Technologischer Hintergrund
[0001] Die Erfindung betrifft ein Steuerungssystem für Druckmaschinen zum Einstellen und
Überwachen von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Parametern
für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben wie Drucktinten und Toner, Lacke,
Primer und Laminationskleber sowie ein Verfahren zur Steuerung von Druckmaschinenparametern,
welche die Trocknung, Migration und/oder Vernetzung der applizierten Materialien beeinflussen.
Ferner betrifft die Erfindung ein computerlesbares Medium und ein Computerprogramm
umfassend Steuerungsanweisungen für das genannte Verfahren.
[0002] Eine optimale Trocknung und Härtung von Druckfarben- oder Lackschichten sowie Primern
oder Laminationsklebern, d.h. von Beschichtungsstoffen bei Druckprozessen, und deren
Kontrollierbarkeit ist essentiell für die Herstellung qualitativ hochwertiger Druckprodukte.
Bekannterweise kann eine Härtung bzw. eine Trocknung von genannten Beschichtungsstoffen
physikalisch und/oder chemisch z.B. durch Vernetzung erfolgen. Zum einen kann bei
der physikalischen Trocknung die Trocknung durch Verdampfung von Lösungsmitteln unter
Einsatz von Thermolufttrocknereinheiten oder durch Wegschlagen bzw. Penetration von
Lösungsmitteln in das bedruckte Substrat erfolgen. Zum anderen kann bei chemischen
Trocknungs- und Vernetzungsvorgängen die Härtung bzw. Trocknung bei oxidativ aushärtenden
Druckfarben oder Lacken durch Oxidation mit dem Luftsauerstoff erfolgen. Ein weiteres
Beispiel für chemische Vernetzungsreaktionen tritt bei der Verwendung von 2K-Lacken
oder -Farben auf, die mit einem Härter (zweite Komponente) vermischt sind, um mit
diesem bei der chemischen Aushärtung ein polymeres, dreidimensionales Netzwerk zu
bilden. Solche 2K-Systeme können beispielsweise aus Polyol-Isocyanat-Kombinationen
bestehen, oder aus EpoxyAmin-Systemen. Wenn strahlenhärtende Druckfarben und Lacke
verwendet werden, kann die chemische Vernetzung energieangeregt mit Hilfe von Strahlung
erfolgen. Hierzu können die Steueranweisungen des Steuerungssystems an eine oder mehrere
UV-Lampen oder Elektronenstrahltrockner ausgegeben werden. Schließlich kann die Härtung
oder Trocknung durch Verfahrenskombinationen aus den genannten Trocknungsmechanismen
erfolgen.
[0003] In Abhängigkeit der Trocknungsarten können eine Vielzahl von Trocknereinheiten verwendet
werden. Zur Trocknung bei Druckprozessen werden beispielsweise IR-Strahler, Warmluft-Trockner,
UV-Strahler, ESH (Elektronenstrahl-Härte-) Strahler, Mikrowellen oder Laser verwendet.
Zudem sind für die Herstellung von Druckprodukten eine Vielzahl von Verfahren bekannt.
Diese Verfahren lassen sich in folgende bekannte Gruppen einteilen: Tiefdruckverfahren,
Hochdruckverfahren umfassend u.a. das Flexo-Druck- oder Buchdruckverfahren, Offsetdruckverfahren,
Siebdruckverfahren, Tampondruckverfahren, tonerbasiertes Digitaldruckverfahren und
Tintenstrahl-Druckverfahren. In den vergangenen Jahren hat die Anwendung von Computertechnik
bei Druckverfahren zugenommen. Seit Anfang der 1990er Jahre findet insbesondere der
Digitaldruck immer mehr Verbreitung. Dabei können digitale Druckverfahren wie beispielsweise
der Tintenstrahldruck ohne Druckform auskommen, da ein Computer das Druckbild direkt
an den Drucker sendet.
[0004] Es ist zu beachten, dass die verschiedenen Druckverfahren unterschiedlich komplex
sind. Insbesondere Druckverfahren wie beispielsweise der Offsetdruck setzen eine hohe
Qualifikation des Bedienpersonals voraus und erschweren aufgrund ihrer Komplexität
und/oder verfahrensbedingter Schwankungsparameter die Reproduzierbarkeit von Druckerzeugnissen.
Trocknungs- und Aushärtungsparameter werden in Offsetdrucksystemen bzw. -verfahren
typischerweise von einer Bedienperson manuell angepasst. Basierend auf Erfahrungswerten
kann eine Bedienperson beispielsweise die Leistung, Position oder Zahl von Strahlern
oder anderen Trocknereinheiten verändern. Manuelle und personenabhängige Anpassungen
basieren zumeist auf den Erfahrungswerten der jeweiligen Bedienperson und sind daher
nicht standardisierbar. Unterschiedliche Herangehensweisen können zu unterschiedlichen
Ergebnissen in der Qualität der Druckerzeugnisse und/oder zu Instabilität und Unvorhersagbarkeit
im Druckprozess führen.
[0005] Um eine unvollständige Trocknung bzw. Vernetzung von UV-härtenden oder anders aushärtenden
Druckfarben oder Lacken zu vermeiden, wird die Strahlungs- oder Trocknerleistung der
Druckmaschine häufig so geregelt, dass sie im Überschuss eingesetzt und/oder, dass
mit niedriger Geschwindigkeit gedruckt wird. Die Einstellung einer zu hohen Strahlungs-
oder Trocknerleistung an der Druckmaschine bedingt jedoch einen hohen Energieverbrauch,
und/oder einen hohen Schadstoffausstoß von beispielsweise Ozon oder Lösemittel und/oder
eine hohe Abwärmeleistung, die eine unerwünschte Erwärmung des Drucksaals zur Folge
haben kann. Starke Erwärmung kann zudem die Zügigkeit und Viskosität von Druckfarben
und/oder Lacken verändern, was den Druckprozess negativ beeinflussen kann. Die Dimensionsstabilität
und/oder Verarbeitbarkeit von Bedruckstoffen ist ebenfalls temperaturabhängig. Sowohl
Karton und Papier, als auch Kunststoff-Folien erfordern ein optimales Zusammenspiel
aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit, um im Druckprozess problemlos verwendet werden
zu können. Daher besteht der Bedarf höhere Aushärtegrade als notwendig und damit unnötigen
Energieeintrag in Farben und Substrate, sowie unnötigen Energie- und Schadstoffausstoß
zu vermeiden. Eine andere zeitintensive Variante, um eine unvollständige Trocknung
oder Aushärtung zu vermeiden, sind niedrige Druckgeschwindigkeiten, welche jedoch
zu geringer Effizienz der Druckmaschine und/oder höheren Produktionskosten führen.
[0006] Da die gängigen Vorgehensweisen aufgrund oben genannter Probleme teilweise ineffizient
sind und/oder aufgrund variabler Prozessparameter zu inakzeptablen Ungenauigkeiten
und schwankenden Ergebnissen führen können, besteht ein Bedarf an einem verbesserten
Überwachungsmechanismus, um die für die Trocknung, Migration und/oder Vernetzung ausschlaggebenden
Parameter besser und flexibler an den jeweiligen Druckprozess anzupassen.
[0007] Zudem sind beim Bedrucken von Lebensmittelverpackungen, insbesondere für den indirekten
Lebensmittelkontakt, also für die Außenseite von Lebensmittelverpackungen, wie auch
für den Direktkontakt, optimierte und reproduzierbare Trocknungs- und/oder Aushärtungsergebnisse
aus Sicherheitsgründen erforderlich, da auf diese Weise eine mögliche Abklatschmigration
bei der gemeinsamen Lagerung von bedruckten und unbedruckten Substraten, beispielsweise
bei aufeinander gestapelten, einseitig bedruckten Substraten, oder eine Migration
von gesundheitsbedenklichen Bestandteilen, oder von solchen Bestandteilen, die den
Geschmack und Geruch von Lebensmitteln beeinträchtigen können, aus Druckfarben- oder
Lacken, wie z.B. UV-Photoinitiatoren, durch den Bedruckstoff ins Lebensmittel besser
vermieden werden kann.
[0008] Es sind Verfahren zum Kontrollieren des Migrationspotentials von auf Lebensmittelverpackungen
gedruckten Beschichtungsstoffen beispielsweise aus der
EP 3 388 815 A1, der
WO2018/189248 A1 und der
EP 2 338 043 B1 bekannt. Eine zum Anmeldezeitpunkt dieser Anmeldung noch nicht veröffentlichte europäische
Anmeldung mit der Anmeldenummer
19163236.3 betrifft Kontrollverfahren des Aushärtegrades insbesondere von strahlungshärtenden
Beschichtungsstoffen für einzelne Druckmaschinen.
Beschreibung der Erfindung
[0009] Es ist ein Ziel der vorliegenden Erfindung, Kostenreduktionsmaßnahmen bereitzustellen,
indem sichergestellt wird, dass eine oder mehrere Druckmaschinen durch den Einsatz
eines Steuerungssystems kontinuierlich und stabil produzieren und/oder der Betrieb
durch Vorhersagbarkeit der Druckergebnisse optimiert wird.
[0010] Darüber hinaus ist es ein Ziel, sowohl den Energieverbrauch für Trocknungs-, und
Vernetzungsverfahren zu reduzieren. Energieeinsparungen erlauben bessere Rentabilität
der Druckmaschinen und niedrigere Produktionskosten. Ein weiteres Ziel ist es, den
Schadstoffausstoß auf ein unvermeidbares Minimum zu reduzieren. Es ist außerdem ein
Ziel, das Steuerungsverfahren so zu optimieren, dass die Lebensdauer eingesetzter,
mit hohen Anfangsinvestitionskosten verbundener Trocknereinheiten wie beispielsweise
UV-Lampen oder ESH-Strahler verlängert wird. Zugleich sollten keine Effizienzverluste
durch zu langsam produzierende Druckmaschinen erfolgen.
[0011] Ferner besteht beim Einsatz von gegenwärtigen Verfahren das Problem, dass schwankende
Prozessparameter oder andere Variablen nicht berücksichtigt werden können. Der damit
einhergehende hohe manuelle Optimierungsaufwand soll durch genauere Steuerungsverfahren
und durch die Reduktion von manuellen Anpassungen vermindert werden. Ferner besteht
der Bedarf, ein Steuerungssystem bzw. -verfahren bereitzustellen, welches weniger
Unterbrechungen der Produktion bzw. kürzere Rüstzeiten ermöglicht.
[0012] Es ist noch ein weiteres Ziel, ein genaues und sicheres Steuerungssystem und -verfahren
bereitzustellen, um stets die Einhaltung behördlicher Vorgaben bzw. Normen bezüglich
Migration aus der Druckfarbe und/oder den Lacken oder weiteren Beschichtungsmaterialien
sicherzustellen, wenn Lebensmittelverpackungen oder andere Druckprodukte wie beispielsweise
Einleger für die genannten Verpackungen, welche in Kontakt mit Lebensmitteln kommen
können, bedruckt werden sollen.
[0013] Diese und andere Ziele sollen mit Hilfe der Erfindung besser als mit herkömmlichen
Methoden und/oder den vorhandenen Steuerungssystemen von Druckmaschinen erreicht werden.
Die genannten Ziele bzw. Aufgaben werden insbesondere mit einem erfindungsgemäßen
System, einem Verfahren, einem computerlesbaren Medium und einem Computerprogramm
zur Steuerung von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern
von Druckmaschinen gemäß den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche erfüllt. Bevorzugte
Ausführungsformen des Steuerungssystems bzw. des Verfahrens gemäß der vorliegenden
Erfindung werden in den abhängigen Ansprüchen offenbart und in der folgenden Beschreibung
im weiteren Detail erörtert.
[0014] In Übereinstimmung mit einer oder mehreren Ausführungsformen der Erfindung bezieht
sich die Erfindung auf ein Optimierungs- oder Steuerungssystem für Druckmaschinen
zum Einstellen und Überwachen von für die Trocknung, Migration und/oder Vernetzung
entscheidenden Parametern für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben, Lacke,
Primer und/oder Laminationskleber, wobei das Steuerungssystem umfasst:
eine Eingabeeinheit zur Annahme von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten und Auftragsdaten
einer Druckmaschine, eine zentrale Recheneinheit zum Empfangen der Eingabedaten und
eine Speichereinheit zur Speicherung der Eingabedaten und/oder von Informationen über
wenigstens ein gedrucktes Produkt. Dabei ist die zentrale Recheneinheit ausgebildet,
basierend auf den in der Speichereinheit gespeicherten Eingabedaten und der gespeicherten
Information unter Verwendung von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik wenigstens
einen Referenzwert für die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität zu bestimmen.
Ferner ist die Eingabeeinheit zur Annahme von Messdaten ausgebildet. Vorzugsweise
umfasst das Steuerungssystem wenigstens einen Sensor und/oder eine Eingabeschnittstelle
zur Erfassung der Messdaten.
[0015] Ferner ist das Steuerungssystem dadurch gekennzeichnet, dass die zentrale Recheneinheit
ein selbstlernendes Synchronisationsmodul aufweist, das ausgebildet ist, den bestimmten
Referenzwert kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen mit aktuellen Messdaten
oder mit einer anhand der Messdaten ermittelten Vergleichsgröße zu vergleichen, wobei
in Abhängigkeit von einer Abweichung zum wenigstens einen Referenzwert wenigstens
ein trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanter Prozessparameter mittels
des Synchronisationsmoduls berechenbar ist und der wenigstens eine Prozessparameter
an wenigstens eine Druckmaschine und/oder eine Bedieneinheit der Druckmaschine ausgebbar
ist.
[0016] Unter Verwendung einer prädiktiven Analysetechnik kann wenigstens ein Referenzwert
bestimmt werden, der mit aktuellen Messdaten oder mit einer auf Basis der Messdaten
ermittelten Vergleichsgröße verglichen werden kann, um trocknungs-, migrations- und/oder
vernetzungsrelevante Prozessparameter für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben,
Lacke, Primer und Laminationskleber an wenigstens einer Druckmaschine entsprechend
zu regulieren. Jedem Referenzwert kann ein Toleranzband zugeordnet werden. In diesem
Fall wird bei dem Vergleich mit aktuellen Messdaten oder mit einer anhand der Messdaten
ermittelten Vergleichsgröße, geprüft, ob die Messwerte bzw. die Vergleichsgröße innerhalb
des Toleranzbandes liegen oder nicht.
[0017] Dieses Verfahren kann für eine Vielzahl von Beschichtungsstoffen, d.h. Druckfarben,
Lackfarben, Primer oder Laminationskleber, angewandt werden.
[0018] Durch die erfindungsgemäße Steuerung von Prozessparametern der Trocknung bzw. Vernetzung
kann vorteilhafterweise eine Makulaturreduzierung erfolgen, der Auftragsdurchsatz
gesteigert und eine erhebliche Energieeinsparung sowie ein reduzierter Schadstoffausstoß
ermöglicht werden. Ein besonderer Vorteil ist, dass mittels des selbstlernenden Synchronisationsmoduls
Parameter der prädiktiven Analysetechnik, die herkömmlich als statisch definiert sind,
kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen durch aktuelle Messdaten optimiert werden
und dadurch die Prozessparameter, die für die Trocknung und Vernetzung relevant sind,
entsprechend den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden können. In anderen Worten
ist das Steuerungssystem derart ausgebildet bzw. programmiert, dass aufgrund einer
prädiktiven Analyse von Eingabedaten und/oder aufgrund einer in der Speichereinheit
abgelegten Information über ein gedrucktes Produkt und den so erhaltenen Referenzwert,
Prozessparameter zur Trocknung bzw. Vernetzung laufend oder zumindest in regelmäßigen
Abständen aktualisiert und nachjustiert werden. Auf diese Weise kann eine Trocknereinheit
wie z.B. UV-Lampe lediglich mit derjenigen Leistung eingestellt werden, welche zur
optimalen Trocknung erforderlich ist. Wird der Energieverbrauch von Trocknereinheiten
wie Thermolufttrocknern und UV-Lampen auf den jeweils erforderlichen Wert reduziert,
produzieren die Trocknereinheiten auch weniger Abwärme und/oder Schadstoffe. Zugleich
ergibt sich eine verringerte Aufheizung von Maschinenelementen bzw. der gesamten Maschine,
so dass sich die Lebensdauer der Druckmaschine erhöhen und/oder eine kontrollierte
Drucksaaltemperatur erreicht werden kann, bzw. eine vorhandene Klimatisierung des
Drucksaales mit ebenfalls weniger Energie bzw. Strom betrieben werden kann.
[0019] Ein weiterer Vorteil ist, dass durch eine optimierte Trocknungs- und Aushärtungssteuerung
auch die erforderliche oder auch maximale Vernetzung von strahlenhärtenden Druckfarben
oder Lacken auf dem bedruckten Substrat sichergestellt werden kann. Damit können Vorgaben
nach Deutschem, Europäischem, bzw. Schweizer, bzw. US-Recht, oder rechtliche Vorgaben
in anderen Ländern so eingehalten werden, dass ein Übergang von Stoffen auf verpackte
Lebensmittel auf ein vorgeschriebenes Minimum reduziert werden kann. Beispielsweise
kann mit Hilfe des optimierten Steuerungssystems eine Gesamtmigration für bedruckte
Papiere oder bedruckte Kartonagen, die mit Lebensmittel in Kontakt kommen, so optimiert
werden, dass die Gesamtmigration einen Grenzwert von 10 mg/dm
2, sowie auch die spezifischen Grenzwerte für Einzelkomponenten gemäß der Kunststoffverordnung
EU Nr. 10/2011 der europäischen Kommission, gemäß der Schweizer Bedarfsgegenständeverordnung
SR 817.023.21 und/oder gemäß anwendbaren Regelungen der Food & Drug Administration
der Vereinigten Staaten von Amerika für Food Contact Materials wie beispielsweise
die 21CFR 175 (Adhesives and Components of Coatings) nicht überschreitet.
[0020] Die zentrale Recheneinheit weist vorzugsweise eine Bedieneinheit wie eine softwarebasierte
Benutzeroberfläche auf, die dem Nutzer, wie z.B. dem Bediener an der Druckmaschine,
die zu erwartende bzw. die aus den eingestellten Trocknungsparametern resultierende
Trocknungs- oder Aushärtungsqualität anzeigen kann. Über die Bedieneinheit kann dann
vorteilhafterweise auf den Stand der Optimierungsmöglichkeiten hingewiesen werden.
Die Optimierungsmöglichkeiten und damit verbundenen Steueranweisungen können entweder
nach manueller Zustimmung durch die Bedienperson oder automatisch erfolgen. In anderen
Worten, wenn eine manuelle Zwischenkontrolle nicht erforderlich ist, kann das optimierte
Steuerungssystem so voreingestellt sein, dass die Steueranweisungen zur Prozessoptimierung
direkt per Schnittstelle an die Druckmaschine ausgegeben werden, um somit schnell
in den Druckprozess korrigierend und/oder optimierend eingreifen zu können.
[0021] Die zentrale Recheneinheit verarbeitet alle eingehenden Daten und/oder greift auf
gespeicherte Daten zu, die zum einen gespeicherte Eingabedaten sein können und zum
anderen gespeicherte Informationen. Dabei werden unter gespeicherten Informationen
historische Daten über wenigstens ein gedrucktes Produkt verstanden, d.h. Informationen,
die auf der Erfahrung und/oder den Ergebnissen von vorangegangenen Auftragsdaten und/oder
Betriebsdaten basieren. Wenn kein derartiges Erfahrungswissen bei der Initialisierung
des optimierten Steuerungssystems gespeichert ist, kann dieses aus vergleichbaren
Produktionsszenarien rekonstruiert werden, indem beispielsweise Informationen von
Druckmaschinenherstellern, von Lieferanten der Druckmaterialien (Farben, Lacke, Primer,
Laminationskleber, Substrate) und/oder vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden.
Alternativ oder ergänzend können Informationen zu Produktionszeiten und/oder Produktionsumfängen
der Druckaufträge bezogen auf die jeweilige Druckmaschine herangezogen werden, wobei
alle erhaltenen Informationen in der zentralen Speichereinheit abgespeichert werden.
[0022] Prädiktive Analysetechniken verwenden historische Daten, um zukünftige Resultate oder Ergebnisse vorhersagen
zu können. Hierzu kann die prädiktive Analysetechnik Messmethoden, statistische und
mathematische Verfahren, eine Vielzahl von Modellen wie z.B. Zustandsraummodelle sowie
Künstliche Intelligenz und Kombinationen davon integrieren.
[0023] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Steuerungssystems und
-verfahrens umfasst die prädiktive Analysetechnik eine oder mehrere der folgenden
Techniken:
Theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse, Messanalysen mittels durch Sensoren
und/oder Messinstrumente erfasster Messdaten, empirische Modelle, statistische Modelle,
stochastische Modelle, mathematische Methoden, Analysen auf Basis von maschinellem
Lernen oder von einem KI-Modul (künstliche Intelligenz-Modul), einer Big Data Analyse
oder einer Deep Data Analyse.
[0024] Dabei ist zu bemerken, dass die oben genannte Einteilung von Analysetechniken Überschneidungen
der einzelnen Methoden nicht ausschließt bzw. die einzelnen Arten nicht immer voneinander
trennbar sind und gegebenenfalls miteinander kombiniert werden können. Beispielsweise
können empirische Modelle sowohl als stochastische als auch als mathematische Methoden
gebildet werden. Es ist ein Vorteil des Steuerungssystems, dass unterschiedliche Analysemethoden
ausgewählt bzw. verbunden werden können. Zudem wird das Wort "umfassen" oder Varianten
wie "einschließen" in der gesamten Beschreibung so verstanden, dass es die Einbeziehung
der angegebenen Zahl der Merkmale impliziert, wobei das Vorhandensein anderer nicht
genannter Merkmale aber nicht ausgeschlossen ist.
[0025] Als Beispiel der genannten prädiktiven Analysetechniken wird im Folgenden das empirische
Modell beschrieben. Unter empirischen Modellen gemäß der vorliegenden Erfindung wird
jede Art von einer Approximation von empirischen Beobachtungen durch eine mathematische
Funktion verstanden. D.h. ausgehend von einem oder mehreren Datensätzen wird versucht,
einen funktionalen Zusammenhang zu bestimmen, der die Daten ausreichend gut reproduziert.
Ein empirisches Modell kann dabei auf lineare Modelle oder Modelle 2. oder höherer
Ordnung zurückgreifen. Um beispielsweise eine Regressionsgerade (linear oder Modell
1. Ordnung), die am besten zu den Messdaten passt, zu finden, können stochastische
bzw. statistische Methoden verwendet werden, wie die Methode der kleinsten Quadrate.
[0026] Ein empirisches Modell kann für Druckverfahren bevorzugt erhalten werden, indem eine
statistische Versuchsplanung ausgeführt wird. Die statistische Versuchsplanung beruht
auf einer systematischen Versuchsplanung und Evaluation der erhaltenen Messergebnisse.
Je nach Wahl des Designs der Versuchsplanung können die Experimente dabei alle denkbaren
Versuchsanordnungen umfassen oder nur einen Teil (optimales Design, D-optimales Design,
teilfaktorielles Design). Üblicherweise werden Versuchspläne umgesetzt, für die sich
der kleinste Umfang ergibt. Für weitere Details zu den genannten statistischen Versuchsplänen
wird auf statistische Fachbücher verwiesen wie z.B. "
Statistic for Experiments" von George E.P. Box et al., ISBN-13: 978-0471718130.
[0027] Bei der oben genannten statistischen Versuchsplanung werden ein oder mehrere Parameter
in den Experimenten verändert, um einen funktionellen Zusammenhang zwischen den Messdaten
aus beispielsweise einer Spektralanalyse eines bedruckten Substrates und diesen Parametern
zu erhalten. Vorzugsweise können die in dem Experiment variierten Parameter ein oder
mehrere Prozessparameter sein, die ausgewählt sind aus der Gruppe umfassend: Art und
Anzahl der übereinander liegenden Beschichtungen, Flächendeckung jeder einzelnen Schicht
aus Druckfarbe, Lack, Primer und/oder Laminationskleber, Farbdichte oder flächenbezogenes
Gewicht der trockenen Druckfarbe, Lack etc., Art des Substrates/Bedruckstoffes, Druckgeschwindigkeit,
bei UV Härtung: UV-Lampenart, UV-Lampenleistung und UV-Dosis, bei Wärmetrocknung:
Temperatur, Luftstromgeschwindigkeit und andere trocknungs- und vernetzungsrelevante
Parameter.
[0028] Insbesondere unter Verwendung von KI-Modulen, die u.a. künstliche neuronale Netze
oder Machine Learning (maschinelles Lernen) umfassen und anderer Verfahren wie Big-Data-Analysen,
kann das selbstlernende Synchronisationsmodul zu präziseren Resultaten als herkömmliche
Steuerungsverfahren führen und die Prozessparameter für die relevanten Komponenten
der Druckmaschine, wie Trocknungseinheiten optimieren. Die maschinell in einem KI-Modul
ablaufenden Rechen-, Prüf- und Vergleichsoperationen können immer genauere Trial-
and Error-Testläufe beinhalten, in denen durch dauernde Selbst-Dokumentation, d.h.
durch Verwendung von abgespeicherter Information über das gedruckte Produkt möglicherweise
eintretende Abweichungen von dem vorgegeben Sollzustand, wie z.B. eine gewünschte
Trocknungs- und Vernetzungsqualität immer besser eliminiert werden können.
[0029] Dabei können kontinuierliche oder intermittierende Messanalysen zur Abbildung des
"Ist"-Zustandes das Steuerungssystem unterstützen, indem z.B. die daraus resultierenden
Messdaten einem KI-Modul als Trainingsdaten dienen. Auf diese Weise können mögliche
Abweichungen vom Sollzustand zeitnah erkannt und korrigiert werden, um eine gleichbleibende
Trocknungs- bzw. Vernetzungsqualität sicherzustellen.
[0030] Zur kontinuierlichen Messung sind beispielsweise sogenannte Inline-Sensoren geeignet,
die in der Druckmaschine positioniert sind und Messsignale direkt oder indirekt an
die zentrale Recheneinheit zur weiteren Verarbeitung und/oder Speicherung ausgeben
können. Die Inline-Sensoren befinden sich direkt in der Produktionslinie. Alternativ
oder ergänzend können externe Messdaten von sogenannten
Offline-Sensoren, die auch Out-of-line-Sensoren oder Sensoren außerhalb der Produktionslinie genannt
werden können, verwendet werden. Die verwendeten Sensoren bzw. Messanalysemethoden
sind u.a. abhängig von dem Aushärtungs- bzw. Vernetzungsverfahren. In den folgenden
Abschnitten zu Inline- und Offline-Sensoren werden von den bekannten Messmethoden
Beispiele genannt. Dabei ist bei allen Messmethoden zu beachten, dass die Messungen
vorzugsweise an sogenannten Test- oder Kalibrierbereichen und/oder -feldern der einzelnen
Farben, z.B. von einzelnen oder mehreren applizierten und/oder mitgedruckten Kontrolldruckfarben
und/oder Test- bzw. Kalibrierfeldern des Übereinanderdruckes (worst case areas), erfolgen.
"Worst case areas" sollen kritische Ein- oder Mehrschichtbereiche berücksichtigen,
bei denen druckauftragsabhängig entweder die höchsten Schichtstärken aufgetragen werden
oder der Schichtaufbau die höchsten Anforderungen an die chemische und/oder physikalische
Aushärtung stellt.
[0031] Vorteilhafterweise werden die Messungen unter den realen Druckmaschinen-Bedingungen,
d.h. inline oder mit aktuell gedruckten Testfeldern intermittierend offline durchgeführt.
Um aktuelle Messdaten zu erhalten, werden sogenannte Synchronisationsandrucke durchgeführt,
die zur Synchronisation bzw. Kalibration eines Druckjobs unter Realbedingungen dienen.
Hiermit können aktuelle Messdaten mit Kalibrierkurven oder empirischen Modellen des
Druckfarbenherstellers oder anderen Tests, die in einem Labor vorab durchgeführt wurden,
verglichen werden.
[0032] Die zentrale Recheneinheit kann entweder automatisch oder nach Vorgabe einer Bedienperson
eine prädiktive Analysetechnik auswählen und mit Hilfe beispielsweise eines empirischen
Modells in Kombination mit den druckauftragsbezogenen Daten ein "worst case area"
und einen korrespondierenden Referenzwert, vorzugsweise mit einem Toleranzband, berechnen.
Die prädiktive Analysetechnik ist damit ausgebildet, die Trocknungs- bzw. Aushärtungsqualität
vorherzusagen bzw. mit Hilfe eines Referenzwertes zu bestimmen. Dieser Referenzwert
kann dann mit den aktuellen Messwerten desselben Testbereiches (hier "worst case area")
verglichen werden. Beispielsweise kann, abhängig von einem Vergleich mit einem vorher
festgelegten minimalen Grenzwert der Trocknungs- bzw. Vernetzungsqualität, das Steuerungssystem
regeln, die Prozessparameter mit maßgeblichem Einfluss auf Trocknung, Migration und/oder
Vernetzung anzupassen.
[0033] In einer vorteilhaften Ausführungsform umfassen die Prozessparameter mit maßgeblichem
Einfluss auf Trocknung und/oder Vernetzung, eine Druckgeschwindigkeit, und/oder Art,
und/oder eine Anzahl, und/oder eine Position, und/oder eine Leistung, und/oder Geometrie
einer Strahlungs- oder einer Thermoluftstromtocknereinheit.
[0034] In einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst das Steuerungssystem zur Erfassung
von Messdaten wenigstens einen Sensor, wobei der wenigstens eine Sensor ausgewählt
ist aus einer Gruppe umfassend: ein Inline-Sensor, ein Offline-Sensor und ein virtueller
Sensor und Kombinationen davon. Dabei kann ein virtueller Sensor auf Basis von einer
prädiktiven Analysetechnik wie z.B. ein Simulationsmodell bereitgestellt werden. Ein
virtueller Sensor kann mit durch ein Modell erzeugten Daten und/oder Messdaten von
realen Messsensoren angelernt werden.
Offline-Sensoren
[0035] Zur Bestimmung der aktuellen Messdaten können sogenannte Offline-Sensoren oder externe
Analyseverfahren eingesetzt werden. Darunter zählen ein einfacher Kratztest z.B. mit
dem Fingernagel oder einer fixierten Nadel, um die Kratzfestigkeit festzustellen.
Folgende weitere Offlinetests, die entweder manuell bzw. unter Zuhilfenahme von messanalytischen
Geräten wie Spektrometern durchgeführt werden können, können zur Bestimmung von Messdaten
für typische Eigenschaften der Trocknungs- bzw. Vernetzungsqualität verwendet werden:
Tesatest (Haftung), Lösemitteltest (Beständigkeit gegenüber Aufquellen der Oberfläche),
Extraktion von extrahierbaren Komponenten und spektroskopische Mengenbestimmung, z,B.
durch Messung des UV/VIS-Spektrums oder IR-Spektrums an extrahierter Probe, spektroskopische
Konzentrationsbestimmung von relevanten Molekülen oder Atomgruppen zur Bestimmung
des Umsetzungsgrades (z.B. über Intensität der acrylischen Doppelbindung bei strahlenhärtenden
Systemen, Abnahme der Isocyanat-Bande im IR-Spektrum bei 2K-Systemen aus Isocyanaten
und Polyolen, um die Umsetzung der Isocyanat-Bande zu bestimmen). Schließlich können
Messverfahren wie die Ellipsometrie und andere Messungen zur Messung der Schichtdicke
verwendet werden.
[0036] Für Spektralanalysen kann als Offline-Messgerät, beispielsweise ein RFA (Röntgenfluoreszenzanalyse)
Handspektrometer der Firma Bruker (S1 Titan Series, TRACER 5 Family) verwendet werden.
Zur Messung kann beispielsweise eine Extraktion von bedrucktem Substrat mit Lösemittel
(z. B. Ethanol) oder wässrigen Lösungen von Komplexbildnern (z.B. Ethylendiamintetraacetat
(EDTA)-Lösung) erfolgen und anschließend der Extrakt mit dem RFA-Scanner gemessen
werden. Mit Hilfe der RFA kann die Menge an metallhaltigen Komponenten bestimmt werden,
was insbesondere bei der Analyse von metallhaltigen Trockenstoffen in oxidativ trocknenden
Systemen oder bei kationischen Photoinitiatoren genutzt werden kann.
[0037] Für oxidativ trocknende Druckfarben bzw. Lacke können neben einem RFA-Scanner folgende
Offline -Messungen verwendet werden:
- Messung der Konzentration von Mangan/Cer/Eisen oder anderen Metallionen aus den Trockenstoffen/Sikkativen
in der Druckfarbe oder dem Öldrucklack in Kontrollfeldern der Einzelfarben über ESR-Spektroskopie,
wenn einzelne Bögen oder Abschnitte zur Prüfung entnommen werden, in Kombination mit
einer Farbdichtemessung und/oder in Verbindung mit der Schichtdicke, die beispielsweise
mittels eines Bruker DektaXT, eines taktilen Profilometers, ermittelt werden kann.
Ferner können die Mettalionen aus den Trockenstoffen/Sikkativen wie oben beschrieben
per Extraktion, beispielsweise mit einer EDTA-Lösung, extrahiert werden und anschließend
mit spektrometrischen Methoden wie Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische
Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) und ICP-MS (Massenspektrometrie
mit induktiv gekoppeltem Plasma) bestimmt und quantifiziert werden.
- Messung mit Raman-Spektroskopie, z.B. Intensität der Raman-Banden von Acrylat-Doppelbindungen,
welche dann ebenfalls deren Umsetzung entspricht.
- REM/EDX (Rasterelektronenmikroskopie/ energiedispersive Röntgenspektroskopie), beispielsweise
für Metallionen oder Ionen schwererer Atome aus Komplextrocknern oder kationischen
Photoinitiatoren, wobei letztere bei strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen eingesetzt
werden.
[0038] Strahlungshärtende Druckfarben bzw. Lacke enthalten als kationischen Photoinitiatoren
z.B.: Oniumsalze. Geeignete Oniumsalze können beispielsweise Triphenylsulfoniumsalze,
Diazoniumsalze, Diaryliodoniumsalze sowie Ferroceniumsalze und verschiedene andere
Metallocenverbindungen umfassen. Die Struktur von zwei bekannten Oniumsalzen, nämlich
Diphenyliodonium- und Triphenylsulfoniumsalz, ist unten dargestellt.

[0039] Die genannten Oniumsalze charakterisieren sich dadurch, dass sie unter UV-Strahlung
eine starke Lewis-/Broensted-Säure produzieren, die dann eine ringöffnende Polymerisation
von cyclischen Etherharzen initiiert. Eine vereinfachte schematische Darstellung ist
unten für ein Triarylsulfoniumsalz (Ar
3S
+ MtX
n-) dargestellt:
- 1.

- 2.
H+MtXn- + M → HM+ MtXn-
- 3.
HM+ MtXn- + nM → H(M)nM+ MtXn-
wobei HMtX
n eine Lewis-Säure wie HBF
4, HPF
6, HAsF
6, HSbF
6st und Mt neben den genannten Metallen Bor (B), Arsen (As) und Antimon (Sb) auch für
das Nichtmetall Phosphor (P) und weitere Metalle stehen kann, Y ein Wasserstoffdonor
(Lösungsmittel oder Monomer) und M ein Monomer ist.
[0040] Antimon (Sb), Eisen (Fe) und weitere Metallionen sind nachweis- und quantifizierbar
mit Hilfe von folgenden Offline-Messmethoden:
- Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv
gekoppeltem Plasma) und ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma)
eines Extrakts, vorzugsweise eines sauren Extrakts wie z.B: verdünnter Essigsäure;
- Neben obigen spektrometrischen Offline-Messmethoden ist auch der Nachweis über einen
farbigen Komplex, der beispielweise durch Versetzen des Extrakts mit Rhodamin B entsteht,
und der über UV/VIS-Spektrometrie quantifiziert werden kann, denkbar.
[0041] Ferner kann die Wischfestigkeit und das Karbonieren mit dem Testgerät WIKAT des Fogra
Forschungsinstituts für Medientechnologien e.V. geprüft werden. Dabei versteht man
unter Karbonieren eine Prüfung von Mikroscheuern von Farbe gegen einen weißen Gegenbogen
oder eine benachbarte Oberfläche unter hohem Druck bei minimalem Hubweg, wie es z.B.
beim Schneiden mit Stapelschneidern auftritt. Bei unzureichender Trocknung wird die
gedruckte Farbe bzw. der applizierte Lack mehr oder weniger stark auf das Konterpapier
übertragen.
[0042] Ferner können bei Materialverbunden wie Laminaten mit geeigneten Prüfmaschinen wie
z.B. mit einer zwickiLine Materialprüfmaschine Z5.0 die zur Delamination benötigte
Kraft offline gemessen und mit Sollwerten verglichen werden. Weitere hier nicht aufgeführte
Offline-Messanalysemethoden sind denkbar, solange sie direkt mit der Trocknung und/oder
Aushärtung zusammenhängen, gut reproduzierbar sind und hinreichend genau zur Synchronisation
bzw. Anpassung verwendet werden können.
Inline-Sensoren zur Echtzeit-Überwachung
[0043] Besonders vorteilhaft zur kontinuierlichen und effizienten Zusammenarbeit mit dem
selbstlernenden Synchronisationsmodul ist die Anwendung von sogenannten Inline-Sensoren,
die inline im laufenden Produktionsprozess bzw. in der Produktionslinie nahezu in
Echtzeit aktuelle Messdaten liefern können.
[0044] Hierzu können zum Teil oben genannte Offline-Verfahren automatisiert werden, indem
ein Messsensor beispielsweise in eine einer Trocknungseinheit oder einem Strahler
gegenüberliegende (Druck-)walze eingebaut ist. Für einen automatisierten und kontinuierlichen
Kratztest für strahlungshärtende Systeme sowie 2K-Systemen mit Isocyanaten kann eine
fest in der Druckmaschine installierte Nadel zusammen mit einem Kamerasensor zur automatisierten
visuellen Auswertung durch die zentrale Recheneinheit verwendet werden. Für UV-härtende
Druckfarben und Lacke und 2K-Systeme kann zudem ein automatischer Auszug eines Druckbogens
oder - abschnitts beim Stapel- oder Rollenwechsel erfolgen, wonach beispielsweise
ein automatisierter Extraktionstest, Tesatest und/oder Karboniertest erfolgen kann.
Mit Hilfe eines automatisierten Einzeleinzuges bzw. Auszuges aus der Produktionslinie
kann in einem sogenannten Bypass prozessnah eine automatisierte Messung erfolgen und
Online-Messdaten zur Prozessoptimierung bereitgestellt werden.
[0045] Weitere Inline-Sensoren, die für die Messung der Trocknungs- und Vernetzungsqualität
von UV-härtenden Druckfarben oder Lacken verwendet werden können und z.B. nach einem
Druck- oder Lackwerk oder in der Substratauslage der Druckmaschine oder vor der Substrataufwicklung
am Ende eines Druckprozesses angeordnet sein können, sind in folgenden Verfahren aufgeführt:
- Messung eines IR-Spektrums mittels ATR-IR (attenuated total reflection / abgeschwächte
Totalreflektion- Infrarotspektroskopie) speziell im Bereich der Acrylat-Doppelbindung,
um deren Umsetzungsgrad zu bestimmen.
- Messung des UV/VIS-Spektrums zur Überprüfung der UV-Emission und Strahlerleistung
von UV-Lampen, wobei beispielsweise Farbänderungen von Intensität-Labels und/oder
verwendeten Kontrolldruckfarben genutzt werden können, die sich unter UV-Bestrahlung
farblich verändern.
- Messung des Gleitreibungskoeffizienten und Abgleich mit Soll-Werten von komplett ausgehärteter
Farbe/Lack.
[0046] Vorteilhafterweise kann nicht nur ein Sensor, sondern wenigstens zwei oder mehr Sensoren
bereitgestellt werden. Beispielsweise können ein erster UV/VIS- oder IR-Sensor vor
der UV-Trocknereinheit und ein zweiter Sensor derselben Art nach der UV-Trocknereinheit
angeordnet sein. Daraufhin können die gemessenen UV-Absorptionen in einem definierten
Bereich (z.B. einem Testfeld) verglichen werden und die Differenzmesswerte z.B. als
charakteristisch für die Absorption der Photoiniatoren (bei UV-Sensoren) bzw. die
Absorption der Acrylat-Doppelbindung (bei IR Sensoren) ausgewertet werden.
[0047] Für oxidativ trocknende Druckfarben bzw. Lacke können folgende Inline-Messungen oder
automatisierte Messungen in einem sogenannten Bypass verwendet werden wie z.B.:
- RFA-Scanner.
- REM/EDX (Rasterelektronenmikroskopie/energiedispersive Röntgenspektroskopie) Messungen
von Druckmustern z.B. mit Offline-Messgeräten wie dem NEX LS von Rigaku (EDXRF- Energy
dispersive X-ray fluorescence)
[0048] Die oben genannten Messverfahren und mögliche Messsensoren stellen keine abschließende
Aufzählung dar. Andere Messsensoren wie Leitfähigkeitssensoren, die im Gebiet der
Drucktechnologie üblicherweise Einsatz finden, können für Messungen in dem erfindungsgemäßen
Steuerungssystem bzw. -verfahren genutzt werden.
Zentrale Recheneinheit
[0049] Die zentrale Recheneinheit dient erfindungsgemäß als Prozessoptimierungstool und
kann als Server oder in Form einer Mehrzahl von zentralen Rechnereinheiten, sogenannten
Serverclustern, oder Microservices ausgebildet sein. Andere Rechensysteme wie ein
Personal Computer, Tablet oder Ähnliches kann drahtlos oder drahtgebunden über Netzwerke
oder Busse mit der zentralen Recheneinheit in Verbindung stehen.
[0050] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das Steuerungssystem eine
Mehrzahl von Druckmaschinen, wobei die zentrale Recheneinheit mittels eines Netzwerkes
mit den Druckmaschinen verbindbar ist, sofern die Druckmaschinen diese Kommunikation
bauartbedingt vorsehen oder diese Möglichkeit nachrüstbar ist.
[0051] Auf diese Weise kann eine Mehrzahl von Druckmaschinen vernetzt und zentral gesteuert
werden. Das Netzwerk kann ein Kommunikationsnetzwerk wie das Internet sein oder ein
nicht öffentliches Netzwerk. Dabei müssen die verschiedenen Druckmaschinen eindeutig
identifizierbar sein, wie es üblicherweise über eindeutige Maschinenkennungen erfolgt.
[0052] Die zentrale Recheneinheit kann drahtgebunden oder drahtlos über Datenverbindungen
mit wenigstens einer Druckmaschine oder mit einer Bedieneinheit einer oder mehrerer
Druckmaschinen verbunden sein, um beispielsweise aktuelle Betriebsdaten zu empfangen
und andererseits die optimierten Prozessparameter der Trocknung, Migration und/oder
Vernetzung auszugeben, um eine oder mehrere Druckmaschinen zu steuern. Die Bedieneinheit
ist bevorzugt direkt der zentralen Recheneinheit zugeordnet und vorzugsweise als Tastatur,
Maus, Trackball und/oder berührungssensitive Benutzeroberfläche ausgebildet und ermöglicht
der Bedienperson einen schnellen Zugriff.
[0053] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das
Synchronisationsmodul konfiguriert, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren für variable Parameter
in Abhängigkeit von den Auftragsdaten oder sich ändernden Betriebsdaten zu bestimmen.
[0054] Das Synchronisationsmodul als Teil der zentralen Recheneinheit kann auf diese Weise
notwendige Anpassungs- oder Interpolationsfaktoren bestimmen, um schwankende bzw.
sich von Auftrag zu Auftrag, beispielsweise Druckjob zu Druckjob, ändernde Parameter
(z.B. Substrattyp (z.B. Karton, matt oder glänzend gestrichenes Papier, ungestrichenes
Papier, Folie, etc.), Substrathersteller bzw. Produktlinien (z.B. satiniert gestrichene
Papiere wie MultiArtSilk, MagnoSatin, etc.), Farbtyp (z.B. oxidativ trocknend oder
strahlenhärtend), Farbserie bezogen auf Farbhersteller (z.B. von der Firma hubergroup
Deutschland GmbH: Resista 250, MGA Natura, UEH5000, etc.), Lacktyp (z.B. Mattlack,
Glanzlack, UV-Lack), Lackserie bezogen auf den Lackhersteller (z.B. von der Firma
hubergroup Deutschland GmbH: 58MGA1100, 58MGA2400, 60UC1100, 40UC5250, etc.), Flächendeckung,
Farbbelegung, Farbreihenfolge, Drucktücher, Schöpfvolumina, Druckformen/Druckwalzen/Siebdruckformen/Klischees,
Rasterfrequenz, etc.), die als starre Parameter beispielsweise in einem empirischen
Modell gesetzt sind, auszugleichen.
[0055] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Synchronisationsmodul konfiguriert,
basierend auf den Auftragsdaten vorab eine Auftragsanalyse durchzuführen, um eine
Auftrags- und/oder Drucksujetreihenfolge pro Druckmaschine und/oder die Prozessparameter
in Bezug auf die Prozessschritte zu optimieren.
[0056] Auf diese Weise kann z.B. eine Optimierung gemäß der zu druckenden GesamtSchichtdicken
bzw. Flächenbelegungen der einzelnen Farben, Lacke, Primer oder Laminationskleber
erfolgen, sodass beispielsweise mit dem Druck von Aufträgen und/oder Drucksujets mit
niedrigen Gesamtschichtdicken bzw. Flächenbelegungen begonnen wird und danach der
Druck von Aufträgen und/oder Drucksujets mit höheren Gesamtschichtdicken, bzw. Flächenbelegungen
folgt. Auf diese Weise kann der Energieverbrauch optimiert werden, da bei strahlungshärtenden
Druckfarben und Lacken die Strahlungsleistung auftragsabhängig angepasst werden kann.
[0057] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des Steuerungssystems sind die Eingabedaten
über die Eingabeeinheit automatisiert und/oder über die Bedieneinheit manuell erfassbar
und speicherbar.
[0058] Durch eine automatische Erfassung der Eingabedaten können in Echtzeit z.B. die Messdaten
von Inline-Sensoren erfasst und gespeichert werden und anschließend zur Weiterberechnung
genutzt werden. Eine manuelle Eingabe von Daten ist dagegen beispielsweise bei Offline-Messungen
notwendig, um die Messergebnisse dem optimierbaren Steuerungssystem zur Verfügung
zu stellen. Die Speicherung kann auf üblichen computerlesbaren Speichermedien, gegebenenfalls
auf Serverrechnern erfolgen und/oder ein Cloudsystem nutzen, um die hohe Anzahl von
Daten speichern zu können.
[0059] Die Eingabedaten für die zentrale Recheneinheit umfassen sowohl
Betriebsdaten als auch
Auftragsdaten, die im Folgenden aufgeführt werden.
[0060] Die
Betriebsdaten sind ausgewählt aus einer Gruppe umfassend: Druckverfahren, Maschinentyp, Maschinenparameter
(z.B. Walzentyp, Gummituch, Feuchtmittel, Alkohol, etc.), Umgebungsparameter, Substrat
bzw. Substrattypen, Substratserien, Beschichtungsstoffe (Farbserien, Farbtypen, Additive,
Primer, Lacke, Laminationskleber), Feuchtmittel (Feuchtmitteltyp, Feuchtmitteldosierung),
Brauchwasserwerte (z.B. Leitwert, pH-Wert), Schichtaufbau und die zu übertragenen
Mengen an Farbe, Lack, Primer oder Laminationskleber, und Kombinationen davon.
[0061] Unter Umgebungsparameter wird u.a. die Temperatur im Drucksaal bzw. an vorbestimmten
Orten in der Druckmaschine oder die Luftfeuchtigkeit verstanden.
[0062] Unter Druckverfahren können insbesondere folgende verstanden werden: Tiefdruckverfahren,
Hochdruckverfahren umfassend u.a. das Flexo-Druckverfahren, Offsetdruckverfahren,
Tintenstrahl-Druckverfahren und tonerbasierte Digitaldruckverfahren. Die Maschinenparameter
können zum einen abhängig vom Maschinentyp bzw. Hersteller und zum anderen abhängig
vom Druckverfahren sein.
[0063] Die Maschinenparameter sind weiterhin bevorzugt ausgewählt aus einer Gruppe umfassend:
Druckgeschwindigkeit, Druckzylinderparameter, Druckformparameter, Art, Anzahl, Position,
Leistung und Geometrie der wenigstens einen Trocknereinheit, Farbmengen, Walzentypen,
Walzeneinstellungen und Gummituch bei Offsetdruck, Düsentyp oder Druckkopf bei Inkjet-Druck;
und
bei Tief- und Flexodruck: Rakeltyp. Schöpfvolumina, Raster- oder Aniloxwalzentyp,
Rasterfrequenz, sowie Klischeeaufbau,beim Flexodruck.
[0064] Die
Auftragsdaten sind ausgewählt aus einer Gruppe umfassend:
Druckdaten basierend auf einer Analyse der digitalen Druckdaten, bevorzugt unter Verwendung
einer Seitenbeschreibungssprache umfassend eine pdf-Analyse oder auftragsbezogene
Daten, wobei auf wenigstens einem Teil des Druckbereiches oder auf die gesamte Applikationsfläche
bezogen die jeweilige Flächendeckung an Druckfarbe, Lack, Primer und/oder Laminationskleber
mittels der Auftragsdaten, oder der auftragsbezogenen Daten berechenbar ist.
[0065] Vorzugsweise umfassen auftragsbezogene Daten ferner Weiterverarbeitungsdaten, die
ausgewählt sind aus einer Gruppe umfassend:
Stanzen, Rillen, Schneiden, Falzen, Heften, Laminieren, Kleben, Heißfolienprägen,
Kaltfolienprägen, Prägen, Heißsiegeln und Stapeln.
[0066] Weiterverarbeitungsschritte wie Ausstanzungen bei Verpackungen mit Fenstern oder
Heißsiegeln mit Folien stellen unterschiedliche Anforderungen an die Trocknung bzw.
Vernetzung, so dass durch die Berücksichtigung dieser auftragsbezogenen Daten die
Trocknungs- oder Vernetzungsqualität weiter optimiert werden kann.
[0067] Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung wird ein Verfahren zur optimierten Steuerung
von trocknungs-, migrations- oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern von Druckmaschinen
bereitgestellt, das folgende Verfahrensschritte umfasst:
Empfangen von Eingabedaten mittels einer Eingabeeinheit, wobei die Eingabedaten Betriebsdaten
und Auftragsdaten einer Druckmaschine umfassen;
Speichern der Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt
mittels einer Speichereinheit, und mittels einer zentralen Recheneinheit Bestimmen
wenigstens eines Referenzwertes für die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität basierend
auf einzelnen oder mehreren Eingabedaten und/oder der gespeicherten Information unter
Verwendung von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik, ferner kontinuierliches
oder diskontinuierliches Vergleichen des wenigstens einen Referenzwertes mit aktuellen
Messdaten oder mit einer zumindest teilweise auf den aktuellen Messdaten basierenden
Vergleichsgröße, wobei ein Synchronisationsmodul der zentralen Recheneinheit auf Basis
des Vergleichens kontinuierlich oder diskontinuierlich lernt, wie die Trocknungs-
und oder Vernetzungsqualität tatsächlich ist, und ferner Berechnen einer Abweichung
von dem wenigstens einen Referenzwert und bei einer Abweichung Berechnung der erforderlichen
Anpassung wenigstens eines trocknungs- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparameters,
und wobei der wenigstens eine berechnete trocknungs- und/oder vernetzungsrelevante
Prozessparameter direkt oder nach Freigabe durch eine Bedienperson der Druckmaschine
über eine Bedieneinheit an wenigstens eine Druckmaschine ausgegeben wird.
[0068] Die erfindungsgemäßen Verfahrensschritte entsprechen den strukturellen Merkmalen
des Steuerungssystems wenigstens des Anspruches 1 und darüber hinaus gemäß den Merkmalen
der abhängigen Ansprüche, wobei die oben genannten Vorteile auch auf die entsprechenden
Verfahrensschritte zutreffen.
[0069] Vorzugsweise umfasst das Verfahren ferner folgenden Verfahrensschritt: Bereitstellen
der aktuellen Messdaten mittels Messverfahren durch wenigstens einen der folgenden
Sensoren: einen Offlinesensor, einen Inlinesensor, einen virtuellen Sensor und Kombinationen
davon.
[0070] Wird ein Messverfahren mittels Offlinesensor ausgewählt, erfolgt dies bevorzugt aus
der Gruppe umfassend Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie
mit induktiv gekoppeltem Plasma), ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem
Plasma) und UV-VIS Spektrometrie, um Metallionen aus kationischen Photoinitiatoren
wie Oniumsalzen aus strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen oder Metallionen aus
oxidativen Trocknern aus oxidativ trocknenden Beschichtungsstoffen zu erfassen.
[0071] Vorzugsweise umfasst das Verfahren ferner folgenden Verfahrensschritt: Bereitstellen
eines Synchronisationsmodules, das ausgelegt ist, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren
für variable Parameter in Abhängigkeit von den Auftragsdaten oder sich ändernden Betriebsdaten
zu bestimmen, um die variablen Parameter automatisch anzupassen.
[0072] Bevorzugt führt das Synchronisationsmodul basierend auf den Auftragsdaten eine Auftragsanalyse
durch, um eine Auftragsreihenfolge pro Druckmaschine und/oder die Prozessparameter
in Abhängigkeit von den Prozessschritten zu optimieren.
[0073] Weiterhin wird ein computerlesbares Medium bereitgestellt, auf dem Anweisungen zum
Steuern wenigstens einer Druckmaschine gespeichert sind, um das oben genannte Verfahren
zum Steuern von Trocknungs- oder Vernetzungsparametern durchzuführen.
[0074] Schließlich wird ein Computerprogramm bereitgestellt, das Anweisungen umfasst, die
bei der Ausführung des Programmes einen Computer veranlassen, die oben genannten Verfahrensschritte
durchzuführen.
Kurze Beschreibung der Figuren
[0075] Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung
von Ausführungsbeispielen anhand der Figuren. Es zeigen:
Fig. 1 eine schematische Ansicht eines erfindungsgemäßen Steuerungssystems;
Fig. 2 schematische Detailansicht der zentralen Recheneinheit eines Steuerungssystems mit
Synchronisationsmodul, Speichereinheit und Schnittstellen zu Komponenten wie Messsensoren;
Fig. 3 schematisches Datenflussdiagramm eines weiteren Ausführungsbeispiels eines Steuerungssystems
mit einer Druckmaschine und Komponenten wie Sensoren;
Fig. 4a ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens;
Fig. 4b ein Steuerungssystem für eine Flexodruckmaschine mit Rollenrotationsdruck zur Ausführung
eines erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens gemäß Fig. 4a;
Fig. 5 ein weiteres Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens mit Druckmaschine
mit zum Teil unbekannten Parametern, mit bekannten UV-Trocknereinheiten, bekannter
Farbserie und bekanntem Substrat;
Fig. 6 ein weiteres Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Steuerungsverfahrens mit Druckmaschine
mit zum Teil unbekannten Parametern, mit bekannten UV-Trocknereinheiten, bekannter
Farbserie und unbekanntem Substrat; und
Fig. 7 ein weiteres Ausführungsbeispiel eines Steuerungssystemes für eine Mehrzahl von Druckmaschinen.
Detaillierte Beschreibung der Figuren
[0076] Fig. 1 zeigt schematisch ein erfindungsgemäßes Steuerungssystem und -verfahren 100 zum Einstellen
und Überwachen von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Parametern
für pigmentierte und unpigmentierte Druckfarben, Lacke, Primer und/oder Laminationskleber.
Eine zentrale Recheneinheit 120 wird zum Empfangen von Eingabedaten einer Eingabeeinheit
110 bereitgestellt. Die zentrale Recheneinheit 120 verarbeitet alle eingehenden Daten
und berechnet optimale Einstellungen bzw. Prozessparameter für die Trocknung, Migration
oder Vernetzung. Diese optimalen Prozessparameter wie z.B. Sollwerte für Maschinenparameter
oder eine optimale Auftragsreihenfolge werden durch Steuerungsanweisungen von einer
Ausgabeeinheit 170 an die jeweilige Druckmaschine (hier nicht gezeigt) ausgegeben.
[0077] Bei diesem Optimierungsprozess berücksichtigt die zentrale Recheneinheit 120 Daten
und Ergebnisse aus früheren Messungen und Applikationsjobs oder Information von gedruckten
Produkten, sofern dies zu Beginn eines Druckprozesses möglich ist, sowie Auftragsdaten.
Hierzu ist die Eingabeeinheit 110 zur automatischen oder manuellen Annahme von Eingabedaten
umfassend Betriebsdaten und Auftragsdaten einer Druckmaschine ausgebildet. Die zentrale
Recheneinheit 120 weist eine Speichereinheit 121 bzw. eine Datenbank zur Speicherung
von Daten und insbesondere von Eingabedaten und von Information über wenigstens ein
gedrucktes Produkt auf. Ferner weist die zentrale Recheneinheit 120 ein Synchronisationsmodul
122 auf.
[0078] Das Synchronisationsmodul 122 der zentralen Recheneinheit 120 ist selbstlernend ausgebildet,
indem Vorhersagen von Trocknungs- oder Vernetzungsparametern durch aktuelle Messdaten
von Messmethoden oder Sensoren 150 optimiert werden 422. Das maschinelle Lernen kann
beispielsweise über ein selbstlernendes, künstliche Intelligenz (KI)-Modul 145 erfolgen.
Das KI-Modul 145 kann ausgebildet sein, basierend auf den in der Speichereinheit 121
gespeicherten Daten, umfassend Eingabedaten und/oder gespeicherte Information, unter
Verwendung von Algorithmen mittels rekursiver Selbstverbesserung zu lernen. Beim maschinellen
Lernen können die Algorithmen des KI-Moduls 145 u.a. ein statistisches Modell 142
erstellen, das auf Trainingsdaten wie empirische Daten oder Messdaten von Inline-Sensoren
152 oder Offline-Sensoren 151 beruht. Die Erfassung von aktuellen Parametern z.B.
Maschinenparametern, der Abgleich mit Auftragsdaten, Messdaten, historischen Daten
wie Erfahrungsdaten (Information über wenigstens ein gedrucktes Produkt) sowie mit
aus prädiktiven Analysetechniken erhaltenen Referenzwerten findet ständig und während
der Produktion statt. Auf diese Weise kann das Synchronisationsmodul 122 kontinuierlich
und/oder im Falle von Offline-Messungen in regelmäßigen Abständen Vorhersagen von
Trocknungs- oder Vernetzungsqualität mit aktuellen Messdaten optimieren. Bevorzugt
findet dies ohne Unterbrechung der Druckproduktion statt.
[0079] Das selbstlernende Synchronisationsmodul 122 ist ausgebildet, wenigstens eine prädiktive
Analysetechnik 140 auszuwählen, um basierend auf dem gewählten Modell bzw. einer Methode
wenigstens einen Referenzwert für die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität bestimmen
zu können. Die Analysetechniken 140 umfassen eine oder mehrere der folgenden Modelle,
Methoden oder Analysen:
theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse 141, wissenschaftsbasiertes theoretisches
Modell 148, empirisches Modell 147, Messanalysen mittels von Sensoren 150 erfasster
Messdaten, statistisches Modell 142, stochastisches Modell 143, mathematische Methode
144, Analyse aufgrund von maschinellem Lernen oder von einem KI-Modul (künstliche
Intelligenz-Modul) 145, Big Data Analyse und Deep Data Analyse 146.
[0080] Dabei ist zu bemerken, dass die in Fig. 1 illustrierten prädiktiven Analysetechniken
140 ein Zusammenspiel der einzelnen Methoden bzw. Modelle nicht ausschließen. Eine
Kombination von den Analysetechniken kann abhängig davon gewählt werden, für welche
Teile eines Prozesses welche Informationen am einfachsten gewonnen werden können.
Beispielsweise können empirische Modelle 147 z.B. zur Datenreduzierung in Kombination
mit stochastischen Modellen 143 oder statistischen Methoden 142 gebildet werden.
[0081] Die auf einer wissenschaftlichen Basis beruhenden Systemanalysen 141 können in eine
theoretische Modellbildung 148 und experimentelle bzw. empirische Modellbildung 147
unterteilt werden. Auf dem Wege der theoretischen Systemanalyse 148 kann man üblicherweise
die Grundsätze des vorherzusagenden Prozesses (hier Trocknung, Aushärtung, Vernetzung
und Migrationspotential der applizierten Beschichtungsstoffe) und auch das System
vereinfachende Parameter erhalten. Dabei stützen sich theoretische Systemanalysen
oder Modelle insbesondere auf theoretische Kenntnisse wie physikalische bzw. chemische
Gesetzmäßigkeiten. Da manche Prozessabläufe nicht genau bekannt sind oder eine rein
physikalische/chemische Modellbildung zu aufwändig, wird häufig als Ergänzung zur
theoretischen Systemanalyse 148 die experimentelle Systemanalyse 147 bzw. die empirische
Modellbildung hinzugenommen. Hierbei verwendet man gemessene Signale d.h. Messdaten
aus einem Experiment, das üblicherweise gemäß eines erstellten Versuchsplans oder
sogenannten Designs (optimales Design, D-optimales Design, teilfaktorielles Design
(Fractional factoral design)) ausgeführt wird. Als Ergebnis kann man sogenannte empirische
Modelle beispielsweise zur Anpassung steuerbarer Prozessparameter zur Optimierung
chemischer Reaktionsprozesse (oxidative Trocknung, UV/EB-Polymerisationsverfahren,
Isocyanat/Polyol-Reaktion, Epoxygruppen/Aminogruppen-Reaktion etc.) erhalten.
[0082] Ein- und Mehrgrößensysteme kann man mit Hilfe eines mathematischen Modells 144 beschreiben.
Zum Beispiel kann das sogenannte Zustandsraummodell sämtliche Beziehungen der Eingangs-,
Ausgangs- und Zustandsgrößen eines dynamischen Systems in Form von Differentialgleichungen
und mit Matrizen und/oder Vektoren darstellen. Messungen beispielsweise am Ausgang
des Systems können zur Vorhersage von unbekannten Parametern genutzt werden. Dabei
kann der Zustand eines dynamischen Systems wie der Grad der Trocknung zu einem Zeitpunkt
t durch eine Reihe von Zustandsgrößen vorhergesagt bzw. geschätzt werden. Ein valides
Modell wie z.B. ein Zustandsraummodell kann zur Vorhersage und damit Optimierung und
Regelung der Trocknung bzw. Aushärtung im Druckprozess verwendet werden. Dabei ist
es ein Vorteil des Steuerungssystems, dass in Abhängigkeit der verfügbaren Daten unterschiedliche
prädiktive Analysetechniken oder -methoden 140 ausgewählt bzw. verbunden werden können.
[0083] Die für die experimentellen Systemanalysen bzw. die empirischen Modelle 147 notwendigen
Messdaten werden durch geeignete Messsensoren 150 bzw. Messmethoden erhalten. Mittels
Messsensoren 150 kann eine Vielzahl von Parametern wie Prozessparametern oder Maschinenparametern
erfasst bzw. bestimmt werden. Die aktuellen Messdaten können direkt von in der Druckmaschine
eingebauten Inline-Messsensoren (152 siehe Fig. 2) übertragen werden. Auf diese Weise
werden die eingehenden Messdaten über die Eingabeeinheit 110 direkt, d.h. automatisch
und ohne Verzögerung, erfasst. Alternativ oder zusätzlich kann die Eingabe der Messdaten
über eine manuelle Eingabe erfolgen.
[0084] Fig. 2 zeigt eine schematische Detailansicht der zentralen Recheneinheit (CPU) 120 mit dem
Synchronisationsmodul 122 sowie Schnittstellen 111, z.B. zum Empfang von Messdaten
115 von Messsensoren 150, oder von Eingabedaten einer Benutzerschnittstelle, die als
Bedieneinheit 125 ausgebildet ist. Die Sensoren 150 werden in sogenannte Offline-Sensoren
151 und Inline-Sensoren 152 aufgeteilt. Sie können sowohl extern, als auch intern
in Bezug auf die Druckmaschine angeordnet sein.
[0085] Beispielhaft für Messdaten 115 aus Inline-Sensoren 152, die über eine geeignete Schnittstelle
111 an das Synchronisationsmodul 122 in Echtzeit übertragen werden können, sind Daten
aus der Messung von Betriebsdaten 118 der Druckmaschine und/oder Messdaten 115, die
zur Optimierung eines Prozessparameters für die Trocknungs- und Aushärtungsqualität
verwendet werden können. Diese Daten umfassen beispielsweise IR/NIR-Daten, Farbmessdaten
von Kontrollfarben, Strahlungsleistung und/oder -intensität von integrierten Strahlendosissensoren,
visuelle Daten von Kamerasensoren von integrierten Ritztestergebnissen, Messdaten
spektroskopischer bzw. spektrometrischer Untersuchungen, Leitfähigkeitsmessdaten,
Messdaten magnetischer Untersuchungen und Lumineszenz-Messdaten. Andere bekannte Inline-Sensoren
oder virtuelle Sensoren sind ebenfalls einsetzbar, sofern die gewonnenen Messdaten
115 dazu geeignet sind, die für die Trocknungs- oder Aushärtungsqualität relevanten
Prozessparameter zu bestimmen oder zu optimieren.
[0086] Die oben genannten Messdaten 115 können auch diskontinuierlich mit Hilfe von Offline-Sensoren
151 und Offline-Messmethoden gewonnen werden. Solche sogenannten externen Messdaten,
wie Ergebnisse von Kratztests, Tesatests, Lösemittelbeständigkeitstests, Extraktionstests,
spektroskopische Untersuchungen, Leitfähigkeitsmessungen, magnetische Untersuchungen,
Lumineszenzmessungen, können manuell über eine Benutzerschnittstelle wie z.B. eine
Bedieneinheit 125 eingegeben werden.
[0087] Wenn die offline sensorisch oder manuell gewonnenen Messdaten (z.B. digitale Daten
oder andere) in üblichen Geräten wie beispielsweise PCs oder Smartphones gesammelt
oder gespeichert wurden, können diese Messdaten über bekannte Übermittlungstechniken
mittels Bluetooth, WLAN und/oder NFC (Near Field Communication) drahtlos oder drahtgebunden
von einer geeigneten Schnittstelle 111 der zentralen Recheneinheit (CPU) 120 empfangen
werden. Die Bedieneinheit 125 kann als softwarebasierte Benutzerschnittstelle und/oder
als mobile Einheit mit einer Anzeige bzw. Bildschirm ausgebildet sein. Zudem muss
die Recheneinheit 120 nicht zwingend vor Ort sein, sondern kann auch eine globale
Infrastruktur wie das Internet der Dinge (Internet of Things IoT) oder cloudbasiert
sein. Die Eingangsdaten sind in der Speichereinheit 121 speicherbar, wobei die Daten
lokal oder in einer Cloud 128 abgespeichert werden können.
[0088] Fig. 3 zeigt schematisch ein Datenflussdiagramm für ein Steuerungsverfahren und Steuerungssystem
für wenigstens eine Druckmaschine 180, wobei u.a. Datenflüsse zwischen den Schnittstellen
111 und Komponenten wie Sensoren 150 gezeigt werden.
[0089] Die zentrale Recheneinheit 120 ist ausgebildet, eine Datenaufbereitung, d.h. Analysen
von Rohdaten durchzuführen und empfängt hierzu aus verschiedenen Quellen Daten. Zunächst
sind als Quelldaten
Auftragsdaten 114 zu nennen, die in Form von pdf (Portable Document Format) oder anderen geeigneten
Beschreibungssprachen wie im Bitmapformat oder Postscript (Handelsbezeichnung von
Adobe Systems USA), oder in Form von proprietären Dateiformaten des jeweiligen Herstellers,
z.B. Adobe Photoshop
®, Adobe Illustrator
®, Adobe Acrobat Pro DC
®, Esko Art Pro oder QuarkXpress, zur Verfügung gestellt werden können.
[0090] Auftragsdaten 114 wie digitale Druckdaten bzw. Bilddaten können mit Hilfe einer Rohdaten-
oder Auftragsanalyse 124 in der zentralen Recheneinheit 120 analysiert werden. Dabei
ist eine Analyse von pdf-Dateien bevorzugt.
[0091] Damit können alle aktuell vorherrschenden trocknungs- und härtungsrelevanten Parameter
auch mit dem aktuellen Druckauftrag, d.h. den Auftragsdaten, verglichen werden. Mittels
der Auftragsdaten 114 oder auftragsbezogenen Daten können in dem Analyseschritt 124
die übertragenen Farbmengen oder Farbschichtdicken oder ein Gesamtfarbauftrag auf
Teilbereiche oder auf die komplette Druck- oder Applikationsfläche bezogen berechnet
werden. Dabei wird insbesondere analysiert, wo der Bereich mit kritischster Farbzusammensetzung
(most critical area) vorliegt, da hier die größte Anforderung hinsichtlich Trocknung,
Aushärtung und/oder Vernetzung besteht. Auftragsbezogene Daten, wie beispielsweise
Weiterverarbeitungsdaten wie Stanzen, Schneiden, Falten, Heften, Laminieren, Prägen,
Heißsiegeln und Stapeln, können auch in die Analyse mit aufgenommen werden. Mit Hilfe
des Analyseschrittes 124 können die Prozessparameter 181 detailliert für den jeweiligen
Auftrag sowie prozessschrittbezogen optimiert werden.
[0092] Aus verschiedenen Quellen können Messdaten 115 erhalten werden. Eine mögliche externe
Datenquelle ist z.B. eine Probe 164 wie eine Extraktionsprobe, wobei die Menge von
aus dem bedruckten Substrat extrahierbaren Komponenten spektroskopisch bestimmt werden
kann. Diese externen oder manuellen Prüfungen können einmalig, in gewissen Wartungszyklen,
oder pro Auftrag, vorzugsweise in sogenannten "live" oder "inline" Tests und/oder
im Bypass während des laufenden Auftrags erfolgen. Die in den Prüfungen oder Testmethoden
erhaltenen Messdaten 115 können entweder von Messsensoren 150 direkt oder manuell
über geeignete Schnittstellen 111 an die zentrale Recheneinheit 120 übertragen werden.
[0093] Eine weitere bedeutende Datenquelle sind die
Betriebsdaten 118.
Betriebsdaten können einerseits direkt von der Druckmaschine 180 über die Schnittstelle
111 von der zentralen Recheneinheit 120 empfangen werden. Andererseits können die
Betriebsdaten über Sensoren 150, die außerhalb der Druckmaschine 180 in einem Drucksaal
(externe Quellen) oder in der Nähe bzw. an der Druckmaschine 180 angeordnet sind,
Messdaten 115 und Betriebsdaten wie Umgebungsparameter 165 über die Schnittstelle
111 an die zentrale Recheneinheit 120 zur weiteren Analyse weitergeleitet werden (siehe
vertikaler Kasten von Sensoren 150 und Umgebungsparameter 165 mit horizontalem Datenflusspfeil
in Richtung Schnittstelle 111). Typische Umgebungsparameter 165 sind die Temperatur
(T [°C]), wie die Temperatur in der Applikationsmaschine, oder die relative Feuchtigkeit
(RH [%]).
[0094] Zudem können eine Auswahl oder Kombination folgender Betriebsdaten 118 von der zentralen
Recheneinheit, stammend von einer oder mehrerer Druckmaschinen 180 bzw. Applikationsmaschinen,
empfangen, bzw. gegebenenfalls relevante Prozessparameter von der zentralen Recheneinheit
gesteuert werden:
- Maschinenparameter 168 (Hier wird zwischen Istwerten 168 und Sollwerten 168' der Maschinenparameter
unterschieden, wobei die Istwerte durch Messsensoren 150 messbar und mit Sollwerten
von der zentralen Recheneinheit vergleichbar sind, um abhängig von der Differenz Steuerungsanweisungen
zur Optimierung der Prozessparameter an die Druckmaschine auszugeben)
- Druckverfahren und Maschinentyp; Applikationsmaschine/Druckmaschine
- Beschichtungsstoffe 161 d.h. eingesetzte Farbserien/Farbtypen; eingesetzte Additive;
eingesetzte Lackserie/Lacktype, eingesetzter Laminationskleber (Serie, Type); eingesetzter
Primer (Serie, Type)
- Schichtaufbau und die zu übertragenden Mengen an Primer, Farben/Lacke, Decklacke und/oder
Finishes (z.B. Strukturlacke, Glanzlacke, Mattlacke, Softtouch, Anti-Beschlaglacke,
Anti-Haftlacke, hydrophobe-hydrophile Lacke, Antistatiklacke)
- Eingesetztes/r Substrat/Bedruckstoff und dessen Qualität
- Feuchtmitteltype und -konzentration, Farb-Wasser-Balance, pH-Wert, Leitwert, Alkoholgehalt
[0095] Zu den
Maschinenparametern 168 gehören auch Aktorendaten 169 wie z.B. eine Drehzahl oder Vorschub, Applikations-/Druckgeschwindigkeit,
Walzeneinstellungen, Walzentypen und Einstellungen, und Type, Leistung und Geometrie
der Trocknereinheit(en). Über Steuerungsanweisungen 171 einstellbare Prozessparameter
181 für die Trocknung sind insbesondere die Druckgeschwindigkeit und die Leistung
der Trocknereinheiten. Abhängig vom Trocknertyp (UV, ESH, IR, Mikrowelle, Warmluft
etc.) sind entweder die Strahlerleistung oder Temperatur und Luftgeschwindigkeit bei
Wärmetrocknern als Prozessparameter regelbar. Bei Lasertrocknern können Steueranweisungen
171 bezüglich der Leistung und/oder Wellenlänge erfolgen. Bei den Trocknereinheiten
soll die Trocknung mit einer möglichst geringen Leistung bei erforderlicher Trocknungsqualität
eingestellt werden.
[0096] Weitere Maschinenparameter sind: Schöpfvolumina, Gummituch (Type), Druckformparameter
(Druckformtyp), Rasterfrequenz der Druckform, Druckformqualität, Drucksujet und Farbbelegung,
Klebung von Druckformen (Unterbau), Klischeeaufbau (Rundlauf bei mehreren Rapporten,
Schwingungsvermeidung), Druckzylinderparameter wie die Druckzylinderrauhigkeit (Tiefdruck),
Farbkasten und Einstellungen, Rakeltyp und Rakelqualität, bei Inkjet-Druckern u.a.
Tröpfchengröße, Düsentyp und Druckkopf (Type).
[0097] Zur Ausgabe von optimalen Maschinensollwerten 168' für den aktuellen Auftrag in Form
von Steuerungsanweisungen 171 werden in der zentralen Recheneinheit 120 alle eingehenden
Daten sowie gespeicherte Daten aus früheren Messungen und Applikationsjobs herangezogen.
Zur Optimierung verwendet die zentrale Recheneinheit eine prädiktive Analysetechnik
140. Diese Analysetechnik kann wissenschaftsbasiert sein und ein empirisches Modell
147 und/oder eine theoretische Systemanalyse 148 umfassen. Alternativ oder in Kombination
mit den bereits genannten Techniken können statistische Methoden 142 wie z.B. statistische
Optimierungsmethoden wie die Kleinste-Quadrate Schätzung zum Ermitteln z.B. einer
Regressionsgeraden, die am besten zu den Messwerten passt, oder stochastische Modelle
143 auf Basis von Wahrscheinlichkeitsrechnungen, sowie mathematische Methoden 144
zur prädiktiven Analyse verwendet werden.
[0098] Für die Bestimmung der Prozessparameter 181 zur Steuerung einer Druckmaschine werden
bevorzugt Künstliche-Intelligenz-Module, KI-Module 145, eingesetzt. Derartige KI-Module
übersetzen Eingangsdaten wie Auftragsdaten 114, Betriebsdaten 118 und/oder Messdaten
115 durch eine interne Verarbeitungskette in Ausgangsgrößen wie die Steuerungsanweisungen
171, optimale Prozessparameter 181, Maschinensollwerte 168' und/oder optimale Auftragsreihenfolgen
über alle ausstehenden Aufträge. Die interne Verarbeitungskette lässt sich trainieren,
indem eine große Zahl Lern-Werte z.B. Messdaten 115 für die Eingangsgrößen vorgelegt
und die interne Verarbeitungskette sukzessive dahingehend justiert wird, dass diese
Lernwerte für die Eingangsgrößen möglichst gut auf die zugehörigen Lernwerte für die
Ausgangsgrößen abgebildet werden. Bevorzugt ist das KI-Modul dynamisch ausgebildet
und kann sich durch das fortwährende Lernen selbsttätig weiter verbessern. Ein solches
dynamisches KI-Modul kann sich auch selbsttätig auf Veränderungen während des laufenden
Druckauftrages, die zur Abweichung von den optimalen Trocknungseinstellungen und zugehörigen
Prozessparametern 181 führen, einstellen. So ist beispielsweise ein manueller Eingriff,
d.h. manuelle Synchronisation und/oder auftragsbezogene Gegenprüfung und daraus resultierende
Anpassungen, nicht mehr oder zumindest immer seltener notwendig.
[0099] Auf diese Weise ist das Steuerungssystem selbstlernend ausgebildet und dient als
eine Schnittstelle, die Ergebnisse und Messdaten 115 unterschiedlichster Trocknungs-
und Aushärtungsanalysen verknüpft, bewertet und nachfolgend die für die Trocknungseinstellung
relevanten Prozessparameter optimiert. Damit kann der manuelle Optimierungsaufwand
signifikant reduziert werden und Auftragsunterbrechungen, lange Rüstzeiten und Makulaturen,
d.h. Drucke, die z.B. durch unzureichende Trocknung unbrauchbar wurden oder anderweitig
fehler- oder schadhaft (zu hohe Migrationswerte) sind, vermieden werden.
[0100] Nimmt die Datenmenge der gesammelten Eingangsdaten aufgrund einer großen Anzahl von
Druckmaschinen, Aufträgen und/oder von gespeicherten Informationen von bereits gedruckten
Produkten stark zu, kann die zentrale Recheneinheit 120 eine Big-Data-Analyse 146
oder Deep Data Analyse abrufen, die einer bestimmten Druckmaschine oder mehreren Druckmaschinen
zugeordnet werden kann bzw. können, und die Daten definieren, die für die Bedienperson
der Druckmaschine(n) wichtig und relevant sind. Dabei kann eine Big-Data-Analysetechnik
die gesammelten Daten selbstlernend verwenden, um Indikatoren für Makulaturen zu identifizieren
und damit Probleme vorherzusagen und zu lösen. Durch Sammlung möglichst vieler Daten
und Auswertung kann mit steigender Lernkurve bereits vor Produktionsbeginn eine genauere
prädiktive Analyse bzw. Vorhersage erfolgen. Auf diese Weise können vorteilhaft Probleme
wie zu hohe Migration oder unzureichende Trocknung/Vernetzung beim gedruckten Produkt
vermieden werden.
[0101] Fig. 4a zeigt ein erstes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens 400 zur Steuerung
von für die Trocknung, Migration und Vernetzung relevanten Prozessparametern.
[0102] Das Verfahren 400 betrifft das Drucken eines Druckjobs mit folgenden bekannten Randbedingungen:
- bekannte Druckmaschine,
- bekannte Farbserie und
- bekanntes Substrat.
[0103] In anderen Worten, ein aktueller Druckjob soll auf einer bekannten Druckmaschine
mit bekannter Farbserie und bekannten Substrat gedruckt werden. Die Steuerung beginnt
mit den Verfahrensschritten 410 bis 414, betreffend die Eingabe von Eingabedaten in
die Eingabeeinheit 110. Auch wenn Fig. 4a die Verfahrensschritte in einer bestimmten
Reihenfolge darstellt, wird darauf hingewiesen, dass diese Reihenfolge der Verfahrensschritte
nicht zwingend vorgegeben ist und andere Reihenfolgen möglich sind. Es können auch
einzelne Verfahrensschritte ausgelassen werden, falls zu Beginn Parameter noch nicht
eingegeben werden können, da sie erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt werden,
bzw. berechnet oder geschätzt werden.
[0104] Zu Beginn des Verfahrens 400 erfolgt über die Eingabeeinheit 110 (in Fig. 4a nicht
gezeigt siehe Fig. 4b) eine
Eingabe 410 von
Betriebsdaten 118 einer bekannten Druckmaschine 180. Diese Betriebsdaten 118 können den Hersteller
und Typ umfassen. Im Fig. 4b wird als beispielhafte Druckmaschine 180 eine Flexodruckmaschine
481 mit Rollenrotationsdruck gezeigt. Es können auch andere Druckmaschinen wie z.B.
Bogenoffsetdruckmaschinen mit dem Verfahren 400 gesteuert werden. Weitere Betriebsdaten
118 werden in den Schritten 412 bis 414 mittels der Eingabeeinheit 110 eingegeben.
Die Eingabe kann manuell oder gegebenenfalls teilweise automatisiert oder vollautomatisiert
erfolgen.
[0105] Im Verfahrensschritt 411 erfolgt die Eingabe der Auftragsdaten 114, wobei die
Auftragsdaten 114 beispielhaft in Form von pdf (Portable Document Format) zur Verfügung gestellt
werden. Die Auftragsdaten 114, wie digitale Druckdaten bzw. Bilddaten, werden von
der zentralen Recheneinheit 120 in dem Verfahrensschritt 418 empfangen und mit Hilfe
einer Rohdaten- oder Auftragsanalyse 124 in der zentralen Recheneinheit 120 bearbeitet.
[0106] Die bekannten Randbedingungen wie bekannte Farbserie bzw. eingesetzter Beschichtungsstoff
161, werden im
Verfahrensschritt 412 eingegeben. Die verwendeten Farben können aus kommerziell erhältlichen Farbserien
gewählt werden.
[0107] Gemäß Verfahren 400 wird im
Schritt 413 ein bekanntes Substrat 160, das auch Bedruckstoff genannt werden kann, eingegeben.
[0108] Im Schritt 414 können in Abhängigkeit von der bekannten Druckmaschine 180 Maschinenparameter 168
wie Anzahl und Typ der Trocknereinheiten sowie die Druckgeschwindigkeit v(Druck) eingegeben
werden.
[0109] Alle Eingabedaten umfassend die genannten
Betriebsdaten 118,
Auftragsdaten 114, sowie Information über ein gedrucktes Produkt werden vom zentralen Modul 120
im
Verfahrensschritt 418 von der zentralen Recheneinheit 120 empfangen und in der Speichereinheit 121 im
Verfahrensschritt 419 abgespeichert.
[0110] Zudem kann kontinuierlich oder diskontinuierlich im
Verfahrensschritt 421 gemessen bzw. durch geeignete Methoden und Messverfahren 421 Messdaten 115 bestimmt
werden. Die gemessenen Messdaten 115 werden von der zentralen Recheneinheit 120 über
eine geeignete Schnittstelle 111 bzw. Eingabeeinheit 110 im Verfahrensschritt 418
empfangen.
[0111] Im der zentralen Recheneinheit 120 (CPU) wird basierend auf den Eingabedaten (118,
114) und/oder gespeicherter Information eine prädiktive Analysetechnik 140 ausgewählt.
Die ausgewählte Analysetechnik 140 bestimmt im
Verfahrensschritt 420 wenigstens einen Referenzwert für die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität.
[0112] Als eine mögliche prädiktive Analysemethode 140 kann ein Zustandsraummodell oder
ein empirisches Modell 147 verwendet werden, dass das grundsätzliche Verhalten der
Trocknung oder Vernetzung abbilden kann und damit einen geeigneten Referenzwert für
den Trocknungs- bzw. Härtungsgrad ermitteln kann. Mit Hilfe von Messwerten 115 kann
das verwendete Modell bzw. die prädiktive Analysetechnik 140 parametrisiert und angepasst
werden, um so eine ausreichend genaue Übereinstimmung zwischen dem verwendeten prädiktiven
Modell und der Realität zu erreichen. Dabei können die Messdaten 115 einerseits im
Verfahrensschritt 480 d.h. beim Drucken des Druckjobs auf der Druckmaschine mittels Messverfahren im Verfahrensschritt
421 gemessen werden, oder zumindest anfänglich auf historischen Erfahrungsmesswerten
oder Daten aus einer Datenbank, die in der Speichereinheit 121 gespeichert wurden,
beruhen. Andererseits können die Messwerte 115 durch wenigstens eine ausgewählte prädiktive
Analysetechnik 140 berechnet bzw. geschätzt werden, um den Grad der Trocknung bzw.
Vernetzung und insbesondere den für den Trocknungs- und Vernetzungsgrad spezifischen
Referenzwert auch ohne die Durchführung von realen Messungen abbilden zu können. Steht
ein künstliches Intelligenz-Modul 145 als Analysetechnik 140 zur Verfügung, können
Messwerte 115 von Messverfahren 421 sowohl eines realen als auch eines virtuellen
Sensors als Trainingsdaten für das KI- Modul dienen.
[0113] Im Verfahrensschritt 425 wird das Synchronisationsmodul 122 der zentralen Recheneinheit 120 verwendet, um
optimierte Prozessparameter 181 und - einstellungen zur Annäherung an den Referenzwert
mit aktuellen Messdaten 115 zu berechnen. Die Optimierung bzw. das Lernen 422 des
Synchronisationsmoduls 122 erfolgt dabei vorzugsweise mit wenigstens einem messtechnisch
ermittelten Wert oder einer Vielzahl von Messdaten 115. Diese Messdaten 115 können
kontinuierlich oder diskontinuierlich gewonnen werden und optional von einem virtuellen
Sensor stammen. Die Messdaten eines realen oder virtuellen Sensors können beispielsweise
KI-Modul 145- Algorithmen oder Machine Learning Algorithmen einer prädiktiven Analysetechnik
140 nutzen, um die trocknungs- bzw. aushärtungsrelevanten Prozessparameter für eine
maximale Annäherung an den Referenzwert zu optimieren. Ist der Referenzwert auf Basis
der Messdaten nicht ein Abbild des erforderlichen Aushärte- bzw. Trocknungsgrades,
erfolgt eine Anpassung bzw. Optimierung der trocknungs- bzw. aushärtungsrelevanten
Prozessparameter. Falls dagegen der Referenzwert bzw. ein vorbestimmtes Toleranzband
um den Referenzwert bereits erreicht wurde und damit die relevanten Prozessparameter
für Trocknung, Vernetzung oder Migration bereits optimal eingestellt sind, ist das
Feedback des Synchronisationsmodules 122, dass keine Anpassungen oder Änderungen der
relevanten Prozessparameter erfolgen müssen.
[0114] Auf Basis des wenigstens einen Referenzwertes wird im
Verfahrensschritt 425 wenigstens ein Prozessparameter 181 berechnet. Auf diese Weise können zur Steuerung
des Druckprozesses ein oder mehrere Prozessparameter 181 automatisch bzw. direkt oder
nach Freigabe durch eine Bedienperson der Druckmaschine 180 über eine Bedieneinheit
an die Ausgabeeinheit (siehe Referenzzeichen 170 in Fig. 4b) übermittelt werden.
[0115] Über die Ausgabeeinheit 170 (in Fig. 4b gezeigt) werden
im Verfahrensschritt 470 die Steuerungsanweisungen 171 betreffend wenigstens einen Prozessparameter 181 an
die Druckmaschine 180 ausgegeben. Auf diese Weise können beispielsweise Prozessparameter
der Trocknereinheiten wie UV-Strahlern (siehe 485 in Fig. 4b) oder Wärmetrocknereinheiten
(siehe 486 in Fig. 4b) gesteuert werden, indem sie z.B. bei zu geringer Aushärtung
die Leistung erhöhen und bei zu hoher Aushärtung die Leistung reduzieren. Alternativ
oder zusätzlich kann auch der Prozessparameter 181 Druckgeschwindigkeit (vDruck) erhöht
oder reduziert werden.
[0116] In Fig. 4b wird als beispielhafte Druckmaschine 180 eine Flexodruckmaschine 481 mit Rollenrotationsdruck
gezeigt, die mit dem Verfahren 400, das in Fig. 4a schematisch dargestellt ist, steuerbar
ist. Fig. 4b zeigt als Substrat 160 eine sogenannte Bedruckstoffbahn, wie z.B. Papier,
Metall- oder Kunststofffolie, die von dem Abrollzylinder 463 abgerollt und am Ende
des Druckprozesses auf dem Aufrollzylinder 462 und zugehörigen Rollenständer (nicht
gezeigt) aufgerollt wird. In Fig. 4b wird das Substrat 160 in Richtung 469 gefördert,
wobei in der Rollenrotationsdruckweise höhere Druckgeschwindigkeiten v(Druck) im Vergleich
zur Verarbeitung von einzelnen Bogen in Bogendruckmaschinen erreicht werden können.
Die Druckgeschwindigkeit v(Druck) kann beispielsweise durch Aktorendaten 169, d.h.
durch die Rotationsgeschwindigkeit des Aufrollzylinders 462 bestimmt werden und über
geeignete Datenübertragungsmittel bzw. Datenleitungen (schematisch durch Pfeil zwischen
Aufrollzylinder 462 und Pfeil 418 dargestellt) von der Eingangseinheit 110 automatisch
im Verfahrensschritt 418 empfangen und in der zentralen Recheneinheit 120 verarbeitet
werden.
[0117] Wichtige Maschinenparameter 168 für die Trocknung, wie die Druckgeschwindigkeit v(Druck),
sowie Leistungsparameter und/oder Geometrien der Trocknereinheiten 487 können in die
Eingabeeinheit 110 eingegeben oder von ihr empfangen werden (siehe auch Schritt 414
Fig. 4a). Zudem können beispielsweise die Art der Trocknersysteme wie UV-Lampen 485
oder Wärmetrocknereinheiten 486, die mit Thermoluft bzw. Heißluft bis zu 250 °C trocknen,
und/oder die Anzahl und Leistung der Trocknereinheiten 487 der Druckmaschine 180 eingegeben
bzw. empfangen werden. Bei dem gezeigten Rollenrotationsdruck können Maschinenparameter
168 des Kammerrakelsystems (hier Kammerrakel 464) wie der Rakeltyp, Parameter der
Rasterwalze(n) 466 bzw. der jeweils zugehörigen Druckformzylinder 467 und des wenigstens
einen Gegendruckzylinders 465 erfasst werden.
[0118] Hinter jedem Druckwerk 461 bzw. Farbwerk ist eine Trocknereinheit wie z.B. eine Wärmetrocknereinheit
486 oder ein UV-Strahler 485 positioniert. Zudem gibt es zur vollständigen Aushärtung
bzw. Vernetzung noch eine weitere Trocknereinheit 487, die vorzugsweise als Trocknungskanal
ausgebildet ist. Alle Trocknereinheiten sind mit der Druckmaschinensteuerung in der
zentralen Recheneinheit 120 verbunden. Mittels einer nicht gezeigten Bedieneinheit
können in Abhängigkeit von den Auftragsdaten UV-Trockner 485 oder andere Trocknereinheiten
486, 487 angewählt werden. Um eine kontrollierte Trocknung zu gewährleisten, kann
eingestellt werden, dass der Druck nur begonnen wird, wenn jede für den jeweiligen
Druckauftrag benötigte Trocknereinheit seine Betriebsbereitschaft an die zentrale
Recheneinheit 120 zurückgemeldet hat. Durch diese Maßnahme wird vermieden, dass Makulatur
mit nicht ausreichend getrockneten bzw. unvernetzten Druckfarben oder Lacken erzeugt
wird.
[0119] Bei dem gezeigten Beispiel können als Beschichtungsstoff 161 wenigstens teilweise
UV-härtende Farben verwendet werden. Strahlungshärtende Farben werden in dem Beispiel
in den letzten drei Farbwerken mit nachgeschalteten UV-Strahlern 485 verwendet. Die
gezeigte UV-Flexodruckmaschine 481 weist beispielhaft 6 Farb- bzw. Druckwerke auf.
Auch andere Konfigurationen als die gezeigte Maschinenkonfiguration, zum Beispiel
mit mehr oder weniger Druckwerken, sind denkbar.
[0120] Nach der letzten Trocknungseinheit 487 kann zur vollständigen Aushärtung bzw. Trocknung
wenigstens eine Kühlwalze (nicht gezeigt) nachfolgen. Auf Höhe der Umlenkrolle 468
sollte die Aushärtung des Beschichtungsstoffes 161 bei optimalen Einstellungen der
Prozessparameter 181 weitestgehend abgeschlossen sein. Vor der Substrataufwicklung
mit dem Aufrollzylinder 462 ist für einen kontinuierlichen Kratztest ein Messsystem
fest in der Druckmaschine 481 installiert, welches eine Kratznadel 452 und einen Kamerasensor
450 umfasst. Vom Kamerasensor 450 werden die Messdaten 115 in Form von Bilddaten an
die zentrale Recheneinheit 120 weitergeleitet, um automatisiert eine visuelle Auswertung
zur Überprüfung des Aushärtungsgrades bzw. der Kratzfestigkeit durchzuführen. Diese
Messdaten 115 können inline ohne Unterbrechung des Druckprozesses über die Datenleitung
(siehe Pfeil zur Eingabeeinheit 110) genutzt werden, um mit Hilfe des Synchronisationsmoduls
122 und/oder in der Speichereinheit 121 abgespeicherter Daten die trocknungs- und
vernetzungsrelevanten Prozessparameter und damit auch die prädiktive Analysetechnik
140 zu optimieren.
[0121] Für optimale Kontrollmessungen mit dem Kamerasensor 450 werden vorzugsweise Andrucke
mit Testfeldern auf Höhe der Kameraposition angedruckt, die sogenannte auftragsspezifische
"worst case areas" bzw. kritische Mehrschichtbereiche aufweisen. Werden die Messverfahren
421 an solchen kritischen Bereichen durchgeführt, ist bei einer ausreichenden Trocknung
bzw. Durchhärtung solcher kritischer Bereiche des Drucksujets davon auszugehen, dass
auch einfacher zu trocknende Bereiche mit beispielsweise weniger Schichten oder geringeren
Schichtstärken eine ausreichende Polymerisation bzw. Trocknung aufweisen.
[0122] Werden vorgegebene Sollwerte für die jeweilige Messgröße nicht erfüllt, können von
dem Synchronisationsmodul 122 Interpolationsfaktoren oder ein angepasstes Modell erstellt
werden, das für die aktuellen Messdaten 115 wenigstens einen optimierten Prozessparameter
angibt, der zu einer maximalen Annäherung an den Referenzwert führt. Ein mögliches
Synchronisationsverfahren zur Optimierung des wenigstens einen Prozessparameters ist,
eine Differenz zwischen den Sollwerten und den gemessenen Istwerten der jeweiligen
Messgröße zu minimieren und daraus auf die optimale Einstellung des mindestens einen
Prozessparameters zur maximalen Annäherung an den Referenzwert zurückzuschließen.
Liegt keine Abweichung zwischen Soll und Istwerten vor, oder liegt der Istwert in
einem vorbestimmten Toleranzband um den Referenzwert, ist eine Optimierung oder Anpassung
der Analysetechnik 140 nicht notwendig, da das Steuerungsverfahren bereits mit dem
aktuellen Referenzwert die Prozessparameter der Trocknung, Migration und/oder Vernetzung
berechnen kann.
[0123] In Abhängigkeit des wenigstens einen optimierten Prozessparameters werden Steuerungsanweisungen
171 bzw. 172 (siehe beispielhaft gezeichnete gestrichelte Pfeile) an einen UV-Strahler
485 bzw. einer Trocknereinheit 487 ausgegeben (470). Die Ausgabe von Steuerungsanweisungen
an die Wärmetrocknereinheiten 486 ist ebenfalls möglich, hier jedoch nicht eingezeichnet.
Auf diese Weise können Strahlerleistungen und Intensität der Trocknereinheiten für
jeden Druckjob individuell angepasst und eingestellt werden, um ein in Bezug auf die
Trocknung optimales Druckergebnis zu erzielen.
[0124] Fig. 5 zeigt ein weiteres beispielhaftes
Verfahren 500 zur Steuerung für trocknungs-, migrations- und vernetzungsrelevanten Prozessparameter,
das beispielsweise beim Offsetdruckverfahren mit strahlungshärtenden Druckfarben verwendet
werden kann. Das Verfahren 500 betrifft das Drucken eines Druckjobs vorzugsweise mit
folgenden bekannten Randbedingungen:
- bekannte Trocknereinheiten (UV-Lampentyp und Anzahl);
- bekannter Beschichtungsstoff 161; und
- bekanntes Substrat 160.
[0125] Bei dem Verfahrensbeispiel 500 ist zwar der Druckmaschinentyp sowie der UV-Lampentyp
und die Anzahl der UV-Strahler bekannt, aber es handelt sich bei diesem Beispiel 500
um eine mehrere Jahre (z.B. 10 Jahre) alte Druckmaschine 180 mit unbekanntem Alter
der UV-Strahler. Bekannterweise verändern klassische UV-Strahler wie beispielsweise
Quecksilber-Dampflampen mit längeren Betriebszeiten ihre Lampenleistung vor allem
an den Lampenenden mit der Zeit. Zudem nimmt bei langen Betriebszeiten in der Regel
die Leistung von UV-Strahlern aufgrund von Verschmutzung oder Anlaufen der Reflektoren
ab. Auf diese Weise besteht bei alten Druckmaschinen bzw. alten UV-Strahlern das Problem,
dass die angezeigten, ursprünglichen Leistungsdaten eines UV-Strahlers von der tatsächlich
wirksamen UV-Leistung häufig abweichen oder die Leistung an den Lampenenden geringer
ist als in der Mitte der Lampe, was zu einer geringeren, nicht ausreichenden Trocknung
oder Vernetzung in diesen Randbereichen führen kann. Daher ist das Verfahren 500 ausgelegt,
die relevanten Prozessparameter der Trocknung und Vernetzung, wie die tatsächlich
benötigte UV-Intensität, durch aktuelle Messungen an einem Kalibrierfeld an die aktuellen
Betriebsbedingungen mit Hilfe des Synchronisationsmoduls 122 anzupassen.
[0126] Das beispielhafte Steuerungsverfahren 500 beginnt mit den Verfahrensschritten 510
bis 515 und umfasst jeweils das Eingeben 510 von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten
118 und Auftragsdaten 114.
[0127] In dem Ausführungsbeispiel 500 sind insbesondere folgende Betriebsdaten 118 bekannt:
- Druckmaschine180, insbesondere Hersteller und Maschinentyp: KBA Rapida 106-6+L (Koenig
und Bauer AG, Radebeul, Deutschland) (siehe Verfahrensschritt 510);
- Auftragsdaten 114 in Form eines pdf -Files des Druckjobs mit Kalibrierfeld (siehe
Eingabeschritt 511);
- eingesetzter Beschichtungsstoff 161, wobei hier beispielhaft eine Farbserie für UV-Bogenoffset
nämlich NewV Pack MGA der hubergroup Deutschland GmbH angegeben ist (siehe Eingabeschritt 512);
- eingesetztes Substrat 160, wobei als Substrattypbeispiel Invercote G der Firma Iggesund
Paperboard, Sweden, 220g/m2, gewählt wurde (siehe Eingabeschritt 513); und
- folgende Maschinenparameter 168 (siehe Eingabeschritt 514):
Anzahl und Typ der Trocknereinheiten: Zwei 200 Watt Hg-UV-Lampen (Koenig und Bauer
AG, Radebeul, Deutschland)
Volltondichte: 1,5 ± 0,2(C); 1.5 ± 0,2 (M); 1.45 ±0,2 (Y), 1.8 ±0,2 (K) g/m2 Druckgeschwindigkeit (v(Druck)) beispielhaft 13000 Bogen pro Stunde
- Eingabe Feuchtmittel 162: 3,5% Substifix AF 8319/09 der hubergroup Deutschland GmbH,
welches für den alkoholfreien oder alkoholreduzierten Bogenoffsetdruck mit Filmfeuchtwerken
einsetzbar ist (siehe Eingabeschritt 515).
[0128] Die KBA Rapida 106 ist eine 6-Farben-Bogenoffset-Druckmaschine mit integriertem Lackwerk.
Vorteilhaft bei diesem Maschinentyp KBA RA 106-6+L sind hohe Druckgeschwindigkeiten
mit v(Druck) bis zu 20000 Bogen/h. Eine Vielzahl von Substraten wie Starkkarton, Papier,
Folie und vieles mehr kann mit der KBA RA 106 bedruckt werden. Das im Beispiel 500
verwendete Invercote
® G ist ein Karton für den Grafikbereich oder für hochwertige Verpackungen und ist
mit Flächengewichten zwischen 180 und 380 g/m
2 kommerziell erhältlich. Eine Mehrzahl von Trocknereinheiten (hier 2 Hg-UV-Lampen)
sind am Ende des Druckprozesses positioniert und optional können weitere Trocknereinheiten
als Zwischentrockner zwischen den Offsetdruckwerken positioniert werden (vgl. Positionen
der UV-Trockner 785 bzw. Trocknereinheit 486 bei den Druckmaschinen 781 bzw. 782 der
Fig. 7).
[0129] Im Schritt 511 erfolgt die Eingabe der Auftragsdaten 114, wobei die Auftragsdaten 114 beispielhaft
in Form von pdf (Portable Document Format) zur Verfügung gestellt werden und für den
Verfahrensschritt Messen 553 ein Kalibrierfeld aufweist. Die Auftragsdaten 114, wie
digitale Druckdaten bzw. Bilddaten, sowie die oben genannten Betriebsdaten 118 werden
von der zentralen Recheneinheit 120 in dem Verfahrensschritt 418 empfangen.
[0130] Weiterhin werden von der zentralen Recheneinheit 120 Messdaten 115 empfangen. Um
diese Messdaten 115 zu erhalten, werden die Verfahrensschritte 550 bis 554 ausgeführt.
[0131] Im Schritt 550 erfolgt das Andrucken der Druckform mit einem im pdf hinterlegten Kalibrierfeld und
mit den bekannten Randbedingungen wie Farbserie, Substrat und Anzahl bzw. Typ der
UV-Lampen. Dieses Andrucken kann auch Synchronisationsandruck genannt werden, da mit
Hilfe des Kalibrier- oder Testfeldes eine Synchronisation bzw. Kalibration des durch
die Auftragsdaten 114 festgelegten Druckjobs an Realbedingungen erfolgen kann. Nach
dem Drucken des reellen Druckjobs erhält man ein Kalibrierfeld und damit eine Probe
des bedruckten Substrates mit definiertem Farbübereinanderdruck und definierter Farbebelegung
der einzelnen Farben bzw. definierter aufgetragener Farbmenge pro Fläche bei definierter
Lampenintensität und definierter UV-Strahlendosis sowie definierter Druckgeschwindigkeit.
[0132] Im Schritt 551 erfolgt das Ausschneiden des Kalibrierfelds oder eines Teils des Kalibrierfeldes
mit einer Fläche von ca. 20 cm
2. Alternativ können auch andere Flächen des Kalibrierfeldes zwischen 1 und 50 cm
2 gewählt werden, solange mit der Probe eine ausreichende Menge mindestens eines lösbaren
Bestandteiles, wie z.B. Photoinitiatoren, aus der Druckfarbe extrahiert, und in dem
linearen Messbereich des Spektrometers gemessen werden kann. Dabei können Photoinitiatoren
beispielsweise kationische Oniumsalze wie Diphenyliodonium- und Triphenylsulfoniumsalz
sein, oder Photoinitiatoren für radikalisch härtende Systeme, oder Kombinationen von
beiden.
[0133] Der nächste
Schritt 552, die Extraktion wenigstens eines löslichen Bestandteiles des Kalibrierfeldes auf dem
gedruckten Beschichtungsstoff 161, erfolgt in einem Lösemittelbad, vorzugsweise in
10 mL Ethanol, wobei die ausgeschnittene Probe für eine vorgegebene Mindestzeit (z.B.
10 s) in diesem Lösemittelbad verbleibt. Das Lösemittel kann auch andere Alkohole
als Ethanol oder Wasser-Alkohol Mischungen aufweisen, bzw. Mischungen von den genannten
Substanzen. Andere Lösemitteltypen, -mischungen und -mengen sind ebenfalls möglich,
solange das Verhältnis Lösemittel zur Probenfläche vorzugsweise zwischen 0,25 und
20 mL pro cm
2 Probe beträgt. Für kationische Photoinitiatoren eignen sich beispielsweise Extrakte
, die mehrzähnige Liganden wie EDTA (Ethylendiamintetraacetat) oder EDTE (Ethylendiamintetraessigsäure)
enthalten.
[0134] Nachdem die Probe aus dem Lösemittel entfernt wurde, erhält man ein Lösemittelextrakt.
Im
Schritt 553 wird die Extinktion des alkoholischen Extraktes oder des Komplexbildner enthaltenden
Extraktes mit einem Messsensor 150, nämlich einem UV/VIS Spektrometer wie z.B. Lambda
II von Perkin Elmer gemessen. Das Messen 553 erfolgt offline mit einer Auflösung von
1 nm, einer Scanrate von 240 nm/min und einem Spalt von 2nm bei einer Wellenlänge
von 310 nm. Auch andere Wellenlängen im Bereich 190 nm und 4000 nm sind geeignet,
solange der zu messende lösbare Bestandteil der Probe in dem ausgewählten Wellenlängenbereich
Strahlung absorbiert oder emittiert. Für diese Messung kann man beispielsweise eine
lösemittelresistente, in diesem Wellenlängenbereich durchlässige 1,0 mL Einmal-Küvette
von Rotilabo als Messzelle verwenden. Auf diese Weise können Messwerte 115 der spektroskopischen
Charakteristika der jeweils gelösten Bestandteile in Abhängigkeit von den vorliegenden
Trocknungsbedingungen gewonnen werden.
[0135] Im
Schritt 554 werden die Messdaten 115 bzw. der Messwert des Kalibrierfeldes in die Eingabeeinheit
eingegeben. Da es sich hier um ein Offline-Messverfahren handelt, kann diese Eingabe
manuell durch eine Bedienperson mittels einer geeigneten Bedieneinheit erfolgen.
[0136] Gemäß dem Ausführungsbeispiel 500 werden in einer Datenbank bzw. in der Speichereinheit
121 der zentralen Recheneinheit 120
prädiktive Analysetechniken 140 und insbesondere empirische Modelle 147 gespeichert. In Abhängigkeit von den eingegebenen
Betriebsdaten 118 wird im
Schritt 520 ein
empirisches Modell 147 für den Druckmaschinentyp KBA RA 106, für den bekannten Beschichtungsstoff 161, nämlich
die migrations- und geruchsarme Farbserie (NewVPack MGA) und für das bekannte Substrat
160 ausgewählt. Auf Basis des ausgewählten empirischen Modells 147 wird wenigstens
ein Referenzwert bestimmt (siehe Referenzzeichen 420). Es können auch eine Mehrzahl
von Referenzwerten für verschiedene Bereiche des bedruckten Substrates oder Drucksujets
berechnet werden. Das empirische Modell 147 ist vorzugsweise 2. Ordnung und weist
insbesondere folgende fixe Parameter auf:
Druckmaschine und deren Konfiguration, Substrat, Farbserie (Hersteller und Typ), Feuchtmittel
(Hersteller und Type), Volltondichte der einzelnen Druckfarben sowie Druckgeschwindigkeit
und Lampenparameter, Probenfläche, Extraktionsmittel und - zeit und Parameter des
verwendeten Spektrometers.
[0137] Im
Schritt 521 werden mit Hilfe der Messdaten 115 Sollwerte mit gemessenen Istwerten verglichen
und daraufhin im
Schritt 522 eine mögliche Abweichung berechnet. Ergibt sich im Schritt 522 eine Abweichung Δ,
wird das empirische Modell 147 im
Verfahrensschritt 523 angepasst. Dies kann erfolgen, indem ansonsten fixe Parameter des empirischen Modells
147 mit Hilfe von Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren mit Hilfe des Synchronisationsmodules
122 angepasst werden. Das neue bzw. angepasste empirische Modell 147' wird in der
Speichereinheit 121 gespeichert und für die weiteren Berechnungen verwendet.
[0138] Wird keine Abweichung Δ im Schritt 522 berechnet, d.h. bei Δ=0, bzw. befindet sich
das ermittelte Δ innerhalb des vorbestimmten Toleranzbandes, kann der Verfahrensschritt
523 übersprungen werden (illustriert mit Hilfe des punktgestrichelten Pfeiles zwischen
den Verfahrensschritten 522 und 524) und die Analyse 124 des pdf-Files mit dem ursprünglich
in Schritt 520 ausgewählten Modell 147 im Schritt 524 durchgeführt werden.
[0139] Im
Verfahrensschritt 524 werden auf Basis der Auftragsdaten 114 und anhand des angepassten bzw. ausgewählten
empirischen Modells 147' bzw. 147 die "Worst case Areas" berechnet. Die "worst case
areas" sind kritische Farbflächen des jeweiligen Drucksujets bestehend z.B. aus den
trocknungskritischsten Mehr- oder Einzelschichtbereichen, die die höchste Anforderung
an die Trocknungseinstellungen stellen.
[0140] Im
Schritt 425 wird wenigstens ein trocknungs- oder vernetzungsrelvanter Prozessparameter 181 berechnet,
wobei mit dem angepassten Modell 147' eine maximale Annäherung an den Referenzwert
erreicht werden soll. Beispielsweise wird in Schritt 425 die benötigte UV-Lampenintensität
für eine ausreichenden Trocknung bzw. Durchhärtung berechnet. Je nach Druckauftrag
und damit vorgegebenen kritischen Bereichen (Worst case areas) kann die Lampenintensität
weniger als 100% betragen wie beispielsweise 75%. Wird bei der Berechnung eine Lampenintensität
von über 100% erhalten, muss ein weiterer Prozessparameter angepasst werden, beispielsweise
durch Erhöhung der Anzahl der verwendeten UV-Lampen oder durch Reduktion der Druckgeschwindigkeit.
[0141] Über die Ausgabeeinheit 170 werden
im Verfahrensschritt 470 die Steuerungsanweisungen 171 betreffend wenigstens einen Prozessparameter 181, wie
z.B. die für eine ausreichende Trocknung erforderliche UV-Lampenintensität, an die
Druckmaschine 180 ausgegeben und optional einer Bedienperson über eine Anzeige angezeigt.
Wenn keine automatische Steuerung erfolgt, kann über eine Bedieneinheit die angezeigte
UV-Lampenintensität für eine ausreichende Trocknung als Steuerungsanweisung an die
Druckmaschine freigegeben werden. Auf diese Weise können beispielsweise Prozessparameter
der Trocknereinheiten wie UV-Strahler (siehe 785 in Fig. 7) optimal gesteuert werden.
[0142] Schließlich wird im
Schritt 480 der Druckjob in der Druckmaschine 180 auf Basis des wenigstens einen Referenzwertes
und den berechneten Prozessparametern 181 gedruckt.
[0143] Fig. 6 zeigt schematisch ein weiteres Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens
600, das ebenfalls für Offsetdruckmaschinen des Typs KBA Rapida 106+6+L geeignet ist.
Das Verfahren 600 ist insbesondere bei der Eingabe von Eingabedaten sowie den Messmethoden
im Wesentlichen mit dem Verfahren 500 vergleichbar. Im Unterschied zu dem Beispiel
des Verfahrens 500 in Fig. 5 gibt es jedoch für die prädiktive Analysetechnik 140
eine weitere unbekannte Randbedingung, nämlich das Substrat 160 ist unbekannt. Um
trotz der weiteren unbekannten Randbedingung eine genaue Vorhersage bzw. Prädiktion
treffen zu können, werden in diesem Beispiel 600 statt nur einem Kalibrierfeld zwei
Kalibrierfelder angedruckt und jedes Testfeld analog wie in dem Beispiel 500 gemessen.
[0144] In dem Ausführungsbeispiel 600 werden im Wesentlichen die gleichen Betriebsdaten
118 wie im Beispiel 500 eingegeben, wobei sich die Auftragsdaten 114 in der Anzahl
der Kalibrierfelder sowie des eingegebenen Substrats unterscheiden.
- Druckmaschine 180, insbesondere Hersteller und Maschinentyp: KBA Rapida 106-6+L (Koenig
und Bauer AG, Radebeul, Deutschland) (siehe Verfahrensschritt 610);
- Auftragsdaten 114 in Form eines pdf -Files des Druckjobs mit zwei Kalibrierfeldern
(siehe Eingabeschritt 611);
- eingesetzter Beschichtungsstoff 161, wobei hier beispielhaft eine Farbserie für UV-Bogenoffset
nämlich NewV Pack MGA der hubergroup Deutschland GmbH angegeben ist (siehe Eingabeschritt 612);
- eingesetztes Substrat 160, wobei als Substrattypbeispiel NiklaSelect der Brigl & Bergmeister
GmbH, Österreich, 80g/m2, gewählt wurde (siehe Eingabeschritt 613); und
- folgende Maschinenparameter 168 (siehe Eingabeschritt 614):
Anzahl und Typ der Trocknereinheiten: Zwei 200 Watt Hg-UV-Lampen (Koenig und Bauer
AG, Radebeul, Deutschland)
Volltondichte: 1,5 ± 0,2(C); 1.5 ± 0,2 (M); 1.45 ±0,2 (Y), 1.8 ±0,2 (K) g/m2 Druckgeschwindigkeit (v(Druck)) beispielhaft 13000 Bogen pro Stunde
- Eingabe Feuchtmittel: 3,5% Substifix AF 8319/09 (hubergroup Deutschland GmbH, siehe
Eingabeschritt 615).
[0145] Auf eine Wiederholung der Beschreibung der
Messverfahrensschritte 550 bis 554 wird verzichtet und auf die Ausführungen in Beispiel 500 verwiesen. Im Unterschied
zu Beispiel 500 werden anstelle nur eines Kalibrierfeldes im Beispiel 600 jeweils
2 Kalibrierfelder angedruckt, ausgeschnitten und nach Extraktion in einem Lösemittel
im Schritt 553 gemessen. Das Messverfahren erfolgt mit einem Offline-Sensor 151, da
out of line bzw. außerhalb der Produktionslinie gemessen wird.
[0146] Die durch das Offline-Messverfahren mittels eines Spektrometers diskontinuierlich
ermittelten Messdaten 115 werden von der zentralen Recheneinheit 120 zur weiteren
Verarbeitung empfangen. In der zentralen Recheneinheit 120 können die Eingabedaten
sowie Messdaten in der Speichereinheit 121 gespeichert werden oder direkt in einer
gewählten prädiktiven Analysetechnik 140 verwendet werden.
[0147] Im
Verfahrensschritt 620 werden empirische Modelle 147 für den bekannten Druckmaschinentyp und die bekannte
Farbserie NewV Pack MGA aus der Speichereinheit als prädiktive Analysetechniken gewählt.
Da es für die eingesetzte Substratserie noch kein empirisches Modell 147 gibt, werden
wenigstens 2 empirische Modelle 147 aus der Datenbank mit Substraten gewählt, die
dem Substrat NilklaSelect am nächsten kommen bzw. damit vergleichbar sind. Daraufhin
werden mit den empirischen Modellen 147 Sollwerte für die jeweilige Messgröße berechnet
und es erfolgt ein Abgleich der Soll -Werte aus dem empirischen Modellen 147 mit den
Ist- Werten aus den Messergebnissen 115. Daraufhin wird analysiert, bei welchen empirischen
Modell 147 die Differenz zwischen den Sollwerten und den gemessenen Istwerten 115
minimiert werden kann, um im Schritt 621 das empirische Modell 147 mit dem besten
Fit auszuwählen. Mit Hilfe der Schritte 620, 521 und 621 wird wenigstens ein Referenzwert
für die Trocknungs- und Vernetzungsqualität bestimmt (siehe Klammer 420).
[0148] Nach der Auswahl des empirischen Modelles wird wie im Beispiel 500 im
Schritt 522 eine mögliche Abweichung zum wenigstens einem Referenzwert berechnet. Ergibt sich
im Schritt 522 eine Abweichung Δ, werden Konstanten und/oder statische Parameter und/oder
Faktoren des empirischen Modells 147, wie z.B. Farb-/Wasserbalance, Farbschichtstärke,
Substratqualität (Typ gleich, Papier aber eine andere Charakteristik), mit Hilfe von
Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren anhand der Messdaten 115 optimiert
und dadurch das empirische Modell 147 im
Verfahrensschritt 523 angepasst. Das neue bzw. angepasste empirische Modell 147' wird in der Speichereinheit
121 gespeichert und für die weiteren Berechnungen insbesondere die Auftragsanalyse
124 im
Schritt 524 verwendet.
[0149] Wird keine Abweichung Δ im Schritt 522 berechnet, d.h. bei Δ=0, bzw. befindet sich
das ermittelte Δ innerhalb des vorbestimmten Toleranzbandes, kann der Verfahrensschritt
523 übersprungen werden (illustriert mit Hilfe von gestricheltem Kasten und Pfeil
zwischen den Verfahrensschritten 522 und 524), und die Auftragsanalyse 124 des pdf-Files
mit Ausnahme der 2 Kalibrierfelder wird mit dem ursprünglich in Schritt 621 ausgewählten
Modell 147 im
Schritt 524 durchgeführt.
[0150] Auf Basis der in Schritt 524 mit dem optimalen empirischen Modell 147' berechneten
"Worst Case Areas" werden im
Schritt 425 die Prozessparameter 181 berechnet. Auf diese Weise können die Prozessparameter 181
bestmöglich eingestellt werden.
[0151] Daraufhin folgt im Steuerungsverfahren
Schritt 470, der die Ausgabe von Steuerungsanweisungen bezüglich Prozessparameter 181 betrifft.
Auf diese Weise kann die erforderliche Intensität von UV-Lampen (siehe 485 in Fig.
7) oder alternativ bzw. zusätzlich eine Wärmetrocknereinheit (siehe 486 in Fig. 7),
oder auch die geeignete Druckgeschwindigkeit gesteuert werden. Auf Basis der ausgegebenen
Prozessparameter 181 wird schließlich der Druckjob im Schritt 480 gedruckt.
[0152] Fig. 7 zeigt schematisch ein Ausführungsbeispiel eines Steuerungssystems 700 für eine Mehrzahl
von Druckmaschinen 180, 781 und 782. Die Druckmaschine 180 sowie die Offsetdruckmaschinen
781 und 782 sind über die zentrale Recheneinheit 120 und geeignete Schnittstellen
111 mit einem Netzwerk 788 verbunden. Jede Druckmaschine kann in Abhängigkeit von
der Anzahl der bekannten Randbedingungen analog zu den in Fig. 5 oder Fig. 6 gezeigten
Steuerungsverfahren in Verbindung mit der Speichereinheit 121 und/oder dem Synchronisationsmodul
122 gesteuert werden.
[0153] Die Offsetdruckmaschine 781 weist beispielhaft 4 Offsetdruckwerke 701 - 704 und ein
nachgeschaltetes Lackwerk 705 auf. Alternativ können auch 6 Druckwerke wie bei der
Bogenoffsetmaschine des Typs Rapida 106 (KBA RA 106-6+L, Koenig und Bauer Radebeul,
Deutschland) bereitgestellt werden, oder auch Druckmaschinen mit mehr als 6 Druckwerken,
zusätzlichen Lackwerken oder vorgeschalteten Druckwerken für die Applikation von Primern.
Als Substrat 160 wird z.B. Papier oder Karton im Bogenformat 760 verwendet. Eine Vielzahl
von anderen Substraten 160 wie Kunststoff- oder Metallfolie kann verwendet werden,
solange das Substrat 160 in dem geeigneten Bogenformat zur Verfügung steht. Da die
Druckmaschine 781 für UV-Bogenoffset mit UV-Lack als Beschichtungsstoff ausgelegt
ist, weist die Druckmaschine 781 eine Mehrzahl an UV-Trocknereinheiten 485 auf, die
an verschiedenen Stellen angeordnet und jeweils über nicht gezeigte Leitungen mit
der Steuerung der zentralen Recheneinheit 120 verbunden sind. Einerseits sind Zwischentrockner
zwischen den Druckwerken (701 und 702 bzw. 702 und 703) angeordnet und andererseits
findet sich eine Mehrzahl von UV-Trocknern 485 hinter dem letzten Lackwerk und vor
dem Ausleger, bevor das bedruckte Produkt 163 auf dem Bogenstapel abgelegt wird.
[0154] Die Druckmaschine 782 stellt ein Beispiel für konventionellen Bogenoffset mit UV-Lack
dar, wobei vor dem Lackwerk eine Wärmetrocknereinheit 486 angeordnet ist und nach
dem Lackwerk und vor dem Stapel von bedruckten Bögen 763 drei UV-Strahler 485 positioniert
sind. An allen gezeigten Druckmaschinen können weitere nicht gezeigte Komponenten
wie Signalleitungen oder Messsensoren 150 z.B. zur Messung der Temperatur oder Feuchtigkeit
(nicht in Fig. 7 dargestellt) angebracht sein. Die dargestellten Beispiele sind nicht
limitierend, da in Abhängigkeit von den Druckaufträgen und den jeweiligen Druckwerken
eine Vielfalt von Farben bzw. Primern und/oder Lacken sowie zugehörige Trocknereinheiten
487 individuell eingesetzt werden können.
[0155] Die zentrale Recheneinheit 120 dient als Prozessoptimierungstool für jede einzelne
Druckmaschine und kann als Server oder in Form einer Mehrzahl von zentralen Rechnereinheiten
120 ausgebildet sein. Andere Rechensysteme wie ein Personal Computer (nicht dargestellt)
oder Ähnliches kann drahtlos oder drahtgebunden über das Netzwerk 788 mit der zentralen
Recheneinheit 120 in Verbindung stehen. Ein besonderer Vorteil des Steuerungssystems
und -verfahrens ist, dass mittels des selbstlernenden Synchronisationsmoduls Parameter
der prädiktiven Analysetechnik, die üblicherweise als statische oder fixe Parameter
eingegeben werden, kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen durch aktuelle Messdaten
angepasst und optimiert werden und dadurch die Prozessparameter, die für die Trocknung
und Vernetzung relevant sind, entsprechend den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden
können.
Referenzliste
[0156]
- 100
- Steuerungssystem
- 110
- Eingabeeinheit
- 111
- Schnittstelle
- 114
- Auftragsdaten
- 115
- Messdaten von Offline Sensoren/Methoden 151 oder Inline Sensoren 152
- 118
- Betriebsdaten
- 120
- Zentrale Recheneinheit
- 121
- Speichereinheit
- 122
- Synchronisationsmodul
- 124
- Rohdatenanalyse/Auftragsanalyse
- 125
- Bedieneinheit
- 128
- cloudbasierte Speichereinheit
- 140
- prädiktive Analysetechnik
- 141
- theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse
- 142
- statistisches Modell
- 143
- stochastisches Modell 143
- 144
- mathematische Methode
- 145
- KI-Modul (künstliche Intelligenz-Modul)
- 146
- Big Data Analyse / Deep Data Analyse
- 147
- experimentelle Systemanalyse/ empirisches Modell
- 148
- theoretische Systemanalyse/Modell
- 150
- Sensoren
- 151
- Offline Sensoren oder Messmethoden
- 152
- Inline Sensoren
- 160
- Substrat
- 161
- Beschichtungsstoffe z.B. Farbserie
- 162
- Feuchtmittel
- 163
- bedrucktes Produkt
- 164
- Probe
- 165
- Umgebungsparameter
- 168
- Maschinenparameter (Istwert)
- 168'
- Maschinenparameter (Sollwert)
- 169
- Aktorendaten
- 170
- Ausgabeeinheit
- 171, 172
- Steuerungsanweisungen
- 180
- Druckmaschine
- 181
- Prozessparameter
- 400
- Ausführungsbeispiel für ein Verfahren
- 418
- Empfangen der Eingabedaten
- 419
- Speichern der Eingabedaten und von Information
- 420
- mittels der zentralen Recheneinheit 120 Bestimmen wenigstens eines Referenzwertes
mittels einer prädiktiven Analysetechnik 140
- 421
- kontinuierliches oder diskontinuierliches Messen; Messverfahren
- 422
- Lernen bzw. Optimierung der Prozessparameter durch das Synchronisationsmodul
- 425
- Berechnung der Prozessparameter
- 450
- Kamerasensor
- 452
- Kratznadel
- 461
- Kammerrakel-Druckwerk
- 462
- Aufrollzylinder
- 463
- Abrollzylinder
- 464
- Kammerrakel-Druckwerk
- 465
- Gegendruckzylinder
- 466
- Rasterwalze
- 467
- Formzylinder
- 468
- Umlenkwalze
- 469
- Bewegungsrichtung des Substrates 160 (hier: Bedruckstoffbahn)
- 470
- Ausgabe von Steuerungsanweisungen 171
- 480
- Drucken des Druckjobs auf Druckmaschine 180
- 481
- Flexodruckmaschine mit Rollenrotationsdruck
- 485
- Strahlungstrocknereinheit
- 486
- Wärmetrocknereinheit/ Thermoluftstromtrocknereinheit
- 487
- Trocknereinheit
- 500
- weiteres Ausführungsbeispiel des Steuerungsverfahrens
- 510
- Eingabe Betriebsdaten Druckmaschine, wobei Parameter teilweise unbekannt sind
- 511
- Eingabe Auftragsdaten 114 mit Kalibrierfeld
- 512
- Eingabe der Betriebsdaten 118 bezüglich Farbserie 161
- 513
- Eingabe bekanntes Substrat
- 514
- Eingabe Maschinenparameter 168, insbesondere Anzahl und Typ UV-Trocknereinheit, Volltondichte
und Druckgeschwindigkeit
- 515
- Eingabe Feuchtmittel
- 520
- Auswahl des empirischen Modells für Druckmaschine, bekannte Farbserie und bekanntes
Substrat
- 521
- Vergleich/Abgleich Soll/Istwerte aus empirischem/-n Modell/-en und Messdaten 115
- 522
- Berechnung der Abweichung
- 523
- Anpassung des empirischen Modells 147 u. Speichern als neues Modell 147'
- 524
- Analyse der Auftragsdaten d.h. des pdfs mit Ausnahme der Kalibrierfelder und Berechnung
des worst case areas anhand empirischem Modell 147'
- 550
- Andrucken der Druckform mit wenigstens einem Kalibrierfeld
- 551
- Ausschneiden des wenigstens einen Kalibrierfeldes z.B. à 20 cm2
- 552
- Extraktion des Testfeldes z.B. mit 10 mL Ethanol
- 553
- Messen der Extinktion des alkoholischen Extrakts mit UV/VIS Spektrometer
- 554
- Eingabe der Messdaten 115 des wenigstens einen Kalibrierfeldes
- 600
- Weiteres Ausführungsbeispiel des Steuerungsverfahrens
- 610
- Eingabe Betriebsdaten Druckmaschine, wobei Parameter teilweise unbekannt sind
- 611
- Eingabe Auftragsdaten 114 mit Kalibrierfeld
- 612
- Eingabe der Betriebsdaten 118 bezüglich Farbserie 161
- 613
- Eingabe verwendetes Substrat
- 614
- Eingabe Maschinenparameter 168 insbesondere Anzahl und Typ UV-Trocknereinheit, Volltondichte
und Druckgeschwindigkeit
- 615
- Eingabe Feuchtmittel
- 620
- Auswahl der empirischen Modelle für bekannte Farbserie aus Speichereinheit, wobei
Teile der Druckmaschine und Substrat unbekannt sind
- 621
- Auswahl des empirischen Modells
- 700
- Steuerungssystem
- 701 -704
- Offsetdruckwerke
- 705
- Lackdruckwerk
- 760
- Substrat/Bedruckstoff in Bogenformat
- 763
- bedruckte Bögen
- 781
- erste Offset-Druckmaschine
- 782
- weitere Offset-Druckmaschine
- 788
- Netzwerk
1. Ein Steuerungssystem (100) für Druckmaschinen zum Einstellen und Überwachen von trocknungs-,
migrations- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern für pigmentierte und
unpigmentierte Druckfarben, Lacke, Primer und/oder Laminationskleber umfassend:
eine Eingabeeinheit (110) zur Annahme von Eingabedaten umfassend Betriebsdaten (118)
und Auftragsdaten (114) einer Druckmaschine (180);
eine zentrale Recheneinheit (120) zum Empfangen der Eingabedaten, und eine Speichereinheit
(121) zur Speicherung der Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes
Produkt (163, 763);
wobei die zentrale Recheneinheit (120) ausgebildet ist, basierend auf den in der Speichereinheit
(121) gespeicherten Eingabedaten und/oder der gespeicherten Information unter Verwendung
von wenigstens einer prädiktiven Analysetechnik (140) wenigstens einen Referenzwert
für die Trocknungs- oder Vernetzungsqualität zu bestimmen;
wobei die Eingabeeinheit (110) zur Annahme von Messdaten (115) ausgebildet ist;
wobei die zentrale Recheneinheit (120) ferner ein selbstlernendes Synchronisationsmodul
(122) aufweist, das ausgebildet ist, den bestimmten Referenzwert kontinuierlich oder
in regelmäßigen Abständen mit aktuellen Messdaten (115) oder einer anhand der Messdaten
(115) ermittelten Vergleichsgröße zu vergleichen; und
wobei in Abhängigkeit von einer Abweichung zum wenigstens einen Referenzwert wenigstens
ein trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanter Prozessparameter (181)
mittels des Synchronisationsmoduls (122) berechenbar ist und der wenigstens eine Prozessparameter
(181) an wenigstens eine Druckmaschine (180) und/oder an eine Bedieneinheit (125)
der Druckmaschine ausgebbar ist.
2. Steuerungssystem nach Anspruch 1, wobei die prädiktive Analysetechnik (140) eine oder
mehrere der folgenden Analysetechniken umfassen:
theoretische und/oder experimentelle Systemanalyse (141), Messanalysen mittels von
Sensoren (150) erfassten Messdaten, wenigstens ein empirisches Modell (147), wenigstens
ein statistisches Modell (142), wenigstens ein stochastisches Modell (143), wenigstens
eine mathematische Methode (144), wenigstens eine Analyse aufgrund von maschinellem
Lernen, wenigstens ein KI-Modul (künstliche Intelligenz-Modul, 145), Big Data Analyse
oder Deep Data Analyse (146), und Kombinationen davon.
3. Steuerungssystem nach Anspruch 1 oder 2, wobei die trocknungs-, migrations- und/oder
vernetzungsrelevanten Prozessparameter (181) eine Druckgeschwindigkeit und/oder Art,
und/oder Anzahl, und/oder eine Position, und/oder eine Leistung und/oder Geometrie
einer Strahlungstrocknereinheit (485) oder einer Thermoluftstromtocknereinheit (486)
umfassen.
4. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei das Steuerungssystem (100)
wenigstens einen Sensor (150) zur Erfassung von Messdaten (115) umfasst, wobei der
wenigstens eine Sensor (150) ausgewählt ist aus einer Gruppe umfassend:
ein Inline-Sensor (152), ein Offline-Sensor (151) und ein virtueller Sensor und Kombinationen
davon,
wobei der Offlinesensor (151) vorzugsweise ausgewählt ist aus einer Gruppe umfassend:
ein Atomabsorptionsspektrometer (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometer mit
induktiv gekoppeltem Plasma), ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem
Plasma) und UV-VIS Spektrometer; und
wobei der ausgewählte Offlinesensor (151) ausgebildet ist, Metallionen aus kationischen
Photoinitiatoren wie Oniumsalzen aus strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen oder
aus oxidativen Trocknern aus oxidativ trocknenden Beschichtungsstoffen zu erfassen.
5. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 4, ferner umfassend eine Mehrzahl
von Druckmaschinen (180, 781, 782, 481), wobei die zentrale Recheneinheit (120) mittels
einem Netzwerk (788) mit den Druckmaschinen verbindbar ist.
6. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei das Synchronisationsmodul
(122) konfiguriert ist, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren für variable
Parameter in Abhängigkeit von den Auftragsdaten (114) oder sich ändernden Betriebsdaten
(118) zu bestimmen.
7. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei das Synchronisationsmodul
(122) ferner konfiguriert ist, basierend auf den Auftragsdaten (114) eine Auftragsanalyse
(124) durchzuführen, um eine Auftragsreihenfolge pro Druckmaschine und/oder die Prozessparameter
in Abhängigkeit von den Prozessschritten zu optimieren,
wobei vorzugsweise die Eingabedaten über die Eingabeeinheit (110) automatisiert erfassbar
und/oder über die Bedieneinheit (125) manuell erfassbar und speicherbar sind.
8. Steuerungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
wobei die Betriebsdaten (118) ausgewählt sind aus einer Gruppe umfassend:
Druckverfahren,
Maschinentyp,
Maschinenparameter (168),
Umgebungsparameter (165),
Substrat (160), Substratserien,
Beschichtungsstoffe (161), Farbserie, Farbtyp, Additive, Primer, Lacke, Laminationskleber;
Schichtaufbau, die zu übertragenen Mengen an Farbe, Lack, Primer oder Laminationskleber,
Feuchtmittel (162), Feuchtmitteltyp, Feuchmitteldosierung, Brauchwasserwerte und
Kombinationen davon; und
wobei ein oder mehrere Maschinenparameter (168) vorzugsweise ausgewählt sind aus der
Gruppe umfassend:
Druckgeschwindigkeit, Druckzylinderparameter, Druckformparameter Leistung und Geometrie
der wenigstens einen Trocknereinheit (487, 485, 486), Farbmengen,
Walzentypen- und -einstellungen und Gummituch bei Offsetdruck,
Düsentyp oder Druckkopf bei Inkjet-Druck; und
bei Tief- und Flexodruck: Rakeltyp, Klischeeaufbau, Schöpfvolumina, Raster- oder Aniloxwalzentyp.
9. Steuerungssystem nach Anspruch 8, wobei die Auftragsdaten (114) ausgewählt sind aus
einer Gruppe umfassend:
Druckdaten basierend auf einer Analyse (124) der digitalen Druckdaten,
bevorzugt unter Verwendung einer Seitenbeschreibungssprache umfassend eine pdf-Analyse
oder auftragsbezogene Daten, wobei auf wenigstens einem Teil des Druckbereiches oder
auf die gesamte Applikationsfläche bezogen die jeweilige Flächendeckung an Beschichtungsstoff
(161), Druckfarbe, Laminationskleber,
Primer und/ oder Lack, mittels der Auftragsdaten (114) oder der auftragsbezogenen
Daten berechenbar ist.
10. Steuerungssystem (100) nach Anspruch 9, wobei auftragsbezogene Daten (114) ferner
Weiterverarbeitungsdaten umfassen, die ausgewählt sind aus einer Gruppe umfassend:
Stanzen, Rillen, Schneiden, Falzen, Heften, Laminieren, Kleben, Heißfolienprägen,
Kaltfolienprägen, Prägen, Heißsiegeln und Stapeln und Kombinationen davon.
11. Verfahren (400, 500, 500) zur Steuerung von trocknungs-, migrations- und/oder vernetzungsrelevanten
Prozessparametern von Druckmaschinen (180) umfassend die folgenden Verfahrensschritte:
Empfangen (418) von Eingabedaten mittels einer Eingabeeinheit (110), wobei die Eingabedaten
Betriebsdaten (118) und Auftragsdaten (114) einer Druckmaschine (180) umfassen;
Speichern (419) der Eingabedaten und von Information über wenigstens ein gedrucktes
Produkt mittels einer Speichereinheit (121, 128), und
mittels einer zentralen Recheneinheit (120) Bestimmen (420) wenigstens eines Referenzwertes
für die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität basierend auf einzelnen oder mehreren
Eingabedaten und/oder der gespeicherten Informationen unter Verwendung von wenigstens
einer prädiktiven Analysetechnik (140),
ferner kontinuierliches oder diskontinuierliches Vergleichen (521) des wenigstens
einen Referenzwertes mit aktuellen Messdaten (115) oder mit einer zumindest teilweise
auf den aktuellen Messdaten (115) basierenden Vergleichsgröße, wobei ein Synchronisationsmodul
(122) der zentralen Recheneinheit (120) auf Basis des Vergleichens (521) kontinuierlich
oder diskontinuierlich lernt (422), wie die Trocknungs- und/oder Vernetzungsqualität
tatsächlich ist; und
ferner Berechnen (522) einer Abweichung von dem wenigstens einen Referenzwert und
bei einer Abweichung Berechnung (425) wenigstens eines trocknungs- und/oder vernetzungsrelevante
Prozessparameters (181); und
wobei der wenigstens eine berechnete trocknungs- und/oder vernetzungsrelevanten Prozessparameter
(181) direkt oder nach Freigabe durch eine Bedienperson der Druckmaschine (180) über
eine Bedieneinheit (125) an wenigstens eine Druckmaschine (180) zur Steuerung ausgegeben
(470) wird.
12. Verfahren nach Anspruch 11, wobei die aktuellen Messdaten mittels Messverfahren (421)
von wenigstens einem der folgenden Sensoren (150) bereitgestellt werden:
ein Offlinesensor (151), ein Inlinesensor (152), virtueller Sensor und Kombinationen
davon,
wobei das Messverfahren mittels Offlinesensor (151) vorzugsweise ausgewählt ist aus
der Gruppe umfassend Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie
mit induktiv gekoppeltem Plasma), ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem
Plasma) und UV-VIS Spektrometrie, um Metallionen aus kationischen Photoinitiatoren
wie Oniumsalsze aus strahlungshärtenden Beschichtungsstoffen oder Metallionen aus
oxidativen Trocknern aus oxidativ trocknenden Beschichtungsstoffen zu erfassen.
13. Verfahren nach Anspruch 11 oder 12, wobei das Synchronisationsmodul (122), ausgelegt
ist, Anpassungsfaktoren oder Interpolationsfaktoren für variable Parameter in Abhängigkeit
von den Auftragsdaten (114) oder sich ändernden Betriebsdaten (118) zu bestimmen,
um die variablen Parameter automatisch anzupassen.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 13, wobei das Synchronisationsmodul (122)
basierend auf den Auftragsdaten (114) eine Auftragsanalyse (124) durchführt, um eine
Auftragsreihenfolge pro Druckmaschine (180) und/oder die Prozessparameter (181) in
Abhängigkeit von den Prozessschritten zu optimieren.
15. Ein computerlesbares Medium, auf dem Anweisungen zum Steuern wenigstens einer Druckmaschine
(180) gespeichert sind, um das Verfahren zum Steuern von trocknungs-, migrations-
oder vernetzungsrelevanten Prozessparametern gemäß einem der Ansprüche 11 bis 14 durchzuführen.
16. Computerprogramm umfassend Anweisungen, die bei der Ausführung des Programmes durch
einen Computer veranlassen, die Verfahrensschritte gemäß einem der Ansprüche 11 bis
14 durchzuführen.