(19)
(11) EP 4 151 900 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.03.2023  Patentblatt  2023/12

(21) Anmeldenummer: 21197370.6

(22) Anmeldetag:  17.09.2021
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F17D 3/05(2006.01)
F17D 5/02(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
F17D 3/05; F17D 5/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: TÜV Rheinland Industrie Service GmbH
51105 Köln (DE)

(72) Erfinder:
  • Stadie, Gundula
    51105 Köln (DE)
  • Drewitz-Aust, Yvonne
    51105 Köln (DE)
  • Mayer, Christian
    51105 Köln (DE)
  • Arizal, Arizal
    51105 Köln (DE)
  • Bagaviev, Albert
    51105 Köln (DE)
  • Drews, Dieter
    51105 Köln (DE)

(74) Vertreter: dompatent von Kreisler Selting Werner - Partnerschaft von Patent- und Rechtsanwälten mbB 
Deichmannhaus am Dom Bahnhofsvorplatz 1
50667 Köln
50667 Köln (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM BETRIEB EINER ERDGASPIPELINE ZUM TRANSPORT UND ZUR VERTEILUNG VON WASSERSTOFF


(57) Verfahrung zum Betrieb einer Erdgaspipeline zum Transport und zur Verteilung von Wasserstoff, mit den Schritten: Bestimmen eines Risikowertes, wobei sich der Risikowert ergibt aus einer Schadenseintrittshäufigkeit und einer Schadensauswirkung; Vergleichen des Risikowertes mit einem vorgegebenen Sollwert; Erzeugen einer Stellgröße zur Steuerung des Betriebs der Pipeline auf Grundlage des Vergleichs zwischen dem Risikowert und dem vorgegebenen Sollwert; Ansteuern der Pipeline mittels der Stellgröße.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer Erdgaspipeline zum Transport und zur Verteilung von Wasserstoff.

[0002] Mit Aufkommen neuer Energieträger, wie zum Beispiel Wasserstoff, ergibt sich das Problem des sicheren Transportes dieser Energieträger. Es besteht ein Netz aus Erdgaspipelines, welches Erdgas transportiert. Diese Erdgaspipelines sind ausgelegt zum sicheren Transport von Erdgas. Insbesondere existiert ein deterministisches Regelwerk, welches gewährleistet, dass beim Transport von Erdgas in den Erdgasleitungen die Sicherheit gewährleistet wird. Bei der deterministischen Gefahrenanalyse einer Erdgaspipeline wird bei der Auslegung, der Konstruktion und dem Betrieb der Erdgaspipeline für einen vorgegebenen Betriebszustand für jeden sicherheitsrelevanten Parameter der Erdgaspipeline. Dies führt zu einer statischen Risikobewertung, welche einem Betreib der Erdgaspipeline lediglich in engen Grenzen zulässt. Die Anwendung deterministischer Gefahrenanalyse soll dabei sicherstellen, dass durch genügend Vorsorgemaßnahmen eine ernste Gefahr ausgeschlossen werden kann. Wenn bei Planung, Auslegung, Errichtung etc. keine Fehler gemacht werden, dürfte es nach deterministischer Logik keine Störfälle geben. Die Erfahrung zeigt aber, dass Störfälle vorkommen. Diese Tatsache kann mit Determinismus allein nicht beseitigt werden.

[0003] Insbesondere eine veränderte Nutzung durch den Transport bzw. die Beimischung von Wasserstoff lässt sich hierdurch nicht erfassen. Eine Berücksichtigung des Einflusses des transportierten Mediums findet bisher nicht statt. Insbesondere beim Transport und bei Verteilung von Erdgas besteht üblicherweise keine Wechselwirkung zwischen der Pipeline selbst und dem geförderten Medium. Methan ist gegenüber der Pipeline im Wesentlichen als inert anzusehen. Eine Berücksichtigung von Einflüssen des geförderten Mediums auf die Pipeline erfolgt in bisherigen Risikobewertungen nicht und ist im Rahmen der deterministischen Analyse nicht oder nur mit sehr großem Aufwand möglich.

[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es ein Verfahren bereitzustellen, mit dem der sichere Betrieb einer Erdgaspipeline für den Transport und die Verteilung von Wasserstoff bzw. einem Erdgas/Wasserstoff-Gemisch gewährleistet ist.

[0005] Das Verfahren zum Betrieb einer Erdgaspipeline zum Transport und zur Verteilung von Wasserstoff weist die Schritte auf:
  • Bestimmen eines Risikowertes, wobei sich der Risikowert ergibt aus einer Schadenseintrittshäufigkeit und einer Schadensauswirkung;
  • Vergleichen des Risikowertes mit einem vorgegebenen Sollwert;
  • Erzeugen einer Stellgröße zur Steuerung des Betriebs der Pipeline auf Grundlage des Vergleichs zwischen dem Risikowert und dem vorgegebenen Sollwert;
  • Ansteuern der Pipeline mittels der Stellgröße.


[0006] Somit wird zunächst ein Risikowert bestimmt. Dieser Risikowert ergibt aus einer druckwasserstoffspezifischen Schadenseintrittshäufigkeit und einer druckwasserstoffspezifischen Schadensauswirkung. So ist die Schadenseintrittshäufigkeit ein Maß für die Häufigkeit, dass ein Schaden an der Pipeline auftritt insbesondere unter Berücksichtigung des Einflusses von Wasserstoff. Hierbei werden unterschiedliche Schadensereignisse bzw. Schadenszenarien, die zu einem Schaden führen können, berücksichtigt mit ihren jeweiligen Schadenseintrittshäufigkeit. Zu den unterschiedlichen Schadensereignissen wird zur Bestimmung des Risikowertes eine Schadensauswirkung ermittelt insbesondere unter Berücksichtigung des Einflusses von Wasserstoff. Die Schadensauswirkung ist dabei ein Maß für den entstehenden Schaden bei Eintritt eines dieser Schadensszenarios. Dies kann Sachschäden, Personenschäden und/oder Folgeschäden umfassen.

[0007] Nachfolgend wird der so ermittelt Risikowert mit einem Sollwert verglichen. Bei dem vorgegeben Sollwert kann es sich beispielsweise um das maximale akzeptable Schadensrisiko bzw. einen Risiko-Akzeptanzwert handeln, welches akzeptiert wird zur Gewährleistung eines sicheren Betriebs Pipeline bei der Beförderung von Wasserstoff.

[0008] Nachfolgend wird eine Stellgröße erzeugt zur Steuerung des Betriebs der Pipeline auf Grundlage des Vergleichs des Risikowert und dem vergebenen Sollwert. Nachfolgend wird die Pipeline angesteuert mittels der Stellgröße. So kann sich beispielsweise aus dem Vergleich zwischen dem Risikowert und dem vergebenen Sollwert ergeben, dass der Risikowert über den vorgegebenen Sollwert liegt, was bei der Erzeugung der Stellgröße zur Steuerung des Betriebs der Pipeline berücksichtig wird. Ebenso kann die Stellgröße den Abstand zwischen dem ermittelten Risikowert und dem vergebenen Sollwert berücksichtigen bei der Erzeugung der Stellgröße, sodass eine graduelle oder kontinuierliche Anpassung der Stellgröße erfolgt, sofern sich der Risikowert dem vorgegebenen Sollwert nähert bzw. sich von diesem entfernt.

[0009] Somit wird eine Risikokontrolle beim Betrieb einer Pipeline zur Beförderung von gasförmigem Wasserstoff erreicht, welche sich stützt auf den bestimmten Risikowert. Der Risikowert enthält dabei die Schadenseintrittshäufigkeit und die Schadensauswirkung und berücksichtigt somit alle möglichen Schadensszenarien, sodass bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwerts durch den Risikowerte der Betrieb der Pipeline entsprechend angepasst werden kann, sodass stets ein sicherer Betrieb Pipeline bei der Beförderung von Wasserstoff gewährleistet ist. Dabei kann es sich sowohl um ein dynamisches Verfahren handeln, welches während dem Betrieb der Pipeline durchgeführt wird. Alternativ oder zusätzlich hierzu kann ein solches Verfahren angewendet werden bei der Auslegung und Konstruktion von Pipelines. Weiterhin hat das vorliegende Verfahren den Vorteil bei bereits existierenden Pipelines angewendet werden zu können. Ein nachträgliches Anpassen der Pipelines, sodass diese zur Beförderung von Wasserstoff genutzt werden können, ist somit gerade nicht nötig. Gleichzeit ist aufgrund des erfindungsgemäßen Verfahrens bei einer dynamischen Durchführung stets der optimale Energietransport gewährleistet unter Berücksichtigung des Risikowertes, sodass stets ein sicherer und effizienter Energietransport über die Pipeline gewährleistet ist.

[0010] Vorzugsweise handelt es sich bei der Pipeline um eine bereits bestehende Erdgaspipeline, wobei das Verfahren nachträglich implementiert wird.

[0011] Vorzugsweise befördert die Pipeline mindesten einen Anteil Wasserstoff.

[0012] Vorzugsweise handelt es sich bei der druckwasserstoffspezifischen Schadenseintrittshäufigkeit und/oder der druckwasserstoffspezifischen Schadensauswirkung um einen probabilistischen Wert. Insbesondere handelt es sich mindestens bei der druckwasserstoffspezifischen Schadenseintrittshäufigkeit um einen probabilistischen Wert, welcher auf Grundlage eines probabilistischen Ansatzes unter Berücksichtigung der einzelnen Schadensszenarien ermittelt wird, welche beim Transport und der Verteilung von Wasserstoff eintreten können. Insbesondere lässt sich die druckwasserstoffspezifischen Schadenseintrittshäufigkeit und/oder der druckwasserstoffspezifischen Schadensauswirkung ermitteln mittels Monte-Carlo-Simulationen. Aufgrund der probabilistischen Berechnung der Schadenseintrittshäufigkeit und/oder der Schadensauswirkung, ist es nicht erforderliche die Pipeline für alle möglichen Schadenseintrittsszenarien entsprechend auszulegen gemäß dem bisher verwendeten deterministischen Ansatz. Vielmehr können einzelne Schadenseintrittsszenarien unter Berücksichtigung des Einflusses von Wasserstoff in den probabilistischen Risikowert einfließen und so bei der Erzeugung der Stellgröße berücksichtigt werden. Somit ist es möglich auch bei sich dynamisch verändernden Bedingungen bei dem Betrieb der Pipeline bei der Förderung von Wasserstoff stets einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Mit einer systematischen Risikobewertung möglicher Schadensszenarien lassen sich diejenigen (i.d.R. sind es nur einige z.B. auch zufällige Ereignisse) potenziellen Störfälle herausfinden, von denen ein überhöhtes Risiko ausgeht. Sind diese erkannt worden, können ausgewählte Maßnahmen zur Risikoreduzierung ergriffen werden (risikoorientierte Entscheidungsfindung). Ohne solche Risikobewertungen ist es nicht möglich das von einer Anlage ausgehende (Rest-)Risiko, gerade im Kontext einer durch Druckwasserstoff erhöhten und zusätzlichen Gefährdung, systematisch und stetig im Laufe der Zeit zu verringern. Dabei werden Datensätze verwendet, die eine konkrete Versagenswahrscheinlichkeit wiedergeben und eben nicht nur, wie bei reinen deterministischen Verfahren - eine akkumulierte Sammlung konservativer Annahmen. Daneben lassen sich die einzelnen Einflüsse der wirksamen stochastischen Variablen darstellen und miteinander vergleichen (Sensitivität). Schlussendlich kann dadurch ein kostengünstigeres Design erreicht werden.

[0013] Vorzugsweise werden zur Bestimmung der druckwasserstoffspezifischen Schadenseintrittshäufigkeit Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter berücksichtigt und insbesondere der Einfluss von Wasserstoff auf diese Parameter. So kann es sich bei den Konstruktions- und Zustandsparameter beispielsweise um die Wandstärke der Pipeline, das Pipelinealter, die Verlegungstiefe bzw. Überdeckung bzw. Freiverlegung und dergleichen berücksichtigt werden. Weitere Konstruktions- und Zustandsparameter sind die Veränderung verschiedener Materialkennwerte unter Wasserstoffatmosphäre, Korrosion, Rissbehaftung, Kerbfreiheit, Material- und Fertigungsfehler, Werkstoffkennwerte und Materialermüdung und dergleichen. Insbesondere werden hierbei alle Konstruktions- und Zustandsparameter berücksichtigt, die für wasserstoffhaltige Gase von Bedeutung sind.

[0014] Als Betriebsparameter werden bei der Bestimmung der Schadenseintrittshäufigkeit unter anderem der Betriebsdruck, der Wasserstoffanteil im Gasgemisch, die weitere Gaszusammensetzung, die Betriebstemperatur, Druckamplitude im Pipelinenetz, Lastwechselfrequenzen und dergleichen berücksichtigt.

[0015] Als Umgebungsparameter wird die Umgebung bzw. Einflussgrößen, welche aus der Umgebung der Pipeline resultieren, berücksichtigt. Dabei kann es sich bei dem Umgebungsparameter beispielsweise um eine Erdbebenhäufigkeit und Stärke, Hochwasser, Starkregen, Bergsenkung, Vornutzung sowie in die Wahrscheinlichkeit von Bautätigkeiten oder dergleichen handeln.

[0016] Somit wird die Schadenseintrittshäufigkeit anhand der vorgenannten Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter ermittelt, welche allesamt Einfluss haben auf die Häufigkeit, dass ein Schadensszenario an der Pipeline auftritt. Dabei können unterschiedlichen Schadensszenarien, welche aufgrund von unterschiedlichen Schäden an der Pipeline mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit eintreten berücksichtigt werden, wobei die Schadenseintrittshäufigkeit bzw. deren Wahrscheinlichkeit anhand der vorgenannten Parameter ermittelt wird.

[0017] Vorzugsweise wird bei der Bestimmung der druckwasserstoffspezifischen Schadensauswirkung Konstruktions- und Zustandsparameter, wie z.B. Zündfähigkeit, Energieinhalt in Verbindung mit physikalischen Phänomenen (z.B. Wärmestrahlung nach Zündung der freigesetzten Gaswolke, Gasdiffusion von Wasserstoff), und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter berücksichtigt insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenschaften von Wasserstoff auf die Schadensauswirkung. Hierbei kann es sich um dieselben Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter handeln, welche bei der Bestimmung der Schadenseintrittshäufigkeit berücksichtigt werden. Alternativ oder zusätzlich hierzu handelt es sich bei den Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter bei der Bestimmung des Schadensauswirkung um andere Parameter.

[0018] Insbesondere handelt es ich bei den Konstruktions- und Zustandsparameter um eine Verlegungstiefe bzw. Freiverlegung der Pipeline, dem Material bzw. Werkstoff der Pipeline, Leckgrößen, Strömungssituationen bzw. Freisetzungsverhältnisse oder dergleichen.

[0019] Insbesondere handelt es sich bei den berücksichtigten Betriebsparametern um in den Betriebsdruck, dem Wasserstoffanteil im Gasgemisch, der Betriebstemperatur oder dergleichen.

[0020] Insbesondre handelt es sich bei dem Umgebungsparameter um meteorologische Randbedingungen und hierbei insbesondere Vektor bezogene Windrichtung mit anteiliger Wahrscheinlichkeit sowie mittlerer Windgeschwindigkeit, Bebauung, Umgebungsnutzung, Bevölkerungsdichte/ Struktur und dergleichen.

[0021] Somit kann für unterschiedliche Schadensszenarien die jeweilige Schadensauswirkung anhand der Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter ermittelt werden, sodass die Schadensauswirkung bei der Bestimmung des Risikowertes berücksichtigt werden kann. Sich ändernde Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter können dabei auch als eine sich ändernde Schadensauswirkung berücksichtigt werden. So kann beispielsweise Auftreten von starkem Wind bei einem Leck der Pipeline ein schnelleres Verteilen des austretenden Wasserstoffes gewährleistet werden, sodass kein zündfähiges Gemisch entsteht bzw. bei einer Zündung nur eine verringerte Menge von Gas für die Verbrennung zur Verfügung steht.

[0022] Vorzugsweise werden die Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter gemessen insbesondere zur Erfassung von Störeinflüssen/Schwankungen. Somit werden die Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter als Regelgröße herangezogen und eine Veränderung der Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter herangezogen bei einer neuen Bewertung des Risikowertes, welche die Störeinflüssen/Schwankungen der jeweiligen Parameter berücksichtigt.

[0023] Vorzugsweise umfasst die Stellgröße ein Abschalten der Pipeline, eine Druckänderung, eine Änderung des H2-Anteils, eine Änderung eines anderen Gasbestandteiles, eine Änderung der Druckamplitude, eine Änderung der Anzahl von Lastwechseln, eine Änderung von Überwachungsintervallen oder eine Änderung der Überwachungsart. Somit wird aufgrund des bestimmten Risikowertes die Pipeline anhand der Stellgröße angesteuert, sodass ein sicherer Betreib der Pipeline weiterhin gewährleitest wird.

[0024] Vorzugsweise sind mehrere Sollwerte vorgegeben. Dabei können einzelne Sollwerte für unterschiedliche Schadensszenarien vorgesehen sein. Insbesondere sind jedoch alle Schadensszenarien in einem einzelnen Risikowert zusammengefasst. Alternativ hierzu können mehrere Sollwerte eine gestufte oder gestaffelte Erzeugung der Stellgrößen nach sich ziehen, sodass beispielsweise bei Überschreiten eines ersten Sollwerts lediglich die Überwachungsintervalle erhöht werden und erst bei Überschreiten eines zweiten Sollwerts beispielsweise der H2-Anteils, der Druck oder dergleichen reduziert wird und bei Überschreiten eines dritte Sollwerts die Pipeline abgeschaltet wird. Andere Sollwerte sind selbstverständlich ebenfalls möglich zur Berücksichtigung einer kontinuierlichen oder schrittweise Steuerung der Pipeline zur Gewährleistung des sicheren Betriebs der Pipeline.

[0025] Vorzugsweise wird die die Bestimmung des Risikowertes wiederholt in vorgegebenen Überwachungsintervallen und/oder in Abhängigkeit eines Ereignisses und/oder in Abhängigkeit der Änderung von Eingangsparametern bei der Bestimmung des Risikowertes. Somit ergibt sich ein Regelkreis, welcher auf Grundlage des ermittelten Risikowertes eine Stellgröße erzeugt zur Steuerung der Pipeline und hierbei Störgrößen und Regelgrößen wie beispielsweise den Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter berücksichtigt. Somit handelt es sich um ein kontinuierliches Verfahren, welches stets unter jeglicher Betriebssituation ein sicheres Betreiben der Pipeline gewährleistet.

[0026] Vorzugsweise wird bei Bestimmung des Risikowertes die Pipeline in Segmente unterteilt und für jedes Segment jeweils ein Risikowert bestimmt wird. Ebenso ist es möglich für jedes Segment einen entsprechenden Sollwert und/oder eine entsprechende Stellgröße zu bestimmen. Hierbei können sich die Segmente orientieren an einer Änderung eines Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter. Insbesondere müssen die einzelnen Segmente nicht mit Netzabschnitten eines Pipelinenetzes übereinstimmen. Alternativ hierzu stimmen die Segmente bei der Bestimmung des Risikowertes überein mit Abschnitten eines Pipelinenetzes, sodass die jeweiligen Stellgröße auf den jeweiligen Abschnitt des Pipelinenetzes anwendbar ist. Durch die Segmentierung lässt sich ein zuverlässiger Risikowert ermitteln, welcher sich ändernde Parameter entlang der Länge der Pipeline berücksichtigen kann.

[0027] Nachfolgend wird die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsform unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher erläutert.

[0028] Es zeigen:
Figur 1
eine Schematische Darstellung des Verfahrens,
Figur 2
eine schematische Darstellung der Pipeline und
Figur 3
eine schematische Darstellung des Regelkreises in die vorliegende Erfindung.


[0029] Gemäß der vorliegenden Erfindung wird ein Verfahren bereitgestellt zum Betrieb einer Erdgaspipeline zum Transport und zur Verteilung von Wasserstoff. Hierbei können insbesondere bereits bestehende Erdgaspipelines Verwendung finden zur Beförderung von gasförmigem Wasserstoff oder bereits bekannte Konstruktionen und Auslegungen von Erdgaspipelines verwendet werden zur Beförderung von Wasserstoff.

[0030] Hierzu wird, gemäß der vorliegenden Erfindung, in Schritt S01 zunächst ein Risikowert bestimmt. Dabei ergibt sich der Risikowert aus einer Schadenseintrittshäufigkeit eines bestimmten Schadensszenarios und einer Schadensauswirkung, welcher ein Maß darstellt für den Schaden, welcher entsteht, wenn das jeweilige Schadensszenario eintritt.

[0031] Zur Bestimmung der Schadenseintrittshäufigkeit wird insbesondere eine Konstruktions- und Zustandsparameter berücksichtigt, welcher den Zustand bzw. die Konstruktiven Merkmale der Pipeline berücksichtigt. Alternativ oder zusätzlich hierzu wird bei der Bestimmung der Schadenseintrittshäufigkeit ein Betriebsparameter berücksichtigt, welcher einzelne oder mehrere Betriebsparameter der Pipeline umfasst. Alternativ oder zusätzlich hierzu wird bei der Bestimmung der Schadeneintrittshäufigkeit ein Umgebungsparameter berücksichtigt, welcher die externen Einflüsse ausgehend von der Umgebung Pipeline berücksichtigt hinsichtlich deren Einfluss auf die Schadenseintrittshäufigkeit.

[0032] Dabei umfasst der Konstruktions- und Zustandsparameter beispielsweise die Wandstärke der Pipeline, das Alter, die Verlegungstiefe bzw. Überdeckung bzw. Freiverlegung und dergleichen. Weitere Konstruktions- und Zustandsparameter sind die Versprödung, Korrosion, Rissbehaftung, Kerbfreiheit, Material- und Fertigungsfehler, Werkstoffkennwerte und Materialermüdung und dergleichen.

[0033] Weiterhin umfasst der Betriebsparameter beispielsweise der Betriebsdruck, der Wasserstoffanteil im Gasgemisch, die Gaszusammensetzung, die Betriebstemperatur, Druckamplitude im Pipelinenetz, Lastwechselfrequenzen und dergleichen.

[0034] Weiterhin umfasst der Umgebungsparameter beispielsweise Einflussgrößen, welche aus der Umgebung der Pipeline resultieren. Dabei kann es sich bei dem Umgebungsparameter beispielsweise um eine Erdbebenhäufigkeit und Stärke, Hochwasser, Starkregen, Bergsenkung, Vornutzung sowie in die Wahrscheinlichkeit von Bautätigkeiten oder dergleichen handeln.

[0035] Insbesondere wird für die Bestimmung der Schadensauswirkung ein Konstruktions- und Zustandsparameter berücksichtigt, welcher den Zustand bzw. die konstruktiven Merkmale der Pipeline berücksichtigt hinsichtlich des entstehenden Schadens bei Eintritt eines Schadensszenarios. Alternativ oder zusätzlich hierzu wird zur Bestimmung der Schadensauswirkung ein Betriebsparameter berücksichtigt, welcher eine oder mehrerer Betriebsgrößen in der Pipeline umfassen und deren Auswirkung innerhalb eines Schadensszenarios auf den entstehenden Schaden berücksichtigen. Alternativ oder zusätzlich hierzu werden Umgebungsparameter berücksichtigt, welche Merkmale der Umgebung der Pipeline bei der Ermittlung Schadensauswirkung berücksichtigen.

[0036] Konstruktions- und Zustandsparameter bei der Bestimmung der Schadensauswirkung können beispielsweise eine Verlegungstiefe bzw. Freiverlegung der Pipeline, dem Material bzw. Werkstoff der Pipeline, Leckgrößen, Strömungssituationen bzw. Freisetzungsverhältnisse oder dergleichen umfassen.

[0037] Weiterhin können Betriebsparameter bei der Bestimmung der Schadensauswirkung beispielsweise den Betriebsdruck, dem Wasserstoffanteil im Gasgemisch, der Betriebstemperatur oder dergleichen umfassen.

[0038] Weiterhin können Umgebungsparameter bei der Bestimmung der Schadensauswirkung beispielsweise das Wetter und hierbei insbesondere Vektor bezogene Windrichtung mit anteiliger Wahrscheinlichkeit sowie mittlerer Windgeschwindigkeit, Bebauung, Umgebungsnutzung, Bevölkerungsdichte/ Struktur und dergleichen umfassen.

[0039] Insbesondere handelt es sich bei dem Konstruktions- und Zustandsparameter für die Ermittlung der Schadenseintrittshäufigkeit um dieselben Konstruktions- und Zustandsparameter wie für die Bestimmung der Schadensauswirkung. Alternativ handelt es sich um verschiedene Konstruktions- und Zustandsparameter. Ebenso handelt es sich um dieselben Betriebsparameter bei der Bestimmung der Schadenseintrittshäufigkeit und der Schadensauswirkung oder verschiedene Betriebsparameter. Ebenso kann es sich bei den Umgebungsparametern für die Bestimmung der Schadenseintrittshäufigkeit um dieselben Umgebungsparameter handeln wie bei der Bestimmung der Schadensauswirkung oder um verschiedene Umgebungsparameter.

[0040] Aus der Schadenseintrittshäufigkeit und bei der Schadensauswirkung wird, wie vorstehend beschrieben, gemäß Schritt S01 ein Risikowert insbesondere durch Multiplikation der Schadenseintrittshäufigkeit mit der Schadensauswirkung bestimmt, um somit ein Gesamtrisiko des Betriebs der Pipeline mit Wasserstoff zu bestimmen.

[0041] Gemäß Schritt S02 wird sodann der bestimmte Risikowert verglichen mit einem vorgegebenen Sollwert. Bei dem Sollwert handelt es sich beispielsweise um einen Risikoakzeptanzwert, welche die obere Grenze des akzeptablen Risikos angibt.

[0042] Alternativ hierzu handelt es sich bei dem Sollwert um einen vorgegebenen Grenzwert, welcher unterhalb des maximalen Risikoakzeptanzwertes liegt. Hierdurch kann durch geeignete Wahl des Sollwerts frühzeitig auf sich ändernd Betriebszustände der Pipeline reagiert werden und somit stets ein sicherer Betrieb der Pipeline gewähreistet werden.

[0043] Gemäß Schritt S03 wird auf Grundlage des Vergleichs zwischen dem Risikowert und dem vorgegebenen Sollwert eine Stellgröße erzeugt zur Steuerung der Pipeline. Dabei wird gemäß Schritt S04 die Pipeline mittels der Stellgröße angesteuert. Somit wird anhand der Stellgröße der Betrieb der Pipeline gesteuert sodass stets ein sicherer Betrieb der Gaspipeline bei der Beförderung von Wasserstoff sichergestellt ist.

[0044] Insbesondere wird die Stellgröße eines oder mehreres von Abschalten der Pipeline, Druckänderung innerhalb der Pipeline, Änderung des H2-Anteils im geförderten Mediums Änderung eines anderen Gasbestandteils beispielsweise durch Zuführung eines Inertgases oder dergleichen, Änderung der Druckamplitude insbesondere bei einem Lastwechsel, Änderung der Anzahl von zulässigen Lastwechseln, Änderung von Überwachungsintervallen, sodass beispielsweise bei Annäherung an einen vorgegebenen Sollwert Überwachungsintervalle verringert werden, um eine frühzeitige Erkennung von Schäden zu gewährleisten, oder Änderung der Überwachungsart. So kann beispielsweise Überwachung der Pipeline im Normalbetrieb mittels Sensoren erfolgen. Nähert sich der bestimmte Risikowert dem vorgegebenen Sollwert an, kann zusätzlich als andere Überwachungsart eine optische Überwachung erfolgen, um somit den sicheren Betrieb der Pipeline zu gewährleisten.

[0045] Aufgrund des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es möglich eine probabilistische Risikowert aufgrund der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bzw. der erwarteten Schadenshäufigkeit und einer Schadensauswirkung zu berücksichtigen. Somit handelt es sich bei dem vorliegenden Verfahren um einen probabilistischen Ansatz, welcher sich gerade von dem bisher verwendeten deterministischen Ansatz zur Risikobewertung von Pipelines unterscheidet. Somit können aufgrund des probabilistischen Ansatzes unterschiedliche Schadensszenarien und deren Schadenseintrittshäufigkeit bzw. Schadensauswirkung berücksichtigt werden zur Ermittlung des Risikos beim Betrieb der Pipeline insbesondere bei der Beförderung Wasserstoff. Dabei können unterschiedliche Betriebszustände der Pipeline berücksichtigt werden insbesondere bei einem unterschiedlichen Grad der Beimischung von Wasserstoff oder der Beförderung von reinem Wasserstoff auch in bereits bestehenden Pipelines.

[0046] Im Folgenden wird Bezug genommen auf Figur 2. Figur 2 zeigt eine Pipeline 10 welche sich durch unterschiedliche geografische Gebiete erstreckt. So ist beispielsweise dargestellt, dass die Pipeline 10 oberirdisch 18 geführt ist, welches bei der Schadenseintrittshäufigkeit als Konstruktions- und Zustandsparameter berücksichtigt werden kann. Ebenso können geografische Eigenschaften wie ein See 22 oder ein Gebirge 20 mit ihren Eigenschaften auf Erdbewegung, meteorologischen, geologischen und hydrologischen Einflüssen und dergleichen berücksichtigt werden als Umgebungsparameter. Ebenfalls wird die Häufigkeit von Erdbeben im Bereich der Pipeline 10, dargestellt als Verwerfungslinie 13, als Umgebungsparameter berücksichtigt bei der Ermittlung der Schadeneintrittshäufigkeit. Dahingegen wird für die Ermittlung der Schadenauswirkung beispielsweise die Bebauungsdichte 16 in unmittelbarer Nähe der Pipeline 10 berücksichtigt.

[0047] Zur Ermittlung des Risikowertes wird hierbei die Pipeline 10 in unterschiedliche Segmente 12 mit Segmentgrenzen 14 unterteilt und ein Risikowert für jedes Segment 12 unabhängig ermittelt. Dabei können die Segmente mit Netzabschnitten der Pipeline zusammenfallen oder sich orientieren an der Umgebung, konstruktiven Veränderung entlang der Pipeline 10 oder frei gewählt sein. Sodann wird der Risikowert für jedes Segment 12 einzeln bestimmt und herangezogen bei dem Vergleich mit dem Sollwert. Durch die Segmentierung wird sichergestellt, dass eine detaillierte Berücksichtigung von Konstruktions- und Zustandsparametern, Betriebsparametern, und oder Umgebungsparametern auf die Schadenseintrittshäufigkeit und/oder die Schadenauswirkung erfolgen kann.

[0048] Figur 3 zeigt das Verfahren der vorliegenden Erfindung als Regelkreis. Mittels einer Messeinrichtung 38 werden Betriebsparameter, Konstruktions- und Zustandsparameter oder Umgebungsparameter der Pipeline 10 ermittelt. In der Regeleinrichtung 30 wird hieraus ein Risikowert ermittelt und dieser mit einem Risikoakzeptanzwert verglichen. Hieraus wird eine Stellgröße ermittelt, welche mittels eines Stellglieds 32 auf die Pipeline wirkt. In der Regelstrecke 34 wirken äußere Störgrößen 36 und verändern den Zustand der Pipeline beispielsweise durch eine Veränderung eines Konstruktions- und Zustandsparameters eines oder mehrerer Betriebsparameter und/oder eines oder mehrerer Umgebungsparameter. Dabei können die Störgrößen Einfluss nehmen auf die Schadenseintrittshäufigkeit und/oder die Schadensauswirkung. Dies wird von der Messeinrichtung 38 wiederum erfasst und an die Regeleinrichtung 30 weitergegeben. Somit ist ein kontinuierlicher Regelkreis geschaffen, welcher stets einen sicheren Betrieb der Pipeline gewährleistet. Hierbei wird insbesondere ein probabilistischer Ansatz gewählt zur Bestimmung des Risikowertes. Sich ändernde Betriebszustände, verschiedenen Schadensszenarien und dergleichen können somit insgesamt berücksichtigt werden in dem probabilistischen Ansatz, ohne dass bei einer Veränderung eines dieser Parameter erneut eine deterministische Schadensbeurteilung durchgeführt werden muss. Somit ist es auf einfache Weise möglich den sicheren Betrieb der Pipeline auch bei einer Beförderung von Wasserstoff zu gewährleisten.


Ansprüche

1. Verfahrung zum Betrieb einer Erdgaspipeline zum Transport und zur Verteilung von Wasserstoff, mit den Schritten:

- Bestimmen eines Risikowertes, wobei sich der Risikowert ergibt aus einer Schadenseintrittshäufigkeit und einer Schadensauswirkung;

- Vergleichen des Risikowertes mit einem vorgegebenen Sollwert;

- Erzeugen einer Stellgröße zur Steuerung des Betriebs der Pipeline auf Grundlage des Vergleichs zwischen dem Risikowert und dem vorgegebenen Sollwert;

- Ansteuern der Pipeline mittels der Stellgröße.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei es sich bei der Schadenseintrittshäufigkeit und/oder der Schadensauswirkung um einen probabilistischen Wert handelt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei zur Bestimmung der Schadenseintrittshäufigkeit Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter berücksichtigt werden.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei zur Bestimmung der Schadensauswirkung Konstruktions- und Zustandsparameter und/oder Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter berücksichtigt werden.
 
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, bei welchem die Betriebsparameter und/oder Umgebungsparameter gemessen werden, insbesondere zur Erfassung von Störeinflüssen/Schwankungen.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die Stellgröße ein oder mehreres bewirkt von Abschalten der Pipeline, Druckänderung, Änderung des H2-Anteils, Änderung eines anderen Gasbestandteiles, Änderung der Druckamplitude, Änderung der Anzahl von Lastwechseln, Änderung von Überwachungsintervallen, Änderung der Überwachungsart.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei mehrere Sollwerte vorgegeben sind.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei die Bestimmung des Risikowertes wiederholt wird in vorgegebenen Überwachungsintervallen und/oder in Abhängigkeit eines Ereignisses und/oder in Abhängigkeit von einer Änderung von Eingangsparametern bei der Bestimmung des Risikowertes.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, wobei die Pipeline zur Bestimmung des Risikowertes in Segmente unterteilt wird und für jedes Segment jeweils ein Risikowert bestimmt wird.
 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht