[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs, insbesondere
eines Schienenfahrzeugs, wobei bei dem Verfahren eine den Ausfallzustand von Bremsen
des Fahrzeugs angebende Ausfallzustandsangabe ermittelt wird und ein das Bremsvermögen
der Bremsen des Fahrzeugs angebender Bremsvermögenswert unter Einbezug der Ausfallzustandsangabe
bestimmt wird.
[0002] Aus der internationalen Patentanmeldung
WO 2015/128147 A1 ist ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bekannt.
Bei dem vorbekannten Verfahren wird ein den jeweils aktuellen Ausfallzustand von Bremsen
angebender Ausfallzustandsmesswert auf der Basis zumindest zweier Messwerte ermittelt.
Auf der Basis des Ausfallzustands kann die zulässige Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs
festgelegt werden.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs
anzugeben, bei dem ein für den Anlagenbetrieb besonders günstiges Fahrverhalten erreicht
werden kann.
[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch
1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in Unteransprüchen
angegeben.
[0005] Danach ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass während der Fahrt in einem Streckenabschnitt
zumindest einmal, vorzugsweise regelmäßig oder unregelmäßig, eine den jeweils aktuellen
Ausfallzustand der Bremsen angebende aktuelle Ausfallzustandsangabe ermittelt wird,
ein das aktuelle Bremsvermögen der Bremsen des Fahrzeugs angebender aktueller Bremsvermögenswert
unter Einbezug der jeweils aktuellen Ausfallzustandsangabe während der Fahrt ermittelt
wird und auf der Basis einer Streckeninformation, die den jeweils befahrenen oder
als nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt beschreibt, sowie auf der Basis des
jeweils aktuellen Bremsvermögenswerts während der Fahrt ein ortsabhängiges Sollgeschwindigkeitsprofil
errechnet wird, das die Sollgeschwindigkeit des Fahrzeugs über dem Ort im jeweils
befahrenen oder als nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt definiert.
[0006] Ein wesentlicher Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist darin zu sehen, dass
- im Unterschied zu dem eingangs beschriebenen vorbekannten Verfahren - während der
Fahrt nicht nur eine Ermittlung des tatsächlichen Bremsvermögens der Bremsen erfolgt,
sondern zusätzlich während der Fahrt stets auch ein angepasstes Sollgeschwindigkeitsprofil
ermittelt wird; ein solches Sollgeschwindigkeitsprofil kann betriebliche Randbedingungen
wie beispielsweise Streckenverhältnisse, optimale Zugfolgezeiten oder minimalen Energieverbrauch
berücksichtigen. Erfindungsgemäß wird also die Sollgeschwindigkeit, die in der Regel
geringer als die maximal zulässige fahrzeugabhängige Höchstgeschwindigkeit ist, während
der Fahrt an das jeweilige Bremsvermögen angepasst. Wenn beispielsweise bremsenseitig
Probleme auftreten, kann ein Bremsen früher eingeleitet werden, als dies sonst bei
fehlerfreien Bremsen der Fall ist, oder es kann mit kürzeren Bremswegen geplant werden,
wenn während der Fahrt Bremsen wieder einsatzbereit werden, die zuvor als gestört
oder beeinträchtig angesehen wurden. Es ist also im Falle von Ausfallzuständen - je
nach Umfang - ein durchgängiger Weiterbetrieb des Fahrzeugs mit angepasstem optimalen
Sollgeschwindigkeitsprofil möglich, weil während der Fahrt sowohl die Ermittlung des
aktuellen Bremsvermögens erfolgt als auch das Sollgeschwindigkeitsprofil auf der Basis
des aktuellen Bremsvermögens während der Fahrt aktualisiert wird. Anders als bei bekannten
Verfahren erfolgt im Falle eines Ausfalls von Bremskomponenten also keine Unterbrechung
der Fahrt, sondern der Betrieb geht weiter mit angepasstem Sollgeschwindigkeitsprofil.
Ein solches Sollgeschwindigkeitsprofil wird vorzugsweise an die Streckenverhältnisse
des jeweiligen Streckenabschnitts sowie weitere Parameter angepasst und liegt in der
Regel, insbesondere beispielsweise mit Blick auf optimale Zugfolgezeiten, unterhalb
der zulässigen fahrzeugabhängigen Höchstgeschwindigkeit; die Erfindung bezieht sich
also auf ein ortabhängiges Sollgeschwindigkeitsprofil in Abhängigkeit vom aktuellen
Bremsvermögen und geht über die Bestimmung einer nur fahrzeugbezogenen Höchstgeschwindigkeit
also solchen weit hinaus.
[0007] Als besonders vorteilhaft wird es angesehen, wenn im Falle eines fahrergesteuerten
Betriebs des Fahrzeugs eine Anzeigeeinrichtung angesteuert wird, auf der die Sollgeschwindigkeit
am jeweiligen Fahrzeugort gemäß Sollgeschwindigkeitsprofil visualisiert wird.
[0008] Im Falle eines autonomen Fahrbetriebs des Fahrzeugs erfolgt die Fahrzeugsteuerung
vorzugsweise auf der Basis des ortsabhängigen Sollgeschwindigkeitsprofils derart,
dass das Fahrzeug mit der für den jeweiligen Fahrzeugort vorgegebenen Sollgeschwindigkeit
gemäß Sollgeschwindigkeitsprofil fährt.
[0009] Die jeweilige vom Fahrzeugort abhängige Sollgeschwindigkeit wird vorzugsweise auf
einem Tachometer des Fahrzeugs unter Einbezug einer Umskalierung der Anzeige visualisiert.
[0010] Besonders vorteilhaft ist es, wenn das Sollgeschwindigkeitsprofil unter Einbezug
vorgesehener Anhaltevorgänge derart berechnet wird, dass minimale Zugfolgezeiten erreicht
werden.
[0011] Auch ist es vorteilhaft, wenn das Sollgeschwindigkeitsprofil derart berechnet wird,
dass der Energieverbrauch unter Einhaltung eines vorgegeben Fahrplans minimal ist.
[0012] Das Sollgeschwindigkeitsprofil wird vorzugsweise derart berechnet, dass die Sollgeschwindigkeit
überwiegend, also an allen Orten oder zumindest an den meisten Orten, kleiner als
die Höchstgeschwindigkeit ist, die das Fahrzeug mit Blick auf das aktuelle Bremsvermögen
unter Einhalt vorgegebener Sicherheitskriterien tatsächlich fahren dürfte.
[0013] Die Berechnung des Sollgeschwindigkeitsprofils wird vorzugsweise ETCS (European Train
Control System bzw. europäisches Zugbeeinflussungssystem)-kompatibel durchgeführt,
besonders bevorzugt in einem ETCS-kompatiblen Fahrzeugsteuergerät.
[0014] Die Streckeninformation also solche oder zumindest eine streckenbezogene Angabe,
die ein Auslesen der Streckeninformation aus einer fahrzeugseitig abgespeicherten
Streckeninformationsdatenbank ermöglicht, wird vorzugsweise von einer streckenseitigen
Einrichtung zu dem Fahrzeug während der Fahrt übermittelt.
[0015] Vorteilhaft ist es beispielsweise, wenn die Streckeninformation also solche oder
zumindest eine streckenbezogene Angabe, die ein Auslesen der Streckeninformation aus
einer fahrzeugseitig abgespeicherten Streckeninformationsdatenbank ermöglicht, von
einer ETCS-kompatiblen Balise zu dem Fahrzeug während der Fahrt übermittelt wird.
[0016] Unter Heranziehung der jeweiligen Ausfallzustandsangabe wird vorzugsweise ein Bremsleistungswert
ermittelt und es wird der Bremsvermögenswert vorzugsweise auf der Basis des Bremsleistungswerts
und der jeweiligen Fahrzeugmasse errechnet.
[0017] Im Falle, dass während der Fahrt die Ausfallzustandsangabe einen Komponentenausfall
signalisiert, wird vorzugsweise ein Warnsignal erzeugt.
[0018] Die jeweilige Fahrzeugmasse wird vorzugsweise während der Fahrt unter Bildung eines
Massemesswerts gemessen und es wird der Bremsvermögenswert vorzugsweise zumindest
auch in Abhängigkeit von dem Massemesswert bestimmt. Die Masse wird vorzugsweise auf
der Basis eines an einem pneumatischen Federsystem des Fahrzeugs aufgenommenen Druckwerts
oder Druckwertverlaufs ermittelt.
[0019] Die Erfindung bezieht sich außerdem auf ein Fahrzeugsteuergerät für ein Fahrzeug,
insbesondere ein Schienenfahrzeug, wobei das Fahrzeugsteuergerät geeignet ist, eine
den Ausfallzustand von Bremsen des Fahrzeugs angebende Ausfallzustandsangabe zu ermitteln
und eine das Bremsvermögen der Bremsen des Fahrzeugs angebenden Bremsvermögenswert
unter Einbezug der Ausfallzustandsangabe zu ermitteln.
[0020] Erfindungsgemäß ist bezüglich des Fahrzeugsteuergeräts vorgesehen, dass das Fahrzeugsteuergerät
derart ausgestaltet ist, dass es während der Fahrt in einem Streckenabschnitt zumindest
einmal, vorzugsweise regelmäßig oder unregelmäßig, eine den jeweils aktuellen Ausfallzustand
der Bremsen angebende aktuelle Ausfallzustandsangabe ermittelt, einen das aktuelle
Bremsvermögen der Bremsen des Fahrzeugs angebenden Bremsvermögenswert unter Einbezug
der jeweils aktuellen Ausfallzustandsangabe während der Fahrt ermittelt und auf der
Basis einer Streckeninformation, die den jeweils befahrenen oder als nächstes zu befahrenden
Streckenabschnitt beschreibt, sowie auf der Basis des jeweils aktuellen Bremsvermögenswerts
während der Fahrt ein ortsabhängiges Sollgeschwindigkeitsprofil errechnet, das die
Sollgeschwindigkeit des Fahrzeugs über dem Ort im jeweils befahrenen oder als nächstes
zu befahrenden Streckenabschnitt definiert.
[0021] Bezüglich der Vorteile des erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuergeräts und dessen vorteilhafter
Ausgestaltungen sei auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen
Verfahren und dessen vorteilhafter Ausgestaltungen verwiesen, da die Vorteile des
erfindungsgemäßen Verfahrens denen des erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuergeräts im Wesentlichen
entsprechen.
[0022] Als vorteilhaft wird es angesehen, wenn das Fahrzeugsteuergerät eine Recheneinrichtung
und einen Speicher aufweist, in dem zumindest ein Steuerprogrammmodul abgespeichert
ist, das bei Ausführung durch die Recheneinrichtung die Arbeitsweise des Fahrzeugsteuergeräts
bestimmt oder zumindest mitbestimmt, und das Steuerprogrammmodul derart programmiert
ist, dass es ein Verfahren wie oben beschrieben ausführen kann.
[0023] Das Fahrzeugsteuergerät ist vorzugsweise ein ETCS-kompatibles Fahrzeugsteuergerät.
[0024] Die Erfindung bezieht sich außerdem auf ein Fahrzeug, insbesondere Schienenfahrzeug,
mit einem Fahrzeugsteuergerät, wie es oben beschrieben worden ist. Bezüglich der Vorteile
des erfindungsgemäßen Fahrzeugs und dessen vorteilhafter Ausgestaltungen sei auf die
obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und dessen
vorteilhafter Ausgestaltungen verwiesen.
[0025] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert,
dabei zeigen beispielhaft:
- Figur 1
- ein Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes Schienenfahrzeug bei einer Fahrt
auf einer Eisenbahnstrecke und kurz vor Einfahrt in einen nächste Streckenabschnitt,
- Figur 2
- die Arbeitsweise eines Fahrzeugsteuergeräts des Schienenfahrzeugs gemäß Figur 1 anhand
eines beispielhaften Verlaufs eines von dem Fahrzeugsteuergerät ermittelten Sollgeschwindigkeitsprofils,
- Figur 3
- näher im Detail ein erstes Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes Fahrzeugsteuergerät
für das Schienenfahrzeug gemäß den Figuren 1 und 6,
- Figur 4
- näher im Detail ein zweites Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes Fahrzeugsteuergerät
für das Schienenfahrzeug gemäß den Figuren 1 und 6,
- Figur 5
- näher im Detail ein drittes Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes Fahrzeugsteuergerät
für das Schienenfahrzeug gemäß den Figuren 1 und 6,
- Figur 6
- ein mit einem der Fahrzeugsteuergeräte gemäß den Figuren 3 bis 5 ausgestattetes Schienenfahrzeug
nach einer Einfahrt in einen übernächsten Streckenabschnitt der Eisenbahnstrecke und
- Figur 7
- die Arbeitsweise des Fahrzeugsteuergeräts nach der Einfahrt in den übernächsten Streckenabschnitt
gemäß Figur 6 anhand eines beispielhaften Verlaufs des von dem Fahrzeugsteuergerät
ermittelten Sollgeschwindigkeitsprofils.
[0026] In den Figuren werden für identische oder vergleichbare Komponenten aus Gründen der
Übersicht stets dieselben Bezugszeichen verwendet.
[0027] Die Figur 1 zeigt ein Schienenfahrzeug 10 bei einer Fahrt auf einer Eisenbahnstrecke
20. In der Figur 1 befindet sich das Schienenfahrzeug 10 am Ende eines Streckenabschnitts
SAi und kurz vor Einfahrt in den nächsten Streckenabschnitt SAi+1. Am Ende des Streckenabschnitts
SAi ist eine streckenseitige Einrichtung 30, beispielsweise in Form einer ETCS-kompatiblen
Balise, installiert, die an das passierende Schienenfahrzeug 10 eine streckenbezogene
Angabe SBA übermittelt. Die Übermittlung erfolgt vorzugsweise drahtlos über Funk,
beispielsweise in ETCS-kompatibler Form.
[0028] Die streckenseitige Einrichtung 30 identifiziert sich vorzugsweise selbst und übermittelt
als streckenbezogene Angabe SBA vorzugsweise eine Kennung über den jeweiligen Streckenabschnitt
SAi, in der sie sich befindet, sowie eine Kennung über den jeweils nächsten bzw. benachbarten
Streckenabschnitt SAi+1.
[0029] Das Schienenfahrzeug 10 ist mit einem Fahrzeugsteuergerät 100 ausgestattet, das auf
der Basis der streckenbezogene Angabe SBA für den nächsten bzw. vorausliegenden Streckenabschnitt
SAi+1 ein ortsabhängiges Sollgeschwindigkeitsprofil Vsoll(x) ermittelt, das die Sollgeschwindigkeit
Vsoll des Schienenfahrzeugs 10 über dem Ort X in dem als nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt
SAi+1 definiert.
[0030] Das ortsabhängige Sollgeschwindigkeitsprofil Vsoll(x) ist beispielhaft in der Figur
2 über dem Ort X für den Streckenabschnitt SAi+1, der sich vom Ort Xi+1 bis zum Ort
Xi+2 erstreckt, dargestellt. Es lässt sich erkennen, dass das ortsabhängige Sollgeschwindigkeitsprofil
Vsoll(x) für alle Orte X oder zumindest für die meisten Orte X, also überwiegend,
kleiner ist als die Höchstgeschwindigkeit Vmax, die das Schienenfahrzeug 10 mit Blick
auf den aktuellen Bremsvermögenswert unter Einhalt vorgegebener Sicherheitskriterien
tatsächlich fahren dürfte.
[0031] Das ortsabhängige Sollgeschwindigkeitsprofil Vsoll(x) ist vorzugsweise unter Einbezug
vorgesehener Anhaltevorgänge, dem zu erwartenden Fahrverhalten vorausfahrender Schienenfahrzeuge
und vorgegebener Fahrplandaten derart berechnet, dass optimale Zugfolgezeiten und
eine fahrplangerechte Fahrt bei minimalem Energieverbrauch erreicht werden.
[0032] Die Figur 3 zeigt ein erstes Ausführungsbeispiel für das Schienenfahrzeug 10 und
das Fahrzeugsteuergerät 100 näher im Detail.
[0033] Das Fahrzeugsteuergerät 100 umfasst eine Recheneinrichtung 110 und einen Speicher
120, in dem zumindest ein Softwareprogrammmodul SPM abgespeichert ist. Das Softwareprogrammmodul
SPM bestimmt bei Ausführung durch die Recheneinrichtung 110 die Arbeitsweise des Fahrzeugsteuergeräts
100 komplett allein oder alternativ mit anderen Komponenten oder Softwaremodulen zumindest
mit.
[0034] Das Softwareprogrammmodul SPM umfasst unter anderem ein Bremsvermögensbestimmungsmodul
BVBM, das bei Ausführung durch die Recheneinrichtung 110 eine Bremsvermögensbestimmungseinrichtung
bildet, ein Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul SGBM, das bei Ausführung durch die
Recheneinrichtung 110 eine Sollgeschwindigkeitsbestimmungseinrichtung bildet, und
eine Datenbank DB.
[0035] Wenn das Schienenfahrzeug 100 autonom fahren können soll, ist vorzugsweise zusätzlich
ein Fahrzeugsteuerungsmodul FSM vorhanden, das bei Ausführung durch die Recheneinrichtung
110 eine Fahrzeugsteuerungseinrichtung bildet.
[0036] Wenn das Schienenfahrzeug 100 von einem Fahrzeugführer bedient bzw. gefahren werden
soll, ist das Schienenfahrzeug 10 vorzugsweise zusätzlich mit einer Anzeigeeinrichtung
AZ ausgestattet, die ein von dem Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul SGBM erzeugtes
ortsabhängiges Sollgeschwindigkeitsprofil Vsoll(x) anzeigen kann. Eine solche Anzeigeeinrichtung
AZ wird vorzugsweise derart angesteuert, dass die Sollgeschwindigkeit Vsoll am jeweiligen
Fahrzeugort X gemäß dem ortsabhängigen Sollgeschwindigkeitsprofil Vsoll(x) visualisiert
wird.
[0037] Vorteilhaft ist es, wenn die Anzeigeeinrichtung AZ im Tachometer integriert ist und
die jeweilige vom Fahrzeugort X abhängige Sollgeschwindigkeit Vsoll auf dem Tachometer
unter Einbezug einer Umskalierung der Geschwindigkeitsanzeige visualisiert wird.
[0038] Das Schienenfahrzeug weist eine Mehrzahl an Bremsen 130 auf, die eine ihren jeweiligen
Zustand angebende Bremszustandsangabe BZA selbst erzeugen und - regelmäßig oder unregelmäßig
- selbsttätig an das Bremsvermögensbestimmungsmodul BVBM übermitteln oder zumindest
auf eine entsprechende Abfrage des Bremsvermögensbestimmungsmoduls BVBM hin eine entsprechende
Bremszustandsangabe BZA an das Bremsvermögensbestimmungsmodul BVBM ausgeben. Bei den
Bremsen 130 kann es sich um mechanisehe Bremsen 130 wie beispielsweise Reibungsbremsen
und/oder um elektrodynamische Bremsen 130 handeln, die beispielsweise durch Antriebsmotoren
gebildet werden und Bremsenergie in elektrische Energie umwandeln.
[0039] Das Bremsvermögensbestimmungsmodul BVBM wertet die Bremszustandsangaben BZA der verschiedenen
Bremsen 130 unter Bildung einer Ausfallzustandsangabe AZA aus und erzeugt ein Warnsignal
WS, wenn zumindest eine der Bremszustandsangaben BZA einen Ausfall ihrer jeweiligen
Bremse 130 oder zumindest einen Verlust an Bremsleistung anzeigt.
[0040] Das Bremsvermögensbestimmungsmodul BVBM ermittelt unter Heranziehung der Ausfallzustandsangabe
AZA einen Bremsvermögenswert BVW, der das gemeinsame aktuelle Bremsvermögen der Bremsen
130 quantifiziert. Der Bremsvermögenswert BVW wird zu dem Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul
SGBM übermittelt.
[0041] Das Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul SGBM steht außerdem mit einer Kommunikationseinrichtung
140 des Schienenfahrzeugs 10 in Verbindung. Die Kommunikationseinrichtung 140 ist
geeignet, mit der streckenseitigen Einrichtung 30 gemäß Figur 1 zu kommunizieren oder
zumindest von dieser Daten wie die streckenbezogene Angabe SBA zu empfangen und diese
an das Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul SGBM weiterzuleiten.
[0042] Das Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul SGBM liest nach Empfang der streckenbezogenen
Angabe SBA aus der Datenbank DB, die wie gezeigt in dem Speicher 120 oder in einem
anderen nicht gezeigten Speicher abgespeichert sein kann, für den vorausliegenden
Streckenabschnitt SAi+1 Streckeninformationen SI aus, die den als nächstes zu befahrenden
Streckenabschnitt SAi+1 beschreiben.
[0043] Auf der Basis der Streckeninformationen SI sowie auf der Basis des jeweils aktuellen
Bremsvermögenswerts BVW errechnet das Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul SGBM vorzugsweise
noch während der Fahrt im Streckenabschnitt SAi das ortsabhängige Sollgeschwindigkeitsprofil
Vsoll(x), das die Sollgeschwindigkeit Vsoll des Schienenfahrzeugs 10 über dem Ort
X im als nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt SAi+1 definiert.
[0044] Das ortsabhängige Sollgeschwindigkeitsprofil Vsoll(x) wird zu dem Fahrzeugsteuerungsmodul
FSM und der Anzeigeeinrichtung AZ übertragen, so dass das Fahrzeugsteuerungsmodul
FSM bei autonomer Fahrt auf der Basis des ortsabhängigen Sollgeschwindigkeitsprofils
Vsoll(x) das Schienenfahrzeug 10 steuern kann. Bei fahrzeugführergesteuerter Fahrt
erfolgt auf der Anzeigeeinrichtung AZ eine Anzeige des gesamten ortsabhängigen Sollgeschwindigkeitsprofils
Vsoll(x) oder zumindest eine Anzeige der jeweiligen Sollgeschwindigkeit Vsoll für
den jeweiligen Fahrzeugort X.
[0045] Das Sollgeschwindigkeitsbestimmungsmodul SGBM ist vorzugsweise derart programmiert,
dass es das Sollgeschwindigkeitsprofil derart berechnet, dass die Sollgeschwindigkeit
an jedem Ort des Streckenabschnitts oder zumindest an den meisten Orten des Streckenabschnitts
kleiner als die Höchstgeschwindigkeit ist, die das Fahrzeug mit Blick auf den aktuellen
Bremsvermögenswert BVW unter Einhalt vorgegebener Sicherheitskriterien gemäß ETCS-Richtlinien
tatsächlich fahren dürfte.
[0046] Die Figur 4 zeigt ein zweites Ausführungsbeispiel für das Schienenfahrzeug 10 und
das Fahrzeugsteuergerät 100 gemäß Figur 1 näher im Detail.
[0047] Im Unterschied zu dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 ist zusätzlich ein Massesensor
150 vorhanden, der die jeweilige Fahrzeugmasse bzw. das jeweilige Fahrzeuggewicht
ermittelt und einen entsprechenden Massewert M an das Bremsvermögensbestimmungsmodul
BVBM übermittelt. Das Bremsvermögensbestimmungsmodul BVBM ist derart programmiert,
dass es den Bremsvermögenswert BVW nicht nur in Abhängigkeit von der Ausfallzustandsangabe
AZA ermittelt, sondern auch unter Heranziehung des jeweiligen Massewerts M.
[0048] Im Übrigen gelten die obigen Erläuterungen im Zusammenhang mit den Figuren 1 bis
3 für das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 entsprechend.
[0049] Die Figur 5 zeigt ein drittes Ausführungsbeispiel für das Schienenfahrzeug 10 und
das Fahrzeugsteuergerät 100 gemäß Figur 1 näher im Detail.
[0050] Im Unterschied zu dem Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 3 und 4 wird bei dem
Ausführungsbeispiel gemäß Figur 5 davon ausgegangen, dass die streckenseitige Einrichtung
30 gemäß Figur 1 bereits die Streckeninformationen SI vollständig übermittelt, so
dass auf die Datenbank DB im Schienenfahrzeug 10 verzichtet werden kann.
[0051] Im Übrigen gelten die obigen Erläuterungen im Zusammenhang mit den Figuren 1 bis
4 für das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 5 entsprechend.
[0052] Die Figur 6 zeigt das Schienenfahrzeug 10 gemäß den Figuren 1 bis 5 bei der Fahrt
auf der Eisenbahnstrecke 20 nach Einfahrt in den nächsten Streckenabschnitt SAi+2
und für den Fall, dass die für die Übermittelung der relevanten streckenbezogenen
Angabe SBA zuständige streckenseitige Einrichtung 30 nicht am Ende des davor liegenden
Streckenabschnitts SAi+1, sondern erst am Anfang des folgenden Streckenabschnitts
SAi+2 montiert ist. In diesem Falle wird das Fahrzeugsteuergerät 100 das ortsabhängige
Sollgeschwindigkeitsprofil Vsoll(x) (siehe Figur 7) für den Streckenabschnitt SAi+2
erst nach Einfahrt in diesen auf der Basis der dort empfangenen streckenbezogenen
Angabe SBA berechnen.
[0053] Im Übrigen gelten die obigen Erläuterungen im Zusammenhang mit den Figuren 1 bis
5 entsprechend.
[0054] Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
1. Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs, insbesondere eines Schienenfahrzeugs (10),
wobei bei dem Verfahren
- eine den Ausfallzustand von Bremsen (130) des Fahrzeugs angebende Ausfallzustandsangabe
(AZA) ermittelt wird und
- ein das Bremsvermögen der Bremsen (130) des Fahrzeugs angebender Bremsvermögenswert
(BVW) unter Einbezug der Ausfallzustandsangabe (AZA) ermittelt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
- während der Fahrt in einem Streckenabschnitt (SA) zumindest einmal, vorzugsweise
regelmäßig oder unregelmäßig, eine den jeweils aktuellen Ausfallzustand der Bremsen
(130) angebende aktuelle Ausfallzustandsangabe (AZA) ermittelt wird,
- ein das aktuelle Bremsvermögen der Bremsen (130) des Fahrzeugs angebender aktueller
Bremsvermögenswert (BVW) unter Einbezug der jeweils aktuellen Ausfallzustandsangabe
(AZA) während der Fahrt ermittelt wird und
- auf der Basis einer Streckeninformation (SI), die den jeweils befahrenen oder als
nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt (SA) beschreibt, sowie auf der Basis des
jeweils aktuellen Bremsvermögenswerts (BVW) während der Fahrt ein ortsabhängiges Sollgeschwindigkeitsprofil
(Vsoll(x)) errechnet wird, das die Sollgeschwindigkeit (Vsoll) des Fahrzeugs über
dem Ort (X) im jeweils befahrenen oder als nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt
(SA) definiert.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
im Falle eines fahrergesteuerten Betriebs des Fahrzeugs eine Anzeigeeinrichtung (AZ)
angesteuert wird, auf der die Sollgeschwindigkeit (Vsoll) am jeweiligen Fahrzeugort
(X) gemäß Sollgeschwindigkeitsprofil (Vsoll(x)) visualisiert wird.
3. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
im Falle eines autonomen Fahrbetriebs des Fahrzeugs die Fahrzeugsteuerung auf der
Basis des ortsabhängigen Sollgeschwindigkeitsprofils (Vsoll(x)) derart erfolgt, dass
das Fahrzeug mit der für den jeweiligen Fahrzeugort (X) vorgegebenen Sollgeschwindigkeit
(Vsoll) gemäß Sollgeschwindigkeitsprofil (Vsoll(x)) fährt.
4. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die jeweilige vom Fahrzeugort (X) abhängige Sollgeschwindigkeit (Vsoll) auf einem
Tachometer des Fahrzeugs unter Einbezug einer Umskalierung der Anzeige auf der Anzeigeeinrichtung
(AZ) visualisiert wird.
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
- das Sollgeschwindigkeitsprofil (Vsoll(x)) unter Einbezug vorgesehener Anhaltevorgänge
derart berechnet wird, dass minimale Zugfolgezeiten erreicht werden, und/oder
- das Sollgeschwindigkeitsprofil derart berechnet wird, dass der Energieverbrauch
unter Einhaltung eines vorgegeben Fahrplans minimal ist, und/oder
- das Sollgeschwindigkeitsprofil derart berechnet wird, dass die Sollgeschwindigkeit
stets oder zumindest überwiegend kleiner als die Höchstgeschwindigkeit ist, die das
Fahrzeug mit Blick auf den aktuellen Bremsvermögenswert (BVW) unter Einhalt vorgegebener
Sicherheitskriterien tatsächlich fahren dürfte.
6. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Berechnung des Sollgeschwindigkeitsprofils (Vsoll(x)) in einem ETCS-kompatiblen
Fahrzeugsteuergerät (100) durchgeführt wird.
7. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Streckeninformation (SI) also solche oder zumindest eine streckenbezogene Angabe
(SBA), die ein Auslesen der Streckeninformation (SI) aus einer fahrzeugseitig abgespeicherten
Streckeninformationsdatenbank (DB) ermöglicht, von einer streckenseitigen Einrichtung
(30) zu dem Fahrzeug während der Fahrt übermittelt wird.
8. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Streckeninformation (SI) also solche oder zumindest eine streckenbezogene Angabe
(SBA), die ein Auslesen der Streckeninformation (SI) aus einer fahrzeugseitig abgespeicherten
Streckeninformationsdatenbank (DB) ermöglicht, von einer ETCS-kompatiblen Balise zu
dem Fahrzeug während der Fahrt übermittelt wird.
9. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
unter Heranziehung der jeweiligen Ausfallzustandsangabe (AZA) ein Bremsleistungswert
ermittelt wird und der Bremsvermögenswert (BVW) auf der Basis des Bremsleistungswerts
und der jeweiligen Fahrzeugmasse errechnet wird.
10. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
im Falle, dass während der Fahrt die Ausfallzustandsangabe (AZA) einen Komponentenausfall
signalisiert, ein Warnsignal (WS) erzeugt wird.
11. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die jeweilige Fahrzeugmasse während der Fahrt unter Bildung eines Massemesswerts (M)
gemessen wird und der Bremsvermögenswert (BVW) zumindest auch in Abhängigkeit von
dem Massemesswert (M) bestimmt wird.
12. Fahrzeugsteuergerät (100) für ein Fahrzeug, insbesondere ein Schienenfahrzeug (10),
wobei das Fahrzeugsteuergerät (100) geeignet ist,
- eine den Ausfallzustand von Bremsen (130) des Fahrzeugs angebende Ausfallzustandsangabe
(AZA) zu ermitteln und
- eine das Bremsvermögen der Bremsen (130) des Fahrzeugs angebenden Bremsvermögenswert
(BVW) unter Einbezug der Ausfallzustandsangabe (AZA) zu ermitteln,
dadurch gekennzeichnet, dass
- das Fahrzeugsteuergerät (100) derart ausgestaltet ist, dass es während der Fahrt
in einem Streckenabschnitt (SA) zumindest einmal, vorzugsweise regelmäßig oder unregelmäßig,
eine den jeweils aktuellen Ausfallzustand der Bremsen (130) angebende aktuelle Ausfallzustandsangabe
(AZA) ermittelt,
- einen das aktuelle Bremsvermögen der Bremsen (130) des Fahrzeugs angebenden Bremsvermögenswert
(BVW) unter Einbezug der jeweils aktuellen Ausfallzustandsangabe (AZA) während der
Fahrt ermittelt und
- auf der Basis einer Streckeninformation (SI), die den jeweils befahrenen oder als
nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt (SA) beschreibt, sowie auf der Basis des
jeweils aktuellen Bremsvermögenswerts (BVW) während der Fahrt ein ortsabhängiges Sollgeschwindigkeitsprofil
(Vsoll(x)) errechnet, das die Sollgeschwindigkeit (Vsoll) des Fahrzeugs über dem Ort
(X) im jeweils befahrenen oder als nächstes zu befahrenden Streckenabschnitt (SA)
definiert.
13. Fahrzeugsteuergerät (100) nach Anspruch 12,
dadurch gekennzeichnet,dass
- das Fahrzeugsteuergerät (100) eine Recheneinrichtung (100) und einen Speicher (120)
aufweist, in dem zumindest ein Steuerprogrammmodul (SPM) abgespeichert ist, das bei
Ausführung durch die Recheneinrichtung (110) die Arbeitsweise des Fahrzeugsteuergeräts
(100) bestimmt oder zumindest mitbestimmt, und
- das Steuerprogrammmodul (SPM) derart programmiert ist, dass es ein Verfahren nach
einem der Ansprüche 1 bis 11 ausführen kann.
14. Fahrzeugsteuergerät (100) nach einem der voranstehenden Ansprüche 12-13,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Fahrzeugsteuergerät (100) ein ETCS-kompatibles Fahrzeugsteuergerät (100) ist.
15. Fahrzeug, insbesondere Schienenfahrzeug (10),
dadurch gekennzeichnet, dass
das Fahrzeug mit einem Fahrzeugsteuergerät (100) nach einem der voranstehenden Ansprüche
12-14 ausgestattet ist.