(19)
(11) EP 3 978 159 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.04.2022  Patentblatt  2022/14

(21) Anmeldenummer: 21199099.9

(22) Anmeldetag:  27.09.2021
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21L 1/02(2006.01)
B21L 3/00(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B21L 1/02; B21L 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 02.10.2020 DE 102020212482

(71) Anmelder: WAFIOS Aktiengesellschaft
72764 Reutlingen (DE)

(72) Erfinder:
  • Niethammer, Jörg
    72119 Ammerbuch (DE)
  • Schad, Wolfgang
    72655 Altdorf (DE)
  • Rauscher, Jürgen
    72805 Lichtenstein (DE)

(74) Vertreter: Patentanwälte Ruff, Wilhelm, Beier, Dauster & Partner mbB 
Kronenstraße 30
70174 Stuttgart
70174 Stuttgart (DE)

   


(54) KETTENBIEGEMASCHINE ZUM HERSTELLEN EINER KETTE


(57) Eine Kettenbiegemaschine (200) zum Herstellen von Ketten mit gebogenen Kettengliedern umfasst einen Biegedorn (105) und eine Biegeeinheit (100) zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds (KG) durch Biegen eines Drahtelements um den Biegedorn (105) in einer Biegeebene. Die Biegeeinheit (100) weist zwei Teileinheiten (110-1, 110-2) auf, die an gegenüberliegenden Seiten einer zur Biegeebene senkrechten Mittelebene (122) der Biegeeinheit (100) angeordnet sind, wobei jede der Teileinheiten (110-1, 110-2) eine Biegewerkzeugträgereinheit aufweist, die an einer dem Biegedorn zugewandten Komponente ein Biegewerkzeug (148) zum Angreifen an dem Drahtelement trägt, wobei die Biegewerkzeuge (148) beim Biegen auf vorgebbaren Bahnkurven um den Biegedorn (105) bewegbar sind. Es ist ein frei programmierbares Biegeverlaufssteuerungssystem vorgesehen, das derart konfiguriert ist, dass unterschiedliche Verläufe von Bahnkurven der Biegewerkzeuge (148) durch Eingabe von Eingangsparametern an einer Eingabeeinheit (196) des Biegeverlaufssteuerungssystems über eine Steuereinheit (190) vorgebbar sind.




Beschreibung

ANWENDUNGSGEBIET UND STAND DER TECHNIK



[0001] Die Erfindung betrifft eine Kettenbiegemaschine zum Herstellen von Ketten mit gebogenen Kettengliedern.

[0002] Ketten mit Kettengliedern, welche aus Drahtelementen in einem Umformprozess gebogen werden, werden heutzutage in großem Umfang mit Hilfe spezieller automatisierter Werkzeugmaschinen hergestellt, die meist als Kettenbiegemaschinen oder als Kettenherstellungsmaschinen, gelegentlich auch einfach als Kettenmaschinen bezeichnet werden.

[0003] Die Herstellung von Ketten erfolgt in der Regel in zwei Hauptprozessen, dem Biegen - meist Kettenbiegen genannt - und dem Schweißen - meist Kettenschweißen genannt. Beim Kettenbiegen werden Kettenglieder aus zunächst geraden Drahtelementen geeigneter Länge, sogenannten Pinnen oder Pins, gebogen und mit anderen Kettengliedern verbunden, die ebenfalls aus Drahtelementen gebogen oder auf andere Weise, z.B. durch Schmieden, hergestellt sein können. Beim nachfolgenden Kettenschweißen werden die fertig gebogenen, noch offenen Kettenglieder eines Kettenstrangs z.B. durch ein geeignetes Widerstandsstumpfschweißverfahren zu geschlossenen Kettengliedern verschweißt.

[0004] Diese Anmeldung bezieht sich auf das Kettengliedbiegen mit einem sogenannten Biegedorn. Als Ausgangswerkstück für die eigentliche Biegeoperation zur Herstellung eines Kettengliedes liegt eine sogenannte Pinne vor. Die Pinne ist ein stabförmiges, von einem Drahtvorrat abgetrenntes, Drahtstück. Die Länge des Drahtstücks entspricht der Abwicklung des gewünschten Kettenglieds plus zusätzlicher Schweißzugabe. Die Pinne wird von einem Halteelement gegen einen Biegedorn gedrückt und damit fixiert. Der Biegedorn ist an seinem Umfang entsprechend der gewünschten Gliedinnenform ausgeführt. Nach dem Fixieren greift an den beiden über den Biegedorn hinausstehenden Drahtenden jeweils ein entsprechendes Biegewerkzeug an und biegt das zugehörige Ende der Pinne teilweise um den Biegedorn herum in Kettengliedform.

[0005] Die Offenlegungsschrift DE 2 028 266 A beschreibt eine mit einem Biegedorn ausgestattete Kettenbiegemaschine. Die Kettenbiegemaschine umfasst eine Biegeeinheit zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds durch Biegen eines Drahtelements um den Biegedorn in einer Biegeebene. Die Biegeeinheit weist zwei Teileinheiten auf, die an gegenüberliegenden Seiten einer zur Biegeebene senkrechten Mittelebene der Biegeeinheit angeordnet sind. Die Mittelebene geht mittig durch den Biegedorn. Jede der beiden Teileinheiten weist einen Biegehebel auf, der um eine senkrecht zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse verschwenkbar ist. Die Schwenkachse ist linear verschiebbar. Jeder Biegehebel trägt an seinem dem Biegedorn zugewandten freien Ende ein beweglich am Biegehebel gelagertes Biegewerkzeug in Form einer drehbar gelagerten Biegerolle zum Angreifen an dem Drahtelement. Die Biegewerkzeuge werden beim Biegen auf vorgebbaren Bahnkurven um den Biegedorn bewegt. Die Biegerollen werden dazu mittels in Nuten geführten Führungsrollen geführt. Diese Nuten sind in einem starr mit dem Biegedorn zu einem auswechselbaren Block verbundenen Körper vorgesehen. Das ergibt den Vorteil, dass eine Einstellung des Biegedornes und der Nuten außerhalb der Maschine möglich ist. Dadurch dass nicht die Biegerollen selbst, sondern Führungsrollen in den Nuten laufen, können die Biegerollen an der Pinne abrollen, was den Verschleiß erheblich vermindert.

[0006] Die Offenlegungsschrift DE 2 531 290 A1 beschreibt Verfahren zum Biegen von Kettengliedern aus Drahtpinnen mit vorgegebener Länge, wobei die beiden freien Enden der Drahtpinne jeweils um einen Biegedorn gebogen werden. Eine Besonderheit besteht darin, dass jeweils im Bereich der freien Enden der Pinnen je ein Biegewerkzeug angelegt wird, das während des Biegevorganges auf einer gekrümmten Bahn so geführt ist, dass die Anlagestelle des Biegewerkzeugs an der Drahtpinne mindestens im Endbereich des Biegevorganges in etwa auf einer Kreisevolvente verläuft, deren Bezugspunkt dem Krümmungsmittelpunkt der dem jeweiligen Biegewerkzeug zugekehrten Seite des Biegedornes entspricht. Diese Verfahrensweise hat den Vorteil, dass sich der an der Pinne anliegende Teil des Biegewerkzeuges während des Biegevorganges praktisch nicht verschiebt, so dass keine Schleif- oder Rollmarken auf der Pinnoberfläche entstehen.

[0007] Kettenbiegemaschinen sollen ein möglichst breites Kettenspektrum abdecken können, insbesondere also einen großen Drahtdurchmesserbereich, unterschiedlichste Kettengliedgeometrien, unterschiedlichste Biegeradien, unterschiedlichste Werkstoffe usw.. Die Rüstzeiten sollen dabei möglichst weit reduziert werden, so dass eine Umstellung auf neue Kettengliedgeometrien mit möglichst geringem mechanischem Umrüstaufwand erfolgen kann.

AUFGABE UND LÖSUNG



[0008] Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Kettenbiegemaschine der eingangs erwähnten Art bereitzustellen, bei der im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen Rüstzeiten und Einstellzeiten beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Kettengliedgeometrien reduziert sind. Insbesondere soll auch eine erhöhte Bedienersicherheit und ein erhöhter Bedienkomfort bereitgestellt werden.

[0009] Zur Lösung dieser Aufgabe stellt die Erfindung gemäß einer Formulierung eine Kettenbiegemaschine mit den Merkmalen von Anspruch 1 bereit. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.

[0010] Die Kettenbiegemaschine ist zum Herstellen von Ketten mit gebogenen Kettengliedern ausgelegt. Sie umfasst im eingerichteten Zustand einen Biegedorn. Der Biegedorn ist in der Regel entsprechend der gewünschten Gliedinnenform ausgeführt. Es kann sich um einen geteilten Biegedorn oder um einen ungeteilten Biegedorn handeln. Eine Biegeeinheit der Kettenbiegemaschine ist zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds durch Biegen eines Drahtelements um den Biegedorn ausgelegt. Die Biegung erfolgt in einer Biegeebene, was hier unter anderem bedeutet, dass die neutrale Faser des gebogenen Drahtelements mit allen Abschnitten in einer einzigen Ebene liegt. Die Biegeeinheit hat zwei Teileinheiten. Die Teileinheiten sind an gegenüberliegenden Seiten einer zur Biegeebene senkrechten Mittelebene der Biegeeinheit angeordnet. Die Biegeeinheit kann mehr oder weniger spiegelsymmetrisch zur Mittelebene aufgebaut sein, so dass auch die beiden Teileinheiten einen vergleichbaren Aufbau haben.

[0011] Jede der Teileinheiten umfasst eine Biegewerkzeugträgereinheit, die an einer dem Biegedorn zugewandten Komponente ein Biegewerkzeug trägt, das zum Angreifen an dem Drahtelement vorgesehen ist. Das Biegewerkzeug ist also dasjenige Teil der Biegeeinheit, welches an der entsprechenden Seite des Biegedorns in Berührungskontakt mit dem Drahtmaterial kommt. Die Biegewerkzeuge sind beweglich an den sie tragenden Komponenten der jeweiligen Biegewerkzeugträgereinheit gelagert. Diese Beweglichkeit ist vorgesehen, damit sich das Biegewerkzeug bei der Biegebewegung bzw. bei der allmählichen Verformung des Drahts um den Biegedorn jederzeit optimal zum Werkstück ausrichten kann. Die Biegewerkzeuge sind mithilfe der Biegewerkzeugträgereinheit beim Biegen auf vorgebbaren Bahnkurven um den Biegedorn bewegbar. Die Bahnkurven der Biegewerkzeuge erstrecken sich dabei jeweils nur um einen Teil des Umfangs des Biegedorns.

[0012] Eine Besonderheit der Kettenbiegemaschine besteht darin, dass sie ein frei programmierbares Biegeverlaufsteuerungssystem umfasst, welches derart konfiguriert ist, dass unterschiedliche Verläufe von Bahnkurven der Biegewerkzeuge durch Eingabe von Eingangsparametern an einer Eingabeeinheit des Biegeverlaufsteuerungssystems über eine Steuereinheit der Kettenbiegemaschine vorgebbar sind. Die "freie" Programmierbarkeit liegt natürlich nur innerhalb der konstruktiv vorgegebenen Grenzen vor, so dass nicht beliebige Bahnkurven vorgebbar sind, aber innerhalb der konstruktiv vorgegebenen Grenzen eine große Vielfalt unterschiedlicher Bahnkurven erzeugt werden kann. Damit können allein mithilfe der Programmierung, also softwareseitig, unterschiedliche Verläufe von Bahnkurven der Biegewerkzeuge eingestellt werden, so dass eine vollständig softwarebasierte Bahnkurvensteuerung für die Bewegungen der Biegewerkzeuge bereitgestellt wird.

[0013] Die Eingabeeinheit kann sich an oder nahe bei der Kettenbiegemaschine befinden. Beispielsweise kann ein Touch-Bildschirm in Verbindung mit PC und entsprechender Software für Anzeigen und Eingaben im Klartext vorgesehen sein. Eine Eingabe an einem entfernten Ort, ggf. in einem anderen Raum oder anderen Gebäude ist bei Bedarf ebenfalls möglich.

[0014] Ein Vorteil dieses Konzepts besteht darin, dass mit Ausnahme der drahtberührenden Komponenten (insbesondere Biegedorn und ggf. Biegewerkzeuge sowie ggf. weitere geometrieabhängige Werkzeuge, wie z.B. Festhalter, Wendezangenbacken, Pinnentransportgreiferbacken etc.) beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Kettengliedgeometrien keine weiteren Komponenten der Kettenbiegemaschine ausgetauscht werden müssen. Die "Umrüstung" kann also zu einem großen Anteil mittels Programmierung, also über Software, vorgenommen werden. So kann beispielsweise im Vergleich zur Lösung der DE 2 028 266 A der Austausch der kettendimensionsabhängigen Matrize entfallen, die die Führungsnut für die an den Biegehebeln angebrachten Führungsrollen enthält. Im Vergleich zu konventionellen Antriebskonzepten mit mechanischen Kurvengetrieben mit Leitwelle ist es auch nicht mehr nötig, Kurvenscheiben oder Kurven-Einsätze zum Zusammensetzen von mehrteilig aufgebauten Kurvenscheiben zu wechseln. Die Kettenbiegemaschine kann also innerhalb ihres u.a. durch die verarbeitbaren Drahtdurchmesser charakterisierbaren Arbeitsbereichs schnell und einfach auf unterschiedliche Kettenglieddimensionen umgerüstet werden. Bei der Umrüstung müssen gegebenenfalls lediglich drahtberührende Komponenten gegen entsprechende drahtberührende Komponenten anderer Geometrie ausgewechselt werden. Dadurch ergeben sich erhebliche Reduzierungen der Montagezeiten und Reduzierungen der Rüst- und Einstellzeiten. Zudem werden Bedienersicherheit und Bedienkomfort im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen verbessert. Weiterhin kann die mechanische Komplexität im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen reduziert werden.

[0015] Bei manchen Ausführungsformen ist das Biegeverlaufssteuerungssystem derart konfiguriert, dass Geometriedaten des zu fertigenden Kettenglieds als Eingabeparameter an der Eingabeeinheit eingebbar sind und dass das Biegeverlaufssteuerungssystem konfiguriert ist, auf Basis der Geometriedaten für das Kettenglied spezifische Berechnungen durchzuführen. Zu den Geometriedaten bzw. zu den die Kettengliedgeometrie beschreibenden Eingabeparametern gehören bei manchen Ausführungsformen der Drahtdurchmesser, die innere Teilung des gebogenen Kettenglieds (also der lichte Abstand zwischen den inneren Kettenbögen in Längsrichtung), die äußere Breite des Kettenglieds sowie gegebenenfalls der Restquerschnitt, der an den einander zugewandten Enden von keilförmig getrennten Pinnen für den nachfolgenden Kettenschweißvorgang verbleiben soll.

[0016] Um dem Bediener die Eingabe zu erleichtern und die Bedeutung der Eingabeparameter zu veranschaulichen, ist das Biegeverlaufssteuerungssystem vorzugsweise derart konfiguriert, dass an einer Anzeigeeinrichtung der Bedieneinheit ein Feld einer Eingabemaske erzeugt werden kann, in welchem schematisch ein gebogenes Kettenglied zusammen mit Eingabefeldern für die zugehörigen Geometriedaten dargestellt ist.

[0017] Die für das Kettenglied spezifischen Berechnungen können eine oder mehrere der folgenden Berechnungen umfassen: Berechnung der Pinnenlänge; Berechnung von Werkzeuggeometrien; Berechnung der Bahnkurven der Biegewerkzeuge.

[0018] Basierend auf den Angaben zur Pinnenlänge können die Positionen der einzelnen Bearbeitungsstationen auf dem Maschinenbett bestimmt werden. Abhängig von der Ausbaustufe der Kettenbiegemaschine können diese dann manuell oder automatisiert mittels geeigneter Maschinenachsen eingestellt werden.

[0019] Basierend auf den Angaben zu Werkzeuggeometrien können vom Bediener die entsprechenden Werkzeuge beschafft und eingebaut werden.

[0020] Basierend darauf können die Biegebahnen bzw. Bahnkurven der Biegewerkzeuge berechnet werden.

[0021] Bei den Biegewerkzeugen handelt es sich vorzugsweise um drehbar an der jeweiligen Biegewerkzeugträgereinheit gelagerte Biegerollen, die bei eventueller Relativbewegung zwischen dem Umfang der Biegerolle und dem zu biegenden Draht auf dem Draht ohne Verletzung der Drahtoberfläche abrollen. Die Berechnung der Bahnkurven wird vorzugsweise unter der Randbedingung durchgeführt, dass der Angriffspunkt zwischen Biegewerkzeug und Draht während der Biegeoperation unverändert beibehalten wird, so dass keine Relativbewegung zwischen Biegewerkzeug und Draht resultiert und in jeder Phase der Biegeoperation optimale Kräfteverhältnisse vorliegen. Insbesondere in diesen Fällen können alternativ zu Biegerollen auch andere Biegewerkzeuge verwendet werden. Beispielsweise können anstelle von Biegerollen Biegeschuhe vorgesehen sein, um statt der (bei Biegerollen gegebenen) Linienberührung eine größere Angriffsfläche zu bekommen, um somit die örtliche Flächenpressung zu reduzieren.

[0022] Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine Biegewerkzeugträgereinheit auszugestalten. Bei bevorzugten Ausführungsformen weist jede der Biegewerkzeugträgereinheiten einen Biegehebel auf, der um eine senkrecht zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse verschwenkbar ist. Jeder Biegehebel trägt an seinem dem Biegedorn zugewandten freien Ende ein Biegewerkzeug. Mit Biegehebel ausgestattete Biegewerkzeugträgereinheiten können einen sehr kompakten Aufbau haben und große Kräfte sicher übertragen. Der schwenkbare Biegehebel ist zusätzlich noch parallel zur Biegeebene linear verschiebbar, so dass das Biegewerkzeug über eine Kombination von Linearverschiebung und Schwenkbewegung parallel zur Biegeebene entlang unterschiedlicher Bahnkurven geführt werden kann.

[0023] Alternativ ist es z.B. möglich, dass eine Biegewerkzeugträgereinheit einen Kreuztisch (auch XY-Tisch genannt) aufweist, also ein Zweiachssystem, das zwei einachsige Linearführungssystemen aufweist und das dadurch das Bewegen eines Biegewerkzeugs in zwei Richtungen innerhalb der Biegeebene ermöglicht. Damit kann das Biegewerkzeug über eine Kombination von zwei zueinander orthogonalen Linearverschiebungen parallel zur Biegeebene entlang unterschiedlicher Bahnkurven geführt werden.

[0024] Gemäß einer anderen Ausführungsform weist eine Biegewerkzeugträgereinheit zwei gekoppelte Lineareinheiten auf, die an Schwenkachsen schwenkbar am Maschinengestell angebracht sind. Die Schwenkachsen sind parallel zueinander ausgerichtet, seitlich jedoch so zueinander versetzt, dass die eine Lineareinheit eine Bewegung im Wesentlichen parallel zu einer ersten Richtung und die andere Lineareinheit Bewegung eine im Wesentlichen zu einer zur ersten Richtung orthogonalen zweiten Richtung ausführt. Die Lineareinheiten haben jeweils ausfahrbare Endstücke, deren Enden miteinander gekoppelt sind und im Bereich der Kopplung das Biegewerkzeug tragen. Durch ein gesteuertes Aus- und Einfahren der beiden Lineareinheiten ist es möglich, das Biegewerkzeug auf praktisch beliebigen Bahnkurven in der Bewegungsebene (parallel zur Biegeebene) zu bewegen.

[0025] Bei einer Weiterbildung der Variante mit Biegehebeln ist vorgesehen, dass jede der Teileinheiten einen Schlitten aufweist, der in einer ersten Richtung parallel zur Mittelebene verfahrbar ist und an dem der Biegehebel der Teileinheit um die Schwenkachse drehbar gelagert ist, wobei eine erste Antriebsgruppe zum Bewegen des Schlittens einen ersten Servoantrieb und eine zweite Antriebsgruppe zum Bewegen des Biegehebels einen zweiten Servoantrieb aufweist, der vorzugsweise von dem Schlitten getragen wird. Mithilfe dieses Aufbaus können nahezu beliebige Bahnkurven im Bewegungsbereich der Biegewerkzeuge über Steuersignale an die Servoantriebe generiert werden. Die lineare Hin- und Her-Bewegung des Schlittens in der ersten Richtung steuert eine in der ersten Richtung liegende Bewegungskomponente bei, deren Betrag zeitabhängig mithilfe des ersten Servoantriebs gesteuert werden kann. Die zweite Antriebsgruppe bewegt den Biegehebel und steuert damit Bewegungskomponenten der Biegewerkzeuge bei, die innerhalb der Biegeebene senkrecht zur ersten Richtung bzw. senkrecht zur Mittelebene verlaufen. Die Kopplung der durch die Servoantriebe der Teileinheiten erzeugten Bewegungen erfolgt elektronisch über die Steuereinheit.

[0026] Vorzugsweise handelt es sich beim zweiten Servoantrieb um einen mitfahrenden Antrieb, der mit der Bewegung des Schlittens mitfährt. Dadurch kann der zweite Servoantrieb auf kurzer Übertragungsstrecke auf den zugehörigen Biegehebel bzw. das daran angebrachte Biegewerkzeug wirken. Denkbar wäre auch, den zweiten Servoantrieb stationär anzubringen und über eine flexible Welle oder eine andere flexible Übertragungseinrichtung (z.B. Kardanwelle mit Längenausgleich) mit dem Biegehebel zu koppeln.

[0027] Bei einer Weiterbildung der Variante mit Kreuztisch wäre anstelle des Biegehebels ein weiterer Schlitten vorzusehen, dessen Linearbewegung mithilfe der zweiten Antriebsgruppe über den zweiten Servoantrieb erzeugt wird.

[0028] Besonders bevorzugt sind Varianten, bei denen die erste Antriebsgruppe eine mit dem ersten Servoantrieb gekoppelte erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Antriebsgruppe eine mit dem zweiten Servoantrieb gekoppelte zweite Kurvenscheibe aufweist. Die Servoantriebe dienen also jeweils dazu, Kurvenscheiben drehend anzutreiben. Dadurch werden servomechanische Antriebsgruppen realisiert. Damit können Bewegungen einer Abtriebswelle des Servoantriebs über ein Kurvengetriebe mechanisch ungleichmäßig (mit variabler Übertragungsfunktion) auf die jeweils angetriebene Komponente übertragen werden, wobei die Übertragungsfunktion durch den Verlauf der Kurvenflanke bzw. der Kurvenform der Kurvenscheibe vorgegeben wird. Die Kombination von Servoantrieben mit Kurvenscheiben erlaubt eine günstige Auslegung sowohl im Hinblick auf die teilweise benötigen, sehr hohen Kräfte beim Biegen als auch im Hinblick auf die Dynamik der Biegeoperation, also auf die Geschwindigkeitsprofile der Werkzeugbewegungen.

[0029] Bei der Variante mit Biegehebeln erzeugt die erste Antriebsgruppe mit dem ersten Servoantrieb und der erster Kurvenscheibe die lineare Hin- und Her-Bewegung des Schlittens, der den Biegehebel der Teileinheit und vorzugsweise auch die Komponenten der zugehörigen zweiten Antriebsgruppe trägt. Bei der Variante mit Kreuztisch trägt der Schlitten anstelle eines Biegehebels einen weiteren Schlitten.

[0030] Besonders vorteilhaft sind Ausführungsbeispiele, bei denen die Steuereinheit derart konfiguriert ist, dass die erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Kurvenscheibe zwischen einer ersten Endstellung und einer zweiten Endstellung reversierend angetrieben wird. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kurvenantrieben mit gleichmäßig umlaufender Antriebsbewegung wird hier also die Kurvenscheibe drehwinkelbegrenzt in gegenläufigen Drehrichtungen hin und her gedreht. Die Endstellungen definieren dabei die Grenzen der durch die Kurvenscheibe realisierten Übertragungsfunktion. Die mechanische Komplexität kann im Vergleich zu gleichmäßigen umlaufenden Antriebsbewegungen reduziert werden.

[0031] Im Gegensatz zu herkömmlichen Lösungen, bei denen beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Kettengliedgeometrien Kurvenscheiben gegen Kurvenscheiben mit anderer Kurvenform und anderen Hüben ausgetauscht wurden, ist bei einem reversierenden Antrieb bzw. bei Kurvenscheiben, die für einen reversierenden Antrieb ausgelegt sind, ein Austausch von Kurvenscheiben beim Formatwechsel nicht erforderlich. Die Kurvenscheiben können so ausgelegt werden, dass sie für alle Operationen innerhalb des Arbeitsbereichs der Kettenbiegemaschine unverändert genutzt werden können und allenfalls im Verschleißfall auszuwechseln sind. Die Kurvenform der Kurvenscheibe kann somit einmalig für alle Kettengliedgeometrien im Arbeitsbereich festgelegt werden. Damit können besondere konstruktive Maßnahmen, die einen leichten Wechsel von Kurvenscheiben ermöglichen, entfallen, so dass die Übertragungskopplung zwischen Servoantrieb und Kurvenscheibe mechanisch besonders stabil und für die Übertragung hoher Kräfte bzw. Drehmomente geeignet ausgelegt werden kann.

[0032] Bei manchen Ausführungsformen mit reversierendem Antrieb von Kurvenscheiben weist die erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Kurvenscheibe eine Kurvenform mit linearer Steigung auf. Dies bedeutet, dass jeweils in dem Drehwinkelbereich zwischen der ersten Endstellung und der zweiten Endstellung der radiale Abstand zwischen dem Drehzentrum der Kurvenscheibe und der außenliegenden Kurvenflanke sich gemäß einer linearen Funktion ändert. Es hat sich gezeigt, dass dadurch der Rechenaufwand für die Steuerung des angeschlossenen Servoantrieb erheblich verringert werden kann im Vergleich zu Varianten, bei denen komplizierte nichtlineare Zusammenhänge zwischen Drehwinkel und Kurvenposition durch die Form der Kurvenflanke vorgegeben wird. Alternativ kann z.B. auch Steigungen gearbeitet werden, die mit einer e-Funktion beschreibbar sind. Es sind jedoch auch variable Steigungen möglich.

[0033] Bei Varianten mit reversierendem Antrieb der ersten Kurvenscheibe kann gemäß einer Weiterbildung vorgesehen sein, dass der ersten Kurvenscheibe eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung mit zwei mit dem Schlitten verbundenen Abtastelementen zugeordnet ist, wobei die zum Beispiel durch Abtastrollen realisierten Abtastelemente in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten der Kurvenscheibe angreifen. Bei der reversierenden Betriebsart und begrenzten Drehwinkeln von weniger als 180° zwischen den Endstellungen kann die Kurvengestalt nämlich so ausgelegt sein, dass bei allen Drehstellungen innerhalb dieses Arbeitsbereichs, der zwischen den Abtastelementen gemessene Abstand zwischen einander zugeordneten Kurvenflankenabschnitten unabhängig von der Drehstellung immer gleich ist. Dadurch wird der Schlitten sowohl in seiner Vorwärtsbewegung als auch in seiner Rückwärtsbewegung über die entsprechend angeordneten Abtastelemente mitgenommen und es ist eine spielfreie Umsetzung der Kurvenscheibendrehung in die lineare Schlittenbewegung möglich.

[0034] Bei Varianten mit reversierendem Antrieb der zweiten Kurvenscheibe kann gemäß einer Weiterbildung vorgesehen sein, dass der zweiten Kurvenscheibe eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung mit zwei mit dem Biegehebel (oder einem weiteren Schlitten) verbundenen Abtastelementen zugeordnet ist, wobei die zum Beispiel durch Abtastrollen realisierten Abtastelemente in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten der Kurvenscheibe angreifen.

[0035] Je nach verfügbarem Bauraum und anderen Randbedingungen kann eine Kurvenscheibe (erste Kurvenscheibe und/oder zweite Kurvenscheibe) auch als Wulstkurve ausgelegt sein. Die Wulstkurve kann aus einem Stück bestehen. Es ist auch möglich, die Innen- und Außenkurve der Wulstkurve als separate Kurvenscheiben auszuführen (sog. Haupt- und Gegenkurven). Ebenso können Nutkurven oder eine Federrückholung vorgesehen werden.

[0036] Eine im Hinblick auf Bauraumbedarf und Kraftübertragung günstige Anordnung zwischen Servoantrieb und angetriebener Komponente ergibt sich bei bevorzugten Ausführungsformen dadurch, dass der erste Servoantrieb über ein erstes Getriebe mit der ersten Kurvenscheibe gekoppelt ist, wobei die Kurvenscheibe an einer Abtriebswelle des Getriebes fliegend gelagert ist. Eine fliegende Lagerung bedeutet hier, dass auf der dem Getriebe gegenüberliegenden Seite keine Lagerung für die Kurvenscheiben vorgesehen ist. Die Antriebsgruppe kann einen geradlinig gestreckten Aufbau haben, an dessen einem Ende die fliegend gelagerte Kurvenscheibe angeordnet ist. Durch die fliegende Lagerung kann erreicht werden, dass die Kurvenscheibe in oder in der Nähe derjenigen Ebene angeordnet werden kann, in der die Schwenkachse des Biegehebels liegt und in der die Kraft der über die Schlittenbewegung vermittelten Bewegungskomponente übertragen wird. Dadurch ergibt sich eine Reduzierung möglicher Querkräfte auf die beim Biegen unter Last stehenden Komponenten, was unter anderem auch der Präzision des Verlaufs der Bahnkurve zugutekommt.

[0037] Alternativ oder zusätzlich kann eine entsprechende Anordnung der Komponenten der zweiten Antriebsgruppe vorgesehen sein, so dass also der zweite Servoantrieb über ein zweites Getriebe mit der zweiten Kurvenscheibe gekoppelt ist, wobei die zweite Kurvenscheibe an der Abtriebswelle des Getriebes fliegend gelagert ist. Dadurch ist es möglich, die Kurvenscheibe so in Bezug auf den Biegehebel anzuordnen, dass sie in einer gemeinsamen Ebene liegen. Dadurch ist eine optimale Kraftübertragung für das Verschwenken des Biegehebels sichergestellt.

[0038] Um eine möglichst gleichbleibende Qualität der gebogenen Kettenglieder zu sichern und die Produktion von Ausschuss möglichst zu vermeiden, ist gemäß einer Weiterbildung ein Überwachungssystem zur Überwachung des Betriebs der Kettenbiegemaschine und zur Ermittlung von Betriebsstörungen vorgesehen. Das Überwachungssystem umfasst vorzugsweise ein Subsystem zur Antriebsüberwachung, welches störungsbedingte Überlastsituationen erkennen und anzeigen kann. Das Antriebsüberwachungs-Subsystem kann dafür ausgelegt sein, die zeitlichen Verläufe der Motordrehmomente der einzelnen Maschinenantriebe der Maschinenachsen aufzuzeichnen und mit zulässigen Wertebereichen zu vergleichen, die in Form von Hüllkurven vorliegen können. Der Betrieb kann bei Auftreten einer als signifikant definierten Situation automatisch gestoppt werden, um Abhilfe schaffen zu können.

[0039] Weitere Vorteile und Aspekte der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und aus der nachfolgenden Beschreibung von bevorzugten Ausführungsbeispielen der Erfindung, die nachfolgend anhand der Figuren erläutert sind.
Fig. 1
zeigt eine schematische Seitenansicht einer Kettenbiegemaschine gemäß einer Ausführungsform;
Fig. 2
zeigt eine schematische isometrische Darstellung von Komponenten einer Biegestation einer Kettenbiegemaschine gemäß einem Ausführungsbeispiel;
Fig. 3
zeigt schematisch in Draufsicht eine erste Teileinheit der Biegeeinheit aus Fig. 1;
Fig. 4
zeigt einen Ausschnitt aus einem Feld der Eingabemaske, in welchem schematisch ein gebogenes Kettenglied dargestellt ist.

DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE



[0040] Die schematische Seitenansicht in Fig. 1 zeigt ein exemplarisches Ausführungsbeispiel einer Kettenbiegemaschine 200 zum Herstellen von Ketten, die aus Drahtmaterial gebogene Kettenglieder aufweisen. Die Kettenbiegemaschine weist eine Vielzahl von Funktionseinheiten auf, die in einer geraden Reihe auf einem Maschinengestell 202 montiert sind. Zur Orientierung ist ein kartesisches Maschinenkoordinatensystem MK gezeigt. Dessen x-Richtung verläuft im Beispielsfall horizontal und wird hier auch als erste Richtung bezeichnet. Die dazu senkrechte, im Beispielsfall ebenfalls horizontale y-Richtung wird auch als zweite Richtung bezeichnet. Die z-Richtung weist bei dieser Orientierung in die Vertikale.

[0041] Eine erste Einzugseinrichtung 910 dient gemeinsam mit einer nachgeschalteten zweiten Einzugseinrichtung 920 zum Einziehen des Drahts DR von einem Drahtvorrat, der typischerweise in Form eines Coils, also eines nach Art einer Spule aufgewickelten Drahtgebindes, vorliegt. Die Einzugseinrichtungen 910, 920 haben jeweils ein Paar von gegenläufig angetriebenen Einzugswalzen (Walzeneinzug).

[0042] Zwischen den Einzugseinrichtungen ist eine Richteinheit 915 mit zwei hintereinandergeschalteten Rollenrichtapparaten angeordnet, die jeweils eine Anzahl (im Beispielsfall fünf) achsparalleler Richtrollen aufweisen, wobei die Drehachsen der Richtrollen der hintereinandergeschalteten Richtapparate orthogonal zueinander ausgerichtet sind.

[0043] Eine nachgeschaltete Längenmesseinrichtung 925 weist ein Messrad und gegenüberliegend ein Laufrad auf, welches an den durchlaufenden Draht angedrückt wird und somit einen schlupffreien Kontakt zwischen Messrad und Draht sicherstellt.

[0044] Der Längenmesseinrichtung unmittelbar nachgeschaltet ist eine optionale Drahtstempeleinrichtung 930 vorgesehen, mit der am durchgeförderten Draht an vorgegebenen Stellen ein Logo, ein Schriftzug, eine Nummer oder dergleichen in den Draht eingeprägt werden kann. Bei anderen Ausführungsformen ist diese optionale Komponente nicht vorgesehen.

[0045] In Drahtförderrichtung dahinter ist eine Rückenbiegeeinrichtung 935 angeordnet, mit der eine Rückenbiegung am Draht erzeugt werden kann.

[0046] Danach folgt eine Kerbeinrichtung 940 zum Erzeugen von Kerben an gegenüberliegenden Seiten des Drahts, ohne diesen durchzutrennen. Zur Überwachung der Kerbtiefe ist ein Kamerasystem mit Kamera 945 vorgesehen.

[0047] Eine nachgeschaltete Abscherstation bzw. Trennstation 950 dient zum Abtrennen eines Drahtstücks DS bzw. einer Pinne vorgebbarer Länge vom zugeführten Draht an der mit Kerben versehenen Stelle.

[0048] Eine nachgeschaltete Transporteinrichtung 955 (auch Pinnentransport genannt) dient zum Zuführen der Pinnen zu der nachgeschalteten Biegestation 210, deren Aufbau und Funktion unter anderem im Zusammenhang mit den Fig. 2 und 3 noch näher beschrieben werden. Fig. 2 zeigt dabei eine schematische isometrische Darstellung einiger Komponenten der Biegestation 210. Fig. 3 zeigt schematisch in Draufsicht eine erste Teileinheit einer Biegeeinheit der Biegestation.

[0049] Sämtliche steuerbaren Komponenten der Kettenbiegemaschine 200 sind an die Steuereinheit 190 der Kettenbiegemaschine angeschlossen, die unter anderem die Leistungsversorgungen und Lageerfassung der Antriebe, eine zentrale Recheneinheit und Speichereinheiten enthält. Mithilfe der in der Steuereinheit aktiven Steuerungssoftware können die Bewegungen sämtlicher Maschinenachsen auf Basis von Einstellparametern variabel gesteuert werden. Eine an die Steuereinheit 190 angeschlossene Anzeige- und Bedieneinheit 195 dient als Schnittstelle zum Maschinenbediener.

[0050] Das Kettenbiegen erfolgt in der Biegestation 210 automatisiert mithilfe eines sogenannten Biegedorns 105, der auf einem vertikal verfahrbaren Biegedornhalter 106 montiert und als geteilter Biegedorn ausgeführt ist. Beim Kettengliedbiegen mit Biegedorn wird ein noch nicht gebogenes oder mit einer schwachen Rückenbiegung versehenes, stabförmiges Drahtstück (Pinne) von einer vorgeschalteten Station in Richtung des Pfeils F (Förderrichtung) zum Biegedorn transportiert. Dort wird die ggf. mit einer Rückenbiegung versehene Pinne von einem nicht dargestellten Halteelement von der Seite der Biegeeinheit an den Biegedorn gedrückt und dort fixiert. Der in Kontakt mit der Pinne kommende Umfang des Biegedorns ist entsprechend der gewünschten Gliedinnenform ausgeführt. Der Biegedorn dient beim Biegen als Gegenhalter und gibt im Wesentlichen die Form der Innenseite des gebogenen Kettengliedes vor.

[0051] Die mit dem Biegedorn 105 zusammenarbeitende Biegeeinheit 100 ist dafür ausgelegt, ein am Biegedorn fixiertes Drahtelement zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds in einer Biegeebene um den Biegedorn herumzuwickeln und dabei plastisch zu verformen. Die Biegeebene entspricht der Ebene, in welcher die neutrale Faser des zu einem Kettenglied gebogenen Drahtelements liegt. Der Ursprung des Maschinenkoordinatensystems kann so gewählt sein, dass die Biegeebene mit der durch die erste und zweite Richtung aufgespannten x-y-Ebene zusammenfällt.

[0052] Die Biegeeinheit 100 ist im Wesentlichen spiegelsymmetrisch zu einer Mittelebene 122 aufgebaut, die parallel zur x-z-Ebene und damit senkrecht zur Biegeebene mittig durch die Biegeeinheit 100 und den Biegedorn 105 hindurch verläuft.

[0053] Die Biegeeinheit 100 umfasst zwei im Wesentlichen spiegelsymmetrisch zur Mittelebene 122 aufgebaute Teileinheiten, nämlich eine in Fig. 1 hinten gezeigte erste Teileinheit 110-1 und eine in Fig. 1 vorne gezeigte zweite Teileinheit 110-2, bei der die zugehörigen Antriebe aus Darstellungsgründen nicht dargestellt sind. Der Aufbau einer Teileinheit wird in Zusammenschau dieser beiden Teileinheiten gut erkennbar und wird nachfolgend anhand der ersten Teileinheit 110-1 näher erläutert. Diese ist in Fig. 2 schematisch in Draufsicht dargestellt.

[0054] Jede der Teileinheiten umfasst eine Biegewerkzeugträgereinheit, die an einer dem Biegedorn 105 zugewandten Komponente ein Biegewerkzeug 148 trägt, das zum Angreifen an dem Drahtelement vorgesehen ist. Beim Ausführungsbeispiel sind die beiden Biegewerkzeugträgereinheiten mit jeweils einem Biegehebel 130 ausgestattet.

[0055] Die erste Teileinheit 110-1 weist einen parallel zur x-Richtung verfahrbaren Schlitten 120 auf, der auf zwei zueinander parallelen Führungsschienen 123 geführt ist, die an der Oberseite des Maschinengestells montiert sind. Der Schlitten 120 trägt einen Biegehebel 130, der eine Komponente der Biegewerkzeugträgereinheit ist und an einem Drehlager des Schlittens um eine senkrecht zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse 132 begrenzt verschwenkbar ist. Der Biegehebel hat eine verwindungssteife S-Form und ist als zweiarmiger Hebel in der Weise ausgelegt, dass die Schwenkachse 132 etwa mittig zwischen den Hebelenden liegt, wobei die beiden Hebelarme in einem Winkel von ca. 90° bis 120° zueinander stehen. Der Biegehebel 130 weist an seinem nach innen in Richtung Biegedorn 105 gebogenen freien Ende ein Biegewerkzeug 148 in Form einer Biegerolle 148 auf, die frei drehbar am Biegehebel gelagert ist. Die Drehachse verläuft parallel zur Schwenkachse 132. Die Biegerolle hat eine konkave Umfangsnut, die als Angriffsfläche zum Kontakt mit dem Drahtelement des zu biegenden Kettenglieds vorgesehen ist. Der Biegehebel ist sowohl oben als auch unten in einem plattenförmigen Bauteil des in diesem Bereich flach kastenförmigen Schlittens 120 gelagert.

[0056] Nach dem Fixieren des noch nicht gebogenen Drahtelements am Biegedorn greifen während einer Biegeoperation die von den Biegehebeln 130 getragenen Biegewerkzeuge 148 (Biegerollen) an den beiden über den Biegedorn 105 seitlich hinausstehenden Drahtenden an und biegen das zugehörige Pinnenende teilweise um den Biegedorn 105 herum in Kettengliedform. Die Biegewerkzeuge bewegen sich dabei exakt entlang vorgegebener Bahnkurven um einen Teil des Biegedorns herum. In Fig. 1 ist ein fertig gebogenes Kettenglied KG am Biegedorn 105 gezeigt.

[0057] Nachfolgend wird erläutert, wie die Biegeeinheit im Einzelnen aufgebaut ist, um dieses bahngesteuerte Biegeverfahren mit einem Höchstmaß an Flexibilität bezüglich der Bahnkurvenform zu realisieren.

[0058] Die lineare Hin- und Her-Bewegung des Schlittens 120 in der ersten Richtung wird mithilfe einer ersten Antriebsgruppe 140 erreicht. Diese umfasst einen ersten Servoantrieb 142, der mit horizontaler Orientierung seiner Motorwelle an einem maschinenfest montierten Motorlager 143 montiert ist. Die Drehung der Motorwelle wird über ein angeschlossenes Getriebe 144 in Form eines Planetengetriebes auf eine erste Kurvenscheibe 145 übertragen. Die erste Kurvenscheibe 145 ist an der Abtriebswelle des Getriebes 144 fliegend gelagert, was hier bedeutet, dass alle Drehlager zur Lagerung der ersten Kurvenscheibe aufseiten des Antriebs bzw. des Getriebes angeordnet sind. Dadurch kann erreicht werden, dass die erste Kurvenscheibe 145 sehr nahe an die Mittelebene 112 herangerückt werden kann. Im Beispielsfall von Fig. 2 ist der laterale Abstand A1 zwischen der Mitte der Kurvenscheibe und einer durch die Schwenkachse 132 gehenden senkrechten Ebene etwa so groß wie der Halbmesser der Achse oder Welle, die den Biegehebel trägt.

[0059] Die mithilfe des ersten Antriebs 142 erzeugte Drehung der ersten Kurvenscheibe 145 wird vermittelt über deren außenliegende Kurvenflanke in eine Linearbewegung des Schlittens 120 überführt. Dazu sind an einem fest mit dem Schlitten 120 verbundenen Träger 124 zwei Abtastglieder in Form von Rollen 146-1, 146-2 montiert, die bei Drehung der Kurvenscheibe der Kurvenflanke folgen.

[0060] Die mit Hilfe des ersten Antriebs 142 erzeugte Drehung der ersten Kurvenscheibe 145 ist nicht über mehr als 360° durchgehend, sondern reversierend in der Weise, dass die Kurvenscheibe sich jeweils nur zwischen einer ersten Endstellung und einer zweiten Endstellung reversierend über einen begrenzten Drehwinkelbereich (weniger als 180°) hin- und her bewegt, aber nicht unbegrenzt gedreht wird. Die beiden Abtastrollen 146-1, 146-2 sind Teile einer Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung 146, mit der die Drehbewegung der Kurvenscheibe in beiden Verfahrrichtungen des Schlittens formschlüssig von der Kurvenscheibe auf die mit dem Schlitten verbundene Abtastanordnung übertragen wird. Die Gestalt der Kurvenscheibe ist so, dass unabhängig von der Drehstellung innerhalb der Endstellungen der auf Ebene der Drehachsen der Abtastrollen 146-1, 146-2 gemessenen Durchmesser DK der Kurvenscheibe konstant ist. Dadurch ist eine in beiden Verfahrrichtungen des Schlittens spielfreie Ankopplung zwischen Kurvenscheibe und Schlitten realisiert. Die Kurvenform weist im genutzten Arbeitsbereich eine lineare bzw. konstante Steigung auf, wodurch die Berechnung des Zusammenhangs zwischen der Drehung der Kurvenscheibe mittels des Servoantriebs und der Schlittenbewegung, also die Übertragungsfunktion zwischen Servoantrieb und Schlittenbewegung, besonders einfach wird.

[0061] Die hin und her pendelnden Hubbewegungen des Schlittens 120 in der ersten Richtung tragen zur Bewegung der Biegerollen 148 ausschließlich eine in der ersten Richtung verlaufende Bewegungskomponente (x-Komponente) bei.

[0062] Eine analoge Antriebskonfiguration mit reversierendem Antrieb ist zur Bewegung des Biegehebels 130 vorgesehen. Hierzu dienen die Komponenten der zweiten Antriebsgruppe 150. Diese umfasst einen zweiten Servoantrieb 152, der mit vertikaler Orientierung seiner Motorwelle an dem Schlitten 120 montiert ist. Die reversierende Drehbewegung der Motorwelle wird über ein Getriebe 154 in Form eines Planetengetriebes auf eine zweite Kurvenscheibe 155 übertragen, die an der Abtriebswelle des Getriebes 154 fliegend gelagert ist. Da auf der dem Antrieb abgewandten Seite keine Lagerung für die Kurvenscheibe erforderlich ist, kann diese für eine optimierte Kraftübertragung mit ihrer Mittelebene in der Biegeebene montiert werden.

[0063] Der zweiten Kurvenscheibe 155 ist als Wulstkurve mit einer äußeren Kurvenflanke und einer inneren Kurvenflanke ausgelegt. Ihr ist eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung 156 mit zwei mit dem Biegehebel 130 verbundenen Abtastelementen 156-1, 156-2 zugeordnet, die in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Seiten der umlaufenden Wulst an der Kurvenscheibe angreifen. Der Biegehebel 130 weist an seinem der Biegerolle gegenüberliegenden Ende ein erstes Abtastglied 156-1 in Form einer Abtastrolle auf, die im Biegehebel drehbar gelagert ist und bei Drehung der zweiten Kurvenscheibe 155 auf deren äußerer Kurvenflanke abrollt. Der Biegehebel trägt ein zweites Abtastglied 156-2 in Form einer Abtastrolle, die gleichzeitig an der inneren Kurvenflanke abrollt, so dass bei jeder Drehstellung der Kurvenscheibe unabhängig von der Drehrichtung eine spielfreie Mitnahme des Biegehebels sichergestellt ist.

[0064] Der Biegehebel 130 ist mehrteilig aufgebaut. Der zur Abtastrolle 156 führende Hebelarm und der der Schwenkachse 132 nähere Teil desjenigen Hebelarms, der die Biegerolle 148 trägt, bleiben bei allen Kettengliedgeometrien innerhalb des Arbeitsbereichs unverändert. Der äußere Teil 133 des Hebelarms, der die Biegerolle 148 trägt, ist mithilfe von Befestigungsschrauben auswechselbar im Bereich einer Schnittstelle 134 am verbleibenden Teil angebracht und kann zur Anpassung an eine andere Biegegeometrie und/oder andere Drahtdurchmesser leicht ausgewechselt werden.

[0065] Die über den zweiten Servoantrieb 152 erzeugten Arbeitsbewegungen des Biegehebels 130 wirken sich überwiegend als Bewegungskomponenten der Biegerollen 148 in der zweiten Richtung (y-Richtung) und in geringem Maß auch mit Komponenten in der dazu senkrechten ersten Richtung aus.

[0066] Der erste Servoantrieb 142 und der zweite Servoantrieb 152 sind jeweils an die Steuereinheit 190 der Kettenbiegemaschine angeschlossen, so dass durch die Lageregelung, Geschwindigkeitsregelung und/oder Momentenregelung des jeweiligen Servoantriebs die Bewegungscharakteristik der daran angeschlossenen Kurvenscheiben präzise gesteuert werden kann.

[0067] Dieses Konzept ermöglicht die Erzeugung von frei programmierbaren Verfahrbewegungen der Biegewerkzeuge der Kettenbiegemaschine. Alle vier Servoantriebe für die Maschinenachsen (Lineare Achse mit Schlitten, rotative Achse für Biegehebel) sind elektrisch leitend an eine Steuereinheit 190 angeschlossen, die u.a. die Leistungsversorgungen und Lageerfassung der Antriebe, eine zentrale Rechnereinheit und Speichereinheiten enthält. Mit Hilfe der in der Steuereinheit aktiven Steuerungssoftware können die Bewegungen sämtlicher Maschinenachsen auf Basis von Einstellparametern variabel gesteuert werden. Dadurch können die Bahnkurven, auf denen die Biegerollen entlanglaufen sollen, mittels Programmierung innerhalb konstruktiv bedingter Grenzen frei vorgegeben werden.

[0068] Eine an die Steuereinheit 190 angeschlossene Anzeige- und Bedieneinheit 195 dient als Schnittstelle zum Maschinenbediener. Dieser kann an einer Eingabeeinheit 196 der Bedieneinheit bestimmte, für den Biegeprozess relevante Parameter z.B. die gewünschte Kettengliedgeometrie (Geometriedaten), ggf. verschiedene Werkstückeigenschaften (Werkstückdaten) und Werkzeugdaten eingeben, bevor der Biegeprozess beginnt. Die Eingabeeinheit 196 umfasst im Beispielsfall einen berührungsempfindlichen Bildschirm (Touchscreen).

[0069] Die Steuereinheit 190 ist zentrale Komponente des frei programmierbaren Biegeverlaufsteuerungssystems der Kettenbiegemaschine 200. Mit diesem System können unterschiedliche Verläufe von Bahnkurven der Biegewerkzeuge durch Eingabe von Eingangsparametern an einer Eingabeeinheit über die Steuereinheit 190 vorgegeben werden. Die Programmierung des Biegeverlaufsteuerungssystems erfolgt durch einen Maschinenbediener über die Anzeige- und Bedieneinheit 195. Eine Programmierung kann beispielsweise wie folgt ablaufen.

[0070] Ausgangspunkt der Programmierung sind die Abmessungen des zu biegenden Kettenglieds. Fig. 4 zeigt beispielhaft ein Feld F einer Eingabemaske, in welchem schematisch ein gebogenes Kettenglied KG gemeinsam mit zugehörigen Eingabefenstern zur Eingabe der Geometriedaten dargestellt ist. Zu den Eingabeparametern gehören der Drahtdurchmesser d, die innere Teilung tb des gebogenen Kettenglieds (also der lichte Abstand zwischen den inneren Kettenbögen in Längsrichtung), die äußere Breite bb2 des Kettenglieds sowie gegebenenfalls der Restquerschnitt k, der an den einander zugewandten Enden der keilförmig getrennten Pinnen für den nachfolgenden Kettenschweißvorgang verbleiben soll sowie der Winkel (Öffnungswinkel) der Einkerbung, dessen Eingabefeld in Fig. 4 durch das "-Zeichen erkennbar ist.

[0071] Aus den Geometriedaten errechnet das Steuersystem die Pinnenlänge, sowie basieren darauf die Positionen von verschiedenen Bearbeitungsstationen auf dem Maschinenbett, wie zum Beispiel die Position der Kerbeinrichtung, als auch die Achsbewegungen, wie beispielsweise die für die errechnete Pinnenlänge erforderliche Einzugsbewegung. Die berechneten Achsbewegungen erfolgen nach einer vorkonfigurierten, in der Steuerung hinterlegten Abfolge, die den Funktionsablauf der Maschine zum Einrichten und der Produktion der Kette beschreibt. Die Positionen der Bearbeitungsstationen werden dem Bediener angezeigt und sind von diesem manuell einzustellen. Bei anderen Ausführungsformen ist vorgesehen, dass die Arbeitsstationen durch eigene Positionsantriebe positioniert werden.

[0072] Aus den Eingabedaten und den in der Steuerung hinterlegten Konstruktionsregeln für die Werkzeuge werden dann die Werkzeuggeometrien der Werkzeuge berechnet, welche vom Bediener einzusetzen sind. Dies gilt z.B. für die Einzugswalzen der Einzugseinrichtungen 910, 920, manchmal für die Richtrollen der Richteinheit 915, ggf. für ein Stempelwerkzeug, für Prägeplatten in den Funktionsgruppe zum Rückenbiegen, für Kerbmesser der Kerbeinrichtung 940, für Abschneidebuchsen und Gegenhalter in der Trennstation 950, für Transportbacken für den Pinnentransport, für den Biegedorn und einen Festhaltedorn sowie für die Biegerollen. Abweichende Abmessungen dieser Werkzeuge können durch den Bediener angepasst werden und werden bei den Berechnungen berücksichtigt.

[0073] Basierend darauf werden die Biegebahnen berechnet. Diese können vom Bediener beeinflusst werden, beispielsweise um die elastische Auffederung zu korrigieren. Ausgehend von den Biegebahnen werden die elektronischen Kurvenscheiben für die einzelnen Achsen erzeugt. Unter dem Begriff "Kurvenscheibe" wird hier eine eindeutige Zuordnung zwischen einem Leitantrieb und einem Folgeantrieb verstanden. Eine elektronische Kurvenscheibe kann beispielsweise in Form einer Stützpunkttabelle mit Lagesollwerten für den Folgeantrieb bezogen auf den zeitlichen Verlauf vorliegen, also in Form eines Weg-Zeit-Diagramms für den Folgeantrieb.

[0074] Für den Biegeprozess wird für jede Seite der Biegestation (linke und rechte Teileinheit) der Biegeeinheit eine virtuelle Kurvenscheibe erzeugt. Für diese werden in einem weiteren Rechenschritt die für die Erzeugung der Biegebahn erforderlichen X- und Y-Achsbewegungen berechnet und an die virtuelle Kurvenscheibe gekoppelt.

[0075] Ein Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass durch die Kopplung der Biegebahn auch im Einrichtbetrieb zur Prozessbeobachtung und -kontrolle (bei gegenüber Produktionsbetrieb deutlich reduzierter Geschwindigkeit) verfahren werden kann.

[0076] Vorzugsweise wird die Berechnung unter der Randbedingung durchgeführt, dass der Angriffspunkt zwischen Werkzeug (Biegerolle) und Werkstück (Draht bzw. Drahtpinne) während der Biegeoperation unverändert beibehalten wird, so dass keine Relativbewegung zwischen Biegewerkzeug und Draht resultiert und in jeder Phase der Biegeoperation optimale Kräfteverhältnisse vorliegen. Das erlaubt eine optimierte Schonung des Drahtmaterials auch bei großen Kräften.

[0077] Dieses bahngesteuerte Biegeverfahren kann innerhalb des Arbeitsbereichs der Kettenbiegemaschine mit derselben mechanischen Ausstattung der Kettenbiegemaschine für zahlreiche unterschiedliche Kettengliedgeometrien genutzt werden. Für einen Formatwechsel (d.h. einen Wechsel zu einer anderen Kettengliedgeometrie) müssen lediglich der Biegedorn und zusätzlich gegebenenfalls die Biegerollen, also nur drahtberührende Komponenten, ausgewechselt werden. Die übrigen Komponenten der Biegeeinheit, insbesondere die Kurvenscheiben, müssen nicht gewechselt werden. Dadurch ist die Anzahl möglicher Wechselkomponenten auf ein Minimum reduziert, so dass Montagezeiten, Rüstzeiten und Einstellzeiten im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen erheblich reduziert werden können. Gleichzeitig ergibt sich weitgehend Freiheit bezüglich der Kettengliedgestalt, da die Biegerollen fast auf beliebigen Bahnen um den Biegedorn herum geführt werden können.

[0078] Das Biegen des Kettenglieds kann entweder in einem Biegeschritt erfolgen (gerade Pinne => fertiggebogenes Kettenglied) oder aber in einem zwei- oder mehrstufigen Biegeverfahren. Beim mehrstufigen Verfahren wird beispielsweise die gerade Pinne zunächst in U-Form vorgebogen, dann ein erster Schenkel zugebogen und anschließend der zweite Schenkel zugebogen.

[0079] Die Ausführungsbeispiele zeigen exemplarisch die Verarbeitung von Runddraht, also Draht mit kreisrundem Querschnitt. Es können grundsätzlich auch Drähte mit anderem Querschnittsprofil verarbeitet werden, z.B. mit D-Profil. Dazu müssen ggf. einige oder alle werkstückberührenden Werkzeuge entsprechend ausgelegt sein.

[0080] Zur Sicherung ausreichend gleichbleibender Qualität und zur Vermeidung von Ausschuss ist die Kettenbiegemaschine 200 mit einem Überwachungssystem zur Überwachung des Betriebs der Kettenbiegemaschine und zur Ermittlung von Betriebsstörungen ausgestattet. Mit dem Überwachungssystem ist es möglich, sich ankündigende Probleme so rechtzeitig zu erkennen, dass Abhilfe geschaffen werden kann, bevor sich kleinere Mängel bei einer der Funktionseinheiten signifikant auf die Qualität der Kettenglieder auswirken. Vorzugsweise umfasst das Überwachungssystem ein Subsystem zur Antriebsüberwachung, welches störungsbedingte Überlastsituationen erkennen und anzeigen kann. Das Antriebsüberwachungs-Subsystem ist dafür ausgelegt, die zeitlichen Verläufe der Motordrehmomente der einzelnen Maschinenantriebe der Maschinenachsen aufzuzeichnen. Mithilfe einstellbarer Hüllkurven können Überbelastungen der Maschine und Werkzeuge, die beispielsweise durch Materialbruch und/oder Werkzeugbruch oder durch Kollision im Einrichtbetrieb verursacht werden, erkannt und verhindert werden. Das Überwachungssystem kann insbesondere so ausgelegt sein, dass der Betrieb der Anlage automatisch stoppt, wenn durch das Antriebsüberwachungs-Subsystem ein signifikantes Überlast-Problem erkannt wurde. Dabei wird angegeben, an welchem Antrieb das für die Abschaltung verursachende zu hohe Maschinendrehmoment aufgetreten ist, so dass ein Bediener die genauere Ursache der Störung schnell ermitteln und beispielsweise durch Auswechseln eines verschlissenen Werkzeugs beseitigen kann.

[0081] Das Überwachungssystem der Kettenbiegemaschine 200 umfasst auch ein Subsystem zur Überwachung der Kerbtiefe der mithilfe der Kerbeinrichtung 940 erzeugten Kerben. Ausgebrochene oder verschlissene Kerbmesser können zu ungenügend tiefen Kerben führen, die nachfolgend Probleme beim Kettenschweißen verursachen. Bis dies im Prozess auffällt, können mehrere Meter der Kette produziert sein, die dann als Ausschuss gelten. Mit einem Subsystem zur Überwachung der Kerbtiefe können sich entwickelnde Probleme im Bereich der Ursache rechtzeitig erkannt werden.

[0082] Beim beispielhaften System von Fig. 1 ist dazu eine optische Vermessung der Kerbstelle mithilfe der Kamera 945 vorgesehen. Alternativ oder zusätzlich kann auch ein System zur Ermittlung der Kraft vorgesehen sein, welche beim Abscheren der Drahtpinne nötig ist. Eine zu geringe Kerbtiefe erhöht die benötigte Abscherkraft. Die Überwachung des Motordrehmoments für die Maschinenachse, die die Abschereinrichtung 950 betreibt, kann also auf Probleme zu geringer Kerbtiefe bei der Kerbeinrichtung 940 hinweisen. Die Ermittlung der Abscherkraft kann an der Abschereinrichtung 950 zum Beispiel über das benötigte Antriebsmoment oder über einen separaten Kraftsensor erfolgen.

[0083] Ein Überwachungssystem für eine Kettenbiegemaschine kann auch unabhängig von den sonstigen Merkmalen der beispielhaft erläuterten Kettenbiegemaschine auch bei anderen Kettenbiegemaschinen vorteilhaft sein, beispielsweise bei solchen, deren Biegestation anders konstruiert ist als im Ausführungsbeispiel von Fig. 1.


Ansprüche

1. Kettenbiegemaschine (200) zum Herstellen von Ketten mit gebogenen Kettengliedern umfassend:

einen Biegedorn (105);

eine Biegeeinheit (100) zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds (KG) durch Biegen eines Drahtelements um den Biegedorn (105) in einer Biegeebene;

wobei die Biegeeinheit (100) zwei Teileinheiten (110-1, 110-2) aufweist,

die an gegenüberliegenden Seiten einer zur Biegeebene senkrechten Mittelebene (122) der Biegeeinheit (100) angeordnet sind,

wobei jede der Teileinheiten (110-1, 110-2) eine Biegewerkzeugträgereinheit aufweist, die an einer dem Biegedorn zugewandten Komponente ein Biegewerkzeug (148) zum Angreifen an dem Drahtelement trägt,

wobei die Biegewerkzeuge (148) beim Biegen auf vorgebbaren Bahnkurven um den Biegedorn (105) bewegbar sind;

gekennzeichnet durch

ein frei programmierbares Biegeverlaufssteuerungssystem, das derart konfiguriert ist, dass unterschiedliche Verläufe von Bahnkurven der Biegewerkzeuge (148) durch Eingabe von Eingangsparametern an einer Eingabeeinheit (196) des Biegeverlaufssteuerungssystems über eine Steuereinheit (190) vorgebbar sind.


 
2. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Biegeverlaufssteuerungssystem derart konfiguriert ist, dass Geometriedaten des zu fertigenden Kettenglieds an der Eingabeeinheit als Eingabeparameter eingebbar sind und dass das Biegeverlaufssteuerungssystem konfiguriert ist, auf Basis der Geometriedaten für das Kettenglied spezifische Berechnungen durchzuführen, wobei vorzugsweise das Biegeverlaufssteuerungssystem derart konfiguriert ist, dass an einer Anzeigeeinrichtung der Bedieneinheit (195) ein Feld einer Eingabemaske erzeugbar ist, in welchem ein gebogenes Kettenglied zusammen mit Eingabefeldern für die zugehörigen Geometriedaten dargestellt ist.
 
3. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die für das Kettenglied spezifischen Berechnungen eine oder mehrere der folgenden Berechnungen umfassen: (i) Berechnung der Pinnenlänge; (ii) Berechnung von Werkzeuggeometrien; (iii) Berechnung der Bahnkurven der Biegewerkzeuge.
 
4. Kettenbiegemaschine nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Biegewerkzeugträgereinheit einen Biegehebel (130) aufweist, der um eine senkrecht zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse (132) verschwenkbar ist und an seinem dem Biegedorn (105) zugewandten freien Ende das Biegewerkzeug (148) trägt.
 
5. Kettenbiegemaschine nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass jede der Teileinheiten (110-1, 110-2) einen Schlitten (120) aufweist, der in einer ersten Richtung parallel zur Mittelebene (122) verfahrbar ist und an dem eine weitere Komponente der Biegewerkzeugträgereinheit, insbesondere der Biegehebel (130) der Teileinheit, gelagert ist, wobei eine erste Antriebsgruppe (140) zum Bewegen des Schlittens einen ersten Servoantrieb (142) und eine zweite Antriebsgruppe (150) zum Bewegen der weiteren Komponente, insbesondere des Biegehebels (130), einen zweiten Servoantrieb (152) aufweist, der vorzugsweise von dem Schlitten (120) getragen wird.
 
6. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Antriebsgruppe (140) eine mit dem ersten Servoantrieb (142) gekoppelte erste Kurvenscheibe (145) und/oder die zweite Antriebsgruppe (150) eine mit dem zweiten Servoantrieb (152) gekoppelte zweite Kurvenscheibe (155) aufweist.
 
7. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (190) derart konfiguriert ist, dass die erste Kurvenscheibe (145) und/oder die zweite Kurvenscheibe (155) zwischen einer ersten Endstellung und einer zweiten Endstellung reversierend angetrieben wird.
 
8. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Kurvenscheibe (145) und/oder die zweite Kurvenscheibe (155) bestimmungsgemäß nicht auswechselbar und geometrisch derart ausgelegt ist, dass sie für alle Biegeoperation innerhalb des Arbeitsbereichs der Kettenbiegemaschine unverändert nutzbar ist.
 
9. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6, 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Kurvenscheibe eine Kurvenform mit einer linearen Steigung oder einer Steigung gemäß einer e-Funktion aufweist.
 
10. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6, 7, 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der ersten Kurvenscheibe (145) eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung (146) mit zwei mit dem Schlitten verbundenen Abtastelementen (146-1, 146-2) zugeordnet ist, die in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten der Kurvenscheibe angreifen und/oder dass der zweiten Kurvenscheibe (155) eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung (156) mit zwei mit einer weiteren Komponente der Biegewerkzeugträgereinheit, insbesondere mit dem Biegehebel (130), verbundenen Abtastelementen (156-1, 156-2) zugeordnet ist, die in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten der Kurvenscheibe angreifen.
 
11. Kettenbiegemaschine nach einem der Ansprüche 5 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Servoantrieb (142) über ein erstes Getriebe mit der ersten Kurvenscheibe (145) gekoppelt ist, wobei die erste Kurvenscheibe an einer Abtriebswelle des ersten Getriebes fliegend gelagert ist und/oder dass der zweite Servoantrieb (152) über ein zweites Getriebe mit der zweiten Kurvenscheibe (155) gekoppelt ist, wobei die zweite Kurvenscheibe an einer Abtriebswelle des zweiten Getriebes fliegend gelagert ist.
 
12. Kettenbiegemaschine nach dem Oberbegriff von Anspruch 1, insbesondere nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kettenbiegemaschine mit einem Überwachungssystem zur Überwachung des Betriebs der Kettenbiegemaschine und zur Ermittlung von Betriebsstörungen ausgestattet ist, wobei das Überwachungssystem vorzugsweise mindestens eines der folgenden Subsysteme aufweist:

ein Subsystem zur Antriebsüberwachung, welches störungsbedingte Überlastsituationen erkennen und anzeigen kann;

ein Subsystem zur Überwachung der Kerbtiefe der mithilfe einer Kerbeinrichtung erzeugten Kerben.


 




Zeichnung

















Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente