(19)
(11) EP 4 002 885 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.05.2022  Patentblatt  2022/21

(21) Anmeldenummer: 21197154.4

(22) Anmeldetag:  16.09.2021
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H04R 25/00(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
H04R 25/505; H04R 25/70
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 13.11.2020 DE 102020214329

(71) Anmelder: Sivantos Pte. Ltd.
Singapore 539775 (SG)

(72) Erfinder:
  • FRÖHLICH, Matthias
    91056 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: FDST Patentanwälte 
Nordostpark 16
90411 Nürnberg
90411 Nürnberg (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUR UNTERSTÜTZUNG BEI DER NUTZUNG EINES HÖRGERÄTES UND HÖRGERÄT


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Unterstützung bei der Nutzung eines Hörgerätes (2), welches eine Signalverarbeitungseinrichtung (12) aufweist zur Erzeugung eines Ausgangssignals in Abhängigkeit eines Eingangssignals derart, dass mittels eines digitalen Filters ein im Eingangssignal enthaltenes Rauschen unterdrückt wird, wobei für das digitale Filter eine erste Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung (12) hinterlegt wird, aufgrund derer das digitale Filter eine erste Filterwirkung hat, wobei für das digitale Filter eine zweite Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung (12) hinterlegt wird, aufgrund derer das digitale Filter eine zweite, reduzierte Filterwirkung hat, wobei ein auslösbarer zeitgesteuerter Anpassungsprozess in der Signalverarbeitungseinrichtung (12) hinterlegt wird, wobei für das digitale Filter die erste Konfiguration als Startkonfiguration vorgegeben wird und wobei der Anpassungsprozess nach einem Auslösen durch die Signalverarbeitungseinrichtung (12) ausgeführt wird, wodurch die Konfiguration des digitalen Filters von der ersten Konfiguration in die zweite Konfiguration überführt wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Unterstützung bei der Nutzung eines Hörgerätes. Sie betrifft weiterhin ein entsprechendes Hörgerät.

[0002] Als Hörgeräte bezeichnet man üblicherweise klassische Hörhilfen, deren Hauptfunktion darin besteht, akustische Signale zu verstärken. Sie dienen üblicherweise zur Versorgung von Menschen mit einem Hördefizit aufgrund eines Funktionsdefizits des Hörorgans und insbesondere zur Versorgung von Schwerhörenden.

[0003] Derartige Hörgeräte weisen in der Regel als wesentliche Komponenten zumindest einen Eingangswandler, eine Signalverarbeitungseinrichtung und einen Ausgangswandler auf. Der zumindest eine Eingangswandler ist dabei durch einen akustoelektrischen Wandler ausgebildet, also insbesondere durch ein Mikrofon. Als Ausgangswandler wird ein elektro-akustischer Wandler eingesetzt, typischerweise ein Miniaturlautsprecher, der auch als "Hörer" bezeichnet wird. Die Signalverarbeitungseinrichtung ist in den meisten Fällen durch eine auf einer Leiterplatine realisierte elektronische Schaltung realisiert. Unabhängig davon weist die Signalverarbeitungseinrichtung einen Verstärker auf oder ist zur Realisierung einer Verstärkerfunktion eingerichtet.

[0004] Zudem sind Hörgeräte häufig eingerichtet, um zusätzlich zu einer Verstärkerfunktion eine Filterfunktion zur Rauschunterdrückung zu realisieren. Entsprechende Filterfunktionen sowie hierfür ausgebildete Hörgeräte, sind dabei prinzipiell bekannt und beispielsweise aus der EP 3 565 270 A1, der DE 10 2015 207 706 B3 und der US 2005/0256594 A1 zu entnehmen. Weitere Beispiele für entsprechende Filterfunktionen sind in "Dillon, Harvey: Hearing Aids, 2001, Thieme Verlag" und in "Sandlin, Robert E.: Textbook of Hearing Aid Amplification, Second Edition, Singular Publishing Group" zu finden.

[0005] Ausgehend hiervon liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein vorteilhaftes Verfahren zur Unterstützung bei der Nutzung eines Hörgerätes sowie ein vorteilhaft eingerichtetes Hörgerät anzugeben.

[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch ein Hörgerät mit den Merkmalen des Anspruchs 11. Bevorzugte Weiterbildungen sind in den rückbezogenen Ansprüchen enthalten. Die im Hinblick auf das Verfahren angeführten Vorteile und bevorzugten Ausgestaltungen sind sinngemäß auch auf das Hörgerät übertragbar und umgekehrt.

[0007] Das erfindungsgemäße Verfahren dient dabei der Unterstützung bei der Nutzung eines Hörgerätes, insbesondere eines Hörgerätes der eingangs genannten Art. Das erfindungsgemäße Hörgerät wiederum ist eingerichtet für das erfindungsgemäße Verfahren oder zumindest einen der Verfahrensschritte und insbesondere zur Ausführung zumindest eines Verfahrensschrittes des erfindungsgemäßen Verfahrens.

[0008] Hierzu weist das Hörgerät eine Signalverarbeitungseinrichtung auf zur Erzeugung eines Ausgangssignals in Abhängigkeit eines Eingangssignals und zwar derart, dass mittels eines digitalen Filters ein im Eingangssignal enthaltenes Rauschen unterdrückt wird. D. h., dass die Signalverarbeitungseinrichtung für eine Rauschunterdrückung eingerichtet ist.

[0009] Typischerweise wird dann in einem Standardbetrieb oder Basisbetriebsmodus des Hörgerätes mittels eines Mikrofons des Hörgerätes ein elektrisches Eingangssignal in Abhängigkeit eines akustischen Eingangssignals, also eines akustischen Signals aus der Umgebung des Hörgerätes, erzeugt. Dieses elektrische Eingangssignal wird dann zweckdienlicherweise der Signalverarbeitungseinrichtung zugeführt und hier zunächst in ein digitales Eingangssignal umgewandelt. Das digitale Eingangssignal wird dann üblicherweise in einem Hauptverarbeitungsprozess bearbeitet und hierdurch wird ein digitales Ausgangssignal generiert. Das digitale Ausgangssignal wiederum wird zweckdienlicherweise in ein elektrisches Ausgangssignal gewandelt und schließlich typischerweise mittels eines Lautsprechers des Hörgerätes in ein akustisches Ausgangssignal umgewandelt.

[0010] Das akustische Ausgangssignal stellt dabei vorzugsweise eine Nachbildung des akustischen Eingangssignals dar, bei der zumindest einzelne Frequenzanteile im Vergleich zum akustischen Eingangssignal verstärkt sind. Dementsprechend wird im Hauptverarbeitungsprozess eine Verstärkerfunktion auf das digitale Eingangssignal angewendet. Zudem wird jedoch auch eine Filterfunktion, nämlich das zuvor genannte digitale Filter, auf das digitale Eingangssignal angewendet, wobei in der Regel zunächst die Filterfunktion angewendet wird und nachfolgend die Verstärkerfunktion. Hierbei dient die Filterwirkung der Rauschunterdrückung.

[0011] Verfahren, bei denen zusätzlich zu einer Verstärkerfunktion eine Filterfunktion zur Rauschunterdrückung angewendet wird, sowie hierfür ausgebildete Hörgeräte, sind dabei aus dem Stand der Technik prinzipiell bekannt und beispielsweise aus der EP 3 565 270 A1 oder der DE 10 2015 207 706 B3 zu entnehmen. Weitere Beispiele für entsprechende Filterfunktionen sind in "Dillon, Harvey: Hearing Aids, 2001, Thieme Verlag" und in "Sandlin, Robert E.: Textbook of Hearing Aid Amplification, Second Edition, Singular Publishing Group" zu finden.

[0012] Im Zuge des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Unterstützung bei der Nutzung eines Hörgerätes, also des erfindungsgemäßen Hörgerätes, wird nun für die Filterfunktion oder das digitale Filter eine erste Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt, aufgrund derer das digitale Filter eine erste Filterwirkung hat. Weiter wird im Zuge des Verfahrens für das digitale Filter eine zweite Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt, aufgrund derer das Filter eine zweite, reduzierte Filterwirkung hat. Dabei bedingt die reduzierte Filterwirkung bezogen auf die Filterwirkung der ersten Konfiguration zweckdienlicherweise eine schwächere Rauschunterdrückung und/oder zumindest eine schwächere Unterdrückung von ausgewählten Frequenzanteilen in dem Signal, das mit der Filterfunktion bearbeitet wird. Zudem wird im Zuge des Verfahrens ein auslösbarer sowie zeitgesteuerter Anpassungsprozess in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt. Außerdem wird im Zuge des Verfahrens für das digitale Filter die erste Konfiguration als Startkonfiguration vorgegeben. Wird dann der Anpassungsprozess ausgelöst, so wird der Anpassungsprozess nachfolgend durch die Signalverarbeitungseinrichtung ausgeführt, also insbesondere automatisch ausgeführt, wodurch die Konfiguration des digitalen Filters von der ersten Konfiguration in die zweite Konfiguration überführt wird.

[0013] Dabei ist dann insbesondere zu Beginn des Anpassungsprozesses in der Signalverarbeitungseinrichtung die erste Konfiguration für das digitale Filter vorgegeben und während des Anpassungsprozesses wird die Konfiguration für das digitale Filter durch die Signalverarbeitungseinrichtung kontinuierlich oder schrittweise, also in einer vorgegebenen Anzahl Schritten, abgeändert, bis am Ende des Anpassungsprozesses in der Signalverarbeitungseinrichtung die zweite Konfiguration für das digitale Filter vorgegeben ist.

[0014] Hierbei erfolgt die Anpassung durch den Anpassungsprozess bevorzugt während der Nutzung des Hörgerätes durch einen Hörgeräteträger, der das Hörgerät zur zumindest teilweisen Kompensation eines Hördefizits, nämlich seines Hördefizits, verwendet. Weiter bevorzugt erfolgt die Anpassung in einer Eingewöhnungszeit, nach dem Erwerb des Hörgerätes, in der sich der Hörgeräteträger an das Hörgerät gewöhnt. Durch den Anpassungsprozess wird der Hörgeräteträger dann bevorzugt bei der Gewöhnung unterstützt und somit bei der Nutzung des Hörgerätes. In diesem Fall lässt sich beim Anpassungsprozess auch von einem Akklimatisierungsprozess sprechen.

[0015] Gemäß zumindest einer Variante des Verfahrens wird weiter die Startkonfiguration herstellerseitig vorgegeben. In diesem Fall wird dann das Hörgerät typischerweise im Zuge oder zum Abschluss des Herstellungsprozesses des Hörgerätes vorprogrammiert und/oder voreingestellt. D.h., dass dann insbesondere zumindest die erste Konfiguration im Zuge oder zum Abschluss des Herstellungsprozesses des Hörgerätes in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt wird. Mit der Vorprogrammierung bzw. der Voreinstellung, durch welche dann auch die die erste Konfiguration als Startkonfiguration für das digitale Filter vorgegeben ist, wird dann das Hörgerät abgegeben in den Vertrieb und/oder an den Endverbraucher. Zudem bevorzugt wird auch der auslösbare sowie zeitgesteuerte Anpassungsprozess im Zuge oder zum Abschluss des Herstellungsprozesses des Hörgerätes in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt, insbesondere indem das Hörgerät vorprogrammiert und/oder voreingestellt wird. D. h, dass auch der Anpassungsprozess bevorzugt herstellerseitig vorgegeben wird.

[0016] Von Vorteil ist es weiter, wenn im Zuge des Verfahrens eine Anpassungssitzung (engl.: fitting session) mit der Stadtkonfiguration durchgeführt wird, bei der das Hörgerät an die individuellen Bedürfnisse eines Hörgeräteträgers, also insbesondere des zuvor genannten Hörgeräteträgers, angepasst wird. Eine entsprechende Anpassungssitzung erfolgt dabei üblicherweise bei einem Dienstleister für Hörgeräte, wie beispielsweise einem Hörakustiker oder Hörgeräteakustiker, der dann die Anpassung des Hörgerätes vornimmt und so an die individuellen Bedürfnisse des Hörgeräteträgers anpasst. Während der Anpassung ist der Dienstleister dabei typischerweise auch ein Nutzer des Hörgerätes, wenn auch lediglich ein zeitweiser Nutzer. Der Hörgeräteträger ist dagegen der Hauptnutzer.

[0017] Während der zuvor genannten Anpassungssitzung erfolgt also eine Anpassung des Hörgerätes an die individuellen Bedürfnisse des Hörgeräteträgers. Dabei wird bevorzugt eine zuvor beschriebene Verstärkerfunktion des Hörgerätes angepasst an die individuellen Bedürfnisse des Hörgeräteträgers, wobei die Anpassung typischerweise in Abhängigkeit eines sogenannten Audiogramms erfolgt, welches das Hördefizit des Hörgeräteträgers wiedergibt.

[0018] Im Zuge einer zuvor beschriebenen und vom zuvor genannten Dienstleiter durchgeführten Anpassung des Hörgerätes testet typischerweise der Dienstleister auch den Höreindruck, den das Hörgerät vermittelt. Dabei hört der Dienstleister beispielsweise in das Hörgerät rein, bevor er es an den Hörverlust oder das Hördefizit des Hörgeräteträgers anpasst. Hierbei befindet sich dann das Hörgerät üblicherweise im sogenannten Auslieferungszustand. Im Auslieferungszustand ist in einigen Fällen bereits ein leichter Standardhörverlust in das Hörgerät werkseitig einprogrammiert. Der Dienstleister kann dabei auch in das Hörgerät reinhören, ohne es quasi an eine Anpassungs-Software anschließen zu müssen. Es ist ebenfalls typisch, dass der Dienstleister den Höreindruck mit der an das Hördefizit des Hörgeräteträgers angepassten Konfiguration der Verstärkerfunktion testet.

[0019] Der Höreindruck des Hörgerätes ist unabhängig davon üblicherweise abhängig vom Hörvermögen des Nutzers, also zum Beispiel des Dienstleisters, der das Hörgerät testet. Zudem ist der Höreindruck des Hörgerätes üblicherweise unter anderem abhängig von der Konfiguration der Filterfunktion, also des digitalen Filters. Die erste Konfiguration, die bevorzugt als Startkonfiguration während der Anpassungssitzung genutzt wird, ist nun unabhängig davon vorteilhafterweise so gewählt, dass ein besonders guter Höreindruck vermittelt wird bei einem Nutzer ohne Hördefizit, also insbesondere beim Dienstleister. Daher wird auch ein Nutzer ohne Hördefizit und insbesondere der Dienstleister durch die Stadtkonfiguration bei seiner Nutzung des Hörgerätes insbesondere während einer zuvor genannten Anpassungssitzung unterstützt und somit wird auch der Nutzer ohne Hördefizit bzw. der Dienstleister durch das erfindungsgemäße Verfahren bei der Nutzung des Hörgerätes unterstützt. Der Nutzer ohne Hördefizit nimmt dabei insbesondere einen positiven Höreindruck war, wenn das digitale Filter eine starke Rauschunterdrückung bewirkt. Daher ist die erste Konfiguration bevorzugt dergestalt, dass das digitale Filter mit der ersten Konfiguration eine starke Filterwirkung hat oder zumindest eine stärker Filterwirkung als mit der zweiten Konfiguration. Somit bedingt dann das digitale Filter in der ersten Konfiguration eine stärkere Rauschunterdrückung als in der zweiten Konfiguration.

[0020] Ein Nutzer mit Hördefizit, also insbesondere der Hörgeräteträger, würde aufgrund seines Hördefizits das Rauschen, sofern keine Rauschunterdrückung erfolgen würde, nicht wahrnehmen oder zumindest weniger deutlich wahrnehmen, weswegen dieser von einer starken Rauschunterdrückung nicht oder zumindest weniger profitiert. Daher ist die zweite Konfiguration vorzugsweise so gewählt, dass ein besonders guter Höreindruck vermittelt wird bei einem Nutzer mit Hördefizit, also insbesondere beim Hörgeräteträger. Dazu ist die zweite Konfiguration bevorzugt dergestalt, dass das digitale Filter mit der zweiten Konfiguration eine schwache Filterwirkung hat oder zumindest eine reduzierte Filterwirkung im Vergleich zu Filterwirkung der ersten Konfiguration. Dabei ist die zweite Konfiguration dann zudem vorteilhaft für den Nutzer mit Hördefizit, also insbesondere für den Hörgeräteträger, da eine entsprechende Filterfunktion bekanntermaßen nicht nur unerwünschtes Rauschen unterdrückt, sondern auch andere Signalanteile herausfiltert. In der Regel wirkt sich daher eine (starke) Rauschunterdrückung auch negativ aus, zum Beispiel auf die Sprachverständlichkeit. Diese negative Auswirkung ist typischerweise schwächer bei schwächerer Rauschunterdrückung und auch aus diesem Grund ist die zweite Konfiguration mit der zweiten reduzierten Filterwirkung für den Nutzer mit Hördefizit von Vorteil, da die zweite Konfiguration typischerweise eine bessere Sprachverständlichkeit bedingt.

[0021] Wie dargelegt wird im Zuge des Verfahrens bevorzugt eine zuvor beschriebene Anpassungssitzung mit der Startkonfiguration durchgeführt. Dabei wird weiter bevorzugt während der Anpassungssitzung eine zuvor beschriebene Verstärkerfunktion der Signalverarbeitungseinrichtung an die individuellen Bedürfnisse des Hörgeräteträgers, also des Hauptnutzers, angepasst, wobei der Anpassung typischerweise ein sogenanntes Audiogramm zugrunde gelegt wird. Zumindest aber erfolgt eine Anpassung der Verstärkerfunktion typischerweise in Abhängigkeit des Hördefizits des Hörgeräteträgers, welches durch ein Funktionsdefizit des Hörorgans des Hörgeräteträgers verursacht wird. Zum Abschluss einer solchen Anpassungssitzung wird dann gemäß zumindest einer Ausführungsvariante des erfindungsgemäßen Verfahrens der Anpassungsprozess ausgelöst oder gestartet, beispielsweise indem einen Startbefehl in das Hörgerät einspeist wird, insbesondere durch den Dienstleister.

[0022] Eine alternativen Verfahrensvariante entsprechend wird der Anpassungsprozess nach einer vorgegebenen Tragezeit des Hörgerätes, in der der Hörgeräteträger das Hörgerät nutzt, ausgelöst und zwar insbesondere automatisch. Dazu wird beispielsweise mit dem erstmaligen Einschalten des Hörgerätes ein Countdown oder ein Timer oder ein Zähler aktiviert, durch den dann schließlich nach einer vorgegebenen Zeitspanne der Anpassungsprozess automatisch ausgelöst oder gestartet wird. Gemäß einer weiteren Lösungsvariante wird die Tragezeit im Hörgerät in Abhängigkeit des Ladezustandes eines Akkumulators im Hörgerät ermittelt oder in Abhängigkeit der Restladung einer Batterie des Hörgerätes. Zweckdienlich ist auch eine Lösungsvariante, bei der die Tragezeit durch eine mobile Datenverarbeitungseinheit, beispielsweise ein Smartphone, ermittelt wird. Die mobile Datenverarbeitungseinheit wird hierfür bevorzugt zumindest zeitweise mit dem Hörgerät gekoppelt, insbesondere zu Zwecke einer Datenübermittlung.

[0023] Typisch ist weiter eine Verfahrensvariante, bei der der Anpassungsprozess sich über mehr als zwei Tage und insbesondere mehr als zwei Wochen erstreckt. Die Anpassung erfolgt dabei weiter bevorzugt derart, dass die Filterwirkung des digitalen Filters sukzessive über einen längeren Zeitraum reduziert wird. Zweckdienlich ist hierbei zum Beispiel eine lineare Reduzierung. Weiter erfolgt die Reduzierung üblicherweise in mehreren diskreten Stufen, wobei typischerweise zumindest fünf Stufen vorgesehen sind, insbesondere mehr als zehn. Einer Ausführungsvariante entsprechend wird dabei die Filterwirkung alle 24 Stunden um eine Stufe reduziert und zwar bevorzugt über zumindest zehn und weiter bevorzugt zumindest 20 Tage hinweg.

[0024] Günstig ist es weiter, wenn die reduzierte Filterwirkung des digitalen Filters in der zweiten Konfiguration auf einen vorgegebenen Frequenzbereich beschränkt ist. D. h., dass die zweite Filterwirkung im vorgegebenen Frequenzbereich reduziert ist gegenüber der ersten Filterwirkung in diesem Frequenzbereich. Außerhalb dieses vorgegebenen Frequenzbereichs entspricht die Filterwirkung des digitalen Filters in der zweiten Konfiguration jedoch bevorzugt in etwa oder genau der Filterwirkung des digitalen Filters in der ersten Konfiguration.

[0025] Der vorgegebene Frequenzbereich wird dabei bevorzugt in einer Anpassungssitzung, also insbesondere einer zuvor genannten Anpassungssitzung, durch Vorgabe eines individuellen Frequenzbereichs vorgegeben. In diesem Fall wird die zweite Konfiguration in der Anpassungssitzung in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt oder zumindest durch Vorgabe eines individuellen Frequenzbereichs angepasst.

[0026] Der individuelle Frequenzbereich ist dabei weiter bevorzugt abhängig vom Hauptnutzer, also dem Hörgeräteträger, wobei sich der individuelle Frequenzbereich vorteilhafterweise über einen Frequenzbereich erstreckt, über den sich auch das Hördefizit des Hörgeräteträgers erstreckt.

[0027] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend anhand einer schematischen Zeichnung näher erläutert. Darin zeigt:
FIG 1
in einer Schnittdarstellung ein Hörgerät.


[0028] Ein nachfolgend exemplarisch beschriebenes und in Fig. 1 schematisch dargestelltes Hörgerät 2 ist als ein sogenanntes HdO-Hörgerät ausgebildet. Es weist ein HdO-Gehäuse 4 auf, welches zum Tragen hinter einem nicht dargestellten Ohr eines nicht gezeigten Nutzers, insbesondere eines Hörgeräteträgers, des Hörgerätes 2 ausgebildet ist. Mit dem HdO-Gehäuse 4 verbunden ist ein Schallschlauch 6, über welchen ein innerhalb des HdO-Gehäuses 4 erzeugtes akustisches Ausgangssignal weitergeleitet wird zu einem Ohrstück 8. Mit dem Ohrstück 8 wird dann das akustische Ausgangssignal in das Ohr des Nutzers eingekoppelt.

[0029] Innerhalb des HdO-Gehäuses 4 sind weiter ein Mikrofon 10 als akusto-elektrischer Eingangswandler, eine Signalverarbeitungseinrichtung 12, ein Lautsprecher 14 als elektro-akustischer Ausgangswandler sowie ein Akkumulator 16 oder eine Batterie angeordnet.

[0030] Das so ausgebildete Hörgerät 2 ist eingerichtet, in einem Basisbetriebsmodus mittels des Mikrofons 10 des Hörgerätes 2 ein elektrisches Eingangssignal in Abhängigkeit eines akustischen Eingangssignals, also eines akustischen Signals aus der Umgebung des Hörgerätes 2, zu erzeugen. Dieses elektrische Eingangssignal wird dann zweckdienlicherweise der Signalverarbeitungseinrichtung 12 zugeführt und hier zunächst in ein digitales Eingangssignal umgewandelt. Das digitale Eingangssignal wird dann in einem Hauptverarbeitungsprozess bearbeitet und hierdurch wird ein digitales Ausgangssignal generiert. Das digitale Ausgangssignal wiederum wird in ein elektrisches Ausgangssignal gewandelt und schließlich mittels des Lautsprechers 14 des Hörgerätes 2 in ein akustisches Ausgangssignal umgewandelt.

[0031] Das akustische Ausgangssignal stellt dabei eine Nachbildung des akustischen Eingangssignals dar, bei der zumindest einzelne Frequenzanteile im Vergleich zum akustischen Eingangssignal verstärkt sind. Dementsprechend wird im Hauptverarbeitungsprozess eine Verstärkerfunktion auf das digitale Eingangssignal angewendet. Zudem wird auch eine Filterfunktion in Form eines digitalen Filters auf das digitale Eingangssignal angewendet, wobei bevorzugt zunächst die Filterfunktion angewendet wird und nachfolgend die Verstärkerfunktion. Hierbei dient die Filterwirkung und somit das digitale Filter der Rauschunterdrückung.

[0032] Zur Unterstützung bei der Nutzung des Hörgerätes 2 wird weiterhin vom Hersteller des Hörgerätes 2, welcher nicht abgebildet ist, für die Filterfunktion oder das digitale Filter eine erste Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt, aufgrund derer das digitale Filter eine erste Filterwirkung hat. Zudem wird herstellerseitig für das digitale Filter eine zweite Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt, aufgrund derer das Filter eine zweite, reduzierte Filterwirkung hat. Dabei bedingt die reduzierte Filterwirkung bezogen auf die Filterwirkung der ersten Konfiguration eine schwächere Rauschunterdrückung und/oder zumindest eine schwächere Unterdrückung von ausgewählten Frequenzanteilen in dem Signal, dass das mit der Filterfunktion bearbeitet wird. Weiter wird vom Hersteller ein auslösbarer sowie zeitgesteuerter Anpassungsprozess in der Signalverarbeitungseinrichtung hinterlegt. Außerdem wird herstellerseitig für das digitale Filter die erste Konfiguration als Startkonfiguration vorgegeben. All dies geschieht üblicherweise zum Abschluss des Herstellungsprozesses des Hörgerätes 2.

[0033] Für ein derartiges Hörgerät 2 ist weiterhin vorgesehen, dass nach dem Erwerb des Hörgerätes2 durch den Hörgeräteträger eine Anpassungssitzung (engl.: fitting session) durchgeführt wird, bei der das Hörgerät 2 an die individuellen Bedürfnisse des nicht dargestellten Hörgeräteträgers angepasst wird. Jene Anpassungssitzung wird dabei mit der Stadtkonfiguration durchgeführt, welche für eine solche Anpassungssitzung vorteilhaft ist.

[0034] Eine entsprechende Anpassungssitzung erfolgt üblicherweise bei einem Dienstleister für Hörgeräte, wie beispielsweise einem Hörakustiker oder Hörgeräteakustiker, welcher ebenfalls nicht abgebildet ist. Während der Anpassung ist der Dienstleister dabei auch ein Nutzer des Hörgerätes 2, wenn auch lediglich ein zeitweiser Nutzer. Der Hörgeräteträger ist dagegen der Hauptnutzer. Im Zuge der Anpassungssitzung erfolgt typischerweise auch eine Anpassung der zuvor beschriebene Verstärkerfunktion des Hörgerätes 2 an die individuellen Bedürfnisse des Hörgeräteträgers, wobei die Anpassung typischerweise in Abhängigkeit eines sogenannten Audiogramms erfolgt, welches das Hördefizit des Hörgeräteträgers wiedergibt.

[0035] Zum Abschluss einer solchen Anpassungssitzung wird dann der Anpassungsprozess ausgelöst oder gestartet, beispielsweise indem durch den Dienstleister einen Startbefehl in das Hörgerät einspeist wird. Alternativ wird der Anpassungsprozess nach einer vorgegebenen Tragezeit des Hörgerätes 2 von beispielsweise fünf Tagen, in der der Hörgeräteträger das Hörgerät 2 nutzt, automatisch ausgelöst. Dazu wird Zum Beispiel mit dem erstmaligen Einschalten des Hörgerätes 2 ein Countdown aktiviert, durch den dann schließlich nach der vorgegebenen Zeitspanne, also der vorgegebenen Tragzeit, der Anpassungsprozess automatisch ausgelöst oder gestartet wird.

[0036] Nach dem Auslösen wird der hinterlegte Anpassungsprozess durch die Signalverarbeitungseinrichtung ausgeführt, wodurch die Konfiguration des digitalen Filters automatisch von der ersten Konfiguration in die zweite Konfiguration überführt wird. Weiter erstreckt sich der Anpassungsprozess exemplarisch über vier Wochen. Die Anpassung erfolgt dabei derart, dass die Filterwirkung des digitalen Filters sukzessive reduziert wird. Dazu erfolgt die Reduzierung in mehreren diskreten Stufen, wobei im Ausführungsbeispiel 28 Stufen vorgesehen sind. Dabei wird die Filterwirkung alle 24 Stunden um eine Stufe reduziert.

Bezugszeichenliste



[0037] 
2
Hörgerät/HdO-Hörgerät
4
HdO-Gehäuse/Hörgerätegehäuse
6
Schallschlauch
8
Ohrstück
10
Mikrofon
12
Signalverarbeitungseinrichtung
14
Lautsprecher
16
Akkumulator



Ansprüche

1. Verfahren zur Unterstützung bei der Nutzung eines Hörgerätes (2), welches eine Signalverarbeitungseinrichtung (12) aufweist zur Erzeugung eines Ausgangssignals in Abhängigkeit eines Eingangssignals derart, dass mittels eines digitalen Filters ein im Eingangssignal enthaltenes Rauschen unterdrückt wird,
wobei

- für das digitale Filter eine erste Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung (12) hinterlegt wird, aufgrund derer das digitale Filter eine erste Filterwirkung hat,

- für das digitale Filter eine zweite Konfiguration in der Signalverarbeitungseinrichtung (12) hinterlegt wird, aufgrund derer das digitale Filter eine zweite, reduzierte Filterwirkung hat,

- ein auslösbarer zeitgesteuerter Anpassungsprozess in der Signalverarbeitungseinrichtung (12) hinterlegt wird,

- für das digitale Filter die erste Konfiguration als Startkonfiguration vorgegeben wird und

- der Anpassungsprozess nach einem Auslösen durch die Signalverarbeitungseinrichtung (12) ausgeführt wird, wodurch die Konfiguration des digitalen Filters von der ersten Konfiguration in die zweite Konfiguration überführt wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
wobei die Startkonfiguration herstellerseitig vorgegeben wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
wobei eine Anpassungssitzung mit der Startkonfiguration durchgeführt wird, bei der das Hörgerät (2) an die individuellen Bedürfnisse eines Hörgeräteträgers angepasst wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
wobei eine Anpassungssitzung mit der Startkonfiguration durchgeführt wird, bei der eine Verstärkerfunktion der Signalverarbeitungseinrichtung (12) an die individuellen Bedürfnisse eines Hörgeräteträgers angepasst wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4,
wobei zum Abschluss der Anpassungssitzung der Anpassungsprozess ausgelöst wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
wobei der Anpassungsprozess nach einer vorgegebenen Tragezeit des Hörgerätes (2) ausgelöst wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
wobei sich der Anpassungsprozess über mehr als zwei Tage und insbesondere mehr als zwei Wochen erstreckt.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
wobei die reduzierte Filterwirkung des digitalen Filters in der zweiten Konfiguration auf einen vorgegebenen Frequenzbereich beschränkt ist.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
wobei die zweite Konfiguration in einer Anpassungssitzung durch Vorgabe eines individuellen Frequenzbereichs derart angepasst wird, dass die reduzierte Filterwirkung auf den individuellen Frequenzbereich beschränkt ist.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9,
wobei als individueller Frequenzbereich ein Frequenzbereich vorgegeben wird, über den sich ein Hördefizit eines Hörgeräteträgers erstreckt.
 
11. Hörgerät (2) eingerichtet für ein Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur