(19)
(11) EP 3 967 495 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.03.2022  Patentblatt  2022/11

(21) Anmeldenummer: 20195498.9

(22) Anmeldetag:  10.09.2020
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B41F 23/04(2006.01)
B41F 33/02(2006.01)
B41F 33/00(2006.01)
B41F 33/16(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B41F 33/16; B41F 23/0426; B41F 23/0456; B41P 2233/10; B41F 33/0009; B41F 33/0036; B41F 23/0409; B41F 23/0413; B41F 33/02; B41F 23/0466; B41F 23/0453
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Hubergroup Deutschland GmbH
85551 Kirchheim-Heimstetten (DE)

(72) Erfinder:
  • AUMÜLLER, Heinz
    85221 Dachau (DE)
  • SCHEFTNER, Michael
    91746 Weidenbach (DE)

(74) Vertreter: Murgitroyd & Company 
Murgitroyd House 165-169 Scotland Street
Glasgow G5 8PL
Glasgow G5 8PL (GB)

   


(54) STEUERUNGSSYSTEM UND -VERFAHREN FÜR DRUCKMASCHINEN ZUM EINSTELLEN UND ÜBERWACHEN VON TROCKNUNGS-, MIGRATIONS- UND/ODER VERNETZUNGSRELEVANTEN PARAMETERN


(57) Die Erfindung betrifft ein Steuerungssystem 100 und -verfahren für Druckmaschinen zum Einstellen und Überwachen von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Parametern für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben, Lacke, Primer und Laminationskleber umfassend, eine Eingabeeinheit 110 zur Annahme von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten und Auftragsdaten einer Druckmaschine; eine zentrale Recheneinheit 120 zum Empfangen der Eingabedaten, und eine Speichereinheit 121 zur Speicherung der Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt; wobei die zentrale Recheneinheit 120 ausgebildet ist, basierend auf den in der Speichereinheit 121 gespeicherten Eingabedaten und/oder der gespeicherten Information unter Verwendung von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik 140 wenigstens einen Referenzwert für die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität zu bestimmen. Ferner ist die Eingabeeinheit 110 zur Annahme von Messdaten ausgebildet und die zentrale Recheneinheit 120 weist ein selbstlernendes Synchronisationsmodul 122 auf, das ausgebildet ist, den bestimmten Referenzwert kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen mit aktuellen Messdaten 115 oder einer anhand der Messdaten 115 ermittelten Vergleichsgröße zu vergleichen, wobei in Abhängigkeit von einer Abweichung zum Referenzwert wenigstens ein trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanter Prozessparameter an wenigstens eine Druckmaschine und/oder eine Bedieneinheit der Druckmaschine ausgebbar ist.




Beschreibung

Technologischer Hintergrund



[0001] Die Erfindung betrifft ein Steuerungssystem für Druckmaschinen zum Einstellen und Überwachen von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Parametern für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben wie Drucktinten und Toner, Lacke, Primer und Laminationskleber sowie ein Verfahren zur Steuerung von Druckmaschinenparametern, welche die Trocknung, Migration und/oder Vernetzung der applizierten Materialien beeinflussen. Ferner betrifft die Erfindung ein computerlesbares Medium und ein Computerprogramm umfassend Steuerungsanweisungen für das genannte Verfahren.

[0002] Eine optimale Trocknung und Härtung von Druckfarben- oder Lackschichten sowie Primern oder Laminationsklebern, d.h. von Beschichtungsstoffen bei Druckprozessen, und deren Kontrollierbarkeit ist essentiell für die Herstellung qualitativ hochwertiger Druckprodukte. Bekannterweise kann eine Härtung bzw. eine Trocknung von genannten Beschichtungsstoffen physikalisch und/oder chemisch z.B. durch Vernetzung erfolgen. Zum einen kann bei der physikalischen Trocknung die Trocknung durch Verdampfung von Lösungsmitteln unter Einsatz von Thermolufttrocknereinheiten oder durch Wegschlagen bzw. Penetration von Lösungsmitteln in das bedruckte Substrat erfolgen. Zum anderen kann bei chemischen Trocknungs- und Vernetzungsvorgängen die Härtung bzw. Trocknung bei oxidativ aushärtenden Druckfarben oder Lacken durch Oxidation mit dem Luftsauerstoff erfolgen. Ein weiteres Beispiel für chemische Vernetzungsreaktionen tritt bei der Verwendung von 2K-Lacken oder -Farben auf, die mit einem Härter (zweite Komponente) vermischt sind, um mit diesem bei der chemischen Aushärtung ein polymeres, dreidimensionales Netzwerk zu bilden. Solche 2K-Systeme können beispielsweise aus Polyol-Isocyanat-Kombinationen bestehen, oder aus EpoxyAmin-Systemen. Wenn strahlenhärtende Druckfarben und Lacke verwendet werden, kann die chemische Vernetzung energieangeregt mit Hilfe von Strahlung erfolgen. Hierzu können die Steueranweisungen des Steuerungssystems an eine oder mehrere UV-Lampen oder Elektronenstrahltrockner ausgegeben werden. Schließlich kann die Härtung oder Trocknung durch Verfahrenskombinationen aus den genannten Trocknungsmechanismen erfolgen.

[0003] In Abhängigkeit der Trocknungsarten können eine Vielzahl von Trocknereinheiten verwendet werden. Zur Trocknung bei Druckprozessen werden beispielsweise IR-Strahler, Warmluft-Trockner, UV-Strahler, ESH (Elektronenstrahl-Härte-) Strahler, Mikrowellen oder Laser verwendet. Zudem sind für die Herstellung von Druckprodukten eine Vielzahl von Verfahren bekannt. Diese Verfahren lassen sich in folgende bekannte Gruppen einteilen: Tiefdruckverfahren, Hochdruckverfahren umfassend u.a. das Flexo-Druck- oder Buchdruckverfahren, Offsetdruckverfahren, Siebdruckverfahren, Tampondruckverfahren, tonerbasiertes Digitaldruckverfahren und Tintenstrahl-Druckverfahren. In den vergangenen Jahren hat die Anwendung von Computertechnik bei Druckverfahren zugenommen. Seit Anfang der 1990er Jahre findet insbesondere der Digitaldruck immer mehr Verbreitung. Dabei können digitale Druckverfahren wie beispielsweise der Tintenstrahldruck ohne Druckform auskommen, da ein Computer das Druckbild direkt an den Drucker sendet.

[0004] Es ist zu beachten, dass die verschiedenen Druckverfahren unterschiedlich komplex sind. Insbesondere Druckverfahren wie beispielsweise der Offsetdruck setzen eine hohe Qualifikation des Bedienpersonals voraus und erschweren aufgrund ihrer Komplexität und/oder verfahrensbedingter Schwankungsparameter die Reproduzierbarkeit von Druckerzeugnissen. Trocknungs- und Aushärtungsparameter werden in Offsetdrucksystemen bzw. -verfahren typischerweise von einer Bedienperson manuell angepasst. Basierend auf Erfahrungswerten kann eine Bedienperson beispielsweise die Leistung, Position oder Zahl von Strahlern oder anderen Trocknereinheiten verändern. Manuelle und personenabhängige Anpassungen basieren zumeist auf den Erfahrungswerten der jeweiligen Bedienperson und sind daher nicht standardisierbar. Unterschiedliche Herangehensweisen können zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Qualität der Druckerzeugnisse und/oder zu Instabilität und Unvorhersagbarkeit im Druckprozess führen.

[0005] Um eine unvollständige Trocknung bzw. Vernetzung von UV-härtenden oder anders aushärtenden Druckfarben oder Lacken zu vermeiden, wird die Strahlungs- oder Trocknerleistung der Druckmaschine häufig so geregelt, dass sie im Überschuss eingesetzt und/oder, dass mit niedriger Geschwindigkeit gedruckt wird. Die Einstellung einer zu hohen Strahlungs- oder Trocknerleistung an der Druckmaschine bedingt jedoch einen hohen Energieverbrauch, und/oder einen hohen Schadstoffausstoß von beispielsweise Ozon oder Lösemittel und/oder eine hohe Abwärmeleistung, die eine unerwünschte Erwärmung des Drucksaals zur Folge haben kann. Starke Erwärmung kann zudem die Zügigkeit und Viskosität von Druckfarben und/oder Lacken verändern, was den Druckprozess negativ beeinflussen kann. Die Dimensionsstabilität und/oder Verarbeitbarkeit von Bedruckstoffen ist ebenfalls temperaturabhängig. Sowohl Karton und Papier, als auch Kunststoff-Folien erfordern ein optimales Zusammenspiel aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit, um im Druckprozess problemlos verwendet werden zu können. Daher besteht der Bedarf höhere Aushärtegrade als notwendig und damit unnötigen Energieeintrag in Farben und Substrate, sowie unnötigen Energie- und Schadstoffausstoß zu vermeiden. Eine andere zeitintensive Variante, um eine unvollständige Trocknung oder Aushärtung zu vermeiden, sind niedrige Druckgeschwindigkeiten, welche jedoch zu geringer Effizienz der Druckmaschine und/oder höheren Produktionskosten führen.

[0006] Da die gängigen Vorgehensweisen aufgrund oben genannter Probleme teilweise ineffizient sind und/oder aufgrund variabler Prozessparameter zu inakzeptablen Ungenauigkeiten und schwankenden Ergebnissen führen können, besteht ein Bedarf an einem verbesserten Überwachungsmechanismus, um die für die Trocknung, Migration und/oder Vernetzung ausschlaggebenden Parameter besser und flexibler an den jeweiligen Druckprozess anzupassen.

[0007] Zudem sind beim Bedrucken von Lebensmittelverpackungen, insbesondere für den indirekten Lebensmittelkontakt, also für die Außenseite von Lebensmittelverpackungen, wie auch für den Direktkontakt, optimierte und reproduzierbare Trocknungs- und/oder Aushärtungsergebnisse aus Sicherheitsgründen erforderlich, da auf diese Weise eine mögliche Abklatschmigration bei der gemeinsamen Lagerung von bedruckten und unbedruckten Substraten, beispielsweise bei aufeinander gestapelten, einseitig bedruckten Substraten, oder eine Migration von gesundheitsbedenklichen Bestandteilen, oder von solchen Bestandteilen, die den Geschmack und Geruch von Lebensmitteln beeinträchtigen können, aus Druckfarben- oder Lacken, wie z.B. UV-Photoinitiatoren, durch den Bedruckstoff ins Lebensmittel besser vermieden werden kann.

[0008] Es sind Verfahren zum Kontrollieren des Migrationspotentials von auf Lebensmittelverpackungen gedruckten Beschichtungsstoffen beispielsweise aus der EP 3 388 815 A1, der WO2018/189248 A1 und der EP 2 338 043 B1 bekannt. Eine zum Anmeldezeitpunkt dieser Anmeldung noch nicht veröffentlichte europäische Anmeldung mit der Anmeldenummer 19163236.3 betrifft Kontrollverfahren des Aushärtegrades insbesondere von strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen für einzelne Druckmaschinen.

Beschreibung der Erfindung



[0009] Es ist ein Ziel der vorliegenden Erfindung, Kostenreduktionsmaßnahmen bereitzustellen, indem sichergestellt wird, dass eine oder mehrere Druckmaschinen durch den Einsatz eines Steuerungssystems kontinuierlich und stabil produzieren und/oder der Betrieb durch Vorhersagbarkeit der Druckergebnisse optimiert wird.

[0010] Darüber hinaus ist es ein Ziel, sowohl den Energieverbrauch für Trocknungs-, und Vernetzungsverfahren zu reduzieren. Energieeinsparungen erlauben bessere Rentabilität der Druckmaschinen und niedrigere Produktionskosten. Ein weiteres Ziel ist es, den Schadstoffausstoß auf ein unvermeidbares Minimum zu reduzieren. Es ist außerdem ein Ziel, das Steuerungsverfahren so zu optimieren, dass die Lebensdauer eingesetzter, mit hohen Anfangsinvestitionskosten verbundener Trocknereinheiten wie beispielsweise UV-Lampen oder ESH-Strahler verlängert wird. Zugleich sollten keine Effizienzverluste durch zu langsam produzierende Druckmaschinen erfolgen.

[0011] Ferner besteht beim Einsatz von gegenwärtigen Verfahren das Problem, dass schwankende Prozessparameter oder andere Variablen nicht berücksichtigt werden können. Der damit einhergehende hohe manuelle Optimierungsaufwand soll durch genauere Steuerungsverfahren und durch die Reduktion von manuellen Anpassungen vermindert werden. Ferner besteht der Bedarf, ein Steuerungssystem bzw. -verfahren bereitzustellen, welches weniger Unterbrechungen der Produktion bzw. kürzere Rüstzeiten ermöglicht.

[0012] Es ist noch ein weiteres Ziel, ein genaues und sicheres Steuerungssystem und -verfahren bereitzustellen, um stets die Einhaltung behördlicher Vorgaben bzw. Normen bezüglich Migration aus der Druckfarbe und/oder den Lacken oder weiteren Beschichtungsmaterialien sicherzustellen, wenn Lebensmittelverpackungen oder andere Druckprodukte wie beispielsweise Einleger für die genannten Verpackungen, welche in Kontakt mit Lebensmitteln kommen können, bedruckt werden sollen.

[0013] Diese und andere Ziele sollen mit Hilfe der Erfindung besser als mit herkömmlichen Methoden und/oder den vorhandenen Steuerungssystemen von Druckmaschinen erreicht werden. Die genannten Ziele bzw. Aufgaben werden insbesondere mit einem erfindungsgemäßen System, einem Verfahren, einem computerlesbaren Medium und einem Computerprogramm zur Steuerung von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern von Druckmaschinen gemäß den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche erfüllt. Bevorzugte Ausführungsformen des Steuerungssystems bzw. des Verfahrens gemäß der vorliegenden Erfindung werden in den abhängigen Ansprüchen offenbart und in der folgenden Beschreibung im weiteren Detail erörtert.

[0014] In Übereinstimmung mit einer oder mehreren Ausführungsformen der Erfindung bezieht sich die Erfindung auf ein Optimierungs- oder Steuerungssystem für Druckmaschinen zum Einstellen und Überwachen von für die Trocknung, Migration und/oder Vernetzung entscheidenden Parametern für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben, Lacke, Primer und/oder Laminationskleber, wobei das Steuerungssystem umfasst:
eine Eingabeeinheit zur Annahme von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten und Auftragsdaten einer Druckmaschine, eine zentrale Recheneinheit zum Empfangen der Eingabedaten und eine Speichereinheit zur Speicherung der Eingabedaten und/oder von Informationen über wenigstens ein gedrucktes Produkt. Dabei ist die zentrale Recheneinheit ausgebildet, basierend auf den in der Speichereinheit gespeicherten Eingabedaten und der gespeicherten Information unter Verwendung von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik wenigstens einen Referenzwert für die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität zu bestimmen. Ferner ist die Eingabeeinheit zur Annahme von Messdaten ausgebildet. Vorzugsweise umfasst das Steuerungssystem wenigstens einen Sensor und/oder eine Eingabeschnittstelle zur Erfassung der Messdaten.

[0015] Ferner ist das Steuerungssystem dadurch gekennzeichnet, dass die zentrale Recheneinheit ein selbstlernendes Synchronisationsmodul aufweist, das ausgebildet ist, den bestimmten Referenzwert kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen mit aktuellen Messdaten oder mit einer anhand der Messdaten ermittelten Vergleichsgröße zu vergleichen, wobei in Abhängigkeit von einer Abweichung zum wenigstens einen Referenzwert wenigstens ein trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanter Prozessparameter mittels des Synchronisationsmoduls berechenbar ist und der wenigstens eine Prozessparameter an wenigstens eine Druckmaschine und/oder eine Bedieneinheit der Druckmaschine ausgebbar ist.

[0016] Unter Verwendung einer prädiktiven Analysetechnik kann wenigstens ein Referenzwert bestimmt werden, der mit aktuellen Messdaten oder mit einer auf Basis der Messdaten ermittelten Vergleichsgröße verglichen werden kann, um trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevante Prozessparameter für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben, Lacke, Primer und Laminationskleber an wenigstens einer Druckmaschine entsprechend zu regulieren. Jedem Referenzwert kann ein Toleranzband zugeordnet werden. In diesem Fall wird bei dem Vergleich mit aktuellen Messdaten oder mit einer anhand der Messdaten ermittelten Vergleichsgröße, geprüft, ob die Messwerte bzw. die Vergleichsgröße innerhalb des Toleranzbandes liegen oder nicht.

[0017] Dieses Verfahren kann für eine Vielzahl von Beschichtungsstoffen, d.h. Druckfarben, Lackfarben, Primer oder Laminationskleber, angewandt werden.

[0018] Durch die erfindungsgemäße Steuerung von Prozessparametern der Trocknung bzw. Vernetzung kann vorteilhafterweise eine Makulaturreduzierung erfolgen, der Auftragsdurchsatz gesteigert und eine erhebliche Energieeinsparung sowie ein reduzierter Schadstoffausstoß ermöglicht werden. Ein besonderer Vorteil ist, dass mittels des selbstlernenden Synchronisationsmoduls Parameter der prädiktiven Analysetechnik, die herkömmlich als statisch definiert sind, kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen durch aktuelle Messdaten optimiert werden und dadurch die Prozessparameter, die für die Trocknung und Vernetzung relevant sind, entsprechend den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden können. In anderen Worten ist das Steuerungssystem derart ausgebildet bzw. programmiert, dass aufgrund einer prädiktiven Analyse von Eingabedaten und/oder aufgrund einer in der Speichereinheit abgelegten Information über ein gedrucktes Produkt und den so erhaltenen Referenzwert, Prozessparameter zur Trocknung bzw. Vernetzung laufend oder zumindest in regelmäßigen Abständen aktualisiert und nachjustiert werden. Auf diese Weise kann eine Trocknereinheit wie z.B. UV-Lampe lediglich mit derjenigen Leistung eingestellt werden, welche zur optimalen Trocknung erforderlich ist. Wird der Energieverbrauch von Trocknereinheiten wie Thermolufttrocknern und UV-Lampen auf den jeweils erforderlichen Wert reduziert, produzieren die Trocknereinheiten auch weniger Abwärme und/oder Schadstoffe. Zugleich ergibt sich eine verringerte Aufheizung von Maschinenelementen bzw. der gesamten Maschine, so dass sich die Lebensdauer der Druckmaschine erhöhen und/oder eine kontrollierte Drucksaaltemperatur erreicht werden kann, bzw. eine vorhandene Klimatisierung des Drucksaales mit ebenfalls weniger Energie bzw. Strom betrieben werden kann.

[0019] Ein weiterer Vorteil ist, dass durch eine optimierte Trocknungs- und Aushärtungssteuerung auch die erforderliche oder auch maximale Vernetzung von strahlenhärtenden Druckfarben oder Lacken auf dem bedruckten Substrat sichergestellt werden kann. Damit können Vorgaben nach Deutschem, Europäischem, bzw. Schweizer, bzw. US-Recht, oder rechtliche Vorgaben in anderen Ländern so eingehalten werden, dass ein Übergang von Stoffen auf verpackte Lebensmittel auf ein vorgeschriebenes Minimum reduziert werden kann. Beispielsweise kann mit Hilfe des optimierten Steuerungssystems eine Gesamtmigration für bedruckte Papiere oder bedruckte Kartonagen, die mit Lebensmittel in Kontakt kommen, so optimiert werden, dass die Gesamtmigration einen Grenzwert von 10 mg/dm2, sowie auch die spezifischen Grenzwerte für Einzelkomponenten gemäß der Kunststoffverordnung EU Nr. 10/2011 der europäischen Kommission, gemäß der Schweizer Bedarfsgegenständeverordnung SR 817.023.21 und/oder gemäß anwendbaren Regelungen der Food & Drug Administration der Vereinigten Staaten von Amerika für Food Contact Materials wie beispielsweise die 21CFR 175 (Adhesives and Components of Coatings) nicht überschreitet.

[0020] Die zentrale Recheneinheit weist vorzugsweise eine Bedieneinheit wie eine softwarebasierte Benutzeroberfläche auf, die dem Nutzer, wie z.B. dem Bediener an der Druckmaschine, die zu erwartende bzw. die aus den eingestellten Trocknungsparametern resultierende Trocknungs- oder Aushärtungsqualität anzeigen kann. Über die Bedieneinheit kann dann vorteilhafterweise auf den Stand der Optimierungsmöglichkeiten hingewiesen werden. Die Optimierungsmöglichkeiten und damit verbundenen Steueranweisungen können entweder nach manueller Zustimmung durch die Bedienperson oder automatisch erfolgen. In anderen Worten, wenn eine manuelle Zwischenkontrolle nicht erforderlich ist, kann das optimierte Steuerungssystem so voreingestellt sein, dass die Steueranweisungen zur Prozessoptimierung direkt per Schnittstelle an die Druckmaschine ausgegeben werden, um somit schnell in den Druckprozess korrigierend und/oder optimierend eingreifen zu können.

[0021] Die zentrale Recheneinheit verarbeitet alle eingehenden Daten und/oder greift auf gespeicherte Daten zu, die zum einen gespeicherte Eingabedaten sein können und zum anderen gespeicherte Informationen. Dabei werden unter gespeicherten Informationen historische Daten über wenigstens ein gedrucktes Produkt verstanden, d.h. Informationen, die auf der Erfahrung und/oder den Ergebnissen von vorangegangenen Auftragsdaten und/oder Betriebsdaten basieren. Wenn kein derartiges Erfahrungswissen bei der Initialisierung des optimierten Steuerungssystems gespeichert ist, kann dieses aus vergleichbaren Produktionsszenarien rekonstruiert werden, indem beispielsweise Informationen von Druckmaschinenherstellern, von Lieferanten der Druckmaterialien (Farben, Lacke, Primer, Laminationskleber, Substrate) und/oder vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Alternativ oder ergänzend können Informationen zu Produktionszeiten und/oder Produktionsumfängen der Druckaufträge bezogen auf die jeweilige Druckmaschine herangezogen werden, wobei alle erhaltenen Informationen in der zentralen Speichereinheit abgespeichert werden.

[0022] Prädiktive Analysetechniken verwenden historische Daten, um zukünftige Resultate oder Ergebnisse vorhersagen zu können. Hierzu kann die prädiktive Analysetechnik Messmethoden, statistische und mathematische Verfahren, eine Vielzahl von Modellen wie z.B. Zustandsraummodelle sowie Künstliche Intelligenz und Kombinationen davon integrieren.

[0023] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Steuerungssystems und -verfahrens umfasst die prädiktive Analysetechnik eine oder mehrere der folgenden Techniken:
Theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse, Messanalysen mittels durch Sensoren und/oder Messinstrumente erfasster Messdaten, empirische Modelle, statistische Modelle, stochastische Modelle, mathematische Methoden, Analysen auf Basis von maschinellem Lernen oder von einem KI-Modul (künstliche Intelligenz-Modul), einer Big Data Analyse oder einer Deep Data Analyse.

[0024] Dabei ist zu bemerken, dass die oben genannte Einteilung von Analysetechniken Überschneidungen der einzelnen Methoden nicht ausschließt bzw. die einzelnen Arten nicht immer voneinander trennbar sind und gegebenenfalls miteinander kombiniert werden können. Beispielsweise können empirische Modelle sowohl als stochastische als auch als mathematische Methoden gebildet werden. Es ist ein Vorteil des Steuerungssystems, dass unterschiedliche Analysemethoden ausgewählt bzw. verbunden werden können. Zudem wird das Wort "umfassen" oder Varianten wie "einschließen" in der gesamten Beschreibung so verstanden, dass es die Einbeziehung der angegebenen Zahl der Merkmale impliziert, wobei das Vorhandensein anderer nicht genannter Merkmale aber nicht ausgeschlossen ist.

[0025] Als Beispiel der genannten prädiktiven Analysetechniken wird im Folgenden das empirische Modell beschrieben. Unter empirischen Modellen gemäß der vorliegenden Erfindung wird jede Art von einer Approximation von empirischen Beobachtungen durch eine mathematische Funktion verstanden. D.h. ausgehend von einem oder mehreren Datensätzen wird versucht, einen funktionalen Zusammenhang zu bestimmen, der die Daten ausreichend gut reproduziert. Ein empirisches Modell kann dabei auf lineare Modelle oder Modelle 2. oder höherer Ordnung zurückgreifen. Um beispielsweise eine Regressionsgerade (linear oder Modell 1. Ordnung), die am besten zu den Messdaten passt, zu finden, können stochastische bzw. statistische Methoden verwendet werden, wie die Methode der kleinsten Quadrate.

[0026] Ein empirisches Modell kann für Druckverfahren bevorzugt erhalten werden, indem eine statistische Versuchsplanung ausgeführt wird. Die statistische Versuchsplanung beruht auf einer systematischen Versuchsplanung und Evaluation der erhaltenen Messergebnisse. Je nach Wahl des Designs der Versuchsplanung können die Experimente dabei alle denkbaren Versuchsanordnungen umfassen oder nur einen Teil (optimales Design, D-optimales Design, teilfaktorielles Design). Üblicherweise werden Versuchspläne umgesetzt, für die sich der kleinste Umfang ergibt. Für weitere Details zu den genannten statistischen Versuchsplänen wird auf statistische Fachbücher verwiesen wie z.B. "Statistic for Experiments" von George E.P. Box et al., ISBN-13: 978-0471718130.

[0027] Bei der oben genannten statistischen Versuchsplanung werden ein oder mehrere Parameter in den Experimenten verändert, um einen funktionellen Zusammenhang zwischen den Messdaten aus beispielsweise einer Spektralanalyse eines bedruckten Substrates und diesen Parametern zu erhalten. Vorzugsweise können die in dem Experiment variierten Parameter ein oder mehrere Prozessparameter sein, die ausgewählt sind aus der Gruppe umfassend: Art und Anzahl der übereinander liegenden Beschichtungen, Flächendeckung jeder einzelnen Schicht aus Druckfarbe, Lack, Primer und/oder Laminationskleber, Farbdichte oder flächenbezogenes Gewicht der trockenen Druckfarbe, Lack etc., Art des Substrates/Bedruckstoffes, Druckgeschwindigkeit, bei UV Härtung: UV-Lampenart, UV-Lampenleistung und UV-Dosis, bei Wärmetrocknung: Temperatur, Luftstromgeschwindigkeit und andere trocknungs- und vernetzungsrelevante Parameter.

[0028] Insbesondere unter Verwendung von KI-Modulen, die u.a. künstliche neuronale Netze oder Machine Learning (maschinelles Lernen) umfassen und anderer Verfahren wie Big-Data-Analysen, kann das selbstlernende Synchronisationsmodul zu präziseren Resultaten als herkömmliche Steuerungsverfahren führen und die Prozessparameter für die relevanten Komponenten der Druckmaschine, wie Trocknungseinheiten optimieren. Die maschinell in einem KI-Modul ablaufenden Rechen-, Prüf- und Vergleichsoperationen können immer genauere Trial- and Error-Testläufe beinhalten, in denen durch dauernde Selbst-Dokumentation, d.h. durch Verwendung von abgespeicherter Information über das gedruckte Produkt möglicherweise eintretende Abweichungen von dem vorgegeben Sollzustand, wie z.B. eine gewünschte Trocknungs- und Vernetzungsqualität immer besser eliminiert werden können.

[0029] Dabei können kontinuierliche oder intermittierende Messanalysen zur Abbildung des "Ist"-Zustandes das Steuerungssystem unterstützen, indem z.B. die daraus resultierenden Messdaten einem KI-Modul als Trainingsdaten dienen. Auf diese Weise können mögliche Abweichungen vom Sollzustand zeitnah erkannt und korrigiert werden, um eine gleichbleibende Trocknungs- bzw. Vernetzungsqualität sicherzustellen.

[0030] Zur kontinuierlichen Messung sind beispielsweise sogenannte Inline-Sensoren geeignet, die in der Druckmaschine positioniert sind und Messsignale direkt oder indirekt an die zentrale Recheneinheit zur weiteren Verarbeitung und/oder Speicherung ausgeben können. Die Inline-Sensoren befinden sich direkt in der Produktionslinie. Alternativ oder ergänzend können externe Messdaten von sogenannten Offline-Sensoren, die auch Out-of-line-Sensoren oder Sensoren außerhalb der Produktionslinie genannt werden können, verwendet werden. Die verwendeten Sensoren bzw. Messanalysemethoden sind u.a. abhängig von dem Aushärtungs- bzw. Vernetzungsverfahren. In den folgenden Abschnitten zu Inline- und Offline-Sensoren werden von den bekannten Messmethoden Beispiele genannt. Dabei ist bei allen Messmethoden zu beachten, dass die Messungen vorzugsweise an sogenannten Test- oder Kalibrierbereichen und/oder -feldern der einzelnen Farben, z.B. von einzelnen oder mehreren applizierten und/oder mitgedruckten Kontrolldruckfarben und/oder Test- bzw. Kalibrierfeldern des Übereinanderdruckes (worst case areas), erfolgen. "Worst case areas" sollen kritische Ein- oder Mehrschichtbereiche berücksichtigen, bei denen druckauftragsabhängig entweder die höchsten Schichtstärken aufgetragen werden oder der Schichtaufbau die höchsten Anforderungen an die chemische und/oder physikalische Aushärtung stellt.

[0031] Vorteilhafterweise werden die Messungen unter den realen Druckmaschinen-Bedingungen, d.h. inline oder mit aktuell gedruckten Testfeldern intermittierend offline durchgeführt. Um aktuelle Messdaten zu erhalten, werden sogenannte Synchronisationsandrucke durchgeführt, die zur Synchronisation bzw. Kalibration eines Druckjobs unter Realbedingungen dienen. Hiermit können aktuelle Messdaten mit Kalibrierkurven oder empirischen Modellen des Druckfarbenherstellers oder anderen Tests, die in einem Labor vorab durchgeführt wurden, verglichen werden.

[0032] Die zentrale Recheneinheit kann entweder automatisch oder nach Vorgabe einer Bedienperson eine prädiktive Analysetechnik auswählen und mit Hilfe beispielsweise eines empirischen Modells in Kombination mit den druckauftragsbezogenen Daten ein "worst case area" und einen korrespondierenden Referenzwert, vorzugsweise mit einem Toleranzband, berechnen. Die prädiktive Analysetechnik ist damit ausgebildet, die Trocknungs- bzw. Aushärtungsqualität vorherzusagen bzw. mit Hilfe eines Referenzwertes zu bestimmen. Dieser Referenzwert kann dann mit den aktuellen Messwerten desselben Testbereiches (hier "worst case area") verglichen werden. Beispielsweise kann, abhängig von einem Vergleich mit einem vorher festgelegten minimalen Grenzwert der Trocknungs- bzw. Vernetzungsqualität, das Steuerungssystem regeln, die Prozessparameter mit maßgeblichem Einfluss auf Trocknung, Migration und/oder Vernetzung anzupassen.

[0033] In einer vorteilhaften Ausführungsform umfassen die Prozessparameter mit maßgeblichem Einfluss auf Trocknung und/oder Vernetzung, eine Druckgeschwindigkeit, und/oder Art, und/oder eine Anzahl, und/oder eine Position, und/oder eine Leistung, und/oder Geometrie einer Strahlungs- oder einer Thermoluftstromtocknereinheit.

[0034] In einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst das Steuerungssystem zur Erfassung von Messdaten wenigstens einen Sensor, wobei der wenigstens eine Sensor ausgewählt ist aus einer Gruppe umfassend: ein Inline-Sensor, ein Offline-Sensor und ein virtueller Sensor und Kombinationen davon. Dabei kann ein virtueller Sensor auf Basis von einer prädiktiven Analysetechnik wie z.B. ein Simulationsmodell bereitgestellt werden. Ein virtueller Sensor kann mit durch ein Modell erzeugten Daten und/oder Messdaten von realen Messsensoren angelernt werden.

Offline-Sensoren



[0035] Zur Bestimmung der aktuellen Messdaten können sogenannte Offline-Sensoren oder externe Analyseverfahren eingesetzt werden. Darunter zählen ein einfacher Kratztest z.B. mit dem Fingernagel oder einer fixierten Nadel, um die Kratzfestigkeit festzustellen. Folgende weitere Offlinetests, die entweder manuell bzw. unter Zuhilfenahme von messanalytischen Geräten wie Spektrometern durchgeführt werden können, können zur Bestimmung von Messdaten für typische Eigenschaften der Trocknungs- bzw. Vernetzungsqualität verwendet werden:
Tesatest (Haftung), Lösemitteltest (Beständigkeit gegenüber Aufquellen der Oberfläche), Extraktion von extrahierbaren Komponenten und spektroskopische Mengenbestimmung, z,B. durch Messung des UV/VIS-Spektrums oder IR-Spektrums an extrahierter Probe, spektroskopische Konzentrationsbestimmung von relevanten Molekülen oder Atomgruppen zur Bestimmung des Umsetzungsgrades (z.B. über Intensität der acrylischen Doppelbindung bei strahlenhärtenden Systemen, Abnahme der Isocyanat-Bande im IR-Spektrum bei 2K-Systemen aus Isocyanaten und Polyolen, um die Umsetzung der Isocyanat-Bande zu bestimmen). Schließlich können Messverfahren wie die Ellipsometrie und andere Messungen zur Messung der Schichtdicke verwendet werden.

[0036] Für Spektralanalysen kann als Offline-Messgerät, beispielsweise ein RFA (Röntgenfluoreszenzanalyse) Handspektrometer der Firma Bruker (S1 Titan Series, TRACER 5 Family) verwendet werden. Zur Messung kann beispielsweise eine Extraktion von bedrucktem Substrat mit Lösemittel (z. B. Ethanol) oder wässrigen Lösungen von Komplexbildnern (z.B. Ethylendiamintetraacetat (EDTA)-Lösung) erfolgen und anschließend der Extrakt mit dem RFA-Scanner gemessen werden. Mit Hilfe der RFA kann die Menge an metallhaltigen Komponenten bestimmt werden, was insbesondere bei der Analyse von metallhaltigen Trockenstoffen in oxidativ trocknenden Systemen oder bei kationischen Photoinitiatoren genutzt werden kann.

[0037] Für oxidativ trocknende Druckfarben bzw. Lacke können neben einem RFA-Scanner folgende Offline -Messungen verwendet werden:
  • Messung der Konzentration von Mangan/Cer/Eisen oder anderen Metallionen aus den Trockenstoffen/Sikkativen in der Druckfarbe oder dem Öldrucklack in Kontrollfeldern der Einzelfarben über ESR-Spektroskopie, wenn einzelne Bögen oder Abschnitte zur Prüfung entnommen werden, in Kombination mit einer Farbdichtemessung und/oder in Verbindung mit der Schichtdicke, die beispielsweise mittels eines Bruker DektaXT, eines taktilen Profilometers, ermittelt werden kann. Ferner können die Mettalionen aus den Trockenstoffen/Sikkativen wie oben beschrieben per Extraktion, beispielsweise mit einer EDTA-Lösung, extrahiert werden und anschließend mit spektrometrischen Methoden wie Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) und ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) bestimmt und quantifiziert werden.
  • Messung mit Raman-Spektroskopie, z.B. Intensität der Raman-Banden von Acrylat-Doppelbindungen, welche dann ebenfalls deren Umsetzung entspricht.
  • REM/EDX (Rasterelektronenmikroskopie/ energiedispersive Röntgenspektroskopie), beispielsweise für Metallionen oder Ionen schwererer Atome aus Komplextrocknern oder kationischen Photoinitiatoren, wobei letztere bei strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen eingesetzt werden.


[0038] Strahlungshärtende Druckfarben bzw. Lacke enthalten als kationischen Photoinitiatoren z.B.: Oniumsalze. Geeignete Oniumsalze können beispielsweise Triphenylsulfoniumsalze, Diazoniumsalze, Diaryliodoniumsalze sowie Ferroceniumsalze und verschiedene andere Metallocenverbindungen umfassen. Die Struktur von zwei bekannten Oniumsalzen, nämlich Diphenyliodonium- und Triphenylsulfoniumsalz, ist unten dargestellt.



[0039] Die genannten Oniumsalze charakterisieren sich dadurch, dass sie unter UV-Strahlung eine starke Lewis-/Broensted-Säure produzieren, die dann eine ringöffnende Polymerisation von cyclischen Etherharzen initiiert. Eine vereinfachte schematische Darstellung ist unten für ein Triarylsulfoniumsalz (Ar3S+ MtXn-) dargestellt:
  1. 1.

  2. 2.

             H+MtXn- + M → HM+ MtXn-

  3. 3.

             HM+ MtXn- + nM → H(M)nM+ MtXn-

wobei HMtXn eine Lewis-Säure wie HBF4, HPF6, HAsF6, HSbF6st und Mt neben den genannten Metallen Bor (B), Arsen (As) und Antimon (Sb) auch für das Nichtmetall Phosphor (P) und weitere Metalle stehen kann, Y ein Wasserstoffdonor (Lösungsmittel oder Monomer) und M ein Monomer ist.

[0040] Antimon (Sb), Eisen (Fe) und weitere Metallionen sind nachweis- und quantifizierbar mit Hilfe von folgenden Offline-Messmethoden:
  • Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) und ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) eines Extrakts, vorzugsweise eines sauren Extrakts wie z.B: verdünnter Essigsäure;
  • Neben obigen spektrometrischen Offline-Messmethoden ist auch der Nachweis über einen farbigen Komplex, der beispielweise durch Versetzen des Extrakts mit Rhodamin B entsteht, und der über UV/VIS-Spektrometrie quantifiziert werden kann, denkbar.


[0041] Ferner kann die Wischfestigkeit und das Karbonieren mit dem Testgerät WIKAT des Fogra Forschungsinstituts für Medientechnologien e.V. geprüft werden. Dabei versteht man unter Karbonieren eine Prüfung von Mikroscheuern von Farbe gegen einen weißen Gegenbogen oder eine benachbarte Oberfläche unter hohem Druck bei minimalem Hubweg, wie es z.B. beim Schneiden mit Stapelschneidern auftritt. Bei unzureichender Trocknung wird die gedruckte Farbe bzw. der applizierte Lack mehr oder weniger stark auf das Konterpapier übertragen.

[0042] Ferner können bei Materialverbunden wie Laminaten mit geeigneten Prüfmaschinen wie z.B. mit einer zwickiLine Materialprüfmaschine Z5.0 die zur Delamination benötigte Kraft offline gemessen und mit Sollwerten verglichen werden. Weitere hier nicht aufgeführte Offline-Messanalysemethoden sind denkbar, solange sie direkt mit der Trocknung und/oder Aushärtung zusammenhängen, gut reproduzierbar sind und hinreichend genau zur Synchronisation bzw. Anpassung verwendet werden können.

Inline-Sensoren zur Echtzeit-Überwachung



[0043] Besonders vorteilhaft zur kontinuierlichen und effizienten Zusammenarbeit mit dem selbstlernenden Synchronisationsmodul ist die Anwendung von sogenannten Inline-Sensoren, die inline im laufenden Produktionsprozess bzw. in der Produktionslinie nahezu in Echtzeit aktuelle Messdaten liefern können.

[0044] Hierzu können zum Teil oben genannte Offline-Verfahren automatisiert werden, indem ein Messsensor beispielsweise in eine einer Trocknungseinheit oder einem Strahler gegenüberliegende (Druck-)walze eingebaut ist. Für einen automatisierten und kontinuierlichen Kratztest für strahlungshärtende Systeme sowie 2K-Systemen mit Isocyanaten kann eine fest in der Druckmaschine installierte Nadel zusammen mit einem Kamerasensor zur automatisierten visuellen Auswertung durch die zentrale Recheneinheit verwendet werden. Für UV-härtende Druckfarben und Lacke und 2K-Systeme kann zudem ein automatischer Auszug eines Druckbogens oder - abschnitts beim Stapel- oder Rollenwechsel erfolgen, wonach beispielsweise ein automatisierter Extraktionstest, Tesatest und/oder Karboniertest erfolgen kann. Mit Hilfe eines automatisierten Einzeleinzuges bzw. Auszuges aus der Produktionslinie kann in einem sogenannten Bypass prozessnah eine automatisierte Messung erfolgen und Online-Messdaten zur Prozessoptimierung bereitgestellt werden.

[0045] Weitere Inline-Sensoren, die für die Messung der Trocknungs- und Vernetzungsqualität von UV-härtenden Druckfarben oder Lacken verwendet werden können und z.B. nach einem Druck- oder Lackwerk oder in der Substratauslage der Druckmaschine oder vor der Substrataufwicklung am Ende eines Druckprozesses angeordnet sein können, sind in folgenden Verfahren aufgeführt:
  • Messung eines IR-Spektrums mittels ATR-IR (attenuated total reflection / abgeschwächte Totalreflektion- Infrarotspektroskopie) speziell im Bereich der Acrylat-Doppelbindung, um deren Umsetzungsgrad zu bestimmen.
  • Messung des UV/VIS-Spektrums zur Überprüfung der UV-Emission und Strahlerleistung von UV-Lampen, wobei beispielsweise Farbänderungen von Intensität-Labels und/oder verwendeten Kontrolldruckfarben genutzt werden können, die sich unter UV-Bestrahlung farblich verändern.
  • Messung des Gleitreibungskoeffizienten und Abgleich mit Soll-Werten von komplett ausgehärteter Farbe/Lack.


[0046] Vorteilhafterweise kann nicht nur ein Sensor, sondern wenigstens zwei oder mehr Sensoren bereitgestellt werden. Beispielsweise können ein erster UV/VIS- oder IR-Sensor vor der UV-Trocknereinheit und ein zweiter Sensor derselben Art nach der UV-Trocknereinheit angeordnet sein. Daraufhin können die gemessenen UV-Absorptionen in einem definierten Bereich (z.B. einem Testfeld) verglichen werden und die Differenzmesswerte z.B. als charakteristisch für die Absorption der Photoiniatoren (bei UV-Sensoren) bzw. die Absorption der Acrylat-Doppelbindung (bei IR Sensoren) ausgewertet werden.

[0047] Für oxidativ trocknende Druckfarben bzw. Lacke können folgende Inline-Messungen oder automatisierte Messungen in einem sogenannten Bypass verwendet werden wie z.B.:
  • RFA-Scanner.
  • REM/EDX (Rasterelektronenmikroskopie/energiedispersive Röntgenspektroskopie) Messungen von Druckmustern z.B. mit Offline-Messgeräten wie dem NEX LS von Rigaku (EDXRF- Energy dispersive X-ray fluorescence)


[0048] Die oben genannten Messverfahren und mögliche Messsensoren stellen keine abschließende Aufzählung dar. Andere Messsensoren wie Leitfähigkeitssensoren, die im Gebiet der Drucktechnologie üblicherweise Einsatz finden, können für Messungen in dem erfindungsgemäßen Steuerungssystem bzw. -verfahren genutzt werden.

Zentrale Recheneinheit



[0049] Die zentrale Recheneinheit dient erfindungsgemäß als Prozessoptimierungstool und kann als Server oder in Form einer Mehrzahl von zentralen Rechnereinheiten, sogenannten Serverclustern, oder Microservices ausgebildet sein. Andere Rechensysteme wie ein Personal Computer, Tablet oder Ähnliches kann drahtlos oder drahtgebunden über Netzwerke oder Busse mit der zentralen Recheneinheit in Verbindung stehen.

[0050] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das Steuerungssystem eine Mehrzahl von Druckmaschinen, wobei die zentrale Recheneinheit mittels eines Netzwerkes mit den Druckmaschinen verbindbar ist, sofern die Druckmaschinen diese Kommunikation bauartbedingt vorsehen oder diese Möglichkeit nachrüstbar ist.

[0051] Auf diese Weise kann eine Mehrzahl von Druckmaschinen vernetzt und zentral gesteuert werden. Das Netzwerk kann ein Kommunikationsnetzwerk wie das Internet sein oder ein nicht öffentliches Netzwerk. Dabei müssen die verschiedenen Druckmaschinen eindeutig identifizierbar sein, wie es üblicherweise über eindeutige Maschinenkennungen erfolgt.

[0052] Die zentrale Recheneinheit kann drahtgebunden oder drahtlos über Datenverbindungen mit wenigstens einer Druckmaschine oder mit einer Bedieneinheit einer oder mehrerer Druckmaschinen verbunden sein, um beispielsweise aktuelle Betriebsdaten zu empfangen und andererseits die optimierten Prozessparameter der Trocknung, Migration und/oder Vernetzung auszugeben, um eine oder mehrere Druckmaschinen zu steuern. Die Bedieneinheit ist bevorzugt direkt der zentralen Recheneinheit zugeordnet und vorzugsweise als Tastatur, Maus, Trackball und/oder berührungssensitive Benutzeroberfläche ausgebildet und ermöglicht der Bedienperson einen schnellen Zugriff.

[0053] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Synchronisationsmodul konfiguriert, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren für variable Parameter in Abhängigkeit von den Auftragsdaten oder sich ändernden Betriebsdaten zu bestimmen.

[0054] Das Synchronisationsmodul als Teil der zentralen Recheneinheit kann auf diese Weise notwendige Anpassungs- oder Interpolationsfaktoren bestimmen, um schwankende bzw. sich von Auftrag zu Auftrag, beispielsweise Druckjob zu Druckjob, ändernde Parameter (z.B. Substrattyp (z.B. Karton, matt oder glänzend gestrichenes Papier, ungestrichenes Papier, Folie, etc.), Substrathersteller bzw. Produktlinien (z.B. satiniert gestrichene Papiere wie MultiArtSilk, MagnoSatin, etc.), Farbtyp (z.B. oxidativ trocknend oder strahlenhärtend), Farbserie bezogen auf Farbhersteller (z.B. von der Firma hubergroup Deutschland GmbH: Resista 250, MGA Natura, UEH5000, etc.), Lacktyp (z.B. Mattlack, Glanzlack, UV-Lack), Lackserie bezogen auf den Lackhersteller (z.B. von der Firma hubergroup Deutschland GmbH: 58MGA1100, 58MGA2400, 60UC1100, 40UC5250, etc.), Flächendeckung, Farbbelegung, Farbreihenfolge, Drucktücher, Schöpfvolumina, Druckformen/Druckwalzen/Siebdruckformen/Klischees, Rasterfrequenz, etc.), die als starre Parameter beispielsweise in einem empirischen Modell gesetzt sind, auszugleichen.

[0055] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Synchronisationsmodul konfiguriert, basierend auf den Auftragsdaten vorab eine Auftragsanalyse durchzuführen, um eine Auftrags- und/oder Drucksujetreihenfolge pro Druckmaschine und/oder die Prozessparameter in Bezug auf die Prozessschritte zu optimieren.

[0056] Auf diese Weise kann z.B. eine Optimierung gemäß der zu druckenden GesamtSchichtdicken bzw. Flächenbelegungen der einzelnen Farben, Lacke, Primer oder Laminationskleber erfolgen, sodass beispielsweise mit dem Druck von Aufträgen und/oder Drucksujets mit niedrigen Gesamtschichtdicken bzw. Flächenbelegungen begonnen wird und danach der Druck von Aufträgen und/oder Drucksujets mit höheren Gesamtschichtdicken, bzw. Flächenbelegungen folgt. Auf diese Weise kann der Energieverbrauch optimiert werden, da bei strahlungshärtenden Druckfarben und Lacken die Strahlungsleistung auftragsabhängig angepasst werden kann.

[0057] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des Steuerungssystems sind die Eingabedaten über die Eingabeeinheit automatisiert und/oder über die Bedieneinheit manuell erfassbar und speicherbar.

[0058] Durch eine automatische Erfassung der Eingabedaten können in Echtzeit z.B. die Messdaten von Inline-Sensoren erfasst und gespeichert werden und anschließend zur Weiterberechnung genutzt werden. Eine manuelle Eingabe von Daten ist dagegen beispielsweise bei Offline-Messungen notwendig, um die Messergebnisse dem optimierbaren Steuerungssystem zur Verfügung zu stellen. Die Speicherung kann auf üblichen computerlesbaren Speichermedien, gegebenenfalls auf Serverrechnern erfolgen und/oder ein Cloudsystem nutzen, um die hohe Anzahl von Daten speichern zu können.

[0059] Die Eingabedaten für die zentrale Recheneinheit umfassen sowohl Betriebsdaten als auch Auftragsdaten, die im Folgenden aufgeführt werden.

[0060] Die Betriebsdaten sind ausgewählt aus einer Gruppe umfassend: Druckverfahren, Maschinentyp, Maschinenparameter (z.B. Walzentyp, Gummituch, Feuchtmittel, Alkohol, etc.), Umgebungsparameter, Substrat bzw. Substrattypen, Substratserien, Beschichtungsstoffe (Farbserien, Farbtypen, Additive, Primer, Lacke, Laminationskleber), Feuchtmittel (Feuchtmitteltyp, Feuchtmitteldosierung), Brauchwasserwerte (z.B. Leitwert, pH-Wert), Schichtaufbau und die zu übertragenen Mengen an Farbe, Lack, Primer oder Laminationskleber, und Kombinationen davon.

[0061] Unter Umgebungsparameter wird u.a. die Temperatur im Drucksaal bzw. an vorbestimmten Orten in der Druckmaschine oder die Luftfeuchtigkeit verstanden.

[0062] Unter Druckverfahren können insbesondere folgende verstanden werden: Tiefdruckverfahren, Hochdruckverfahren umfassend u.a. das Flexo-Druckverfahren, Offsetdruckverfahren, Tintenstrahl-Druckverfahren und tonerbasierte Digitaldruckverfahren. Die Maschinenparameter können zum einen abhängig vom Maschinentyp bzw. Hersteller und zum anderen abhängig vom Druckverfahren sein.

[0063] Die Maschinenparameter sind weiterhin bevorzugt ausgewählt aus einer Gruppe umfassend:

Druckgeschwindigkeit, Druckzylinderparameter, Druckformparameter, Art, Anzahl, Position, Leistung und Geometrie der wenigstens einen Trocknereinheit, Farbmengen, Walzentypen, Walzeneinstellungen und Gummituch bei Offsetdruck, Düsentyp oder Druckkopf bei Inkjet-Druck; und

bei Tief- und Flexodruck: Rakeltyp. Schöpfvolumina, Raster- oder Aniloxwalzentyp, Rasterfrequenz, sowie Klischeeaufbau,beim Flexodruck.



[0064] Die Auftragsdaten sind ausgewählt aus einer Gruppe umfassend:
Druckdaten basierend auf einer Analyse der digitalen Druckdaten, bevorzugt unter Verwendung einer Seitenbeschreibungssprache umfassend eine pdf-Analyse oder auftragsbezogene Daten, wobei auf wenigstens einem Teil des Druckbereiches oder auf die gesamte Applikationsfläche bezogen die jeweilige Flächendeckung an Druckfarbe, Lack, Primer und/oder Laminationskleber mittels der Auftragsdaten, oder der auftragsbezogenen Daten berechenbar ist.

[0065] Vorzugsweise umfassen auftragsbezogene Daten ferner Weiterverarbeitungsdaten, die ausgewählt sind aus einer Gruppe umfassend:
Stanzen, Rillen, Schneiden, Falzen, Heften, Laminieren, Kleben, Heißfolienprägen, Kaltfolienprägen, Prägen, Heißsiegeln und Stapeln.

[0066] Weiterverarbeitungsschritte wie Ausstanzungen bei Verpackungen mit Fenstern oder Heißsiegeln mit Folien stellen unterschiedliche Anforderungen an die Trocknung bzw. Vernetzung, so dass durch die Berücksichtigung dieser auftragsbezogenen Daten die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität weiter optimiert werden kann.

[0067] Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung wird ein Verfahren zur optimierten Steuerung von trocknungs-, migrations- oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern von Druckmaschinen bereitgestellt, das folgende Verfahrensschritte umfasst:

Empfangen von Eingabedaten mittels einer Eingabeeinheit, wobei die Eingabedaten Betriebsdaten und Auftragsdaten einer Druckmaschine umfassen;

Speichern der Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt mittels einer Speichereinheit, und mittels einer zentralen Recheneinheit Bestimmen wenigstens eines Referenzwertes für die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität basierend auf einzelnen oder mehreren Eingabedaten und/oder der gespeicherten Information unter Verwendung von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik, ferner kontinuierliches oder diskontinuierliches Vergleichen des wenigstens einen Referenzwertes mit aktuellen Messdaten oder mit einer zumindest teilweise auf den aktuellen Messdaten basierenden Vergleichsgröße, wobei ein Synchronisationsmodul der zentralen Recheneinheit auf Basis des Vergleichens kontinuierlich oder diskontinuierlich lernt, wie die Trocknungs- und oder Vernetzungsqualität tatsächlich ist, und ferner Berechnen einer Abweichung von dem wenigstens einen Referenzwert und bei einer Abweichung Berechnung der erforderlichen Anpassung wenigstens eines trocknungs- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparameters, und wobei der wenigstens eine berechnete trocknungs- und/oder vernetzungsrelevante Prozessparameter direkt oder nach Freigabe durch eine Bedienperson der Druckmaschine über eine Bedieneinheit an wenigstens eine Druckmaschine ausgegeben wird.



[0068] Die erfindungsgemäßen Verfahrensschritte entsprechen den strukturellen Merkmalen des Steuerungssystems wenigstens des Anspruches 1 und darüber hinaus gemäß den Merkmalen der abhängigen Ansprüche, wobei die oben genannten Vorteile auch auf die entsprechenden Verfahrensschritte zutreffen.

[0069] Vorzugsweise umfasst das Verfahren ferner folgenden Verfahrensschritt: Bereitstellen der aktuellen Messdaten mittels Messverfahren durch wenigstens einen der folgenden Sensoren: einen Offlinesensor, einen Inlinesensor, einen virtuellen Sensor und Kombinationen davon.

[0070] Wird ein Messverfahren mittels Offlinesensor ausgewählt, erfolgt dies bevorzugt aus der Gruppe umfassend Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma), ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) und UV-VIS Spektrometrie, um Metallionen aus kationischen Photoinitiatoren wie Oniumsalzen aus strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen oder Metallionen aus oxidativen Trocknern aus oxidativ trocknenden Beschichtungsstoffen zu erfassen.

[0071] Vorzugsweise umfasst das Verfahren ferner folgenden Verfahrensschritt: Bereitstellen eines Synchronisationsmodules, das ausgelegt ist, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren für variable Parameter in Abhängigkeit von den Auftragsdaten oder sich ändernden Betriebsdaten zu bestimmen, um die variablen Parameter automatisch anzupassen.

[0072] Bevorzugt führt das Synchronisationsmodul basierend auf den Auftragsdaten eine Auftragsanalyse durch, um eine Auftragsreihenfolge pro Druckmaschine und/oder die Prozessparameter in Abhängigkeit von den Prozessschritten zu optimieren.

[0073] Weiterhin wird ein computerlesbares Medium bereitgestellt, auf dem Anweisungen zum Steuern wenigstens einer Druckmaschine gespeichert sind, um das oben genannte Verfahren zum Steuern von Trocknungs- oder Vernetzungsparametern durchzuführen.

[0074] Schließlich wird ein Computerprogramm bereitgestellt, das Anweisungen umfasst, die bei der Ausführung des Programmes einen Computer veranlassen, die oben genannten Verfahrensschritte durchzuführen.

Kurze Beschreibung der Figuren



[0075] Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der Figuren. Es zeigen:

Fig. 1 eine schematische Ansicht eines erfindungsgemäßen Steuerungssystems;

Fig. 2 schematische Detailansicht der zentralen Recheneinheit eines Steuerungssystems mit Synchronisationsmodul, Speichereinheit und Schnittstellen zu Komponenten wie Messsensoren;

Fig. 3 schematisches Datenflussdiagramm eines weiteren Ausführungsbeispiels eines Steuerungssystems mit einer Druckmaschine und Komponenten wie Sensoren;

Fig. 4a ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens;

Fig. 4b ein Steuerungssystem für eine Flexodruckmaschine mit Rollenrotationsdruck zur Ausführung eines erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens gemäß Fig. 4a;

Fig. 5 ein weiteres Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens mit Druckmaschine mit zum Teil unbekannten Parametern, mit bekannten UV-Trocknereinheiten, bekannter Farbserie und bekanntem Substrat;

Fig. 6 ein weiteres Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens mit Druckmaschine mit zum Teil unbekannten Parametern, mit bekannten UV-Trocknereinheiten, bekannter Farbserie und unbekanntem Substrat; und

Fig. 7 ein weiteres Ausführungsbeispiel eines Steuerungssystemes für eine Mehrzahl von Druckmaschinen.


Detaillierte Beschreibung der Figuren



[0076] Fig. 1 zeigt schematisch ein erfindungsgemäßes Steuerungssystem und -verfahren 100 zum Einstellen und Überwachen von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Parametern für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben, Lacke, Primer und/oder Laminationskleber. Eine zentrale Recheneinheit 120 wird zum Empfangen von Eingabedaten einer Eingabeeinheit 110 bereitgestellt. Die zentrale Recheneinheit 120 verarbeitet alle eingehenden Daten und berechnet optimale Einstellungen bzw. Prozessparameter für die Trocknung, Migration oder Vernetzung. Diese optimalen Prozessparameter wie z.B. Sollwerte für Maschinenparameter oder eine optimale Auftragsreihenfolge werden durch Steuerungsanweisungen von einer Ausgabeeinheit 170 an die jeweilige Druckmaschine (hier nicht gezeigt) ausgegeben.

[0077] Bei diesem Optimierungsprozess berücksichtigt die zentrale Recheneinheit 120 Daten und Ergebnisse aus früheren Messungen und Applikationsjobs oder Information von gedruckten Produkten, sofern dies zu Beginn eines Druckprozesses möglich ist, sowie Auftragsdaten. Hierzu ist die Eingabeeinheit 110 zur automatischen oder manuellen Annahme von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten und Auftragsdaten einer Druckmaschine ausgebildet. Die zentrale Recheneinheit 120 weist eine Speichereinheit 121 bzw. eine Datenbank zur Speicherung von Daten und insbesondere von Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt auf. Ferner weist die zentrale Recheneinheit 120 ein Synchronisationsmodul 122 auf.

[0078] Das Synchronisationsmodul 122 der zentralen Recheneinheit 120 ist selbstlernend ausgebildet, indem Vorhersagen von Trocknungs- oder Vernetzungsparametern durch aktuelle Messdaten von Messmethoden oder Sensoren 150 optimiert werden 422. Das maschinelle Lernen kann beispielsweise über ein selbstlernendes, künstliche Intelligenz (KI)-Modul 145 erfolgen. Das KI-Modul 145 kann ausgebildet sein, basierend auf den in der Speichereinheit 121 gespeicherten Daten, umfassend Eingabedaten und/oder gespeicherte Information, unter Verwendung von Algorithmen mittels rekursiver Selbstverbesserung zu lernen. Beim maschinellen Lernen können die Algorithmen des KI-Moduls 145 u.a. ein statistisches Modell 142 erstellen, das auf Trainingsdaten wie empirische Daten oder Messdaten von Inline-Sensoren 152 oder Offline-Sensoren 151 beruht. Die Erfassung von aktuellen Parametern z.B. Maschinenparametern, der Abgleich mit Auftragsdaten, Messdaten, historischen Daten wie Erfahrungsdaten (Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt) sowie mit aus prädiktiven Analysetechniken erhaltenen Referenzwerten findet ständig und während der Produktion statt. Auf diese Weise kann das Synchronisationsmodul 122 kontinuierlich und/oder im Falle von Offline-Messungen in regelmäßigen Abständen Vorhersagen von Trocknungs- oder Vernetzungsqualität mit aktuellen Messdaten optimieren. Bevorzugt findet dies ohne Unterbrechung der Druckproduktion statt.

[0079] Das selbstlernende Synchronisationsmodul 122 ist ausgebildet, wenigstens eine prädiktive Analysetechnik 140 auszuwählen, um basierend auf dem gewählten Modell bzw. einer Methode wenigstens einen Referenzwert für die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität bestimmen zu können. Die Analysetechniken 140 umfassen eine oder mehrere der folgenden Modelle, Methoden oder Analysen:
theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse 141, wissenschaftsbasiertes theoretisches Modell 148, empirisches Modell 147, Messanalysen mittels von Sensoren 150 erfasster Messdaten, statistisches Modell 142, stochastisches Modell 143, mathematische Methode 144, Analyse aufgrund von maschinellem Lernen oder von einem KI-Modul (künstliche Intelligenz-Modul) 145, Big Data Analyse und Deep Data Analyse 146.

[0080] Dabei ist zu bemerken, dass die in Fig. 1 illustrierten prädiktiven Analysetechniken 140 ein Zusammenspiel der einzelnen Methoden bzw. Modelle nicht ausschließen. Eine Kombination von den Analysetechniken kann abhängig davon gewählt werden, für welche Teile eines Prozesses welche Informationen am einfachsten gewonnen werden können. Beispielsweise können empirische Modelle 147 z.B. zur Datenreduzierung in Kombination mit stochastischen Modellen 143 oder statistischen Methoden 142 gebildet werden.

[0081] Die auf einer wissenschaftlichen Basis beruhenden Systemanalysen 141 können in eine theoretische Modellbildung 148 und experimentelle bzw. empirische Modellbildung 147 unterteilt werden. Auf dem Wege der theoretischen Systemanalyse 148 kann man üblicherweise die Grundsätze des vorherzusagenden Prozesses (hier Trocknung, Aushärtung, Vernetzung und Migrationspotential der applizierten Beschichtungsstoffe) und auch das System vereinfachende Parameter erhalten. Dabei stützen sich theoretische Systemanalysen oder Modelle insbesondere auf theoretische Kenntnisse wie physikalische bzw. chemische Gesetzmäßigkeiten. Da manche Prozessabläufe nicht genau bekannt sind oder eine rein physikalische/chemische Modellbildung zu aufwändig, wird häufig als Ergänzung zur theoretischen Systemanalyse 148 die experimentelle Systemanalyse 147 bzw. die empirische Modellbildung hinzugenommen. Hierbei verwendet man gemessene Signale d.h. Messdaten aus einem Experiment, das üblicherweise gemäß eines erstellten Versuchsplans oder sogenannten Designs (optimales Design, D-optimales Design, teilfaktorielles Design (Fractional factoral design)) ausgeführt wird. Als Ergebnis kann man sogenannte empirische Modelle beispielsweise zur Anpassung steuerbarer Prozessparameter zur Optimierung chemischer Reaktionsprozesse (oxidative Trocknung, UV/EB-Polymerisationsverfahren, Isocyanat/Polyol-Reaktion, Epoxygruppen/Aminogruppen-Reaktion etc.) erhalten.

[0082] Ein- und Mehrgrößensysteme kann man mit Hilfe eines mathematischen Modells 144 beschreiben. Zum Beispiel kann das sogenannte Zustandsraummodell sämtliche Beziehungen der Eingangs-, Ausgangs- und Zustandsgrößen eines dynamischen Systems in Form von Differentialgleichungen und mit Matrizen und/oder Vektoren darstellen. Messungen beispielsweise am Ausgang des Systems können zur Vorhersage von unbekannten Parametern genutzt werden. Dabei kann der Zustand eines dynamischen Systems wie der Grad der Trocknung zu einem Zeitpunkt t durch eine Reihe von Zustandsgrößen vorhergesagt bzw. geschätzt werden. Ein valides Modell wie z.B. ein Zustandsraummodell kann zur Vorhersage und damit Optimierung und Regelung der Trocknung bzw. Aushärtung im Druckprozess verwendet werden. Dabei ist es ein Vorteil des Steuerungssystems, dass in Abhängigkeit der verfügbaren Daten unterschiedliche prädiktive Analysetechniken oder -methoden 140 ausgewählt bzw. verbunden werden können.

[0083] Die für die experimentellen Systemanalysen bzw. die empirischen Modelle 147 notwendigen Messdaten werden durch geeignete Messsensoren 150 bzw. Messmethoden erhalten. Mittels Messsensoren 150 kann eine Vielzahl von Parametern wie Prozessparametern oder Maschinenparametern erfasst bzw. bestimmt werden. Die aktuellen Messdaten können direkt von in der Druckmaschine eingebauten Inline-Messsensoren (152 siehe Fig. 2) übertragen werden. Auf diese Weise werden die eingehenden Messdaten über die Eingabeeinheit 110 direkt, d.h. automatisch und ohne Verzögerung, erfasst. Alternativ oder zusätzlich kann die Eingabe der Messdaten über eine manuelle Eingabe erfolgen.

[0084] Fig. 2 zeigt eine schematische Detailansicht der zentralen Recheneinheit (CPU) 120 mit dem Synchronisationsmodul 122 sowie Schnittstellen 111, z.B. zum Empfang von Messdaten 115 von Messsensoren 150, oder von Eingabedaten einer Benutzerschnittstelle, die als Bedieneinheit 125 ausgebildet ist. Die Sensoren 150 werden in sogenannte Offline-Sensoren 151 und Inline-Sensoren 152 aufgeteilt. Sie können sowohl extern, als auch intern in Bezug auf die Druckmaschine angeordnet sein.

[0085] Beispielhaft für Messdaten 115 aus Inline-Sensoren 152, die über eine geeignete Schnittstelle 111 an das Synchronisationsmodul 122 in Echtzeit übertragen werden können, sind Daten aus der Messung von Betriebsdaten 118 der Druckmaschine und/oder Messdaten 115, die zur Optimierung eines Prozessparameters für die Trocknungs- und Aushärtungsqualität verwendet werden können. Diese Daten umfassen beispielsweise IR/NIR-Daten, Farbmessdaten von Kontrollfarben, Strahlungsleistung und/oder -intensität von integrierten Strahlendosissensoren, visuelle Daten von Kamerasensoren von integrierten Ritztestergebnissen, Messdaten spektroskopischer bzw. spektrometrischer Untersuchungen, Leitfähigkeitsmessdaten, Messdaten magnetischer Untersuchungen und Lumineszenz-Messdaten. Andere bekannte Inline-Sensoren oder virtuelle Sensoren sind ebenfalls einsetzbar, sofern die gewonnenen Messdaten 115 dazu geeignet sind, die für die Trocknungs- oder Aushärtungsqualität relevanten Prozessparameter zu bestimmen oder zu optimieren.

[0086] Die oben genannten Messdaten 115 können auch diskontinuierlich mit Hilfe von Offline-Sensoren 151 und Offline-Messmethoden gewonnen werden. Solche sogenannten externen Messdaten, wie Ergebnisse von Kratztests, Tesatests, Lösemittelbeständigkeitstests, Extraktionstests, spektroskopische Untersuchungen, Leitfähigkeitsmessungen, magnetische Untersuchungen, Lumineszenzmessungen, können manuell über eine Benutzerschnittstelle wie z.B. eine Bedieneinheit 125 eingegeben werden.

[0087] Wenn die offline sensorisch oder manuell gewonnenen Messdaten (z.B. digitale Daten oder andere) in üblichen Geräten wie beispielsweise PCs oder Smartphones gesammelt oder gespeichert wurden, können diese Messdaten über bekannte Übermittlungstechniken mittels Bluetooth, WLAN und/oder NFC (Near Field Communication) drahtlos oder drahtgebunden von einer geeigneten Schnittstelle 111 der zentralen Recheneinheit (CPU) 120 empfangen werden. Die Bedieneinheit 125 kann als softwarebasierte Benutzerschnittstelle und/oder als mobile Einheit mit einer Anzeige bzw. Bildschirm ausgebildet sein. Zudem muss die Recheneinheit 120 nicht zwingend vor Ort sein, sondern kann auch eine globale Infrastruktur wie das Internet der Dinge (Internet of Things IoT) oder cloudbasiert sein. Die Eingangsdaten sind in der Speichereinheit 121 speicherbar, wobei die Daten lokal oder in einer Cloud 128 abgespeichert werden können.

[0088] Fig. 3 zeigt schematisch ein Datenflussdiagramm für ein Steuerungsverfahren und Steuerungssystem für wenigstens eine Druckmaschine 180, wobei u.a. Datenflüsse zwischen den Schnittstellen 111 und Komponenten wie Sensoren 150 gezeigt werden.

[0089] Die zentrale Recheneinheit 120 ist ausgebildet, eine Datenaufbereitung, d.h. Analysen von Rohdaten durchzuführen und empfängt hierzu aus verschiedenen Quellen Daten. Zunächst sind als Quelldaten Auftragsdaten 114 zu nennen, die in Form von pdf (Portable Document Format) oder anderen geeigneten Beschreibungssprachen wie im Bitmapformat oder Postscript (Handelsbezeichnung von Adobe Systems USA), oder in Form von proprietären Dateiformaten des jeweiligen Herstellers, z.B. Adobe Photoshop ®, Adobe Illustrator ®, Adobe Acrobat Pro DC®, Esko Art Pro oder QuarkXpress, zur Verfügung gestellt werden können.

[0090] Auftragsdaten 114 wie digitale Druckdaten bzw. Bilddaten können mit Hilfe einer Rohdaten- oder Auftragsanalyse 124 in der zentralen Recheneinheit 120 analysiert werden. Dabei ist eine Analyse von pdf-Dateien bevorzugt.

[0091] Damit können alle aktuell vorherrschenden trocknungs- und härtungsrelevanten Parameter auch mit dem aktuellen Druckauftrag, d.h. den Auftragsdaten, verglichen werden. Mittels der Auftragsdaten 114 oder auftragsbezogenen Daten können in dem Analyseschritt 124 die übertragenen Farbmengen oder Farbschichtdicken oder ein Gesamtfarbauftrag auf Teilbereiche oder auf die komplette Druck- oder Applikationsfläche bezogen berechnet werden. Dabei wird insbesondere analysiert, wo der Bereich mit kritischster Farbzusammensetzung (most critical area) vorliegt, da hier die größte Anforderung hinsichtlich Trocknung, Aushärtung und/oder Vernetzung besteht. Auftragsbezogene Daten, wie beispielsweise Weiterverarbeitungsdaten wie Stanzen, Schneiden, Falten, Heften, Laminieren, Prägen, Heißsiegeln und Stapeln, können auch in die Analyse mit aufgenommen werden. Mit Hilfe des Analyseschrittes 124 können die Prozessparameter 181 detailliert für den jeweiligen Auftrag sowie prozessschrittbezogen optimiert werden.

[0092] Aus verschiedenen Quellen können Messdaten 115 erhalten werden. Eine mögliche externe Datenquelle ist z.B. eine Probe 164 wie eine Extraktionsprobe, wobei die Menge von aus dem bedruckten Substrat extrahierbaren Komponenten spektroskopisch bestimmt werden kann. Diese externen oder manuellen Prüfungen können einmalig, in gewissen Wartungszyklen, oder pro Auftrag, vorzugsweise in sogenannten "live" oder "inline" Tests und/oder im Bypass während des laufenden Auftrags erfolgen. Die in den Prüfungen oder Testmethoden erhaltenen Messdaten 115 können entweder von Messsensoren 150 direkt oder manuell über geeignete Schnittstellen 111 an die zentrale Recheneinheit 120 übertragen werden.

[0093] Eine weitere bedeutende Datenquelle sind die Betriebsdaten 118.
Betriebsdaten können einerseits direkt von der Druckmaschine 180 über die Schnittstelle 111 von der zentralen Recheneinheit 120 empfangen werden. Andererseits können die Betriebsdaten über Sensoren 150, die außerhalb der Druckmaschine 180 in einem Drucksaal (externe Quellen) oder in der Nähe bzw. an der Druckmaschine 180 angeordnet sind, Messdaten 115 und Betriebsdaten wie Umgebungsparameter 165 über die Schnittstelle 111 an die zentrale Recheneinheit 120 zur weiteren Analyse weitergeleitet werden (siehe vertikaler Kasten von Sensoren 150 und Umgebungsparameter 165 mit horizontalem Datenflusspfeil in Richtung Schnittstelle 111). Typische Umgebungsparameter 165 sind die Temperatur (T [°C]), wie die Temperatur in der Applikationsmaschine, oder die relative Feuchtigkeit (RH [%]).

[0094] Zudem können eine Auswahl oder Kombination folgender Betriebsdaten 118 von der zentralen Recheneinheit, stammend von einer oder mehrerer Druckmaschinen 180 bzw. Applikationsmaschinen, empfangen, bzw. gegebenenfalls relevante Prozessparameter von der zentralen Recheneinheit gesteuert werden:
  • Maschinenparameter 168 (Hier wird zwischen Istwerten 168 und Sollwerten 168' der Maschinenparameter unterschieden, wobei die Istwerte durch Messsensoren 150 messbar und mit Sollwerten von der zentralen Recheneinheit vergleichbar sind, um abhängig von der Differenz Steuerungsanweisungen zur Optimierung der Prozessparameter an die Druckmaschine auszugeben)
  • Druckverfahren und Maschinentyp; Applikationsmaschine/Druckmaschine
  • Beschichtungsstoffe 161 d.h. eingesetzte Farbserien/Farbtypen; eingesetzte Additive; eingesetzte Lackserie/Lacktype, eingesetzter Laminationskleber (Serie, Type); eingesetzter Primer (Serie, Type)
  • Schichtaufbau und die zu übertragenden Mengen an Primer, Farben/Lacke, Decklacke und/oder Finishes (z.B. Strukturlacke, Glanzlacke, Mattlacke, Softtouch, Anti-Beschlaglacke, Anti-Haftlacke, hydrophobe-hydrophile Lacke, Antistatiklacke)
  • Eingesetztes/r Substrat/Bedruckstoff und dessen Qualität
  • Feuchtmitteltype und -konzentration, Farb-Wasser-Balance, pH-Wert, Leitwert, Alkoholgehalt


[0095] Zu den Maschinenparametern 168 gehören auch Aktorendaten 169 wie z.B. eine Drehzahl oder Vorschub, Applikations-/Druckgeschwindigkeit, Walzeneinstellungen, Walzentypen und Einstellungen, und Type, Leistung und Geometrie der Trocknereinheit(en). Über Steuerungsanweisungen 171 einstellbare Prozessparameter 181 für die Trocknung sind insbesondere die Druckgeschwindigkeit und die Leistung der Trocknereinheiten. Abhängig vom Trocknertyp (UV, ESH, IR, Mikrowelle, Warmluft etc.) sind entweder die Strahlerleistung oder Temperatur und Luftgeschwindigkeit bei Wärmetrocknern als Prozessparameter regelbar. Bei Lasertrocknern können Steueranweisungen 171 bezüglich der Leistung und/oder Wellenlänge erfolgen. Bei den Trocknereinheiten soll die Trocknung mit einer möglichst geringen Leistung bei erforderlicher Trocknungsqualität eingestellt werden.

[0096] Weitere Maschinenparameter sind: Schöpfvolumina, Gummituch (Type), Druckformparameter (Druckformtyp), Rasterfrequenz der Druckform, Druckformqualität, Drucksujet und Farbbelegung, Klebung von Druckformen (Unterbau), Klischeeaufbau (Rundlauf bei mehreren Rapporten, Schwingungsvermeidung), Druckzylinderparameter wie die Druckzylinderrauhigkeit (Tiefdruck), Farbkasten und Einstellungen, Rakeltyp und Rakelqualität, bei Inkjet-Druckern u.a. Tröpfchengröße, Düsentyp und Druckkopf (Type).

[0097] Zur Ausgabe von optimalen Maschinensollwerten 168' für den aktuellen Auftrag in Form von Steuerungsanweisungen 171 werden in der zentralen Recheneinheit 120 alle eingehenden Daten sowie gespeicherte Daten aus früheren Messungen und Applikationsjobs herangezogen. Zur Optimierung verwendet die zentrale Recheneinheit eine prädiktive Analysetechnik 140. Diese Analysetechnik kann wissenschaftsbasiert sein und ein empirisches Modell 147 und/oder eine theoretische Systemanalyse 148 umfassen. Alternativ oder in Kombination mit den bereits genannten Techniken können statistische Methoden 142 wie z.B. statistische Optimierungsmethoden wie die Kleinste-Quadrate Schätzung zum Ermitteln z.B. einer Regressionsgeraden, die am besten zu den Messwerten passt, oder stochastische Modelle 143 auf Basis von Wahrscheinlichkeitsrechnungen, sowie mathematische Methoden 144 zur prädiktiven Analyse verwendet werden.

[0098] Für die Bestimmung der Prozessparameter 181 zur Steuerung einer Druckmaschine werden bevorzugt Künstliche-Intelligenz-Module, KI-Module 145, eingesetzt. Derartige KI-Module übersetzen Eingangsdaten wie Auftragsdaten 114, Betriebsdaten 118 und/oder Messdaten 115 durch eine interne Verarbeitungskette in Ausgangsgrößen wie die Steuerungsanweisungen 171, optimale Prozessparameter 181, Maschinensollwerte 168' und/oder optimale Auftragsreihenfolgen über alle ausstehenden Aufträge. Die interne Verarbeitungskette lässt sich trainieren, indem eine große Zahl Lern-Werte z.B. Messdaten 115 für die Eingangsgrößen vorgelegt und die interne Verarbeitungskette sukzessive dahingehend justiert wird, dass diese Lernwerte für die Eingangsgrößen möglichst gut auf die zugehörigen Lernwerte für die Ausgangsgrößen abgebildet werden. Bevorzugt ist das KI-Modul dynamisch ausgebildet und kann sich durch das fortwährende Lernen selbsttätig weiter verbessern. Ein solches dynamisches KI-Modul kann sich auch selbsttätig auf Veränderungen während des laufenden Druckauftrages, die zur Abweichung von den optimalen Trocknungseinstellungen und zugehörigen Prozessparametern 181 führen, einstellen. So ist beispielsweise ein manueller Eingriff, d.h. manuelle Synchronisation und/oder auftragsbezogene Gegenprüfung und daraus resultierende Anpassungen, nicht mehr oder zumindest immer seltener notwendig.

[0099] Auf diese Weise ist das Steuerungssystem selbstlernend ausgebildet und dient als eine Schnittstelle, die Ergebnisse und Messdaten 115 unterschiedlichster Trocknungs- und Aushärtungsanalysen verknüpft, bewertet und nachfolgend die für die Trocknungseinstellung relevanten Prozessparameter optimiert. Damit kann der manuelle Optimierungsaufwand signifikant reduziert werden und Auftragsunterbrechungen, lange Rüstzeiten und Makulaturen, d.h. Drucke, die z.B. durch unzureichende Trocknung unbrauchbar wurden oder anderweitig fehler- oder schadhaft (zu hohe Migrationswerte) sind, vermieden werden.

[0100] Nimmt die Datenmenge der gesammelten Eingangsdaten aufgrund einer großen Anzahl von Druckmaschinen, Aufträgen und/oder von gespeicherten Informationen von bereits gedruckten Produkten stark zu, kann die zentrale Recheneinheit 120 eine Big-Data-Analyse 146 oder Deep Data Analyse abrufen, die einer bestimmten Druckmaschine oder mehreren Druckmaschinen zugeordnet werden kann bzw. können, und die Daten definieren, die für die Bedienperson der Druckmaschine(n) wichtig und relevant sind. Dabei kann eine Big-Data-Analysetechnik die gesammelten Daten selbstlernend verwenden, um Indikatoren für Makulaturen zu identifizieren und damit Probleme vorherzusagen und zu lösen. Durch Sammlung möglichst vieler Daten und Auswertung kann mit steigender Lernkurve bereits vor Produktionsbeginn eine genauere prädiktive Analyse bzw. Vorhersage erfolgen. Auf diese Weise können vorteilhaft Probleme wie zu hohe Migration oder unzureichende Trocknung/Vernetzung beim gedruckten Produkt vermieden werden.

[0101] Fig. 4a zeigt ein erstes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens 400 zur Steuerung von für die Trocknung, Migration und Vernetzung relevanten Prozessparametern.

[0102] Das Verfahren 400 betrifft das Drucken eines Druckjobs mit folgenden bekannten Randbedingungen:
  • bekannte Druckmaschine,
  • bekannte Farbserie und
  • bekanntes Substrat.


[0103] In anderen Worten, ein aktueller Druckjob soll auf einer bekannten Druckmaschine mit bekannter Farbserie und bekannten Substrat gedruckt werden. Die Steuerung beginnt mit den Verfahrensschritten 410 bis 414, betreffend die Eingabe von Eingabedaten in die Eingabeeinheit 110. Auch wenn Fig. 4a die Verfahrensschritte in einer bestimmten Reihenfolge darstellt, wird darauf hingewiesen, dass diese Reihenfolge der Verfahrensschritte nicht zwingend vorgegeben ist und andere Reihenfolgen möglich sind. Es können auch einzelne Verfahrensschritte ausgelassen werden, falls zu Beginn Parameter noch nicht eingegeben werden können, da sie erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt werden, bzw. berechnet oder geschätzt werden.

[0104] Zu Beginn des Verfahrens 400 erfolgt über die Eingabeeinheit 110 (in Fig. 4a nicht gezeigt siehe Fig. 4b) eine Eingabe 410 von Betriebsdaten 118 einer bekannten Druckmaschine 180. Diese Betriebsdaten 118 können den Hersteller und Typ umfassen. Im Fig. 4b wird als beispielhafte Druckmaschine 180 eine Flexodruckmaschine 481 mit Rollenrotationsdruck gezeigt. Es können auch andere Druckmaschinen wie z.B. Bogenoffsetdruckmaschinen mit dem Verfahren 400 gesteuert werden. Weitere Betriebsdaten 118 werden in den Schritten 412 bis 414 mittels der Eingabeeinheit 110 eingegeben. Die Eingabe kann manuell oder gegebenenfalls teilweise automatisiert oder vollautomatisiert erfolgen.

[0105] Im Verfahrensschritt 411 erfolgt die Eingabe der Auftragsdaten 114, wobei die Auftragsdaten 114 beispielhaft in Form von pdf (Portable Document Format) zur Verfügung gestellt werden. Die Auftragsdaten 114, wie digitale Druckdaten bzw. Bilddaten, werden von der zentralen Recheneinheit 120 in dem Verfahrensschritt 418 empfangen und mit Hilfe einer Rohdaten- oder Auftragsanalyse 124 in der zentralen Recheneinheit 120 bearbeitet.

[0106] Die bekannten Randbedingungen wie bekannte Farbserie bzw. eingesetzter Beschichtungsstoff 161, werden im Verfahrensschritt 412 eingegeben. Die verwendeten Farben können aus kommerziell erhältlichen Farbserien gewählt werden.

[0107] Gemäß Verfahren 400 wird im Schritt 413 ein bekanntes Substrat 160, das auch Bedruckstoff genannt werden kann, eingegeben.

[0108] Im Schritt 414 können in Abhängigkeit von der bekannten Druckmaschine 180 Maschinenparameter 168 wie Anzahl und Typ der Trocknereinheiten sowie die Druckgeschwindigkeit v(Druck) eingegeben werden.

[0109] Alle Eingabedaten umfassend die genannten Betriebsdaten 118, Auftragsdaten 114, sowie Information über ein gedrucktes Produkt werden vom zentralen Modul 120 im Verfahrensschritt 418 von der zentralen Recheneinheit 120 empfangen und in der Speichereinheit 121 im Verfahrensschritt 419 abgespeichert.

[0110] Zudem kann kontinuierlich oder diskontinuierlich im Verfahrensschritt 421 gemessen bzw. durch geeignete Methoden und Messverfahren 421 Messdaten 115 bestimmt werden. Die gemessenen Messdaten 115 werden von der zentralen Recheneinheit 120 über eine geeignete Schnittstelle 111 bzw. Eingabeeinheit 110 im Verfahrensschritt 418 empfangen.

[0111] Im der zentralen Recheneinheit 120 (CPU) wird basierend auf den Eingabedaten (118, 114) und/oder gespeicherter Information eine prädiktive Analysetechnik 140 ausgewählt. Die ausgewählte Analysetechnik 140 bestimmt im Verfahrensschritt 420 wenigstens einen Referenzwert für die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität.

[0112] Als eine mögliche prädiktive Analysemethode 140 kann ein Zustandsraummodell oder ein empirisches Modell 147 verwendet werden, dass das grundsätzliche Verhalten der Trocknung oder Vernetzung abbilden kann und damit einen geeigneten Referenzwert für den Trocknungs- bzw. Härtungsgrad ermitteln kann. Mit Hilfe von Messwerten 115 kann das verwendete Modell bzw. die prädiktive Analysetechnik 140 parametrisiert und angepasst werden, um so eine ausreichend genaue Übereinstimmung zwischen dem verwendeten prädiktiven Modell und der Realität zu erreichen. Dabei können die Messdaten 115 einerseits im Verfahrensschritt 480 d.h. beim Drucken des Druckjobs auf der Druckmaschine mittels Messverfahren im Verfahrensschritt 421 gemessen werden, oder zumindest anfänglich auf historischen Erfahrungsmesswerten oder Daten aus einer Datenbank, die in der Speichereinheit 121 gespeichert wurden, beruhen. Andererseits können die Messwerte 115 durch wenigstens eine ausgewählte prädiktive Analysetechnik 140 berechnet bzw. geschätzt werden, um den Grad der Trocknung bzw. Vernetzung und insbesondere den für den Trocknungs- und Vernetzungsgrad spezifischen Referenzwert auch ohne die Durchführung von realen Messungen abbilden zu können. Steht ein künstliches Intelligenz-Modul 145 als Analysetechnik 140 zur Verfügung, können Messwerte 115 von Messverfahren 421 sowohl eines realen als auch eines virtuellen Sensors als Trainingsdaten für das KI- Modul dienen.

[0113] Im Verfahrensschritt 425 wird das Synchronisationsmodul 122 der zentralen Recheneinheit 120 verwendet, um optimierte Prozessparameter 181 und - einstellungen zur Annäherung an den Referenzwert mit aktuellen Messdaten 115 zu berechnen. Die Optimierung bzw. das Lernen 422 des Synchronisationsmoduls 122 erfolgt dabei vorzugsweise mit wenigstens einem messtechnisch ermittelten Wert oder einer Vielzahl von Messdaten 115. Diese Messdaten 115 können kontinuierlich oder diskontinuierlich gewonnen werden und optional von einem virtuellen Sensor stammen. Die Messdaten eines realen oder virtuellen Sensors können beispielsweise KI-Modul 145- Algorithmen oder Machine Learning Algorithmen einer prädiktiven Analysetechnik 140 nutzen, um die trocknungs- bzw. aushärtungsrelevanten Prozessparameter für eine maximale Annäherung an den Referenzwert zu optimieren. Ist der Referenzwert auf Basis der Messdaten nicht ein Abbild des erforderlichen Aushärte- bzw. Trocknungsgrades, erfolgt eine Anpassung bzw. Optimierung der trocknungs- bzw. aushärtungsrelevanten Prozessparameter. Falls dagegen der Referenzwert bzw. ein vorbestimmtes Toleranzband um den Referenzwert bereits erreicht wurde und damit die relevanten Prozessparameter für Trocknung, Vernetzung oder Migration bereits optimal eingestellt sind, ist das Feedback des Synchronisationsmodules 122, dass keine Anpassungen oder Änderungen der relevanten Prozessparameter erfolgen müssen.

[0114] Auf Basis des wenigstens einen Referenzwertes wird im Verfahrensschritt 425 wenigstens ein Prozessparameter 181 berechnet. Auf diese Weise können zur Steuerung des Druckprozesses ein oder mehrere Prozessparameter 181 automatisch bzw. direkt oder nach Freigabe durch eine Bedienperson der Druckmaschine 180 über eine Bedieneinheit an die Ausgabeeinheit (siehe Referenzzeichen 170 in Fig. 4b) übermittelt werden.

[0115] Über die Ausgabeeinheit 170 (in Fig. 4b gezeigt) werden im Verfahrensschritt 470 die Steuerungsanweisungen 171 betreffend wenigstens einen Prozessparameter 181 an die Druckmaschine 180 ausgegeben. Auf diese Weise können beispielsweise Prozessparameter der Trocknereinheiten wie UV-Strahlern (siehe 485 in Fig. 4b) oder Wärmetrocknereinheiten (siehe 486 in Fig. 4b) gesteuert werden, indem sie z.B. bei zu geringer Aushärtung die Leistung erhöhen und bei zu hoher Aushärtung die Leistung reduzieren. Alternativ oder zusätzlich kann auch der Prozessparameter 181 Druckgeschwindigkeit (vDruck) erhöht oder reduziert werden.

[0116] In Fig. 4b wird als beispielhafte Druckmaschine 180 eine Flexodruckmaschine 481 mit Rollenrotationsdruck gezeigt, die mit dem Verfahren 400, das in Fig. 4a schematisch dargestellt ist, steuerbar ist. Fig. 4b zeigt als Substrat 160 eine sogenannte Bedruckstoffbahn, wie z.B. Papier, Metall- oder Kunststofffolie, die von dem Abrollzylinder 463 abgerollt und am Ende des Druckprozesses auf dem Aufrollzylinder 462 und zugehörigen Rollenständer (nicht gezeigt) aufgerollt wird. In Fig. 4b wird das Substrat 160 in Richtung 469 gefördert, wobei in der Rollenrotationsdruckweise höhere Druckgeschwindigkeiten v(Druck) im Vergleich zur Verarbeitung von einzelnen Bogen in Bogendruckmaschinen erreicht werden können. Die Druckgeschwindigkeit v(Druck) kann beispielsweise durch Aktorendaten 169, d.h. durch die Rotationsgeschwindigkeit des Aufrollzylinders 462 bestimmt werden und über geeignete Datenübertragungsmittel bzw. Datenleitungen (schematisch durch Pfeil zwischen Aufrollzylinder 462 und Pfeil 418 dargestellt) von der Eingangseinheit 110 automatisch im Verfahrensschritt 418 empfangen und in der zentralen Recheneinheit 120 verarbeitet werden.

[0117] Wichtige Maschinenparameter 168 für die Trocknung, wie die Druckgeschwindigkeit v(Druck), sowie Leistungsparameter und/oder Geometrien der Trocknereinheiten 487 können in die Eingabeeinheit 110 eingegeben oder von ihr empfangen werden (siehe auch Schritt 414 Fig. 4a). Zudem können beispielsweise die Art der Trocknersysteme wie UV-Lampen 485 oder Wärmetrocknereinheiten 486, die mit Thermoluft bzw. Heißluft bis zu 250 °C trocknen, und/oder die Anzahl und Leistung der Trocknereinheiten 487 der Druckmaschine 180 eingegeben bzw. empfangen werden. Bei dem gezeigten Rollenrotationsdruck können Maschinenparameter 168 des Kammerrakelsystems (hier Kammerrakel 464) wie der Rakeltyp, Parameter der Rasterwalze(n) 466 bzw. der jeweils zugehörigen Druckformzylinder 467 und des wenigstens einen Gegendruckzylinders 465 erfasst werden.

[0118] Hinter jedem Druckwerk 461 bzw. Farbwerk ist eine Trocknereinheit wie z.B. eine Wärmetrocknereinheit 486 oder ein UV-Strahler 485 positioniert. Zudem gibt es zur vollständigen Aushärtung bzw. Vernetzung noch eine weitere Trocknereinheit 487, die vorzugsweise als Trocknungskanal ausgebildet ist. Alle Trocknereinheiten sind mit der Druckmaschinensteuerung in der zentralen Recheneinheit 120 verbunden. Mittels einer nicht gezeigten Bedieneinheit können in Abhängigkeit von den Auftragsdaten UV-Trockner 485 oder andere Trocknereinheiten 486, 487 angewählt werden. Um eine kontrollierte Trocknung zu gewährleisten, kann eingestellt werden, dass der Druck nur begonnen wird, wenn jede für den jeweiligen Druckauftrag benötigte Trocknereinheit seine Betriebsbereitschaft an die zentrale Recheneinheit 120 zurückgemeldet hat. Durch diese Maßnahme wird vermieden, dass Makulatur mit nicht ausreichend getrockneten bzw. unvernetzten Druckfarben oder Lacken erzeugt wird.

[0119] Bei dem gezeigten Beispiel können als Beschichtungsstoff 161 wenigstens teilweise UV-härtende Farben verwendet werden. Strahlungshärtende Farben werden in dem Beispiel in den letzten drei Farbwerken mit nachgeschalteten UV-Strahlern 485 verwendet. Die gezeigte UV-Flexodruckmaschine 481 weist beispielhaft 6 Farb- bzw. Druckwerke auf. Auch andere Konfigurationen als die gezeigte Maschinenkonfiguration, zum Beispiel mit mehr oder weniger Druckwerken, sind denkbar.

[0120] Nach der letzten Trocknungseinheit 487 kann zur vollständigen Aushärtung bzw. Trocknung wenigstens eine Kühlwalze (nicht gezeigt) nachfolgen. Auf Höhe der Umlenkrolle 468 sollte die Aushärtung des Beschichtungsstoffes 161 bei optimalen Einstellungen der Prozessparameter 181 weitestgehend abgeschlossen sein. Vor der Substrataufwicklung mit dem Aufrollzylinder 462 ist für einen kontinuierlichen Kratztest ein Messsystem fest in der Druckmaschine 481 installiert, welches eine Kratznadel 452 und einen Kamerasensor 450 umfasst. Vom Kamerasensor 450 werden die Messdaten 115 in Form von Bilddaten an die zentrale Recheneinheit 120 weitergeleitet, um automatisiert eine visuelle Auswertung zur Überprüfung des Aushärtungsgrades bzw. der Kratzfestigkeit durchzuführen. Diese Messdaten 115 können inline ohne Unterbrechung des Druckprozesses über die Datenleitung (siehe Pfeil zur Eingabeeinheit 110) genutzt werden, um mit Hilfe des Synchronisationsmoduls 122 und/oder in der Speichereinheit 121 abgespeicherter Daten die trocknungs- und vernetzungsrelevanten Prozessparameter und damit auch die prädiktive Analysetechnik 140 zu optimieren.

[0121] Für optimale Kontrollmessungen mit dem Kamerasensor 450 werden vorzugsweise Andrucke mit Testfeldern auf Höhe der Kameraposition angedruckt, die sogenannte auftragsspezifische "worst case areas" bzw. kritische Mehrschichtbereiche aufweisen. Werden die Messverfahren 421 an solchen kritischen Bereichen durchgeführt, ist bei einer ausreichenden Trocknung bzw. Durchhärtung solcher kritischer Bereiche des Drucksujets davon auszugehen, dass auch einfacher zu trocknende Bereiche mit beispielsweise weniger Schichten oder geringeren Schichtstärken eine ausreichende Polymerisation bzw. Trocknung aufweisen.

[0122] Werden vorgegebene Sollwerte für die jeweilige Messgröße nicht erfüllt, können von dem Synchronisationsmodul 122 Interpolationsfaktoren oder ein angepasstes Modell erstellt werden, das für die aktuellen Messdaten 115 wenigstens einen optimierten Prozessparameter angibt, der zu einer maximalen Annäherung an den Referenzwert führt. Ein mögliches Synchronisationsverfahren zur Optimierung des wenigstens einen Prozessparameters ist, eine Differenz zwischen den Sollwerten und den gemessenen Istwerten der jeweiligen Messgröße zu minimieren und daraus auf die optimale Einstellung des mindestens einen Prozessparameters zur maximalen Annäherung an den Referenzwert zurückzuschließen. Liegt keine Abweichung zwischen Soll und Istwerten vor, oder liegt der Istwert in einem vorbestimmten Toleranzband um den Referenzwert, ist eine Optimierung oder Anpassung der Analysetechnik 140 nicht notwendig, da das Steuerungsverfahren bereits mit dem aktuellen Referenzwert die Prozessparameter der Trocknung, Migration und/oder Vernetzung berechnen kann.

[0123] In Abhängigkeit des wenigstens einen optimierten Prozessparameters werden Steuerungsanweisungen 171 bzw. 172 (siehe beispielhaft gezeichnete gestrichelte Pfeile) an einen UV-Strahler 485 bzw. einer Trocknereinheit 487 ausgegeben (470). Die Ausgabe von Steuerungsanweisungen an die Wärmetrocknereinheiten 486 ist ebenfalls möglich, hier jedoch nicht eingezeichnet. Auf diese Weise können Strahlerleistungen und Intensität der Trocknereinheiten für jeden Druckjob individuell angepasst und eingestellt werden, um ein in Bezug auf die Trocknung optimales Druckergebnis zu erzielen.

[0124] Fig. 5 zeigt ein weiteres beispielhaftes Verfahren 500 zur Steuerung für trocknungs-, migrations- und vernetzungsrelevanten Prozessparameter, das beispielsweise beim Offsetdruckverfahren mit strahlungshärtenden Druckfarben verwendet werden kann. Das Verfahren 500 betrifft das Drucken eines Druckjobs vorzugsweise mit folgenden bekannten Randbedingungen:
  • bekannte Trocknereinheiten (UV-Lampentyp und Anzahl);
  • bekannter Beschichtungsstoff 161; und
  • bekanntes Substrat 160.


[0125] Bei dem Verfahrensbeispiel 500 ist zwar der Druckmaschinentyp sowie der UV-Lampentyp und die Anzahl der UV-Strahler bekannt, aber es handelt sich bei diesem Beispiel 500 um eine mehrere Jahre (z.B. 10 Jahre) alte Druckmaschine 180 mit unbekanntem Alter der UV-Strahler. Bekannterweise verändern klassische UV-Strahler wie beispielsweise Quecksilber-Dampflampen mit längeren Betriebszeiten ihre Lampenleistung vor allem an den Lampenenden mit der Zeit. Zudem nimmt bei langen Betriebszeiten in der Regel die Leistung von UV-Strahlern aufgrund von Verschmutzung oder Anlaufen der Reflektoren ab. Auf diese Weise besteht bei alten Druckmaschinen bzw. alten UV-Strahlern das Problem, dass die angezeigten, ursprünglichen Leistungsdaten eines UV-Strahlers von der tatsächlich wirksamen UV-Leistung häufig abweichen oder die Leistung an den Lampenenden geringer ist als in der Mitte der Lampe, was zu einer geringeren, nicht ausreichenden Trocknung oder Vernetzung in diesen Randbereichen führen kann. Daher ist das Verfahren 500 ausgelegt, die relevanten Prozessparameter der Trocknung und Vernetzung, wie die tatsächlich benötigte UV-Intensität, durch aktuelle Messungen an einem Kalibrierfeld an die aktuellen Betriebsbedingungen mit Hilfe des Synchronisationsmoduls 122 anzupassen.

[0126] Das beispielhafte Steuerungsverfahren 500 beginnt mit den Verfahrensschritten 510 bis 515 und umfasst jeweils das Eingeben 510 von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten 118 und Auftragsdaten 114.

[0127] In dem Ausführungsbeispiel 500 sind insbesondere folgende Betriebsdaten 118 bekannt:
  • Druckmaschine180, insbesondere Hersteller und Maschinentyp: KBA Rapida 106-6+L (Koenig und Bauer AG, Radebeul, Deutschland) (siehe Verfahrensschritt 510);
  • Auftragsdaten 114 in Form eines pdf -Files des Druckjobs mit Kalibrierfeld (siehe Eingabeschritt 511);
  • eingesetzter Beschichtungsstoff 161, wobei hier beispielhaft eine Farbserie für UV-Bogenoffset nämlich NewV Pack MGA der hubergroup Deutschland GmbH angegeben ist (siehe Eingabeschritt 512);
  • eingesetztes Substrat 160, wobei als Substrattypbeispiel Invercote G der Firma Iggesund Paperboard, Sweden, 220g/m2, gewählt wurde (siehe Eingabeschritt 513); und
  • folgende Maschinenparameter 168 (siehe Eingabeschritt 514):

    Anzahl und Typ der Trocknereinheiten: Zwei 200 Watt Hg-UV-Lampen (Koenig und Bauer AG, Radebeul, Deutschland)

    Volltondichte: 1,5 ± 0,2(C); 1.5 ± 0,2 (M); 1.45 ±0,2 (Y), 1.8 ±0,2 (K) g/m2 Druckgeschwindigkeit (v(Druck)) beispielhaft 13000 Bogen pro Stunde

  • Eingabe Feuchtmittel 162: 3,5% Substifix AF 8319/09 der hubergroup Deutschland GmbH, welches für den alkoholfreien oder alkoholreduzierten Bogenoffsetdruck mit Filmfeuchtwerken einsetzbar ist (siehe Eingabeschritt 515).


[0128] Die KBA Rapida 106 ist eine 6-Farben-Bogenoffset-Druckmaschine mit integriertem Lackwerk. Vorteilhaft bei diesem Maschinentyp KBA RA 106-6+L sind hohe Druckgeschwindigkeiten mit v(Druck) bis zu 20000 Bogen/h. Eine Vielzahl von Substraten wie Starkkarton, Papier, Folie und vieles mehr kann mit der KBA RA 106 bedruckt werden. Das im Beispiel 500 verwendete Invercote ® G ist ein Karton für den Grafikbereich oder für hochwertige Verpackungen und ist mit Flächengewichten zwischen 180 und 380 g/m2 kommerziell erhältlich. Eine Mehrzahl von Trocknereinheiten (hier 2 Hg-UV-Lampen) sind am Ende des Druckprozesses positioniert und optional können weitere Trocknereinheiten als Zwischentrockner zwischen den Offsetdruckwerken positioniert werden (vgl. Positionen der UV-Trockner 785 bzw. Trocknereinheit 486 bei den Druckmaschinen 781 bzw. 782 der Fig. 7).

[0129] Im Schritt 511 erfolgt die Eingabe der Auftragsdaten 114, wobei die Auftragsdaten 114 beispielhaft in Form von pdf (Portable Document Format) zur Verfügung gestellt werden und für den Verfahrensschritt Messen 553 ein Kalibrierfeld aufweist. Die Auftragsdaten 114, wie digitale Druckdaten bzw. Bilddaten, sowie die oben genannten Betriebsdaten 118 werden von der zentralen Recheneinheit 120 in dem Verfahrensschritt 418 empfangen.

[0130] Weiterhin werden von der zentralen Recheneinheit 120 Messdaten 115 empfangen. Um diese Messdaten 115 zu erhalten, werden die Verfahrensschritte 550 bis 554 ausgeführt.

[0131] Im Schritt 550 erfolgt das Andrucken der Druckform mit einem im pdf hinterlegten Kalibrierfeld und mit den bekannten Randbedingungen wie Farbserie, Substrat und Anzahl bzw. Typ der UV-Lampen. Dieses Andrucken kann auch Synchronisationsandruck genannt werden, da mit Hilfe des Kalibrier- oder Testfeldes eine Synchronisation bzw. Kalibration des durch die Auftragsdaten 114 festgelegten Druckjobs an Realbedingungen erfolgen kann. Nach dem Drucken des reellen Druckjobs erhält man ein Kalibrierfeld und damit eine Probe des bedruckten Substrates mit definiertem Farbübereinanderdruck und definierter Farbebelegung der einzelnen Farben bzw. definierter aufgetragener Farbmenge pro Fläche bei definierter Lampenintensität und definierter UV-Strahlendosis sowie definierter Druckgeschwindigkeit.

[0132] Im Schritt 551 erfolgt das Ausschneiden des Kalibrierfelds oder eines Teils des Kalibrierfeldes mit einer Fläche von ca. 20 cm2. Alternativ können auch andere Flächen des Kalibrierfeldes zwischen 1 und 50 cm2 gewählt werden, solange mit der Probe eine ausreichende Menge mindestens eines lösbaren Bestandteiles, wie z.B. Photoinitiatoren, aus der Druckfarbe extrahiert, und in dem linearen Messbereich des Spektrometers gemessen werden kann. Dabei können Photoinitiatoren beispielsweise kationische Oniumsalze wie Diphenyliodonium- und Triphenylsulfoniumsalz sein, oder Photoinitiatoren für radikalisch härtende Systeme, oder Kombinationen von beiden.

[0133] Der nächste Schritt 552, die Extraktion wenigstens eines löslichen Bestandteiles des Kalibrierfeldes auf dem gedruckten Beschichtungsstoff 161, erfolgt in einem Lösemittelbad, vorzugsweise in 10 mL Ethanol, wobei die ausgeschnittene Probe für eine vorgegebene Mindestzeit (z.B. 10 s) in diesem Lösemittelbad verbleibt. Das Lösemittel kann auch andere Alkohole als Ethanol oder Wasser-Alkohol Mischungen aufweisen, bzw. Mischungen von den genannten Substanzen. Andere Lösemitteltypen, -mischungen und -mengen sind ebenfalls möglich, solange das Verhältnis Lösemittel zur Probenfläche vorzugsweise zwischen 0,25 und 20 mL pro cm2 Probe beträgt. Für kationische Photoinitiatoren eignen sich beispielsweise Extrakte , die mehrzähnige Liganden wie EDTA (Ethylendiamintetraacetat) oder EDTE (Ethylendiamintetraessigsäure) enthalten.

[0134] Nachdem die Probe aus dem Lösemittel entfernt wurde, erhält man ein Lösemittelextrakt. Im Schritt 553 wird die Extinktion des alkoholischen Extraktes oder des Komplexbildner enthaltenden Extraktes mit einem Messsensor 150, nämlich einem UV/VIS Spektrometer wie z.B. Lambda II von Perkin Elmer gemessen. Das Messen 553 erfolgt offline mit einer Auflösung von 1 nm, einer Scanrate von 240 nm/min und einem Spalt von 2nm bei einer Wellenlänge von 310 nm. Auch andere Wellenlängen im Bereich 190 nm und 4000 nm sind geeignet, solange der zu messende lösbare Bestandteil der Probe in dem ausgewählten Wellenlängenbereich Strahlung absorbiert oder emittiert. Für diese Messung kann man beispielsweise eine lösemittelresistente, in diesem Wellenlängenbereich durchlässige 1,0 mL Einmal-Küvette von Rotilabo als Messzelle verwenden. Auf diese Weise können Messwerte 115 der spektroskopischen Charakteristika der jeweils gelösten Bestandteile in Abhängigkeit von den vorliegenden Trocknungsbedingungen gewonnen werden.

[0135] Im Schritt 554 werden die Messdaten 115 bzw. der Messwert des Kalibrierfeldes in die Eingabeeinheit eingegeben. Da es sich hier um ein Offline-Messverfahren handelt, kann diese Eingabe manuell durch eine Bedienperson mittels einer geeigneten Bedieneinheit erfolgen.

[0136] Gemäß dem Ausführungsbeispiel 500 werden in einer Datenbank bzw. in der Speichereinheit 121 der zentralen Recheneinheit 120 prädiktive Analysetechniken 140 und insbesondere empirische Modelle 147 gespeichert. In Abhängigkeit von den eingegebenen Betriebsdaten 118 wird im Schritt 520 ein empirisches Modell 147 für den Druckmaschinentyp KBA RA 106, für den bekannten Beschichtungsstoff 161, nämlich die migrations- und geruchsarme Farbserie (NewVPack MGA) und für das bekannte Substrat 160 ausgewählt. Auf Basis des ausgewählten empirischen Modells 147 wird wenigstens ein Referenzwert bestimmt (siehe Referenzzeichen 420). Es können auch eine Mehrzahl von Referenzwerten für verschiedene Bereiche des bedruckten Substrates oder Drucksujets berechnet werden. Das empirische Modell 147 ist vorzugsweise 2. Ordnung und weist insbesondere folgende fixe Parameter auf:
Druckmaschine und deren Konfiguration, Substrat, Farbserie (Hersteller und Typ), Feuchtmittel (Hersteller und Type), Volltondichte der einzelnen Druckfarben sowie Druckgeschwindigkeit und Lampenparameter, Probenfläche, Extraktionsmittel und - zeit und Parameter des verwendeten Spektrometers.

[0137] Im Schritt 521 werden mit Hilfe der Messdaten 115 Sollwerte mit gemessenen Istwerten verglichen und daraufhin im Schritt 522 eine mögliche Abweichung berechnet. Ergibt sich im Schritt 522 eine Abweichung Δ, wird das empirische Modell 147 im Verfahrensschritt 523 angepasst. Dies kann erfolgen, indem ansonsten fixe Parameter des empirischen Modells 147 mit Hilfe von Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren mit Hilfe des Synchronisationsmodules 122 angepasst werden. Das neue bzw. angepasste empirische Modell 147' wird in der Speichereinheit 121 gespeichert und für die weiteren Berechnungen verwendet.

[0138] Wird keine Abweichung Δ im Schritt 522 berechnet, d.h. bei Δ=0, bzw. befindet sich das ermittelte Δ innerhalb des vorbestimmten Toleranzbandes, kann der Verfahrensschritt 523 übersprungen werden (illustriert mit Hilfe des punktgestrichelten Pfeiles zwischen den Verfahrensschritten 522 und 524) und die Analyse 124 des pdf-Files mit dem ursprünglich in Schritt 520 ausgewählten Modell 147 im Schritt 524 durchgeführt werden.

[0139] Im Verfahrensschritt 524 werden auf Basis der Auftragsdaten 114 und anhand des angepassten bzw. ausgewählten empirischen Modells 147' bzw. 147 die "Worst case Areas" berechnet. Die "worst case areas" sind kritische Farbflächen des jeweiligen Drucksujets bestehend z.B. aus den trocknungskritischsten Mehr- oder Einzelschichtbereichen, die die höchste Anforderung an die Trocknungseinstellungen stellen.

[0140] Im Schritt 425 wird wenigstens ein trocknungs- oder vernetzungsrelvanter Prozessparameter 181 berechnet, wobei mit dem angepassten Modell 147' eine maximale Annäherung an den Referenzwert erreicht werden soll. Beispielsweise wird in Schritt 425 die benötigte UV-Lampenintensität für eine ausreichenden Trocknung bzw. Durchhärtung berechnet. Je nach Druckauftrag und damit vorgegebenen kritischen Bereichen (Worst case areas) kann die Lampenintensität weniger als 100% betragen wie beispielsweise 75%. Wird bei der Berechnung eine Lampenintensität von über 100% erhalten, muss ein weiterer Prozessparameter angepasst werden, beispielsweise durch Erhöhung der Anzahl der verwendeten UV-Lampen oder durch Reduktion der Druckgeschwindigkeit.

[0141] Über die Ausgabeeinheit 170 werden im Verfahrensschritt 470 die Steuerungsanweisungen 171 betreffend wenigstens einen Prozessparameter 181, wie z.B. die für eine ausreichende Trocknung erforderliche UV-Lampenintensität, an die Druckmaschine 180 ausgegeben und optional einer Bedienperson über eine Anzeige angezeigt. Wenn keine automatische Steuerung erfolgt, kann über eine Bedieneinheit die angezeigte UV-Lampenintensität für eine ausreichende Trocknung als Steuerungsanweisung an die Druckmaschine freigegeben werden. Auf diese Weise können beispielsweise Prozessparameter der Trocknereinheiten wie UV-Strahler (siehe 785 in Fig. 7) optimal gesteuert werden.

[0142] Schließlich wird im Schritt 480 der Druckjob in der Druckmaschine 180 auf Basis des wenigstens einen Referenzwertes und den berechneten Prozessparametern 181 gedruckt.

[0143] Fig. 6 zeigt schematisch ein weiteres Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens 600, das ebenfalls für Offsetdruckmaschinen des Typs KBA Rapida 106+6+L geeignet ist. Das Verfahren 600 ist insbesondere bei der Eingabe von Eingabedaten sowie den Messmethoden im Wesentlichen mit dem Verfahren 500 vergleichbar. Im Unterschied zu dem Beispiel des Verfahrens 500 in Fig. 5 gibt es jedoch für die prädiktive Analysetechnik 140 eine weitere unbekannte Randbedingung, nämlich das Substrat 160 ist unbekannt. Um trotz der weiteren unbekannten Randbedingung eine genaue Vorhersage bzw. Prädiktion treffen zu können, werden in diesem Beispiel 600 statt nur einem Kalibrierfeld zwei Kalibrierfelder angedruckt und jedes Testfeld analog wie in dem Beispiel 500 gemessen.

[0144] In dem Ausführungsbeispiel 600 werden im Wesentlichen die gleichen Betriebsdaten 118 wie im Beispiel 500 eingegeben, wobei sich die Auftragsdaten 114 in der Anzahl der Kalibrierfelder sowie des eingegebenen Substrats unterscheiden.
  • Druckmaschine 180, insbesondere Hersteller und Maschinentyp: KBA Rapida 106-6+L (Koenig und Bauer AG, Radebeul, Deutschland) (siehe Verfahrensschritt 610);
  • Auftragsdaten 114 in Form eines pdf -Files des Druckjobs mit zwei Kalibrierfeldern (siehe Eingabeschritt 611);
  • eingesetzter Beschichtungsstoff 161, wobei hier beispielhaft eine Farbserie für UV-Bogenoffset nämlich NewV Pack MGA der hubergroup Deutschland GmbH angegeben ist (siehe Eingabeschritt 612);
  • eingesetztes Substrat 160, wobei als Substrattypbeispiel NiklaSelect der Brigl & Bergmeister GmbH, Österreich, 80g/m2, gewählt wurde (siehe Eingabeschritt 613); und
  • folgende Maschinenparameter 168 (siehe Eingabeschritt 614):

    Anzahl und Typ der Trocknereinheiten: Zwei 200 Watt Hg-UV-Lampen (Koenig und Bauer AG, Radebeul, Deutschland)

    Volltondichte: 1,5 ± 0,2(C); 1.5 ± 0,2 (M); 1.45 ±0,2 (Y), 1.8 ±0,2 (K) g/m2 Druckgeschwindigkeit (v(Druck)) beispielhaft 13000 Bogen pro Stunde

  • Eingabe Feuchtmittel: 3,5% Substifix AF 8319/09 (hubergroup Deutschland GmbH, siehe Eingabeschritt 615).


[0145] Auf eine Wiederholung der Beschreibung der Messverfahrensschritte 550 bis 554 wird verzichtet und auf die Ausführungen in Beispiel 500 verwiesen. Im Unterschied zu Beispiel 500 werden anstelle nur eines Kalibrierfeldes im Beispiel 600 jeweils 2 Kalibrierfelder angedruckt, ausgeschnitten und nach Extraktion in einem Lösemittel im Schritt 553 gemessen. Das Messverfahren erfolgt mit einem Offline-Sensor 151, da out of line bzw. außerhalb der Produktionslinie gemessen wird.

[0146] Die durch das Offline-Messverfahren mittels eines Spektrometers diskontinuierlich ermittelten Messdaten 115 werden von der zentralen Recheneinheit 120 zur weiteren Verarbeitung empfangen. In der zentralen Recheneinheit 120 können die Eingabedaten sowie Messdaten in der Speichereinheit 121 gespeichert werden oder direkt in einer gewählten prädiktiven Analysetechnik 140 verwendet werden.

[0147] Im Verfahrensschritt 620 werden empirische Modelle 147 für den bekannten Druckmaschinentyp und die bekannte Farbserie NewV Pack MGA aus der Speichereinheit als prädiktive Analysetechniken gewählt. Da es für die eingesetzte Substratserie noch kein empirisches Modell 147 gibt, werden wenigstens 2 empirische Modelle 147 aus der Datenbank mit Substraten gewählt, die dem Substrat NilklaSelect am nächsten kommen bzw. damit vergleichbar sind. Daraufhin werden mit den empirischen Modellen 147 Sollwerte für die jeweilige Messgröße berechnet und es erfolgt ein Abgleich der Soll -Werte aus dem empirischen Modellen 147 mit den Ist- Werten aus den Messergebnissen 115. Daraufhin wird analysiert, bei welchen empirischen Modell 147 die Differenz zwischen den Sollwerten und den gemessenen Istwerten 115 minimiert werden kann, um im Schritt 621 das empirische Modell 147 mit dem besten Fit auszuwählen. Mit Hilfe der Schritte 620, 521 und 621 wird wenigstens ein Referenzwert für die Trocknungs- und Vernetzungsqualität bestimmt (siehe Klammer 420).

[0148] Nach der Auswahl des empirischen Modelles wird wie im Beispiel 500 im Schritt 522 eine mögliche Abweichung zum wenigstens einem Referenzwert berechnet. Ergibt sich im Schritt 522 eine Abweichung Δ, werden Konstanten und/oder statische Parameter und/oder Faktoren des empirischen Modells 147, wie z.B. Farb-/Wasserbalance, Farbschichtstärke, Substratqualität (Typ gleich, Papier aber eine andere Charakteristik), mit Hilfe von Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren anhand der Messdaten 115 optimiert und dadurch das empirische Modell 147 im Verfahrensschritt 523 angepasst. Das neue bzw. angepasste empirische Modell 147' wird in der Speichereinheit 121 gespeichert und für die weiteren Berechnungen insbesondere die Auftragsanalyse 124 im Schritt 524 verwendet.

[0149] Wird keine Abweichung Δ im Schritt 522 berechnet, d.h. bei Δ=0, bzw. befindet sich das ermittelte Δ innerhalb des vorbestimmten Toleranzbandes, kann der Verfahrensschritt 523 übersprungen werden (illustriert mit Hilfe von gestricheltem Kasten und Pfeil zwischen den Verfahrensschritten 522 und 524), und die Auftragsanalyse 124 des pdf-Files mit Ausnahme der 2 Kalibrierfelder wird mit dem ursprünglich in Schritt 621 ausgewählten Modell 147 im Schritt 524 durchgeführt.

[0150] Auf Basis der in Schritt 524 mit dem optimalen empirischen Modell 147' berechneten "Worst Case Areas" werden im Schritt 425 die Prozessparameter 181 berechnet. Auf diese Weise können die Prozessparameter 181 bestmöglich eingestellt werden.

[0151] Daraufhin folgt im Steuerungsverfahren Schritt 470, der die Ausgabe von Steuerungsanweisungen bezüglich Prozessparameter 181 betrifft. Auf diese Weise kann die erforderliche Intensität von UV-Lampen (siehe 485 in Fig. 7) oder alternativ bzw. zusätzlich eine Wärmetrocknereinheit (siehe 486 in Fig. 7), oder auch die geeignete Druckgeschwindigkeit gesteuert werden. Auf Basis der ausgegebenen Prozessparameter 181 wird schließlich der Druckjob im Schritt 480 gedruckt.

[0152] Fig. 7 zeigt schematisch ein Ausführungsbeispiel eines Steuerungssystems 700 für eine Mehrzahl von Druckmaschinen 180, 781 und 782. Die Druckmaschine 180 sowie die Offsetdruckmaschinen 781 und 782 sind über die zentrale Recheneinheit 120 und geeignete Schnittstellen 111 mit einem Netzwerk 788 verbunden. Jede Druckmaschine kann in Abhängigkeit von der Anzahl der bekannten Randbedingungen analog zu den in Fig. 5 oder Fig. 6 gezeigten Steuerungsverfahren in Verbindung mit der Speichereinheit 121 und/oder dem Synchronisationsmodul 122 gesteuert werden.

[0153] Die Offsetdruckmaschine 781 weist beispielhaft 4 Offsetdruckwerke 701 - 704 und ein nachgeschaltetes Lackwerk 705 auf. Alternativ können auch 6 Druckwerke wie bei der Bogenoffsetmaschine des Typs Rapida 106 (KBA RA 106-6+L, Koenig und Bauer Radebeul, Deutschland) bereitgestellt werden, oder auch Druckmaschinen mit mehr als 6 Druckwerken, zusätzlichen Lackwerken oder vorgeschalteten Druckwerken für die Applikation von Primern. Als Substrat 160 wird z.B. Papier oder Karton im Bogenformat 760 verwendet. Eine Vielzahl von anderen Substraten 160 wie Kunststoff- oder Metallfolie kann verwendet werden, solange das Substrat 160 in dem geeigneten Bogenformat zur Verfügung steht. Da die Druckmaschine 781 für UV-Bogenoffset mit UV-Lack als Beschichtungsstoff ausgelegt ist, weist die Druckmaschine 781 eine Mehrzahl an UV-Trocknereinheiten 485 auf, die an verschiedenen Stellen angeordnet und jeweils über nicht gezeigte Leitungen mit der Steuerung der zentralen Recheneinheit 120 verbunden sind. Einerseits sind Zwischentrockner zwischen den Druckwerken (701 und 702 bzw. 702 und 703) angeordnet und andererseits findet sich eine Mehrzahl von UV-Trocknern 485 hinter dem letzten Lackwerk und vor dem Ausleger, bevor das bedruckte Produkt 163 auf dem Bogenstapel abgelegt wird.

[0154] Die Druckmaschine 782 stellt ein Beispiel für konventionellen Bogenoffset mit UV-Lack dar, wobei vor dem Lackwerk eine Wärmetrocknereinheit 486 angeordnet ist und nach dem Lackwerk und vor dem Stapel von bedruckten Bögen 763 drei UV-Strahler 485 positioniert sind. An allen gezeigten Druckmaschinen können weitere nicht gezeigte Komponenten wie Signalleitungen oder Messsensoren 150 z.B. zur Messung der Temperatur oder Feuchtigkeit (nicht in Fig. 7 dargestellt) angebracht sein. Die dargestellten Beispiele sind nicht limitierend, da in Abhängigkeit von den Druckaufträgen und den jeweiligen Druckwerken eine Vielfalt von Farben bzw. Primern und/oder Lacken sowie zugehörige Trocknereinheiten 487 individuell eingesetzt werden können.

[0155] Die zentrale Recheneinheit 120 dient als Prozessoptimierungstool für jede einzelne Druckmaschine und kann als Server oder in Form einer Mehrzahl von zentralen Rechnereinheiten 120 ausgebildet sein. Andere Rechensysteme wie ein Personal Computer (nicht dargestellt) oder Ähnliches kann drahtlos oder drahtgebunden über das Netzwerk 788 mit der zentralen Recheneinheit 120 in Verbindung stehen. Ein besonderer Vorteil des Steuerungssystems und -verfahrens ist, dass mittels des selbstlernenden Synchronisationsmoduls Parameter der prädiktiven Analysetechnik, die üblicherweise als statische oder fixe Parameter eingegeben werden, kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen durch aktuelle Messdaten angepasst und optimiert werden und dadurch die Prozessparameter, die für die Trocknung und Vernetzung relevant sind, entsprechend den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden können.

Referenzliste



[0156] 
100
Steuerungssystem
110
Eingabeeinheit
111
Schnittstelle
114
Auftragsdaten
115
Messdaten von Offline Sensoren/Methoden 151 oder Inline Sensoren 152
118
Betriebsdaten
120
Zentrale Recheneinheit
121
Speichereinheit
122
Synchronisationsmodul
124
Rohdatenanalyse/Auftragsanalyse
125
Bedieneinheit
128
cloudbasierte Speichereinheit
140
prädiktive Analysetechnik
141
theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse
142
statistisches Modell
143
stochastisches Modell 143
144
mathematische Methode
145
KI-Modul (künstliche Intelligenz-Modul)
146
Big Data Analyse / Deep Data Analyse
147
experimentelle Systemanalyse/ empirisches Modell
148
theoretische Systemanalyse/Modell
150
Sensoren
151
Offline Sensoren oder Messmethoden
152
Inline Sensoren
160
Substrat
161
Beschichtungsstoffe z.B. Farbserie
162
Feuchtmittel
163
bedrucktes Produkt
164
Probe
165
Umgebungsparameter
168
Maschinenparameter (Istwert)
168'
Maschinenparameter (Sollwert)
169
Aktorendaten
170
Ausgabeeinheit
171, 172
Steuerungsanweisungen
180
Druckmaschine
181
Prozessparameter
400
Ausführungsbeispiel für ein Verfahren
418
Empfangen der Eingabedaten
419
Speichern der Eingabedaten und von Information
420
mittels der zentralen Recheneinheit 120 Bestimmen wenigstens eines Referenzwertes mittels einer prädiktiven Analysetechnik 140
421
kontinuierliches oder diskontinuierliches Messen; Messverfahren
422
Lernen bzw. Optimierung der Prozessparameter durch das Synchronisationsmodul
425
Berechnung der Prozessparameter
450
Kamerasensor
452
Kratznadel
461
Kammerrakel-Druckwerk
462
Aufrollzylinder
463
Abrollzylinder
464
Kammerrakel-Druckwerk
465
Gegendruckzylinder
466
Rasterwalze
467
Formzylinder
468
Umlenkwalze
469
Bewegungsrichtung des Substrates 160 (hier: Bedruckstoffbahn)
470
Ausgabe von Steuerungsanweisungen 171
480
Drucken des Druckjobs auf Druckmaschine 180
481
Flexodruckmaschine mit Rollenrotationsdruck
485
Strahlungstrocknereinheit
486
Wärmetrocknereinheit/ Thermoluftstromtrocknereinheit
487
Trocknereinheit
500
weiteres Ausführungsbeispiel des Steuerungsverfahrens
510
Eingabe Betriebsdaten Druckmaschine, wobei Parameter teilweise unbekannt sind
511
Eingabe Auftragsdaten 114 mit Kalibrierfeld
512
Eingabe der Betriebsdaten 118 bezüglich Farbserie 161
513
Eingabe bekanntes Substrat
514
Eingabe Maschinenparameter 168, insbesondere Anzahl und Typ UV-Trocknereinheit, Volltondichte und Druckgeschwindigkeit
515
Eingabe Feuchtmittel
520
Auswahl des empirischen Modells für Druckmaschine, bekannte Farbserie und bekanntes Substrat
521
Vergleich/Abgleich Soll/Istwerte aus empirischem/-n Modell/-en und Messdaten 115
522
Berechnung der Abweichung
523
Anpassung des empirischen Modells 147 u. Speichern als neues Modell 147'
524
Analyse der Auftragsdaten d.h. des pdfs mit Ausnahme der Kalibrierfelder und Berechnung des worst case areas anhand empirischem Modell 147'
550
Andrucken der Druckform mit wenigstens einem Kalibrierfeld
551
Ausschneiden des wenigstens einen Kalibrierfeldes z.B. à 20 cm2
552
Extraktion des Testfeldes z.B. mit 10 mL Ethanol
553
Messen der Extinktion des alkoholischen Extrakts mit UV/VIS Spektrometer
554
Eingabe der Messdaten 115 des wenigstens einen Kalibrierfeldes
600
Weiteres Ausführungsbeispiel des Steuerungsverfahrens
610
Eingabe Betriebsdaten Druckmaschine, wobei Parameter teilweise unbekannt sind
611
Eingabe Auftragsdaten 114 mit Kalibrierfeld
612
Eingabe der Betriebsdaten 118 bezüglich Farbserie 161
613
Eingabe verwendetes Substrat
614
Eingabe Maschinenparameter 168 insbesondere Anzahl und Typ UV-Trocknereinheit, Volltondichte und Druckgeschwindigkeit
615
Eingabe Feuchtmittel
620
Auswahl der empirischen Modelle für bekannte Farbserie aus Speichereinheit, wobei Teile der Druckmaschine und Substrat unbekannt sind
621
Auswahl des empirischen Modells
700
Steuerungssystem
701 -704
Offsetdruckwerke
705
Lackdruckwerk
760
Substrat/Bedruckstoff in Bogenformat
763
bedruckte Bögen
781
erste Offset-Druckmaschine
782
weitere Offset-Druckmaschine
788
Netzwerk



Ansprüche

1. Ein Steuerungssystem (100) für Druckmaschinen zum Einstellen und Überwachen von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben, Lacke, Primer und/oder Laminationskleber umfassend:

eine Eingabeeinheit (110) zur Annahme von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten (118) und Auftragsdaten (114) einer Druckmaschine (180);

eine zentrale Recheneinheit (120) zum Empfangen der Eingabedaten, und eine Speichereinheit (121) zur Speicherung der Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt (163, 763);

wobei die zentrale Recheneinheit (120) ausgebildet ist, basierend auf den in der Speichereinheit (121) gespeicherten Eingabedaten und/oder der gespeicherten Information unter Verwendung von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik (140) wenigstens einen Referenzwert für die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität zu bestimmen;

wobei die Eingabeeinheit (110) zur Annahme von Messdaten (115) ausgebildet ist;

wobei die zentrale Recheneinheit (120) ferner ein selbstlernendes Synchronisationsmodul (122) aufweist, das ausgebildet ist, den bestimmten Referenzwert kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen mit aktuellen Messdaten (115) oder einer anhand der Messdaten (115) ermittelten Vergleichsgröße zu vergleichen; und

wobei in Abhängigkeit von einer Abweichung zum wenigstens einen Referenzwert wenigstens ein trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanter Prozessparameter (181) mittels des Synchronisationsmoduls (122) berechenbar ist und der wenigstens eine Prozessparameter (181) an wenigstens eine Druckmaschine (180) und/oder an eine Bedieneinheit (125) der Druckmaschine ausgebbar ist.


 
2. Steuerungssystem nach Anspruch 1, wobei die prädiktive Analysetechnik (140) eine oder mehrere der folgenden Analysetechniken umfassen:
theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse (141), Messanalysen mittels von Sensoren (150) erfassten Messdaten, wenigstens ein empirisches Modell (147), wenigstens ein statistisches Modell (142), wenigstens ein stochastisches Modell (143), wenigstens eine mathematische Methode (144), wenigstens eine Analyse aufgrund von maschinellem Lernen, wenigstens ein KI-Modul (künstliche Intelligenz-Modul, 145), Big Data Analyse oder Deep Data Analyse (146), und Kombinationen davon.
 
3. Steuerungssystem nach Anspruch 1 oder 2, wobei die trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparameter (181) eine Druckgeschwindigkeit und/oder Art, und/oder Anzahl, und/oder eine Position, und/oder eine Leistung und/oder Geometrie einer Strahlungstrocknereinheit (485) oder einer Thermoluftstromtocknereinheit (486) umfassen.
 
4. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei das Steuerungssystem (100) wenigstens einen Sensor (150) zur Erfassung von Messdaten (115) umfasst, wobei der wenigstens eine Sensor (150) ausgewählt ist aus einer Gruppe umfassend:

ein Inline-Sensor (152), ein Offline-Sensor (151) und ein virtueller Sensor und Kombinationen davon,

wobei der Offlinesensor (151) vorzugsweise ausgewählt ist aus einer Gruppe umfassend:

ein Atomabsorptionsspektrometer (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometer mit induktiv gekoppeltem Plasma), ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) und UV-VIS Spektrometer; und

wobei der ausgewählte Offlinesensor (151) ausgebildet ist, Metallionen aus kationischen Photoinitiatoren wie Oniumsalzen aus strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen oder aus oxidativen Trocknern aus oxidativ trocknenden Beschichtungsstoffen zu erfassen.


 
5. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 4, ferner umfassend eine Mehrzahl von Druckmaschinen (180, 781, 782, 481), wobei die zentrale Recheneinheit (120) mittels einem Netzwerk (788) mit den Druckmaschinen verbindbar ist.
 
6. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei das Synchronisationsmodul (122) konfiguriert ist, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren für variable Parameter in Abhängigkeit von den Auftragsdaten (114) oder sich ändernden Betriebsdaten (118) zu bestimmen.
 
7. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei das Synchronisationsmodul (122) ferner konfiguriert ist, basierend auf den Auftragsdaten (114) eine Auftragsanalyse (124) durchzuführen, um eine Auftragsreihenfolge pro Druckmaschine und/oder die Prozessparameter in Abhängigkeit von den Prozessschritten zu optimieren,
wobei vorzugsweise die Eingabedaten über die Eingabeeinheit (110) automatisiert erfassbar und/oder über die Bedieneinheit (125) manuell erfassbar und speicherbar sind.
 
8. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
wobei die Betriebsdaten (118) ausgewählt sind aus einer Gruppe umfassend:

Druckverfahren,

Maschinentyp,

Maschinenparameter (168),

Umgebungsparameter (165),

Substrat (160), Substratserien,

Beschichtungsstoffe (161), Farbserie, Farbtyp, Additive, Primer, Lacke, Laminationskleber;

Schichtaufbau, die zu übertragenen Mengen an Farbe, Lack, Primer oder Laminationskleber,

Feuchtmittel (162), Feuchtmitteltyp, Feuchmitteldosierung, Brauchwasserwerte und

Kombinationen davon; und

wobei ein oder mehrere Maschinenparameter (168) vorzugsweise ausgewählt sind aus der Gruppe umfassend:

Druckgeschwindigkeit, Druckzylinderparameter, Druckformparameter Leistung und Geometrie der wenigstens einen Trocknereinheit (487, 485, 486), Farbmengen,

Walzentypen- und -einstellungen und Gummituch bei Offsetdruck,

Düsentyp oder Druckkopf bei Inkjet-Druck; und

bei Tief- und Flexodruck: Rakeltyp, Klischeeaufbau, Schöpfvolumina, Raster- oder Aniloxwalzentyp.


 
9. Steuerungssystem nach Anspruch 8, wobei die Auftragsdaten (114) ausgewählt sind aus einer Gruppe umfassend:

Druckdaten basierend auf einer Analyse (124) der digitalen Druckdaten,

bevorzugt unter Verwendung einer Seitenbeschreibungssprache umfassend eine pdf-Analyse oder auftragsbezogene Daten, wobei auf wenigstens einem Teil des Druckbereiches oder auf die gesamte Applikationsfläche bezogen die jeweilige Flächendeckung an Beschichtungsstoff (161), Druckfarbe, Laminationskleber,

Primer und/ oder Lack, mittels der Auftragsdaten (114) oder der auftragsbezogenen Daten berechenbar ist.


 
10. Steuerungssystem (100) nach Anspruch 9, wobei auftragsbezogene Daten (114) ferner Weiterverarbeitungsdaten umfassen, die ausgewählt sind aus einer Gruppe umfassend:
Stanzen, Rillen, Schneiden, Falzen, Heften, Laminieren, Kleben, Heißfolienprägen, Kaltfolienprägen, Prägen, Heißsiegeln und Stapeln und Kombinationen davon.
 
11. Verfahren (400, 500, 500) zur Steuerung von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern von Druckmaschinen (180) umfassend die folgenden Verfahrensschritte:

Empfangen (418) von Eingabedaten mittels einer Eingabeeinheit (110), wobei die Eingabedaten Betriebsdaten (118) und Auftragsdaten (114) einer Druckmaschine (180) umfassen;

Speichern (419) der Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt mittels einer Speichereinheit (121, 128), und

mittels einer zentralen Recheneinheit (120) Bestimmen (420) wenigstens eines Referenzwertes für die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität basierend auf einzelnen oder mehreren Eingabedaten und/oder der gespeicherten Informationen unter Verwendung von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik (140),

ferner kontinuierliches oder diskontinuierliches Vergleichen (521) des wenigstens einen Referenzwertes mit aktuellen Messdaten (115) oder mit einer zumindest teilweise auf den aktuellen Messdaten (115) basierenden Vergleichsgröße, wobei ein Synchronisationsmodul (122) der zentralen Recheneinheit (120) auf Basis des Vergleichens (521) kontinuierlich oder diskontinuierlich lernt (422), wie die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität tatsächlich ist; und

ferner Berechnen (522) einer Abweichung von dem wenigstens einen Referenzwert und bei einer Abweichung Berechnung (425) wenigstens eines trocknungs- und/oder vernetzungsrelevante Prozessparameters (181); und

wobei der wenigstens eine berechnete trocknungs- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparameter (181) direkt oder nach Freigabe durch eine Bedienperson der Druckmaschine (180) über eine Bedieneinheit (125) an wenigstens eine Druckmaschine (180) zur Steuerung ausgegeben (470) wird.


 
12. Verfahren nach Anspruch 11, wobei die aktuellen Messdaten mittels Messverfahren (421) von wenigstens einem der folgenden Sensoren (150) bereitgestellt werden:

ein Offlinesensor (151), ein Inlinesensor (152), virtueller Sensor und Kombinationen davon,

wobei das Messverfahren mittels Offlinesensor (151) vorzugsweise ausgewählt ist aus der Gruppe umfassend Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma), ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) und UV-VIS Spektrometrie, um Metallionen aus kationischen Photoinitiatoren wie Oniumsalsze aus strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen oder Metallionen aus oxidativen Trocknern aus oxidativ trocknenden Beschichtungsstoffen zu erfassen.


 
13. Verfahren nach Anspruch 11 oder 12, wobei das Synchronisationsmodul (122), ausgelegt ist, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren für variable Parameter in Abhängigkeit von den Auftragsdaten (114) oder sich ändernden Betriebsdaten (118) zu bestimmen, um die variablen Parameter automatisch anzupassen.
 
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 13, wobei das Synchronisationsmodul (122) basierend auf den Auftragsdaten (114) eine Auftragsanalyse (124) durchführt, um eine Auftragsreihenfolge pro Druckmaschine (180) und/oder die Prozessparameter (181) in Abhängigkeit von den Prozessschritten zu optimieren.
 
15. Ein computerlesbares Medium, auf dem Anweisungen zum Steuern wenigstens einer Druckmaschine (180) gespeichert sind, um das Verfahren zum Steuern von trocknungs-, migrations- oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern gemäß einem der Ansprüche 11 bis 14 durchzuführen.
 
16. Computerprogramm umfassend Anweisungen, die bei der Ausführung des Programmes durch einen Computer veranlassen, die Verfahrensschritte gemäß einem der Ansprüche 11 bis 14 durchzuführen.
 




Zeichnung




























Recherchenbericht












Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur