 von 2,15 mm ein Walzgrad W von 27,90 % und zur Erzeugung eines vierten Abschnitts mit einer bei einer Dicke X4 von 2,25 mm ein Walzgrad W von 22,22 % erforderlich. Besonders praxisgerechte Walzgrade W liegen bei 0,1 - 60 %, insbesondere 0,1 - 50 %. Indem die Walzgrade W in den genannten Bereichen variiert werden, werden die Abschnitte unterschiedlicher Dicke an dem Stahlflachprodukt erzeugt. Der jeweils konkret eingestellte Walzgrad W hängt dabei von dem jeweils gewünschten Umfang der Reduzierung der Dicke des Stahlflachprodukts gegenüber dem Ausgangszustand ab. Der hier für die Walzgrade W angegebene Bereich definiert somit lediglich die Grenzen, innerhalb der die jeweils eingestellten Walzgrade erfindungsgemäß eingestellt werden.

[0023] Durch das flexible Walzen wird die Dicke des Stahlflachprodukts in begrenzten Längenabschnitten gezielt reduziert. Wegen der Volumenkonstanz geht diese Dickenabnahme unweigerlich mit einer Längung des Stahlflachprodukts einher. Die Aluminiumlegierung der Korrosionsschutzbeschichtung auf einem erfindungsgemäß verarbeiteten Stahlflachprodukt ist dabei so duktil, dass sie diese der in Längs- und Dickenrichtung erfolgenden Verformung des Stahlflachprodukts auch in den Grenzbereichen, an denen die Abschnitte unterschiedlicher Dicke aufeinanderstoßen, folgen kann.

[0024] Jedoch ist die auf der Korrosionsschutzbeschichtung liegende schützende Oxidschicht wesentlich spröder mit der Folge, dass sie durch die Verformung des Stahlflachprodukts lokal aufreißt. Die so entstehenden Risse werden durch sich neu bildende Oxide schnell wieder geschlossen. Da dieser Vorgang unter Umgebungsatmosphäre und ohne gesonderte Temperaturzu- oder abfuhr stattfindet, kann sich die neue Oxidschicht so ausbilden, dass sie dem chemischen Gleichgewicht an dem Ort des Risses unter Berücksichtigung der jeweiligen Umgebungsbedingungen entspricht. Beim flexiblen Walzen auftretende Beschädigungen der ursprünglich vorhandenen Oxidschicht werden durch im Zuge des Kaltwalzens neu entstehende Oxide geschlossen, so dass am fertig flexibel gewalzten Stahlflachprodukt wieder eine dicht geschlossene Oxidschicht vorliegt. Diese ist durch Bereiche, in denen die ursprüngliche Oxidschicht verblieben ist, und Bereiche gekennzeichnet, in denen eine neue Oxidschicht gebildet worden ist.

[0025] Gemäß den Erkenntnissen der Erfindung besteht hier ein direkter Zusammenhang zwischen dem jeweils eingestellten Walzgrad W und den Anteilen, in denen das nach dem flexiblen Kaltwalzen erhaltene Stahlflachprodukt von ursprünglichen und neugebildeten Oxidschichten belegt ist. So lässt sich der prozentuale Flächenanteil A der von dem ursprünglichen Oxid belegt ist, mit einer Genauigkeit von ± 5 % gemäß der Formel A = 100 % - W abschätzen. Entsprechend beträgt der von dem neu gebildeten Oxid belegte prozentuale Flächenanteil B der Oberfläche des nach dem flexiblen Walzen erhaltenen Stahlflachprodukts B = 100 % - A ± 5 %. Ist beispielsweise mit einem Walzgrad W von 15 % gewalzt worden, ist demzufolge die Oberfläche eines erfindungsgemäß flexibel warmgewalzten Stahlflachprodukts zu 80 - 90 % mit der vor dem flexiblen Walzen gebildeten ursprünglichen Oxidschicht bedeckt, während die restliche Fläche mit der im Zuge des flexiblen Walzens selbst gebildeten neuen Oxidschicht bedeckt ist.

[0026] Bei einem in erfindungsgemäßer Weise flexibel gewalzten Stahlflachprodukt besteht zudem eine Abhängigkeit des Verhältnisses der Gehalte der Oxidschicht an Si und Al und des Verhältnisses der Gehalte der Oxidschicht an AI, Si und Mg von dem über das flexible Walzen jeweils eingestellten Walzgrad W. So gilt beispielsweise im Fall, das Mg als das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangselement zu der Korrosionsschutzbeschichtung des erfindungsgemäß prozessierten Stahlflachprodukts zulegiert oder auf diese Korrosionsschutzbeschichtung aufgebracht worden ist, für die nach dem flexiblen Kaltwalzen insgesamt auf dem Stahlflachprodukt vorhandene Oxidschicht %Al/%Si ≥ 6,4 x W-0,1, während für das Verhältnis %Al/%Mg ≥ (2,66xW0,11) ± 1 gilt (mit %AI = Al-Gehalt der gesamten Oxidschicht in Atom-%, %Si = Si-Gehalt der gesamten Oxidschicht in Atom-%, %Mg = Mg-Gehalt der gesamten Oxidschicht in Atom-%).

[0027] Die vor dem flexiblen Kaltwalzen auf dem erfindungsgemäß verarbeiteten Stahlflachprodukt vorhandene ursprüngliche Oxidschicht besteht typischerweise aus Silizium-, Magnesium- und Aluminiumoxiden, wobei der Mengenanteil an Si wesentlich kleiner ist als der Mengenanteil an Mg, der wiederum kleiner ist als der Mengenanteil an AI. So liegen in der Oxidschicht typischerweise, angegeben in Atom-%, 10 - 40 % C, 30 - 60 % O, 4 - 30 % AI, 0 - 5 % Si und 1 - 20 % des mindestens einen Erdalkali- oder Übergangsmetalls, insbesondere Mg, vor. Zusätzlich können geringe Anteile an Fe von bis zu 10 Atom-% in der Oxidschicht vorhanden sein. Dies gilt insbesondere, wenn die Korrosionsschutzbeschichtung durch Schmelztauchbeschichten aufgebracht worden ist. Die Dicke der ursprünglichen Oxidschicht beträgt typischerweise 5 - 600 nm, insbesondere 5 - 300 nm, besonders bevorzugt 5 - 150 nm. Dabei bedeckt die ursprüngliche Oxidschicht die Oberfläche der Korrosionsschutzbeschichtung vollständig, also zu 100 %.

[0028] Die über das flexible Kaltwalzen neu gebildete Oxidschicht, die sich im Gleichgewicht bilden kann, besteht ebenfalls im Wesentlichen aus Oxiden von Silizium, Magnesium und Aluminium. Die Mengenverteilung der Si-, Mg- und Al-Oxide entspricht dabei ihrer Verteilung in der primären Oxidschicht. Dabei besteht die sekundäre Oxidschicht typischerweise aus, in Atom-%, 10 - 40 % C, 40 - 60 % O, 20 - 30 % AI, 0 - 5 % Si und 1 - 20 % des mindestens einen Erdalkali- oder Übergangsmetalls, insbesondere Mg, wobei auch in der sekundären Oxidschicht geringe Spuren von Eisen von bis zu 10 Atom-% enthalten sein können. Die Dicken der sekundären Oxidschicht betragen 1 - 100 nm, insbesondere 1 - 80 nm oder 1 - 50 nm, wobei sich Dicken von bis zu 30 nm als besonders günstig herausgestellt haben. Der prozentuale Flächenanteil Fox der sekundären Oxidschicht an der gesamten Oxidschicht, die die Korrosionsschutzbeschichtung des erfindungsgemäß prozessierten Stahlflachprodukts nach dem flexiblen Kaltwalzen bedeckt, steht im Zusammenhang mit dem Walzgrad W, wobei gilt Fox < W.

[0029] Die Zusammensetzungen der Oxidschichten lassen sich mittels Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) ermitteln. Hierzu wird die jeweils zu untersuchende Probe des Stahlflachprodukts, für das die Zusammensetzung und Dicke ermittelt werden sollen, mit n-Heptan entfettet, mit Propanol gespült und an Luft abgeblasen. Die Probe wird dann jeweils auf einem Probenträger befestigt, in die Messkammer des Röntgenphotoelektronenspektroskops eingeschleust und im Hochvakuum untersucht. Der Kesseldruck beträgt dabei typischerweise weniger als 5x108 mbar. Als Beschussgas wird typischerweise Argon verwendet. Die Strahlung wurde als Al K mit einer Beschussspannung von 2 oder 4 kV angeregt. An jeder Probe wird mindestens eine Messung bzgl. der Zusammensetzung und Oxidschichtdicke durchgeführt. Typischerweise werden mehrere Proben einer Platine untersucht und die Ergebnisse aller Proben der betreffenden Platine jeweils arithmetisch gemittelt. Die auf diese Weise ermittelte Zusammensetzung und Dicke der auf der jeweils untersuchten Platine vorhandenen Oxidschicht wird deshalb auch als "mittlere Zusammensetzung" oder "mittlere Dicke" bezeichnet.

[0030] Nach dem flexiblen Walzen wird das Stahlflachprodukt auf eine Warmformtemperatur erwärmt, wobei hierzu erforderlichenfalls von dem zuvor beispielsweise in Form eines Stahlbands oder größeren Blechs vorliegenden Stahlflachprodukt mindestens eine abgeteilt wird, die dann als Stahlflachprodukt erfindungsgemäß weiterverarbeitet wird.

[0031] Durch die erfindungsgemäß ausgewählte Zusammensetzung der Korrosionsschutzbeschichtung und/oder den zusätzlichen Auftrag des Erdalkali- oder Übergangsmetalls mittels der wässrigen Lösung auf die Korrosionsschutzbeschichtung wird erreicht, dass in Folge der vor der Warmformgebung durchgeführten Wärmebehandlung eine aus dem mindestens einen Erdalkali- oder Übergangsmetall gebildete primäre Oxidschicht auf der Korrosionsschutzbeschichtung entsteht.

[0032] Die Erfindung geht hier von der Erkenntnis aus, dass sich auf einem Stahlflachprodukt, das mit einer aluminiumbasierten ("Al-basierten") Korrosionsschutzbeschichtung versehen ist, die nach Maßgabe der Erfindung mit mindestens einem Erdalkali- oder Übergangsmetall dotiert ist, während der für die Warmumformung durchgeführten Erwärmung auf der Korrosionsschutzbeschichtung eine Oxidschicht ("primäre Oxidschicht") bildet, die die darunter liegenden Schichten der Korrosionsschutzbeschichtung und damit einhergehend das Stahlsubstrat des Stahlflachprodukts gegen eine Exposition an der Umgebungsatmosphäre schützt. Die betreffende primäre Oxidschicht bildet sich dabei so aus, dass sie unter den bei der Erwärmung herrschenden, insbesondere durch die jeweilige Warmformtemperatur bestimmten Bedingungen, im chemischen Gleichgewicht ist. Dieser Vorgang setzt sich auch noch während und nach der Warmumformung fort. Verletzungen der vor der Erwärmung und Warmumformung vorhandenen Oxidschicht werden so sehr schnell geschlossen. Aufgrund der Sauerstoffaffinität auch der Elemente AI, Mg und Si der Korrosionsschutzschicht bildet sich jeweils umgehend eine Oxidschicht, sobald die Oberfläche der Korrosionsschutzschicht auch nur geringsten Mengen von Sauerstoff ausgesetzt wird. Dabei garantiert die Reaktivität der erfindungsgemäß in und/oder auf der Korrosionsschutzschicht vorgesehenen Erdalkali- oder Übergangsmetalle, dass die Oxide der neu gebildeten Oxidschicht innerhalb so kurzer Zeit entstehen, dass ein Eindringen schädigender Stoffe aus der Umgebung sicher verhindert wird.

[0033] Auf diese Weise ist bei einem erfindungsgemäß auf die jeweilige Warmförmtemperatur erwärmten Stahlflachprodukt nicht nur dessen Stahlsubstrat allgemein gegen einen korrosiven Angriff geschützt. Die auf der Korrosionsschutzbeschichtung vorhandene, insbesondere aus den erfindungsgemäß vorgesehenen Erdalkali- oder Übergangsmetallen gebildete Oxidschicht deckt das darunter liegende Aluminium der Korrosionsschutzbeschichtung ab, so dass ein Kontakt des AI mit der Umgebungsfeuchtigkeit und damit einhergehend eine Abspaltung größerer Menge von Wasserstoff während der Erwärmung auf die Warmformtemperatur oder die Warmumformung selber verhindert werden. Das Eindringen von größeren Mengen an Wasserstoff in die Korrosionsschutzbeschichtung und das Stahlsubstrat eines erfindungsgemäß prozessierten Stahlflachprodukts kann so wirksam unterdrückt werden.

[0034] Besonders sicher treten die von der Erfindung genutzten Effekte dann ein, wenn es sich bei dem zusätzlich in der Korrosionsschutzbeschichtung vorhandenen oder zusätzlich auf der Korrosionsschutzbeschichtung applizierten Erdalkali- oder Übergangsmetall um Magnesium ("Mg") handelt, wenn also Mg alleine oder in Kombination mit weiteren zur Gruppe der Erdalkali- oder Übergangsmetalle gehörenden Elementen in den erfindungsgemäß vorgesehenen Gehalten in der erfindungsgemäß vorgesehenen Korrosionsschutzbeschichtung eines erfindungsgemäß prozessierten Stahlflachprodukts vorhanden ist oder mittels der wässrigen Lösung zusätzlich appliziert wird, wenn der Gehalt an Erdalkali- oder Übergangsmetall in der Korrosionsschutzbeschichtung zu gering ist.

[0035] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zur Verarbeitung von Stahlflachprodukten mit einem großen Dickenspektrum. So lassen sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren Stahlflachprodukte verarbeiten, deren Dicke 0,6 - 7 mm beträgt.

[0036] Die Erzeugung des im Arbeitsschritt a) jeweils bereitgestellten Stahlflachprodukts kann dabei in jeder beliebigen aus dem Stand der Technik bekannten Weise erfolgen. So eignet sich das erfindungsgemäße Verfahren insbesondere zur Verarbeitung von Stahlflachprodukten mit einer Dicke von 0,8 - 4 mm, insbesondere 0,8 - 3 mm.

[0037] Für das erfindungsgemäße Verfahren können im Arbeitsschritt a) auch Stahlflachprodukte bereitgestellt werden, die aus einem beispielsweise drei bis fünf Blechschichten umfassenden Stapel von Blechen gebildet sind, die in an sich bekannter Weise, beispielsweise nach Art des Walzplattierens, zu einem einheitlichen Stahlflachprodukt verbunden worden sind. Ebenso können im Arbeitsschritt a) für das erfindungsgemäße Verfahren nach Art von Taylored-Blanks aus miteinander verschweißten unterschiedlichen Blechzuschnitten oder desgleichen zusammengesetzte Stahlflachprodukte sowie Stahlbänder, die miteinander verschweißt sind und gemeinsam das zu verarbeitende Stahlflachprodukt bilden, für den erfindungsgemäßen Prozess bereitgestellt werden.

[0038] Das jeweils erfindungsgemäß bereitgestellte Stahlflachprodukt besteht aus einem Stahl, der eine für MnB-Stähle typische Zusammensetzung aufweist. Derartige Stähle weisen typischerweise im Anlieferungszustand Streckgrenzen von 250 - 580 MPa und Zugfestigkeiten von 400 - 720 MPa auf.

[0039] Aufgrund ihres Eigenschaftsprofils, insbesondere ihres Potenzials zur Entwicklung hoher Festigkeiten für die Praxis besonders interessant sind Stahlflachprodukte, deren Stahlsubstrat in an sich bekannter Weise aus 0,07 - 0,4 Gew.-% C, 1,0 - 2 Gew.-% Mn, 0,06 - 0,4 Gew.-% Si, bis zu 0,03 Gew.-% P, bis zu 0,01 Gew.-% S, bis zu 0,1 Gew.-% AI, bis zu 0,15 Gew.-% Ti, bis zu 0,6 Gew.-% Nb, bis zu 0,005 Gew.-% B, bis zu 0,5 Gew.-% Cr, bis zu 0,5 Gew.-% Mo, wobei die Summe der Gehalte an Cr und Mo höchstens 0,5 Gew.-% beträgt, Rest Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen bestehen.

[0040] Hierunter fallen bereits im Serieneinsatz befindliche Stähle, die aus 0,07 - 0,4 Gew.-% C, 1,0 - 1,5 Gew.-% Mn, 0,3 - 0,4 Gew.-% Si, bis zu 0,03 Gew.-% P, bis zu 0,01 Gew.-% S, bis zu 0,05 Gew.-% AI, bis zu 0,15 Gew.-% Ti, bis zu 0,6 Gew.-% Nb, bis zu 0,005 Gew.-% B, bis zu 0,5 Gew.-% Cr, bis zu 0,5 Gew.-% Mo, wobei die Summe der Gehalte an Cr und Mo höchstens 0,5 Gew.-% beträgt, und als Rest aus Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen bestehen. Derart zusammengesetzte Stähle erreichen nach der Warmformgebung und Abkühlung Zugfestigkeiten von bis zu 2000 MPa.

[0041] Die Voraussetzung für die erfindungsgemäß erzielten Effekte stellt die Anwesenheit mindestens eines Erdalkali- oder Übergangsmetalls in oder auf der erfindungsgemäß vorgesehenen, Al-basierten Korrosionsschutzbeschichtung dar. So kann der Korrosionsschutzbeschichtung eine ausreichende Menge an Erdalkali- oder Übergangsmetall zulegiert sein. Die hierfür mindestens erforderlichen Gehalte an Erdalkali- oder Übergangsmetall in der Korrosionsschutzbeschichtung betragen 0,1 Gew.-% und können bis zu 5 Gew.-% reichen. Dabei haben sich Erdalkali- oder Übergangsmetall-Gehalte der Korrosionsschutzbeschichtung von mindestens 0,11 Gew.-% als besonders günstig im Hinblick auf die Zuverlässigkeit erwiesen, mit der sich die positiven Effekte der Anwesenheit des mindestens einen Erdalkali- oder Übergangsmetalls im erfindungsgemäß applizierten Überzug nutzen lassen. Bei über 5 Gew.-% liegenden Erdalkali- oder Übergangsmetall-Gehalten kommt es zu einer Verdickung der Oxidschicht und damit zu einer Staubbildung, die vermieden werden sollte. Um diese Folge besonders sicher zu vermeiden, kann der Gehalt der im Arbeitsschritt a) applizierten Korrosionsschutzbeschichtung an Erdalkali- oder Übergangsmetall auf in Summe höchstens 1,5 Gew.-%, insbesondere höchstens 0,6 Gew.-%, beschränkt werden. Im Fall, dass für die erfindungsgemäßen Zwecke ausreichend wirksame Erdalkali- oder Übergangsmetall-Gehalte in der Legierung der auf dem Stahlsubstrat eines erfindungsgemäß verarbeiteten Stahlflachprodukts vorhandenen Korrosionsschutzbeschichtung enthalten sind, betragen diese somit 0,1 - 5 Gew.-%, insbesondere 0,11 - 1,5 Gew.-% oder, speziell, 0,11 - 0,6 Gew.-%.

[0042] Die optionale Applikation der das jeweilige Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden Lösung (Arbeitsschritt b)) kann direkt nach dem Auftrag der Korrosionsschutzschicht inline mittels Spritzen und Abquetschen oder auch per konventionellem Coil-Coating erfolgen. Dazu werden in der Praxis Salzlösungen mit bis zu 200 g/l verwendet.

[0043] Die Erdalkali- oder Übergangsmetalle können als Sulfate, Phosphate und Nitrate oder in oxidischer Form als Dispersion von Erdalkalimetall- oder Übergangsmetall-Oxid-Partikeln vorliegen. Chloride sollten aufgrund des möglichen korrosiven Angriffes nicht verwendet werden. Silikate können auch Anwendung finden. Hier ist jedoch zu beachten, dass diese Verbindungen aufgrund möglicher Siliziumverbindung den Weiterverarbeitungsprozess behindern können. Nicht geeignet sind Fluorverbindungen, da diese bei der Erwärmung auf die Warmformtemperatur zu Flusssäure reagieren können. Es können auch Mischungen verwendet werden, die aus Verbindungen der hier erläuterten Art und/oder unterschiedlichen Erdalkali- oder Übergangsmetallen gebildet sind. Um die Ausbildung der erfindungsgemäß zu erzeugenden Oxidschicht zu unterstützen, kann die erfindungsgemäß erforderlichenfalls auf die Oberfläche der Korrosionsschutzschicht aufgebrachte Lösung zusätzlich einen Netzwerkbildner, wie z.B. Bismutnitrat, und/oder ein Benetzungsmittel, wie z.B. ein Tensid, enthalten.

[0044] Eine gesondert durchgeführte Trocknungsbehandlung ("Einbrennen") ist im Normalfall nicht notwendig.

[0045] Vorzugsweise findet die Trocknung der erforderlichenfalls aufgebrachten Lösung durch Ausnutzung der Prozesswärme statt. Soll beispielsweise der erfindungsgemäß erforderlichenfalls vorgesehene Arbeitsschritt b) inline in einer Anlage zur Schmelztauchbeschichtung durchgeführt werden, so kann die Applikation der das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden wässrigen Lösung nach dem Austritt des Stahlflachprodukts aus dem Schmelzenbad und dem Einstellen der Auflagendicken an einer Stelle erfolgen, an der das jeweils behandelte Stahlflachprodukt noch so ausreichend warm ist, dass das Lösungsmittel der Lösung nach dem Kontakt mit der Oberfläche des Stahlflachprodukts schnell verdunstet, es also schnell zum Trocknen der aufgetragenen Schicht kommt.

[0046] Alternativ zu einem in den Prozess eingebundenen Auftrag kann die Applikation der Lösung auch in einem zusätzlichen Verfahrensschritt an einer konventionellen Bandbeschichtungsanlage erfolgen.

[0047] Eine separate Trocknungsbehandlung kann zweckmäßig sein, wenn sichergestellt sein soll, dass die Lösung vor der weiteren Verarbeitung getrocknet ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn als Lösungsmittel Wasser verwendet wird.

[0048] Bei der Verwendung von Wasser als Lösungsmittel sollte vor einem Haspeln oder Stapeln des erfindungsgemäß behandelten Stahlflachprodukts dafür gesorgt sein, dass kein Restwasser auf der Oberfläche verbleibt. Restwasser könnte zum einen Korrosionsprozesse initiieren. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass mit der Aluminiumoberfläche in intensiven Kontakt kommendes Wasser zu Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird, wodurch die Gefahr der Wasserstoffaufnahme gesteigert würde.

[0049] Um eine effektive Trocknung zu bewirken, kann entweder das Stahlflachprodukt selbst bei der Applikation der das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden Lösung 100 - 250 °C, insbesondere 100 -180 °C, warm sein oder einer Trocknungsbehandlung bei diesen Temperaturen unterzogen werden. Typische Trocknungszeiten liegen dabei bei 0 - 300 s, insbesondere 10 - 60 s. Trocknungszeiten von "0 s" werden dabei dann erreicht, wenn das Stahlflachprodukt oder seine Umgebung bei der Applikation der Lösung so heiß sind, dass das jeweilige Lösungsmittel beim Auftreffen auf die Oberfläche der Korrosionsschutzschicht spontan, d.h. ohne Wartezeit, verdampft.

[0050] In der Praxis wird es die Regel sein, dass mindestens die Arbeitsschritte a) und c) beim Erzeuger des Stahlflachprodukts und die Arbeitsschritte d) und e) des erfindungsgemäßen Verfahrens beim Endverarbeiter, d.h. dem Kunden des Erzeugers des Stahlflachprodukts, absolviert werden, wobei vor oder nach dem Arbeitsschritt c) auch der Arbeitsschritt b) im Werk des Herstellers des Stahlflachprodukts durchgeführt werden kann. Im Hinblick auf die Prozessökonomie kann es dabei zweckmäßig sein, die Applikation der das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden Lösung unmittelbar vor Einlauf des Stahlflachprodukts in den für die Erwärmung auf die Warmformtemperatur vorgesehenen Ofen vorzunehmen. Bei dieser Variante sollte darauf geachtet werden, dass kein Lösungsmittel, insbesondere kein Wasser, in den Ofen gelangt. Es sollte somit sichergestellt werden, dass das erfindungsgemäß beschichtete Stahlflachprodukt vollständig trocken ist, wenn es in den Ofen einläuft. Andernfalls könnte die durch das Wasser in den Ofen eingetragene Feuchte zu einem zu starken Anstieg der Feuchtigkeit der Ofenatmosphäre und somit zu einer ungewollten Taupunktanhebung führen, die wiederum das Risiko einer erhöhten Wasserstoffaufnahme über den Warmumformprozess mit sich bringen würde.

[0051] Optional kann in der Korrosionsschutzbeschichtung des erfindungsgemäß bereitgestellten Stahlflachprodukts Silizium ("Si") in Gehalten von bis zu 15 Gew.-%, insbesondere bis zu 11 Gew.-%, vorhanden sein, um die Ausbildung einer Eisen-Aluminiumphase zu reduzieren. Dabei erweisen sich Si-Gehalte von mindestens 3 Gew.-%, insbesondere mindestens 8,5 Gew.-%, in dieser Hinsicht als besonders günstig, so dass sich bei Si-Gehalten von 3 - 15 Gew.-%, insbesondere 3 - 11 Gew.-%, speziell 8,5 - 11 Gew.-%, in der Praxis die positiven Einflüsse von Si besonders zuverlässig nutzen lassen. Bei Gehalten von mindestens 3 Gew.-% Si ist gewährleistet, dass die Legierungsschicht zwischen dem Stahlsubstrat und der Korrosionsschutzschicht eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts nicht zu dick wird und optimale Weiterverarbeitungseigenschaften erhalten bleiben.

[0052] Ebenso optional kann in der auf einem erfindungsgemäß bereitgestellten Stahlflachprodukt vorgesehenen Korrosionsschutzbeschichtung Fe in Gehalten von bis zu 5 Gew.-%, insbesondere bis zu 4 Gew.-%, speziell bis zu 3,5 Gew.-%, vorhanden sein. Der Fe-Gehalt stellt sich im Wesentlichen durch Diffusion von Fe aus dem Stahlsubstrat ein und trägt zur optimalen Haftung der Schutzschicht auf dem Substrat bei. Dabei erweisen sich Fe-Gehalte von mindestens 1 Gew.-% in dieser Hinsicht als besonders günstig, so dass sich bei Fe-Gehalten von 1 - 5 Gew.-%, insbesondere 1 - 4 Gew.-%, speziell 1 - 3,5 Gew.-%, in der Praxis die positiven Einflüsse der Anwesenheit von Fe besonders zuverlässig nutzen lassen.

[0053] Die Korrosionsschutzbeschichtung kann in jeder bekannten Weise auf das Stahlsubstrat eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts aufgebracht sein. Hierzu eignet sich insbesondere das Schmelztauchbeschichten, auch "Feueraluminieren" genannt, bei dem das jeweilige Stahlflachprodukt durch ein geeignet erwärmtes, den Maßgaben der Erfindung hinsichtlich der Zusammensetzung der Korrosionsschutzbeschichtung entsprechend zusammengesetztes Schmelzenbad geleitet wird. Eine solche Schmelztauchbeschichtung ist insbesondere für bandförmige Stahlflachprodukte mit einer Dicke von bis zu 3 mm geeignet. Bei größeren Dicken kann auch eines der eingangs schon erwähnten Dampfabscheideverfahren (PVD, CVD) eingesetzt worden sein, um die Korrosionsschutzbeschichtung zu applizieren.

[0054] Das Auflagengewicht einer auf einem erfindungsgemäß verarbeiteten Stahlflachprodukt vorhandenen Korrosionsschutzbeschichtung beträgt typischerweise pro Seite des Stahlflachprodukts 30 - 100 g/m2, insbesondere 40 - 80 g/m2.

[0055] Wie schon erwähnt, hat sich aus der Gruppe der Erdalkali- oder Übergangsmetalle besonders Mg als für die erfindungsgemäßen Zwecke geeignet herausgestellt. Mg kann dabei alleine oder in Kombination mit anderen Erdalkali- oder Übergangsmetallen, wie die ebenfalls schon erwähnten Elemente Beryllium, Kalzium, Strontium und / oder Barium, im erfindungsgemäß applizierten Überzug vorhanden sein, um die erfindungsgemäß angestrebten Effekte zu nutzen.

[0056] Das erfindungsgemäß bereitgestellte Stahlflachprodukt wird im Arbeitsschritt c) auf eine 800 - 1000 °C, insbesondere 850 - 950 °C, betragende Warmformtemperatur erwärmt und bei dieser Temperatur gehalten, bis eine ausreichende Wärmemenge in das Stahlflachprodukt oder eine davon abgeteilte Platine eingebracht ist. Warmformtemperaturen von 850 - 930 °C haben sich dabei als besonders günstig herausgestellt. Die jeweils konkret benötigte Haltedauer und Glühtemperatur lässt sich anhand der Maßgabe abschätzen, dass die im Arbeitsschritt c) in das Stahlflachprodukt oder die Platine eingebrachte Wärmeenergiemenge Js mehr als 40.000 kJs und höchstens 400.000 kJs betragen soll, wobei sich Js gemäß folgender bekannter Gleichung berechnen lässt:

mit
T2:
Endtemperatur des Bauteils am Ende der Erwärmung in K
T1:
Starttemperatur des Bauteils zu Beginn der Erwärmung in K
c:
Wärmekapazität Stahl (typischerweise 460 J/kgK)
t:
Haltezeit des Stahlflachprodukts oder der Platine auf der Endtemperatur in s
m:
Masse des Stahlflachprodukts oder der Platine in kg


[0057] Die Erwärmung kann in jeder geeigneten Weise durchgeführt werden. Im Fall, dass hierzu ein konventioneller Durchlaufofen eingesetzt wird, in dem das Stahlflachprodukt oder die Platine durch Strahlungswärme erwärmt wird, beträgt die geeignete Haltedauer typischerweise 100 - 900 s, insbesondere 100 - 600 s oder, besonders praxisgerecht, 180 - 600 s. Gerade im Fall, dass eine Warmformtemperatur von 850 - 930 °C gewählt wird, erweisen sich in der Praxis auch Haltedauern von 180 - 600 s in der Regel als ausreichend.

[0058] Optional kann vor der Warmumformung in Kombination mit der Erwärmung auf die Warmformtemperatur oder als separater Behandlungsschritt eine Vorlegierung der Korrosionsschutzschicht durchgeführt werden. Hierzu kann das Stahlflachprodukt bei Temperaturen von 650 - 1100 °C über eine Dauer von 10 - 240 s, insbesondere 30 - 90 s, gehalten werden.

[0059] Das in der erfindungsgemäßen Weise erwärmte Stahlflachprodukt wird innerhalb einer in der Praxis üblichen Transferzeit einer Warmumformeinrichtung zugeführt, in der die Warmumformung des Stahlflachprodukts zu dem Bauteil erfolgt (Arbeitsschritt e)).

[0060] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen erläutert.

[0061] Für neun Versuche V1 - V9 wurden konventionell legierte MnB-Stahlbleche A - F zur Verfügung gestellt, deren Zusammensetzungen in Tabelle 1 angegeben sind.

[0062] Stahlbleche wiesen jeweils eine Dicke D auf und sind in konventioneller Weise durch Schmelztauchbeschichten mit einer Al-basierten Korrosionsschutzbeschichtung versehen worden. Dabei sind fünf Varianten Z1 - Z5 einer solchen Korrosionsschutzbeschichtung zum Einsatz gekommen, deren Zusammensetzungen in Tabelle 2 angegeben sind. Als den Maßgaben der Erfindung entsprechend zugegebenes Erdalkali- oder Übergangsmetall enthielt jede der Korrosionsschutzbeschichtung Z1 - Z5 den in Tabelle 2 ausgewiesenen Gehalt an Mg.

[0063] Die jeweils mit einer der Korrosionsschutzbeschichtungen Z1 - Z5 versehenen Stahlbleche A - F sind in konventioneller Weise flexibel kaltgewalzt worden, wobei über dieses Kaltwalzen jeweils ein Walzgrad W erreicht worden ist.

[0064] Nach dem flexiblen Walzen sind die jeweils mit einer der Korrosionsschutzbeschichtungen Z1 - Z5 versehenen Stahlbleche A - F in einem konventionellen Durchlaufofen auf eine Warmformtemperatur von jeweils 850 - 930 °C erwärmt worden, wobei die Haltedauer bei der jeweiligen Warmformtemperatur so variiert worden ist, dass eine ausreichende Energiemenge EE in das jeweilige Blech eingebracht worden ist. Bei den Versuchen V4 und V6 ist die Erwärmung in zwei Stufen durchgeführt worden, um zunächst eine Vorlegierung der Korrosionsschutzbeschichtung zu bewirken. Bei allen anderen Versuchen V1 - V3, V5 und V7 - V9 ist einstufig erwärmt worden.

[0065] Die derart auf die jeweilige Warmformtemperatur erwärmten Blechproben A - F sind in konventioneller Weise in einem hierzu vorgesehenen Werkzeug zu einem Blechbauteil warmumgeformt worden.

[0066] Nach der Warmumformung sind die erhaltenen Stahlbleche mit einer Abkühlgeschwindigkeit von 20 - 1000 K/s auf Raumtemperatur abgekühlt worden.

[0067] In Tabelle 3 sind zu den Versuchen V1 - V9 der Stahl des Stahlsubstrats des bei den Versuchen V1 - V9 jeweils eingesetzten Stahlblechs, der jeweils auf das betreffende Stahlblech applizierte Überzug, die Dicke D der untersuchten Blechproben, das Auflagengewicht des Überzugs vor der Erwärmung auf die Warmformtemperatur, die bei der Erwärmung auf die Warmformtemperatur eingebrachte Wärmemenge und der über das flexible Kaltwalzen erzielte Walzgrad W angegeben.

[0068] An den nach dem flexiblen Kaltwalzen erhaltenen Stahlblechen ist der Flächenanteil %OB der neu gebildeten Oxidschicht OB, die im Zuge des flexiblen Kaltwalzens auf der Korrosionsschutzbeschichtung des jeweils verarbeiteten Stahlblechs entstanden ist, an der die Oberfläche des Stahlblechs insgesamt dicht bedeckenden Oxidschicht mittels XPS-Analyse ermittelt worden. Die übrige auf den Proben vorhandene Oxidschicht bestand jeweils aus der bereits vor dem flexiblen Kaltwalzen vorhandenen ursprünglichen Oxidschicht OA, deren Flächenanteil %OA an der gesamten von der Oxidschicht dicht abgedeckten Oberfläche der Proben A - F somit %OA = 100 % - %OB betrug.

[0069] Ebenso sind jeweils per XPS-Messung die vor dem flexiblen Walzen vorhandenen Dicken D_OA der ursprünglichen Oxidschichten OA, die Dicken D_OB der über das flexible Walzen neu gebildeten, nach dem flexiblen Walzen vorhandenen Oxidschichten OB und die nach der Warmumformung vorhandene Dicke D_OP der bei der Erwärmung auf die Warmumformtemperatur gebildeten und nach der Warmumformung auf dem jeweils erhaltenen Bauteil vorhandenen Oxidschicht bestimmt worden. Die betreffenden Messergebnisse sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

[0070] Ebenso sind an den Proben A - F jeweils per XPS-Messung die Zusammensetzungen der auf der Korrosionsschutzbeschichtung vorhandenen Oxidschicht vor dem flexiblen Walzen, zwischen dem flexiblen Walzen und der Erwärmung auf die Warmformtemperatur und nach dem Warmumformen vorhandenen Oxidschichten bestimmt worden.

[0071] Schließlich ist ebenfalls per XPS-Analyse noch die Zunahme des Gehalts an Wasserstoff, der im Zuge der Erwärmung und des Kaltwalzens in das Stahlblech gelangt ist, bestimmt worden.

[0072] Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in Tabelle 5 zusammengefasst. Die geringe Zunahme des Gehalts an diffusiblem Wasserstoff belegt die Wirksamkeit der Oxidschicht, die sich in Folge der erfindungsgemäß vorgesehenen Dotierung der Al-basierten Korrosionsschutzbeschichtung mit Mg einerseits beim flexiblen Walzen und andererseits mit der Erwärmung auf die Warmformtemperatur einstellt und Schadstellen, die sich durch das flexible Walzen oder die Warmumformung ergeben, durch sofortige erneute Reaktion des Mg mit dem Umgebungssauerstoff innerhalb kürzester Zeit wieder schließen, so dass allenfalls minimale Mengen an Wasserstoff in die Korrosionsschutzbeschichtung eindringen können.
Tabelle 1
Stahl C Si Mn P S Al Nb Ti B
A 0,08 0,33 0,95 0,025 0,020 0,013 0,09 0,010 0,005
B 0,23 0,38 1,3 0,020 0,007 0,013 - 0,03 0,004
C 0,38 0,37 1,38 0,020 0,008 0,013 - 0,10 0,005
D 0,20 0,35 1,35 0,020 0,008 0,012 - 0,02 0,004
E 0,14 0,25 1,07 0,010 0,001 0,08 0,025 0,010 0,002
F 0,24 0,30 1,3 0,022 0,008 0,012 - 0,02 0,004
Angaben in Gew.-%, Rest Fe und unvermeidbare Verunreinigungen
Tabelle 2
Korrosionsschutzbeschichtung vor der Warmumformung Mg Si Fe
Z1 0,3 9,5 3
Z2 0,5 8 3,5
Z3 0,1 10 3
Z4 2 8 2,0
Z5 0,8 8 3
Angaben in Gew.-%, Rest Al und unvermeidbare Verunreinigungen
Tabelle 3
Versuch Stahl Dicke D Korrosionsschutzbeschichtung Auflagengewicht je Seite Walzgrad W Eingebrachte Energiemenge EE
[mm] [g/m2]* [%] [kJs/kg]
V1 A 2,95 Z3 69 30 74.106
V2 B 1,5 Z2 70 30 123.510
V3 C 2,95 Z3 75 50 247.020
V4 D 1,5 Z5 65 30 79.350 + 49680
V5 E 1,5 Z1 70 50 74.106
V6 F 2,95 Z4 71 30 262.200 + 40.365
V7 B 2,95 Z1 65 50 247.020
V8 B 1,5 Z3 72 50 123.510
V9 D 1,5 Z2 71 30 123.510
Tabelle 4
Versuch D_OA D_OB D_OP %OB
  [nm]   [%]
V1 280 10 12 15
V2 300 20 22 10
V3 150 7 8 24
V4 130 9 10 17
V5 150 8 9 27
V6 130 8 9 21
V7 250 18 20 21
V8 130 7 8 27
V9 130 9 10 22
Tabelle 4
Versuch Zusammensetzung der Oxidschicht vor dem flexiblen Walzen Zusammensetzung der Oxidschicht zwischen dem flexiblen Walzen und der Erwärmung auf die Warmformtemperatur Zusammensetzung der Oxidschicht nach der Warmumformung Zunahme diffusibler Wasserstoff
O Al Si Mg C O Al Si Mg C O Al Si Mg C Diffusibler Wasserstoff
[Atom-%] [Atom-%] [Atom-%] [ppm]
V1 35 18,40 4 5 Rest 35 21 4,5 4,0 Rest 49 28 8,0 1,0 Rest 0,22
V2 38 16,10 3,5 4 38 25 4,9 4,7 50 26 9,0 0,5 0,28
V3 45 12,00 2,7 3 45 23 4,8 4,5 51 25 8,5 2,0 0,27
V4 55 14,50 3,1 4 55 29 6,0 6,2 45 30 10,0 1,0 0,21
V5 54 17,90 4,1 4 54 27 4,7 5,4 44 31 10,0 1,0 0,31
V6 37 7,50 1,5 2 37 28 4,9 5,8 51 27 8,0 1,5 0,24
V7 41 14,80 3,3 4 41 29 5,0 5,1 49 28 8,0 0,5 0,31
V8 38 21,40 4,9 5 38 22 4,8 4,2 48 29 7,0 2,0 0,29
V9 40 10,00 2,1 3 40 21 4,1 3,8 53 24 8,0 1,0 0,24



Ansprüche

1. Verfahren zum Herstellen eines Blechbauteils durch Warmumformen eines Stahlflachprodukts, das mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen ist und das durch ein flexibles Kaltwalzen mindestens einen Abschnitt verliehen bekommt, der eine andere Dicke aufweist als ein an ihn angrenzender anderer Abschnitt des Stahlflachprodukts, wobei der Übergang zwischen den unterschiedlich dicken Abschnitten des Stahlflachprodukts sprungartig erfolgt, umfassend folgende Arbeitsschritte:

a) Bereitstellen eines Stahlflachprodukts, das ein Stahlsubstrat, das aus einem Stahl erzeugt ist, der, in Gew.-%, aus 0,07 - 0,4 % C, 1,0 - 2,5 % Mn, 0,06 - 0,9 % Si, bis zu 0,03 % P, bis zu 0,01 % S, bis zu 0,1 % Al, bis zu 0,15 % Ti, bis zu 0,6 % Nb, bis zu 0,005 % B, bis zu 0,5 % Cr, bis zu 0,5 % Mo, wobei die Summe der Gehalte an Cr und Mo höchstens 0,5 % beträgt, und als Rest aus Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht, und eine auf das Stahlsubstrat applizierte Korrosionsschutzbeschichtung umfasst, die aus, in Gew.-%, bis zu 15 % Si, bis zu 5 % Fe, optional bis zu 5 % mindestens eines Erdalkali- oder Übergangsmetalls und als Rest aus AI und unvermeidbaren Verunreinigungen gebildet ist, sodann

b) im Fall, dass die Korrosionsschutzbeschichtung kein oder weniger als 0,1 Gew.-% an dem mindestens Erdalkali- oder Übergangsmetall enthält: Applizieren einer mindestens ein Erdalkali- oder Übergangsmetall enthaltenden Lösung auf die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts,

c) flexibles Kaltwalzen des Stahlflachprodukts, um an dem Stahlflachprodukt die Abschnitte unterschiedlicher Dicke zu erzeugen, sodann

d) Erwärmen des flexibel kaltgewalzten Stahlflachprodukts auf eine 800 - 1000 °C betragende Warmformtemperatur unter einer Atmosphäre, die mehr als 15 Vol.-% Sauerstoff enthält, über eine Haltedauer, die ausreicht, um in das Stahlflachprodukt eine Wärmeenergiemenge Js von mehr als 44.000 kJs und höchstens 400.000 kJs einzubringen, so dass nach dem Erwärmen die Oberfläche der Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts dicht mit einer Schicht belegt ist, die aus einem primären Oxid des mindestens einen in der Korrosionsschutzschicht enthaltenen und/oder im Arbeitsschritt b) optional zusätzlich aufgetragenen Erdalkali- oder Übergangsmetalls besteht, sodann

e) Warmumformen des Stahlflachprodukts zu dem Blechbauteil.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Dicke des im Arbeitsschritt a) bereitgestellten Stahlflachprodukts 0,6 - 7 mm beträgt.
 
3. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Si-Gehalt der Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts mindestens 3 Gew.-% beträgt.
 
4. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Fe-Gehalt der Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts mindestens 1 Gew.-% beträgt.
 
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts einen Gehalt von in Summe mindestens 0,1 Gew.-% an Erdalkali- oder Übergangsmetallen enthält.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts einen Gehalt von in Summe mindestens 0,11 Gew.-% an Erdalkali- oder Übergangsmetallen enthält.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts einen Gehalt von in Summe höchstens 1,5 Gew.-% an Erdalkali- oder Übergangsmetallen enthält.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts einen Gehalt von in Summe höchstens 0,6 Gew.-% an Erdalkali- oder Übergangsmetallen enthält.
 
9. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts oder die gemäß Arbeitsschritt b) applizierte Lösung als das mindestens eine Erdalkali- oder Übergangsmetall Magnesium enthält.
 
10. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Auflagengewicht der Korrosionsschutzbeschichtung des Stahlflachprodukts 30 - 100 g/m2 pro beschichteter Seite des Stahlflachprodukts beträgt.
 
11. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Korrosionsschutzbeschichtung durch Schmelztauchbeschichten auf das Stahlsubstrat des Stahlflachprodukts aufgebracht ist.
 
12. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Erwärmung des Stahlflachprodukts im Arbeitsschritt c) in einem Durchlaufofen durch Strahlungswärme erfolgt und die Haltedauer 100 - 900 s beträgt.
 





Recherchenbericht









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Angeführte Verweise

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