ANWENDUNGSGEBIET UND STAND DER TECHNIK
[0001] Die Erfindung betrifft eine Kettenbiegemaschine zum Herstellen von Ketten mit gebogenen
Kettengliedern.
[0002] Ketten mit Kettengliedern, welche aus Drahtelementen in einem Umformprozess gebogen
werden, werden heutzutage in großem Umfang mit Hilfe spezieller automatisierter Werkzeugmaschinen
hergestellt, die meist als Kettenbiegemaschinen oder als Kettenherstellungsmaschinen,
gelegentlich auch einfach als Kettenmaschinen bezeichnet werden.
[0003] Die Herstellung von Ketten erfolgt in der Regel in zwei Hauptprozessen, dem Biegen
- meist Kettenbiegen genannt - und dem Schweißen - meist Kettenschweißen genannt.
Beim Kettenbiegen werden Kettenglieder aus zunächst geraden Drahtelementen geeigneter
Länge, sogenannten Pinnen oder Pins, gebogen und mit anderen Kettengliedern verbunden,
die ebenfalls aus Drahtelementen gebogen oder auf andere Weise, z.B. durch Schmieden,
hergestellt sein können. Beim nachfolgenden Kettenschweißen werden die fertig gebogenen,
noch offenen Kettenglieder eines Kettenstrangs z.B. durch ein geeignetes Widerstandsstumpfschweißverfahren
zu geschlossenen Kettengliedern verschweißt.
[0004] Diese Anmeldung bezieht sich auf das Kettengliedbiegen mit einem sogenannten Biegedorn.
Als Ausgangswerkstück für die eigentliche Biegeoperation zur Herstellung eines Kettengliedes
liegt eine sogenannte Pinne vor. Die Pinne ist ein stabförmiges, von einem Drahtvorrat
abgetrenntes, Drahtstück. Die Länge des Drahtstücks entspricht der Abwicklung des
gewünschten Kettenglieds plus zusätzlicher Schweißzugabe. Die Pinne wird von einem
Halteelement gegen einen Biegedorn gedrückt und damit fixiert. Der Biegedorn ist an
seinem Umfang entsprechend der gewünschten Gliedinnenform ausgeführt. Nach dem Fixieren
greift an den beiden über den Biegedorn hinausstehenden Drahtenden jeweils ein entsprechendes
Biegewerkzeug an und biegt das zugehörige Ende der Pinne teilweise um den Biegedorn
herum in Kettengliedform.
[0005] Die Offenlegungsschrift
DE 2 028 266 A beschreibt eine mit einem Biegedorn ausgestattete Kettenbiegemaschine. Die Kettenbiegemaschine
umfasst eine Biegeeinheit zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds durch Biegen
eines Drahtelements um den Biegedorn in einer Biegeebene. Die Biegeeinheit weist zwei
Teileinheiten auf, die an gegenüberliegenden Seiten einer zur Biegeebene senkrechten
Mittelebene der Biegeeinheit angeordnet sind. Die Mittelebene geht mittig durch den
Biegedorn. Jede der beiden Teileinheiten weist einen Biegehebel auf, der um eine senkrecht
zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse verschwenkbar ist. Die Schwenkachse ist linear
verschiebbar. Jeder Biegehebel trägt an seinem dem Biegedorn zugewandten freien Ende
ein beweglich am Biegehebel gelagertes Biegewerkzeug in Form einer drehbar gelagerten
Biegerolle zum Angreifen an dem Drahtelement. Die Biegewerkzeuge werden beim Biegen
auf vorgebbaren Bahnkurven um den Biegedorn bewegt. Die Biegerollen werden dazu mittels
in Nuten geführten Führungsrollen geführt. Diese Nuten sind in einem starr mit dem
Biegedorn zu einem auswechselbaren Block verbundenen Körper vorgesehen. Das ergibt
den Vorteil, dass eine Einstellung des Biegedornes und der Nuten außerhalb der Maschine
möglich ist. Dadurch dass nicht die Biegerollen selbst, sondern Führungsrollen in
den Nuten laufen, können die Biegerollen an der Pinne abrollen, was den Verschleiß
erheblich vermindert.
[0006] Die Offenlegungsschrift
DE 2 531 290 A1 beschreibt Verfahren zum Biegen von Kettengliedern aus Drahtpinnen mit vorgegebener
Länge, wobei die beiden freien Enden der Drahtpinne jeweils um einen Biegedorn gebogen
werden. Eine Besonderheit besteht darin, dass jeweils im Bereich der freien Enden
der Pinnen je ein Biegewerkzeug angelegt wird, das während des Biegevorganges auf
einer gekrümmten Bahn so geführt ist, dass die Anlagestelle des Biegewerkzeugs an
der Drahtpinne mindestens im Endbereich des Biegevorganges in etwa auf einer Kreisevolvente
verläuft, deren Bezugspunkt dem Krümmungsmittelpunkt der dem jeweiligen Biegewerkzeug
zugekehrten Seite des Biegedornes entspricht. Diese Verfahrensweise hat den Vorteil,
dass sich der an der Pinne anliegende Teil des Biegewerkzeuges während des Biegevorganges
praktisch nicht verschiebt, so dass keine Schleif- oder Rollmarken auf der Pinnoberfläche
entstehen.
[0007] Kettenbiegemaschinen sollen ein möglichst breites Kettenspektrum abdecken können,
insbesondere also einen großen Drahtdurchmesserbereich, unterschiedlichste Kettengliedgeometrien,
unterschiedlichste Biegeradien, unterschiedlichste Werkstoffe usw.. Die Rüstzeiten
sollen dabei möglichst weit reduziert werden, so dass eine Umstellung auf neue Kettengliedgeometrien
mit möglichst geringem mechanischem Umrüstaufwand erfolgen kann.
AUFGABE UND LÖSUNG
[0008] Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Kettenbiegemaschine
der eingangs erwähnten Art bereitzustellen, bei der im Vergleich zu herkömmlichen
Lösungen Rüstzeiten und Einstellzeiten beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Kettengliedgeometrien
reduziert sind. Insbesondere soll auch eine erhöhte Bedienersicherheit und ein erhöhter
Bedienkomfort bereitgestellt werden.
[0009] Zur Lösung dieser Aufgabe stellt die Erfindung gemäß einer Formulierung eine Kettenbiegemaschine
mit den Merkmalen von Anspruch 1 bereit. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den
abhängigen Ansprüchen angegeben. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird durch Bezugnahme
zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
[0010] Die Kettenbiegemaschine ist zum Herstellen von Ketten mit gebogenen Kettengliedern
ausgelegt. Sie umfasst im eingerichteten Zustand einen Biegedorn. Der Biegedorn ist
in der Regel entsprechend der gewünschten Gliedinnenform ausgeführt. Es kann sich
um einen geteilten Biegedorn oder um einen ungeteilten Biegedorn handeln. Eine Biegeeinheit
der Kettenbiegemaschine ist zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds durch Biegen
eines Drahtelements um den Biegedorn ausgelegt. Die Biegung erfolgt in einer Biegeebene,
was hier unter anderem bedeutet, dass die neutrale Faser des gebogenen Drahtelements
mit allen Abschnitten in einer einzigen Ebene liegt. Die Biegeeinheit hat zwei Teileinheiten.
Die Teileinheiten sind an gegenüberliegenden Seiten einer zur Biegeebene senkrechten
Mittelebene der Biegeeinheit angeordnet. Die Biegeeinheit kann mehr oder weniger spiegelsymmetrisch
zur Mittelebene aufgebaut sein, so dass auch die beiden Teileinheiten einen vergleichbaren
Aufbau haben.
[0011] Jede der Teileinheiten umfasst eine Biegewerkzeugträgereinheit, die an einer dem
Biegedorn zugewandten Komponente ein Biegewerkzeug trägt, das zum Angreifen an dem
Drahtelement vorgesehen ist. Das Biegewerkzeug ist also dasjenige Teil der Biegeeinheit,
welches an der entsprechenden Seite des Biegedorns in Berührungskontakt mit dem Drahtmaterial
kommt. Die Biegewerkzeuge sind beweglich an den sie tragenden Komponenten der jeweiligen
Biegewerkzeugträgereinheit gelagert. Diese Beweglichkeit ist vorgesehen, damit sich
das Biegewerkzeug bei der Biegebewegung bzw. bei der allmählichen Verformung des Drahts
um den Biegedorn jederzeit optimal zum Werkstück ausrichten kann. Die Biegewerkzeuge
sind mithilfe der Biegewerkzeugträgereinheit beim Biegen auf vorgebbaren Bahnkurven
um den Biegedorn bewegbar. Die Bahnkurven der Biegewerkzeuge erstrecken sich dabei
jeweils nur um einen Teil des Umfangs des Biegedorns.
[0012] Eine Besonderheit der Kettenbiegemaschine besteht darin, dass sie ein frei programmierbares
Biegeverlaufsteuerungssystem umfasst, welches derart konfiguriert ist, dass unterschiedliche
Verläufe von Bahnkurven der Biegewerkzeuge durch Eingabe von Eingangsparametern an
einer Eingabeeinheit des Biegeverlaufsteuerungssystems über eine Steuereinheit der
Kettenbiegemaschine vorgebbar sind. Die "freie" Programmierbarkeit liegt natürlich
nur innerhalb der konstruktiv vorgegebenen Grenzen vor, so dass nicht beliebige Bahnkurven
vorgebbar sind, aber innerhalb der konstruktiv vorgegebenen Grenzen eine große Vielfalt
unterschiedlicher Bahnkurven erzeugt werden kann. Damit können allein mithilfe der
Programmierung, also softwareseitig, unterschiedliche Verläufe von Bahnkurven der
Biegewerkzeuge eingestellt werden, so dass eine vollständig softwarebasierte Bahnkurvensteuerung
für die Bewegungen der Biegewerkzeuge bereitgestellt wird.
[0013] Die Eingabeeinheit kann sich an oder nahe bei der Kettenbiegemaschine befinden. Beispielsweise
kann ein Touch-Bildschirm in Verbindung mit PC und entsprechender Software für Anzeigen
und Eingaben im Klartext vorgesehen sein. Eine Eingabe an einem entfernten Ort, ggf.
in einem anderen Raum oder anderen Gebäude ist bei Bedarf ebenfalls möglich.
[0014] Ein Vorteil dieses Konzepts besteht darin, dass mit Ausnahme der drahtberührenden
Komponenten (insbesondere Biegedorn und ggf. Biegewerkzeuge sowie ggf. weitere geometrieabhängige
Werkzeuge, wie z.B. Festhalter, Wendezangenbacken, Pinnentransportgreiferbacken etc.)
beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Kettengliedgeometrien keine weiteren Komponenten
der Kettenbiegemaschine ausgetauscht werden müssen. Die "Umrüstung" kann also zu einem
großen Anteil mittels Programmierung, also über Software, vorgenommen werden. So kann
beispielsweise im Vergleich zur Lösung der
DE 2 028 266 A der Austausch der kettendimensionsabhängigen Matrize entfallen, die die Führungsnut
für die an den Biegehebeln angebrachten Führungsrollen enthält. Im Vergleich zu konventionellen
Antriebskonzepten mit mechanischen Kurvengetrieben mit Leitwelle ist es auch nicht
mehr nötig, Kurvenscheiben oder Kurven-Einsätze zum Zusammensetzen von mehrteilig
aufgebauten Kurvenscheiben zu wechseln. Die Kettenbiegemaschine kann also innerhalb
ihres u.a. durch die verarbeitbaren Drahtdurchmesser charakterisierbaren Arbeitsbereichs
schnell und einfach auf unterschiedliche Kettenglieddimensionen umgerüstet werden.
Bei der Umrüstung müssen gegebenenfalls lediglich drahtberührende Komponenten gegen
entsprechende drahtberührende Komponenten anderer Geometrie ausgewechselt werden.
Dadurch ergeben sich erhebliche Reduzierungen der Montagezeiten und Reduzierungen
der Rüst- und Einstellzeiten. Zudem werden Bedienersicherheit und Bedienkomfort im
Vergleich zu herkömmlichen Lösungen verbessert. Weiterhin kann die mechanische Komplexität
im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen reduziert werden.
[0015] Bei manchen Ausführungsformen ist das Biegeverlaufssteuerungssystem derart konfiguriert,
dass Geometriedaten des zu fertigenden Kettenglieds als Eingabeparameter an der Eingabeeinheit
eingebbar sind und dass das Biegeverlaufssteuerungssystem konfiguriert ist, auf Basis
der Geometriedaten für das Kettenglied spezifische Berechnungen durchzuführen. Zu
den Geometriedaten bzw. zu den die Kettengliedgeometrie beschreibenden Eingabeparametern
gehören bei manchen Ausführungsformen der Drahtdurchmesser, die innere Teilung des
gebogenen Kettenglieds (also der lichte Abstand zwischen den inneren Kettenbögen in
Längsrichtung), die äußere Breite des Kettenglieds sowie gegebenenfalls der Restquerschnitt,
der an den einander zugewandten Enden von keilförmig getrennten Pinnen für den nachfolgenden
Kettenschweißvorgang verbleiben soll.
[0016] Um dem Bediener die Eingabe zu erleichtern und die Bedeutung der Eingabeparameter
zu veranschaulichen, ist das Biegeverlaufssteuerungssystem vorzugsweise derart konfiguriert,
dass an einer Anzeigeeinrichtung der Bedieneinheit ein Feld einer Eingabemaske erzeugt
werden kann, in welchem schematisch ein gebogenes Kettenglied zusammen mit Eingabefeldern
für die zugehörigen Geometriedaten dargestellt ist.
[0017] Die für das Kettenglied spezifischen Berechnungen können eine oder mehrere der folgenden
Berechnungen umfassen: Berechnung der Pinnenlänge; Berechnung von Werkzeuggeometrien;
Berechnung der Bahnkurven der Biegewerkzeuge.
[0018] Basierend auf den Angaben zur Pinnenlänge können die Positionen der einzelnen Bearbeitungsstationen
auf dem Maschinenbett bestimmt werden. Abhängig von der Ausbaustufe der Kettenbiegemaschine
können diese dann manuell oder automatisiert mittels geeigneter Maschinenachsen eingestellt
werden.
[0019] Basierend auf den Angaben zu Werkzeuggeometrien können vom Bediener die entsprechenden
Werkzeuge beschafft und eingebaut werden.
[0020] Basierend darauf können die Biegebahnen bzw. Bahnkurven der Biegewerkzeuge berechnet
werden.
[0021] Bei den Biegewerkzeugen handelt es sich vorzugsweise um drehbar an der jeweiligen
Biegewerkzeugträgereinheit gelagerte Biegerollen, die bei eventueller Relativbewegung
zwischen dem Umfang der Biegerolle und dem zu biegenden Draht auf dem Draht ohne Verletzung
der Drahtoberfläche abrollen. Die Berechnung der Bahnkurven wird vorzugsweise unter
der Randbedingung durchgeführt, dass der Angriffspunkt zwischen Biegewerkzeug und
Draht während der Biegeoperation unverändert beibehalten wird, so dass keine Relativbewegung
zwischen Biegewerkzeug und Draht resultiert und in jeder Phase der Biegeoperation
optimale Kräfteverhältnisse vorliegen. Insbesondere in diesen Fällen können alternativ
zu Biegerollen auch andere Biegewerkzeuge verwendet werden. Beispielsweise können
anstelle von Biegerollen Biegeschuhe vorgesehen sein, um statt der (bei Biegerollen
gegebenen) Linienberührung eine größere Angriffsfläche zu bekommen, um somit die örtliche
Flächenpressung zu reduzieren.
[0022] Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine Biegewerkzeugträgereinheit auszugestalten.
Bei bevorzugten Ausführungsformen weist jede der Biegewerkzeugträgereinheiten einen
Biegehebel auf, der um eine senkrecht zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse verschwenkbar
ist. Jeder Biegehebel trägt an seinem dem Biegedorn zugewandten freien Ende ein Biegewerkzeug.
Mit Biegehebel ausgestattete Biegewerkzeugträgereinheiten können einen sehr kompakten
Aufbau haben und große Kräfte sicher übertragen. Der schwenkbare Biegehebel ist zusätzlich
noch parallel zur Biegeebene linear verschiebbar, so dass das Biegewerkzeug über eine
Kombination von Linearverschiebung und Schwenkbewegung parallel zur Biegeebene entlang
unterschiedlicher Bahnkurven geführt werden kann.
[0023] Alternativ ist es z.B. möglich, dass eine Biegewerkzeugträgereinheit einen Kreuztisch
(auch XY-Tisch genannt) aufweist, also ein Zweiachssystem, das zwei einachsige Linearführungssystemen
aufweist und das dadurch das Bewegen eines Biegewerkzeugs in zwei Richtungen innerhalb
der Biegeebene ermöglicht. Damit kann das Biegewerkzeug über eine Kombination von
zwei zueinander orthogonalen Linearverschiebungen parallel zur Biegeebene entlang
unterschiedlicher Bahnkurven geführt werden.
[0024] Gemäß einer anderen Ausführungsform weist eine Biegewerkzeugträgereinheit zwei gekoppelte
Lineareinheiten auf, die an Schwenkachsen schwenkbar am Maschinengestell angebracht
sind. Die Schwenkachsen sind parallel zueinander ausgerichtet, seitlich jedoch so
zueinander versetzt, dass die eine Lineareinheit eine Bewegung im Wesentlichen parallel
zu einer ersten Richtung und die andere Lineareinheit Bewegung eine im Wesentlichen
zu einer zur ersten Richtung orthogonalen zweiten Richtung ausführt. Die Lineareinheiten
haben jeweils ausfahrbare Endstücke, deren Enden miteinander gekoppelt sind und im
Bereich der Kopplung das Biegewerkzeug tragen. Durch ein gesteuertes Aus- und Einfahren
der beiden Lineareinheiten ist es möglich, das Biegewerkzeug auf praktisch beliebigen
Bahnkurven in der Bewegungsebene (parallel zur Biegeebene) zu bewegen.
[0025] Bei einer Weiterbildung der Variante mit Biegehebeln ist vorgesehen, dass jede der
Teileinheiten einen Schlitten aufweist, der in einer ersten Richtung parallel zur
Mittelebene verfahrbar ist und an dem der Biegehebel der Teileinheit um die Schwenkachse
drehbar gelagert ist, wobei eine erste Antriebsgruppe zum Bewegen des Schlittens einen
ersten Servoantrieb und eine zweite Antriebsgruppe zum Bewegen des Biegehebels einen
zweiten Servoantrieb aufweist, der vorzugsweise von dem Schlitten getragen wird. Mithilfe
dieses Aufbaus können nahezu beliebige Bahnkurven im Bewegungsbereich der Biegewerkzeuge
über Steuersignale an die Servoantriebe generiert werden. Die lineare Hin- und Her-Bewegung
des Schlittens in der ersten Richtung steuert eine in der ersten Richtung liegende
Bewegungskomponente bei, deren Betrag zeitabhängig mithilfe des ersten Servoantriebs
gesteuert werden kann. Die zweite Antriebsgruppe bewegt den Biegehebel und steuert
damit Bewegungskomponenten der Biegewerkzeuge bei, die innerhalb der Biegeebene senkrecht
zur ersten Richtung bzw. senkrecht zur Mittelebene verlaufen. Die Kopplung der durch
die Servoantriebe der Teileinheiten erzeugten Bewegungen erfolgt elektronisch über
die Steuereinheit.
[0026] Vorzugsweise handelt es sich beim zweiten Servoantrieb um einen mitfahrenden Antrieb,
der mit der Bewegung des Schlittens mitfährt. Dadurch kann der zweite Servoantrieb
auf kurzer Übertragungsstrecke auf den zugehörigen Biegehebel bzw. das daran angebrachte
Biegewerkzeug wirken. Denkbar wäre auch, den zweiten Servoantrieb stationär anzubringen
und über eine flexible Welle oder eine andere flexible Übertragungseinrichtung (z.B.
Kardanwelle mit Längenausgleich) mit dem Biegehebel zu koppeln.
[0027] Bei einer Weiterbildung der Variante mit Kreuztisch wäre anstelle des Biegehebels
ein weiterer Schlitten vorzusehen, dessen Linearbewegung mithilfe der zweiten Antriebsgruppe
über den zweiten Servoantrieb erzeugt wird.
[0028] Besonders bevorzugt sind Varianten, bei denen die erste Antriebsgruppe eine mit dem
ersten Servoantrieb gekoppelte erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Antriebsgruppe
eine mit dem zweiten Servoantrieb gekoppelte zweite Kurvenscheibe aufweist. Die Servoantriebe
dienen also jeweils dazu, Kurvenscheiben drehend anzutreiben. Dadurch werden servomechanische
Antriebsgruppen realisiert. Damit können Bewegungen einer Abtriebswelle des Servoantriebs
über ein Kurvengetriebe mechanisch ungleichmäßig (mit variabler Übertragungsfunktion)
auf die jeweils angetriebene Komponente übertragen werden, wobei die Übertragungsfunktion
durch den Verlauf der Kurvenflanke bzw. der Kurvenform der Kurvenscheibe vorgegeben
wird. Die Kombination von Servoantrieben mit Kurvenscheiben erlaubt eine günstige
Auslegung sowohl im Hinblick auf die teilweise benötigen, sehr hohen Kräfte beim Biegen
als auch im Hinblick auf die Dynamik der Biegeoperation, also auf die Geschwindigkeitsprofile
der Werkzeugbewegungen.
[0029] Bei der Variante mit Biegehebeln erzeugt die erste Antriebsgruppe mit dem ersten
Servoantrieb und der erster Kurvenscheibe die lineare Hin- und Her-Bewegung des Schlittens,
der den Biegehebel der Teileinheit und vorzugsweise auch die Komponenten der zugehörigen
zweiten Antriebsgruppe trägt. Bei der Variante mit Kreuztisch trägt der Schlitten
anstelle eines Biegehebels einen weiteren Schlitten.
[0030] Besonders vorteilhaft sind Ausführungsbeispiele, bei denen die Steuereinheit derart
konfiguriert ist, dass die erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Kurvenscheibe zwischen
einer ersten Endstellung und einer zweiten Endstellung reversierend angetrieben wird.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Kurvenantrieben mit gleichmäßig umlaufender Antriebsbewegung
wird hier also die Kurvenscheibe drehwinkelbegrenzt in gegenläufigen Drehrichtungen
hin und her gedreht. Die Endstellungen definieren dabei die Grenzen der durch die
Kurvenscheibe realisierten Übertragungsfunktion. Die mechanische Komplexität kann
im Vergleich zu gleichmäßigen umlaufenden Antriebsbewegungen reduziert werden.
[0031] Im Gegensatz zu herkömmlichen Lösungen, bei denen beim Wechsel zwischen unterschiedlichen
Kettengliedgeometrien Kurvenscheiben gegen Kurvenscheiben mit anderer Kurvenform und
anderen Hüben ausgetauscht wurden, ist bei einem reversierenden Antrieb bzw. bei Kurvenscheiben,
die für einen reversierenden Antrieb ausgelegt sind, ein Austausch von Kurvenscheiben
beim Formatwechsel nicht erforderlich. Die Kurvenscheiben können so ausgelegt werden,
dass sie für alle Operationen innerhalb des Arbeitsbereichs der Kettenbiegemaschine
unverändert genutzt werden können und allenfalls im Verschleißfall auszuwechseln sind.
Die Kurvenform der Kurvenscheibe kann somit einmalig für alle Kettengliedgeometrien
im Arbeitsbereich festgelegt werden. Damit können besondere konstruktive Maßnahmen,
die einen leichten Wechsel von Kurvenscheiben ermöglichen, entfallen, so dass die
Übertragungskopplung zwischen Servoantrieb und Kurvenscheibe mechanisch besonders
stabil und für die Übertragung hoher Kräfte bzw. Drehmomente geeignet ausgelegt werden
kann.
[0032] Bei manchen Ausführungsformen mit reversierendem Antrieb von Kurvenscheiben weist
die erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Kurvenscheibe eine Kurvenform mit linearer
Steigung auf. Dies bedeutet, dass jeweils in dem Drehwinkelbereich zwischen der ersten
Endstellung und der zweiten Endstellung der radiale Abstand zwischen dem Drehzentrum
der Kurvenscheibe und der außenliegenden Kurvenflanke sich gemäß einer linearen Funktion
ändert. Es hat sich gezeigt, dass dadurch der Rechenaufwand für die Steuerung des
angeschlossenen Servoantrieb erheblich verringert werden kann im Vergleich zu Varianten,
bei denen komplizierte nichtlineare Zusammenhänge zwischen Drehwinkel und Kurvenposition
durch die Form der Kurvenflanke vorgegeben wird. Alternativ kann z.B. auch Steigungen
gearbeitet werden, die mit einer e-Funktion beschreibbar sind. Es sind jedoch auch
variable Steigungen möglich.
[0033] Bei Varianten mit reversierendem Antrieb der ersten Kurvenscheibe kann gemäß einer
Weiterbildung vorgesehen sein, dass der ersten Kurvenscheibe eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung
mit zwei mit dem Schlitten verbundenen Abtastelementen zugeordnet ist, wobei die zum
Beispiel durch Abtastrollen realisierten Abtastelemente in festem Abstand zueinander
angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten der Kurvenscheibe
angreifen. Bei der reversierenden Betriebsart und begrenzten Drehwinkeln von weniger
als 180° zwischen den Endstellungen kann die Kurvengestalt nämlich so ausgelegt sein,
dass bei allen Drehstellungen innerhalb dieses Arbeitsbereichs, der zwischen den Abtastelementen
gemessene Abstand zwischen einander zugeordneten Kurvenflankenabschnitten unabhängig
von der Drehstellung immer gleich ist. Dadurch wird der Schlitten sowohl in seiner
Vorwärtsbewegung als auch in seiner Rückwärtsbewegung über die entsprechend angeordneten
Abtastelemente mitgenommen und es ist eine spielfreie Umsetzung der Kurvenscheibendrehung
in die lineare Schlittenbewegung möglich.
[0034] Bei Varianten mit reversierendem Antrieb der zweiten Kurvenscheibe kann gemäß einer
Weiterbildung vorgesehen sein, dass der zweiten Kurvenscheibe eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung
mit zwei mit dem Biegehebel (oder einem weiteren Schlitten) verbundenen Abtastelementen
zugeordnet ist, wobei die zum Beispiel durch Abtastrollen realisierten Abtastelemente
in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten
der Kurvenscheibe angreifen.
[0035] Je nach verfügbarem Bauraum und anderen Randbedingungen kann eine Kurvenscheibe (erste
Kurvenscheibe und/oder zweite Kurvenscheibe) auch als Wulstkurve ausgelegt sein. Die
Wulstkurve kann aus einem Stück bestehen. Es ist auch möglich, die Innen- und Außenkurve
der Wulstkurve als separate Kurvenscheiben auszuführen (sog. Haupt- und Gegenkurven).
Ebenso können Nutkurven oder eine Federrückholung vorgesehen werden.
[0036] Eine im Hinblick auf Bauraumbedarf und Kraftübertragung günstige Anordnung zwischen
Servoantrieb und angetriebener Komponente ergibt sich bei bevorzugten Ausführungsformen
dadurch, dass der erste Servoantrieb über ein erstes Getriebe mit der ersten Kurvenscheibe
gekoppelt ist, wobei die Kurvenscheibe an einer Abtriebswelle des Getriebes fliegend
gelagert ist. Eine fliegende Lagerung bedeutet hier, dass auf der dem Getriebe gegenüberliegenden
Seite keine Lagerung für die Kurvenscheiben vorgesehen ist. Die Antriebsgruppe kann
einen geradlinig gestreckten Aufbau haben, an dessen einem Ende die fliegend gelagerte
Kurvenscheibe angeordnet ist. Durch die fliegende Lagerung kann erreicht werden, dass
die Kurvenscheibe in oder in der Nähe derjenigen Ebene angeordnet werden kann, in
der die Schwenkachse des Biegehebels liegt und in der die Kraft der über die Schlittenbewegung
vermittelten Bewegungskomponente übertragen wird. Dadurch ergibt sich eine Reduzierung
möglicher Querkräfte auf die beim Biegen unter Last stehenden Komponenten, was unter
anderem auch der Präzision des Verlaufs der Bahnkurve zugutekommt.
[0037] Alternativ oder zusätzlich kann eine entsprechende Anordnung der Komponenten der
zweiten Antriebsgruppe vorgesehen sein, so dass also der zweite Servoantrieb über
ein zweites Getriebe mit der zweiten Kurvenscheibe gekoppelt ist, wobei die zweite
Kurvenscheibe an der Abtriebswelle des Getriebes fliegend gelagert ist. Dadurch ist
es möglich, die Kurvenscheibe so in Bezug auf den Biegehebel anzuordnen, dass sie
in einer gemeinsamen Ebene liegen. Dadurch ist eine optimale Kraftübertragung für
das Verschwenken des Biegehebels sichergestellt.
[0038] Um eine möglichst gleichbleibende Qualität der gebogenen Kettenglieder zu sichern
und die Produktion von Ausschuss möglichst zu vermeiden, ist gemäß einer Weiterbildung
ein Überwachungssystem zur Überwachung des Betriebs der Kettenbiegemaschine und zur
Ermittlung von Betriebsstörungen vorgesehen. Das Überwachungssystem umfasst vorzugsweise
ein Subsystem zur Antriebsüberwachung, welches störungsbedingte Überlastsituationen
erkennen und anzeigen kann. Das Antriebsüberwachungs-Subsystem kann dafür ausgelegt
sein, die zeitlichen Verläufe der Motordrehmomente der einzelnen Maschinenantriebe
der Maschinenachsen aufzuzeichnen und mit zulässigen Wertebereichen zu vergleichen,
die in Form von Hüllkurven vorliegen können. Der Betrieb kann bei Auftreten einer
als signifikant definierten Situation automatisch gestoppt werden, um Abhilfe schaffen
zu können.
[0039] Weitere Vorteile und Aspekte der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und aus
der nachfolgenden Beschreibung von bevorzugten Ausführungsbeispielen der Erfindung,
die nachfolgend anhand der Figuren erläutert sind.
- Fig. 1
- zeigt eine schematische Seitenansicht einer Kettenbiegemaschine gemäß einer Ausführungsform;
- Fig. 2
- zeigt eine schematische isometrische Darstellung von Komponenten einer Biegestation
einer Kettenbiegemaschine gemäß einem Ausführungsbeispiel;
- Fig. 3
- zeigt schematisch in Draufsicht eine erste Teileinheit der Biegeeinheit aus Fig. 1;
- Fig. 4
- zeigt einen Ausschnitt aus einem Feld der Eingabemaske, in welchem schematisch ein
gebogenes Kettenglied dargestellt ist.
DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
[0040] Die schematische Seitenansicht in Fig. 1 zeigt ein exemplarisches Ausführungsbeispiel
einer Kettenbiegemaschine 200 zum Herstellen von Ketten, die aus Drahtmaterial gebogene
Kettenglieder aufweisen. Die Kettenbiegemaschine weist eine Vielzahl von Funktionseinheiten
auf, die in einer geraden Reihe auf einem Maschinengestell 202 montiert sind. Zur
Orientierung ist ein kartesisches Maschinenkoordinatensystem MK gezeigt. Dessen x-Richtung
verläuft im Beispielsfall horizontal und wird hier auch als erste Richtung bezeichnet.
Die dazu senkrechte, im Beispielsfall ebenfalls horizontale y-Richtung wird auch als
zweite Richtung bezeichnet. Die z-Richtung weist bei dieser Orientierung in die Vertikale.
[0041] Eine erste Einzugseinrichtung 910 dient gemeinsam mit einer nachgeschalteten zweiten
Einzugseinrichtung 920 zum Einziehen des Drahts DR von einem Drahtvorrat, der typischerweise
in Form eines Coils, also eines nach Art einer Spule aufgewickelten Drahtgebindes,
vorliegt. Die Einzugseinrichtungen 910, 920 haben jeweils ein Paar von gegenläufig
angetriebenen Einzugswalzen (Walzeneinzug).
[0042] Zwischen den Einzugseinrichtungen ist eine Richteinheit 915 mit zwei hintereinandergeschalteten
Rollenrichtapparaten angeordnet, die jeweils eine Anzahl (im Beispielsfall fünf) achsparalleler
Richtrollen aufweisen, wobei die Drehachsen der Richtrollen der hintereinandergeschalteten
Richtapparate orthogonal zueinander ausgerichtet sind.
[0043] Eine nachgeschaltete Längenmesseinrichtung 925 weist ein Messrad und gegenüberliegend
ein Laufrad auf, welches an den durchlaufenden Draht angedrückt wird und somit einen
schlupffreien Kontakt zwischen Messrad und Draht sicherstellt.
[0044] Der Längenmesseinrichtung unmittelbar nachgeschaltet ist eine optionale Drahtstempeleinrichtung
930 vorgesehen, mit der am durchgeförderten Draht an vorgegebenen Stellen ein Logo,
ein Schriftzug, eine Nummer oder dergleichen in den Draht eingeprägt werden kann.
Bei anderen Ausführungsformen ist diese optionale Komponente nicht vorgesehen.
[0045] In Drahtförderrichtung dahinter ist eine Rückenbiegeeinrichtung 935 angeordnet, mit
der eine Rückenbiegung am Draht erzeugt werden kann.
[0046] Danach folgt eine Kerbeinrichtung 940 zum Erzeugen von Kerben an gegenüberliegenden
Seiten des Drahts, ohne diesen durchzutrennen. Zur Überwachung der Kerbtiefe ist ein
Kamerasystem mit Kamera 945 vorgesehen.
[0047] Eine nachgeschaltete Abscherstation bzw. Trennstation 950 dient zum Abtrennen eines
Drahtstücks DS bzw. einer Pinne vorgebbarer Länge vom zugeführten Draht an der mit
Kerben versehenen Stelle.
[0048] Eine nachgeschaltete Transporteinrichtung 955 (auch Pinnentransport genannt) dient
zum Zuführen der Pinnen zu der nachgeschalteten Biegestation 210, deren Aufbau und
Funktion unter anderem im Zusammenhang mit den Fig. 2 und 3 noch näher beschrieben
werden. Fig. 2 zeigt dabei eine schematische isometrische Darstellung einiger Komponenten
der Biegestation 210. Fig. 3 zeigt schematisch in Draufsicht eine erste Teileinheit
einer Biegeeinheit der Biegestation.
[0049] Sämtliche steuerbaren Komponenten der Kettenbiegemaschine 200 sind an die Steuereinheit
190 der Kettenbiegemaschine angeschlossen, die unter anderem die Leistungsversorgungen
und Lageerfassung der Antriebe, eine zentrale Recheneinheit und Speichereinheiten
enthält. Mithilfe der in der Steuereinheit aktiven Steuerungssoftware können die Bewegungen
sämtlicher Maschinenachsen auf Basis von Einstellparametern variabel gesteuert werden.
Eine an die Steuereinheit 190 angeschlossene Anzeige- und Bedieneinheit 195 dient
als Schnittstelle zum Maschinenbediener.
[0050] Das Kettenbiegen erfolgt in der Biegestation 210 automatisiert mithilfe eines sogenannten
Biegedorns 105, der auf einem vertikal verfahrbaren Biegedornhalter 106 montiert und
als geteilter Biegedorn ausgeführt ist. Beim Kettengliedbiegen mit Biegedorn wird
ein noch nicht gebogenes oder mit einer schwachen Rückenbiegung versehenes, stabförmiges
Drahtstück (Pinne) von einer vorgeschalteten Station in Richtung des Pfeils F (Förderrichtung)
zum Biegedorn transportiert. Dort wird die ggf. mit einer Rückenbiegung versehene
Pinne von einem nicht dargestellten Halteelement von der Seite der Biegeeinheit an
den Biegedorn gedrückt und dort fixiert. Der in Kontakt mit der Pinne kommende Umfang
des Biegedorns ist entsprechend der gewünschten Gliedinnenform ausgeführt. Der Biegedorn
dient beim Biegen als Gegenhalter und gibt im Wesentlichen die Form der Innenseite
des gebogenen Kettengliedes vor.
[0051] Die mit dem Biegedorn 105 zusammenarbeitende Biegeeinheit 100 ist dafür ausgelegt,
ein am Biegedorn fixiertes Drahtelement zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds
in einer Biegeebene um den Biegedorn herumzuwickeln und dabei plastisch zu verformen.
Die Biegeebene entspricht der Ebene, in welcher die neutrale Faser des zu einem Kettenglied
gebogenen Drahtelements liegt. Der Ursprung des Maschinenkoordinatensystems kann so
gewählt sein, dass die Biegeebene mit der durch die erste und zweite Richtung aufgespannten
x-y-Ebene zusammenfällt.
[0052] Die Biegeeinheit 100 ist im Wesentlichen spiegelsymmetrisch zu einer Mittelebene
122 aufgebaut, die parallel zur x-z-Ebene und damit senkrecht zur Biegeebene mittig
durch die Biegeeinheit 100 und den Biegedorn 105 hindurch verläuft.
[0053] Die Biegeeinheit 100 umfasst zwei im Wesentlichen spiegelsymmetrisch zur Mittelebene
122 aufgebaute Teileinheiten, nämlich eine in Fig. 1 hinten gezeigte erste Teileinheit
110-1 und eine in Fig. 1 vorne gezeigte zweite Teileinheit 110-2, bei der die zugehörigen
Antriebe aus Darstellungsgründen nicht dargestellt sind. Der Aufbau einer Teileinheit
wird in Zusammenschau dieser beiden Teileinheiten gut erkennbar und wird nachfolgend
anhand der ersten Teileinheit 110-1 näher erläutert. Diese ist in Fig. 2 schematisch
in Draufsicht dargestellt.
[0054] Jede der Teileinheiten umfasst eine Biegewerkzeugträgereinheit, die an einer dem
Biegedorn 105 zugewandten Komponente ein Biegewerkzeug 148 trägt, das zum Angreifen
an dem Drahtelement vorgesehen ist. Beim Ausführungsbeispiel sind die beiden Biegewerkzeugträgereinheiten
mit jeweils einem Biegehebel 130 ausgestattet.
[0055] Die erste Teileinheit 110-1 weist einen parallel zur x-Richtung verfahrbaren Schlitten
120 auf, der auf zwei zueinander parallelen Führungsschienen 123 geführt ist, die
an der Oberseite des Maschinengestells montiert sind. Der Schlitten 120 trägt einen
Biegehebel 130, der eine Komponente der Biegewerkzeugträgereinheit ist und an einem
Drehlager des Schlittens um eine senkrecht zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse
132 begrenzt verschwenkbar ist. Der Biegehebel hat eine verwindungssteife S-Form und
ist als zweiarmiger Hebel in der Weise ausgelegt, dass die Schwenkachse 132 etwa mittig
zwischen den Hebelenden liegt, wobei die beiden Hebelarme in einem Winkel von ca.
90° bis 120° zueinander stehen. Der Biegehebel 130 weist an seinem nach innen in Richtung
Biegedorn 105 gebogenen freien Ende ein Biegewerkzeug 148 in Form einer Biegerolle
148 auf, die frei drehbar am Biegehebel gelagert ist. Die Drehachse verläuft parallel
zur Schwenkachse 132. Die Biegerolle hat eine konkave Umfangsnut, die als Angriffsfläche
zum Kontakt mit dem Drahtelement des zu biegenden Kettenglieds vorgesehen ist. Der
Biegehebel ist sowohl oben als auch unten in einem plattenförmigen Bauteil des in
diesem Bereich flach kastenförmigen Schlittens 120 gelagert.
[0056] Nach dem Fixieren des noch nicht gebogenen Drahtelements am Biegedorn greifen während
einer Biegeoperation die von den Biegehebeln 130 getragenen Biegewerkzeuge 148 (Biegerollen)
an den beiden über den Biegedorn 105 seitlich hinausstehenden Drahtenden an und biegen
das zugehörige Pinnenende teilweise um den Biegedorn 105 herum in Kettengliedform.
Die Biegewerkzeuge bewegen sich dabei exakt entlang vorgegebener Bahnkurven um einen
Teil des Biegedorns herum. In Fig. 1 ist ein fertig gebogenes Kettenglied KG am Biegedorn
105 gezeigt.
[0057] Nachfolgend wird erläutert, wie die Biegeeinheit im Einzelnen aufgebaut ist, um dieses
bahngesteuerte Biegeverfahren mit einem Höchstmaß an Flexibilität bezüglich der Bahnkurvenform
zu realisieren.
[0058] Die lineare Hin- und Her-Bewegung des Schlittens 120 in der ersten Richtung wird
mithilfe einer ersten Antriebsgruppe 140 erreicht. Diese umfasst einen ersten Servoantrieb
142, der mit horizontaler Orientierung seiner Motorwelle an einem maschinenfest montierten
Motorlager 143 montiert ist. Die Drehung der Motorwelle wird über ein angeschlossenes
Getriebe 144 in Form eines Planetengetriebes auf eine erste Kurvenscheibe 145 übertragen.
Die erste Kurvenscheibe 145 ist an der Abtriebswelle des Getriebes 144 fliegend gelagert,
was hier bedeutet, dass alle Drehlager zur Lagerung der ersten Kurvenscheibe aufseiten
des Antriebs bzw. des Getriebes angeordnet sind. Dadurch kann erreicht werden, dass
die erste Kurvenscheibe 145 sehr nahe an die Mittelebene 112 herangerückt werden kann.
Im Beispielsfall von Fig. 2 ist der laterale Abstand A1 zwischen der Mitte der Kurvenscheibe
und einer durch die Schwenkachse 132 gehenden senkrechten Ebene etwa so groß wie der
Halbmesser der Achse oder Welle, die den Biegehebel trägt.
[0059] Die mithilfe des ersten Antriebs 142 erzeugte Drehung der ersten Kurvenscheibe 145
wird vermittelt über deren außenliegende Kurvenflanke in eine Linearbewegung des Schlittens
120 überführt. Dazu sind an einem fest mit dem Schlitten 120 verbundenen Träger 124
zwei Abtastglieder in Form von Rollen 146-1, 146-2 montiert, die bei Drehung der Kurvenscheibe
der Kurvenflanke folgen.
[0060] Die mit Hilfe des ersten Antriebs 142 erzeugte Drehung der ersten Kurvenscheibe 145
ist nicht über mehr als 360° durchgehend, sondern reversierend in der Weise, dass
die Kurvenscheibe sich jeweils nur zwischen einer ersten Endstellung und einer zweiten
Endstellung reversierend über einen begrenzten Drehwinkelbereich (weniger als 180°)
hin- und her bewegt, aber nicht unbegrenzt gedreht wird. Die beiden Abtastrollen 146-1,
146-2 sind Teile einer Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung 146, mit der die Drehbewegung
der Kurvenscheibe in beiden Verfahrrichtungen des Schlittens formschlüssig von der
Kurvenscheibe auf die mit dem Schlitten verbundene Abtastanordnung übertragen wird.
Die Gestalt der Kurvenscheibe ist so, dass unabhängig von der Drehstellung innerhalb
der Endstellungen der auf Ebene der Drehachsen der Abtastrollen 146-1, 146-2 gemessenen
Durchmesser DK der Kurvenscheibe konstant ist. Dadurch ist eine in beiden Verfahrrichtungen
des Schlittens spielfreie Ankopplung zwischen Kurvenscheibe und Schlitten realisiert.
Die Kurvenform weist im genutzten Arbeitsbereich eine lineare bzw. konstante Steigung
auf, wodurch die Berechnung des Zusammenhangs zwischen der Drehung der Kurvenscheibe
mittels des Servoantriebs und der Schlittenbewegung, also die Übertragungsfunktion
zwischen Servoantrieb und Schlittenbewegung, besonders einfach wird.
[0061] Die hin und her pendelnden Hubbewegungen des Schlittens 120 in der ersten Richtung
tragen zur Bewegung der Biegerollen 148 ausschließlich eine in der ersten Richtung
verlaufende Bewegungskomponente (x-Komponente) bei.
[0062] Eine analoge Antriebskonfiguration mit reversierendem Antrieb ist zur Bewegung des
Biegehebels 130 vorgesehen. Hierzu dienen die Komponenten der zweiten Antriebsgruppe
150. Diese umfasst einen zweiten Servoantrieb 152, der mit vertikaler Orientierung
seiner Motorwelle an dem Schlitten 120 montiert ist. Die reversierende Drehbewegung
der Motorwelle wird über ein Getriebe 154 in Form eines Planetengetriebes auf eine
zweite Kurvenscheibe 155 übertragen, die an der Abtriebswelle des Getriebes 154 fliegend
gelagert ist. Da auf der dem Antrieb abgewandten Seite keine Lagerung für die Kurvenscheibe
erforderlich ist, kann diese für eine optimierte Kraftübertragung mit ihrer Mittelebene
in der Biegeebene montiert werden.
[0063] Der zweiten Kurvenscheibe 155 ist als Wulstkurve mit einer äußeren Kurvenflanke und
einer inneren Kurvenflanke ausgelegt. Ihr ist eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung
156 mit zwei mit dem Biegehebel 130 verbundenen Abtastelementen 156-1, 156-2 zugeordnet,
die in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Seiten
der umlaufenden Wulst an der Kurvenscheibe angreifen. Der Biegehebel 130 weist an
seinem der Biegerolle gegenüberliegenden Ende ein erstes Abtastglied 156-1 in Form
einer Abtastrolle auf, die im Biegehebel drehbar gelagert ist und bei Drehung der
zweiten Kurvenscheibe 155 auf deren äußerer Kurvenflanke abrollt. Der Biegehebel trägt
ein zweites Abtastglied 156-2 in Form einer Abtastrolle, die gleichzeitig an der inneren
Kurvenflanke abrollt, so dass bei jeder Drehstellung der Kurvenscheibe unabhängig
von der Drehrichtung eine spielfreie Mitnahme des Biegehebels sichergestellt ist.
[0064] Der Biegehebel 130 ist mehrteilig aufgebaut. Der zur Abtastrolle 156 führende Hebelarm
und der der Schwenkachse 132 nähere Teil desjenigen Hebelarms, der die Biegerolle
148 trägt, bleiben bei allen Kettengliedgeometrien innerhalb des Arbeitsbereichs unverändert.
Der äußere Teil 133 des Hebelarms, der die Biegerolle 148 trägt, ist mithilfe von
Befestigungsschrauben auswechselbar im Bereich einer Schnittstelle 134 am verbleibenden
Teil angebracht und kann zur Anpassung an eine andere Biegegeometrie und/oder andere
Drahtdurchmesser leicht ausgewechselt werden.
[0065] Die über den zweiten Servoantrieb 152 erzeugten Arbeitsbewegungen des Biegehebels
130 wirken sich überwiegend als Bewegungskomponenten der Biegerollen 148 in der zweiten
Richtung (y-Richtung) und in geringem Maß auch mit Komponenten in der dazu senkrechten
ersten Richtung aus.
[0066] Der erste Servoantrieb 142 und der zweite Servoantrieb 152 sind jeweils an die Steuereinheit
190 der Kettenbiegemaschine angeschlossen, so dass durch die Lageregelung, Geschwindigkeitsregelung
und/oder Momentenregelung des jeweiligen Servoantriebs die Bewegungscharakteristik
der daran angeschlossenen Kurvenscheiben präzise gesteuert werden kann.
[0067] Dieses Konzept ermöglicht die Erzeugung von frei programmierbaren Verfahrbewegungen
der Biegewerkzeuge der Kettenbiegemaschine. Alle vier Servoantriebe für die Maschinenachsen
(Lineare Achse mit Schlitten, rotative Achse für Biegehebel) sind elektrisch leitend
an eine Steuereinheit 190 angeschlossen, die u.a. die Leistungsversorgungen und Lageerfassung
der Antriebe, eine zentrale Rechnereinheit und Speichereinheiten enthält. Mit Hilfe
der in der Steuereinheit aktiven Steuerungssoftware können die Bewegungen sämtlicher
Maschinenachsen auf Basis von Einstellparametern variabel gesteuert werden. Dadurch
können die Bahnkurven, auf denen die Biegerollen entlanglaufen sollen, mittels Programmierung
innerhalb konstruktiv bedingter Grenzen frei vorgegeben werden.
[0068] Eine an die Steuereinheit 190 angeschlossene Anzeige- und Bedieneinheit 195 dient
als Schnittstelle zum Maschinenbediener. Dieser kann an einer Eingabeeinheit 196 der
Bedieneinheit bestimmte, für den Biegeprozess relevante Parameter z.B. die gewünschte
Kettengliedgeometrie (Geometriedaten), ggf. verschiedene Werkstückeigenschaften (Werkstückdaten)
und Werkzeugdaten eingeben, bevor der Biegeprozess beginnt. Die Eingabeeinheit 196
umfasst im Beispielsfall einen berührungsempfindlichen Bildschirm (Touchscreen).
[0069] Die Steuereinheit 190 ist zentrale Komponente des frei programmierbaren Biegeverlaufsteuerungssystems
der Kettenbiegemaschine 200. Mit diesem System können unterschiedliche Verläufe von
Bahnkurven der Biegewerkzeuge durch Eingabe von Eingangsparametern an einer Eingabeeinheit
über die Steuereinheit 190 vorgegeben werden. Die Programmierung des Biegeverlaufsteuerungssystems
erfolgt durch einen Maschinenbediener über die Anzeige- und Bedieneinheit 195. Eine
Programmierung kann beispielsweise wie folgt ablaufen.
[0070] Ausgangspunkt der Programmierung sind die Abmessungen des zu biegenden Kettenglieds.
Fig. 4 zeigt beispielhaft ein Feld F einer Eingabemaske, in welchem schematisch ein
gebogenes Kettenglied KG gemeinsam mit zugehörigen Eingabefenstern zur Eingabe der
Geometriedaten dargestellt ist. Zu den Eingabeparametern gehören der Drahtdurchmesser
d, die innere Teilung tb des gebogenen Kettenglieds (also der lichte Abstand zwischen
den inneren Kettenbögen in Längsrichtung), die äußere Breite bb2 des Kettenglieds
sowie gegebenenfalls der Restquerschnitt k, der an den einander zugewandten Enden
der keilförmig getrennten Pinnen für den nachfolgenden Kettenschweißvorgang verbleiben
soll sowie der Winkel (Öffnungswinkel) der Einkerbung, dessen Eingabefeld in Fig.
4 durch das "-Zeichen erkennbar ist.
[0071] Aus den Geometriedaten errechnet das Steuersystem die Pinnenlänge, sowie basieren
darauf die Positionen von verschiedenen Bearbeitungsstationen auf dem Maschinenbett,
wie zum Beispiel die Position der Kerbeinrichtung, als auch die Achsbewegungen, wie
beispielsweise die für die errechnete Pinnenlänge erforderliche Einzugsbewegung. Die
berechneten Achsbewegungen erfolgen nach einer vorkonfigurierten, in der Steuerung
hinterlegten Abfolge, die den Funktionsablauf der Maschine zum Einrichten und der
Produktion der Kette beschreibt. Die Positionen der Bearbeitungsstationen werden dem
Bediener angezeigt und sind von diesem manuell einzustellen. Bei anderen Ausführungsformen
ist vorgesehen, dass die Arbeitsstationen durch eigene Positionsantriebe positioniert
werden.
[0072] Aus den Eingabedaten und den in der Steuerung hinterlegten Konstruktionsregeln für
die Werkzeuge werden dann die Werkzeuggeometrien der Werkzeuge berechnet, welche vom
Bediener einzusetzen sind. Dies gilt z.B. für die Einzugswalzen der Einzugseinrichtungen
910, 920, manchmal für die Richtrollen der Richteinheit 915, ggf. für ein Stempelwerkzeug,
für Prägeplatten in den Funktionsgruppe zum Rückenbiegen, für Kerbmesser der Kerbeinrichtung
940, für Abschneidebuchsen und Gegenhalter in der Trennstation 950, für Transportbacken
für den Pinnentransport, für den Biegedorn und einen Festhaltedorn sowie für die Biegerollen.
Abweichende Abmessungen dieser Werkzeuge können durch den Bediener angepasst werden
und werden bei den Berechnungen berücksichtigt.
[0073] Basierend darauf werden die Biegebahnen berechnet. Diese können vom Bediener beeinflusst
werden, beispielsweise um die elastische Auffederung zu korrigieren. Ausgehend von
den Biegebahnen werden die elektronischen Kurvenscheiben für die einzelnen Achsen
erzeugt. Unter dem Begriff "Kurvenscheibe" wird hier eine eindeutige Zuordnung zwischen
einem Leitantrieb und einem Folgeantrieb verstanden. Eine elektronische Kurvenscheibe
kann beispielsweise in Form einer Stützpunkttabelle mit Lagesollwerten für den Folgeantrieb
bezogen auf den zeitlichen Verlauf vorliegen, also in Form eines Weg-Zeit-Diagramms
für den Folgeantrieb.
[0074] Für den Biegeprozess wird für jede Seite der Biegestation (linke und rechte Teileinheit)
der Biegeeinheit eine virtuelle Kurvenscheibe erzeugt. Für diese werden in einem weiteren
Rechenschritt die für die Erzeugung der Biegebahn erforderlichen X- und Y-Achsbewegungen
berechnet und an die virtuelle Kurvenscheibe gekoppelt.
[0075] Ein Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass durch die Kopplung der Biegebahn
auch im Einrichtbetrieb zur Prozessbeobachtung und -kontrolle (bei gegenüber Produktionsbetrieb
deutlich reduzierter Geschwindigkeit) verfahren werden kann.
[0076] Vorzugsweise wird die Berechnung unter der Randbedingung durchgeführt, dass der Angriffspunkt
zwischen Werkzeug (Biegerolle) und Werkstück (Draht bzw. Drahtpinne) während der Biegeoperation
unverändert beibehalten wird, so dass keine Relativbewegung zwischen Biegewerkzeug
und Draht resultiert und in jeder Phase der Biegeoperation optimale Kräfteverhältnisse
vorliegen. Das erlaubt eine optimierte Schonung des Drahtmaterials auch bei großen
Kräften.
[0077] Dieses bahngesteuerte Biegeverfahren kann innerhalb des Arbeitsbereichs der Kettenbiegemaschine
mit derselben mechanischen Ausstattung der Kettenbiegemaschine für zahlreiche unterschiedliche
Kettengliedgeometrien genutzt werden. Für einen Formatwechsel (d.h. einen Wechsel
zu einer anderen Kettengliedgeometrie) müssen lediglich der Biegedorn und zusätzlich
gegebenenfalls die Biegerollen, also nur drahtberührende Komponenten, ausgewechselt
werden. Die übrigen Komponenten der Biegeeinheit, insbesondere die Kurvenscheiben,
müssen nicht gewechselt werden. Dadurch ist die Anzahl möglicher Wechselkomponenten
auf ein Minimum reduziert, so dass Montagezeiten, Rüstzeiten und Einstellzeiten im
Vergleich zu herkömmlichen Lösungen erheblich reduziert werden können. Gleichzeitig
ergibt sich weitgehend Freiheit bezüglich der Kettengliedgestalt, da die Biegerollen
fast auf beliebigen Bahnen um den Biegedorn herum geführt werden können.
[0078] Das Biegen des Kettenglieds kann entweder in einem Biegeschritt erfolgen (gerade
Pinne => fertiggebogenes Kettenglied) oder aber in einem zwei- oder mehrstufigen Biegeverfahren.
Beim mehrstufigen Verfahren wird beispielsweise die gerade Pinne zunächst in U-Form
vorgebogen, dann ein erster Schenkel zugebogen und anschließend der zweite Schenkel
zugebogen.
[0079] Die Ausführungsbeispiele zeigen exemplarisch die Verarbeitung von Runddraht, also
Draht mit kreisrundem Querschnitt. Es können grundsätzlich auch Drähte mit anderem
Querschnittsprofil verarbeitet werden, z.B. mit D-Profil. Dazu müssen ggf. einige
oder alle werkstückberührenden Werkzeuge entsprechend ausgelegt sein.
[0080] Zur Sicherung ausreichend gleichbleibender Qualität und zur Vermeidung von Ausschuss
ist die Kettenbiegemaschine 200 mit einem Überwachungssystem zur Überwachung des Betriebs
der Kettenbiegemaschine und zur Ermittlung von Betriebsstörungen ausgestattet. Mit
dem Überwachungssystem ist es möglich, sich ankündigende Probleme so rechtzeitig zu
erkennen, dass Abhilfe geschaffen werden kann, bevor sich kleinere Mängel bei einer
der Funktionseinheiten signifikant auf die Qualität der Kettenglieder auswirken. Vorzugsweise
umfasst das Überwachungssystem ein Subsystem zur Antriebsüberwachung, welches störungsbedingte
Überlastsituationen erkennen und anzeigen kann. Das Antriebsüberwachungs-Subsystem
ist dafür ausgelegt, die zeitlichen Verläufe der Motordrehmomente der einzelnen Maschinenantriebe
der Maschinenachsen aufzuzeichnen. Mithilfe einstellbarer Hüllkurven können Überbelastungen
der Maschine und Werkzeuge, die beispielsweise durch Materialbruch und/oder Werkzeugbruch
oder durch Kollision im Einrichtbetrieb verursacht werden, erkannt und verhindert
werden. Das Überwachungssystem kann insbesondere so ausgelegt sein, dass der Betrieb
der Anlage automatisch stoppt, wenn durch das Antriebsüberwachungs-Subsystem ein signifikantes
Überlast-Problem erkannt wurde. Dabei wird angegeben, an welchem Antrieb das für die
Abschaltung verursachende zu hohe Maschinendrehmoment aufgetreten ist, so dass ein
Bediener die genauere Ursache der Störung schnell ermitteln und beispielsweise durch
Auswechseln eines verschlissenen Werkzeugs beseitigen kann.
[0081] Das Überwachungssystem der Kettenbiegemaschine 200 umfasst auch ein Subsystem zur
Überwachung der Kerbtiefe der mithilfe der Kerbeinrichtung 940 erzeugten Kerben. Ausgebrochene
oder verschlissene Kerbmesser können zu ungenügend tiefen Kerben führen, die nachfolgend
Probleme beim Kettenschweißen verursachen. Bis dies im Prozess auffällt, können mehrere
Meter der Kette produziert sein, die dann als Ausschuss gelten. Mit einem Subsystem
zur Überwachung der Kerbtiefe können sich entwickelnde Probleme im Bereich der Ursache
rechtzeitig erkannt werden.
[0082] Beim beispielhaften System von Fig. 1 ist dazu eine optische Vermessung der Kerbstelle
mithilfe der Kamera 945 vorgesehen. Alternativ oder zusätzlich kann auch ein System
zur Ermittlung der Kraft vorgesehen sein, welche beim Abscheren der Drahtpinne nötig
ist. Eine zu geringe Kerbtiefe erhöht die benötigte Abscherkraft. Die Überwachung
des Motordrehmoments für die Maschinenachse, die die Abschereinrichtung 950 betreibt,
kann also auf Probleme zu geringer Kerbtiefe bei der Kerbeinrichtung 940 hinweisen.
Die Ermittlung der Abscherkraft kann an der Abschereinrichtung 950 zum Beispiel über
das benötigte Antriebsmoment oder über einen separaten Kraftsensor erfolgen.
[0083] Ein Überwachungssystem für eine Kettenbiegemaschine kann auch unabhängig von den
sonstigen Merkmalen der beispielhaft erläuterten Kettenbiegemaschine auch bei anderen
Kettenbiegemaschinen vorteilhaft sein, beispielsweise bei solchen, deren Biegestation
anders konstruiert ist als im Ausführungsbeispiel von Fig. 1.
1. Kettenbiegemaschine (200) zum Herstellen von Ketten mit gebogenen Kettengliedern umfassend:
einen Biegedorn (105);
eine Biegeeinheit (100) zur Erzeugung eines gebogenen Kettenglieds (KG) durch Biegen
eines Drahtelements um den Biegedorn (105) in einer Biegeebene;
wobei die Biegeeinheit (100) zwei Teileinheiten (110-1, 110-2) aufweist,
die an gegenüberliegenden Seiten einer zur Biegeebene senkrechten Mittelebene (122)
der Biegeeinheit (100) angeordnet sind,
wobei jede der Teileinheiten (110-1, 110-2) eine Biegewerkzeugträgereinheit aufweist,
die an einer dem Biegedorn zugewandten Komponente ein Biegewerkzeug (148) zum Angreifen
an dem Drahtelement trägt,
wobei die Biegewerkzeuge (148) beim Biegen auf vorgebbaren Bahnkurven um den Biegedorn
(105) bewegbar sind;
gekennzeichnet durch
ein frei programmierbares Biegeverlaufssteuerungssystem, das derart konfiguriert ist,
dass unterschiedliche Verläufe von Bahnkurven der Biegewerkzeuge (148) durch Eingabe
von Eingangsparametern an einer Eingabeeinheit (196) des Biegeverlaufssteuerungssystems
über eine Steuereinheit (190) vorgebbar sind.
2. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Biegeverlaufssteuerungssystem derart konfiguriert ist, dass Geometriedaten des
zu fertigenden Kettenglieds an der Eingabeeinheit als Eingabeparameter eingebbar sind
und dass das Biegeverlaufssteuerungssystem konfiguriert ist, auf Basis der Geometriedaten
für das Kettenglied spezifische Berechnungen durchzuführen, wobei vorzugsweise das
Biegeverlaufssteuerungssystem derart konfiguriert ist, dass an einer Anzeigeeinrichtung
der Bedieneinheit (195) ein Feld einer Eingabemaske erzeugbar ist, in welchem ein
gebogenes Kettenglied zusammen mit Eingabefeldern für die zugehörigen Geometriedaten
dargestellt ist.
3. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die für das Kettenglied spezifischen Berechnungen eine oder mehrere der folgenden
Berechnungen umfassen: (i) Berechnung der Pinnenlänge; (ii) Berechnung von Werkzeuggeometrien;
(iii) Berechnung der Bahnkurven der Biegewerkzeuge.
4. Kettenbiegemaschine nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Biegewerkzeugträgereinheit einen Biegehebel (130) aufweist, der um eine senkrecht
zur Biegeebene verlaufende Schwenkachse (132) verschwenkbar ist und an seinem dem
Biegedorn (105) zugewandten freien Ende das Biegewerkzeug (148) trägt.
5. Kettenbiegemaschine nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass jede der Teileinheiten (110-1, 110-2) einen Schlitten (120) aufweist, der in einer
ersten Richtung parallel zur Mittelebene (122) verfahrbar ist und an dem eine weitere
Komponente der Biegewerkzeugträgereinheit, insbesondere der Biegehebel (130) der Teileinheit,
gelagert ist, wobei eine erste Antriebsgruppe (140) zum Bewegen des Schlittens einen
ersten Servoantrieb (142) und eine zweite Antriebsgruppe (150) zum Bewegen der weiteren
Komponente, insbesondere des Biegehebels (130), einen zweiten Servoantrieb (152) aufweist,
der vorzugsweise von dem Schlitten (120) getragen wird.
6. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Antriebsgruppe (140) eine mit dem ersten Servoantrieb (142) gekoppelte
erste Kurvenscheibe (145) und/oder die zweite Antriebsgruppe (150) eine mit dem zweiten
Servoantrieb (152) gekoppelte zweite Kurvenscheibe (155) aufweist.
7. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (190) derart konfiguriert ist, dass die erste Kurvenscheibe (145)
und/oder die zweite Kurvenscheibe (155) zwischen einer ersten Endstellung und einer
zweiten Endstellung reversierend angetrieben wird.
8. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Kurvenscheibe (145) und/oder die zweite Kurvenscheibe (155) bestimmungsgemäß
nicht auswechselbar und geometrisch derart ausgelegt ist, dass sie für alle Biegeoperation
innerhalb des Arbeitsbereichs der Kettenbiegemaschine unverändert nutzbar ist.
9. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6, 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Kurvenscheibe und/oder die zweite Kurvenscheibe eine Kurvenform mit einer
linearen Steigung oder einer Steigung gemäß einer e-Funktion aufweist.
10. Kettenbiegemaschine nach Anspruch 6, 7, 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der ersten Kurvenscheibe (145) eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung (146) mit zwei
mit dem Schlitten verbundenen Abtastelementen (146-1, 146-2) zugeordnet ist, die in
festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten
der Kurvenscheibe angreifen und/oder dass der zweiten Kurvenscheibe (155) eine Zwangsläufigkeits-Abtastanordnung
(156) mit zwei mit einer weiteren Komponente der Biegewerkzeugträgereinheit, insbesondere
mit dem Biegehebel (130), verbundenen Abtastelementen (156-1, 156-2) zugeordnet ist,
die in festem Abstand zueinander angeordnet sind und an gegenüberliegenden Kurvenflankenabschnitten
der Kurvenscheibe angreifen.
11. Kettenbiegemaschine nach einem der Ansprüche 5 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Servoantrieb (142) über ein erstes Getriebe mit der ersten Kurvenscheibe
(145) gekoppelt ist, wobei die erste Kurvenscheibe an einer Abtriebswelle des ersten
Getriebes fliegend gelagert ist und/oder dass der zweite Servoantrieb (152) über ein
zweites Getriebe mit der zweiten Kurvenscheibe (155) gekoppelt ist, wobei die zweite
Kurvenscheibe an einer Abtriebswelle des zweiten Getriebes fliegend gelagert ist.
12. Kettenbiegemaschine nach dem Oberbegriff von Anspruch 1, insbesondere nach einem der
vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Kettenbiegemaschine mit einem Überwachungssystem zur Überwachung des Betriebs
der Kettenbiegemaschine und zur Ermittlung von Betriebsstörungen ausgestattet ist,
wobei das Überwachungssystem vorzugsweise mindestens eines der folgenden Subsysteme
aufweist:
ein Subsystem zur Antriebsüberwachung, welches störungsbedingte Überlastsituationen
erkennen und anzeigen kann;
ein Subsystem zur Überwachung der Kerbtiefe der mithilfe einer Kerbeinrichtung erzeugten
Kerben.