[0001] Verunreinigungen mit organischen Halogenverbindungen stellen bei vielen Raffinerieprozessen
ein Problem dar. Beispielsweise betrifft dies die Herstellung von synthetischen Rohölen
aus der Pyrolyse von Kunststoffmaterial oder anderen Rohstoffen. Kunststoffgemische
enthalten häufig halogenierte Polymere, beispielsweise Polyvinylchlorid (PVC), Polytetrafluorethylen
(PTFE) oder auch halogenierte Flammschutzmittel, welche bei Pyrolyseverfahren in den
Prozess gelangen und sich in den jeweiligen Produkten in Form von organischen Halogenverbindungen
wiederfinden können. Die Produktqualität wird dadurch deutlich vermindert. Dasselbe
gilt auch für andere Raffinerieprozesse, beispielsweise sind auch fossile Rohöle oder
Rohölprodukte häufig mit erheblichen Mengen von organischen Halogenverbindungen kontaminiert.
[0002] Organisch gebundenes Halogen kann bei hohen Temperaturen teilweise durch β-Eliminierung
entfernt werden. Beispielsweise kann es bei der Pyrolyse von Kunststoffgemischen enthaltend
PVC teilweise zur Eliminierung von Chlorwasserstoff unter Spaltung der organischen
Kohlenstoff-Chlor Bindungen kommen. Allerdings verlaufen diese Reaktionen häufig nicht
vollständig und organische Chlorverbindungen bleiben in großen Mengen bestehen.
[0003] Die aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren begegnen diesem Problem in der
Regel durch Spezifizierung geringer Organohalogen-Toleranzen für die Ausgangsmaterialien,
beispielsweise in Kombination mit aufwendiger Vorselektierung der Ausgangsmaterialien,
und/oder durch intensive Nachbehandlung der erhaltenen Produkte, beispielsweise durch
Hydrierung. Dies führt allerdings zu weniger flexiblen, weniger effizienten und weniger
ökonomischen Prozessen.
[0004] Es besteht daher ein Bedarf an neuen bzw. verbesserten Verfahren zur Herstellung
von Kohlenwasserstoffprodukten, beispielsweise von synthetischen Rohölen oder von
Rohölprodukten. Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung solche Verfahren zur
Verfügung zu stellen. Insbesondere ist es eine Aufgabe der Erfindung, Verfahren bereitzustellen,
welche den Einsatz von Kohlenwasserstoffgemischen enthaltend hohe Mengen an organisch
gebundenem Halogen erlauben bzw. welche eine Reduktion des Gehalts an organisch gebundenem
Halogen im Kohlenwasserstoffprodukt ermöglichen.
[0005] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung eines
Kohlenwasserstoffprodukts aus einem Kohlenwasserstoffgemisch vorzugsweise enthaltend
mindestens 1 ppm organisch gebundenes Halogen, das Verfahren umfassend die folgenden
Schritte:
- Bereitstellen des Kohlenwasserstoffgemisches, vorzugsweise enthaltend mindestens 1
ppm organisch gebundenes Halogen;
- Erhitzen des Kohlenwasserstoffgemisches um einen gasförmigen Kohlenwasserstoffstrom
zu erhalten;
- Inkontaktbringen des gasförmigen Kohlenwasserstoffstroms mit einer Zusammensetzung
enthaltend mindestens eine Stickstoffverbindung um ein gasförmiges Gemisch zu erhalten,
wodurch organisch gebundenes Halogen in Halogenid-Ionen umgesetzt wird; und
- Abscheiden der Halogenid-Ionen, um das Kohlenwasserstoffprodukt zu erhalten.
[0006] Im Zuge der vorliegenden Erfindung hat sich überraschend ergeben, dass der Gehalt
an organisch gebundenem Halogen im Kohlenwasserstoffprodukt erheblich reduziert werden
kann, wenn bei der Herstellung ein aus dem Ausgangsmaterial gewonnener Kohlenwasserstoffstrom
in der Gasphase mit Stickstoffverbindungen in Kontakt gebracht wird. Die zugesetzten
Stickstoffverbindungen können nukleophile Substitutionsreaktionen mit den organischen
Halogenverbindungen eingehen und so die Kohlenstoff-Halogen Bindungen spalten. Organisch
gebundenes Halogen wird dadurch in Halogenid-Ionen umgesetzt, welche in der Folge
einfach abgeschieden werden können, beispielweise durch Waschen mit einer wässrigen
Lösung oder durch Destillation. Die Durchführung der Substitutionsreaktionen in der
Gasphase hat einerseits den Vorteil, dass eine besonders gute Durchmischung des Kohlenwasserstoffstroms
mit den Stickstoffverbindungen erfolgt und andererseits, dass die Substitutionsreaktionen
besonders effizient ablaufen und eine kurze Reaktionszeit ermöglicht wird. Das erfindungsgemäße
Verfahren ermöglicht es somit, Kohlenwasserstoffgemische mit einem hohen Gehalt an
organisch gebundenem Halogen als Ausgangsmaterial einzusetzen und gleichzeitig Kohlenwasserstoffprodukte
mit niedrigem Gehalt an organisch gebundenem Halogen zu erhalten.
[0007] Unter "organisch gebundenem Halogen" werden im Zusammenhang mit der Erfindung vorzugsweise
Halogene verstanden, welche in chemischen Verbindungen gebunden an Kohlenstoff vorliegen.
Vorzugsweise wird der Gehalt an organisch gebundenem Halogen bestimmt nach DIN EN
14077:2004-03. Alternativ dazu kann der Gehalt an organisch gebundenem Halogen auch
bestimmt werden nach DIN EN 14582:2016-12. Im Zusammenhang mit der Erfindung ebenfalls
geeignet zur Bestimmung von organisch gebundenem Halogen, insbesondere organisch gebundenem
Fluor und/oder Chlor, ist der Standard ASTM D7359:2014 07 01.
[0008] In bevorzugten Ausführungsformen ist das organisch gebundene Halogen ausgewählt aus
organisch gebundenem Fluor, Chlor, Brom, Iod oder Mischungen davon; besonders bevorzugt
Chlor, Brom, Iod oder Mischungen davon; am meisten bevorzugt Chlor. Das erfindungsgemäße
Verfahren hat sich dabei als besonders gut geeignet zur Entfernung von organischen
Chlorverbindungen erwiesen.
[0009] Vorzugsweise enthält das Kohlenwasserstoffgemisch mindestens 1 ppm, bevorzugt mindestens
10 ppm, noch mehr bevorzugt mindestens 100 ppm, noch mehr bevorzugt mindestens 1000
ppm, noch mehr bevorzugt mindestens 2000 ppm, noch mehr bevorzugt mindestens 5000
ppm, noch mehr bevorzugt mindestens 10000 ppm, am meisten bevorzugt mindestens 15000
ppm organisch gebundenes Halogen, insbesondere organisch gebundenes Chlor. Vorzugsweise
enthält das Kohlenwasserstoffgemisch von 1 ppm bis 70000 ppm, vorzugsweise von 10
ppm bis 65000 ppm, bevorzugt von 100 ppm bis 60000 ppm, noch mehr bevorzugt von 1000
ppm bis 50000 ppm, noch mehr bevorzugt von 2000 ppm bis 40000 ppm, noch mehr bevorzugt
von 5000 ppm bis 30000 ppm, am meisten bevorzugt von 10000 bis 20000 ppm organisch
gebundenes Halogen, insbesondere organisch gebundenes Chlor.
[0010] Im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren enthält das Kohlenwasserstoffgemisch
vorzugsweise Halogenkohlenwasserstoffe, vorzugsweise ausgewählt aus Halogenalkanen,
Halogenalkenen, aromatischen Halogenkohlenwasserstoffe und/oder Mischungen davon.
Besonders bevorzugt ist es, wenn das Kohlenwasserstoffgemisch halogenierte Polymere,
insbesondere PVC und/oder PTFE, enthält.
[0011] PVC kann in unterschiedlichen Ausgangsmaterialien für Raffinerieprozesse vorliegen.
Eine wichtige Rolle spielt PVC beispielsweise bei der Herstellung von synthetischem
Rohöl durch die Pyrolyse von Kunststoffmaterial, insbesondere Altkunststoffen. Während
des Pyrolyseprozesses kann zwar ein Teil der Kohlenstoff-Chlor Bindungen durch β-Eliminierung
gespalten werden, jedoch verlaufen diese Reaktionen in der Regel nicht vollständig
und chlorhaltige Alkene finden sich in den Produkten wieder. Um den Gehalt an organisch
gebundenem Chlor im Pyrolyseöl gering zu halten, muss der Anteil von PVC im Ausgangsmaterial
häufig auf niedrigere Werte begrenzt werden. Im Zuge der Erfindung hat sich herausgestellt,
dass gerade die chlorhaltigen Alkene, die als PVC-Abbauprodukte im Pyrolyseprozess
entstehen, besonders effizient in Substitutionsreaktionen mit den eingesetzten Stickstoffverbindungen
umgesetzt werden können. Dadurch ermöglicht es das erfindungsgemäße Verfahren, Kohlenwasserstoffgemische
mit einem hohen PVC-Anteil einzusetzen. Beispielsweise können dadurch Kunststoffgemische
aus der Elektroschrottverwertung eingesetzt werden, welche typischerweise hohe Organochlor-
und Organobrom-Anteile enthalten, insbesondere PVC aus Kabeln, aber auch Flammschutzmittel
wie z.B. Hexabromcyclododecan (HBCD), oder auch Chlorparaffine. In einer bevorzugten
Ausführungsform enthält das Kohlenwasserstoffgemisch daher PVC, vorzugsweise mindestens
0,001 Gew.-%, bevorzugt mindestens 0,01 Gew.-%, mehr bevorzugt mindestens 0,1 Gew.-%,
noch mehr bevorzugt mindestens 0,2 Gew.-%, noch mehr bevorzugt mindestens 0,3 Gew.-%,
noch mehr bevorzugt mindestens 0,4 Gew.-%, noch mehr bevorzugt mindestens 0,5 Gew.-%,
noch mehr bevorzugt mindestens 0,6 Gew.-%, noch mehr bevorzugt mindestens 0,7 Gew.-%,
noch mehr bevorzugt mindestens 0,8 Gew.-%, noch mehr bevorzugt mindestens 0,9 Gew.-%,
am meisten bevorzugt mindestens 1 Gew.-% PVC. Vorzugsweise enthält das Kohlenwasserstoffgemisch
von 0,001 bis 10 Gew.-%, bevorzugt von 0,01 bis 8 Gew.-%, mehr bevorzugt von 0,1 bis
7,0 Gew.-%, noch mehr bevorzugt von 0,2 bis 6,5 Gew.-%, noch mehr bevorzugt von 0,3
bis 6,0 Gew.-%, noch mehr bevorzugt von 0,4 bis 5,5 Gew.-%, noch mehr bevorzugt von
0,5 bis 5,0 Gew.-% PVC.
[0012] Eine weitere Quelle von organischen Halogenverbindungen, die in Raffinerieprozessen
zu Problemen führen können, sind halogenhaltige Flammschutzmittel. Beispielsweise
enthalten Altkunststoffe und andere Kunststoffgemische häufig erhebliche Mengen solcher
Flammschutzmittel, welche sich in der Folge als organische Halogenverbindungen in
den aus den Kunststoffgemischen gewonnenen Pyrolyseölen wiederfinden. Besonders stark
verbreitet sind in diesem Zusammenhang bromhaltige Flammschutzmittel, beispielsweise
Decabromdiphenylether (DecaBDE), welches unter anderem in erheblichen Mengen zu Polyamiden
und Polyolefinen zugesetzt wird, oder Tetrabrombisphenol A (TBBPA), welches unter
anderem zu Polyestern zugesetzt wird, oder auch Hexabromcyclododecan (HBCD), welches
beispielsweise in Insolationsschäumen, z.B. EPS (expandierter Polystyrol-Hartschaum)
und XPS (extrudierter Polystyrol-Hartschaum), eingesetzt werden. Das erfindungsgemäße
Verfahren hat sich auch als besonders gut geeignet zur Entfernung von organisch gebundenem
Halogen aus halogenhaltigen Flammschutzmitteln erwiesen, insbesondere von organisch
gebundenem Brom. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform enthält das Kohlenwasserstoffgemisch
daher halogenhaltige, vorzugsweise bromhaltige, Flammschutzmittel, vorzugsweise polybromierte
Diphenylether und/oder polybromierte Biphenyle, besonders bevorzugt Decabromdiphenylether
(DecaBDE), Tetrabrombisphenol A (TBBPA) und/oder Hexabromcyclododecan (HBCD). Besonders
bevorzugt ist es, wenn das Kohlenwasserstoffgemisch mindestens 1 ppm , vorzugsweise
mindestens 10 ppm, noch mehr bevorzugt mindestens 50 ppm, noch mehr bevorzugt mindestens
200 ppm am meisten bevorzugt mindestens 1000 ppm organisch gebundenes Brom, vorzugsweise
in Form von bromhaltigen Flammschutzmitteln, enthält.
[0013] Die vorliegende Erfindung hat sich als besonders vorteilhaft im Zusammenhang mit
der Herstellung von synthetischem Rohöl erwiesen. Synthetisches Rohöl, teilweise auch
als Syncrude bezeichnet, kann aus unterschiedlichen Prozessen geworden werden, beispielsweise
aus der Pyrolyse von Kunststoffmaterial oder aus Biomasse, beispielsweise Holz. Vorzugsweise
handelt es sich bei dem Kohlenwasserstoffprodukt daher um ein synthetisches Rohöl
oder um eine Fraktion davon.
[0014] In einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Kohlenwasserstoffgemisch
um ein aus Kunststoffmaterial, insbesondere Altkunststoff, gewonnenes Kohlenwasserstoffgemisch.
Besonders bevorzugt ist das Kohlenwasserstoffgemisch eine Kunststoffschmelze. Das
erfindungsgemäße Verfahren erlaubt den Einsatz von Kunststoffmaterial mit einem hohen
Anteil von organischen Halogenverbindungen und ermöglicht so den Einsatz von Kunststofffraktionen,
die in anderen Recyclingprozessen nicht verwendet werden können, beispielsweise Fraktionen
mit hohem PVC-Anteil oder Kunststoffen aus Elektroschrott.
[0015] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Kohlenwasserstoffgemisch
um ein Rohöl, vorzugsweise um ein fossiles Rohöl oder ein synthetisches Rohöl, insbesondere
um ein Pyrolyseöl. Beispielsweise kann es sich um einen durch halogenierte Lösungsmittel
verunreinigten Rohölstrom handeln.
[0016] Im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es bevorzugt, wenn das das
Erhitzen des Kohlenwasserstoffgemisches im Zuge eines Pyrolyseprozesses, eines Hydrierungsprozesses,
oder eines Destillationsprozesses erfolgt. Dies hat den Vorteil, dass bestehende Prozesse
genützt werden können, um den gasförmigen Kohlenwasserstoffstrom zu erhalten. Bestehende
Prozesse können auf ökonomische Weise mit einer Zudosierung von Stickstoffverbindungen
in den Gasstrom ergänzt werden, um den Gehalt an organisch gebundenem Halogen im Produkt
zu reduzieren. Beispielsweise ist es bevorzugt, wenn der gasförmige Kohlenwasserstoffstrom
der Produktstrom einer Thermal Gasoil Unit (TGU) oder einer Fluid Catalytic Cracking
(FCC) Anlage ist. Besonders bevorzugt ist es, wenn das Erhitzen des Kohlenwasserstoffgemischs
im Zuge eines Pyrolyseprozesses erfolgt, vorzugsweise der Pyrolyse von Kunststoffmaterial,
beispielsweise wie aus der
WO 2012/149590 A1 oder der
US 6,060,631 A bekannt.
[0017] Vorzugsweise erfolgt das Erhitzen des Kohlenwasserstoffgemisches um einen gasförmigen
Kohlenwasserstoffstrom zu erhalten auf eine Temperatur von mindestens 150 °C, bevorzugt
mindestens 200 °C, mehr bevorzugt mindestens 250 °C, noch mehr bevorzugt mindestens
300 °C, noch mehr bevorzugt mindestens 350 °C, am meisten bevorzugt mindestens 400
°C. Durch solche hohen Temperaturen kann bereits ein Teil der Kohlenwasserstoff-Halogen
Bindungen vor dem Inkontaktbringen mit den Stickstoffverbindungen durch Eliminierungsreaktionen
gespalten werden, was insgesamt zu einer noch effizienteren Reduktion des Gehalts
an organisch gebundenem Halogen führt.
[0018] In einer bevorzugten Ausführungsform beträgt die Temperatur des gasförmigen Kohlenwasserstoffstroms
beim Inkontaktbringen mit der Zusammensetzung enthaltend die mindestens eine Stickstoffverbindung
mindestens 150 °C, bevorzugt mindestens 200 °C, mehr bevorzugt mindestens 250 °C,
noch mehr bevorzugt mindestens 300 °C, am meisten bevorzugt mindestens 350 °C. Vorzugsweise
beträgt die Temperatur zwischen 150 °C und 550 °C, bevorzugt zwischen 200 °C und 500
°C, mehr bevorzugt zwischen 200 °C und 480 °C, noch mehr bevorzugt zwischen 250 °C
und 460 °C, noch mehr bevorzugt zwischen 300 °C und 450 °C. Die Zudosierung der Zusammensetzung
in einen so heißen gasförmigen Kohlenwasserstoffstrom ermöglicht eine besonders gute
Durchmischung, da die Zusammensetzung beim Inkontaktbringen rascher verdampft und
sich so besser mit dem Kohlenwasserstoffstrom durchmischt. Dies führt wiederum zu
einem effizienteren Ablauf der Substitutionsreaktionen und damit zu einer effizienteren
Entfernung von organisch gebundenem Halogen.
[0019] Es hat sich weiters als günstig erwiesen, wenn die Temperatur des erhaltenen gasförmigen
Gemisches mindestens 150 °C, bevorzugt mindestens 200 °C, mehr bevorzugt mindestens
250 °C, noch mehr bevorzugt mindestens 300 °C, am meisten bevorzugt mindestens 350
°C beträgt. Vorzugsweise beträgt die Temperatur zwischen 150 °C und 550 °C, bevorzugt
zwischen 200 °C und 500 °C, mehr bevorzugt zwischen 200 °C und 480 °C, noch mehr bevorzugt
zwischen 250 °C und 460 °C, noch mehr bevorzugt zwischen 300 °C und 450 °C. Eine hohe
Temperatur des gasförmigen Gemisches begünstigt den Ablauf von nukleophilen Substitutionsreaktionen.
Dies hat sich als besonders vorteilhaft bei der Entfernung von organischen Chlorverbindungen
herausgestellt, da diese weniger reaktiv sind als organische Brom- oder Iodverbindungen.
[0020] Im erfindungsgemäßen Verfahren können die Stickstoffverbindungen im Wesentlichen
in purer Form zudosiert werden, d.h. die Zusammensetzung kann im Wesentlichen aus
einer oder mehreren Stickstoffverbindungen bestehen. Als besonders vorteilhaft hat
es sich allerdings erwiesen, wenn die Zusammensetzung enthaltend die mindestens eine
Stickstoffverbindung eine wässrige Zusammensetzung ist. Überraschenderweise kann dadurch
eine noch effizientere Entfernung von organisch gebundenem Halogen erreicht werden.
Nach Ansicht der Erfinder, ohne an eine Theorie gebunden zu sein, liegt dies einerseits
daran, dass die Anwesenheit von Wasser nukleophile Substitutionsreaktionen begünstigen
kann, und andererseits daran, dass das Wasser beim Inkontaktbringen mit dem gasförmigen
Kohlenwasserstoffstrom rasch verdampfen und zu einer besseren Durchmischung von Kohlenwasserstoffstrom
und Stickstoffverbindungen führen kann.
[0021] In diesem Zusammenhang hat es sich als besonders günstig erwiesen, wenn die Konzentration
von Stickstoffverbindungen in der Zusammensetzung, vorzugsweise der wässrigen Zusammensetzung,
zwischen 5 und 80 Gew.-%, bevorzugt zwischen 7 und 70 Gew.-%, noch mehr bevorzugt
zwischen 10 und 50 Gew.-%, beträgt. Eine Konzentration in diesem Bereich ermöglicht
einen effizienten Ablauf der Substitutionsreaktionen. Wenn die Zusammensetzung eine
wässrige Zusammensetzung ist, liegt in diesem Bereich außerdem ein für den Ablauf
der nukleophilen Substitutionsreaktionen günstiges Verhältnis zwischen Stickstoffverbindungen
und dem Wasser vor.
[0022] Vorzugsweise liegt das Massenverhältnis zwischen dem gasförmigen Kohlenwasserstoffstrom
und der Zusammensetzung enthaltend die mindestens eine Stickstoffverbindung mindestens
5:1, vorzugsweise mindestens 10:1, noch mehr bevorzugt mindestens 20:1, noch mehr
bevorzugt mindestens 50:1, noch mehr bevorzugt mindestens 100:1, noch mehr bevorzugt
mindestens 150:1 beträgt. Vorzugsweise liegt das Massenverhältnis zwischen 5:1 und
250:1, bevorzugt zwischen 10:1 und 200:1, noch mehr bevorzugt zwischen 20:1 und 150:1,
am meisten bevorzugt zwischen 40:1 und 100:1. Es hat sich gezeigt, dass bei einem
solchen Massenverhältnis eine ausreichende Menge an Stickstoffverbindungen vorliegt,
um einen effizienten Ablauf der Substitutionsreaktionen zu gewährleisten, aber gleichzeitig
der Kohlenwasserstoffstrom nicht zu stark verdünnt wird, sodass das Verfahren dennoch
besonders ökonomisch durchgeführt werden kann.
[0023] Bei der mindestens einen Stickstoffverbindung, welche in der Zusammensetzung enthalten
ist, handelt es sich vorzugsweise um eine nukleophile Stickstoffverbindung. Vorzugsweise
ist die Stickstoffverbindung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus primären Aminen,
sekundären Aminen, tertiären Aminen, Ammoniak und Hydrazin. Bevorzugt ist die Stickstoffverbindung
ausgewählt aus der Gruppe bestehen aus Diethanolamin, Morpholin, Dimethylamin, Dithylamin,
Dipropylamin, Diisopropylamin, Ethyl-Isopropylamin, Piperidin, Pyrrolidin, Piperazin,
Ethanolamin, 2-Methoxethylamin, 3-Methoxypropylamin, Methylamin, Ethylamin, Propylamin,
Isopropylamin, Butylamin, Hexylamin, Cyclohexylamin, Decylamin, Diaminoethan, Diaminopropan,
Diaminobutan, Diaminohexan, Diaminocyclohexan, Ammoniak, Hydrazin, Trimethylamin,
Triethylamin, Triethanolamin und Tripropylamin. Im Rahmen der Erfindung besonders
bevorzugt sind Ammoniak, Ethanolamin, 3-Methoxypropylamin, Dimethylamin, Diethylamin,
Dibutylamin, Morpholin, Diethanolamin, und/oder Triethylamin. In einer bevorzugten
Ausführungsform kann die Zusammensetzung auch Mischungen mehrerer unterschiedlicher
Stickstoffverbindungen enthalten.
[0024] Im Rahmen der Versuche, die im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung durchgeführt
wurden, hat es sich herausgestellt, dass sich mit bestimmten Arten von Stickstoffverbindungen
besonders gute Ergebnisse erzielen lassen. So hat es sich einerseits als günstig erwiesen,
wenn die Stickstoffverbindung ein primäres oder ein sekundäres Amin, insbesondere
ein sekundäres Amin, ist. Andererseits wurden insbesondere mit flüchtigen Aminen gute
Resultate erzielt. Nach Ansicht der Erfinder, ohne an eine Theorie gebunden zu sein,
lässt sich dies dadurch erklären, dass flüchtige Amine einen schnelleren Übergang
in die Gasphase und damit ein besseres Durchmischen mit dem Kohlenwasserstoffstrom
ermöglichen und dass die hohe Nukleophilie von sekundären Aminen zu einem rascheren
Ablauf der Substitutionsreaktionen führt. Vorzugsweise handelt es sich bei der mindestens
einen Stickstoffverbindung daher um ein sekundäres Amin. Unabhängig davon ist es bevorzugt,
wenn die Stickstoffverbindung einen Siedepunkt von weniger als 260 °C, vorzugsweise
weniger als 200 °C, noch mehr bevorzugt weniger als 150 °C, insbesondere weniger als
130 °C hat. Besonders bevorzugt ist es, wenn die mindestens eine Stickstoffverbindung
ein sekundäres Amin mit einem Siedepunkt von weniger als 260 °C, vorzugsweise weniger
als 200 °C, noch mehr bevorzugt weniger als 150 °C, insbesondere weniger als 130 °C
ist. Als besonders gut geeignete Stickstoffverbindungen haben sich im Zusammenhang
mit der Erfindung flüchtige sekundäre Amine, vorzugsweise Dimethylamin, Diethylamin,
Dibutylamin und Morpholin erwiesen, insbesondere Morpholin. Als ebenfalls sehr gut
geeignet haben sich Mischungen von primären Aminen, beispielsweise Ethanolamin, mit
flüchtigen sekundären Aminen erwiesen.
[0025] Das Abscheiden der Halogenid-Ionen kann im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens
vorzugsweise durch Waschen mit einer wässrigen Waschlösung erfolgen. Aufgrund ihrer
Wasserlöslichkeit können Halogenid-Ionen bzw. daraus gebildete Salze, z.B. Amin Hydrochloride,
in die Wasserphase übergehen und über diese abgeschieden werden. Das Waschen kann
beispielsweise in einem mechanischen Mischer, in einem statischen Mischer und/oder
in einem Mixer-Settler durchgeführt werden. Als besonders gut geeignet haben sich
in diesem Zusammenhang Mixer-Settler erwiesen, da das Mischen von Ölphase und wässriger
Waschlösung sowie der anschließenden Absetzvorgangs zur Trennung der Phasen und Abscheidung
der gereinigten Ölphase in einem kontinuierlichen Prozess erfolgen kann. In diesem
Zusammenhang ist es besonders bevorzugt, wenn die wässrige Waschlösung eine basische
wässrige Waschlösung ist, vorzugsweise wobei der pH-Wert der wässrigen Waschlösung
mindestens 7,5, vorzugsweise mindestens 8, noch mehr bevorzugt mindestens 9, noch
mehr bevorzugt mindestens 10, noch mehr bevorzugt mindestens 12, am meisten bevorzugt
mindestens 13 beträgt.
[0026] In einer weiteren Ausführungsform erfolgt das Abscheiden der Halogenid-Ionen durch
Destillation. Dies ermöglicht eine besonders einfache und gleichzeitig gründliche
Entfernung der Halogenid-Ionen, da sich Salze der Halogenid-Ionen einfach im Sumpf
der Destillation ablagern können.
[0027] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht es, Kohlenwasserstoffprodukte mit einem
besonders niedrigen Gehalt an organisch gebundenem Halogen zu erhalten. Vorzugsweise
enthält das Kohlenwasserstoffprodukt weniger als 200 ppm, bevorzugt weniger als 150
ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 100 ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 75 ppm,
noch mehr bevorzugt weniger als 50 ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 30 ppm, noch
mehr bevorzugt weniger als 20 ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 10 ppm, am meisten
bevorzugt weniger als 5 ppm organisch gebundenes Halogen, vorzugsweise organisch gebundenes
Halogen nach DIN EN 14077:2004-03. Besonders bevorzugt ist es, wenn das Kohlenwasserstoffprodukt
weniger als 200 ppm, bevorzugt weniger als 150 ppm, noch mehr bevorzugt weniger als
100 ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 75 ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 50
ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 30 ppm, noch mehr bevorzugt weniger als 20 ppm,
noch mehr bevorzugt weniger als 10 ppm, am meisten bevorzugt weniger als 5 ppm organisch
gebundenes Chlor enthält. Die Bestimmung von organisch gebundenem Halogen bzw. von
organisch gebundenem Chlor wird vorzugsweise nach DIN EN 14077:2004-03 oder nach ASTM
D7359:20140701 durchgeführt.
[0028] Sämtliche hierin genannten Parameter beziehen sich, wenn nicht anders gekennzeichnet,
auf SATP-Bedingungen nach IUPAC ("Standard Ambient Temperature and Pressure"), insbesondere
auf eine Temperatur von 25 °C und einen Druck von 101.300 Pa.
[0029] Sämtliche Prozent-Angaben (%) hierin beziehen sich, wenn nicht anders gekennzeichnet,
auf Gewichtsprozent.
[0030] Angaben in "ppm" hierin beziehen sich, wenn nicht anders gekennzeichnet, auf parts
per million auf Massebasis (ppmw). 1 ppm wie hierin verwendet entspricht 0,0001 Gew.-%.
[0031] Die vorliegende Erfindung wird durch die folgende Figur und die folgenden Beispiele
illustriert, auf welche sie selbstverständlich nicht eingeschränkt ist.
[0032] Figur 1 zeigt ein Verfahrensfließschema einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Verfahrens.
[0033] In der in Figur 1 gezeigten Ausführungsform handelt es sich beim Kohlenwasserstoffgemisch
1 um eine aus Kunststoffmaterial gewonnene Schmelze, vorzugsweise enthaltend von 0,1
bis 5 Gew.-% PVC. Das Kunststoffmaterial wird in einem Extruder 7 kompaktiert, entgast
und geschmolzen. Die aus dem Extruder 7 austretende Kunststoffschmelze wird in einem
statischen Mischer 8 mit einem externen Lösungsmittel 9, vorzugsweise Schweröl, und/oder
mit bereits pyrolysiertem Kunststoffmaterial, welches als Recyclingstrom 10 rückgeführt
wird, vermischt, um die Viskosität der Kunststoffschmelze zu reduzieren. Das so erhaltene
Kohlenwasserstoffgemisch 1 wird in einem Depolymerisationsreaktor 11 erhitzt, vorzugsweise
auf eine Temperatur zwischen 400°C und 440°C, wobei es zu einer Depolymerisation des
Kunststoffmaterials kommt. Ein gasförmiger Kohlenwasserstoffstrom 2 enthaltend pyrolisiertes
Kunststoffmaterial wird anschließend als Kopfprodukt einer Kolonne 12 gewonnen. Der
gasförmige Kohlenwasserstoffstrom 2 wird in der Folge mit einer Zusammensetzung 3
enthaltend mindestens eine Stickstoffverbindung in Kontakt gebracht, um ein gasförmiges
Gemisch 4 zu erhalten. Die Temperatur des gasförmigen Kohlenwasserstoffstroms 2 beträgt
beim Inkontaktbringen mit der Zusammensetzung 3 vorzugsweise mindestens 300 °C. Die
Zusammensetzung 3 kann in flüssiger Form zum heißen Kohlenwasserstoffstrom 2 zudosiert
werden, wobei die Zusammensetzung 3 rasch verdampft, was eine gute Durchmischung mit
dem Kohlenwasserstoffstrom 2 ermöglicht, insbesondere wenn es sich bei der Zusammensetzung
3 um eine wässrige Zusammensetzung handelt. Im so erhaltenen gasförmigen Gemisch 4
laufen nukleophile Substitutionsreaktionen ab, in denen die in der Zusammensetzung
3 enthaltenen Stickstoffverbindungen die aus dem PVC stammenden organischen Chlorverbindungen
nukleophil angreifen und so das organisch gebundene Chlor in Chlorid-Ionen umgesetzt
wird. Vom gasförmigen Gemisch 4 kann in der gezeigten Ausführungsform ein Gasstrom
13 in einer weiteren Kolonne 14 abgetrennt werden. Der daraus erhaltene Stoffstrom
15 wird in der gezeigten Ausführungsform mit einer wässrigen Waschlösung 6 in einer
Mischzone eines Mixer-Settlers 16 vermischt, wobei Chlorid-Ionen in die Wasserphase
übergehen. In der Folge wird die gereinigte Ölphase von der Wasserphase in einer Absetzzone
des Mixer-Settlers 16 getrennt. Die Wasserphase wird als Abwasserstroms 17 entfernt
und die Ölphase wird als Kohlenwasserstoffprodukt 5 erhalten.
Beispiel 1: Herstellung von synthetischem Rohöl mit reduziertem Gehalt an organisch
gebundenem Halogen.
[0034] Um die Reduktion von organisch gebundenem Chlor und Brom mit dem erfindungsgemäßen
Verfahren zu testen, wurden Testläufe zur Herstellung von synthetischem Rohöl im Wesentlichen
wie in Figur 1 beschrieben durchgeführt. Als Ausgangsmaterial wurden Kunststoffgemische
eingesetzt, welchen 0,5 Gew.-% oder 1 Gew.-% PVC zugesetzt wurde und welche zwischen
5 und 250 ppm Brom enthielten.
[0035] Die Kunststoffgemische wurden wie in Figur 1 beschrieben extrudiert und bei einer
Temperatur zwischen 400°C und 440°C gecrackt. Ein gasförmiger Kohlenwasserstoffstrom
wurde als Kopfprodukt einer dem Depolymerisationsreaktor nachgeschalteten Kolonne
abgetrennt. Direkt nach der Kolonne wurde eine Amin-Zusammensetzung zum Kohlenwasserstoffstrom
zudosiert. Die Temperatur des Kohlenwasserstoffstroms bei der Zudosierung betrug 370
°C. Als Amin-Zusammensetzung wurde eine Lösung von 10 Gew.-% Ethanolamin in Wasser
eingesetzt. Die zudosierte Menge der Amin-Zusammensetzung betrug 3 kg/h bei einem
Feed-Einsatz von 80 kg/h. Das erhaltene Produkt wurde gewaschen und der Gehalt an
organisch gebundenem Chlor und Brom in der organischen Phase wurde bestimmt.
[0036] Folgende Konzentrationen von organisch gebundenem Chlor und Brom wurden im Produkt
erhalten:
- 0,5 Gew.-% PVC im Feed: 16 ppm organisch gebundenes Chlor, 0 ppm organisch gebundenes
Brom;
- 1 Gew.-% PVC im Feed: 58 ppm organisch gebundenes Chlor, 0 ppm organisch gebundenes
Brom;
- Vergleichsversuche ohne Zudosierung der Amin-Zusammensetzung: 200-2000 ppm organisch
gebundenes Chlor; bis zu 250 ppm organisch gebundenes Brom.
[0037] Zusammenfassend führte die erfindungsgemäß vorgesehene Zudosierung von Stickstoffverbindungen
somit zu einer erheblichen Reduktion des Gehalts an organisch gebundenem Halogen im
Produkt.
Beispiel 2: Vergleichsversuche mit unterschiedlichen Stickstoffverbindungen.
[0038] Um den Einfluss der Wahl der Stickstoffverbindung zu untersuchen, wurden Vergleichsversuche
mit unterschiedlichen Stickstoffverbindungen durchgeführt. Als Einsatzmaterial wurde
ein mit Halogenkohlenwasserstoffen verunreinigtes synthetische Rohöl mit einem Organochlorgehalt
von 58 ppm eingesetzt. Das Einsatzmaterial wurde in einem Druckgefäß mit dem jeweiligen
Amin (2 Gew.-%) bei Raumtemperatur vorgelegt und auf 130 °C für 30 min erhitzt. Die
organische Phase wurde nach dem Abkühlen mit Wasser gewaschen und analysiert.
[0039] Folgende Resultate wurden mit den jeweiligen Stickstoffverbindungen erzielt:
Stickstoffverbindung |
Substitutionsgrad |
Siedepunkt |
Resultat (organisch gebundenes Chlor [ppm]) |
Ammoniak |
- |
-33 °C |
52,0 |
Ethanolamin |
primär |
170 °C |
32,1 |
Dimethylamin |
sekundär |
7 °C |
22,0 |
Diethylamin |
sekundär |
56 °C |
27,4 |
Dibutylamin |
sekundär |
159 °C |
28,3 |
Morpholin |
sekundär |
129 °C |
24,6 |
Diethanolamin |
sekundär |
269 °C |
43,0 |
Triethylamin |
tertiär |
89 °C |
54,0 |
[0040] Wie aus der obigen Tabelle ersichtlich, wurden die besten Resultate mit sekundären
Aminen mit einem Siedepunkt von weniger als 200 °C erzielt (Dimethylamin, Diethylamin,
Dibutylamin, Morpholin; alle unter 30 ppm organisch gebundenes Chlor im Produkt).
Diese Stickstoffverbindungen erwiesen sich als vorteilhaft sowohl gegenüber primären
(Ethanolamin) und tertiären (Triethylamin) Aminen sowie Ammoniak, als auch gegenüber
sekundären Aminen mit höherem Siedepunkt (Diethanolamin).
Beispiel 3: Vergleichsversuche mit unterschiedlichen Stickstoffverbindungen bei höheren
Temperaturen.
[0041] Um den Effekt der unterschiedlichen Stickstoffverbindungen bei höheren Temperaturen
zu untersuchen, wurden die in Beispiel 2 beschriebenen Versuche bei einer höheren
Temperatur durchgeführt. Als Einsatzmaterial wurde wiederum ein mit Halogenkohlenwasserstoffen
verunreinigtes synthetische Rohöl mit einem Organochlorgehalt von 58 ppm eingesetzt.
Das Einsatzmaterial wurde in einem Druckgefäß mit dem jeweiligen Amin (2 Gew.-%) bei
Raumtemperatur vorgelegt und auf 300 °C für 10 min erhitzt. Die organische Phase wurde
nach dem Abkühlen mit Wasser gewaschen und analysiert.
Stickstoffverbindung |
Substitutionsgrad |
Siedepunkt |
Resultat (organisch gebundenes Chlor [ppm]) |
Ethanolamin |
primär |
170 °C |
15 |
Dimethylamin |
sekundär |
7 °C |
2 |
Morpholin |
sekundär |
129 °C |
4 |
Diethanolamin |
sekundär |
269 °C |
8 |
[0042] Wie aus der obigen Tabelle ersichtlich ist, führte die höhere Temperatur zu einer
noch deutlich verstärkten Reduktion von organisch gebundenem Chlor. Wiederum erwies
sich der Einsatz von sekundären Aminen mit einem Siedepunkt von weniger als 200 °C
(Dimethylamin, Morpholin) als vorteilhaft sowohl gegenüber einem primären Amin (Ethanolamin)
als auch gegenüber einem sekundären Amin mit höherem Siedepunkt (Diethanolamin).
1. Verfahren zur Herstellung eines Kohlenwasserstoffprodukts (5) aus einem Kohlenwasserstoffgemisch
(1) enthaltend mindestens 1 ppm organisch gebundenes Halogen, das Verfahren umfassend
die folgenden Schritte:
- Bereitstellen des Kohlenwasserstoffgemisches (1) enthaltend mindestens 1 ppm organisch
gebundenes Halogen;
- Erhitzen des Kohlenwasserstoffgemisches um einen gasförmigen Kohlenwasserstoffstrom
(2) zu erhalten;
- Inkontaktbringen des gasförmigen Kohlenwasserstoffstroms (2) mit einer Zusammensetzung
(3) enthaltend mindestens eine Stickstoffverbindung um ein gasförmiges Gemisch (4)
zu erhalten, wodurch organisch gebundenes Halogen in Halogenid-Ionen umgesetzt wird;
und
- Abscheiden der Halogenid-Ionen, um das Kohlenwasserstoffprodukt (5) zu erhalten.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Kohlenwasserstoffgemisch (1) mindestens 0,2 Gew.-% Polyvinylchlorid (PVC) enthält.
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Kohlenwasserstoffgemisch (1) bromhaltige Flammschutzmittel enthält, vorzugsweise
polybromierte Diphenylether und/oder polybromierte Biphenyle, besonders bevorzugt
Decabromdiphenylether (DecaBDE), Tetrabrombisphenol A (TBBPA) und/oder Hexabromcyclododecan
(HBCD).
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Kohlenwasserstoffgemisch (1) ein aus Kunststoffmaterial, insbesondere Altkunststoff,
gewonnenes Kohlenwasserstoffgemisch ist.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Kohlenwasserstoffgemisch (1) ein Rohöl ist, vorzugsweise ein synthetisches Rohöl,
insbesondere ein Pyrolyseöl.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Erhitzen des Kohlenwasserstoffgemisches (1) im Zuge eines Pyrolyseprozesses,
eines Hydrierungsprozesses, oder eines Destillationsprozesses erfolgt.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Temperatur des gasförmigen Kohlenwasserstoffstroms (2) beim Inkontaktbringen
mit der Zusammensetzung (3) enthaltend die mindestens eine Stickstoffverbindung mindestens
200 °C beträgt.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung (3) enthaltend die mindestens eine Stickstoffverbindung eine
wässrige Zusammensetzung ist.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration von Stickstoffverbindungen in der Zusammensetzung (3) zwischen
10 und 50 Gew.-% beträgt.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Massenverhältnis zwischen dem gasförmigen Kohlenwasserstoffstrom (2) und der
Zusammensetzung (3) enthaltend die mindestens eine Stickstoffverbindung zwischen 15:1
und 50:1 liegt.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Stickstoffverbindung ein sekundäres Amin mit einem Siedepunkt
von weniger als 200 °C ist.
12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Stickstoffverbindung ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend
aus Ammoniak, Ethanolamin, 3-Methoxypropylamin, Dimethylamin, Diethylamin, Dibutylamin,
Morpholin, Diethanolamin, und/oder Triethylamin; vorzugsweise Dimethylamin, Diethylamin,
Dibutylamin und/oder Morpholin.
13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Abscheiden der Halogenid-Ionen durch Waschen mit einer wässrigen Waschlösung
(6) erfolgt, vorzugsweise wobei die wässrige Waschlösung (6) basisch ist.
14. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Abscheiden der Halogenid-Ionen durch Destillation erfolgt.
15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Kohlenwasserstoffprodukt (5) weniger als 200 mg/kg organisch gebundenes Halogen
enthält.