TECHNISCHES GEBIET
[0001] Die Erfindung betrifft allgemein Verfahren und Systeme zur Früherkennung und Bewertung
von strukturellen Gefahrenstellen im Straßenverkehr. Die Erfindung betrifft insbesondere
ein computergestütztes Verfahren zur frühzeitigen Erkennung von strukturellen Gefahrenstellen
im Straßenverkehr anhand einer digitalen Verkehrswegnetz-Abbildung mittels eines Rechnersystems.
Die Erfindung betrifft ferner ein computergestütztes Verfahren zur Ermittlung eines
Gefahrenscores einer georeferenzierten, strukturellen Gefahrenstelle in einer digitalen
Verkehrswegnetz-Abbildung, sowie ein Rechnersystem zur Umsetzung der vorgenannten
Verfahren und/oder zur Nutzung bzw. Nutzbarmachung der aus einem dieser Verfahren
resultierenden kartenartigen digitalen Verkehrswegnetz-Abbildung, die soz. eine Gefahrenkarte
darstellt. Weiterhin werden neuartige Verwendungen des Rechnersystems bzw. der Gefahrenkartendaten
vorgeschlagen. So betrifft die Erfindung u.a. auch ein Verfahren bzw. ein System zur
Kommunikation mit autonom oder teilautonom fahrenden Fahrzeugen zwecks Beeinflussung
des autonomen oder teilautonomen Fahrverhaltens in Abhängigkeit von Gefahrenstellen.
[0002] Man unterscheidet auf dem vorliegenden Gebiet zwischen dauerhaften bzw. strukturellen
und nur situativen, temporären Gefahrenstellen. Dauerhafte Gefahrenstellen sind immer
vorhanden. Temporäre Gefahrenstellen hingegen sind zeitlich begrenzt (wie z.B. bei
Baustellen) oder sie treten nur in Zusammenhang mit bestimmten Rahmenbedingungen auf
wie z.B. bei widrige Wetterverhältnissen (sei es im Sommer durch das Blenden der Sonne,
bei Regen durch Aquaplaning oder im Winter durch Schnee und Eis). Für die Meldung
temporärer Gefahrenstellen existieren etablierte Lösungen wie z.B. RDS/TMC nach ISO
14819. Eine Früherkennung ist hier naturgemäß kaum möglich.
[0003] Die vorliegende Erfindung betrifft zumindest vorwiegend oder auch ausschließlich
dauerhafte bzw. strukturelle Gefahrenstellen im Verkehrswegnetz für den Straßenverkehr.
Der Begriff Gefahrenstelle ist insbesondere nicht auf Gefahr gegen einen bestimmten
Verkehrsteilnehmertyp beschränkt zu verstehen, d.h. umfasst Gefährdung verschiedener
Verkehrsteilnehmertypen. Eine Gefahrenstelle kann auch als Risikostelle verstanden
werden.
HINTERGRUND DER ERFINDUNG
[0004] Da die Anzahl an Verkehrsunfalltoten seit längerer Zeit stagniert und kein weiterer
Rückgang von Unfällen mit Todesfolge zu vermuten ist und gleichzeitig die Zahl der
Radfahrunfälle, insbesondere mit Beteiligung von E-Bikes stark ansteigt, wird mit
Hochdruck daran geforscht, wie Verkehrswegnetze sicherer zu gestalten sind. Seit einiger
Zeit werden dazu vermehrt computergestützte Verfahren zur Identifizierung von Gefahrenstellen
dieser Verkehrswegnetze erprobt und eingesetzt um versuchsweise Unfallgefahrenstellen
für Kraftfahrzeuge vorherzusagen, typisch beruhend auf statistischen Verfahren bzw.
Wahrscheinlichkeitsberechnungen, und somit bereits vor Entstehen eines Unfalls die
entsprechende Stelle des Verkehrswegnetzes zu entschärfen.
STAND DER TECHNIK
[0005] Bekannte Verfahren beruhen z.B. darauf, bekannte Unfalldaten aus Unfalldatenbanken
von z.B. Polizeibehörden zu sammeln und kartographiert darzustellen sowie aufgrund
der Häufigkeit von Unfällen zu ermitteln, wo eine Gefahrenstelle vorliegt. Mit diesem
Ansatz können Gefahrenstellen nicht erkannt werden bevor es bereits zu teils schweren
Unfällen gekommen ist. In die behördlich erfassten Unfalldaten fließen zudem Bagatellfälle
bzw. leichte Unfälle ohne polizeiliche Meldung typisch nicht ein.
[0006] Des Weiteren gibt es den Ansatz, Sensordaten bzw. sog. Impulsdaten durch die Fahrzeugelektronik
und/oder Zusatzinstrumente auszulesen und diese zur Erkennung von kritischen Fahrmanövern
zu verwenden. Solche Impulsdaten werden heutzutage von einigen Versicherungen und/oder
Fahrzeugflottenbetreibern verwendet um die Qualität des Fahrens des Fahrzeugführers
zu überprüfen und um somit eventuelle Prämien anpassen zu können. Impulsdaten können
eine Möglichkeit bieten, durch kritische Fahrmanöver Gefahrenstellen zu identifizieren,
bevor es überhaupt zu Unfällen kommt. Derart identifizierte Gefahrenstellen können
dann z.B. den Straßenverkehrsämtern gemeldet werden, sodass diese ein entschärfen
der Gefahrenstellen in die Wege leiten können.
[0008] Nicht alle Impulsdaten sind auf Gefahrenstellen zurückzuführen. Kritische Fahrmanöver,
welche in die Impulsdaten einfließen, können durch diverse andere Ursachen veranlasst
sein, z.B. durch unaufmerksame Fahrer, sodass kein Zusammenhang zur Gestaltung eines
Verkehrsweges besteht. Weiterhin ist es in der Praxis schwierig, Häufungen von Impulsdaten
an bestimmten Stellen des Verkehrsnetzes zu erkennen, insbesondere wenn die Häufungen
infrastrukturell, jedoch ohne nennenswerte Gefahrenstelle bedingt sind, z.B. Bremsungen
vor Ampelanlagen. Auch Verkehrsteilnehmer mit einem riskanten und/oder ungeübten Fahrverhalten
können bei Ansätzen, welche auf Sensordaten bzw. Impulsdaten zurückgreifen, falsche
Angaben zu Gefahrenstellen auslösen, da kein direkter Zusammenhang zwischen Fahrverhalten
und einer tatsächlichen Gefahrenstelle gegeben sein muss.
[0009] Ein Verfahren zur Identifizierung potentieller Gefahrenstellen im Straßenverkehr
mittels mit einer zentralen Rechnereinheit unter Verwendung einer Flotte vernetzter
Kraftfahrzeuge wird in der
DE 10 2020 108 531 A1 (Daimler AG) beschrieben. Hierbei wird ein auf eine potentielle Gefahrenstelle hinweisendes Ereignis
über Impulsdaten erfasst und mit seiner Geoposition an die zentrale Recheneinheit
übermittelt. Die vorgenannten Schwierigkeiten können damit jedoch nur z.T. überwunden
werden bzw. erfordern erhöhten Rechenaufwand in den Fahrzeugen bzw. in der zentralen
Rechnereinheit. Zudem stellt diese Lösung nur auf Kraftfahrzeuge ab.
[0010] Des Weiteren wird ein Verfahren zur Warnung vor Gefahren im Straßenverkehr und ein
Fahrassistenzsystem zur Warnung in der
DE 10 2019 203 405 A1 (Audi AG) beschrieben. Hierin wird weiterhin erwähnt, dass auf potentielle Gefahrenstellen
bezogene Daten verschiedener Datenquellen zur komplexen Bewertung einer potentiellen
Gefahrenstelle verwendet werden sollen. Es wird statistische Auswertung erwähnt, aber
nicht näher beschrieben, wie die komplexe Bewertung erfolgen soll. Insoweit besteht
weiterhin das Bedürfnis einer Lösung zur Erkennung, insbesondere Früherkennung von
Gefahrenstellen. Das System aus
DE 10 2019 203 405 A1 stellt ab auf Gefahren, welche für den Fahrer des Kraftfahrzeugs bestehen und auch
nur für diesen eine Warnung auslösen könnten, und erlaubt damit keine ganzheitliche
Betrachtung bzw. Bewertung aus Sicht anderer Verkehrsteilnehmer.
[0011] Ein Vorschlag zur komplexen Bewertung von Gefahrenstellen wird auf der Projekthomepage
des International Road Assessment Programme (iRAP), insbesondere der dort Verfügbaren
Veröffentlichtung "iRAP Methodology Fact Sheet #6" beschrieben. Im iRAP Projekt wird
die Bewertung einer Gefahrenstelle für je ein 100 m langes Straßensegment und für
je einen Verkehrsteilnehmertyp berechnet.
[0012] Die Faktoren, welche in die Berechnung gemäß iRAP einfließen sind Risikofaktoren
der Straße, welche angeben wie wahrscheinlich ein Unfall ist, Risikofaktoren der Straße,
welche angeben wie schwerwiegend ein Unfall ausfallen würde, Geschwindigkeitsfaktoren,
welche angeben wie sich die Unfallwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit der gefahrenen
Geschwindigkeit verhält, externe Faktoren, welche angeben wie wahrscheinlich es ist
in einen Unfall Dritter verwickelt zu werden und ein Faktor, welcher die Wahrscheinlichkeit
berücksichtigt, dass ein Fahrzeug z.B. des Gegenverkehrs auf die eigene Fahrbahn gelenkt
wird. Diese Faktoren werden dann für jeweils einen Unfalltyp bestimmt und das Ergebnis
der einzelnen Unfalltypen werden pro Straßensegment und Verkehrsteilnehmertyp aufsummiert,
sodass eine Bewertung für alle Unfalltypen für ein Segment und einen Verkehrsteilnehmertyp
errechnet wird. Dieser auf Wahrscheinlichkeitsrechnung beruhender Ansatz ist zur Früherkennung
von Gefahrenstellen bestenfalls sehr eingeschränkt nutzbar. Auch dieser Ansatz zielt
lediglich auf die KFZ-Perspektive ab.
[0014] Bisherige Ansätze erlauben keine hinreichend treffsichere Früherkennung von Gefahrenstellen,
sodass u.a. eine inakzeptable Anzahl von Fehlmeldungen von Gefahrenstellen entsteht,
die für eine praktische Nutzbarkeit prohibitiv ist.
[0015] Des Weiteren werden zumeist lediglich die Gefahren für motorisierte Verkehrsteilnehmer
und/oder Gefahrenstellen aus der Sicht dieser Verkehrsteilnehmer erfasst, sodass Gefahrenstellen
für andere Verkehrsteilnehmer bzw. sich von Straßen die primär für Kraftfahrzeuge
ausgelegt sind unterscheidende Verkehrswege, wie z.B. Fahrradwege oder Fußgängerwege,
nicht erfasst werden. Es fehlt typisch auch die Sicht der schwächeren, nicht-motorisierten
Verkehrsteilnehmer auf potentielle Konflikte.
[0016] Ein weiteres Problem besteht darin, dass das Verkehrswegnetz nur lückenhaft und zumeist
nur grob, nach Streckenabschnitten, verarbeitet wird, sodass viele tatsächliche Gefahrenstellen
unentdeckt bleiben.
[0017] Häufig weisen bisherige Ansätze zudem das Problem auf, dass wenige bis keine Informationen
über die Art der Gefahrenstelle verfügbar sind und lediglich angezeigt wird, wo eine
Gefahrenstelle liegt.
TECHNISCHE AUFGABENSTELLUNG
[0018] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es mithin, bekannte Nachteile bzw. Unzulänglichkeiten
aus dem Stand der Technik zumindest teilweise zu überwinden, und hierzu insbesondere
verbesserte computergestützte Verfahren und Systeme einerseits zur Früherkennung und
andererseits zur treffenden Bewertung von Gefahrenstellen vorzuschlagen. Diese Aufgabe
wird gelöst einerseits durch ein Verfahren nach Anspruch 1 bzw. unabhängig hiervon
andererseits durch ein Verfahren nach Anspruch 2.
[0019] Weiterhin wird ein Rechnersystem bzw. eine digitale Gefahrenkarte für ein Rechnersystem
nach Anspruch 14 vorgeschlagen.
[0020] Ferner wird z.B. nach Anspruch 15 ein Verfahren zur Erzeugung von gefahrenstellenbezogenen
Warnmeldungen an Verkehrsteilnehmer unter Verwendung einer digitalen Gefahrenkarten
vorgeschlagen.
[0021] Weitere Verwendungen der digitalen Gefahrenkarten bzw. von Rechnersystemen, die eine
solche Gefahrenkarte aufweisen, werden in Anspruch 16 vorgeschlagen, insbesondere
in Verbindung mit autonom oder teilautonom fahrenden Fahrzeugen, zur Beeinflussung
des autonomen oder teilautonomen Fahrverhaltens unter Verwendung der digitalen Gefahrenkarten.
[0022] Die Verfahren bzw. Systeme sollen insbesondere in der Lage sein, strukturelle Gefahrenstellen
frühzeitig zu erkennen, bereits bevor diese durch behördliche Unfallstatistik erkennbar
werden. Des Weiteren kann eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin gesehen werden,
Lösungen vorzuschlagen die es erlauben, das Verkehrsnetz möglichst weitgehend bzw.
flächendeckend, idealerweise das gesamte Verkehrsnetz abzudecken.
[0023] Eine weitere unabhängige Aufgabe besteht darin, hinsichtlich Gefahrenstellen die
Verkehrssituation bzw. das Verkehrswegnetz möglichst ganzheitlich aus verschiedenen
Perspektiven auszuwerten, d.h. aus den unterschiedlichen Perspektiven verschiedener
oder aller Typen von Verkehrsteilnehmern zu bewerten. Im Gegensatz zum Stand der Technik,
der häufige eine Bewertung aus Sicht nur eines Teilnehmertyps vornimmt, z.B. für Kraftfahrzeuge
soll die Erfindung es ermöglichen auch solche Gefahrenstellen zu erkennen, wo verschiedenartige
Teilnehmer, insbesondere auch ohne KFZ-Beteiligung, aufeinandertreffen, z.B. wo häufig
ein Radfahrer und Fußgänger kollidieren, oder sogar Risikostellen erkennen, wo häufig
nur ein Verkehrsteilnehmertyp allein verunfallt (z.B. aufgrund von häufigem nassen
Laub an einer Stelle oder dgl.).
[0024] Die Verfahren bzw. Systeme sollen nutzbar sein zur Bewertung von Gefahren aus der
Perspektive und zum Nutzen von möglichst allen Verkehrsteilnehmertypen, einschließlich
schwächerer nicht motorisierter Gruppen wie Radfahrer oder Fußgänger.
ALLGEMEINE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
[0025] Es wird gemäß einem ersten unabhängigen Aspekt ein computergestütztes Verfahren zur
frühzeitigen Erkennung von strukturellen Gefahrenstellen im Straßenverkehr bzw. ein
hierzu eingerichtetes System vorgeschlagen.
[0026] Hierbei wird eine digitale Verkehrswegnetz-Abbildung mittels eines Rechnersystems
verarbeitet, wozu beispielsweise Kartendaten aus dem Projekt OpenStreetMap (OSM),
oder andere vergleichbare Kartendaten genutzt werden können.
[0027] System bzw. Verfahren umfassen zunächst das Bereitstellen einer derartigen digitalen
kartenartigen Abbildung von mindestens einem Verkehrswegnetz, insbesondere mit Infrastrukturdaten
und ggf. Verkehrswegmetadaten, wobei die kartenartige Abbildung in einen Rechnerspeicher
des Rechnersystems ladbar ist bzw. geladen wird.
[0028] Es erfolgt zunächst ein Unterteilen der kartenartigen Abbildung in eine Vielzahl
georeferenzierter Segmente von Verkehrswegen durch das Rechnersystem, wobei die Segmente
vorzugsweise zwecks Datensparsamkeit und/oder präziseren Lokalisierung von Gefahrenstellen
eine variable Länge haben können.
[0029] Gemäß einem Kerngedanken, werden mehrere verschiedene Datenquellen, insbesondere
drei verschiedene Datenquellen genutzt, deren Daten durch das Verfahren bzw. System
in geeigneter Weise verschnitten werden. Besonders bevorzugt werden digitalisierte
georeferenzierte Unfalldaten, georeferenzierte Nutzereingabedaten und georeferenzierte
Sensordaten genutzt, die sich auf Bewegungsmerkmale von Verkehrsteilnehmern beziehen,
insbesondere auf Beschleunigungswerte.
[0030] Hierzu sieht die Erfindung insbesondere folgende Schritte vor:
- a) zumindest initiales Bereitstellen von digitalisierten georeferenzierten Unfalldaten,
umfassend statistische Unfalldaten, insbesondere in Form zumindest einer Datenbank,
welche durch das Rechnersystem zugreifbar bzw. verarbeitbar sind;
- b) Datenerheben von georeferenzierten Nutzereingabedaten bezogen auf potentielle Gefahrenstellen,
wobei die Datenerhebung direkt oder durch das Rechnersystem, oder aber indirekt durch
weitere Systeme bzw. Server erfolgen kann, welche die Daten dem Rechnersystem zur
Verfügung stellen; und
- c) Datenerfassen, insbesondere durch das Rechnersystem, von georeferenzierten Sensordaten
bezogen auf Bewegungsmerkmale von Verkehrsteilnehmern, insbesondere basierend auf
Beschleunigungsmesswerten, welche bewegungsbezogen von Sensoren generierbar sind bzw.
generiert werden, die von Verkehrsteilnehmern oder Fahrzeugen mitgeführt werden, insbesondere
von fahrzeuginternen oder geräteinternen Sensoren, z.B. in an sich bekannten Geräten
wie Smartphones, Navigationssystemen, TelematikAusrüstung, loT-Geräten, usw.;
[0031] Die zeitliche Häufigkeit bzw. Frequenz der Datengewinnung aus den Schritten a) bis
c) ist dabei typisch unterschiedlich. Die georeferenzierten Daten aus den unterschiedlichen
Datenquellen a), b) und c) können also jeweils in Form von getrennten Datenströmen,
zu unterschiedlichen Zeitpunkten, und ggf. in verschiedenen zeitlichen Abständen gewonnen
werden. Es ist insbesondere keine Echtzeit-Datenerhebung erforderlich, wenngleich
insbesondere für Sensordaten c) möglich. Alle Daten können bedarfsweise durch Vorverarbeitung
der Rohdaten vereinheitlicht werden. Alle oder einige Daten können nebst einer Georeferenzierung,
z.B. GPS-Koordinaten weitere Informationen, wie z.B. eine Zeitbindung bzw. einen Zeitstempel
aufweisen.
[0032] Statistische Unfalldaten zu a) können aus unterschiedlichen Quellen stammen, z.B.
aus polizeilicher Erfassung, aus Erfassung durch Versicherungsunternehmen und/oder
aus Notfallaufnahmen/Krankenhäusern.
[0033] Nutzereingabedaten zu b) können zunächst durch einen Server, z.B. einen Webserver,
gesammelt und durch Aktualisierungen dem Rechnersystem zugeführt werden. Eine laufende
Erhebung ist nicht erforderlich, kurze Aktualisierungsintervalle wünschenswert. Das
Datenerheben kann jeweils durch einen Nutzer selbst und/oder auch durch das Rechnersystem,
z.B. per Abfragen initiierbar sein. Nutzereingabedaten können insbesondere kumulativ
bzw. inkrementell erhoben werden. Nutzereingabedaten können ebenfalls unmittelbar
dem Rechnersystem zugeführt werden.
[0034] Die Erfassung von Sensordaten zu c) (auch Impulsdaten genannt) erfolgt insbesondere
aber nicht zwingend mit kurzen Aktualisierungsintervallen, aber nicht in Echtzeit,
um eine möglichst aktuelle Früherkennung und Abbildung von Gefahrenstellen zu ermöglichen
ohne erheblichen Kommunikationsaufwand. Die Erfassung kann z.B. zeitverzögert bzw.
"offline" erfolgen. Die Erfassung kann etwa einmal täglich von Smartphones erfolgen,
die eine für die Anwendung der Erfindung spezifische Applikations-Software aufweisen,
oder auch von angebundenen Fahrzeugen, z.B. über sog. Car2X-Kommunikation. Eine Erfassung
von Sensordaten zu c) kann insbesondere aber zumindest teilweise über geeignete Mobilfunk-Kommunikation
erfolgen, z.B. nach 5G-Standards, erfolgen, sodass Daten von möglichst vielen Teilnehmern
bzw. Fahrzeugen erfasst werden können. Sensoren, die bei der Impulsdatenerfassung
zur Anwendung kommen umfassen z.B. Gyroskop, Accelerometer, Magnetometer, GPS, sowie
auch Kamerasensoren für entsprechende Auswertungen. Die genutzten Sensoren können
z.B. dabei zur Fahrzeugausrüstung gehören, oder aber Bestandteil eines mitgeführten
Smartphones sein.
[0035] Im Rahmen der Erfindung liegt auch eine Erfassung der Sensordaten via externe Rechner
bzw. Server wie z.B. von Fahrzeugherstellern, die über Car2X-Kommunikation Daten der
eigenen Flotte erheben (vgl. z.B.
DE 10 2020 108 531 A1 oder
DE 10 2019 203 405 A1). Weder eine direkte Kommunikation des Rechnersystems mit den Geräten, welche die
Sensordaten generieren ist erforderlich, noch eine Echtzeit-Kommunikation. Dies erlaubt
erhebliche Reduktion des Kommunikationsaufwands und u.a. auch Anonymisierung im Sinne
des Datenschutzes.
[0036] Sensordaten können dabei gefiltert erfasst werden, z.B. nur im Zusammenhang mit von
der jeweiligen Gerätesoftware als kritisch erkannten Ereignissen, oder auch umfassender
zur Erzielung einer möglichst umfassenden Datenbasis, etwa für eine KI-gestützte Mustererkennung.
Sensordaten bezeichnet insbesondere Daten zu Beschleunigungsmesswerten, welche Rückschlüsse
auf kritische Ereignisse bzw. Manöver im Straßenverkehr erlauben. Die Sensordaten
zu c) können vom Rechnersystem direkt oder indirekt erfasst werden, z.B. mit an sich
bekannten loT-Techniken bzw. Schnittstellen. Zur Erfassung werden die Sensordaten
oder Signale mittels Sensoren, insbesondere Beschleunigungssensoren, aufgenommen und
digitalisiert, wobei dies durch externe Geräte erfolgt, die nicht Bestandteil des
Rechnersystems sind.
[0037] Gemäß einem besonderen Merkmal werden Sensordaten zu c) von unterschiedlichen Verkehrsteilnehmertypen
erfasst, insbesondere von Kraftfahrzeugen (PKW, Lastwagen, etc., ggf. Motorräder)
und zumindest auch von Zweirädern, insbesondere Fahrrädern und auch z.B. E-Bikes,
E-Scooter und dgl., welche typisch einen stärker gefährdeten Verkehrsteilnehmertyp
bilden. Somit werden bevorzugt Sensordaten eines ersten Typs, nämlich aus Sensorwerten
die durch Fahrzeugausrüstung generiert werden, und Sensordaten eines zweiten Typs
erfasst, welche insbesondere durch tragbare Mobilgeräte, vorzugsweise Smartphones
mit entsprechender Software generiert werden, sodass auch Sensorik von Verkehrsteilnehmern
ohne Fahrzeugausrüstung (z.B. Fahrräder, E-Bikes, E-Scootern etc.) genutzt wird. Die
Datengewinnung über unterschiedliche Typen von Verkehrsteilnehmer ist besonders vorteilhaft,
insbesondere für eine möglichst umfassende Erkennung, insbesondere Früherkennung von
Gefahrenstellen, wie auch für die Validierung der Daten eines anderen Typs, z.B. die
Validierung von Sensordaten eines ersten Typs durch Sensordaten eines zweiten Typs.
[0038] Auf Grundlage der drei Datenkategorien erfolgt durch das Verfahren bzw. System ein
Zuordnen von Unfalldaten, Sensordaten und Nutzereingabedaten zu Segmenten der kartenartigen
Abbildung. Dies erfolgt entsprechend jeweils diesen Daten zugehöriger Georeferenzierung,
wie z.B. GPS-Koordinaten oder vergleichbarer Positionsinformation, insbesondere durch
das Rechnersystem.
[0039] Dadurch weisen betroffene Segmente der kartenartigen Abbildung zugeordnete bzw. segmentbezogene
Erkennungsdaten auf, anhand welcher erfindungsgemäß eine Früherkennung und/oder Bewertung
von Gefahrenstellen erfolgt. Die segmentbezogenen Erkennungsdaten umfassen dabei Daten
zumindest einer oder mehrerer der o.g. drei Datenkategorien a) bis c), d.h. umfassen
jeweils Unfalldaten, Sensordaten und/oder Nutzereingabedaten.
[0040] Eine Vielzahl der Segmente weisen im Ergebnis zumindest zugeordnete Sensordaten und
auch Nutzereingabedaten oder Unfalldaten auf. Hierdurch wird unter anderem eine günstigere
Menge an Trainingsdaten bereitgestellt, die eine vorteilhaftere bzw. zielführendere
Anwendung Kl-gestützter Datenverarbeitung, insbesondere Machine Learning und/oder
eine Mustererkennung ermöglicht, oder auch ein ergebnisreicheres Verschneiden der
Daten durch andere Informationstechniken. Bereits in der Zusammenführung der drei
Datenkategorien a) bis c) zur weiteren Verarbeitung, insbesondere als Trainingsdaten
für Maschinelles Lernen, wird ein eigenständig erfinderisches bzw. erfindungserhebliches
Merkmal gesehen. Teilanmeldungen u.a. hierzu bleiben ausdrücklich vorbehalten.
[0041] Für das genutzte Rechnersystem kommt jede geeignete Hardware-Architektur in Betracht,
ein Server-System, eine Großrechenanlage eingerichtet für KI-Techniken und insbesondere
auch eine Cloud-Architektur oder z.B. Computercluster.
[0042] Gemäß einem ersten Aspekt kann anhand segmentbezogener Erkennungsdaten sodann eine
Auswertung erfolgen die zumindest mindestens eine Häufigkeitsermittlung und/oder einen
Datenabgleich, insbesondere z.B. unter Anwendung von Mustererkennung, durchgeführt
werden.
[0043] Segmente denen Unfalldaten zugeordnet sind lassen ohne Weiteres Gefahrenstellen erkennen.
Ein entscheidender Vorteil der Erfindung liegt jedoch in der Früherkennung von Gefahrenstellen,
zu denen keine oder kaum Unfalldaten vorliegen.
[0044] Auf die Auswertung segmentbezogener Erkennungsdaten beruhend kann das Rechnersystem
zwecks Früherkennung ein georeferenziertes Segment mit Erkennungsdaten, die keine
Unfalldaten enthalten, dennoch als potentielle Gefahrenstelle identifiziert, werden
nämlich indem das Verfahren bzw. System bestimmt ob
- i. diesem Segment mit vorbestimmter Häufigkeit Nutzereingabedaten und Sensordaten
zugeordnet worden sind;
und/oder
- ii. zu diesem Segment der Datenabgleich von Nutzereingabedaten und/oder Sensordaten
einen vordefinierten Grad an Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation aufzeigt.
[0045] Bereits eine einfache Häufigkeitsermittlung kann eine Früherkennung von Gefahrenstellen
ermöglichen, z.B. wenn eine vorbestimmte, z.B. empirisch ermittelte erste Teilhäufigkeit
von Sensordaten die auf kritische Ereignisse deuten, mit einer zweiten Teilhäufigkeit
von Nutzereingabedaten, insbesondere inhaltlich übereinstimmenden Nutzereingabedaten,
vorliegt. Auch eine Entscheidung aufgrund einer Gesamthäufigkeit von Nutzereingabedaten
und Sensordaten liegt im Rahmen der Erfindung.
[0046] In einem weiteren, vorteilhaften Ansatz wird alternativ/oder ergänzend auf eine potentielle
Gefahrenstelle geschlossen, wenn ein Datenabgleich von Nutzereingabedaten und/oder
Sensordaten, insbesondere der Sensordaten, eine hinreichende Merkmalsübereinstimmung
bzw. Merkmalskorrelation aufzeigt, insbesondere mit bereits als kritisch erkannten
Segmenten, die z.B. durch Unfalldaten oder Nutzereingaben validiert sind. Für einen
geeigneten Datenabgleich kommen unterschiedliche Ansätze in Betracht, insbesondere
Klgestützte Datenverarbeitung, z.B. Machine Learning und/oder Mustererkennung, z.B.
mittels Dynamic Time Warping, Support Vector Machines, Random Forests und/oder künstlichen
Neuronale Netzen (KNN).
[0047] Beim Datenabgleich kann als ein Übereinstimmungskriterium insbesondere ermittelt
werden, ob eine Übereinstimmung, insbesondere hinsichtlich durch Mustererkennung erkannter
Kategorien, von Information aus Sensordaten von Quellen eines ersten Typs und aus
Sensordaten von Quellen eines zweiten Typs, z.B. unterschiedlicher Verkehrsteilnehmertypen,
vorliegt. Sensordaten eines ersten Typs können insbesondere solche aus Kraftfahrzeug-Sensorik
und Sensordaten eines zweiten Typs können insbesondere von mobilen Endgeräten, z.B.
von Radfahrern sein. Hierauf beruhend kann auch das Zuordnen einer entsprechenden
Relevanzangabe zur betrachteten Gefahrenstelle erfolgen. In der entsprechenden Nutzung
und Auswertung der Sensordaten verschiedener Verkehrsteilnehmertypen wird bereits
ein eigenständig erfinderischer Aspekt gesehen.
[0048] Ergänzend oder alternativ kann weiterhin auf Übereinstimmung von Information aus
Sensordaten und aus Nutzereingabedaten geprüft werden.
[0049] In einem weiteren Schritt werden vom Rechnersystem alle als Gefahrenstelle identifizierten
Segmente, einschließlich solcher zu denen keine Unfalldaten vorliegen, in der kartenartigen
Abbildung gekennzeichnet.
[0050] Den als Gefahrenstelle identifizierten Segmenten wird vorzugsweise ein rechentechnisch
ermittelter Gefahrenscore zugeordnet, welcher es erlaubt den Nutzern eine Indikation
über die Höhe der Gefahr anzuzeigen. Dies kann insbesondere auch spezifisch für verschiedene
Typen von Verkehrsteilnehmern erfolgen.
[0051] Die Daten der drei Datenkategorien a) bis c) sind bevorzugt jeweils georeferenzierte
Daten, die einem (Karten-)Segment zuordenbar sind, vorzugsweise eineindeutig zuordenbar.
Somit sind sowohl Unfalldaten, Nutzereingabedaten als auch Sensordaten bevorzugt jeweils
georeferenziert. Weiterhin sind die Daten der drei Datenkategorien a) bis c) bevorzugt
teilnehmertypspezifisch qualifiziert bzw. zugeordnet oder zuordenbar.
[0052] Gemäß einem zweiten unabhängigen Aspekt wird ein computergestütztes Verfahren bzw.
System zur Ermittlung eines Gefahrenscores einer georeferenzierten, strukturellen
Gefahrenstelle in einer digitalen Verkehrswegnetz-Abbildung, vorgeschlagen. Dieses
kann insbesondere auf dem vorbeschriebenen System bzw. Verfahren beruhen.
[0053] Nach dem zweiten Aspekt erfolgt insbesondere ein Datenerheben von georeferenzierten
Nutzereingabedaten bezogen auf potentielle Gefahrenstellen, z.B. wie vorstehend erläutert.
[0054] Weiterhin werden die vorgenannten drei Datenkategorien a) bis c) genutzt und es erfolgt
hiermit ein Zuordnen von bereitgestellten georeferenzierten Unfalldaten, erfassten
georeferenzierten Sensordaten und erhobenen georeferenzierten Nutzereingabedaten zu
Segmenten, entsprechend jeweils diesen Daten zugehöriger Georeferenzierung. Dies kann
insbesondere durch das Rechnersystem realisiert werden. Im Ergebnis werden Segmenten
der kartenartigen Abbildung segmentbezogene Erkennungsdaten zugeordnet, die jeweils
Unfalldaten, Sensordaten und/oder Nutzereingabedaten aufweisen.
[0055] Nach dem zweiten Aspekt erfolgt ein rechentechnisches Ermitteln eines Gefahrenscores
für Segmente der kartenartigen Abbildung mit zugeordneten Erkennungsdaten durch Bewerten
der dem betrachteten Segment zugeordneten Erkennungsdaten.
[0056] Hierbei wird insbesondere vorgesehen, dass
- dass der Gefahrenscore eines georeferenzierten Segments mit Erkennungsdaten, welchem
keine Unfalldaten zugeordnet sind, in Abhängigkeit von zugeordneten Nutzereingabedaten
ermittelt, insbesondere validiert bzw. relativ erhöht wird, etwa im Vergleich zu Segmenten
ohne zugeordnete Nutzereingabedaten;
und/oder
- dass der Gefahrenscore in Abhängigkeit einer Gewichtung der Erkennungsdaten ermittelt
wird mit jeweils unterschiedlichem Gewicht für Unfalldaten, Sensordaten und Nutzereingabedaten,
insbesondere mit höherem Gewicht von Unfalldaten gegenüber Nutzereingabedaten und/oder
höherem Gewicht von Nutzereingabedaten gegenüber Sensordaten.
[0057] Der so rechentechnisch ermittelte Gefahrenscore wird dann dem entsprechenden Segment
zugewiesen bzw. zugeordnet. Durch die Nutzung der o.g. drei Datenkategorien a) bis
c) wird eine Objektivierung und höhere Zuverlässigkeit bei der Bewertung der Gefahrenhöhe
erst ermöglicht, wobei vorteilhaft einfließt, dass das Verfahren bzw. System Sensordaten
von verschiedenen Verkehrsteilnehmern erfasst und berücksichtigt, sodass auch unterschiedliche
Gefahrenscores für unterschiedliche Teilnehmer ermittelt und angezeigt werden können.
[0058] Das rechentechnische Ermitteln eines Gefahrenscores für eine identifizierte Gefahrenstelle
kann durch Berechnen erfolgen, wobei das Berechnen eine Gewichtung von georeferenziert
zugeordneten Sensordaten unter Verwendung vordefinierter Gewichtungsfaktoren umfasst,
und wobei vorzugsweise zumindest einige georeferenzierte Sensordaten eines ersten
Typs, insbesondere von einem ersten Verkehrteilnehmertyp stammend, in Abhängigkeit
eines vordefinierten Grades an Übereinstimmung mit Merkmalen georeferenziert zugeordneter
Nutzereingabedaten und/oder weiteren georeferenziert zugeordneten Sensordaten eines
zweiten Typs, insbesondere von einem zweiten Verkehrteilnehmertyp stammend, gewichtet
werden.
[0059] Alternativ oder ergänzend kann das Berechnen des Gefahrenscores für eine identifizierte
Gefahrenstelle, erfolgen durch Verarbeitung mittels einer Kl, insbesondere unter Anwendung
eines neuronalen Netztes und/oder Mustererkennung oder dgl. durch das zumindest eine
Rechnersystem. Dies kann insbesondere unter Berücksichtigung ereignisbezogener Merkmale
der Infrastrukturdaten aus der Kartenabbildung erfolgen.
[0060] Vorteilhafte Weiterbildungen, die zwar Gegenstand der Unteransprüche, aber jeweils
für sich genommen erfinderisch bzw. als unabhängig erfindungserheblich anzusehen sind,
werden nachfolgend erörtert. Diese sind für die beide o.g. unabhängigen Aspekte grundsätzlich
anwendbar, und Teilanmeldung bleibt vorbehalten.
[0061] In vorteilhafter Ausführung werden Daten zu verschiedenen Verkehrsteilnehmertypen
gewonnen, insbesondere Sensordaten verschiedener Verkehrsteilnehmertypen erfasst.
[0062] Hierzu ist es vorteilhaft, wenn die bewegungsbezogenen Sensordaten ein Typmerkmal
umfassen, welches angibt, von welchem Verkehrsteilnehmertyp die Sensordaten stammen
und eine Unterscheidung von zumindest zwei verschiedenen Verkehrsteilnehmertypen,
insbesondere Kraftfahrzeugen und Zweirädern, ermöglicht.
[0063] Insbesondere aber nicht ausschließlich in Kombination mit bewegungsbezogenen Sensordaten,
die ein Typmerkmal aufweisen, sieht eine vorteilhafte Weiterbildung vor, dass zumindest
für Segmente mit Erkennungsdaten zu diesen Erkennungsdaten, insbesondere zu Sensordaten
mit Typmerkmal, jeweils eine informatische Mustererkennung, insbesondere KI-gestützte
Mustererkennung, durchgeführt wird und eine Klassifizierung in kritische Ereignisse
erfolgt, insbesondere durch das Rechnersystem, und der Datenabgleich von Nutzereingabedaten
und/oder Sensordaten mit entsprechenden Daten zu klassifizieren kritischen Ereignissen
erfolgt.
[0064] Für die Erhebung von sicherheitsrelevanten Ereignissen werden insbesondere Beschleunigungsdaten
als Sensordaten erfasst. Mittels dieser lässt sich die jeweilige Trajektorie der Verkehrsteilnehmer
bei zugehörigen kritischen Fahrmanövern ermitteln. Zur Identifizierung potenziell
kritischer Manöver können z.B. Beschleunigungsgrenzwerte festgelegt werden. Die Sensordaten
können dementsprechend anhand eines Smartphones mit geeigneter Smartphone-App, eines
Telematik-Tags, oder durch IoT-Devices erfasst werden.
[0065] Diese Daten können zum einen für verschiedene Verkehrsteilnehmertypen erfasst werden
und zum anderen erlauben Sie kritische Situationen zu klassifizieren, zu verorten
und auf Ursachen hin zu untersuchen. Dies basiert auf Daten aus der tatsächlichen
Perspektive eines Verkehrsteilnehmers, z.B. aus dem Fahrzeug bzw. Zweirad.
[0066] Zur Klassifizierung von kritischen Manövern der verschiedenen Verkehrsteilnehmer
wird auf Berechnungsmethoden der Mustererkennung und des Maschinellen Lernens (Machine
Learning) zurückgegriffen. Hierfür kommen verschiedene Verfahren infrage, bspw. Dynamic
Time Warping, Support Vector Machines, Random Forests und Neuronale Netze. Durch derartige
Methoden werden zunächst Daten der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmertypen vergleichbar
gemacht, was Analysen im Hinblick auf die Sicherheitsbewertung spürbar vereinfacht.
Auch oder auch Ansätze des Deep Learning kommen in Betracht, sind jedoch nicht zwingend,
da die Daten der Quellen a) bis c) typisch bereits in strukturierter Form gewonnen
werden, oder durch (teil-)automatische Vorverarbeitung strukturiert werden können.
[0067] Zur Ableitung von Konflikten zwischen Verkehrsteilnehmern, die auf Gefahrenstellen
hindeuten, werden ermittelte kritische Ereignisse aller Verkehrsteilnehmer einer betrachteten
Stelle, z.B. eines Segments überlagert. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse kann, insbesondere
durch Berücksichtigung von Infrastrukturdaten und weiteren Kontextdaten, ein kartenbasiertes
Prognosemodell zur Abschätzung kritischer Konflikte erstellt werden. Der Grad der
Kritikalität kann sodann durch einen Abgleich mit amtlich erhobenen Verkehrsunfalldaten
(vgl. Datenkategorie a) oben)) sowie mit von Bürgern gemeldeten Gefahrensituationen
(vgl. Datenkategorie b) oben) bestimmt werden.
[0068] Eine bevorzugte Ausgestaltung sieht demnach vor, dass zumindest für Segmente mit
Erkennungsdaten zu diesen Erkennungsdaten, insbesondere zu Sensordaten mit Typmerkmal,
jeweils eine informatische Mustererkennung, insbesondere KI-gestützte Mustererkennung,
durchgeführt wird und eine Klassifizierung in kritische Ereignisse erfolgt, insbesondere
durch das Rechnersystem. Hierauf beruhend kann der Datenabgleich von Nutzereingabedaten
und/oder Sensordaten mit entsprechenden Daten zu klassifizieren kritischen Ereignissen
erfolgen.
[0069] Gemäß einem Aspekt kann das Rechnersystem ein durch KI aus den drei wesentlichen
Datenquellen a) bis c) gewonnenes Machine-Learning-Model, einsetzen, um die kartenartige
Abbildung zu verbessern, insbesondere um die verkehrsnetzbezogene Abdeckung der Früherkennung
zu erweitern. Die Gefahrenkarte kann somit die Trainingsdaten für ein Modell liefern,
welches soz. zur rekursiven Selbstoptimierung der Gefahrenkarte genutzt wird. Die
Erweiterung kann auf solche Stellen bzw. Segmente bezogen sein, zu welchen nur unzureichend
Daten aus den Quellen a) bis c) oder Daten mit nicht hinreichender Aussagekraft vorliegen.
So kann ggf. bereits allein aufgrund von Infrastrukturinformation eine Erkennung potentieller
Gefahrenstellen durch Mustervergleich erfolgen. Insbesondere kann bei Vorliegen von
ausschließlich Sensordaten c) in Verbindung mit Infrastrukturdaten durch Mustervergleich
mit validierten Gefahrenstellen eine Früherkennung ermöglicht werden. In der Erstellung
des Machine-Learning-Modells können die Unfalldaten a) oder Nutzereingabedaten b)
insbesondere zur Validierung von als kritisch eingestuften Mustern aus den genutzt
werden bzw. zur Optimierung des Modells eigesetzt werden.
[0070] Gemäß einem Aspekt kann das Rechnersystem zwecks Früherkennung ein georeferenziertes
Segment mit Erkennungsdaten, welchem keine Unfalldaten zugeordnet sind, als potentielle
Gefahrenstelle identifizieren, wenn zu diesem Segment ein Datenabgleich der Sensordaten
hinreichende Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation mit Sensordaten eines
kritischen Ereignisses aufzeigt, wobei zur Bestimmung der Merkmalsübereinstimmung
bzw. Merkmalskorrelation die vorgelagerte Mustererkennung genutzt wird.
[0071] Unabhängig von der Art des genutzten Datenabgleichs kann in einer datentechnisch
günstigen Umsetzung vorgesehen werden, dass als Gefahrenstelle identifizierten Segmenten
jeweils ein Datenobjekt zugeordnet wird, welches zumindest einen rechentechnisch ermittelten
Gefahrenscore umfasst.
[0072] Auf die konkrete programmiertechnische Umsetzung der Software, insbesondere Datenobjekte
kommt es dabei nicht entscheidend an, eine objektorientierte Datenstruktur bzw. objektorientierte
Programmierung ist jedoch besonders bevorzugt.
[0073] Besonders bevorzugt weist jedes einer Gefahrenstelle zugeordnete Datenobjekt mehrere
teilnehmertypenspezifische Gefahrenscores auf, sodass Gefahrenstellen aus Sicht verschiedenartiger
Teilnehmer bewertet bzw. bewertbar sind im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes.
[0074] Es kann dabei vorgesehen sein, dass das Datenobjekt weiterhin umfasst:
- zumindest eine Relevanzangabe dahingehend für welchen bzw. welche von mehreren verschiedenen
Verkehrsteilnehmertypen, insbesondere Fußgänger, Radfahrer oder Kraftfahrzeugführer,
eine Gefahr droht, wobei die Relevanzangabe vorzugsweise aus den zugeordneten Erkennungsdaten
bestimmt wird; und/oder
- zumindest eine Gefahrenartangabe dahingehend, bei welchem Verkehrsverhalten, welcher
Situation und/oder zwischen welchen Verkehrsteilnehmern an der Gefahrenstelle Gefahr
droht, wobei die Gefahrenartangabe vorzugsweise aus den zugeordneten Erkennungsdaten
bestimmt wird; denn vorzugsweise geben die Erkennungsdaten neben der Gefahrenart ebenfalls
Aufschluss hinsichtlich der spezifischen Gefahrensituation und ggf. der Konflikte
zwischen Verkehrsteilnehmern und/oder
- zumindest eine Kontextangabe dahingehend, bei welchen Umwelteinflüssen bzw. Verkehrssituationen,
an der Gefahrenstelle Gefahr droht, wobei die Kontextangabe vorzugsweise bestimmt
wird aus den zugeordneten Erkennungsdaten und/oder aus zusätzlichen Verkehrswegmetadaten,
insbesondere umfassend Information bezüglich Wetterabhängigkeiten, Geschwindigkeitsrichtwertem,
zeitabhängigem Verkehrsaufkommen oder dgl..
[0075] In bevorzugter Weiterbildung zur Erzielung einer ganzheitlichen Betrachtung bzw.
eines für verschiedenartige Teilnehmertypen nützlichen System ist vorgesehen, dass
das rechentechnische Ermitteln eines Gefahrenscores jeweils teilnehmertypenspezifisch
bzw. in Abhängigkeit des Verkehrsteilnehmertyps erfolgt und jeder ermittelte Gefahrenscore
genau einem von mehreren vordefinierten Verkehrsteilnehmertypen zugeordnet wird. Dies
erlaubt, dass die Verkehrssituation ganzheitlich aus den unterschiedlichen Perspektiven
aller Verkehrsteilnehmer betrachtet werden kann. Hierbei geht es um nicht nur Kraftfahrzeug-Fahrerfahrer
(derzeit Fokus vieler Assistenzsysteme), sondern insbesondere auch um die schwächeren
und somit gefährdeteren Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Fahrradfahrer, Pedelecfahrer,
eScooter-Fahrer usw. Es kommen aber auch körperlich weniger gefährdete Teilnehmer
in Betracht, z.B. auch LKW-, Bus- oder Straßenbahnfahrer - für welche ein Unfall erhebliche
psychologische Folgen haben kann.
[0076] Das rechentechnische Ermitteln eines Gefahrenscores jeweils teilnehmertypenspezifisch
vorzunehmen kann hierbei für jedes Segment bzw. Datenobjekt einen teilnehmertypspezifisch-mehrdimensionalen
Raum erzeugen, in dem die verschiedenen Gefahreninformationen aus allen Perspektiven
aggregiert, ausgewertet und auch als Gefahrenscore wieder individuell abrufbar gemacht
werden können. Hierzu ist es vorteilhaft, wenn die Gefahrenscores mit dem Segment
bzw. Datenobjekt im mathematischen Sinne mehrdimensional auf teilnehmertypspezifischen
Achsen verknüpft sind. Eine rechentechnisch einfache Umsetzung kann z.B. erzielt werden,
wenn als Dimensionen den Teilnehmertypen die eines Vektorraums (auch Hamel-Dimensionen)
zugeordnet werden, sodass effektive, gängige Matrizenrechnung eingesetzt werden kann
bei der Ermittlung der Gefahrenscores. Der so definierte Vektorraum für jedes Segment
bzw. Datenobjekt weist dann für jeden zu betrachtenden Verkehrsteilnehmertyp zumindest
eine Hamel-Dimension Dimension auf.
[0077] Weiterhin kann auch innerhalb der Verkehrsteilnehmertypen noch unterschiedlich nach
Untertypen bewertet werden, z.B. Verkehrsteilnehmertyp: Fußgänger, Untertypus: Kind/Erwachsener/Senioren.
Dieser Ansatz erlaubt z.B. kinderspezifisch sichere Schulweg-Routen für Kinder oder
seniorenfreundliche Routen (z.B. bei denen Hören und Sehen oder schnelles Überqueren
weniger relevant sind) zu ermitteln.
[0078] Das System kann laufend und insbesondere teilnehmerspezifisch d.h. gegenseitig aus
den unterschiedlichen Sichtweisen, bewerten ob es auffällige Muster gibt.
[0079] Vorteilhaft ist somit, wenn die Datenobjekte zu Gefahrenstellen zumindest angeben
für welche Verkehrsteilnehmer Gefahr besteht bzw. droht (Relevanzangabe) und worin
konkret die Gefahr besteht (Gefahrenartangabe). Zur Speicherung der Daten bzw. als
Datenobjekte kommen jegliche Art von Datensätzen in Betracht, wobei die Daten aus
den unterschiedlichen Quellen a) bis c) ggf. durch Vorverarbeitung in ein vereinheitlichtes
Format gebracht werden können, z.B. im Zuge einer Kl-gestützten Mustererkennung oder
dgl.
[0080] Hinsichtlich der Datenkommunikation sieht eine Ausführungsform vor, dass das Datenerheben
von georeferenzierten Nutzereingabedaten bezogen auf potentielle Gefahrenstellen laufend
und/oder sporadisch über eine Internet-Schnittstelle des Rechnersystems erfolgt. Diese
Internet-Schnittstelle kann mit mindestens einem oder mit mehreren Servern verbunden
sein, insbesondere Webserver(n), die jeweils eine Nutzerschnittstelle für Nutzereingabedaten
bereitstellt. Auf diese Art können mehrere ggf. unterschiedliche Schnittstellen bereitgestellt
werden, z.B. eine klassische Webseite und eine Schnittstelle für Smartphone-Apps.
Auch ist z.B. eine Integration von Versicherungs-Unfallmeldungen durch Verkehrsteilnehmer
über eine entsprechende Schnittstelle möglich.
[0081] Gemäß einem weiteren vorteilhaften Aspekt erfolgt das Unterteilen der kartenartigen
Abbildung in eine Vielzahl georeferenzierter Segmente in variabler und ggf. auch iterativer
Weise. Somit kann ein variables Unterteilen in Segmente unterschiedlicher geographische
Länge vorgesehen sein, insbesondere in Abhängigkeit von Verkehrsweginfrastruktur (z.B.
der Art des Weges mit längeren Segmenten z.B. auf Autobahnen) und/oder in Abhängigkeit
von zugeordneten Erkennungsdaten und/oder in Abhängigkeit identifizierter Gefahrenstellen.
Dies ermöglicht unter anderem eine hinreichende örtliche Diskriminierung von Gefahrenstellen.
[0082] Weiterhin kann das Zuordnen von Unfalldaten, Sensordaten und Nutzereingabedaten zu
einzelnen Segmenten das Ermitteln eines geographischen Abstands zwischen den Erkennungsdaten
aus deren Georeferenzierung umfassen, sodass die Zuordnung auf Grundlage relativer
Abstände erfolgen kann. Auch dies kann unter anderem eine örtliche Diskriminierung
von Gefahrenstellen verbessern.
[0083] Da eine Erfassung von Daten unterschiedlicher Verkehrsteilnehmer als besonders vorteilhaft
gesehen wird, sieht eine Ausführungsform zur Datenerfassung vor, dass Sensordaten
basierend auf Beschleunigungsmesswerten aus unterschiedlichen Quellen erfasst werden,
insbesondere Sensordaten eines ersten Typs, welche aus Sensorwerten aus der Fahrzeugausrüstung,
insbesondere Fahrzeugsensorik bzw. Telematikausrüstung, von Fahrzeugen, insbesondere
von Kraftfahrzeugen, generiert werden, sowie zumindest Sensordaten eines zweiten Typs,
welche aus Sensorwerten von Beschleunigungssensoren in von Verkehrsteilnehmern mitgeführten,
tragbaren Mobilgeräten, insbesondere Smartphones, generiert werden. Weitere Quellen
sind ebenfalls möglich.
[0084] Die Sensordaten werden u.a. vorzugsweise mit Zeitstempeln versehen. Die Zeitstempel
können als ein Merkmal beim Datenabgleich hinsichtlich eines vordefinierten Grads
an Merkmalsübereinstimmung bzw. an Merkmalskorrelation genutzt werden, insbesondere
dahingehend ob die Zeitstempel innerhalb eines vordefinierten Zeitbereichs voneinander
zeitlich beabstandet sind oder tageszeitbezogen korrelieren.
[0085] Gemäß einem weiteren ggf. auch unabhängig vorteilhaften Aspekt sieht die Erfindung
vor, dass georeferenzierten Sensordaten durch eine anwendungsspezifische Smartphone-Applikation
zur Erkennung von potentiellen Gefahrenstellen bereitgestellt werden, wobei
- die Smartphone-Applikation vorzugsweise eingerichtet ist, potentiell sicherheitskritische
Ereignisse zu erkennen, insbesondere auf Grundlage einer Überschreitung von Beschleunigungsschwellwerten,
und georeferenzierte Sensordaten lediglich zu potentiell sicherheitskritischen Ereignissen
bereitstellt, wobei die bereitstellten Sensordaten vorzugsweise Informationen zum
Bewegungsverhalten innerhalb eines Zeitfensters um das sicherheitskritische Ereignis
enthalten; und/oder
- die Smartphone-Applikation eine Schnittstelle für georeferenzierte Nutzereingabedaten
bezogen auf potentielle Gefahrenstellen bereitstellt.
[0086] Bei Nutzung einer zur Anwendung der Erfindung spezifischen Smartphone-Applikation
zur Erkennung von potentiellen Gefahrenstellen kann weiterhin vorteilhaft vorgesehen
werden, dass
- die Smartphone-Applikation bei Erkennung eines potentiell sicherheitskritischen Ereignisses
entsprechenden Sensordaten zugehörige GPS-Koordinaten zur Georeferenzierung, sowie
vorzugsweise zumindest einen Zeitstempel zuordnet und mit den Sensordaten dem Rechnersystem
übermittelt;
- die Smartphone-Applikation, insbesondere bei Erkennung eines potentiell sicherheitskritischen
Ereignisses und/oder bei Erkennung örtlicher Nähe zu einem als potentielle Gefahrenstelle
identifizierten Segments, den Nutzer zur Eingabe von Nutzereingabedaten auffordert,
umfassend zumindest eine Bestätigung hinsichtlich des Bestehens einer Gefahrenstelle,
vorzugsweise weiterhin zur Eingabe einer Relevanzangabe bzgl. betroffener Verkehrsteilnehmertypen
und/oder einer Gefahrenartangabe und/oder einer Kontextangabe und die Nutzereingaben
als Nutzereingabedaten mit den Sensordaten dem Rechnersystem übermittelt; und/oder
- die Smartphone-Applikation auf Grundlage eines mittels integrierten Beschleunigungssensor
ermittelten Bewegungsprofils zu einem potentiell sicherheitskritischen Ereignis eine
Relevanzangabe bzgl. betroffener Verkehrsteilnehmertypen bereitstellt und mit den
Sensordaten dem Rechnersystem übermittelt.
[0087] Die vorzugsweise jedem zu jeder identifizierten Gefahrenstelle zugeordnete Information
umfasst bevorzugt eine Angabe zur Art der Gefahr. Hier kann ein rechentechnisches
Bestimmen zumindest einer Gefahrenartangabe vorgesehen sein, wobei die Gefahrenartangabe
aus Informationen von dem Segment zugeordneten Infrastrukturdaten und/oder Sensordaten
und/oder Unfallmeldungen und/oder Nutzereingabedaten, vorzugsweise aus einer Kombination
von Informationen aus zumindest zwei verschiedenen dieser Daten bestimmt wird.
[0088] Gegebenenfalls mit höherer Auflösung berechnete Gefahrenscores können durch eine
Einteilung in eine reduzierte Anzahl an Gefahrenleveln ergonomischer darstellbar werden.
Somit kann ein Zuordnen eines Gefahrenlevels, aus einer Anzahl diskreter Gefahrenlevel
zu jedem Gefahrenscore, vorgesehen werden, wobei jedem Gefahrenlevel ein vordefinierter
Wertebereich des Gefahrenscores zugeordnet ist.
[0089] Weiterhin kann ein rechentechnisches Ermitteln mehrerer Gefahrenscores für eine identifizierte
Gefahrenstelle in Abhängigkeit jeweiliger Relevanzangaben dahingehend erfolgen, für
welchen bzw. welche von mehreren verschiedenen Verkehrsteilnehmertypen, insbesondere
Fußgänger, Radfahrer oder Kraftfahrzeugführer, eine Gefahr droht. Somit können teilnehmerspezifische
Gefahrenscores zu verschiedenen Verkehrsteilnehmertypen zugeordnet werden.
[0090] In einer vorteilhaften Umsetzung erfolgt ein schrittweises Aktualisieren der in der
digitalen Abbildung von Verkehrswegenetzen umfassten Daten, insbesondere der Gefahrenscores,
wenn eine vorbestimmte Menge weiterer Sensordaten erfasst wurde und/oder eine vorbestimmte
Menge weiterer Nutzereingabedaten erhoben wurde. Somit kann die Gefahrenstellenkarte
schrittweise optimiert und laufend aktualisiert werden, ohne dass erheblicher Rechenaufwand
anfällt, etwa für eine erneute Mustererkennung.
[0091] In einer Variante kann vorgesehen werden, dass die Datenerfassung von georeferenzierten
Sensordaten, bezogen auf das Bewegungsverhalten eines Verkehrsteilnehmers, in veränderter
Weise erfolgt bei Erkennung örtlicher Nähe des Verkehrsteilnehmers zu einem bereits
als potentielle Gefahrenstelle identifizierten Segments, so kann dann die Datenerfassung
von Sensordaten insbesondere mit erhöhter Sensitivität bzw. Intensität erfolgen. Dies
kann z.B. über geeignete Programmierung einer Smartphone-Applikation realisiert werden
und ermöglich eine verbesserte Informationslage zu potentiellen Gefahrenstellen, was
wiederum eine positive Rückkopplung zur Verbesserung der Mustererkennung ermöglicht.
[0092] Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt betrifft die Erfindung eine digitale Gefahrenkarte,
die gemäß einer der vorstehend erörterten Ausführungsformen generiert wurde, d.h.
mit als Gefahrenstellen identifizierten Segmenten, insbesondere per Früherkennung
identifizierten Gefahrenstellen zu denen keine Unfalldaten vorliegen, und/oder Segmente
mit Gefahrenscore, insbesondere auf Grundlage der drei Datenquellen a) bis c) ermittelten
Gefahrenscores.
[0093] Dementsprechend betrifft die Erfindung auch die Nutzung der resultierenden digitalen
Gefahrenkarte (kartenartige digitale Verkehrswegnetz-Abbildung), welche gemäß einem
der vorstehenden Ansätze unter Nutzung von von bereitgestellten georeferenzierten
Unfalldaten, erhobenen georeferenzierten Nutzereingabedaten und erfassten georeferenzierten
Sensordaten, als Gefahrenstellen identifizierte Segmente der Verkehrswege aufweist.
[0094] Die Erfindung betrifft somit insbesondere auch ein Rechnersystem, insbesondere Cloud-Rechnersystem,
umfassend eine kartenartige digitale Verkehrswegnetz-Abbildung, welche gemäß einem
Verfahren nach einer der vorstehenden erörterten Ausführungsformen generiert wurde,
und insbesondere als Gefahrenstellen identifizierte Segmente mit Gefahrenscore aufweist.
[0095] Dieses System kann insbesondere genutzt werden zur Erzeugung von gefahrenstellenbezogenen
Warnmeldungen an Verkehrsteilnehmer. Hierzu können mit dem Rechnersystem kommunizierende
Endgeräte, Hierzu können mit dem Rechnersystem kommunizierende Endgeräte, auch in
Fahrzeugen verbaute Endgeräte (z.B. Navigationsgeräte), aber insbesondere Smartphones,
bei Erkennung örtlicher Nähe zu einem als Gefahrenstelle identifizierten Segment eine
Warnmeldung ausgeben, insbesondere eine Warnmeldung umfassend eine Relevanzangabe
und/oder Gefahrenartangabe und/oder eine Kontextangabe. Durch entsprechende Warnmeldung
an die Verkehrsteilnehmer, insbesondere bei Früherkennung von Gefahrenstellen, kann
die Verkehrssicherheit insgesamt spürbar verbessert werden, insbesondere auch für
indirekt von der Warnung betroffene Verkehrsteilnehmertypen, z.B. Fußgänger oder Fahrradfahrer.
Die Ausgabe von Warnmeldungen kann dabei insbesondere teilnehmertypenspezifisch bzw.
in Abhängigkeit des Verkehrsteilnehmertyps erfolgen, und hierfür z.B. die Relevanzangabe
oder dgl. nutzen.
[0096] Die resultierende Gefahrenkarte kann weiterhin in diversen weiteren Anwendungen vorteilhaft
eingesetzt werden.
[0097] Eine vorteilhafte Anwendung liegt z.B. in der Ermittlung verkehrstechnisch sicherer
Routenoptionen in einem Navigationssystem, insbesondere ergänzend zu vom Navigationssystem
ermittelten schnellen und/oder ökologischen Routenoptionen. Dies kann dann auch früherkannte
Gefahrenstellen berücksichtigen. Die Nutzung eines solchen Navigationssystems ist
aber nicht nur für fahrende Verkehrsteilnehmer, sondern auch für nicht motorisierte
Verkehrsteilnehmer, z.B. für die Ermittlung sicherer Schulwege für Kinder, vorteilhaft.
Dies kann z.B. auch über eine webbasierte bzw. Serverlösung "offline" erfolgen.
[0098] Eine weitere vorteilhafte Anwendung liegt in der Optimierung von Lösungen zum autonomen
oder teilautonomen Fahren. Das System kann zur Kommunikation, insbesondere gefahrenstellenrelevanter
Information aus der digitalen Gefahrenkarte, mit autonom oder teilautonom fahrenden
Fahrzeugen genutzt werden und erlaubt auf dieser Grundlage eine gezielte Beeinflussung
des autonomen oder teilautonomen Fahrverhaltens in Abhängigkeit von Gefahrenstellen,
insbesondere unter Berücksichtigung von Relevanz- und/oder Gefahrenart- und/oder Kontextangaben
und oder zwecks Beeinflussung der Routenauswahl. So kann das Fahrverhalten automatisch,
gezielt und besser an Bereiche mit hohem Gefahrenpotential angepasst werden.
[0100] Hierbei können Daten die erfindungsgemäß generiert wurden auch besonders vorteilhaft
zur Bestimmung und/oder Optimierung des ODD eines autonom fahrenden Fahrzeugs (AV),
insbesondere eines autonom fahrenden Fahrzeugs vom Typ L3+, insbesondere eines unbegrenzten
ODD eines L5-AV (vgl. SAE a.a.O.) genutzt werden.
[0101] Eine weitere vorteilhafte Anwendung liegt in der Bereitstellung von Trainings-Datensatzes
für das Training eines Machine-Learning-Modells zur Vorhersage potentieller Gefahrenstellen,
z.B. zur rekursiven Optimierung bzw. Erweiterung der Abdeckung in der digitalen Gefahrenkarte
selbst.
[0102] Das resultierende Machine-Learning-Modell kann insbesondere auch in einer Simulation
zur Verkehrsplanung genutzt werden. So können verbesserte Analysetools für Verkehrsplaner
bzw. Behörden realisiert werden, welche eine Gefahrensimulation bereits bei der Planung
ermöglichen bzw. deutlich verbessern können.
[0103] Die Erfindung betrifft schließlich auch ein Rechnersystem, insbesondere ein Cloud-Rechnersystem,
umfassend eine Anordnung mit mindestens einem Prozessor und mindestens einem Speicher,
wobei die Anordnung erfindungsgemäß eingerichtet bzw. konfiguriert ist um ein Verfahren
auszuführen, mit zumindest den Merkmalen aus Anspruch 1 bzw. aus Anspruch 2 und ggf.
auch gemäß einem der davon abhängigen Unteransprüche.
KURZE BESCHREIBUNG DER FIGUREN
[0104] Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung sind ohne Beschränkung des Schutzumfangs
der nachfolgenden, Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels anhand der
beiliegenden Figuren zu entnehmen. Hierbei zeigen:
FIG. 1 ein schematisches Grundkonzept zur Datenverarbeitung, insbesondere zur Bestimmung
eines sog. Gefahrenscore für ein Verkehrswegenetz;
FIG. 2 zeigt ein Datenflussschema zur datentechnischen Veranschaulichung einer Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Früherkennung von Gefahrenstellen sowie des erfindungsgemäßen
Rechnersystems;
FIG. 3 zeigt ein Flussdiagramm bzw. Ablaufdiagramm einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Verfahrens zur Früherkennung und Bewertung von Gefahrenstellen;
FIG. 4 zeigt rein beispielhafte User-Interface Ansichten einer App bzw. Webseite für gefahrenstellenbezogene
Nutzereingaben die dem Rechnersystem bzw. Verfahren zugeführt bzw. von diesen erfasst
werden; und
FIG. 5 zeigt eine beispielhafte Darstellung einer Gefahrenstellenkarte mit anhand von diskreten
Gefahrenlevels angezeigten Gefahrenstellen.
DETAILLIERTE BESCHREIBUNG ANHAND DER FIGUREN
[0105] FIG. 1 skizziert das zugrundeliegende Konzept einer Ausführungsform der Erfindung.
Diese Ausführungsform sieht als ein Kernmerkmal die Verarbeitung und Analyse von Daten
aus drei unabhängigen und unterschiedlichen Datenquellen für eine verkehrswegnetzweite
Gefahrenstellenidentifizierung und/oder Gefahrenscore-Berechnung vor. Als erste Datenquelle
werden Unfalldaten 1, insbesondere polizeilich und/oder durch Versicherungen registrierte
Unfalldaten, herangezogen, die z.B. von den Polizeibehörden über IT-Systeme erfasst
werden. Damit sind zumindest schwerwiegendere bereits geschehene Verkehrsunfälle abgedeckt,
welche auch verschiedene Verkehrsteilnehmer betreffen können. Aus solchen Unfalldaten
1 allein lässt sich keine Aussage über Gefahrenstellen treffen, bei welchen noch kein
Unfall aufgetreten ist. Des Weiteren wird bei leichteren Unfällen häufig die Polizei
nicht informiert, sodass diese Unfallstellen in den Statistiken nicht auftauchen,
bzw. die Erfassung solcher Unfälle durch Behörden ist nicht vorgeschrieben.
[0106] Eine resultierende Dunkelziffer von Bagatellunfällen sowie auch Beinaheunfälle und
sonstige Konfliktsituationen sollen über zwei weitere Datenquellen aufgedeckt werden,
nämlich einerseits über Gefahrenmeldungen der Verkehrsteilnehmenden in Form von Nutzereingabedaten
3 sowie über Sensordaten 2 (sog. Impulsdaten), welche aus Kraftfahrzeugen mit geeigneter
Sensorik-Ausstattung und/oder von Smartphones, insbesondere bei kritischen Fahrmanövern
(z.B. Ausweichen oder starkes Abbremsen) geliefert werden. Für die Generierung von
Gefahrenmeldungen aus Nutzereingabedaten 3 wird eine Web-Plattform und/oder eine Smartphone-App
bereitgestellt (vgl. FIG.4). Hier können Verkehrsteilnehmende für das gesamte Verkehrsnetz
Gefahrenstellen auf einer digitalen Abbildung von Verkehrswegnetzen in Form einer
digitalen, interaktiven Karte melden (siehe FIG. 4), kommentieren und bereits erfasste
Gefahrenstellen validieren, falsifizieren und/oder bewerten. So können durch "Crowdsourcing"
verkehrsnetzweit Gefahrenstellen identifiziert werden.
[0107] FIG. 2 zeigt ein prinzipielles Datenflussschema, anhand dessen der Ablauf einer Ausführungsform
eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Identifizierung einer Gefahrenstelle in einer
digitalen Abbildung von Verkehrswegenetzen, bzw. der sog. Gefahrenkarte, erläutert
wird. Der Ansatz basiert auf dem in FIG. 1 dargestellten Konzept. Hier sind vier Datenquellen
schematisch dargestellt in Form von digitalisierten georeferenzierten Unfalldaten
1, georeferenzierten Sensordaten 2, welche Sensoren generieren die von Verkehrsteilnehmern
bzw. Fahrzeugen mitgeführt werden, georeferenzierten und auf potentielle Gefahrenstellen
bezogene Nutzereingabedaten 3, sowie optionale, georeferenzierte Kontextdaten 4. Daten
aus diesen Quellen 1, 2, 3, 4 werden von . von zumindest einem Rechnersystem z.B.
einem Cloud-Computer-System 5 verarbeitet. Georeferenziert bedeutet vorliegend, dass
den Daten zumindest eine auf die geographische Position bezogene Information zugeordnet
ist, z.B. GPS-Koordinaten oder dgl.
[0108] Die digitalisierten georeferenzierten Unfalldaten 1 werden z.B. in Form einer Datenbank
1 dem Cloud-Computer-System 5 bereitgestellt. Diese georeferenzierten Unfalldaten
1 können vorab durch Behörden, wie z.B. Straßenverkehrsämtern und/oder Polizeibehörden,
und/oder z.B. durch Versicherungen und/oder Fahrzeugvermietern erhoben bzw. erfasst
worden sein und durch diese zur Verfügung gestellt worden sein, ggf. erfolgt hierzu
eine Datenaufbereitung in geeignete vereinheitlichte Formate.
[0109] Die georeferenzierten Sensordaten 2 werden laufend und/oder sporadisch von dem Cloud-Computer-System
5 direkt oder indirekt erfasst, wobei diese georeferenzierten Sensordaten 2 von der
Elektronik von am Verkehr teilnehmenden Fahrzeugen und/oder bevorzugt von Geräten,
welche Verkehrsteilnehmer, wie z.B. Autofahrer, Fahrradfahrer oder E-Scooter-Fahrer,
mitführen, insbesondere Smartphones, Smartwatches, Telematik-Tags, Navigationssysteme,
IoT-Devices etc. generiert. Dabei umfassen die Sensordaten 2 (z.B. aus aus Gyroskop,
Accelerometer, Magnetometer und Kamerasensoren) Bewegungswerte, insbesondere Beschleunigungswerte
, und diesen zugeordnete Positionsangabedaten, z.B. GPS-Koordinaten. Die Sensordaten
2 können z.B. von einem oder mehreren nicht gezeigten Server erfasst werden, mit welchen
das Cloud-Computer-System 5 kommuniziert. Des Weiteren können die Sensordaten 2 bevorzugt
Zeitangaben bzw. Zeitstempel umfassen, welche den Zeitpunkt der Datengenerierung angeben.
In vorteilhafter Ausführungsform können die Sensordaten 2 auch Information zu dem
entsprechenden Verkehrsteilnehmertyp umfassen, die sich inhärent aus der Datenquelle
ergibt, z.B. bei einem Kfz-Navigationssystem oder einem Telematik-System, oder durch
selbige ergänzt werden z.B. eine Smartphone-APP. Georeferenzierten Sensordaten 2 können
laufend, automatisch durch das System gesammelt werden.
[0110] Die georeferenzierten und auf potentielle Gefahrenstellen bezogenen Nutzereingabedaten
3 werden nutzerinitiiert oder systeminitiiert, mit oder ohne direkte Zeitbindung erhoben.
Die Nutzereingabedaten 3 können ebenfalls über einen zwischengeschalteten Server (nicht
gezeigt), z.B. einen Webserver erfasst werden, mit welchen das Cloud-Computer-System
5 kommuniziert. Die Eingabe kann von Nutzereingabedaten 3 kann durch einen Nutzer
initiierbar sein. Diese Nutzereingabedaten 3 umfassen subjektive Information zu zumindest
einer, zumindest für den Nutzer als solche wahrgenommene, potentielle Gefahrenstelle,
die Information umfassend georeferenzierte Positionsangaben, z.B. GPS-Koordinaten
der potentiellen Gefahrenstelle und/oder Information bezüglich der Gefahrenart der
potentiellen Gefahrenstelle und/oder Information bezüglich einer Relevanz der potentiellen
Gefahrenstelle für einen oder mehrere unterschiedliche Verkehrsteilnehmertypen.
[0111] Optionale georeferenzierte Kontextdaten 4 werden automatisch laufend und/oder sporadisch
erfasst, wobei die Kontextdaten 4 temporäre Informationen, insbesondere zeitabhängige
Information, wie z.B. Wetterdaten und/oder Information zur Verkehrslage und/oder Information
zur Jahreszeit umfasst.
[0112] Das Cloud-Computer-System 5 verarbeitet die erfassten georeferenzierten Daten zur
Ermittlung einer Gefahrenstelle auf Grundlage der den Daten zugeordneten georeferenzierten
Positionsangaben. Wurde eine Gefahrenstelle ermittelt, so erzeugt bzw. ändert das
Cloud-Computer-System 5 einen entsprechend Datensatz bzw. ein entsprechendes Datenobjekt
in der Gefahrenkarte.
[0113] Weiterhin kann das Cloud-Computer-System 5 georeferenzierte auf eine Gefahrenstelle
bezogene Warnmeldung bzw. Warnung 7, auslösen welche von Endgeräten 6, insbesondere
wenn diese sich dieser Gefahrenstelle geographisch nähern, empfangen, interpretiert
und insbesondere für einen Nutzer z.B. visuell und/oder akustisch ausgegeben werden
kann. Die Information aus dem Cloud-Computer-System 5 kann ebenfalls zur Kommunikation
mit autonom oder teilautonom fahrenden Fahrzeugen zwecks Beeinflussung des autonomen
oder teilautonomen Fahrverhaltens in Abhängigkeit von Gefahrenstellen genutzt werden.
Optional kann die Warnung 7 eine Nutzerabfrage auslösen, welche Endgeräte 6 dazu bringt
den Nutzer nach einer Verifizierung, Falsifizierung und/oder nach einem Kommentar
bezogen auf die Gefahrenstelle zu fragen. Die Nutzerantwort 8 auf eine derartige Nutzerabfrage
kann von Endgeräten 6 an das Cloud-Computer-System 5 übermittelt werden, zur Verifizierung,
Falsifizierung und/oder Bewertung der Gefahrenstellen. So können Nutzereingabedaten
3 und/oder Nutzerantworten 8 vom Cloud-Computer-System 5 dazu verarbeitet werden,
um z.B. durch Sensordaten 2 bereits identifizierte Gefahrenstellen zu überprüfen und/oder
um bereits identifizierte Gefahrenstellen zu modifizieren.
[0114] Gemäß einer Realisierung ist vorteilhaft vorgesehen, entsprechend der die Unterscheidung
nach Verkehrsteilnehmertyp auch eine angepasste Art der Ausgabe der Information vorgenommen
wird: die relevante Information z.B. kann wahlweise an die Verkehrsteilnehmer akustisch,
visuell und/oder haptisch übertragen werden. Je nach Verkehrsbeteiligtem kommen hierfür
unterschiedlichste Aktoren-Einheiten in Betracht z.B. Smartwatches, Smartphones, Lenkradgriffe,
Warntongeber (Klingel/Hupe etc.) Beleuchtung außen am Fahrzeug, Innenbeleuchtung im
Fahrzeug usw. Besonders bevorzugt ist insoweit eine vom Verkehrsteilnehmertyp abhängige
automatische Einstellung der Ausgabeart und des Ausgabeaktors (z.B. akustisch und
haptisch an Fußgänger und Fahrradfahrer per Smartphone), visuell und übertragen. Die
Warnung kann auch an andere Verkehrsteilnehmer gerichtet sein und muss nicht den Systemnutzer
selbst abzielen (z.B. automatische Fahrradklingel bei Queren eines Fussgängerübergangs).
[0115] FIG. 3 zeigt ein Ablaufdiagramm einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens
zur Identifizierung und Verifizierung einer Gefahrenstelle durch georeferenzierte
Informationen aus mehreren unterschiedlichen Datenquellen, insbesondere Unfalldaten
1 und Sensordaten 2 und Nutzereingabedaten 3, jeweils soweit vorhanden.
[0116] Im Ablauf nach FIG.3, ordnet Software in einem ersten Schritt 301 Informationen georeferenzierter
Erkennungsdaten, Unfalldaten 1 und/oder Sensordaten 2 und/oder Nutzereingabedaten
3, entsprechend der georeferenzierten Positionsangaben, jeweils einem Segment der
digitalen Karte zu.
[0117] Nach der Zuordnung der Informationen folgt in einem zweiten Schritt 302 ein Abgleich
der einer georeferenzierten potentiellen Gefahrenstelle zugeordneten Informationen,
insbesondere ein Abgleich von Informationen aus zumindest zwei verschiedenen Datenquellen
1, 2, 3. Wird ein vordefinierter Grad an Übereinstimmung der einer potentiellen Gefahrenstelle
zugeordneten Informationen, z.B. aus zumindest zwei der drei unterschiedlichen Datenquellen
1, 2, 3, erreicht und/oder hinreichende Teilhäufigkeiten von kritischen Sensordaten
2 und/oder Nutzereingabedaten 3 erreicht und/oder wenn Informationen aus Unfalldaten
1 vorliegen, so kann mit einem dritten Schritt 303 fortgefahren werden. Da Informationen
aus Unfalldaten 1 als behördlich validiert angesehen werden können, benötigen diese
grundsätzlich keine Überprüfung und können als Grundlage für die Markierung bzw. Identifizierung
(bereits bekannter) Gefahrenstellen genutzt werden.
[0118] Im dritten Schritt 303 wird ein Segment der digitalen Gefahrenkarte als Gefahrenstelle
identifiziert und mit entsprechenden Daten im Datensatz bzw. Datenobjekt versorgt,
u.a. mit einer Relevanzangabe dahingehend für welchen Verkehrsteilnehmertyp eine Gefahr
droht, eine Gefahrenartangabe z.B. dahingehend, bei welchem Verkehrsverhalten Gefahr
droht und eine Kontextangabe dahingehend, bei welchen Umwelteinflüssen bzw. Verkehrssituationen,
an der Gefahrenstelle Gefahr droht. Zur Gewinnung dieser Daten können die Erkennungsdaten
1, 2, 3 und/oder zusätzliche Verkehrswegmetadaten, insbesondere umfassend Information
bezüglich Wetterabhängigkeiten, Geschwindigkeitsrichtwertem, zeitabhängigem Verkehrsaufkommen
etc. genutzt werden.
[0119] Wird im zweiten Schritt 302 der vordefinierte Grad an Übereinstimmung nicht erreicht
und es existieren keine relevanten Unfalldaten 1, so folgt ein weiterer Prüfschritt
303'. Falls z.B. die Informationslage aus Sensordaten 2 oder Nutzereingabedaten 3
zu einem Segment, welchem keine Unfalldaten 1 zugeordnet sind, nicht hinreichend eindeutig
ist, kann im Schritt 303' ein besonderer Datenabgleich erfolgen.
[0120] Im Schritt 303' werden insbesondere Nutzereingabedaten 2 und/oder Sensordaten 3 auf
einen vordefinierten Grad an Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation untersucht.
Das Rechnersystem 5 kann zwecks Früherkennung ein georeferenziertes Segment ohne Unfalldaten
1, als potentielle Gefahrenstelle identifizieren, wenn zu diesem Segment ein Datenabgleich
der Sensordaten 3 hinreichende Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation mit
Sensordaten 3 eines kritischen Ereignisses aufzeigt, was in einem weiteren Prüfschritt
304' geprüft wird.
[0121] Als Grundlage zum rechentechnischen Prüfen auf Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation
kann z.B. durch das Rechnersystem 5 eine im Vorfeld erfolgte Klgestützte Mustererkennung
genutzt werden, aufgrund derer eine Klassifizierung aller erfasster georeferenzierter
Erkennungsdaten 1, 2, 3 in kritische Ereignisse erfolgt. Zur Mustererkennung kann
eine an sich bekannte Technik genutzt werden, z.B. Mustererkennung mittels Dynamic
Time Warping, Support Vector Machines, Random Forests und/oder künstlichen Neuronale
Netzen (KNN).
[0122] Im Schritt 303' kann auf Grundlage einer so gewonnen Klassifizierung kann der Datenabgleich
von Sensordaten 3 mit entsprechenden Daten zu klassifizieren kritischen Ereignissen
erfolgen.
[0123] Ergibt die Abstimmung im Prüfschritt 304' dass hinreichende Merkmalsübereinstimmung
bzw. Merkmalskorrelation vorliegt wird das Segment wiederum im dritten Schritt 303
als Gefahrenstelle identifiziert und mit entsprechenden Daten versorgt. Wir im Schritt
304' keine hinreichende Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation festgestellt
kann dies z.B. zur Modelloptimierung im Schritt 305' genutzt werden.
[0124] Im dritten Schritt 303 können der georeferenzierten potentiellen Gefahrenstelle zusätzliche
Informationen u.a. z.B. aus georeferenzierten Kontextdaten 4 zugeordnet werden. Ergänzend
oder alternativ kann im dritten Schritt 303 wird eine Nutzeranfrage generiert, welche
zumindest einen Nutzer dazu auffordert die potentielle Gefahrenstelle durch eine Eingabe
4 zu validieren.
[0125] In einem vierten Schritt 304 werden die Daten zum Segment gespeichert und es erfolgt
eine Bewertung durch Errechnen eines Gefahrenscore. Hierfür kann der Gefahrenscore
berechnet werden, indem dieser in Abhängigkeit einer Gewichtung der Erkennungsdaten
ermittelt wird mit jeweils unterschiedlichem Gewicht für Unfalldaten 1, Sensordaten
2 und Nutzereingabedaten 3, insbesondere mit höherem Gewicht von Unfalldaten 1 gegenüber
Nutzereingabedaten 3 und/oder höherem Gewicht von Nutzereingabedaten 3 gegenüber Sensordaten
1.
[0126] Nachfolgend kann in einem fünften Schritt 305 die Aktualisierung der Gefahrenkarte
erfolgen.
[0127] Eine wichtige Datenquelle des erfindungsgemäßen Verfahrens sind Nutzereingabedaten
3. Versuche haben gezeigt, dass der Ansatz des sogenannten Crowdsourcings für eine
proaktive Erfassung von Gefahrenstellen im Straßenverkehr grundsätzlich genutzt werden
kann. Auf einer interaktiven Gefahrenstellenkarte, wie z.B. in FIG. 4 in Form einer
App und einer Homepage dargestellt, können Nutzer Gefahrenmeldungen abgeben.
[0128] FIG. 4 zeigt eine Ausführungsform einer digitalen Gefahrenstellenkarte in einer App
bzw. einer Homepage zur Generierung von Nutzereingabedaten 3, welche in einem erfindungsgemäßen
Verfahren verwendbar ist (siehe FIG. 2 Bezugszeichen 3). Der Nutzer hat die Möglichkeit
Information in Form einer Gefahrenrelevanz 401 (Relevanzangabe), einer Gefahrenart
402 (Gefahrenartangabe) sowie der genauen geographischen Position der Gefahrenstelle
405 (Georeferenzierung) anzugeben. Die Gefahrenrelevanz 401 gibt an für welche Verkehrsteilnehmertypen
die Gefahrenstelle eine Gefahr darstellt. Des Weiteren bietet die Gefahrenstellenkarte
die Möglichkeit auf eine Gefahrenstelle bezogene Kommentartexte 403 sowie Bilder 404
zu hinterlegen, sodass z.B. eine Gefahrenstelle für andere Nutzer nachvollziehbar
beschrieben werden kann auch wenn dies z.B. ortsfremd sind und/oder um weitere Hinweise
für etwaige Behörden/Ämter anzugeben. Diese Nutzereingabedaten 3 der Gefahrenstellenkarte
können dann z.B. von einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens nach FIG.
2 von dem Cloud-Computer-System 5 erhoben werden. Des Weiteren bietet eine Ausführungsform
einer Gefahrenstellenkarte die Möglichkeit bereits identifizierte Gefahrenstellen
zur Validierung und Modifizierung zu bewerten und/oder fordert einen Nutzer dazu auf
eine identifizierte Gefahrenstelle zu validieren (siehe FIG. 2 Bezugszeichen 8). Die
Markierung einer Gefahrenstelle durch Nutzereingabe auf der interaktiven Karte läuft
z.B. in drei Hauptschritten ab: Zunächst markiert der Verkehrsteilnehmer die entsprechende
Stelle auf der Karte und kann dann die Art der Gefahr bestimmen zum Beispiel ob die
Stelle unübersichtlich ist oder schlechte Straßenverhältnisse bietet (402). Im zweiten
Schritt kann dann ausgewählt werden, für wen die Stelle eine Gefahrenquelle bietet:
z.B. Fußgänger, Radfahrer, Motorradfahrer sowie Kraftfahrzeugfahrer (Pkw-, Lkw- oder
Busfahrer) und generiert so eine Gefahrenrelevanz 401 (Relevanzangabe). Im nächsten
Schritt kann der genauere Gefahrenauslöser angegeben werden, wie zum Beispiel die
unklare Verkehrsführung oder Wildwuchs am Fahrbahnrand. Weiterhin kann in der App
bzw. Webseite (nicht gezeigt) vorgesehen sein, dass der Nutzer eine Kontextangabe
dahingehend, bei welchen Umwelteinflüssen bzw. Verkehrssituationen, typischerweise
an der Gefahrenstelle Gefahr droht.
[0129] FIG. 5 zeigt beispielhaft die mittels eines erfindungsgemäßen Verfahrens ermittelten
Gefahrenlevel 502 in einer Gefahrenstellenkarte 500 für ein Stadtgebiet, wobei die
ermittelten Gefahrenlevel 502 den Unfallhäufungsstellen 501, die von der Unfallkommission
für den gleichen Zeitraum ermittelt wurden, gegenübergestellt sind. Die Gefahrenlevel
sind farblich abgestuft: Je dunkler, umso gefährlicher ist ein Abschnitt bzw. ein
Knotenpunkt. Die Unfallstellen bzw. Unfallhäufungsstellen sind als Kreise 501 dargestellt.
Es ist zu sehen, dass Unfallstellen bzw. Unfallhäufungsstellen 501 nur einen Teil
der als gefährlich identifizierten Straßenabschnitte und Knotenpunkte 502 abdecken.
Zusätzlich variiert das Gefahrenlevel 503 zwischen 5 Stufen (von 1 bis 5) an den Unfallhäufungen
501. Somit wird nicht nur zwischen dem Vorhandensein einer gefährlichen Stelle und
der Abwesenheit einer gefährlichen Stelle differenziert. Auf diese Weise können mit
dem Gefahrenscore weitere Informationen über die Verkehrssicherheit ermittelt und
für Nutzer ergonomisch dargestellt werden. Neben Gefahrenstellen, die unabhängig von
Umfeldfaktoren zu jeder Zeit bestehen, gibt es Gefahrenstellen, die nur in bestimmten
Kontextsituationen bestehen, z.B. bei Starkregen, nachts oder bei hoher Verkehrsstärke.
Damit Warnungen nur in der entsprechenden Kontextsituation ausgegeben werden, wird
die Datenbank mit weiteren Kontextdaten 4 wie Wetterdaten und Verkehrsdaten angereichert.
So kann die Gefahrenbewertung mittels Gefahrenscore dynamisch die jeweilige Kontextsituation
berücksichtigen und für die jeweiligen Nutzergruppen den optimalen Informationsgehalt
vermitteln. Mittels einer, beispielhaft und auszugsweise in FIG. 5 dargestellten,
Gefahrenstellenkarte 500 lassen sich die Ergebnisse der durch ein erfindungsgemäßes
Verfahren ermittelten Gefahrenlevel 502 verifizieren und zeigen zugleich, dass die
Unfalldaten 1 in Form von Unfallhäufungen (Kreis) 501 nicht ausreichen, um möglichst
alle gefährlichen Stellen eines Verkehrswegnetzes zu identifizieren. Versuche zeigten,
dass die mittels eines erfindungsgemäßen Verfahrens ermitteltet Gefahrenkarte unter
anderem auch zur Früherkennung struktureller Gefahren im Straßenverkehr geeignet ist.
Bezugszeichenliste
FIG.1-3 |
304' |
zweiter Prüfschritt |
1 |
Unfalldaten |
305' |
Optimierungsschritt |
2 |
Sensordaten |
FIG.4 |
3 |
Nutzereingabedaten |
401 |
Gefahrenrelevanz (Relevanzangabe) |
4 |
Kontextdaten |
5 |
Cloud-Computer-System |
402 |
Gefahrenart (Gefahrenartangabe) |
6 |
Endgeräte |
403 |
Kommentartext |
7 |
Warnung |
404 |
Bild |
8 |
Nutzerantwort |
405 |
Position der Gefahrenstelle (Georeferenzierung) |
FIG.3 |
|
|
301 |
erster Schritt |
FIG.5 |
302 |
zweiter Schritt |
500 |
Gefahrenstellenkarte |
303 |
dritter Schritt |
501 |
Unfallhäufungsstelle |
304 |
vierter Schritt |
502 |
Straßenabschnitt/ Knotenpunkt |
305 |
fünfter Schritt |
503 |
Gefahrenlevel |
303' |
erster Prüfschritt |
|
|
1. Computergestütztes Verfahren zur frühzeitigen Erkennung von strukturellen Gefahrenstellen
im Straßenverkehr anhand einer digitalen Verkehrswegnetz-Abbildung mittels eines Rechnersystems,
das Verfahren umfassend die folgenden Schritte:
- Bereitstellen einer digitalen kartenartigen Abbildung von mindestens einem Verkehrswegnetz,
insbesondere umfassend Infrastrukturdaten, wobei die kartenartige Abbildung in einen
Rechnerspeicher des Rechnersystems ladbar ist bzw. geladen wird;
- Unterteilen der kartenartigen Abbildung in eine Vielzahl georeferenzierter Segmente
von Verkehrswegen durch das Rechnersystems;
- Bereitstellen von digitalisierten georeferenzierten Unfalldaten, umfassend statistische
Unfalldaten, insbesondere in Form zumindest einer Datenbank, welche durch das Rechnersystem
verarbeitbar sind;
- Datenerheben, insbesondere durch das Rechnersystem, von georeferenzierten Nutzereingabedaten
bezogen auf potentielle Gefahrenstellen;
- Datenerfassen, insbesondere durch das Rechnersystem, von georeferenzierten Sensordaten
bezogen auf Bewegungsmerkmale von Verkehrsteilnehmern, insbesondere basierend auf
Beschleunigungsmesswerten, welche von Sensoren generierbar sind bzw. generiert werden,
die von Verkehrsteilnehmern oder Fahrzeugen mitgeführt werden;
- Zuordnen von Unfalldaten, Nutzereingabedaten und Sensordaten zu Segmenten, entsprechend
jeweils diesen Daten zugehöriger Georeferenzierung, durch das Rechnersystem, sodass
Segmente der kartenartigen Abbildung zugeordnete Erkennungsdaten, jeweils umfassend
Unfalldaten, Sensordaten und/oder Nutzereingabedaten, aufweisen;
- wobei das Rechnersystem zumindest für Segmente mit Erkennungsdaten zu diesen Erkennungsdaten
jeweils eine Auswertung, umfassend mindestens eine Häufigkeitsermittlung und/oder
einen Datenabgleich, durchführt und wobei das Rechnersystem zwecks Früherkennung ein
georeferenziertes Segment mit Erkennungsdaten, welchem keine Unfalldaten zugeordnet
sind, als potentielle Gefahrenstelle identifiziert,
- wenn diesem Segment mit vorbestimmter Häufigkeit Nutzereingabedaten und Sensordaten
zugeordnet worden sind;
und/oder
- wenn zu diesem Segment ein Datenabgleich von Nutzereingabedaten und/oder Sensordaten
einen vordefinierten Grad an Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation aufzeigt;
und
- wobei das Rechnersystem als Gefahrenstelle identifizierte Segmente in der kartenartigen
Abbildung kennzeichnet und diesen vorzugsweise einen rechentechnisch ermittelten Gefahrenscore
zuordnet.
2. Computergestütztes Verfahren zur Ermittlung eines Gefahrenscores einer georeferenzierten,
strukturellen Gefahrenstelle in einer digitalen Verkehrswegnetz-Abbildung, insbesondere
eines gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 als Gefahrenstelle identifizierten Segments,
durch zumindest ein Rechnersystem, das Verfahren umfassend zumindest:
- Datenerheben von georeferenzierten Nutzereingabedaten bezogen auf potentielle Gefahrenstellen;
- Zuordnen von bereitgestellten georeferenzierten Unfalldaten, erhobenen georeferenzierten
Nutzereingabedaten und erfassten georeferenzierten Sensordaten zu Segmenten, entsprechend
jeweils diesen Daten zugehöriger Georeferenzierung, durch das Rechnersystem, sodass
Segmente der kartenartigen Abbildung zugeordnete Erkennungsdaten, jeweils umfassend
Unfalldaten, Sensordaten und/oder Nutzereingabedaten, aufweisen;
- rechentechnisches Ermitteln eines Gefahrenscores für Segmente der kartenartigen
Abbildung mit zugeordneten Erkennungsdaten durch Bewerten dieser Erkennungsdaten,
- wobei der Gefahrenscore eines georeferenzierten Segments mit Erkennungsdaten, welchem
keine Unfalldaten zugeordnet sind, in Abhängigkeit von zugeordneten Nutzereingabedaten
ermittelt, insbesondere validiert bzw. relativ erhöht wird;
und/oder
- wobei der Gefahrenscore in Abhängigkeit einer Gewichtung der Erkennungsdaten ermittelt
wird mit jeweils unterschiedlichem Gewicht für Unfalldaten, Sensordaten und Nutzereingabedaten,
insbesondere mit höherem Gewicht von Unfalldaten gegenüber Nutzereingabedaten und/oder
höherem Gewicht von Nutzereingabedaten gegenüber Sensordaten;
- Zuordnen jeweils ermittelter Gefahrenscores zu den Segmenten mit zugeordneten Erkennungsdaten.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
die bewegungsbezogenen Sensordaten ein Typmerkmal umfassen, welches angibt, von welchem
Verkehrsteilnehmertyp die Sensordaten stammen und eine Unterscheidung von zumindest
zwei verschiedenen Verkehrsteilnehmertypen, insbesondere Kraftfahrzeugen und Zweirädern,
ermöglicht; und/oder
zumindest für Segmente mit Erkennungsdaten zu diesen Erkennungsdaten, insbesondere
zu Sensordaten mit Typmerkmal, jeweils eine informatische Mustererkennung, insbesondere
KI-gestützte Mustererkennung, durchgeführt wird und eine Klassifizierung in kritische
Ereignisse erfolgt, insbesondere durch das Rechnersystem, und
der Datenabgleich von Nutzereingabedaten und/oder Sensordaten mit entsprechenden Daten
zu klassifizieren kritischen Ereignissen erfolgt,
wobei insbesondere das Rechnersystem zwecks Früherkennung ein georeferenziertes Segment
mit Erkennungsdaten, welchem keine Unfalldaten zugeordnet sind, als potentielle Gefahrenstelle
identifiziert, wenn zu diesem Segment ein Datenabgleich der Sensordaten hinreichende
Merkmalsübereinstimmung bzw. Merkmalskorrelation mit Sensordaten eines kritischen
Ereignisses aufzeigt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet, dass als Gefahrenstelle identifizierten Segmenten jeweils ein Datenobjekt zugeordnet wird,
welches zumindest einen rechentechnisch ermittelten Gefahrenscore umfasst, wobei das
Datenobjekt vorzugsweise weiterhin umfasst:
- zumindest eine Relevanzangabe dahingehend für welchen bzw. welche von mehreren verschiedenen
Verkehrsteilnehmertypen, insbesondere Fußgänger, Radfahrer oder Kraftfahrzeugführer,
eine Gefahr droht, wobei die Relevanzangabe vorzugsweise aus den zugeordneten Erkennungsdaten
bestimmt wird; und/oder
- zumindest eine Gefahrenartangabe dahingehend, bei welchem Verkehrsverhalten, welcher
Situation und/oder zwischen welchen Verkehrsteilnehmern an der Gefahrenstelle Gefahr
droht, wobei die Gefahrenartangabe vorzugsweise aus den zugeordneten Erkennungsdaten
bestimmt wird; und/oder
- zumindest eine Kontextangabe dahingehend, bei welchen Umwelteinflüssen bzw. Verkehrssituationen,
an der Gefahrenstelle Gefahr droht, wobei die Kontextangabe vorzugsweise bestimmt
wird aus den zugeordneten Erkennungsdaten und/oder aus zusätzlichen Verkehrswegmetadaten,
insbesondere umfassend Information bezüglich Wetterabhängigkeiten, Geschwindigkeitsrichtwertem,
zeitabhängigem Verkehrsaufkommen oder dgl.; und/oder
wobei jedes einer Gefahrenstelle zugeordnete Datenobjekt mehrere teilnehmertypenspezifische
Gefahrenscores aufweist.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, insbesondere nach Anspruch 3 oder 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
das rechentechnische Ermitteln eines Gefahrenscores jeweils teilnehmertypenspezifisch
bzw. in Abhängigkeit des Verkehrsteilnehmertyps erfolgt, und jeder ermittelte Gefahrenscore
genau einem von mehreren vordefinierten Verkehrsteilnehmertypen zugeordnet wird; und/oder
die Gefahrenscores mit dem Segment bzw. Datenobjekt mehrdimensional auf teilnehmertypspezifischen
Achsen verknüpft sind; und/oder
das Datenerheben von georeferenzierten Nutzereingabedaten bezogen auf potentielle
Gefahrenstellen laufend und/oder sporadisch über eine Internet-Schnittstelle des Rechnersystems
erfolgt, welche mit mindestens einem Server, insbesondere Webserver, verbunden ist,
der eine Nutzerschnittstelle für Nutzereingabedaten bereitstellt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass
das Unterteilen der kartenartigen Abbildung in eine Vielzahl georeferenzierter Segmente
ein variables Unterteilen in Segmente unterschiedlicher geographische Länge umfasst,
insbesondere in Abhängigkeit von Verkehrsweginfrastruktur und/oder in Abhängigkeit
von zugeordneten Erkennungsdaten und/oder in Abhängigkeit identifizierter Gefahrenstellen,
sodass eine hinreichende örtliche Diskriminierung von Gefahrenstellen erfolgt; und/oder
das Zuordnen von Unfalldaten, Sensordaten und Nutzereingabedaten zu einzelnen Segmenten
das Ermitteln eines geographischen Abstands zwischen den Erkennungsdaten aus deren
Georeferenzierung umfasst und die Zuordnung auf Grundlage relativer Abstände erfolgt.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass zum Datenerfassen Sensordaten basierend auf Beschleunigungsmesswerten aus unterschiedlichen
Quellen erfasst werden, insbesondere Sensordaten eines ersten Typs, welche aus Sensorwerten
aus der Fahrzeugausrüstung, insbesondere Fahrzeugsensorik bzw. Telematikausrüstung,
von Fahrzeugen, insbesondere von Kraftfahrzeugen, generiert werden, sowie zumindest
Sensordaten eines zweiten Typs, welche aus Sensorwerten von Beschleunigungssensoren
in von Verkehrsteilnehmern mitgeführten, tragbaren Mobilgeräten, insbesondere Smartphones,
generiert werden; und/oder die Sensordaten vorzugsweise mit Zeitstempeln versehen
sind, wobei die Zeitstempel beim Datenabgleich hinsichtlich eines vordefinierten Grads
an Merkmalsübereinstimmung bzw. an Merkmalskorrelation genutzt werden, insbesondere
dahingehend ob die Zeitstempel innerhalb eines vordefinierten Zeitbereichs voneinander
zeitlich beabstandet sind oder tageszeitbezogen korrelieren.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, insbesondere nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
georeferenzierten Sensordaten durch eine anwendungsspezifische Smartphone-Applikation
zur Erkennung von potentiellen Gefahrenstellen bereitgestellt werden, wobei
- die Smartphone-Applikation vorzugsweise eingerichtet ist, potentiell sicherheitskritische
Ereignisse zu erkennen, insbesondere auf Grundlage einer Überschreitung von Beschleunigungsschwellwerten,
und georeferenzierte Sensordaten lediglich zu potentiell sicherheitskritischen Ereignissen
bereitstellt, wobei die bereitstellten Sensordaten vorzugsweise Informationen zum
Bewegungsverhalten innerhalb eines Zeitfensters um das sicherheitskritische Ereignis
enthalten; und/oder
- die Smartphone-Applikation eine Schnittstelle für georeferenzierte Nutzereingabedaten
bezogen auf potentielle Gefahrenstellen bereitstellt.
9. Verfahren nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet, dass
- die Smartphone-Applikation bei Erkennung eines potentiell sicherheitskritischen
Ereignisses entsprechenden Sensordaten zugehörige GPS-Koordinaten zur Georeferenzierung,
sowie vorzugsweise zumindest einen Zeitstempel zuordnet und mit den Sensordaten dem
Rechnersystem übermittelt;
- die Smartphone-Applikation, insbesondere bei Erkennung eines potentiell sicherheitskritischen
Ereignisses und/oder bei Erkennung örtlicher Nähe zu einem als potentielle Gefahrenstelle
identifizierten Segments, den Nutzer zur Eingabe von Nutzereingabedaten auffordert,
umfassend zumindest eine Bestätigung hinsichtlich des Bestehens einer Gefahrenstelle,
vorzugsweise weiterhin zur Eingabe einer Relevanzangabe bzgl. betroffener Verkehrsteilnehmertypen
und/oder einer Gefahrenartangabe und/oder einer Kontextangabe und die Nutzereingaben
als Nutzereingabedaten mit den Sensordaten dem Rechnersystem übermittelt; und/oder
- die Smartphone-Applikation auf Grundlage eines mittels integrierten Beschleunigungssensor
ermittelten Bewegungsprofils zu einem potentiell sicherheitskritischen Ereignis eine
Relevanzangabe bzgl. betroffener Verkehrsteilnehmertypen bereitstellt und mit den
Sensordaten dem Rechnersystem übermittelt.
10. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, gekennzeichnet durch rechentechnisches Ermitteln eines Gefahrenscores für eine identifizierte Gefahrenstelle
durch Berechnen, wobei das Berechnen eine Gewichtung von georeferenziert zugeordneten
Sensordaten unter Verwendung vordefinierter Gewichtungsfaktoren umfasst, und wobei
vorzugsweise zumindest einige georeferenzierte Sensordaten eines ersten Typs in Abhängigkeit
eines vordefinierten Grades an Übereinstimmung mit Merkmalen georeferenziert zugeordneter
Nutzereingabedaten und/oder weiteren georeferenziert zugeordneten Sensordaten eines
zweiten Typs gewichtet werden;
und/oder
rechentechnisches Ermitteln eines Gefahrenscores für eine identifizierte Gefahrenstelle
durch Berechnen, wobei das Berechnen die Verarbeitung mittels einer Kl, insbesondere
unter Anwendung eines neuronalen Netztes und/oder Mustererkennung durch das zumindest
eine Rechnersystem, unter Berücksichtigung ereignisbezogener Merkmale der Infrastrukturdaten,
umfasst.
11. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, insbesondere nach Anspruch 4,
gekennzeichnet durch rechentechnisches Bestimmen zumindest einer Gefahrenartangabe zu jeder identifizierten
Gefahrenstelle, wobei die Gefahrenartangabe aus Informationen von dem Segment zugeordneten
Infrastrukturdaten und/oder Sensordaten und/oder Unfallmeldungen und/oder Nutzereingabedaten,
vorzugsweise aus einer Kombination von Informationen aus zumindest zwei verschiedenen
dieser Daten bestimmt wird.
12. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
gekennzeichnet durch
- Zuordnen eines Gefahrenlevels aus einer Anzahl diskreter Gefahrenlevel zu jedem
Gefahrenscore, wobei jedem Gefahrenlevel ein vordefinierter Wertebereich des Gefahrenscores
zugeordnet ist; und/oder
- rechentechnisches Ermitteln mehrerer Gefahrenscores für eine identifizierte Gefahrenstelle
in Abhängigkeit jeweiliger Relevanzangaben dahingehend für welchen bzw. welche von
mehreren verschiedenen Verkehrsteilnehmertypen, insbesondere Fußgänger, Radfahrer
oder Kraftfahrzeugführer, eine Gefahr droht und Zuordnen eines jeweiligen Gefahrenscores
zu verschiedenen Verkehrsteilnehmertypen.
13. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
gekennzeichnet durch
- schrittweises Aktualisieren der in der digitalen Abbildung von Verkehrswegenetzen
umfassten Daten, insbesondere der Gefahrenscores, wenn eine vorbestimmte Menge weiterer
Sensordaten erfasst und/oder eine vorbestimmte Menge weiterer Nutzereingabedaten erhoben
wurde; und/oder
- durch angepasste Datenerfassung von georeferenzierten Sensordaten, bezogen auf das
Bewegungsverhalten eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere mit erhöhter Sensitivität
bzw. Intensität, bei Erkennung örtlicher Nähe des Verkehrsteilnehmers zu einem bereits
als potentielle Gefahrenstelle identifizierten Segments.
14. Rechnersystem, insbesondere Cloud-Rechnersystem, umfassend eine kartenartige digitale Verkehrswegnetz-Abbildung,
welche gemäß einem Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 13 als Gefahrenstellen
identifizierte Segmente mit Gefahrenscore aufweist.
15. Verfahren zur Erzeugung von gefahrenstellenbezogenen Warnmeldungen an Verkehrsteilnehmer, wobei
mit dem Rechnersystem nach Anspruch 14 kommunizierende Endgeräte, insbesondere Smartphones
und/oder Navigationsgeräte, bei Erkennung örtlicher Nähe zu einem als Gefahrenstelle
identifizierten Segment eine Warnmeldung ausgeben, insbesondere eine Warnmeldung umfassend
eine Relevanzangabe und/oder Gefahrenartangabe und/oder eine Kontextangabe.
16. Verwendung des Rechnersystems nach Anspruch 14
- zur Ermittlung verkehrstechnisch sicherer Routenoptionen in einem Navigationssystem,
insbesondere ergänzend zu vom Navigationssystem ermittelten schnellen und/oder ökologischen
Routenoptionen; oder
- zur Kommunikation mit autonom oder teilautonom fahrenden Fahrzeugen zwecks Beeinflussung
des autonomen oder teilautonomen Fahrverhaltens in Abhängigkeit von Gefahrenstellen,
insbesondere unter Berücksichtigung von Relevanz- und/oder Gefahrenart- und/oder Kontextangaben
und oder zwecks Beeinflussung der Routenauswahl; oder
- zur Bestimmung und/oder Optimierung des ODD eines autonom fahrenden Fahrzeugs (AV),
insbesondere eines autonom fahrenden Fahrzeugs vom Typ L3+, insbesondere in einem
unbegrenzten ODD eines L5-AV; oder
- zur Bereitstellung eines Datensatzes für das Training eines Machine-Learning-Modells
zur Vorhersage potentieller Gefahrenstellen, wobei das Machine-Learning-Modell insbesondere
zur Optimierung der kartenartigen digitale Verkehrswegnetz-Abbildung und/oder in einer
Simulation zur Verkehrsplanung genutzt wird.