Gebiet der Technik
[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet von Gießanlagen, vorzugsweise von Stranggußanlagen
zum Herstellen von Brammen.
[0002] Einerseits betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Feststellung einer Defektwahrscheinlichkeit
eines, in einer Gießanlage, bevorzugt mittels einer Stranggussanlage, gegossenen Produktabschnittes.
Als Eingangsparameter wird ein zeitlicher Temperaturverlauf - für zumindest eine Position
eines Querschnittes des Produktabschnittes - herangezogen, welcher während des Gießprozesses
ermittelt wurde. Andererseits betrifft die Erfindung ein Computerprogramm durch Durchführung
des Verfahrens, sowie eine Gießanlage und ein computerlesbares Medium.
Stand der Technik
[0003] Beim Gießen von Metallprodukten, welche durch eine Gießanlage erzeugt werden, können
verschiedenste suboptimale mechanische oder thermische Bedingungen auftreten, welche
zu qualitätsmindernden Defekten führen können. Auf diese qualitätsmindernden Defekte
kann bei Kenntnis verschieden reagiert werden. Es kann beispielsweise das gegossene
Metallprodukt einer niedrigen Qualität zugeordnet werden, eine Nachbehandlung veranlasst
werden, ein Abschnitt aus dem Produkt herausgeschnitten und verschrottet werden oder
andere Maßnahmen eingeleitet werden. Das Problem - welches bislang besteht - ist,
dass die Berechnungen sehr aufwendig und zeitintensiv sind und eine Bestimmung von
Defekten oft erst zu einem späten Zeitpunkt vorliegt. Dadurch ist es oft nicht mehr
möglich gewisse Maßnahmen vorzunehmen, da diese bereits abgeschlossen sind.
Zusammenfassung der Erfindung
[0004] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es ein Verfahren zur Verfügung zu stellen,
welches eine Bestimmung von qualitätsmindernden Defekten liefert, bevor das gegossene
Produkt die Gießanlage verlassen hat.
[0005] Die Aufgabe wird gelöst durch eine mehrstufige Produktabschnittsberechnung. Diese
wird mithilfe von charakterisierenden Parametern des Produktabschnittes und ausgewählten
Betriebsparameter der Gießanlage, durchgeführt. Die mehrstufige Produktabschnittsberechnung
wird in mindestens zwei Berechnungsschritte aufgeteilt, da die Teilrechnungen einfacher
zu lösen sind - zwei kleine Gleichungssysteme gegenüber einem großen Gleichungssystem.
Dies ist nicht exakt, sondern eine Näherung.
[0006] Im ersten Berechnungsschritt wird zumindest eine Veränderung von Matrixphasenanteilen
jeweils für einen Temperatur-Zeit Schritt
i zur Zeit
ti und Temperatur
Ti berechnet. Die Matrixphasenanteile umfassen Matrixphasen, wie zum Beispiel Ferrit,
Austenit oder Bainit und Karbidphasenanteile wie zum Beispiel primäre Karbide wie
M23C6 oder M7C3. Für die Berechnung werden bevorzugt physikalisch thermodynamische
Berechnungen des Produktabschnitt mithilfe der Eingangsparameter und des Temperaturverlaufes
berechnet. Der zeitliche Temperaturverlauf wird bevorzugt von einem vorhandenen Berechnungssystem
der Gießanlage übernommen.
[0007] Die Berechnungen erfolgen bevorzugt auf Basis eines thermodynamischen Gibbs-Energie
Ansatzes mit thermodynamischem Gleichgewicht an einer oder mehrerer Phasengrenzen
nach Gleichung 1 und für unterschiedliche Phasen zusammen mit einem Materialgleichgewichtsansatz
an der Phasengrenzschicht und Diffusion (Fick'sche Gesetze) nach Gleichung 2.
- µI Phase1 ···
- chemische Potential für Komponente I in der Phase 1
- µI Phase2 ···
- chemische Potential für Komponente I in der Phase 2
- vPhase12,grenz ···
- Geschwindigkeit der Grenzschicht zwischen Phasen 1 und 2
- Vm ...
- molares Volumen
- CI Phase1 ···
- Konzentration der Komponente I in Phase 1 an der Grenzschicht zu Phase 2
- CI Phase2 ···
- Konzentration der Komponente I in Phase 2 an der Grenzschicht zu Phase 1
- JI Phase1 ···
- Konzentrationsfluss der Komponente I in Phase 1
- JI Phase2 ···
- Konzentrationsfluss der Komponente I in Phase 2
[0008] Die Ergebnisse des ersten Berechnungsschritt werden einem zweiten Berechnungsschritt
zugeführt.
[0009] Im zweiten Berechnungsschritt wird eine Veränderung von Ausscheidungsanteilen in
den Phasengebieten bestimmt. Bei Ausscheidungsanteile werden Anteile von Ausscheidungen
wie beispielsweise:
- Carbon-Nitride, beispielsweise Nb(CN) oder Ti(NC)
- Nitride, beispielsweise VN, AIN
- Carbide, beispielsweise NbC, TiC
- Sulfid, beispielsweise (MnCr)S, MnS
- Oxide
- Boride
bestimmt.
[0010] Im zweiten Berechnungsschritt werden die Veränderungen der Ausscheidungsanteile in
den Phasengebieten bevorzugt mit Hilfe einer zweiten thermodynamischen Gleichgewichtsberechnung
zwischen Matrixphasen einer Legierung und nichtmetallischer Ausscheidungen berechnet.
Diese Gleichgewichtsberechnung liefert als Ergebnis neue Konzentrationen an den Phasengrenzen
in den Matrixphasengebieten.
- µI Matrix ···
- chemische Potential für Komponente I in der Matrix Phase
- µI prec ···
- chemische Potential für Komponente I in der Ausscheidung
- vgrenz -
- Geschwindigkeit der Grenzschicht zwischen Matrixphase und Ausscheidung
- Vm ...
- molares Volumen
- CI Matrix ···
- Konzentration der Komponente I in Matrixphase
- CI prec -
- Konzentration der Komponente I in der nicht stöchiometrischen Ausscheidung
- JI Matrix ···
- Konzentrationsfluss der Komponente I in die Matrixphase
- JI prec -
- Konzentrationsfluss der Komponente I in der nicht stöchiometrischen Ausscheidung
[0011] In einer Ausführungsvariante, unter Annahme vollständiger Diffusion innerhalb eines
Zeitschrittes, ergeben sich die Konzentrationsflüsse
JI einfach aus der Erhaltung der Massenbilanz und die Elementkonzentrationsprofile sind
in jedem Phasengebiet konstant.
[0012] In einer bevorzugten Ausführungsform geht
CI,matrix aus Gleichung 4 in einen dritten Berechnungsschritt - der Berechnung des Elementkonzentrationsprofiles
mittels einer Diffusionsgleichung - ein. Ein Elementkonzentrationsprofil
xI(r,ti) an einer Stelle
r und zu einem Zeitpunkt
ti wird mit der Konzentration einer Schmelze initialisiert. In der Folge werden Elementkonzentrationen
des - zwischen
ti-1 und
ti von einer Phase 1 in eine Phase 2 - umgewandelte Bereiches zwischen
RPhase12(ti-1) und
RPhase12(ti) unter Einhaltung der Massenbilanz an der Grenzschicht mit Hilfe von Gleichung 5 und
6 abgeschätztund anschließend die Diffusionsgleichung (Gleichung 7) unter Berücksichtigung
entsprechender Randbedingungen gelöst, um ein neues
[0014] CI Matrix aus Gleichung 4 und
xI aus Gleichung 7 gehen dann als Ausgangsgrößen in Gleichung 1 und Gleichung 2 für
den nächsten Temperatur/Zeitschritt ein.
[0015] Für den nachfolgenden Temperatur-Zeit Schritt fließen die Ergebnisse des dritten
Berechnungsschrittes als Eingangsgröße für den ersten Berechnungsschritt ein.
[0016] Berechnungsbeispiel:
- Berechnungsschritt 1: Veränderung von Matrixphasenanteilen.
Verwendete Ergebnisse aus Berechnungsschritt 2 bzw. 3 der Berechnung des Temperatur-Zeitschrittes
ti-1:
∘ xC(r), xTi(r) aus Berechnungsschritt 3
∘ CC,Phase1, CTi,Phase1, CC,Phase2, CTi,Phase2 als Startwert aus Berechnungsschritt 2
Unbekannte Variablen:
∘ CFe, CC, CTi in jeder der zwei Phasen (6 Unbekannte)
∘ vPhase12,grenz zwischen den beiden Phasen
- Gleichungen
∘

∘

∘

∘

∘

∘

∘

- Berechnungsschritt 2: Ausscheidungen aus Phase 2 für TiC.
Verwendete Ergebnisse aus Berechnungsschritt 1:
∘ xC(r,ti) und Startwert für CC,Phase2
∘ xTi(r,ti) und Startwert für CTi,Phase2
Unbekannte Variablen:
∘ CC, CTi in der Phase2 und als TiC (4 Unbekannte)
∘ vPhase2,TiC,grenz zwischen den beiden Phasen
- Nebenbedingung:
∘ JTiC = 0 (kein Rückdiffusion von Ausscheidungen)
- Gleichungen:
∘ CTi,TiC = 0.5 (stöchiometrisches Verhältnis)
∘ CC,TiC = 0.5 (stöchiometrisches Verhältnis)
∘

∘

∘

- Berechnungsschritt 3: Diffusion
Unbekannte Variablen:
∘ xC, xTi, xFe Konzentrationsprofile der Elemente (3 Unbekannte)
- Nebenbedingungen:
∘

∘

∘

∘

- Gleichungen:
∘

mit Startbedingung

∘

mit Startbedingung

∘

mit Startbedingung

[0017] Ein Ergebnis der Produktabschnittberechnung wird herangezogen um Defektwahrscheinlichkeiten,
im Querschnitt des Produktabschnittes, mittels festgelegter Defektindizes, zu ermitteln.
Eine Position im Querschnitt des Produktabschnittes ist durch den vorgegebenen Temperaturverlauf
gegeben. Für jede Position im Querschnitt muss dem erfinderischen Verfahren auch ein
eigener Temperaturverlauf als Eingangsparameter übergeben werden.
[0018] Die festgelegten Defektindizes sind bevorzugt eine mathematische Formel, welche beim
Überschreiten eines vorgegebenen Schwellwertes eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen
qualitätsmindernden Defekt anzeigt. Der Produktabschnitt weist einen bestimmten Querschnitt
- also eine Breite und eine Höhe - auf und die Defekte können beispielsweis in der
Strangmitte oder an der Oberfläche auftreten. Es wird deshalb bevorzugt die Berechnung
an mehreren Positionen im Querschnitt durchgeführt. Ein möglicher Defektindex ist
QI
PERI, durch welchen ein Auftreten und eine Ausprägung peritektischen Verhalten angezeigt
wird.
- QI PERI ···
- Defektindex
- factor1 ...
- Vorfaktor
- PhasenanteilFerrit(Tsolidus) ...
- Ferrit Phasenanteil bei Solidus Temperatur. Volumenanteil der Ferrit-Phase für RFerrit(tsolidus) mit T(tSolidus) = TSolidus
- PhasenanteilFerrit(Tsolidus - ΔT)
- Ferrit Phasenanteil bei Temperatur ΔT unterhalb der Solidus Temperatur Tsolidus
[0019] Der Vorfaktor dient zur Einstellung der Sensitivität damit der Defektindex möglichst
in einem Bereich zwischen 0 und 1 liegt. Die Phasenanteile und die Solidus Temperatur
werden in den zuvor beschriebenen Berechnungen bestimmt. Die Temperatur
ΔT muss in einem Validierungsprozess empirisch bestimmt werden. Diese Temperatur
ΔT ändert sich während des Betriebes der Gießanlage im Normalfall nicht mehr.
[0020] Die Defektindizes werden normiert in einem Bereich von 0 bis 1 angegeben, wobei Werte
in der Nähe von 0 eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit von Defekten bedeutet und Werte
in der Nähe von 1 eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten von Defekten
darstellen.
[0021] Die ermittelten Defekte werden in Echtzeit, also unmittelbar bevor der Produktabschnitt
die Gießanlage verlässt, bevorzugt bevor der Produktabschnitt eine Schneidvorrichtung
der Gießanlage erreicht, ermittelt.
[0022] Durch das zuvor beschriebene Berechnungssystem wird ermöglicht, dass während des
Durchlaufes durch die Gießanlage, eine Kategorisierung der Defektanfälligkeit für
bestimmte Defekte, welche mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auftreten, zur Verfügung
zu stellen. Die ermittelten Defekte können dann beispielsweise dazu genutzt werden
eine Schnittposition des Produktsegmentes festzulegen, die nachfolgende Bearbeitung
festzulegen und / oder mögliche Nachbehandlungsschritte festzulegen.
[0023] Eine bevorzugte Ausführungsform sieht vor, dass als ausgewählte Betriebsparameter
eine Auswahl aus folgenden Parametern verwendet werden:
- Gießgeschwindigkeiten,
- Zustand der Gießmaschine,
- Gießpulver,
- Elektromagnetischer Kokillen und/oder Strangrührer,
- Temperaturverteilung des Metalls innerhalb der Kokille
[0024] Eine zweckmäßige Ausführung sieht vor, dass die Produktabschnittsberechnung einen
dritten Berechnungsschritt aufweist, in welchem die Diffusion mithilfe der Ergebnisse
des zweiten Berechnungsschrittes berechnet wird und dessen Ergebnisse als Eingangsgröße
dem folgenden ersten Berechnungsschritt zugeführt werden.
[0025] Eine vorteilhafte Ausführung sieht vor, dass die charakterisierenden Parameter des
Produktabschnittes eine Auswahl von folgenden Parametern umfassen:
- Chemische Zusammensetzung
- Geschichte der mechanischen Spannungen und Verformungen
- Dehnraten und Dehnungen aufgrund des Biegens in einer Bogenanlage
- Dehnraten und Dehnungen aufgrund des Richtens in einer Bogenanlage
- Dehnraten und Dehnungen aufgrund von Softreduction
- Thermische Dehnraten und Dehnungen des Produktabschnittes innerhalb der Gießanlage
[0026] Ein zweckmäßige Ausführungsform sieht vor, dass zumindest die Temperaturverläufe
von zwei, bevorzugt vier, besonders bevorzugt von sechs verschiedenen Positionen des
Querschnitts des gegossenen Produktabschnitts als Eingangsparameter übermittelt werden.
In diesen zumindest in zwei, bevorzugt vier, besonders bevorzugt sechs Positionen
eines Querschnittes des Produktabschnitts werden Defektwahrscheinlichkeiten ermittelt.
[0027] Es wird deshalb bevorzugt die Berechnung an mehreren Positionen im Querschnitt durchgeführt,
damit auch Defekte an unterschiedlichen Positionen im Querschnitt identifiziert werden
können.
[0028] Eine weitere zweckmäßige Ausführungsform sieht vor, dass die charakterisierenden
Parametern des Produktabschnittes und die ausgewählten Betriebsparameter der Gießanlage
in Abhängigkeit von Betriebsparametern die teilweise oder vollständig aus dem Gießprozesses
bestimmt werden, oder während des Gießprozesses berechnet und der Produktabschnittsberechnung
in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden.
[0029] Eine vorteilhafte Ausführungsform sieht vor, dass eine Veränderung von Karbidphasenanteilen
im ersten Berechnungsschritt berechnet werden. Dies ist für jene Stahlgüten, welche
Karbide ausbilden, wichtig um eine genaue Berechnung zu erhalten.
[0030] Die Aufgabe wird des Weiteren gelöst durch ein Computerprogramm umfassend Befehle,
zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens.
[0031] Die Aufgabe wird auch gelöst durch eine Gießanlage, bevorzugt eine Stranggießanlage
zur Erzeugung von Gießprodukten, bevorzugt Brammen, gelöst. Diese umfasst ein Computersystem,
welches das zuvor beschriebene Computerprogramm umfasst.
[0032] Die Aufgabe wird weiters durch ein Computerlesbares Medium, auf dem das zuvor beschriebene
Computerprogram gespeichert ist, gelöst.
[0033] Kurze Beschreibung der Zeichnungen
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung einer Stranggußanlage
- Fig. 2
- ein schematischer Ablauf des Verfahrens
- Fig. 3
- Querschnitt eines Stranges
- Fig. 4a
- Temperaturverlauf einer vergossenen Stahlschmelze
- Fig. 4b
- Defektindex für verschiedene Temperaturverläufe
Beschreibung der Ausführungsformen
[0034] In der Fig. 1 ist schematisch eine Stranggussanlage 1 dargestellt. In eine Kokille
2 wird flüssiges Metall 6 gegossen und aus der Kokille wird dann ein gegossener Strang
7 abgezogen. Durch ein Computersystem 3, welches mit einem Speicher 4 verbunden ist,
werden Defekte des gegossenen Stranges 7 berechnet. Der Strang wird für die Berechnung
in unterschiedliche Produktabschnitte 7a-7d unterteilt. Die Defekte werden an ein
Produktionsplanungssystem 9 und/oder einer Anzeigeneinheit 8 zugeführt. Das Computersystem
3 erhält über Eingänge 5 Eingangsparameter. Diese Eingangsparameter können einerseits
von Messinstrumenten 5a, vom Speicher 4, über die Speicherleitung 5b und/oder von
einem übergeordneten Leitsystem der Industrieanlage übergeben werden. Die von Messinstrumenten
5a erfassten Parameter sind beispielsweise die Temperatur der Schmelze, Gießgeschwindigkeit
und/oder Parameter der Kühlstrecke. Eine Schneidvorrichtung 10 kann beispielsweise
vom Produktionsplanungssystem 9, welches anhand der ermittelten Defekte eine entsprechenden
Schnittplan erstellt hat, angesteuert werden. Das Produktionsplanungssystem 9 kann
aber auch nachfolgende Behandlungsschritte und / oder zu erzeugende Produkte festlegen.
Eine Zusammensetzung der Schmelze kann entweder im Speicher abgelegt sein, oder durch
das übergeordnete Leitsystem der Industrieanlage übermittelt werden. Im Speicher 4
können neben spezifischen Daten der Stranggussanlage 1 auch Messdaten abgelegt sein.
[0035] In der Fig. 2 ist ein schematischer Ablauf eines Verfahrens zum Bestimmen von Defekten
eines gegossenen Produktabschnittes gezeigt. Im Schritt S1 werden die Prozessdaten
für den aktuell erzeugten Produktabschnitt gesammelt und für eine nachfolgende zweistufige
Produktabschnittsberechnung als Eingangsparameter verwendet. Ein Eingangsparameter
ist zumindest der Temperaturverlauf des Produktabschnittes während des Gießprozesse,
des Weiteren können beispielsweise die Gießgeschwindigkeit, das Format, Dehnung und
Dehnrate in Biege und Richtzonen, chemische Zusammensetzung der Schmelze als Eingangsparameter
einfließen. Im Schritt S2 wird mithilfe der Eingangsparameter eine Veränderung von
Matrixphasenanteile und ein Elementkonzentrationsprofil in Phasengebieten jeweils
für einen Temperatur-Zeit Schritt berechnet.
[0036] Das Ergebnis aus Schritt S2 wird im Schritt S3 verwendet, um eine Veränderung von
Ausscheidungsanteilen in den Phasengebieten zu bestimmen.
[0037] Die Ergebnisse aus Schritt S3 werden verwendet um, für einen nächsten Temperatur-Zeit
Schritt, die Berechnungen in Schritt S2 durchzuführen.
[0038] Im nächsten Schritt S4 werden dann anhand von Kriterien für Defektindizes mögliche
Defekte an bestimmten Orten des Produktsegmentes bestimmt. Die Defekte und deren bestimmter
Ort werden dann im Schritt S5 beispielsweise an ein nachfolgendes Produktionsplanungssystem
weitergeleitet.
[0039] In Fig. 3 ist ein Querschnitt eines Stranges 7 gezeigt. Es sind dabei verschiedene
Positionen 11a - 11d gezeigt an welchen eine Defektwahrscheinlichkeit berechnet wird.
Die Punkte hängen unter anderem davon ab, welche örtliche Auflösung der Temperaturverlauf,
welcher zur Verfügung gestellt wird, hat.
[0040] In der Fig. 4a ist beispielhaft für eine vergossene Stahlschmelze ein Temperaturverlauf
20a-20c über die Zeit t, welcher mithilfe von unterschiedlichen Kühlraten erreicht
wurde, dargestellt. Alle anderen Parameter waren gleich. Für den Temperaturverlauf
20a wurde eine kleinere Kühlwassermenge aufgewendet als für die Temperaturverläufe
20b und 20c, wobei für den Temperaturverlauf 20c die größte Kühlwassermenge auf den
betrachteten Produktabschnitt aufgebracht wurde.
[0041] In Fig. 4b wurde auf der y-Achse ein Defektindex
QI com für die oben erwähnten verschiedenen Temperaturverläufe - mit unterschiedlicher Kühlmittelmenge
KM - dargestellt. Dieser Defektindex
QI com hängt von folgenden Parameter ab:
- ε
- Dehnung
- fdecomp···
- Phasenanteil des bereits umgewandelten Austenits
- Ar3
- Temperatur der Ferritbildung
- Ar1
- Start Temperatur der Perlitbildung
[0042] Der berechneten Defektindex 21a entspricht Temperaturverlauf 20a, der Defektindex
21b ergab sich durch einen Temperaturverlauf 20b und der Defektindex 21c durch den
Temperaturverlauf 21c. Die Defektindizes 21a - 21c sind normiert und werden in einem
Bereich von 0 bis 1 angeben, wobei ein größerer Wert einer höheren Defektwahrscheinlichkeit
entspricht.
[0043] Obwohl die Erfindung im Detail durch die bevorzugten Ausführungsbeispiele näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
Bezugszeichenliste
[0044]
- 1
- Stranggußanlage
- 2
- Kokille
- 3
- Computersystem
- 4
- Speicher
- 5
- Eingänge
- 5a
- Messinstrumenten
- 5b
- Speicherleitung
- 6
- Flüssiges Metall
- 7
- Strang
- 7a - 7d
- Produktabschnitte
- 8
- Anzeigeeinheit
- 9
- Produktionsplanungssystem
- 10
- Schneidvorrichtung
- 11a - 11d
- Positionen
- 20a - 20c
- Temperaturverlauf
- S1 - S5
- Schritt
- QI com
- Defektindex
- KM
- Kühlmittelmenge
- t
- Zeit
- T
- Temperatur
1. Verfahren zur Feststellung einer
Defektwahrscheinlichkeit eines, in einer Gießanlage, bevorzugt mittels einer Stranggussanlage
(1), gegossenen Produktabschnittes (7a-7d), wobei ein zeitlicher Temperaturverlauf
(20a-20c), für zumindest eine Position eines Querschnittes des Produktabschnittes
(7a-7d), während des Gießprozesses ermittelt wurde und als ein Eingangsparameter verwendet
wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
eine mehrstufige Produktabschnittsberechnung, mithilfe von charakterisierenden Parametern
des Produktabschnittes (7a-7d) und ausgewählte Betriebsparameter der Gießanlage, durchgeführt
wird, wobei die Produktabschnittsberechnung in Echtzeit abläuft, die mehrstufige Produktabschnittsberechnung
aus zumindest folgenden Berechnungsschritten besteht:
- einem ersten Berechnungsschritt, in welchem zumindest Veränderungen von Matrixphasenanteilen
jeweils für einen Temperatur-Zeit Schritt berechnet werden,
- Ergebnisse des ersten Berechnungsschritt werden einem zweiten Berechnungsschritt
zugeführt,
- wobei im zweiten Berechnungsschritt eine Veränderung von Ausscheidungsanteilen aus
zumindest einem Phasengebiet bestimmt werden,
- für den nachfolgenden Temperatur-Zeit Schritt werden die Ergebnisse des zweiten
Berechnungsschrittes als Eingangsgröße für den ersten Berechnungsschritt verwendet,
- wobei Ergebnisse der Produktabschnittberechnung herangezogen werden, um zumindest
einen Defektindex zu ermitteln,
- wobei der zumindest eine ermittelte Defektindex in Echtzeit, also unmittelbar bevor
der Produktabschnitt (7a-7d) die Gießanlage verlässt, bevorzugt bevor der Produktabschnitt
eine Schneidvorrichtung (10) der Gießanlage erreicht, zur Verfügung steht.
2. Verfahren zur Feststellung einer
Defektwahrscheinlichkeit eines in einer Gießanlage gegossenen Produktabschnittes (7a-7d)
nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass als ausgewählte Betriebsparameter eine Auswahl aus folgenden Parametern verwendet
werden:
- Gießgeschwindigkeiten,
- Zustand der Gießmaschine,
- Gießpulver,
- Elektromagnetischer Kokillen und/oder Strangrührer,
- Temperaturverteilung des Metalls innerhalb der Kokille.
3. Verfahren zur Feststellung einer
Defektwahrscheinlichkeit eines in einer Gießanlage gegossenen Produktabschnittes (7a-7d)
nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Produktabschnittsberechnung einen dritten Berechnungsschritt aufweist, in welchem
die Diffusion mithilfe der Ergebnisse des zweiten Berechnungsschrittes berechnet wird
und dessen Ergebnisse als Eingangsgröße dem folgenden ersten Berechnungsschritt zugeführt
werden.
4. Verfahren zur Feststellung einer
Defektwahrscheinlichkeit eines in einer Gießanlage gegossenen Produktabschnittes (7a-7d)
nach einem der Ansprüche 1-3,
dadurch gekennzeichnet, dass die charakterisierenden Parameter des Produktabschnittes eine Auswahl von folgenden
Parametern umfassen:
- Chemische Zusammensetzung
- Geschichte der mechanischen Spannungen und Verformungen
- Dehnraten und Dehnungen aufgrund des Biegens in einer Bogenanlage
- Dehnraten und Dehnungen aufgrund des Richtens in einer Bogenanlage
- Dehnraten und Dehnungen aufgrund von Softreduction
- Thermische Dehnraten und Dehnungen des Produktabschnittes innerhalb der Gießanlage.
5. Verfahren zur Feststellung einer
Defektwahrscheinlichkeit eines in einer Gießanlage gegossenen Produktabschnittes (7a-7d)
nach einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest die Temperaturverläufe von zwei, bevorzugt vier, besonders bevorzugt von
sechs verschiedenen Positionen des Querschnitts des gegossenen Produktabschnitts (7a-7d)
als Eingangsparameter übermittelt werden und zumindest in diesen zwei, bevorzugt vier,
besonders bevorzugt sechs Positionen des Querschnittes, Defektwahrscheinlichkeiten
ermittelt werden.
6. Verfahren zur Feststellung einer
Defektwahrscheinlichkeit eines in einer Gießanlage gegossenen Produktabschnittes (7a-7d)
nach einem der Ansprüche 1-5, dadurch gekennzeichnet, dass die charakterisierenden Parametern des Produktabschnittes und die ausgewählten Betriebsparameter
der Gießanlage in Abhängigkeit von Betriebsparametern die teilweise oder vollständig
aus dem Gießprozesses bestimmt werden, oder während des Gießprozesses berechnet und
der Produktabschnittsberechnung in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden.
7. Verfahren zur Feststellung einer
Defektwahrscheinlichkeit eines in einer Gießanlage gegossenen Produktabschnittes nach
einem der Ansprüche 1-6, dadurch gekennzeichnet, dass eine Veränderung von Karbidphasenanteilen im ersten Berechnungsschritt berechnet
werden.
8. Computerprogramm umfassend Befehle, zur Durchführung des Verfahrens nach den Ansprüchen
1-7.
9. Gießanlage, bevorzugt eine Stranggießanlage zur Erzeugung von Gießprodukten, bevorzugt
Brammen, umfassend ein Computersystem, welches ein Computerprogramm nach Anspruch
8 umfasst.
10. Computerlesbares Medium, auf dem das Computerprogram nach Anspruch 8 gespeichert ist.