Hintergrund der Erfindung
[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Zugbeeinflussungssystems
zur Beeinflussung eines schienengebundenen Fahrzeugs mit einer fahrzeugseitigen Überwachungseinrichtung
(OBU), wobei das Zugbeeinflussungssystem eine Streckenzentrale (Radio Block Center
RBC) und eine Außensignalisierung mit mindestens einem Signal und einer dem Signal
vorgeschalteten ersten Balisengruppe und einer am Signal angeordneten zweiten Balisengruppe
umfasst, wobei das Fahrzeug von der Streckenzentrale überwacht wird, wobei das Verfahren
umfasst: Zuordnung des Fahrzeugs zu dem Signal, Ermittlung eines aktuellen Signalbegriffs
des zugeordneten Signals, Erteilung einer Fahrterlaubnis durch die Streckenzentrale
an das Fahrzeug in Abhängigkeit von dem ermittelten Signalbegriff über eine Funkverbindung.
[0002] Ein Verfahren zum Betreiben eines Zugbeeinflussungssystems ist beispielsweise bekannt
aus [01].
[0003] In Europa wird hauptsächlich das europäische Zugsicherungssystem European Train Control
System (ETCS) verwendet, welches Bestandteil des europäischen Verkehrsleitsystem ERTMS
ist. Eine weitere Komponente des ERTMS ist das Bahn-Mobilfunksystem GSM-R. ETCS wird
in allen europäischen Ländern im Hochgeschwindigkeits- und konventionellen Bahnverkehr
eingesetzt.
[01] beschreibt verschiedene Level und Modi, unter denen ETCS verwendet werden kann.
[0004] Bei ETCS Level 1 erfolgt die Kommunikation zwischen Strecke und Fahrzeug diskontinuierlich
über Balisen, die oftmals an den Standorten von Vor- und Hauptsignalen angeordnet
sind. Dabei werden ETCS Informationen übertragen, sobald das Fahrzeug die Balise passiert.
Die wichtigsten, von den Balisen übermittelten Informationen sind Streckengradienten,
Streckenhöchstgeschwindigkeiten, der Punkt, an dem das Fahrzeug zum Stehen kommen
soll, sowie Signalzustände/Signalbegriffe ("Halt" "Fahrt" usw.). Die Balisen erhalten
die an das Fahrzeug zu übertragenden Informationen von einer Lineside Electronic Unit
(LEU), welche an das Stellwerk oder die Signale angekoppelt ist.
[0005] ETCS Level 2 zeichnet sich durch eine ständige Kommunikation zwischen Fahrzeug und
ETCS-Zentrale (RBC) via GSM-R bzw. Euroradio aus. Hierfür ist eine genaue Positions-
und Richtungsbestimmung des Zuges notwendig. Der Fahrzeugrechner übermittelt regelmäßig
Positions- und Richtungsinformationen über GSM-R an die Strecke. Falls die Strecke
nicht auch für ETCS Level 1 tauglich ist, sind die Balisen üblicherweise Festdatenbalisen,
senden also nur statische Nachrichten an das Fahrzeug.
[0006] Sowohl bei ETCS Level 1 als auch bei ETCS Level 2 werden Informationen betreffend
freie Gleisabschnitte über die ortsfeste Gleisfreimeldung vom Stellwerk ermittelt
und an die ETCS-Zentrale übergeben: Die Strecke ist dazu - wie bei konventioneller
Sicherungstechnik - in Blockabschnitte geteilt, wobei der Zug nur dann in den nächsten
Blockabschnitt einfahren darf, wenn dieser einschließlich des anschließenden Schutzabschnittes
nicht von einem anderen Zug belegt, sondern freigemeldet ist.
[0007] Für die verschiedenen ETCS Level sind die Modi Full Supervision (FS) und Limited
Supervision (LS) definiert. Zusammen mit dem Mode bilden die ETCS-Informationen eine
Fahrterlaubnis (Movement Authority). Damit kann die fahrzeugseitige ETCS-Ausrüstung
kontinuierlich die Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit (und Richtung) überwachen
und rechtzeitig eine Zwangsbremsung auslösen, unabhängig von national definierten
Streckengeometrien und Signalabständen.
[0008] Im Mode "Limited Supervision" (LS) werden die Signalbegriffe der Signale (Außensignalisierung)
weiterverwendet. D.h. der Fahrzeugführer liest die Signalinformation direkt von der
Außensignalisierung ab. Es wird "nach Außensignalisierung" gefahren.
[0009] Im Mode "Full Supervision" (FS) hingegen werden die Signalbegriffe der Signale (Außensignalisierung)
durch eine Führerstandsignalisierung (Mode FS) ersetzt. Der Fahrzeugführer liest die
Signalinformation von der Führerstandsanzeige ab. Auf eine Außensignalisierung kann
im Mode FS im Prinzip verzichtet werden.
[0010] Während im Mode FS der Zug also voll vom ETCS überwacht wird, erfolgt im Mode LS
nur eine Hintergrundüberwachung. Der Triebfahrzeugführer ist im Mode LS also weiterhin
verpflichtet, auf die streckenseitige Signalisierung zu achten.
[0011] Der Mode Limited Supervision wurde speziell für ETCS Level 1 designt, um Kosten zu
reduzieren bzw. ETCS Level 1 auf Strecken verwenden zu können, die keine festen Vorsignalabstände
haben. Für ETCS Level 2 ist der Mode Limited Supervision nicht designt, daher fehlen
viele notwendige Funktionen, um einen entsprechenden Betrieb zu realisieren.
Aufgabe der Erfindung
[0012] Es ist Aufgabe der Erfindung ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, das eine Limited
Supervision im ETCS Level 2 Modus ermöglicht, wobei einerseits Entwicklungskosten
und Hardwarekosten reduziert werden können und andererseits ein hohes Sicherheitslevel
realisiert werden kann.
Beschreibung der Erfindung
[0013] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass das Fahrzeug von einem Fahrzeugführer
nach der Außensignalisierung gefahren wird, und dass die Überwachung durch die Streckenzentrale
im Hintergrund erfolgt, derart, dass die Streckenzentrale diskontinuierlich mit dem
Fahrzeug kommuniziert, wobei die Fahrterlaubnis durch Überfahren der ersten Balisengruppe
angefordert wird, und die Fahrterlaubnis in Abhängigkeit des ermittelten aktuellen
Signalbegriffs an das Fahrzeug übertragen wird, wobei die Fahrterlaubnis eine Verkettungsinformation
(Linking-Information) enthält, wodurch die zweite Balisengruppe maskiert und damit
nicht ausgewertet wird.
[0014] Bei dem erfindungsgemäßem Verfahren erfolgt die Steuerung des Fahrzeugs (mindestens
einen Wagen, wobei der Wagen ein Triebfahrzeug und ggf. weitere Wagen umfassen kann,
insbesondere Zug) primär durch den Fahrzeugführer, wobei die Steuerung durch den Fahrzeugführer
durch eine Hintergrundüberwachung ergänzt wird. Der Fahrzeugführer entscheidet also
in Abhängigkeit von den Außensignalen, ob/wie der Zug beschleunigt oder verzögert
wird bzw. mit welcher Geschwindigkeit er fährt ("Fahren nach Außensignalisierung").
Die Hintergrundüberwachung greift lediglich im Falle eines Fehlers des Triebfahrzeugführers
ein und bewirkt gegebenenfalls eine Sicherheitsreaktion. D.h. der Triebfahrzeugführer
fährt nicht nach den Vorgaben des Zugbeeinflussungssystems, sondern nach Vorgaben
der Außensignalisierung. Da die Verantwortung beim Triebfahrzeugführer liegt, muss,
im Gegensatz zu ETCS Level 2 FS, die Streckenzentrale nur geringe Sicherheitsanforderungen
an das Zugbeeinflussungssystem erfüllen. Hierdurch werden die Entwicklungskosten des
verwendeten Systems verringert.
[0015] Durch die Verwendung der Hintergrundüberwachung kann das Anfahren gegen haltzeigende
Signale verhindert werden, indem sich das Fahrzeug bei Beginn der Zugfahrt ("Start
of Mission") beim RBC anmeldet. Hierdurch kann das Anfahren gegen haltzeigende Signale
unterbunden werden, da die Streckenzentrale ein SR(Staff Responsible)-Erlaubnis, bei
der nur die maximal zulässige Geschwindigkeit überwacht wird, oder eine OS(on sight)-Erlaubnis
ausgeben kann, die eine geringere maximalen Geschwindigkeit erlauben als es die national
vorgegebenen Werte (National Values) vorgeben. Es werden daher bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren weniger Balisen benötigt als bei ETCS Level 1 LS. Darüber hinaus wird nicht
an jedem Signal eine streckenseitige Elektronik (Lineside Electronic Unit LEU) benötigt,
wie es bspw. bei ETCS Level 1 LS der Fall ist.
[0016] Die Hintergrundüberwachung ermöglich auch ein sofortiges Eingreifen, ohne an die
Positionen der Balisen gebunden zu sein.
[0017] Entscheidend für die Durchführung des Verfahrens ist die Verwendung von Verkettungsinformation
(Linking-Information) in der Fahrterlaubnis. Durch die Verkettungsinformation kann
erreicht werden, dass die zweite Balisengruppe maskiert und damit nicht ausgewertet
wird. Unter "Linking-Information" (Verkettungsinformation) versteht man die logische
Verknüpfung einer Balisengruppe mit einer nachfolgenden Balisengruppe. Bei einer Verkettung
werden in Fahrtrichtung aufeinander folgende Balisengruppen mit ihren Identitäten
und den dazwischen zu fahrenden Distanzen angekündigt und überwacht. Wird in der Verkettungsinformation
eine Balisengruppe nicht aufgeführt, so werden deren Informationen von der fahrzeugseitigen
Überwachungseinrichtung nicht verwendet. Die Linking-Information dient zum Maskieren
der zweiten Balisengruppe. Nach dem Passieren des Orts einer virtuellen Balisengruppe
wird die Linking-Information auf dem Fahrzeug wieder gelöscht und es wird wieder jede
Balise gelesen.
[0018] Die Balisen dienen der Ortsbestimmung des Fahrzeugs. Erfindungsgemäß wird die erste
Balisengruppe vor dem Signal zur Information der Streckenzentrale verwendet, dass
sich das Fahrzeug vor dem Signal befindet und eine Fahrterlaubnis erteilt werden muss,
um eine Sicherheitsreaktion zu vermeiden.
[0019] Eine "Fahrterlaubnis" ist eine Nachricht, die von der Strecke an das Fahrzeug übermittelt
und dort ausgewertet wird. Aus der Fahrterlaubnis, dem Bremsvermögen des Fahrzeugs,
der Odometrie und weiteren Eingangsdaten werden u.a. Bremskurven abgeleitet, die der
Geschwindigkeitsüberwachung des Fahrzeugs zu Grunde gelegt werden, insbesondere im
Rahmen vom ETCS. Die Fahrterlaubnis beinhaltet u.a. die Länge, bzw. das Ende der Fahrterlaubnis,
d.h. den Ort, bis zu dem die Fahrt durchgeführt werden darf und ggf. eine Permitted
Braking Distance (einen zulässigen Bremsweg). Bspw. führt die Ankündigung eines zulässigen
Bremswegs bei "Halt erwarten" an einem Vorsignal dazu, dass das Fahrzeug die Geschwindigkeit
so weit reduziert, dass mit dem jeweiligen Bremsvermögen der zulässige Bremsweg bei
überfahren des zugehörigen haltzeigenden Hauptsignals noch eingehalten wird.
[0020] Die Fahrterlaubnis von der Streckenzentrale beinhaltet Linking-Information auf eine
virtuelle (nicht vorhandene) Balisengruppe hinter der zweiten Balisengruppe. Hierdurch
wird die Information der zweiten Balisengruppe vom Fahrzeug nicht ausgewertet (insbesondere
nicht an die Streckenzentrale weitergeleitet) und die Sicherheitsreaktion im Falle
des Empfangs einer Fahrterlaubnis vom Fahrzeug verhindert (Maskieren der zweiten Balisengruppe).
Hat das Fahrzeug die Fahrterlaubnis nicht erhalten, so wird die zweite Balisengruppe
gelesen und die ID an die Streckenzentrale gesendet. Bei Vorhandensein eines Vorsignals
und eines Hauptsignals gilt dies für die beiden Balisengruppen am Vorsignal wie für
die beiden Balisengruppen am Hauptsignal. Wird aufgrund einer Störung die Fahrterlaubnis
von der fahrzeugseitigen Überwachungseinrichtung nicht empfangen, wird die zweite
Balisengruppe ausgewertet, welche eine Sicherheitsreaktion auf der fahrzeugseitigen
Überwachungseinrichtung auslöst.
[0021] Die übermittelte Fahrterlaubnis bewirkt bei fahrtzeigendem Signal eine Weiterfahrt
ohne Beeinflussung, bei haltzeigendem Signal eine Beeinflussung vor dem Vorsignal
(Einhaltung des zulässigen Bremswegs in eine Entfernung nach dem Vorsignal) und eine
Beeinflussung vor dem Hauptsignal mit einer Fahrterlaubnis bis zum Hauptsignal. Es
erfolgt keine Anzeige der Fahrterlaubnis im Führerstand, da der Triebfahrzeugführer
nach Außensignalisierung fährt und nur im Hintergrund überwacht wird. Sobald ein haltzeigendes
Signal auf Fahrt wechselt, wird die Fahrterlaubnis erneuert und die Beeinflussung
aufgehoben.
[0022] Bei dem Zugbeeinflussungssystem handelt es sich vorzugsweise um ETCS und das Fahrzeug
wird im Betriebsmodus ETCS Level 2 Limited Supervision (LS) betrieben. Vorzugsweise
erteilt die Streckenzentrale vor Überfahren der ersten Balisengruppe zunächst eine
initiale Fahrterlaubnis mit einer vorgegebenen Maximallänge und Modeprofil "Limited
Supervision". Die vorgegebene Maximallänge ist vorzugsweise > 32 km ("unbegrenzte
Fahrterlaubnis").
[0023] Bei dieser speziellen Verfahrensvariante wird das Verfahren mit einem gegenüber einen
Betriebsmodus ETCS Level1 LS und/oder ETCS Level2 FS reduzierten Projektierungsaufwand
für das technische System durchgeführt. Das Verfahren wird also mit einem System ausgeführt,
das für einen Betriebsmodus ETCS Level 1 LS und/oder ETCS Level 2 FS unvollständig
projektiert ist. Unter Projektierung ist die projektbezogene Konfiguration des Systems
zu verstehen. Eine unvollständige Projektierung bedeutet, dass nicht alle für ETCS
Level 1 LS bzw. ETCS Level 2 FS benötigten Daten projektiert werden. D.h. dass mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren in Bezug auf ETCS Level 2 FS und ETCS Level 1 LS ein
geringerer Projektierungsaufwand nötig ist. Insbesondere müssen bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren die Distanzen zwischen Vor- und Hauptsignalen nicht projektiert werden.
Die Distanzen zwischen Hauptsignalen müssen nicht projektiert werden. Die Neigungswinkel
und Geschwindigkeitsprofile der Strecke müssen nicht projektiert werden. Die Abstände
zwischen erster und zweiter Balisengruppe am Vor- und Hauptsignal werden auf einen
einheitlichen Wert festgelegt und müssen nicht individuell projektiert werden. Das
erfindungsgemäße Verfahren erfordert also einen deutlich reduzierten Projektierungsaufwand
für das technische System als für einen Betriebsmodus ETCS Level1 LS und/oder ETCS
Level2 FS.
[0024] Beim Überfahren der Balisengruppe durch das Fahrzeug wird vorzugsweise eine statische
Information, insbesondere die Balisen-ID, vom Fahrzeug, insbesondere von der fahrzeugseitigen
Überwachungseinrichtung (OBU), gelesen. Die statische Information kann neben der Balisen-ID
auch bspw. Textnachrichten und/oder Informationen bzgl. Langsamfahrstellen enthalten.
[0025] Vorzugsweise umfassen die erste Balisengruppe und die zweite Balisengruppe dazu Festdatenbalisen
(passive Balisen), die ausschließlich statische Informationen an das Fahrzeug übermitteln
können.
[0026] Die beim Überfahren der ersten Balisengruppe von der Balisengruppe an das Fahrzeug
übermittelte statische Information wird zumindest teilweise vom Fahrzeug an die Streckenzentrale,
insbesondere über die Funkverbindung, vorzugsweise mittels GSM-R oder Euroradio, übermittelt.
[0027] Vorzugsweise erfolgt die Zuordnung des Fahrzeugs zu dem Signal durch die Streckenzentrale
anhand der vom Fahrzeug an die Streckenzentrale übermittelten statischen Information.
Insbesondere kann mittels der ID der Ort des Fahrzeugs bestimmt werden. Mit Hilfe
der der bestimmten Ortsdaten kann die Streckenzentrale die Zuordnung des Fahrzeugs
zum Signal durchführen. Die Zuordnung des Fahrzeugs zu dem Vor- oder Hauptsignal und
somit die Positionsbestimmung erfolgt also mittels der Balisen, vorzugsweise ausschließlich
mittels der Balisen. Die für die Zuordnung verwendeten Positionsdaten können im Prinzip
auch mittels anderer Ortungsmethoden ermittelt werden, z.B. GPS, Trägheitsnavigation,
Magnetfeldkarten. Das Fahrzeug müsste dazu zyklisch seine mittels der Ortungsmethode
ermittelte Position an die Streckenzentrale melden, die dann wieder eine Signalzuordnung
durchführt.
[0028] Falls das Fahrzeug nach dem Überfahren der ersten Balisengruppe keine neue Fahrterlaubnis
von der Streckenzentrale erhält, durch den die zweite Balisengruppe maskiert wird,
liest das Fahrzeug in einer besonders bevorzugten Verfahrensvariante die zweite Balisengruppe
aus und eine Sicherheitsreaktion, insbesondere eine automatische Abbremsung des Fahrzeugs,
wird eingeleitet. Die Sicherheitsreaktion erfolgt vorzugsweise in Form einer temporären
Geschwindigkeitsbegrenzung (= Langsamfahrstelle). Die Langsamfahrstelle befindet sich
insbesondere vor einem Signal vor einer Gefahrenstelle (Hauptsignal). Die Balise,
die das Senden einer Langsamfahrstelle auslöst, befindet sich vorzugsweise am Ort
eines Vorsignals. Die Langsamfahrstelle bewirkt, dass das Fahrzeug auf eine geringe
Geschwindigkeit vor dem Hauptsignal heruntergebremst wird, so dass eine eventuelle
Notbremsung an der zweiten Balisengruppe nicht zum Überfahren des Gefahrpunkts hinter
dem Hauptsignal führt. Sie zwingt das Fahrzeug abzubremsen. Zusätzlich erhält der
Triebfahrzeugführer eine Textnachricht über den die Sicherheitsreaktion auslösenden
Grund. Ein Grund für den Nichterhalt der Fahrterlaubnis kann bspw. eine Verzögerung
oder Störung sein, z.B. bei der Übermittlung der statischen Information an die Streckenzentrale
[0029] Eine spezielle Verfahrensvariante sieht vor, dass durch Überfahren der zweiten Balisengruppe
das Fahrzeug eine quittierungspflichtige Anweisung, insbesondere mit einer Textnachricht,
erhält, und dass die automatische Abbremsung als Reaktion auf das Fehlen einer Quittierung
der quittierungspflichtigen Anweisung erfolgt.
[0030] Vorzugsweise umfasst die quittierungspflichtige Anweisung eine nicht erfüllbare Quittungsbedingung,
bspw. mit einer Quittierungszeit t=0 oder Quittierungsweg s=0 als Quittierungsbedingung.
[0031] Die Ermittlung des aktuellen Signalbegriffs erfolgt vorzugsweise durch Abgreifen
von Streckeninformationen an einem Stellwerk durch die Streckenzentrale.
[0032] Bei einer besonders bevorzugten Verfahrensvariante umfasst das mindestens eine Signal
ein Vorsignal und ein Hauptsignal, und die Balisengruppen eine dem Vorsignal vorgeschaltete
erste Vorsignalbalisengruppe und eine dem Hauptsignal vorgeschaltete erste Hauptsignalbalisengruppe
sowie eine am Vorsignal angeordnete zweite Vorsignalbalisengruppe und eine am Hauptsignal
angeordnete zweite Hauptsignalbalisengruppe.
[0033] Falls das Fahrzeug über das Hauptsignal hinausfahren soll (insbesondere wenn das
Vorsignal "Fahrt erwartend" bzw. Hauptsignal "Fahrt" zeigt), ist vorzugsweise vorgesehen,
dass die an das Fahrzeug übermittelte Fahrterlaubnis Information bzgl. des Modeprofils
"Limited Supervision" und eine Länge über das Hauptsignal hinaus umfasst. Darüber
hinaus können noch weitere Informationen mit der Fahrterlaubnis mitgegeben werden,
wie z.B. Streckenneigung, maximale Streckengeschwindigkeit, oder die am Signal signalisierte
zulässige Geschwindigkeit im folgenden Streckenabschnitt, etc.
[0034] Zeigt das Vorsignal zunächst "Halt erwartend" und der Signalbegriff ändert sich dahingehend,
dass er eine Fahrt über das Hauptsignal hinaus erlaubt (Hauptsignal wird von "Halt"
auf "Fahrt" aufgewertet), so wird die Fahrterlaubnis verlängert. Besonders vorteilhaft
ist es, wenn nach einer Signalaufwertung (Änderung des Signalbegriffs auf "Fahrt"
bzw. "Fahrt erwartet") die Streckenzentrale die Fahrterlaubnis sofort verlängert und
nicht abgewartet wird, bis eine neue Balisengruppe überfahren wurde, wie es bspw.
in Level 1 Limited Supervision zwingend der Fall ist. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
hingegen kann jederzeit bei Fahrtstellung des Signals die Fahrterlaubnis verlängert
werden. Dadurch kann die Anzahl der Balisen gegenüber ETCS Level 1 Limited Supervision
reduziert werden.
[0035] Falls das Fahrzeug nicht über das Hauptsignal hinausfahren soll (insbesondere, wenn
das Vorsignal "Halt erwartend" bzw. Hauptsignal "Halt" zeigt), ist vorzugsweise vorgesehen,
dass die an das Fahrzeug übermittelte Fahrterlaubnis Information bzgl. eines zulässigen
Bremswegs (Permitted Braking Distance) umfasst, und dass die Einhaltung des Bremswegs
von der fahrzeugseitigen Überwachungseinrichtung (OBU) überwacht wird. In diesem Fall
sendet die Streckenzentrale nach dem Überfahren der ersten Balisengruppe vor dem Vorsignal
eine unbegrenzte Fahrterlaubnis mit Modeprofil LS. Durch die Permitted Braking Distance
überwacht das Fahrzeug im Hintergrund, dass der Triebfahrzeugführer das Fahrzeug abbremst.
Tut er das nicht, so wird das Fahrzeug beim Überschreiten der zulässigen Geschwindigkeit
durch die OnBoard-Unit zwangsgebremst. Durch eine Fahrterlaubnis, die eine Permitted
Braking Distance enthält, wird also die Hintergrundüberwachung aktiviert. So wird
verhindert, dass das Fahrzeug am Hauptsignal vorbeifährt. Da mit dem erfindungsgemäßen
Verfahren also das Anfahren gegen haltzeigende Signale durch Verwendung der Hintergrundüberwachung
durch die Streckenzentrale unterbunden werden kann, kann die Anzahl der Balisen gegenüber
ETCS Level 1 LS weiter reduziert werden.
[0036] Zeigt das Vorsignal zunächst "Fahrt erwartend" und das Hauptsignal fällt von "Fahrt"
auf "Halt" zurück, so sendet die Streckenzentrale einen Conditional Emergency Stop
auf den Standort des Hauptsignals. Befindet sich das Fahrzeug noch vor dem Hauptsignal,
so wird hierdurch die bestehende Fahrterlaubnis gekürzt und der Zug wird auf das Hauptsignal
abgebremst.
[0037] Vorzugsweise wird für die Auslösung einer Sicherheitsreaktion die zweite Balisengruppe
verwendet.
[0038] Eine besonders bevorzugte Verfahrensvariante sieht vor, dass die in der Fahrterlaubnis
enthaltene Verkettungsinformation Informationen bezüglich einer virtuelle Balisengruppe
umfasst, die bewirkt, dass beim Passieren des Orts der virtuellen Balisengruppe die
Verkettungsinformation auf dem Fahrzeug wieder gelöscht wird und alle weiteren Balisen
wieder gelesen werden. Nach dem Überfahren der ersten Balisengruppe wird die erste
Balisengruppe auf dem Fahrzeug als Last Relevant Balisegroup (LRBG) gespeichert. Alle
Distanzen der Fahrterlaubnis, die Verkettungsinformation usw. beziehen sich immer
auf diese LRBG, bis eine neue Balisengruppe die LRBG wird. Die virtuelle Balisengruppe
liegt in einer bestimmten Distanz hinter der ersten Balisengruppe, welches über die
Verkettungsinformation in der Fahrterlaubnis der fahrzeugseitigen Überwachungseinrichtung
bekannt ist. Das Fahrzeug misst seine eigene Position in Bezug auf die LRBG. Nachdem
das Fahrzeug diese Distanz zurückgelegt hat, wird die die Verkettungsinformation bzgl.
der virtuellen Balisengruppe gelöscht und somit das Linking auf dem Fahrzeug deaktiviert,
bis eine neue Verkettungsinformation von der Streckenzentrale gesendet wird. Das Löschen
der die Verkettungsinformation erfolgt vorzugsweise beim Passieren des Orts der virtuellen
Balisengruppe mit der vorderen (sicheren) Zugspitze. Dadurch, dass die Verkettungsinformation
gelöscht wird, wird die erste Balisengruppe am nächsten Signal wieder gelesen. Würde
die Verkettungsinformation nicht gelöscht, so würden die nächsten Balisengruppen nicht
gelesen werden. Hierdurch ist es möglich die zweiten Balisengruppen am Vor- und Hauptsignal
zu maskieren. Die Positionsdaten der virtuellen Balisengruppe sind so gewählt, dass
diese hinter der maskierten zweiten Balisengruppe liegen.
[0039] Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der Zeichnung.
Ebenso können die vorstehend genannten und die noch weiter ausgeführten Merkmale erfindungsgemäß
jeweils einzeln für sich oder zu mehreren in beliebigen Kombinationen Verwendung finden.
Die gezeigten und beschriebenen Ausführungsformen sind nicht als abschließende Aufzählung
zu verstehen, sondern haben vielmehr beispielhaften Charakter für die Schilderung
der Erfindung.
[0040] Detaillierte Beschreibung der Erfindung und Zeichnung
- Fig. 1
- zeigt die wesentlichen Elemente des für das erfindungsgemäße Verfahren verwendete
Zusicherungssystems sowie die Übertragung der für das Verfahren notwendigen Informationen.
- Fig. 2
- zeigt eine Strecke mit Vor- und Hauptsignal sowie den für das erfindungsgemäße Verfahren
verwendeten Balisengruppen.
[0041] Fig. 1 zeigt ein Triebfahrzeug F auf einer Strecke S vor einem Signal
Sig (Streckensignal). Die Strecke S ist mit einer ersten Balisengruppe
SigB 1 und einer zweiten Balisengruppe
SigB2. Mittels der Balisengruppen SigB 1, SigB 2 werden statische Informationen, insbesondere
Balisen-Identifizierungsnummer
ID und Textnachrichten
TXT an eine Überwachungseinrichtung
OBU (On Board-Unit) innerhalb des Fahrzeugs F übermittelt. Die Überwachungseinrichtung
OBU umfasst eine Empfangseinheit
EB zum Empfangen der von den Balisengruppen SigB 1, SigB 2 ausgesandten Information.
Die Überwachungseinrichtung kann auch einen Sendekanal aufweisen, auf dem es Energie
sendet. Hierdurch kann die Balise ihre Energie zu ihrer eigenen Energieversorgung
erhalten. Eine weitere Sendeeinrichtung kann in der Überwachungseinrichtung enthalten
sein, damit es nicht nur Balisen, sondern auch LOOPs, d.h. Linienleiterschleifen,
lesen kann. Zum Empfangen von Funksignalen einer Streckenzentrale
RBC und zur Übertragung von Funksignalen an die Streckenzentrale RBC ist eine Sende-
und Empfangseinrichtung GSM vorgesehen, das vorzugsweise auf dem Mobilfunkstandard
GSM aufbaut. Beim Überfahren der ersten Balisengruppe SigB 1 erhält die Überwachungseinrichtung
OBU die Balisen-ID der soeben überfahren Balisengruppe SigB 1. Die Überwachungseinrichtung
OBU übermittelt diese Balisen-ID an die Streckenzentrale RBC, sodass diese den Ort
des Fahrzeugs ermitteln kann. Die Streckenzentrale RBC ordnet anhand der Balisen-ID
und der Fahrtrichtung das Fahrzeug F einem Vor- oder Hauptsignal zu.
[0042] Gleichzeitig greift die Streckenzentrale RBC Signalinformationen an einem Stellwerk
IL ab, welches wiederum mit den Signalen Sig auf der Strecke S verbunden ist. Anhand
der Ortsinformation des Fahrzeugs F und dem Signalbegriff des Signals Sig erstellt
die Streckenzentrale RBC eine Fahrterlaubnis MA und sendet diese über die Funkverbindung
an die Überwachungseinrichtung OBU des Fahrzeugs F.
[0043] Je nach Signalbegriff wird die Fahrterlaubnis MA eingeschränkt oder unbeschränkt
erteilt.
[0044] Die Steuerung des Fahrzeugs liegt primär in der Verantwortung eines Fahrzeugführers,
der sich nach der Außensignalisierung richtet. Die Überwachungseinrichtung OBU dient
lediglich zur Hintergrundüberwachung, um z.B. im Falle einer Fehlentscheidung des
Fahrzeugführers eine Sicherheitsreaktion hervorzurufen.
[0045] Die Position des Fahrzeugs F wird durch die Streckenzentrale RBC nicht kontinuierlich
überwacht. Die Überwachung wird angestoßen, wenn das Fahrzeug F nach Überfahren einer
Balisengruppe SigB1, SigB2 deren Balisen-ID an die Streckenzentrale RBC sendet. Wird
aufgrund einer Übertragungsstörung eine Balisen-ID nicht an die Streckenzentrale RBC
übermittelt, so wird durch die zweite Balisengruppe SigB2 eine Sicherheitsreaktion
initiiert, die das Fahrzeug F abbremst.
[0046] Fig. 2 zeigt eine Strecke S mit einem Vorsignal
VSig und einem Hauptsignal
HSig, einer ersten Vorsignalbalisengruppe
VSigB1, einer zweiten Vorsignalbalisengruppe
VSigB2, einer ersten Hauptsignalbalisengruppe
HSigB1 und einer zweiten Hauptsignalbalisengruppe
HSigB2. Die erste Vorsignalbalisengruppe VSigB1 befindet sich in einem Abstand d1 vor dem
Vorsignal VSig. Die Balisen-ID der ersten Vorsignalbalisengruppe VSigB1 dient der
Streckenzentrale RBC zur Zuordnung des Fahrzeugs F zum Vorsignal VSig. Die zweite
Vorsignalbalisengruppe VSigB2 dient zur Einleitung einer Sicherheitsreaktion, falls
die ID der ersten Vorsignalbalisengruppe VSigB1 nicht zur Streckenzentrale RBC gesendet
wurde.
[0047] Die erste Hauptsignalbalisengruppe HSigB1 befindet sich in einem Abstand d2 vor dem
Hauptsignal HSig. Die Balisen-ID der ersten Hauptsignalbalisengruppe HSigB1 dient
der Streckenzentrale RBC zur Zuordnung des Fahrzeugs F zum Hauptsignal HSig. Die zweite
Hauptsignalbalisengruppe HSigB2 dient zur Einleitung einer Sicherheitsreaktion, falls
die Balisen-ID der ersten Hauptsignalbalisengruppe HSigB1 nicht zur Streckenzentrale
RBC gesendet wurde.
[0048] Der Abstände d1, d2 sollte so kurz wie möglich und so lange wie nötig sein und sind
abhängig von Streckengeschwindigkeit und Dauer, vom Auslesen der Balisengruppe, Übermitteln
der Balisen -ID an die Streckenzentrale RBC und vom Erhalt eines neuen Fahrbefehls.
Insbesondere muss der neue Fahrbefehl vor Überfahren der Balise SigB2 auf dem Fahrzeug
F sein, da ansonsten eine Sicherheitsreaktion erfolgt. Unter beispielhafter Annahme
einer Dauer für das Lesen eines Telegramms aus der Balise von ca. 1s, für das Verarbeiten
auf dem Fahrzeug von ca. 0,5s, für das Senden an die Streckenzentrale von ca. 1s,
für die Verarbeitung in der Streckenzentrale von ca. 0,5s, für das Senden an das Fahrzeug
von ca. 1s, für das Verarbeiten der neuen Fahrterlaubnis MA auf dem Fahrzeug von ca.
0,5s ergeben sich ca. 4,5s und daraus bei einer angenommenen Geschwindigkeit von 160km/h
für die Abstände d1, d2 ca. 200m.
[0049] Fig. 2 zeigt darüber hinaus (gestrichelt) virtuelle Balisengruppen
ViB. Hierbei handelt es sich nicht um tatsächliche Balisengruppen im Sinne von Hardware,
sondern um Ortsdaten, die als Verkettungsinformation mit der Fahrterlaubnis MA an
das Fahrzeug F übermittelt werden. Die Verkettungsinformation legt fest, bis wohin
Balisen, die gegebenenfalls überfahren werden, nicht ausgelesen werden. Am Ort der
virtuellen Balisengruppen ViB wird dieses "Ausleseverbot" aufgehoben und nachfolgend
überfahrene Balisen werden wieder ausgelesen.
[0050] Im Folgenden wird das erfindungsgemäße Verfahren anhand einer Strecke S mit einem
Vorsignal VSig und einem Hauptsignal HSig, wie in Fig. 2 gezeigt, beschrieben:
Das Fahrzeug F fährt auf der Strecke S. Die Überwachungseinrichtung OBU im Fahrzeug
F liest die erste Vorsignal-Balisengruppe VSigB1 vor dem Vorsignal VSig und sendet
die Balisen-ID zur Streckenzentrale RBC. Die Streckenzentrale RBC kann nun das Fahrzeug
F dem Vorsignal VSig oder dem Hauptsignal HSig zuordnen. (In der Regel wird die Balisen-ID
des Vorsignals VSig direkt dem Hauptsignal HSig zugeordnet. Nur in Fällen, bei denen
am Standort des Vorsignals VSig keine Zuordnung zum Hauptsignal HSig möglich ist,
muss die Vorsignal- oder eine Weichenlageinformation ausgewertet werden.)
[0051] Zeigt das Vorsignal VSig "
Fahrt erwartend" sendet die Streckenzentrale RBC dem Fahrzeug F einen Fahrbefehl für Mode LS über
das Hauptsignal HSig hinaus, dabei wird Verkettungs(Linking)-Information verwendet.
Hierdurch wird die Vorsignal-Balisengruppe VSigB2 maskiert und vom Fahrzeug F nicht
ausgewertet.
[0052] Zeigt das Vorsignal VSig "
Halt erwartend" sendet die Streckenzentrale RBC dem Fahrzeug F einen Fahrbefehl für Mode LS mit einer
Permitted Breaking Distance von x-Meter und Linking-Information. Hierdurch wird die
Vorsignalbalisengruppe VSigB2 maskiert und vom Fahrzeug F nicht ausgewertet. Durch
die Permitted Braking Distance überwacht das Fahrzeug F im Hintergrund, dass der Triebfahrzeugführer
das Fahrzeug F abbremst. Tut er das nicht, so wird als Sicherheitsreaktion das Fahrzeug
F beim Überschreiten der zulässigen Geschwindigkeit durch die Überwachungseinrichtung
OBU gebremst.
[0053] Bekommt das Fahrzeug F durch eine Verzögerung oder Störung vor dem Vorsignal VSig
keine neue Fahrterlaubnis MA von der Streckenzentrale RBC gesendet, in dem die zweite
Vorsignalbalisengruppe VSigB2 maskiert wird, so liest der Zug die zweit Vorsignalbalisengruppe
VSigB2 und erhält eine Temporary Speed Restriktion in y-Meter Entfernung. Diese zwingt
das Fahrzeug F abzubremsen, zusätzlich erhält der Triebfahrzeugführer eine Textnachricht
über den Grund der durchgeführten Sicherheitsreaktion.
Weiterfahrt bei Vorsignal VSiG "Fahrt erwartend":
[0054] Das Fahrzeug F fährt weiter, bis die Überwachungseinrichtung OBU die Hauptsignalbalisengruppe
HSigB1 vor dem Hauptsignal HSig liest und sendet die entsprechende Balisen-ID zur
Streckenzentrale RBC. Die Streckenzentrale RBC kann nun das Fahrzeug F dem Hauptsignal
HSig zuordnen. Die Zuordnung ist nicht zwingend notwendig, wenn das Hauptsignal HSig
zu diesem Zeitpunkt immer noch "Fahrt" zeigt.Zeigt das Hauptsignal HSig zu diesem
Zeitpunkt immer noch "Fahrt", sendet die Streckenzentrale RBC dem Fahrzeug F eine
Fahrterlaubnis MA für Mode LS weit über das Hauptsignal HSig hinaus. Die Fahrterlaubnis
MA enthält Linking-Information, die bewirkt, dass die zweite Hauptsignalbalisengruppe
HSigB2 maskiert und vom Fahrzeug F nicht ausgewertet wird.
[0055] Für den Fall, dass beim Überfahren der Hauptsignalbalisengruppe HSigB1 keine erneute
Zuordnung zum Hauptsingal erfolgt, muss trotzdem ein erneute Fahrterlaubnis MA generiert
werden, die die zweite Hauptsignalbalisengruppe HSigB2 maskiert, dies wird durch das
Melden der ersten Hauptsignalbalisengruppe HSigB1 angestoßen, damit wird die Sicherheitsreaktion
an der zweiten Hauptsignalbalisengruppe HSigB2 aufgehoben. Hierdurch ist es nicht
nötig den Abstand zwischen Vorsignal VSig und Hauptsignal HSig zu projektieren. (Dieser
kann von ca. 700m bis 1500m lang sein).
[0056] Wechselt das Hauptsignal HSig in "Halt" (Haltfall), erfolgt eine Auswertung durch
die Streckenzentrale RBC. Das Fahrzeug F erhält von der Streckenzentrale RBC einen
Conditional Emergency Stop (Nothalt) auf den Standort des Hauptsignals HSig. (d2+z
Meter nach der ersten Hauptsignalbalisengruppe HSigB1, wobei z eine Korrekturgröße
ist, die benötigt wird, um die Differenz zwischen Hauptsignal HSig und Ende des zugehörigen
Gleisfreimeldeabschnitts hinter dem Hauptsignal HSig auszugleichen). Wurde der Haltfall
des Hauptsignals HSig durch das Fahrzeug F bedingt, weil bspw. das Fahrzeug F das
Hauptsignal HSig regulär passiert hat und somit den nächsten Gleisabschnitt blockiert,
wird der Nothalt ignoriert, da es sich um einen regulären Haltfall handelt, der verhindern
soll, dass ein weiteres Fahrzeug in denselben Gleisabschnitt einfährt. Sollte sich
das Fahrzeug F noch vor dem Hauptsignal HSig befinden, wird als Sicherheitsreaktion
eine Zwangsbremsung eingeleitet.
Weiterfahrt bei Vorsignal "Halt erwartend":
[0057] Aufgrund der Vorsignalbeeinflussung bremst das Fahrzeug F auf eine Geschwindigkeit,
damit er die Permitted Breaking Distance einhalten kann. Mit dieser Geschwindigkeit
fährt der Zug, bis die Überwachungseinrichtung OBU im Fahrzeug F die erste Hauptsignalbalisengruppe
HSigB1 vor dem Hauptsignal HSig liest und die Balisen-ID zur Streckenzentrale RBC
sendet. Die Streckenzentrale RBC kann nun das Fahrzeug F dem Hauptsignal HSig zuordnen.
Die Streckenzentrale RBC sendet dem Fahrzeug F einen Fahrbefehl MA für Mode LS bis
zum Hauptsignal HSig, an dem das Fahrzeug F zum Stehen kommen soll.
[0058] Wechselt das Hauptsignal HSig in "
Fahrt", so sendet die Streckenzentrale RBC dem Fahrzeug F einen Fahrbefehl für Mode LS
weit über das Hauptsignal HSig hinaus. Die Fahrterlaubnis MA enthält Linking-Information,
die bewirkt, dass die zweite Hauptsignalbalisengruppe HSigB2 maskiert und vom Fahrzeug
F nicht ausgewertet wird.
[0059] Der Haltfall des HSig wird vom RBC ausgewertet und der Zug erhält einen Conditional
Emergency Stop auf den Standort des HSig (d2+z Meter nach der ersten Balisengruppe
HSigB1, wobei z eine Korrekturgröße ist, die benötigt wird, um die Differenz zwischen
Hauptsignal und Ende Gleisfreimeldeabschnitt, insbesondere Bereich zwischen zwei Achszählpunkten
oder Bereich eines Gleiskreises hinter dem Signal auszugleichen). Wurde der Haltfall
des Hauptsignals HSig durch das Fahrzeug F bedingt, weil bspw. das Fahrzeug F das
Hauptsignal HSig regulär passiert hat und somit den nächsten Gleisabschnitt blockiert,
wird der Nothalt ignoriert. Sollte sich das Fahrzeug F noch vor dem Hauptsignal HSig
befinden, wird als Sicherheitsreaktion eine Zwangsbremsung eingeleitet.
[0060] Bekommt das Fahrzeug F durch eine Verzögerung oder Störung vor dem Hauptsignal HSig
keinen neuen Fahrbefehl MA von der Streckenzentrale RBC gesendet, mitdem die zweite
Hauptbalisengruppe HSigB2 maskiert wird, und überfährt der Triebfahrzeugführer unerlaubterweise
das Hauptsignal HSig, so liest das Fahrzeug F die zweite Balisengruppe HSigB2, es
wird eine Zwangsbremse eingeleitet. Dazu wird von der zweite Hauptbalisengruppe HSigB2
eine quittierungspflichtige Textnachricht TXT an das Fahrzeug F gesendet, wobei die
Quittungsbedingungen so gewählt sind, dass sie nicht erfüllt werden können (z.B.:
nicht erfüllbare Quittungszeit/strecke t=0 / s=0). Aufgrund der fehlenden Quittierung
wird die Zwangsbremsung eingeleitet.
[0061] Befindet sich der Zug zwischen der ersten Vorsignalbalisengruppe VSigB1 und dem Hauptsignal
HSig, kann jederzeit, bei Fahrtstellung des Signals HSig, dem Fahrzeug F ein Fahrbefehl
für Mode LS erteilt und damit die Überwachung durch die Streckenzentrale RBC (bis
zum Überfahren der nächsten Balisengruppe) aufgehoben werden.
[0062] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird also eine Ortsbestimmung des Fahrzeugs F,
insbesondere mittels der Balisengruppen vorgenommen. Vorzugsweise erfolgt die Ortsbestimmung
ausschließlich mittels der Balisengruppen. Aufgrund der Ortsbestimmung wird das Fahrzeug
F einem Signal zugeordnet. Zeigt das Signal "Halt" oder "Halt erwartend" wird eine
Überwachung des Fahrzeugs F durch die Streckenzentrale RBC eingeleitet.
[0063] Das erfindungsgemäße Verfahren basiert darauf, dass beim Überfahren der ersten Balisengruppe
VSigB1, HSigB1 eine Fahrterlaubnis MA in Abhängigkeit des aktuellen Signalbegriffs
mit Verkettungsinformation an das Fahrzeug F gesendet wird und die zweite Balisengruppe
VSigB2, HSigB2 durch diese Verkettungsinformation maskiert, also nicht ausgelesen
wird. Im Falle einer fehlenden Fahrterlaubnis MA, nach Passieren der ersten Balisengruppe
VSigB1, HSigB1, wird die zweite Balisengruppe VSigB2, HSigB2 ausgelesen, was gegebenenfalls
eine Sicherheitsreaktion auslöst.
Literaturliste
[0064]
- [01] https://de.wikipedia.org/wiki/European_Train_Control_System
Bezuaszeichenliste
[0065]
- EB
- Empfangseinheit zum (insbesondere induktivem) Empfangen der von den Balisengruppen
ausgesandten Information
- GSM
- Sende- und Empfangseinheit zum Senden und Empfangen von Funk-signalen
- F
- Fahrzeug
- ID
- Balisen ID
- IL
- Stellwerk
- MA
- Fahrterlaubnis
- OBU
- Überwachungseinrichtung
- RBC
- Streckenzentrale
- S
- Strecke
- TXT
- quittierungspflichtige Textnachricht
- ViB
- virtuelle Balisengruppe
- Sig
- Signal
- HSig
- Hauptsignal
- VSig
- Vorsignal
- SigB1
- erste Signalbalisengruppe
- SigB2
- zweite Signalbalisengruppe
- VSigB1
- erste Vorsignalbalisengruppe
- VSigB2
- zweite Vorsignalbalisengruppe
- HSigB1
- erste Hauptsignalbalisengruppe
- HSigB2
- zweite Hauptsignalbalisengruppe
1. Verfahren zum Betreiben eines Zugbeeinflussungssystems zur Beeinflussung eines schienengebundenen
Fahrzeugs (F) mit einer fahrzeugseitigen Überwachungseinrichtung (OBU), wobei das
Zugbeeinflussungssystem eine Streckenzentrale (RBC) und eine Außensignalisierung mit
mindestens einem Signal (Sig; HSig, VSig) und einer dem Signal (Sig; HSig VSig) vorgeschalteten
ersten Balisengruppe (SigB, HSigB1, VSigB1) und einer am Signal (Sig; HSig, VSig)
angeordneten zweiten Balisengruppe (SigB2; HSigB2, VSigB2) umfasst, wobei das Fahrzeug
(F) von der Streckenzentrale (RBC) überwacht wird, wobei das Verfahren umfasst:
• Zuordnung des Fahrzeugs (F) zu dem Signal (Sig; HSig, VSig),
• Ermittlung eines aktuellen Signalbegriffs des zugeordneten Signals (Sig; HSig, VSig),
• Erteilung einer Fahrterlaubnis (MA) durch die Streckenzentrale (RBC) an das Fahrzeug
(F) in Abhängigkeit von dem ermittelten Signalbegriff über eine Funkverbindung,
dadurch gekennzeichnet,
• dass das Fahrzeug (F) von einem Fahrzeugführer nach der Außensignalisierung gefahren wird,
• dass die Überwachung durch die Streckenzentrale (RBC) im Hintergrund erfolgt, derart,
dass
∘ die Streckenzentrale (RBC) diskontinuierlich mit dem Fahrzeug (F) kommuniziert,
wobei die Fahrterlaubnis (MA) durch Überfahren der ersten Balisengruppe (SigB1; HSigB1,
VSigB1) angefordert wird,
∘ die Fahrterlaubnis (MA) in Abhängigkeit des ermittelten aktuellen Signalbegriffs
an das Fahrzeug (F) übertragen wird, wobei die Fahrterlaubnis (MA) eine Verkettungsinformation
enthält, wodurch die zweite Balisengruppe (SigB2; HSigB2, VSigB2) maskiert und damit
nicht ausgewertet wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Zugbeeinflussungssystem um ETCS handelt und das Fahrzeug (F) im Betriebsmodus
ETCS Level 2 Limited Supervision betrieben wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren mit einem gegenüber einen Betriebsmodus ETCS Level1 LS und/oder ETCS
Level2 FS reduzierten Projektierungsaufwand für das technische System durchgeführt
wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass beim Überfahren der Balisengruppe (HSigB1; VSigB1, HSigB2; VSigB2) durch das Fahrzeug
(F) eine statische Information, insbesondere die Balisen-ID (ID), vom Fahrzeug (F),
insbesondere von der fahrzeugseitigen Überwachungseinrichtung (OBU), gelesen wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die beim Überfahren der ersten Balisengruppe (SigB1; HSigB1, VSigB1) die von der
ersten Balisengruppe (SigB1; HSigB1, VSigB1) an das Fahrzeug (F) übermittelte statische
Information (ID) zumindest teilweise vom Fahrzeug (F) an die Streckenzentrale (RBC),
insbesondere über die Funkverbindung, vorzugsweise mittels GSM-R oder Euroradio, übermittelt
wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Zuordnung des Fahrzeugs (F) zu dem Signal (HSig, VSig) durch die Streckenzentrale
(RBC) anhand der vom Fahrzeug (F) an die Streckenzentrale (RBC) übermittelten statischen
Information (ID), erfolgt.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass, falls das Fahrzeug (F) nach dem Überfahren der ersten Balisengruppe (SigB1; HSigB1,
VSigB1) keine neue Fahrterlaubnis (MA) von der Streckenzentrale (RBC) erhält, durch
den die zweite Balisengruppe (SigB2; HSigB2, VSigB2) maskiert wird, das Fahrzeug (F)
die zweite Balisengruppe (SigB2; HSigB2, VSigB2) ausliest und eine Sicherheitsreaktion,
insbesondere eine automatische Abbremsung des Fahrzeugs (F), eingeleitet wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass durch Überfahren der zweiten Balisengruppe (SigB2; HSigB2, VSigB2) das Fahrzeug (F)
eine quittierungspflichtige Anweisung (TXT), insbesondere mit einer Textnachricht,
erhält, und dass die automatische Abbremsung als Reaktion auf das Fehlen einer Quittierung
der quittierungspflichtigen Anweisung erfolgt.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die quittierungspflichtige Anweisung (TXT) eine nicht erfüllbare Quittungsbedingung
umfasst.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Ermittlung des aktuellen Signalbegriffs durch Abgreifen von Streckeninformationen
an einem Stellwerk (IL) durch die Streckenzentrale (RBC) erfolgt.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Signal (HSig, VSig) ein Vorsignal (VSig) und ein Hauptsignal
(HSig) umfasst, und die Balisengruppen (HSigB1, VSigB1, HSigB2, VSigB2) eine dem Vorsignal
(VSig) vorgeschaltete erste Vorsignalbalisengruppe (VSigB1) und eine dem Hauptsignal
(HSig) vorgeschaltete erste Hauptsignalbalisengruppe (HSigB1) sowie eine am Vorsignal
angeordnete zweite Vorsignalbalisengruppe (VSigB2) und eine am Hauptsignal angeordnete
zweite Hauptsignalbalisengruppe (HSigB2) umfasst.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass, falls das Fahrzeug (F) über das Hauptsignal (HSig) hinaus fahren soll, die an das
Fahrzeug (F) übermittelte Fahrterlaubnis (MA) Information bzgl. des Modeprofils "Limited
Supervision" und eine Länge über das Hauptsignal (HSig) hinaus umfasst.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 12
dadurch gekennzeichnet,
dass, falls das Fahrzeug (F) nicht über das Hauptsignal (HSig) hinausfahren soll, die
an das Fahrzeug (F) übermittelte Fahrterlaubnis (MA) Information bzgl. eines zulässigen
Bremswegs umfasst, und
dass die Einhaltung des Bremswegs von der fahrzeugseitigen Überwachungseinrichtung (OBU)
(OBU) überwacht wird.
14. Verfahren nach eine der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass für die Auslösung einer Sicherheitsreaktion die zweite Balisengruppe (HSigB2, VSigB2)
verwendet wird.
15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die in der Fahrterlaubnis (MA) enthaltene Verkettungsinformation Informationen bezüglich
einer virtuelle Balisengruppe (VB) umfasst, die bewirkt, dass beim Passieren des Orts
der virtuellen Balisengruppe (VB) die Verkettungsinformation auf dem Fahrzeug (F)
wieder gelöscht wird und alle weiteren Balisen wieder gelesen werden.