[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung von Schaltzuständen
sowie ein Bussystem.
[0002] Gemäß dem International Electrotechnical Vocabulary (IEV), herausgegeben von der
International Electrotechnical Commission (IEC), ist eine Verriegelungseinrichtung
eine Einrichtung, die die Betätigung eines elektrischen Betriebsmittels von dem Zustand,
der Stellung oder der Betätigung eines oder mehrerer anderer Betriebsmittel abhängig
macht (IEV-Nummer 441-16-40 MOD). Eine Verriegelung dient dazu, einen unsicheren Betrieb
zu verhindern, Personal zu schützen und Gefährdungen zu vermeiden (IEV-Nummer 395-07-120).
[0003] Schütze werden oft mit einer Verriegelung versehen, d. h. einer beabsichtigten Blockierung
eines Schützes durch ein anderes. Durch eine Verriegelung, z. B. in Form einer Schützverriegelung
oder einer Wende-Schützschaltung, kann, falls ein erster Stromkreis geschlossen ist,
ein zweiter Stromkreis infolge eines geöffneten Verriegelungskontaktes nicht geschlossen
werden.
[0004] Diese Verriegelungsfunktion kann durch am Schütz vorhandene Hilfsschalter elektromechanisch
realisiert sein: Die Hilfsschalter unterbrechen die Spannungsversorgung eines zweiten
Schützes, wenn ein erstes Schütz aktiv geschaltet ist. Ein solches Stromlos-Schalten
eines Schützes im Rahmen einer Verriegelung steht allerdings einer Aufnahme des Schützes
in ein Kommunikationssystem entgegen, weil dort eine dauerhafte Spannungsversorgung
der Teilnehmer des Kommunikationssystems nötig ist, um eine Kommunikation in dem Kommunikationssystem
aufrecht erhalten zu können.
[0005] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es also, eine verbesserte Verriegelung von
Schützen bereitzustellen.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den in Anspruch 1 angegebenen
Merkmalen gelöst. Das erfindungsgemäße Verfahren dient einer Steuerung von Schaltzuständen
von zwei oder mehr Schützen einer Schaltanlage. Es wird ein Bussystem bereitgestellt,
welches eine Busleitung sowie eine Steuereinheit und Aktoren aufweist. Dabei sind
die Aktoren durch die Steuereinheit steuerbar. Die Steuereinheit und die Aktoren sind
Teilnehmer des Bussystems, die durch die Busleitung miteinander verbunden sind. Den
Schützen wird die Rolle von Aktoren des Bussystems zugewiesen. Es wird außerdem ein
Datensatz in dem Bussystem bereitgestellt. Der Datensatz enthält Informationen, welche
Schütze des Bussystems gegeneinander verriegelt werden, d. h. deren Betätigung von
einem Zustand, einer Stellung oder einer Betätigung eines oder mehrerer der anderen
Schütze innerhalb der Gruppe abhängig ist. Die Schütze des Bussystems, die gegeneinander
verriegelt werden, bilden eine Verriegelungsgruppe, kurz: Gruppe. Der Datensatz enthält
außerdem Informationen, welche Schaltkonstellationen, die aus möglichen Schaltzuständen
der Schütze der Gruppe gebildet werden können, als zulässig bzw. unzulässig definiert
sind; diese Informationen können als "Beziehungsdaten" bezeichnet werden. Falls ein
Schaltsignal der Steuereinheit ansteht, wird geprüft, zu welcher zukünftigen Schaltkonstellation
das Schaltsignal ausgehend von einer gegenwärtigen Schaltkonstellation führen würde.
Falls eine unzulässige Schaltkonstellation auftritt, wird das Schaltsignal verworfen.
Zusätzlich kann über das Bussystem die Steuereinheit über das Verwerfen des Schaltsignals
informiert werden.
[0007] Jedes der Schütze kann mehrere unterschiedliche Schaltzustände, z. B. An und Aus,
einnehmen, die sogenannten "möglichen Schaltzustände". Eine Schaltkonstellation (kurz:
SK) der Schütze ist eine bestimmte Kombination der Schaltzustände aller betrachteten
Schütze, d. h. der Schütze der Gruppe. Beispielsweise sind bei zwei Schützen, nämlich
einem ersten Schütz 1 (= S1) und einem zweiten Schütz 2 (= S2), mit jeweils zwei Schaltzuständen
"An" und "Aus" insgesamt vier unterschiedliche Schaltkonstellationen SK1 bis SK4 möglich,
falls man nur den durch das Schaltsignal erreichten Schaltzustand betrachtet, aber
außer Acht lässt, in welchem Schaltzustand sich die Schütze vorher befanden:
SK1: S1 an; S2 an
SK2: S1 an; S2 aus
SK3: S1 aus; S2 an
SK4: S1 aus; S2 aus
[0008] Bei der Unterscheidung verschiedener Schaltkonstellationen kann auch berücksichtigt
werden, in welchem Schaltzustand die Schütze sich befanden, bevor sie, getriggert
durch ein Schaltsignal, in die gegenwärtige Schaltkonstellation gelangten. Bezogen
auf das o.g. Beispiel mit zwei Schützen mit jeweils zwei Schaltzuständen "An" und
"Aus" gibt es also insgesamt 12 SK:
SK1_1: S1 an, war vorher an; S2 an, war vorher aus
SK1_2: S1 an, war vorher aus; S2 an, war vorher an
SK1_3: S1 an, war vorher aus; S2 an, war vorher aus
SK2_1: S1 an, war vorher an; Schütz 2 aus, war vorher an
SK2_2: S1 an, war vorher aus; Schütz 2 aus, war vorher aus
SK2_3: S1 an, war vorher aus; Schütz 2 aus, war vorher an
SK3_1: S1 aus, war vorher aus; Schütz 2 an, war vorher aus
SK3_2: S1 aus, war vorher an; Schütz 2 an, war vorher an
SK3_3: S1 aus, war vorher an; Schütz 2 an, war vorher aus
SK4_1: S1 aus, war vorher aus; Schütz 2 aus, war vorher an
SK4_2: S1 aus, war vorher an; Schütz 2 aus, war vorher aus
SK4_3: S1 aus, war vorher an; Schütz 2 aus, war vorher an
[0009] Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass eine Einbindung von Schützen in
ein Kommunikationssystem als vollwertige Kommunikationsteilnehmer eine neue Art der
Verriegelung erforderlich macht, weil ein Stromlos-Schalten eines Schützes nicht mehr
möglich ist; vollwertig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Schütz ununterbrochen
mit Spannung versorgt wird und also jederzeit Informationen empfangen und Informationen
senden kann. Die Erfindung schlägt vor, in einem Bussystem, in dem die zu verriegelnden
Schütze Kommunikationsteilnehmer sind, einen Datensatz bereitzustellen, der Informationen
enthält, welche der Schaltkonstellationen, die aus möglichen Schaltzuständen der Schütze
gebildet werden können, als zulässig bzw. unzulässig definiert sind. Ein Schalten
der Schütze in eine der als unzulässig definierten Schaltkonstellationen wird konsequent
ausgeschlossen; auf diese Weise wird eine Verriegelung der Schütze erreicht.
[0010] Die Erfindung erlaubt also, Schütze als vollwertige Teilnehmer eines Kommunikationssystems
zu integrieren. Es ist also eine ständige Diagnose des Schützes möglich, z. B. im
Hinblick auf eine Anzahl an Schaltspielen, Verschleiß, Temperatur, Leistungsaufnahme,
Signalgüte. Mit Hilfe eines Bussystems als Busteilnehmer angeschlossene Schütze könnten
diese Informationen zu jedem Zeitpunkt an eine übergeordnete Steuerung liefern.
[0011] Dabei können Hilfskontakte der Schütze, die bisher für die Realisierung der Verriegelung
nötig waren, eingespart werden. Da keine Hilfsschalter mit einer jeweils unterschiedlichen
Anzahl von NO- und NC-Hilfskontakten mehr notwendig sind, kann die Varianz der einzelnen
Schütze deutlich reduziert werden (NO = Normally Open; NC = Normally Closed).
[0012] Ebenso kann eine zusätzliche Verkabelung der Schütze für die Realisierung der Verriegelung
entfallen. Das verringert den Installationsaufwand.
[0013] Darüber hinaus können Schütze, aufgrund ihrer Kommunikationsfähigkeit in einem Bussystem,
in einen Hardware-Katalog einer Automatisierungs-Software integriert werden, wie z.
B. das TIA Portal der Siemens AG; TIA (= Totally Integrated Automation) ist eine offene
Systemarchitektur, die für ein nahtloses Zusammenspiel von Automatisierungskomponenten,
der beteiligten Software und übergeordneter Systeme sowie Services benutzt werden
kann. Das erhöht den Bedienungskomfort für einen Automatisierungsnutzer.
[0014] Die Informationen des Datensatzes beschreiben Abhängigkeiten der Schaltzustände der
verschiedenen Aktoren. Durch diese Abhängigkeiten können bestimmte Schaltkonstellationen
bereits vor der Programmerstellung, für die Anlage, ausgeschlossen werden.
[0015] Die Aufgabe wird ferner gelöst durch ein Computerprogramm mit den in Anspruch 7 angegebenen
Merkmalen gelöst. Das erfindungsgemäße Computerprogramm dient zur Ausführung in einem
Bussystem. Das Bussystem weist zwei oder mehr Schütze, denen die Rolle von Aktoren
des Bussystems zugewiesen ist, eine Steuereinheit zur Steuerung der Aktoren, eine
Busleitung, mit der die Schütze und die Steuereinheit zur Kommunikation verbunden
sind, und einen Datensatz auf. Dabei enthält der Datensatz Informationen, welche der
Schaltkonstellationen, die aus möglichen Schaltzuständen der Schütze gebildet werden
können, als zulässig bzw. unzulässig definiert sind. Dabei sind die Schütze und/oder
die Steuereinheit dazu ausgebildet sind, das Prüfen, im Fall eines anstehendes Schaltsignals
der Steuereinheit, zu welcher zukünftigen Schaltkonstellation das Schaltsignal ausgehend
von einer gegenwärtigen Schaltkonstellation führen würde, und das Verwerfen des Schaltsignals,
falls es eine unzulässige Schaltkonstellation zur Folge hätte, auszuführen.
[0016] Die skizzierte Aufgabenstellung wird auch durch ein erfindungsgemäßes Computerprogrammprodukt
gelöst. Das Computerprogrammprodukt ist in einer separaten Steuereinheit oder in einer
Steuereinheit, die in einem Schütz integriert ist, ausführbar ausgebildet. Das Computerprogrammprodukt
kann als Software oder Firmware in einem Speicher speicherbar und durch ein Rechenwerk
ausführbar ausgebildet sein. Alternativ oder ergänzend kann das Computerprogrammprodukt
auch zumindest teilweise als festverdrahtete Schaltung ausgebildet sein, beispielsweise
als ASIC. Das Computerprogrammprodukt ist dazu ausgebildet, Steuerdaten zu empfangen,
auszuwerten und Befehle (Schaltsignale) an eine Schalteinheit eines Schützes zu erzeugen.
Erfindungsgemäß ist das Computerprogrammprodukt dazu ausgebildet, mindestens eine
Ausführungsform des skizzierten Verfahrens umzusetzen und durchzuführen. Dabei kann
das Computerprogrammprodukt sämtliche Teilfunktionen des Verfahrens in sich vereinigen,
also monolithisch ausgebildet sein. Alternativ kann das Computerprogrammprodukt auch
segmentiert ausgebildet sein und jeweils Teilfunktionen auf Segmente verteilen, die
auf separater Hardware ausgeführt werden. Beispielsweise kann ein Teil des Verfahrens
in einer separaten Steuereinheit eines Bussystems oder in einer Steuereinheit, die
in ein Schütz des Bussystems integriert ist, durchgeführt werden und ein anderer Teil
des Verfahrens in einer dem Bussystem übergeordneten Steuereinheit, wie beispielsweise
einer Speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) oder einer Computer-Cloud.
[0017] Das Computerprogrammprodukt kann direkt in den internen Speicher einer digitalen
Recheneinheit geladen werden und umfasst Softwarecodeabschnitte, mit denen die Schritte
c) und d)des hierin beschriebenen Verfahrens ausgeführt werden, wenn das Produkt auf
der Recheneinheit läuft. Die Recheneinheit ist insbesondere eine Recheneinheit zur
Steuerung der Schutzschaltglieder in einem erfindungsgemäßen Energieversorgungsnetzwerk.
Das Computerprogrammprodukt kann auf einem Datenträger gespeichert sein, wie z.B.
einem USB-Speicherstick, einer DVD oder einer CD-ROM, einem Flash-Speicher, EEPROM
oder einer SD-Karte. Das Computerprogrammprodukt kann auch in der Form eines über
ein drahtgebundenes oder drahtloses Netzwerk ladbares Signal vorliegen.
[0018] Das Verfahren ist zur automatischen Ausführung bevorzugt in Form eines Computerprogramms
realisiert. Die Erfindung ist damit einerseits auch ein Computerprogramm mit durch
einen Computer ausführbaren Programmcodeanweisungen und andererseits ein Speichermedium
mit einem derartigen Computerprogramm, also ein Computerprogrammprodukt mit Programmcodemitteln,
sowie schließlich auch eine Energiequelle oder eine Tertiärregelungseinheit, in deren
Speicher als Mittel zur Durchführung des Verfahrens und seiner Ausgestaltungen ein
solches Computerprogramm geladen oder ladbar ist.
[0019] Wenn im Folgenden Verfahrensschritte oder Verfahrensschrittfolgen beschrieben werden,
bezieht sich dies auf Aktionen, die aufgrund des Computerprogramms oder unter Kontrolle
des Computerprogramms erfolgen, sofern nicht ausdrücklich darauf hingewiesen ist,
dass einzelne Aktionen durch einen Benutzer des Computerprogramms veranlasst werden.
Zumindest bedeutet jede Verwendung des Begriffs "automatisch", dass die betreffende
Aktion aufgrund des Computerprogramms oder unter Kontrolle des Computerprogramms erfolgt.
[0020] Anstelle eines Computerprogramms mit einzelnen Programmcodeanweisungen kann die Implementierung
des hier und im Folgenden beschriebenen Verfahrens auch in Form von Firmware erfolgen.
Dem Fachmann ist klar, dass anstelle einer Implementation eines Verfahrens in Software
stets auch eine Implementation in Firmware oder in Firm- und Software oder in Firm-
und Hardware möglich ist. Daher soll für die hier vorgelegte Beschreibung gelten,
dass von dem Begriff Software oder dem Begriff Computerprogramm auch andere Implementationsmöglichkeiten,
nämlich insbesondere eine Implementation in Firmware oder in Firm- und Software oder
in Firm- und Hardware, umfasst sind.
[0021] Die Aufgabe wird ferner gelöst durch ein Bussystem mit den in Anspruch 9 angegebenen
Merkmalen gelöst. Das erfindungsgemäße Bussystem weist zwei oder mehr Schütze, denen
die Rolle von Aktoren des Bussystems zugewiesen ist, auf. Das Bussystem weist eine
Steuereinheit zur Steuerung der Aktoren, auf. Das Bussystem weist eine Busleitung
auf, mit der die Schütze und die Steuereinheit zur Kommunikation verbunden sind. Das
Bussystem weist einen Datensatz auf, welcher Informationen enthält, welche der Schaltkonstellationen,
die aus möglichen Schaltzuständen der Schütze gebildet werden können, als zulässig
bzw. unzulässig definiert sind. Dabei sind die Schütze und/oder die Steuereinheit
dazu ausgebildet, im Fall eines anstehendes Schaltsignals der Steuereinheit zu prüfen,
zu welcher zukünftigen Schaltkonstellation das Schaltsignal ausgehend von einer gegenwärtigen
Schaltkonstellation führen würde und das Schaltsignal zu verwerfen, falls es eine
unzulässige Schaltkonstellation zur Folge hätte.
[0022] Die Information, welche Schütze eines Bussystems zu der Gruppe von Schützen gehören,
deren Schaltzustände hinsichtlich der Verriegelung aufeinander abgestimmt werden müssen,
ist in dem Datensatz enthalten: da der Datensatz Informationen enthält, welche der
Schaltkonstellationen, die aus möglichen Schaltzuständen der Schütze gebildet werden
können, als zulässig bzw. unzulässig definiert sind, gehören alle Schütze, deren Schaltzustand
in den Schaltkonstellationen berücksichtigt wird, zu der Gruppe.
[0023] Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen
Ansprüchen angegeben. Dabei kann das erfindungsgemäße Verfahren auch entsprechend
den abhängigen Vorrichtungsansprüchen weitergebildet sein, und umgekehrt.
[0024] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ermittelt ein Schütz, bei dem
ein an ihn adressiertes Schaltsignal der Steuereinheit eintrifft, eine gegenwärtige
Schaltkonstellation, indem das Schütz die gegenwärtigen Schaltzustände der anderen
in dem Datensatz genannten Schütze, d. h. die anderen Schütze der Gruppe, bei diesen
Schützen abfragt. Nachfolgend führt das adressierte Schütz das Schaltsignal durch,
falls eine aus dem Schaltsignal resultierende Schaltkonstellation zulässig ist. Von
Vorteil ist dabei, dass die übergeordnete Steuereinheit in die das Verfahren zur Verriegelung
nicht eingreifen muss und die Informationen der Schaltzustände nur dann abgefragt
werden, wenn der Bedarf besteht; das führt zu einer Reduzierung des Datenaufkommens
im Bussystem.
[0025] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung hören die Schütze die Schaltsignale
der Steuereinheit, die an die jeweils anderen in dem Datensatz genannten Schütze,
d. h. die anderen Schütze der Gruppe, adressiert sind, mit. Ein Schütz, bei dem ein
an ihn adressiertes Schaltsignal der Steuereinheit eintrifft, ermittelt eine gegenwärtige
Schaltkonstellation auf Basis mitgehörter Schaltsignale. Das adressierte Schütz führt
das Schaltsignal aus, falls eine daraus resultierende Schaltkonstellation der Schütze
zulässig ist.
[0026] Die Aktoren hören also nicht nur auf die Datentelegramme, die für sie bestimmt sind.
Es wird auch auf Telegramme von zugehörigen Aktoren aus der gleichen Gruppe gehört.
Diese Telegramme unterliegen vorteilhafterweise auch einer Verbindungs-überwachung,
um auf ausbleibende Telegramme reagieren zu können. Von Vorteil ist dabei, dass kein
Datenquerverkehr von Datensätzen implementiert werden muss.
[0027] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ermittelt die Steuereinheit,
bei der ein Schaltsignal ansteht, eine gegenwärtige Schaltkonstellation auf Basis
früherer ausgeführter Schaltsignale der Steuereinheit. Die Steuereinheit verwirft
ein Schaltsignal, falls es eine unzulässige Schaltkonstellation zur Folge hätte. Von
Vorteil ist dabei, dass die Steuereinheit die Steuerung der Verriegelung vollständig
übernimmt und die Schütze keine weitere Aufgabe hinsichtlich der Verriegelungssteuerung
übernehmen müssen.
[0028] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung erfolgt das Abfragen, durch ein
Schütz, der gegenwärtigen Schaltzustände der anderen in dem Datensatz genannten Schütze
mittels eines Bus-Telegramms, das einen Datenquerverkehr zwischen den Aktoren erlaubt.
Bei der Nutzung eines Datenquerverkehrs wird eine direkte Aktor-zu-Aktor Kommunikation
ohne Umweg über die Steuereinheit ermöglicht. Dazu kann in dem Bussystem ein Telegramm
eingesetzt werden, das es einem Aktor erlaubt, bevor der Aktor eine Aktion ausführt,
sich bei allen anderen bekannten Aktoren einer definierten Gruppe von Aktoren zu informieren,
ob der anfragende Aktor diese Aktion durchführen darf. Von Vorteil ist dabei, dass
die Schütze einer Gruppe von mehreren Steuereinheiten, die nicht koordinierte Befehle
an die Schütze ausgeben, angesprochen werden können.
[0029] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung sendet das adressierte Schütz,
falls eine aus dem Schaltsignal resultierende Schaltkonstellation der Schütze unzulässig
ist, eine Fehlermeldung an die Steuereinheit. Von Vorteil ist dabei, dass ein Programmierer/Anlagenbetreiber
über die Fehlfunktion der Anlage informiert werden kann.
[0030] Eine bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung ist ein computerlesbares Medium, auf
dem das oben beschriebene erfindungsgemäße Computerprogramm nach Anspruch 7 gespeichert
ist.
[0031] Im Folgenden wird die Erfindung anhand mehrerer Ausführungsbeispiele unter Zuhilfenahme
der beiliegenden Zeichnung erläutert.
[0032] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie
die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich
durch die folgende Beschreibung der Ausführungsbeispiele, welche anhand der Zeichnungen
näher erläutert werden. Es zeigt jeweils schematisch und nicht maßstabsgetreu
- Fig. 1
- ein Bussystem;
- Fig. 2
- eine Tabelle zur Darstellung der in einem Datensatz gespeicherten Verriegelungsvorschriften;
- Fig. 3
- ein MSC (= Message Sequence Chart) einer ersten Ausgestaltung des Verfahrens;
- Fig. 4
- ein MSC einer zweiten Ausgestaltung des Verfahrens; und
- Fig. 5
- ein MSC einer dritten Ausgestaltung des Verfahrens.
[0033] Fig. 1 zeigt ein Bussystem BS, welches eine Busleitung BL sowie als Busteilnehmer
vier Aktoren A, A1, A2, A3, A4 und eine Steuereinheit SE zur Steuerung der Aktoren
A, A1, A2, A3, A4 aufweist. Dabei sind die Steuereinheit SE und die Aktoren A durch
die Busleitung BL miteinander elektrisch verbunden. Über die Busleitung BL können
die Busteilnehmer A, S miteinander kommunizieren und elektrische Energie von einer
Energiequelle, z. B. einem Netzteil, beziehen. Das Bussystem kann unter einem beliebigen
Busprotokoll laufen, z. B. dem Industrial Ethernet Standard Profinet gemäß IEC 61158-1:2019
Industrial communication networks - Fieldbus specifications.
[0034] Drei Aktoren A1, A2, A3 der vier Aktoren A sind Schütze S1, S2, S3, die gegeneinander
verriegelt sein sollen, der vierte Aktor A ist ein beliebiges anderes Gerät. Zur Einrichtung
der Verriegelung stellt ein Anwender in dem Bussystem BS einen Datensatz DS bereit,
in dem definiert ist, dass die Schütze S1, S2, S3 eine Gruppe G von Busteilnehmern
A1, A2, A3 bilden, innerhalb der eine Verriegelung implementiert ist, und in dem Verriegelungsvorschriften
definiert sind.
[0035] Fig. 2 zeigt eine Tabelle zur Darstellung der in dem Datensatz DS gespeicherten Verriegelungsvorschriften.
Die Tabelle mit den Zeilen a, b, c und d und den Spalten α, β, γ und δ ist wie folgt
zu lesen: In den Zeilen b, c, d ist jeweils in einem Tabellenfeld angegeben (Y = ja,
N = nein), ob die im Tabellenkopf (Zeile a) angegebenen Schütze S1, S2, S3 angeschaltet
werden dürfen, falls das in der Vorspalte α angegebene Schütz bereits angeschaltet
ist. Zum Beispiel: Das Schütz S2 ist bereits angeschaltet; es soll nun geprüft werden,
ob die Schütze S1 und S3 ebenfalls angeschaltet werden dürfen. Dafür sucht man in
der Vorspalte α die Zeile, in der S2 steht: das ist die Zeile c. Nun geht man in der
Zeile c nach rechts zu den Tabellenfeldern der Spalten β (für S1) und δ (für S3).
In dem Tabellenfeld (c; β) ist ein Y eingetragen, d. h. das Schütz S1 darf angeschaltet
werden, wenn das Schütz S2 bereits angeschaltet ist. In dem Tabellenfeld (c; δ) ist
ein Y eingetragen, d. h. das Schütz S3 darf angeschaltet werden, wenn das Schütz S2
bereits angeschaltet ist.
[0036] Der Datensatz DS kann beim Hochlauf des Bussystems entweder nur der Steuereinheit
SE oder auch den Aktoren A mitgeteilt werden.
[0037] Fig. 3 zeigt ein MSC einer ersten Ausgestaltung des Verfahrens, bei der ein Schütz
S1, bei dem ein an ihn adressiertes Schaltsignal der Steuereinheit SE eintrifft, eine
gegenwärtige Schaltkonstellation ermittelt, indem es die gegenwärtigen Schaltzustände
der anderen in dem Datensatz DS genannten Schütze S2, S3 bei diesen Schützen S2, S3
abfragt. Dazu wurde der Datensatz DS beim Hochlauf des Bussystems den in dem Datensatz
DS genannten Schützen S1, S2, S3 mitgeteilt.
[0038] Zunächst sendet die Steuereinheit SE ein Schaltsignal 31, in dem ein Anschalten des
ersten Schützes S1 gefordert wird, über die Busleitung BL. Nachdem das erste Schütz
S1, an das der in dem Schaltsignal 31 enthaltene Einschaltbefehl gerichtet ist, das
Schaltsignal 31 erhalten hat, sendet es Anfragen 32, 33 an die anderen in dem Datensatz
genannten Schütze S2, S3, wobei es mit diesen Anfragen 32, 33 die gegenwärtigen Schaltzustände
der Schütze S2, S3 abfragt. Das Abfragen erfolgt mittels eines Bus-Telegramms des
Bussystems, das einen Datenquerverkehr zwischen den Aktoren erlaubt. Die Gruppe von
Schützen bildet also eine sich selbst überwachende Verriegelungsgruppe. Das Zusammenfassen
von Aktoren zu sich selbst überwachenden Schaltgruppen befreit den Anwender von weiteren
Sicherheitsmaßnahmen (z. B. Verdrahtung der Hilfsschalter) und schützt ihn auch vor
Defekten, die durch ein gleichzeitiges Ansprechen von Aktoren entstehen könnten (z.
B. ein Kurzschluss (Phasenschluss), wenn ein Wendeschütz gleichzeitig mit einem Normalschütz
angesteuert wird).
[0039] Getriggert durch die Anfragen 32, 33 des ersten Schützes S1 senden die beiden angefragten
Schütze S2, S3 ihren aktuellen Schaltzustand 34, 35 an das erste Schütz S1 zurück.
In einem ersten Fall I sind die gegenwärtigen Schaltzustände der Schütze S2, S3 derart,
dass das erste Schütz S1, wie es den Verriegelungsvorschriften in dem Datensatz DS
entnimmt, einschalten darf. Folglich schaltet das erste Schütz S1 ein 36. In einem
zweiten Fall II sind die gegenwärtigen Schaltzustände der Schütze S2, S3 derart, dass
das erste Schütz S1, wie es den Verriegelungsvorschriften in dem Datensatz DS entnimmt,
nicht einschalten darf. Folglich schaltet das erste Schütz S1 nicht ein, sondern sendet
eine Fehlermeldung 37 an die Steuereinheit SE.
[0040] Fig. 4 zeigt ein MSC einer zweiten Ausgestaltung des Verfahrens, bei der die Schütze
Schaltsignale der Steuereinheit, die an die jeweils anderen in dem Datensatz genannten
Schütze adressiert sind, mithören und ein Schütz, bei dem ein an ihn adressiertes
Schaltsignal der Steuereinheit eintrifft, eine gegenwärtige Schaltkonstellation auf
Basis mitgehörter Schaltsignale ermittelt. Dazu wurde der Datensatz DS beim Hochlauf
des Bussystems den in dem Datensatz DS genannten Schützen S1, S2, S3 mitgeteilt.
[0041] In dieser Ausgestaltung werden von der Steuereinheit SE über die Busleitung BL gesendete
Schaltsignale 41, 42, 43, die an die Schütze S1, S2, S3 adressiert sind (41a, 42,
43a), generell von den jeweils anderen Schützen der Gruppe mitgehört (41b, 42b, 43b).
Die mithörenden Schütze speichern die Informationen, die in Bezug auf einen Schaltzustand
bzw. eine Schaltkonstellation von Belang sind, in einem Speicher ab.
[0042] Mit dem Schaltsignal 43 fordert die Steuereinheit SE ein Anschalten des ersten Schützes
S1. Nachdem das erste Schütz S1, an das der in dem Schaltsignal 43 enthaltene Einschaltbefehl
gerichtet ist, das Schaltsignal 43 erhalten hat, ermittelt es aus den Informationen,
die es in der Vergangenheit mitgehört hat, die gegenwärtigen Schaltzustände der in
dem Datensatz genannten anderen Schütze S2, S3. In einem ersten Fall I sind die gegenwärtigen
Schaltzustände der Schütze S2, S3 derart, dass das erste Schütz S1, wie es den Verriegelungsvorschriften
in dem Datensatz DS entnimmt, einschalten darf. Folglich schaltet das erste Schütz
S1 ein 44. In einem zweiten Fall II sind die gegenwärtigen Schaltzustände der Schütze
S2, S3 derart, dass das erste Schütz S1, wie es den Verriegelungsvorschriften in dem
Datensatz DS entnimmt, nicht einschalten darf. Folglich schaltet das erste Schütz
S1 nicht ein, sondern sendet eine Fehlermeldung 45 an die Steuereinheit SE.
[0043] Fig. 5 zeigt ein MSC einer dritten Ausgestaltung des Verfahrens, bei der die Steuereinheit
SE, bei der ein Schaltsignal ansteht, eine gegenwärtige Schaltkonstellation auf Basis
früherer ausgeführter Schaltsignale der Steuereinheit ermittelt. Dazu wurde der Datensatz
DS beim Hochlauf des Bussystems der Steuereinheit SE mitgeteilt.
[0044] Bei der Steuereinheit SE entsteht aufgrund der Abarbeitung eines Steueralgorithmus
ein Schaltsignal, mit dem ein Anschalten des ersten Schützes S1 gefordert werden soll.
Die Steuereinheit SE, bei der das Schaltsignal ansteht, ermittelt auf Basis früherer
ausgeführter Schaltsignale der Steuereinheit SE eine gegenwärtige Schaltkonstellation
der Schütze S1, S2, S3. In einem ersten Fall I sind die gegenwärtigen Schaltzustände
der Schütze S1, S2, S3 derart, dass das erste Schütz S1, wie die Steuereinheit SE
den Verriegelungsvorschriften in dem Datensatz DS entnimmt, einschalten darf. Folglich
sendet die Steuereinheit SE ein an das erste Schütz S1 adressiertes Schaltsignal 51
über die Busleitung BL. Nachfolgende schaltet das erste Schütz S1 ein 53. In einem
zweiten Fall II sind die gegenwärtigen Schaltzustände der Schütze S1, S2, S3 derart,
dass das erste Schütz S1, wie die Steuereinheit SE den Verriegelungsvorschriften in
dem Datensatz DS entnimmt, nicht einschalten darf. Folglich verwirft die Steuereinheit
das Schaltsignal und sendet die Steuereinheit SE kein an das erste Schütz S1 adressiertes
Schaltsignal 51 über die Busleitung BL.
[0045] Die Steuereinheit überwacht also die Verriegelungsgruppe. Die Steuereinheit nimmt
eine Nachbearbeitung der Protokolle vor: die Steuereinheit kann über den Datensatz
abfragen, welche Einschaltbeziehungen nicht vorkommen dürfen und erkennt Fehlansteuerungen
schon, bevor die Schaltsignale (Telegramme) an die Aktoren schickt.
1. Verfahren zur Steuerung von Schaltzuständen von zwei oder mehr Schützen einer Schaltanlage,
aufweisend folgende Schritte:
a) Bereitstellen eines Bussystems, welches als durch eine Busleitung miteinander verbundene
Teilnehmer des Bussystems eine Steuereinheit und durch die Steuereinheit steuerbare
Aktoren aufweist, wobei den Schützen die Rolle von Aktoren des Bussystems zugewiesen
wird;
b) Bereitstellen eines Datensatzes in dem Bussystem, wobei der Datensatz Informationen
enthält, welche der Schaltkonstellationen, die aus möglichen Schaltzuständen der Schütze
gebildet werden können, als zulässig bzw. unzulässig definiert sind;
c) Prüfen, im Fall eines anstehendes Schaltsignals der Steuereinheit, zu welcher zukünftigen
Schaltkonstellation das Schaltsignal ausgehend von einer gegenwärtigen Schaltkonstellation
führen würde; und
d) Verwerfen des Schaltsignals, falls es eine unzulässige Schaltkonstellation zur
Folge hätte.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
- Ermitteln einer gegenwärtigen Schaltkonstellation durch ein Schütz, bei dem ein
an ihn adressiertes Schaltsignal der Steuereinheit eintrifft, indem es die gegenwärtigen
Schaltzustände der anderen in dem Datensatz genannten Schütze bei diesen Schützen
abfragt; und
- Ausführen des Schaltsignals durch das adressierte Schütz, falls eine aus dem Schaltsignal
resultierende Schaltkonstellation zulässig ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1,
- Mithören, durch die Schütze, der Schaltsignale der Steuereinheit, die an die jeweils
anderen in dem Datensatz genannten Schütze adressiert sind;
- Ermitteln einer gegenwärtigen Schaltkonstellation durch ein Schütz, bei dem ein
an ihn adressiertes Schaltsignal der Steuereinheit eintrifft, auf Basis mitgehörter
Schaltsignale;
- Ausführen des Schaltsignals durch das adressierte Schütz, falls eine daraus resultierende
Schaltkonstellation der Schütze zulässig ist.
4. Verfahren nach Anspruch 1,
- Ermitteln einer gegenwärtigen Schaltkonstellation durch die Steuereinheit, bei der
ein Schaltsignal ansteht, auf Basis früherer ausgeführter Schaltsignale der Steuereinheit;
und
- Verwerfen eines Schaltsignals durch die Steuereinheit, falls es eine unzulässige
Schaltkonstellation zur Folge hätte.
5. Verfahren nach Anspruch 2,
wobei das Abfragen mittels eines Bus-Telegramms erfolgt, das einen Datenquerverkehr
zwischen den Aktoren erlaubt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 oder 3,
wobei das adressierte Schütz, falls eine aus dem Schaltsignal resultierende Schaltkonstellation
der Schütze unzulässig ist, eine Fehlermeldung an die Steuereinheit sendet.
7. Computerprogramm zur Ausführung in einem Bussystem, welches
- zwei oder mehr Schütze, denen die Rolle von Aktoren des Bussystems zugewiesen ist,
- eine Steuereinheit zur Steuerung der Aktoren,
- eine Busleitung, mit der die Schütze und die Steuereinheit zur Kommunikation verbunden
sind, und
- einen Datensatz, enthaltend Informationen, welche der Schaltkonstellationen, die
aus möglichen Schaltzuständen der Schütze gebildet werden können, als zulässig bzw.
unzulässig definiert sind,
aufweist,
wobei die Schütze und/oder die Steuereinheit dazu ausgebildet sind, die Schritte c)
und d) nach Anspruch 1 auszuführen.
8. Computerlesbares Medium, auf dem das Computerprogramm nach Anspruch 7 gespeichert
ist.
9. Bussystem, aufweisend
- zwei oder mehr Schütze, denen die Rolle von Aktoren des Bussystems zugewiesen ist,
- eine Steuereinheit zur Steuerung der Aktoren,
- eine Busleitung, mit der die Schütze und die Steuereinheit zur Kommunikation verbunden
sind,
- einen Datensatz, enthaltend Informationen, welche der Schaltkonstellationen, die
aus möglichen Schaltzuständen der Schütze gebildet werden können, als zulässig bzw.
unzulässig definiert sind,
wobei die Schütze und/oder die Steuereinheit dazu ausgebildet sind, im Fall eines
anstehendes Schaltsignals der Steuereinheit zu prüfen, zu welcher zukünftigen Schaltkonstellation
das Schaltsignal ausgehend von einer gegenwärtigen Schaltkonstellation führen würde
und das Schaltsignal zu verwerfen, falls es eine unzulässige Schaltkonstellation zur
Folge hätte.