[0001] Die vorliegende Anmeldung betrifft eine Vorrichtung zum Beaufschlagen einer magnetorheologischen
Flüssigkeit mit einem Magnetfeld. Ferner betrifft sie ein System und ein Verfahren
zum Bearbeiten eines Werkstücks und/oder Werkzeugs mittels der magnetorheologischen
Flüssigkeit.
[0002] In nahezu allen technischen Bereichen haben mikroelektronische und mechanische Systeme
(MEMS) Einzug gehalten, die mittels Mikrofertigung hergestellt werden. Einen zentralen
Bestandteil der Mikrofertigung stellt das Mikrofräsen dar. Beim Mikrofräsen handelt
es sich um einen Zerspanvorgang mit geometrisch bestimmter Schneide. Das Mikrofräsen
bietet die Möglichkeit Präzisionsbauteile mit hoher geometrischer Vielfalt in Kombination
mit einer großen Werkstoffbandbreite fertigen zu können. Aufgrund der Anforderungen
an Form- und Maßgenauigkeit der generierten Bauteile wird für eine prozesssichere
Zerspanung eine spezielle Werkzeugvorbereitung benötigt. Einen zentralen Bestandteil
dieser Werkzeugvorbereitung stellt die Schneidkantenpräparation von Mikrofräswerkzeugen
dar. Zur gezielten Schneidkantenpräparation kommen eine Vielzahl von Präparationsverfahren
zum Einsatz, beispielsweise Bürsten, Strahlspanen, Laserstrahlabtragen, Magnetfinishing
oder Tauchgleitläppen.
[0003] Sowohl die Schneidkantenpräparation von Mikrofräswerkzeugen als auch das Mikroentgraten
vereint die Schwierigkeit, Werkstückkanten definiert und reproduzierbar zu präparieren.
Aufgrund der komplexen Wirkzusammenhänge von Einflussfaktoren, wie Bewegungskinematik,
Bearbeitungsmedium und Eingriffsverhältnissen, gelang es bis jetzt nur unzureichend
eine genaue und anforderungsgerechte Kantenpräparation zu ermöglichen.
[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, eine Vorrichtung vorzuschlagen,
die gegenüber diesem Stand der Technik eine alternative, vorzugsweise verbesserte,
Mikrobearbeitung, insbesondere eine verbesserte Schneidkantenpräparation, ermöglicht.
Ferner ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein entsprechendes System und
ein entsprechendes Verfahren vorzuschlagen, das eine alternative, vorzugsweise verbesserte,
Werkstück- oder Werkzeugbearbeitung ermöglicht. Insbesondere kann es eine Aufgabe
der vorliegenden Erfindung sein, eine Präparation von Werkzeugen mit Durchmessern
100 um ≤ D ≤ 1.000 µm zu verbessern.
[0005] Die vorgeschlagene Vorrichtung dient zum Beaufschlagen einer magnetorheologischen
Flüssigkeit mit einem Magnetfeld. So können ein Werkzeug oder Werkstück, das sich
in der magnetorheologischen Flüssigkeit befindet, bearbeitet werden.
[0006] Die Vorrichtung umfasst einen Behälter zum Aufnehmen einer magnetorheologischen Flüssigkeit,
aufweisend eine vorzugsweise nach oben gerichtete Öffnung zum zumindest teilweisen
Eintauchen des Werkstücks und/oder Werkzeugs in die magnetorheologische Flüssigkeit,
zumindest einen an dem Behälter angeordneten Elektromagneten zum Anlegen eines Magnetfeldes
an den Behälter, wobei der Elektromagnet einen magnetischen Leiter und eine um den
Leiter gewickelte Spule sowie eine mit der Spule elektrisch verbundene Stromquelle
umfasst.
[0007] Die Vorrichtung kann insbesondere dazu geeignet sein, in oder an einer Werkzeugmaschine
zur Herstellung oder Bearbeitung von Werkstücken mit Funktionsmerkmalen im Mikrometerbereich
oder Werkzeugen mit Funktionsmerkmalen im Mikrometerbereich angebracht zu werden.
[0008] Der Behälter ist typischerweise zumindest teilweise mit einer magnetorheologischen
Flüssigkeit gefüllt. Dabei handelt es sich insbesondere um eine abrasive magnetorheologische
Flüssigkeit. Die magnetorheologische Flüssigkeit kann insbesondere ein Trägeröl, insbesondere
Polyalphaolefin-Öl, und ein Abrasivmedium, insbesondere Diamant, Korund und/oder Siliziumcarbonat,
umfassen. Ferner kann die magnetorheologische Flüssigkeit stabilisierende Additive
umfassen, beispielsweise Thixotropiemittel, Netz- und Dispergieradditiv und/oder Oxidationsinhibitoren.
Die verwendete magnetorheologische Flüssigkeit kann mit abrasiven Diamantpartikeln
mit einer Volumenpartikelkonzentration von bis zu CA = 15 % angereichert werden.
[0009] Der Behälter kann quaderförmig oder würfelförmig sein. Ein Innenraum des Würfels
oder Quaders ist typischerweise hohl zum Aufnehmen der magnetorheologischen Flüssigkeit.
Insbesondere ist eine obere Seitenfläche des Quaders bzw. Würfels geöffnet oder enthält
eine Öffnung. In einer anderen Ausführungsform ist der Behälter um seine Längsachse
rotationssymmetrisch und weist insbesondere die Form eines Hohlzylinders auf. Dieser
kann eine kreisrunde Bodenplatte aufweisen und nach oben geöffnet sein. Insbesondere
ist eine obere Seitenfläche des Zylinders bzw. Hohlzylinders geöffnet oder enthält
eine Öffnung.
[0010] Die Behälterwände können eine konstante Dicke oder unterschiedliche Materialstärken
aufweisen. Die Bodenplatte des Behälters kann die gleiche oder eine sich von der Wanddicke
unterscheidende Dicke aufweisen. Vorzugsweise umfasst der Behälter PVC und/oder einen
anderen dia- oder paramagnetischen Werkstoff.
[0011] Eine Wandstärke bzw. Bodenstärke des Behälters kann insbesondere mindestens 0,5 mm,
bevorzugt mindestens 2 mm, besonders bevorzugt mindestens 3 mm betragen und/oder kann
höchstens 5 mm, bevorzugt höchstens 4,5 mm, besonders bevorzugt höchstens 4 mm betragen.
[0012] Der Behälter kann eine Höhe und/oder Breite und/oder Länge und/oder einen Bodenplattendurchmesser
von insbesondere mindestens 10 mm, bevorzugt mindestens 20 mm, besonders bevorzugt
mindestens 30 mm aufweisen und/oder kann eine Höhe und/oder Breite und/oder Länge
und/oder einen Bodenplattendurchmesser von insbesondere höchstens 200 mm, bevorzugt
höchstens 150 mm, besonders bevorzugt höchstens 120 mm betragen. Beispielsweise kann
der Behälter eine Höhe und/oder Breite und/oder Länge und/oder einen Bodenplattendurchmesser
von insbesondere 100 mm aufweisen.
[0013] In einer Ausführungsform umfasst die Vorrichtung eine Mehrzahl von Elektromagneten.
Die Elektromagneten sind typischerweise ausgebildet wie der oben beschriebene zumindest
eine Elektromagnet. Die Elektromagneten können - vorzugsweise außen - an dem Behälter
angeordnet sein. Der Elektromagnet und/oder zumindest einige oder alle der Mehrzahl
von Elektromagneten kann/können an einer Außenseite, insbesondere an einer Außenwand
oder an mehreren Außenwänden des Behälters angeordnet sein. Der Elektromagnet bzw.
die Elektromagnete können beispielsweise an eine Außenwand oder an mehrere Außenwände
des Behälters geklebt sein und oder mit dieser verschraubt sein. Auch andere Fixierungsmöglichkeiten,
beispielsweise mittels Klammern sind denkbar. Die Außenwände bzw. die Außenwand des
Behälters kann, insbesondere integrale, Vorsprünge aufweisen, die der Halterung der
Elektromagnete dienen, auf die die Elektromagneten beispielsweise aufsteckbar sind.
Vorzugsweise sind die Elektromagneten mit dem Behälter unbeweglich verbunden. Die
jeweilige Spule der Elektromagneten der Mehrzahl von Elektromagneten kann mit der
Stromquelle oder mit jeweils einer weiteren Stromquelle verbunden sein.
[0014] Die Mehrzahl von Elektromagneten kann eine erste Anzahl von Elektromagneten in einer
ersten Ebene umfassen. Die erste Ebene ist vorzugsweise senkrecht zur Längsachse des
Behälters angeordnet. Die erste Ebene kann auch in einem spitzen oder stumpfen Winkel
zur Längsachse des Behälters angeordnet sein. Eine zweite Anzahl von Elektromagneten
kann in einer zweiten Ebene, vorzugsweise senkrecht zur Längsachse des Behälters,
angeordnet sein. Die zweite Ebene kann parallel zur ersten Ebene angeordnet sein.
Es kann auch vorgesehen sein, dass die erste und die zweite Ebene einen sich in einer
Geraden schneiden. Eine dritte Anzahl von Elektromagneten kann in einer dritten Ebene
vorzugsweise senkrecht zur Längsachse des Behälters, angeordnet sein. Die dritte Ebene
kann parallel zur ersten Ebene und/oder zweiten Ebene angeordnet sein. Es können weitere
Ebenen mit Elektromagneten vorgesehen sein. Vorzugsweise umfasst jede Ebene zumindest
ein Spulenpaar.
[0015] In einer Ausführung ist mindestens ein Elektromagnet pro Ebene vorgesehen. Es können
mehr als ein Elektromagnet, beispielsweise zumindest zwei oder zumindest drei oder
zumindest vier oder zumindest fünf oder zumindest 10 Elektromagnete pro Ebene vorgesehen
sein. Es kann eine Vielzahl von Elektromagneten pro Ebene vorgesehen, insbesondere
bis zu 100 oder bis zu 50 oder bis zu 30 oder bis zu 20 Elektromagnete pro Ebene vorgesehen
sein. Die Anzahl der Elektromagnete kann eine gerade oder eine ungerade Zahl sein.
[0016] Es können 1 bis X Ebenen von Elektromagneten vorgesehen sein. X ist dabei eine natürliche
Zahl. Insbesondere können zumindest drei oder zumindest vier oder zumindest fünf oder
zumindest 10 Ebenen von Elektromagneten vorgesehen sein. Insbesondere können maximal
100 oder maximal 80 oder maximal 50 oder maximal 20 Ebenen von Elektromagneten vorgesehen
sein.
[0017] Je mehr Ebenen von Elektromagneten vorgesehen sind, desto mehr Ebenen der magnetorheologischen
Flüssigkeit können individuell angesteuert werden. Die Elektromagneten einer Ebene
können jeweils individuell ansteuerbar sein. Die Elektromagneten einer Ebene können
zeitlich versetzt ansteuerbar sein. Die Elektromagneten einer Ebene können mit verschiedenen
oder gleichen Pulsen ansteuerbar sein. Es kann auch vorgesehen sein, dass einige Elektromagnete
einer Ebene mit einem Puls ansteuerbar sind und einige Elektromagnete mit einem zweiten
Puls ansteuerbar sind.
[0018] In einem Ausführungsbeispiel kann eine erste Kombination von Elektromagneten mit
einem ersten Puls beaufschlagbar sein, während eine andere Kombination von Elektromagneten
mit einem zweiten Puls beaufschlagbar ist. Es kann weitere Kombinationen von Elektromagneten
geben, die mit weiteren Pulsen beaufschlagbar sind. Die Kombinationen von Elektromagneten
können jeweils in einer Ebene und/oder in unterschiedlichen Ebenen liegen. Beispielsweise
kann die erste Kombination Elektromagnete umfassen, die übereinander in verschiedenen
Ebenen angeordnet sind.
[0019] Die Mehrzahl von Elektromagneten kann rotationssymmetrisch um die Längsachse des
Behälters angeordnet sein. Insbesondere können die Elektromagneten einer Ebene, beispielsweise
der ersten und/oder der zweiten und/oder der dritten Ebene, rotationssymmetrisch um
die Längsachse des Behälters angeordnet sein.
[0020] In einer Ausführungsform sind die Elektromagneten einer Ebene gegenüber den Elektromagneten
einer weiteren Ebene übereinander angeordnet und/oder versetzt zueinander angeordnet.
Die Elektromagneten einer Ebene können zu den Elektromagneten einer anderen Ebene
übereinander angeordnet sein und gegenüber den Elektromagneten einer weiteren Ebene
versetzt angeordnet sein. Die erste Anzahl von Elektromagneten und/oder die zweite
Anzahl von Elektromagneten und/oder die dritte Anzahl von Elektromagneten können/kann
übereinander angeordnet sein. Die erste Anzahl von Elektromagneten und/oder die zweite
Anzahl von Elektromagneten und/oder die dritte Anzahl von Elektromagneten kann versetzt
zueinander angeordnet sein.
[0021] In einer Ausführungsform ist die Stromquelle zum Steuern der magnetischen Flussdichte
regelbar. Die Stromquelle kann insbesondere ausgebildet sein, eine Erregerfrequenz
zu regeln. Die Stromquelle kann derart ausgebildet sein, dass Erregerfrequenzen von
zumindest 1 Hz oder zumindest 5 Hz oder zumindest 10 Hz oder zumindest 20 Hz oder
zumindest 30 Hz, bevorzugt zumindest 40 Hz, besonders bevorzugt zumindest 50 Hz und/oder
Erregerfrequenzen von insbesondere höchstens 200 Hz oder höchstens 190 Hz oder höchstens
180 Hz oder höchstens 170 Hz, bevorzugt höchstens 160 Hz, besonders bevorzugt 150
Hz einstellbar sind. Besonders bevorzugt kann ein Frequenzbereich von 50 Hz ≤ f ≤
150 Hz einstellbar sein.
[0022] Es kann vorgesehen sein, dass die Frequenzbereiche für jeden Elektromagneten individuell
regelbar sind. Beispielsweise kann dafür mehr als eine regelbare Stromquelle vorgesehen
sein. Ein Elektromagnet kann mit einer Stromquelle verbunden sein. Ein zweiter Elektromagnet
kann mit einer zweiten Stromquelle verbunden sein. Weitere Elektromagnete können jeweils
mit einer Stromquelle verbunden sein. Es kann auch vorgesehen sein, dass eine Stromquelle
mit mehr als einem Elektromagneten verbunden ist. Eine zweite Stromquelle kann mit
einem oder mehreren weiteren Stromquellen verbunden sein. Die Stromquelle/n kann/können
jeweils wie oben beschrieben regelbar sein.
[0023] Die Regelung einer Erregerfrequenz eines oder mehrerer Elektromagnete ermöglicht
einen gepulsten Betrieb des/der Elektromagnete/s. Das Pulsen kann dazu dienen, die
Abrasivmittel neu zu orientieren. So kann eine Effektivitätssteigerung der Bearbeitung
und/oder eine Reduzierung von strömungstechnischen Totbereichen erreicht werden. Das
Pulsen kann zusätzlich oder alternativ einer Erhöhung der Fluiddichte bzw. Abrasivmitteldichte
an der Bearbeitungsstelle dienen. Das Pulsen kann zusätzlich oder alternativ einen
Spanabtransport optimieren und/oder zu einer verbesserten Abtragsleistung führen.
Das Pulsen kann zusätzlich oder alternativ einem verbesserten Abtransport von verschlissenen
Carbonyleisenpartikeln dienen.
[0024] In einer Ausführungsform können die Elektromagnete einer Ebene alle mit einer regelbaren
Stromquelle verbunden sein. Die Elektromagnete einer Ebene können alternativ jeweils
mit einer anderen Stromquelle verbunden sein. Zusätzlich oder alternativ kann zumindest
ein Elektromagnet einer Ebene mit einer Stromquelle und/oder zumindest ein Elektromagnet
derselben Ebene mit zumindest einer weiteren Stromquelle verbunden sein.
[0025] Die Elektromagnete können individuell und zeitlich versetzt geschaltet werden. Die
Elektromagnete können mit unterschiedlichen Frequenzen geschaltet werden. Dies kann
den Vorteil haben, dass eine lokalspezifische und gerichtete Druckveränderung der
magnetorheologischen Flüssigkeit erreicht werden kann.
[0026] Zumindest ein Permanentmagnet kann ferner an dem Behälter, vorzugsweise an einer
Außenseite des Behälters angeordnet sein. Mit dem Permanentmagnet kann die magnetorheologische
Flüssigkeit mit einem Magnetfeld beaufschlagt werden. Die Magnetfelder des Elektromagnets
bzw. der Elektromagnete und/oder des Permanentmagnetes bzw. der Permanentmagnete können
sich überlagern.
[0027] Die Vorrichtung kann sich insbesondere eignen in eine Werkzeugmaschine, beispielsweise
eine Werkzeugmaschine zum Mikrofräsen, eingesetzt zu werden.
[0028] Die vorliegende Anmeldung betrifft ferner ein System zum Bearbeiten eines Werkstücks
und/oder Werkzeugs, vorzugsweise eines Werkstücks mit Funktionsmerkmalen im Mikrometerbereich,
nachfolgend Mikrowerkstück genannt, oder Werkzeugs mit Funktionsmerkmalen im Mikrometerbereich,
nachfolgend Mikrowerkzeug genannt, mittels einer magnetorheologischen Flüssigkeit.
[0029] Die Abmessungen eines Mikrowerkstücks und/oder Mikrowerkzeugs können sich insbesondere
dadurch auszeichnen, dass sie eine Ausdehnung, beispielsweise entlang einer Längsachse
und/oder entlang einer Achse senkrecht zur Längsachse, von maximal 10.000 µm, vorzugsweise
maximal 5.000 µm, besonders bevorzugt maximal 2.000 µm aufweisen. Eine Ausdehnung,
beispielsweise entlang einer Längsachse und/oder entlang einer Achse senkrecht zur
Längsachse, kann minimal 50 µm, vorzugsweise minimal 80 µm, besonders bevorzugt minimal
100 µm betragen. Die maximale Ausdehnung des Mikrowerkstücks oder Mikrowerkzeugs entlang
einer Geraden kann maximal 2.000 µm, vorzugsweise maximal 1.500 µm, besonders bevorzugt
maximal 1.000 µm und/oder minimal 50 µm, vorzugsweise minimal 80 µm, besonders bevorzugt
minimal 100 µm betragen.
[0030] Das System umfasst typischerweise eine Vorrichtung gemäß obiger Ausführung. Ferner
umfasst das System eine Werkstückaufnahme zum Aufnehmen eines zu bearbeitenden Werkstücks
und/oder Werkzeugs, insbesondere eines Mikrowerkstücks und/oder Mikrowerkzeugs. Die
Werkstückaufnahme kann derart zwischen einer ersten und einer zweiten Position verfahrbar
sein, dass das Werkstück und/oder das Werkzeug in einer ersten Position außerhalb
eines Innenraums des Behälters, nachfolgend Behälterinnenraum, angeordnet ist und
zumindest in einer zweiten Position teilweise in dem Behälterinnenraum, insbesondere
zumindest teilweise in einer darin angeordneten magnetorheologischen Flüssigkeit,
angeordnet ist. Die Werkzeugaufnahme kann ferner in weitere Positionen verfahrbar
sein. Vorzugsweise sind die weiteren Positionen so lokalisiert, dass in den weiteren
Positionen das Werkstück und/oder Werkzeug teilweise in dem Behälterinnenraum, insbesondere
zumindest teilweise in einer darin angeordneten magnetorheologischen Flüssigkeit,
angeordnet ist.
[0031] Das System kann zumindest eine weitere Werkstückaufnahme zum gleichzeitigen Einbringen
von zwei Werkzeugen und/oder Werkstücken in den Behälterinnenraum aufweisen.
[0032] Zumindest eine Werkstückaufnahme kann entlang einer Achse, vorzugsweise entlang zweier
Achsen, besonders bevorzugt entlang dreier Achsen verfahrbar sein. Die Achsen können
insbesondere senkrecht zueinander stehen. Zusätzlich oder alternativ kann zumindest
eine oder dieselbe Werkzeugaufnahme um zumindest eine Achse und/oder um zumindest
zwei Achsen und/oder um zumindest drei Achsen rotierbar sein.
[0033] In einer Ausführung weist das System einen Mehrachsroboter, vorzugsweise einen Fünf-Achs-Roboter
oder einen Sechs-Achs-Roboter auf. Insbesondere kann die Werkstückaufnahme oder zumindest
eine der Werkstückaufnahmen an dem Mehrachsroboter angeordnet sein. Der Mehrachsroboter
kann beispielsweise als Industrieroboter ausgebildet sein, umfassend einen Roboterarm.
[0034] Ferner betrifft die Anmeldung ein Verfahren zum Bearbeiten eines Werkstücks und/oder
Werkzeugs, vorzugsweise eines Mikrowerkstücks oder Mikrowerkzeugs mittels einer magnetorheologischen
Flüssigkeit.
[0035] Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte, die vorzugsweise in der nachfolgenden
Reihenfolge ausgeführt werden.
- I. Bereitstellen eines zuvor beschriebenen Systems,
- II. Einsetzen, insbesondere Einspannen, eines Werkstücks und/oder Werkzeugs in die
Werkstückaufnahme,
- III. Verfahren der Werkstückaufnahme mit eingesetztem Werkstück und/oder Werkzeug
in eine zweite Position, in der das Werkstück und/oder das Werkzeug zumindest teilweise
in die magnetorheologische Flüssigkeit eingetaucht ist,
- IV. Beaufschlagen der in dem Behälter angeordneten magnetorheologischen Flüssigkeit
mit einem Magnetfeld, insbesondere durch Versorgen von zumindest einem Elektromagneten
mit Strom durch die Stromquelle.
[0036] Im ersten Schritt ist der Behälter vorzugsweise zumindest teilweise mit einer magnetorheologischen
Flüssigkeit gefüllt. Der Behälter kann jedoch auch erst nach dem zweiten Schritt mit
der magnetorheologischen Flüssigkeit gefüllt werden.
[0037] Im zweiten Schritt befindet sich die Werkstückaufnahme vorzugsweise in einer ersten,
außerhalb des Behälters angeordneten Position.
[0038] Das Werkstück/Werkzeug kann in dem Behälter verfahren werden, um eine Relativgeschwindigkeit
und somit eine Werkstofftrennung zu erzeugen.
[0039] Durch die Beaufschlagung der magnetorheologischen Flüssigkeit mit einem Magnetfeld
kann das in der magnetorheologischen Flüssigkeit angeordnete Werkstück und/oder Werkzeug
bearbeitet werden.
[0040] Das Werkstück/Werkzeug kann durch die geschaltete, d.h. mit einem Magnetfeld beaufschlagte,
magnetorheologischen Flüssigkeit geführt werden. So kann eine Werkstofftrennung bewirkt
werden. Durch die Beaufschlagung mit dem Magnetfeld können sich die magnetischen Partikel
in der magnetorheologischen Flüssigkeit, beispielsweise Eisenpartikel, entlang der
magnetischen Feldlinien ausrichten. Diese Partikel können für ein "Festhalten" der
Abrasivpartikel sorgen. Die geschaltete magnetorheologische Flüssigkeit kann dabei
ruhend sein.
[0041] Alternativ kann die magnetorheologische Flüssigkeit und/oder darin befindliche abrasive
Teilchen durch die Beaufschlagung mit dem Magnetfeld bewegt werden, sodass zumindest
teilweise ein Abtrag einer Werkstück- und/oder Werkzeugoberfläche bewirkt wird.
[0042] In einer Ausführungsform kann im vierten Verfahrensschritt die magnetorheologische
Flüssigkeit mit einem homogenen oder inhomogenen Magnetfeld beaufschlagt werden. Ein
homogenes Magnetfeld kann den Vorteil haben, dass hierdurch eine homogene Werkstofftrennung
und somit eine homogene Bearbeitung gewährleistet werden kann.
[0043] In einer Ausführung umfasst Schritt IV eine Änderung der magnetischen Flussdichte
des Magnetfelds. Insbesondere kann die magnetische Flussdichte durch Ändern des angelegten
Stroms zum Versorgen des zumindest einen Elektromagneten geändert werden. Zusätzlich
oder alternativ können gleichzeitig oder nacheinander unterschiedliche Elektromagnete
der Mehrzahl von Elektromagneten mit Strom versorgt werden. Vorzugsweise werden zumindest
zwei Elektromagnete gleichzeitig als Spulenpaar betrieben. Nacheinander können verschiedene
Spulenpaare betrieben werden.
[0044] In Schritt IV können gleichzeitig zumindest ein Elektromagnet der ersten und/oder
der zweiten und/oder der dritten Ebene betrieben werden. Vorzugsweise können gleichzeitig
zumindest zwei Elektromagneten der ersten und/oder der zweiten und/oder der dritten
Ebene betrieben werden.
[0045] So können je nach Anforderungen an das zu bearbeitende Werkstück oder Werkzeug verschiedene
magnetische Flussdichten realisiert werden, die einen entsprechenden Materialabtrag
oder eine Materialtrennung an der Werkstück- und/oder Werkzeugoberfläche zur Folge
haben. Je nach Intensität der magnetischen Flussdichte kann die Oberfläche des Werkstücks
und/oder Werkstücks lokal verschieden stark abgetragen und/oder Werkstoff abgetrennt
werden.
[0046] In einer Ausführung können die Elektromagneten in Schritt IV pulsierend betrieben
werden, sodass sich das Magnetfeld zeitlich ändert. So kann die magnetorheologische
Flüssigkeit mit einem inhomogenen Magnetfeld beaufschlagt werden, wodurch ein variabler
Bearbeitungsdruck P
B in Abhängigkeit einer Eintauchtiefe t des in die magnetorheologische Flüssigkeit
eingetauchten Werkstücks oder Werkzeugs eingestellt werden kann.
[0047] In einer Ausführung kann, insbesondere während die magnetorheologische Flüssigkeit
mit einem Magnetfeld beaufschlagt wird, das Werkstück und/oder Werkzeug durch die
magnetorheologische Flüssigkeit geführt werden. So kann beispielsweise eine Eintauchtiefe
des Werkstücks und/oder Werkzeugs verändert werden. Das Werkstück und/oder Werkzeug
kann entlang einer oder mehrerer translatorischer Achsen durch die magnetorheologische
Flüssigkeit geführt werden. Beispielsweise kann es entlang einer helixförmigen Bahn
geführt werden. Zusätzlich oder alternativ kann das Werkstück und/oder Werkzeug in
der magnetorheologischen Flüssigkeit um zumindest eine Achse rotiert werden. Eine
Drehzahl in 1/min kann dabei zumindest 10, bevorzugt zumindest 100, besonders bevorzugt
zumindest 1.000 und/oder höchstens 100.000, bevorzugt höchstens 50.000, besonders
bevorzugt höchstens 10.000 betragen.
[0048] In einer Ausführung kann vor der Durchführung von Schritt IV ein Winkel zwischen
einer Werkstücklängsachse und/oder einer Werkzeuglängsachse und der Behälterlängsachse
eingestellt werden. Zusätzlich oder alternativ kann während der Durchführung von Schritt
IV ein Winkel zwischen einer Werkstücklängsachse und/oder einer Werkzeuglängsachse
und der Behälterlängsachse verändert werden. Hierdurch kann die Werkstofftrennung
gezielt beeinflusst werden.
[0049] Durch die Bewegung des Werkstücks und/oder Werkzeugs in der magnetorheologischen
Flüssigkeit und/oder eine Variation der Eintauchtiefe und/oder des Eintauchwinkels
kann Einfluss auf die herrschenden Druck- und Strömungsverhältnisse in der magnetorheologischen
Flüssigkeit genommen werden. So kann die Bearbeitung einzelner Kanten ermöglicht werden.
[0050] Zusätzlich oder alternativ zu der geometrischen Variation der Bewegungsbahn des Werkstücks
und/oder Werkzeugs können über die Steuerung der magnetischen Flussdichte B mittels
der regelbaren Stromquelle die rheologischen Eigenschaften der magnetorheologischen
Flüssigkeiten beeinflusst werden. Auf diese Weise kann eine gepulste Bearbeitung erreicht
werden, wodurch das Bearbeitungsergebnis verbessert werden kann. Die Vorteile der
gepulsten Bearbeitung sind kürzere Bearbeitungsdauern und/oder geringere Oberflächenrauheiten.
[0051] Zum Entnehmen des Werkzeugs bzw. Werkstücks kann die Werkstückaufnahme mit eingesetztem
Werkstück und/oder eingesetztem Werkzeug in eine Position außerhalb des Behälters,
insbesondere in die erste Position, verfahren werden.
[0052] Die Einsatzmöglichkeiten des Verfahrens, des Systems und der Vorrichtung können in
der Schneidkantenpräparation und bei nahezu allen Bearbeitungen, die eine Zerspanung
mit geometrisch bestimmter Schneide benötigen, bestehen. Die Schneidkantenpräparation
findet in nahezu allen technischen Bereichen Anwendung. Unter anderem in der Dental-
und Medizintechnik, der Elektroindustrie, der optischen Industrie sowie im Formen-
und Werkzeugbau. Es kann beispielsweise eine Präparation der Schneidkanten von Fräswerkzeugen
zur Zerspanung von Werkzeugelektroden aus Graphit erfolgen. Die damit gefertigten
präzisen Spritzgussformen können hochkomplexe und mikrostrukturierte Kunststoffbauteile,
wie zum Beispiel Endoskoplinsen und Mikrozahnräder gefertigt werden. Neben der Schneidkantenpräparation
kann ein weiteres Anwendungsgebiet die Entgratung der gefertigten Mikrobauteile sein.
Sowohl bei der Mikrozerspanung als auch beim Mikrospritzguss treten feine Grate oder
Anspritzpunkte auf, die zu einem fehlerfreien Betrieb des Bauteils entfernt werden
müssen. Dies kann ebenfalls mit dem beschriebenen Verfahren bzw. der Vorrichtung und/oder
des Systems realisierbar sein. Darüber hinaus kann eine Nachbearbeitung additiv gefertigter
Bauteile möglich sein. Diese weisen aufgrund des schichtweisen Aufbaus einen höheren
Mitterauwert Ra als konventionell gefertigte Bauteile auf. Mit dem beschriebenen Verfahren
bzw. der Vorrichtung und/oder des Systems kann eine Glättung der Oberfläche sowie
eine definierte Rundung der Kanten realisiert werden.
[0053] Die vorliegende Anmeldung umfasst mehrere Ausführungsformen. Die folgende detaillierte
Beschreibung zeigt und beschreibt weitere, exemplarische Ausführungsformen der Erfindung.
Dementsprechend sind die Zeichnungen und die detaillierte Beschreibung als illustrativ
und nicht einschränkend zu betrachten.
[0054] Es zeigen
- Fig. 1
- ein System zum Bearbeiten eines Werkstücks und/oder Werkzeugs mittels einer magnetorheologischen
Flüssigkeit,
- Fig. 2a
- eine schematische Querschnittsansicht durch den Behälter des Systems der Figur 1,
- Fig. 2b
- eine schematische Längsschnittansicht durch den Behälter des Systems der Figur 1 mit
eingezeichnetem Mikrofräswerkzeug,
- Fig. 2c
- eine schematische Längsschnittansicht durch den Behälter des Systems der Figur 1 mit
eingezeichnetem Mikrofräswerkzeug sowie einen Vergleich zum Tauchgleitläppen,
- Fig. 3
- eine Querschnittansicht einer Vorrichtung zum Beaufschlagen einer magnetorheologischen
Flüssigkeit mit einem Magnetfeld, und
- Fig. 4
- die Vorrichtung gemäß Figur 3 in einem Längsschnitt.
[0055] Figur 1 zeigt ein System 100 zum Bearbeiten eines Werkstücks und/oder Werkzeugs mittels
einer magnetorheologischen Flüssigkeit 1. Das System 100 ist schematisch dargestellt,
sodass Dimensionen und Dimensionsverhältnisse von realen Dimensionen abweichen können.
Ferner sind die einzelnen Komponenten nicht zwingend wirklichkeitsgetreu abgebildet,
sondern im Wesentlichen schematisch zum Zwecke der Funktionserläuterung. Das System
100 umfasst eine Vorrichtung 10 zum Beaufschlagen der magnetorheologischen Flüssigkeit
mit einem Magnetfeld.
[0056] Dafür weist die Vorrichtung 10 einen Behälter 2 zum Aufnehmen der magnetorheologischen
Flüssigkeit 1 auf. Der Behälter 2 hat eine Längsachse L. In Figur 1 ist der Behälter
2 in einem Schnitt entlang der Längsachse L gezeigt. Der Behälter 2 ist im Wesentlichen
quaderförmig ausgebildet, wobei er Seitenwände 21 und einen Boden 22 aufweist. Nach
oben ist der Behälter 2 geöffnet, weist also eine Öffnung 23 auf, die im Wesentlichen
der Fläche des Bodens 22 entspricht. Die Seitenwände 21 und der Boden 22 definieren
einen Behälterinnenraum 24, der zumindest teilweise mit der magnetorheologischen Flüssigkeit
1 gefüllt ist. Die gezeigte magnetorheologische Flüssigkeit 1 umfasst ein Trägeröl,
vorliegend ein Polyalphaolefin-Öl, mit einem Abrasivmedium 11, vorliegend Diamant.
Die magnetorheologische Flüssigkeit 1 füllt etwa 80 % des Behälterinnenraums 24 aus.
[0057] Ein Elektromagnet 3 ist außen an dem Behälter angeordnet. Der Elektromagnet 3 umfasst
einen magnetischen Leiter 31 und eine um den magnetischen Leiter 31 gewickelte Spule
32. Der magnetische Leiter 31 umfasst 11Smn30. Die Spule 32 umfasst Kupfer. Die Spule
32 hat typischerweise zwischen 300 und 1.000 Windungen. Die Spule 32 ist elektrisch
mit einer Stromquelle 4 verbunden. Die Stromquelle 4 ist regelbar, sodass eine magnetische
Flussdichte des Elektromagneten 3 regelbar ist. Mit der regelbaren Stromquelle 4 können
Erregerfrequenzen f von 50 Hz bis 150 Hz eingestellt werden.
[0058] Ferner umfasst das System 100 eine verfahrbare Werkstückaufnahme 5, in die ein Werkstück,
vorliegend ein Mikrofräswerkzeug 6, eingespannt ist. Die Werkstückaufnahme 5 ist vorliegend
eine Werkzeugspindel einer 5-Achs-Fräsmaschine.
[0059] Wiederkehrende Merkmale werden zur besseren Übersichtlichkeit und Verständlichkeit
in den nachfolgenden Figuren mit denselben Bezugszeichen versehen.
[0060] In Figur 2a ist der Behälter 2 in einem Querschnitt senkrecht zur Längsachse l gezeigt.
Der Behälter 2 ist mit der magnetorheologischen Flüssigkeit 1 gefüllt. Schematisch
ist mittels Pfeilen eine Bewegungsbahn 7 dargestellt, die zeigt, wie das Mikrofräswerkzeug
zur Schneidkantenpräparation durch die magnetorheologische Flüssigkeit 1 bewegt werden
kann. Dabei wird die Bewegung entlang der Bewegungsbahn 7 durch Verfahren der Werkzeugaufnahme
5 entlang zumindest einiger der fünf Achsen der 5-Achs-Fräsmaschine realisiert. Ferner
wird das Mikrofräswerkzeug 6 mit einer Drehzahl ns um eine Längsachse des Mikrofräswerkzeugs
6 rotiert. Im gezeigten Beispiel beträgt die Drehzahl beispielsweise 10.000 1/min.
[0061] In Figur 2a ist der Behälter 2 der Figuren 1 und 2a in einem Längsschnitt entlang
der in Figur 2a eingezeichneten Linie A-A gezeigt. Das Mikrofräswerkzeug 6 ist gegenüber
der Behälterlängsachse L um einen Winkel α
E angestellt. Dieser beträgt im vorliegenden Beispiel 45°, kann jedoch variiert werden.
Insbesondere kann der Winkel auch während des Schneidkantenpräparationsverfahrens
variiert werden. Ferner wird eine Eintauchtiefe T
E variiert, sodass neben der in Figur 2a dargestellten Bewegungsbahn 7 in horizontaler
Ebene die Bewegungsbahn 7' in vertikaler Ebene wie in Fig. 2b dargestellt verläuft.
[0062] Bei der Präparation des Mikrofräsers 6 kann dieser somit direkt in die Spindel der
Werkzeugmaschine 5 eingespannt werden. Dadurch wird das spätere Umspannen des Werkzeugs
obsolet und ein Verfahrensschritt eingespart. Im Anschluss wird das Werkzeug, hier
das Mikrofräswerkzeug 6, mithilfe der Antriebsachsen der Werkzeugmaschine innerhalb
der magnetorheologischen Flüssigkeit 1 bewegt, sodass auch hochkomplexe Bewegungsstrategien
realisierbar sind. Darüber hinaus kann die Bewegung je nach Geometrie des zu bearbeitenden
Werkstücks um eine Variation der Eintauchtiefe T
E sowie des Eintauchwinkels α
E ergänzt und so Einfluss auf die herrschenden Druck- und Strömungsverhältnisse genommen
werden. Somit wird auch die Bearbeitung einzelner Kanten ermöglicht. Zusätzlich zu
der geometrischen Variation der Bewegungsbahn können über die Steuerung der magnetischen
Flussdichte B mittels einer regelbaren Stromquelle die rheologischen Eigenschaften
der magnetorheologischen Flüssigkeiten beeinflusst werden. Auf diese Weise kann eine
gepulste Bearbeitung erreicht werden, wodurch das Bearbeitungsergebnis signifikant
verbessert wird. Über die regelbare Stromquelle sind Erregerfrequenzen im Bereich
von 50 Hz ≤ f ≤ 150 Hz realisierbar.
[0063] Mit der Vorrichtung 10 bzw. dem System 100 und dem Verfahren können einzelne Schneiden
oder Kanten und Flächen eines Werkstücks unterschiedlich stark bearbeitet werden.
Dadurch ist eine genaue Einstellung einer Schneidkantenrundung r
β sowie einer Kantenverrundung an zu bearbeitenden Mikrobauteilen möglich. Dies kann
durch anisotrope rheologische Eigenschaften der magnetorheologischen Flüssigkeit erreicht
werden, da die maximale Fließgrenze τ und somit die Prozesskräfte F
P orthogonal zum magnetischen Fluss Φ auftreten. So kommt es im Vergleich zum Tauchgleitläppen
vor allem bei Flächen und Kanten, die sich in einem Winkel α
E zwischen 60° und 90° zu den magnetischen Feldlinien befinden, zur erhöhten Werkstofftrennung.
[0064] In Figur 2c ist links (I) die magnetorheologische Flüssigkeit 1 mit den Abrasivpartikeln
11 dargestellt und rechts (II) ein klassisches Läppmedium 1', hier Al
2O
3, dargestellt. Die bearbeiteten Kanten 6' sind durch stärkere Linien hervorgehoben.
Magnetische Feldlinien 8 des Elektromagneten 3 sind links (I) eingezeichnet.
[0065] Zusätzlich zur gezielten Bearbeitung können durch die steuerbare Fließgrenze τ
o höhere Bearbeitungsdrücke p
B als im klassischen Tauchgleitläppprozess erreicht werden, wodurch sich die Bearbeitungszeit
t im Vergleich deutlich verkürzt. Durch die Höhe der magnetischen Flussdichte B kann
somit eine individuelle Anpassung des Bearbeitungsdrucks p
B erfolgen, wodurch eine werkstoff- und geometriespezfische Bearbeitung erfolgen kann.
Zudem bietet dieses Verfahren auch die Nutzung von Abrasivpartikeln 11 mit sehr geringen
Korngrößen d, an, z.B. Diamantpartikel mit Korngröße 5 µm < d
K < 500 µm. Somit können auch empfindliche Bauteile mit Funktionsmerkmalen im Mikrometerbereich,
nachfolgend Mikrobauteile, durch Anpassung der Fließgrenze τ
o präzise und mit einer hohen Oberflächengüte bearbeitet werden.
[0066] Figur 3 zeigt eine weitere beispielhafte Vorrichtung 10 zum Beaufschlagen einer magnetorheologischen
Flüssigkeit mit einem Magnetfeld.
[0067] Der Behälter 2 ist hohlzylinderförmig mit einer nach oben gerichteten Öffnung. In
dem Behälter ist eine magnetorheologische Flüssigkeit 1 angeordnet. Ein Mikrowerkzeug
6 ist in die magnetorheologische Flüssigkeit 1 eingetaucht. Ein magnetischer Leiter
31 ist kreisförmig und koaxial zu der Längsachse L des Behälters angeordnet. Vorsprünge
31' des magnetischen Leiters 31 ragen in Richtung des Behälters und sind an einer
Außenwand des Behälters angeordnet. Die Vorsprünge 31' sind mit Spulen 32 umwickelt,
die mit einer regelbaren Stromquelle (nicht gezeigt) elektrisch verbunden sind. Elektromagneten
3 umfassend den elektrischen Leiter 31' und die Spulen sind rotationssymmetrisch um
die Längsachse des Behälters 2 angeordnet. In Figur 3 ist ersichtlich, dass in einer
ersten Ebene sechs Elektromagneten 3, markiert durch Großbuchstaben A, B, C, D, E,
F, angeordnet sind. Die Elektromagneten A und D sind gegenüberliegend angeordnet.
Die Elektromagneten C und F sind gegenüberliegend angeordnet. Die Elektromagneten
B und E sind gegenüberliegend angeordnet. Aus Figur 4, zeigend einen Schnitt entlang
der Längsachse L des Behälters 2, wird deutlich, dass weitere Elektromagnete 3 in
zwei weiteren Ebenen angeordnet sind, markiert durch Indizes 2, 3. Die Elektromagnete
A, bzw. B, bzw. C, bzw. D, bzw. D bzw. E bzw. F der drei Ebenen sind jeweils untereinander
angeordnet. In anderen Ausführungsbeispielen können die Elektromagnete A
1, A
2 und A
3 auch versetzt zueinander angeordnet sein. Dies gilt selbstverständlich auch für die
Elektromagnete B, C, D, E, F oder mögliche weitere Elektromagnete.
[0068] Anhand der Figuren 3 und 4 wird nachfolgend das Verfahren zum Bearbeiten eines Werkstücks,
im vorliegenden Beispiel eines Mikrowerkzeugs 6, erläutert. Zunächst wird das zu bearbeitende
Werkstück 6 in die Werkzeug- bzw. Präparationsmaschine 5 (hier nicht gezeigt) eingespannt.
Zur Schneidkantenpräparation wird beispielsweise eine 5-Achs-Fräsmaschine genutzt,
in deren Werkzeugspindel das zu bearbeitende Mikrofräswerkzeug eingespannt wird.
Daraufhin wird das Werkstück 6 in den mit abrasiver magnetorheologischer Flüssigkeit
1 gefüllten Behälter 2 eingetaucht (siehe insbesondere Fig. 4). Beim Eintauchen wird
die abrasive magnetorheologische Flüssigkeit 1 vorzugsweise noch nicht mit einem Magnetfeld
beaufschlagt, um ungewünschte Präparationseffekte zu verhindern. Im nächsten Schritt
wird die abrasive magnetorheologische Flüssigkeit mit einem Magnetfeld beaufschlagt.
Dafür werden Elektromagnete 3 mit Strom der Stromquelle (nicht gezeigt) versorgt.
Es können nur einige der Elektromagnete mit Strom versorgt werden. Beispielsweise
werden die Elektromagnete A und C mit Strom versorgt, um den beispielhaft eingezeichneten
magnetischen Fluss 9 zum Bearbeiten der Schneidkanten des Werkstücks 6 zu erreichen.
[0069] In der durchgeführten Präparation wird ein homogenes Magnetfeld mit einer magnetischen
Flussdichte von 0,5 T gewählt. Dieses kann mittels einer gezielten Steuerung und einem
mehrspuligen Aufbau, wie in Figur 3 und 4 gezeigt, dreidimensional durch Ansteuerung
verschiedener Elektromagnete, auch in verschiedenen Ebenen, verändert werden. Zusätzlich
ist auch eine zeitliche Veränderung des Magnetfelds möglich. Das Werkstück 6 wird
durch die abrasive magnetorheologische Flüssigkeit 1 geführt, wie beispielsweise in
Bezug auf Fig. 2a und 2b beschrieben wurde. Selbstverständlich sind auch andere Bewegungsbahnen
als die der Figuren 2a und 2b möglich.
[0070] Mittels der 5-Achs-Fräsmaschine können innerhalb der MRF komplexe Bewegungskinematiken
realisiert werden. Diese können gezielt an die Außengeometrie des zu bearbeitenden
Werkstücks angepasst werden. Im gezeigten Beispielprozess wurde eine helixförmige
Bahnführung in Kombination mit einer Spindeldrehzahl von ns = 10.000 1/min und einer
Gesamtbearbeitungsdauer von t
B = 9 min gewählt. In anderen Verfahren kann die Bearbeitungsdauer bis zu 20 min, vorzugsweise
bis zu 15 min andauern und/oder mindestens 2 min, vorzugsweise mindestens 5 min andauern.
[0071] Nachdem die Bearbeitungsdauer abgelaufen ist, können die Elektromagnete von der Stromversorgung
getrennt werden. Das Werkstück wird in die Ausgangsposition, insbesondere außerhalb
des Behälterinnenraums, gefahren und kann entnommen werden. Im beispielhaften Prozess
konnte eine Steigerung der Schneidkantenrundung um 58 % auf r
β = 5,1 µm erzielt werden.
1. Vorrichtung zum Beaufschlagen einer magnetorheologischen Flüssigkeit (1) mit einem
Magnetfeld, umfassend
- einen Behälter (2) zum Aufnehmen einer magnetorheologischen Flüssigkeit (1), aufweisend
eine vorzugsweise nach oben gerichtete Öffnung (23) zum zumindest teilweisen Eintauchen
des Werkstücks und/oder Werkzeugs in die magnetorheologische Flüssigkeit (1),
- zumindest einen an dem Behälter (2) angeordneten Elektromagneten (3) zum Anlegen
eines Magnetfeldes an den Behälter (2), wobei der Elektromagnet (3) einen magnetischen
Leiter (31) und eine um den Leiter (31) gewickelte Spule (32) umfasst und
- eine mit der Spule (32) elektrisch verbundene Stromquelle (4).
2. Vorrichtung gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Behälter (2) zumindest teilweise mit einer magnetorheologischen Flüssigkeit (1),
insbesondere einer abrasiven magnetorheologischen Flüssigkeit (1), gefüllt ist, wobei
die magnetorheologische Flüssigkeit (1) insbesondere ein Trägeröl, insbesondere Polyalphaolefin-Öl,
und Carbonyleisenpartikel und ein Abrasivmedium, insbesondere Diamant, Korund und/oder
Siliziumcarbonat, umfasst.
3. Vorrichtung gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Behälter (2) quaderförmig oder würfelförmig ist oder um seine Längsachse (L)
rotationssymmetrisch ist, insbesondere die Form eines Hohlzylinders aufweist, der
eine kreisrunde Bodenplatte aufweist und nach oben geöffnet ist.
4. Vorrichtung gemäß einem der vorangehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine Mehrzahl von Elektromagneten (3), die - vorzugsweise außen - an dem Behälter
(2) angeordnet sind und vorzugsweise mit dem Behälter (2) unbeweglich verbunden sind,
wobei die jeweilige Spule (32) der Elektromagneten (3) der Mehrzahl von Elektromagneten
(3) mit der Stromquelle (4) oder mit jeweils einer weiteren Stromquelle (4) verbunden
ist.
5. Vorrichtung gemäß Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Mehrzahl von Elektromagneten (3) eine erste Anzahl von Elektromagneten (3) in
einer ersten Ebene senkrecht zur Längsachse (L) des Behälters (2) umfasst und/oder
eine zweite Anzahl von Elektromagneten (3) in einer zweiten Ebene senkrecht zur Längsachse
(L) des Behälters (2) umfasst und/oder eine dritte Anzahl von Elektromagneten (3)
in einer dritten Ebene senkrecht zur Längsachse (L) des Behälters (2) umfasst.
6. Vorrichtung gemäß einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Stromquelle zum Steuern der magnetischen Flussdichte regelbar ist, insbesondere
ausgebildet ist, eine Erregerfrequenz zu regeln, wobei insbesondere Erregerfrequenzen
von zumindest 50 Hz, bevorzugt zumindest 60 Hz, besonders bevorzugt zumindest 70 Hz
und/oder Erregerfrequenzen von insbesondere höchstens 150 Hz, bevorzugt höchstens
140 Hz, besonders bevorzugt 130 Hz einstellbar sind.
7. System zum Bearbeiten eines Werkstücks und/oder Werkzeugs mittels einer magnetorheologischen
Flüssigkeit (1), umfassend
- eine Vorrichtung gemäß einem der vorherigen Ansprüche,
- eine Werkstückaufnahme zum Aufnehmen eines zu bearbeitenden Werkstücks und/oder
Werkzeugs, wobei die Werkstückaufnahme derart verfahrbar ist, dass das Werkstück und/oder
das Werkzeug in einer ersten Position außerhalb des Behälterinnenraums (24) angeordnet
ist und in einer zumindest zweiten Position teilweise in dem Behälterinnenraum (24),
insbesondere zumindest teilweise in einer darin angeordneten magnetorheologischen
Flüssigkeit (1), angeordnet ist.
8. System gemäß dem vorherigen Anspruch, gekennzeichnet durch zumindest eine weitere Werkstückaufnahme, zum gleichzeitigen Einbringen von zwei
Werkzeugen und/oder Werkstücken in den Behälterinnenraum (24).
9. System gemäß einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest eine Werkstückaufnahme entlang einer Achse, vorzugsweise entlang zweier
Achsen, besonders bevorzugt entlang dreier Achsen verfahrbar ist und/oder um zumindest
eine Achse und/oder um zumindest zwei Achsen und/oder um zumindest drei Achsen rotierbar
ist.
10. System gemäß einem der vorherigen Ansprüche, gekennzeichnet durch einen Mehrachsroboter, vorzugsweise einen Fünf-Achs-Roboter oder einen Sechs-Achs-Roboter,
wobei die zumindest eine Werkstückaufnahme an dem Mehrachsroboter angeordnet ist.
11. Verfahren zum Bearbeiten eines Werkstücks und/oder Werkzeugs, umfassend die folgenden
Schritte
I. Bereitstellen eines Systems gemäß einem der Ansprüche 10 bis 13, wobei der Behälter
(2) zumindest teilweise mit einer magnetorheologischen Flüssigkeit (1) gefüllt ist,
II. Einsetzen, insbesondere Einspannen, eines Werkstücks und/oder Werkzeugs in eine
Werkstückaufnahme, wobei die Werkstückaufnahme in einer ersten, außerhalb des Behälters
(2) angeordneten Position ist,
III. Verfahren der Werkstückaufnahme mit eingesetztem Werkstück und/oder Werkzeug
in eine zweite Position, in der das Werkstück und/oder das Werkzeug zumindest teilweise
in die magnetorheologische Flüssigkeit (1) eingetaucht ist,
IV. Beaufschlagen der in dem Behälter (2) angeordneten magnetorheologischen Flüssigkeit
(1) mit einem Magnetfeld, insbesondere durch Versorgen von zumindest einem Elektromagneten
(3) mit Strom durch die Stromquelle.
12. Verfahren gemäß einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass Schritt IV eine Änderung der magnetischen Flussdichte des Magnetfelds umfasst, insbesondere
durch Ändern des Stroms zum Versorgen des zumindest einen Elektromagneten (3) und
oder dadurch, dass nacheinander unterschiedliche Elektromagnete der Mehrzahl von Elektromagneten
(3) betrieben werden.
13. Verfahren gemäß einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt IV die Elektromagneten (3) pulsierend betrieben werden, sodass sich das
Magnetfeld zeitlich ändert.
14. Verfahren gemäß einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass - während die magnetorheologische Flüssigkeit (1) mit einem Magnetfeld beaufschlagt
wird - das Werkstück und/oder Werkzeug durch die magnetorheologische Flüssigkeit (1)
geführt wird, insbesondere entlang einer oder mehrerer translatorischer Achsen durch
die magnetorheologische Flüssigkeit (1) geführt wird, insbesondere entlang einer helixförmigen
Bahn geführt wird, und/oder in der magnetorheologischen Flüssigkeit (1) um zumindest
eine Achse rotiert wird.
15. Verfahren gemäß einem der vorherigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
vor der Durchführung von Schritt IV ein Winkel zwischen einer Werkstücklängsachse
und/oder einer Werkzeuglängsachse und der Behälterlängsachse (L) eingestellt wird
und/oder
dass während der Durchführung von Schritt IV ein Winkel zwischen einer Werkstücklängsachse
und/oder einer Werkzeuglängsachse und der Behälter (2)Längsachse (L) verändert wird.