[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines binauralen Hörsystems mit
einem ersten Hörinstrument und einem zweiten Hörinstrument, wobei aus einem Umgebungsschall
durch einen elektroakustischen ersten Eingangswandler des ersten Hörinstruments ein
erstes Eingangssignal erzeugt wird, und durch einen elektroakustischen zweiten Eingangswandler
des zweiten Hörinstruments ein zweites Eingangssignal erzeugt wird, wobei anhand des
ersten Eingangssignals ein erster instantaner Verstärkungsparameter ermittelt wird,
und anhand des zweiten Eingangssignals ein zweiter instantaner Verstärkungsparameter
ermittelt wird.
[0002] In einem Hörinstrument wird ein Umgebungsschall mittels wenigstens eines elektroakustischen
Eingangswandlers (wie z.B. einem Mikrofon) in ein Eingangssignal umgewandelt, welches
frequenzbandweise verarbeitet und dabei auch verstärkt wird. Dies kann z.B. in einem
Hörgerät "im engeren Sinn" erfolgen, um eine Hörschwäche eines Trägers zu korrigieren,
indem die frequenzbandweise Verarbeitung des Eingangssignals individuell auf die audiologischen
Anforderungen des Trägers abgestimmt wird. Aber auch andere Hörinstrumente können
zur Unterstützung des Trägers im Alltag besagte Funktionen aufweisen.
[0003] Das verarbeitete Eingangssignal wird über einen Ausgangswandler des Hörinstruments
in ein Ausgangsschallsignal umgewandelt, welches zum Gehör des Trägers geleitet wird.
Im Rahmen der Signalverarbeitung wird dabei auf das Eingangssignal oder auf ein bereits
vorverarbeitetes Zwischensignal oftmals eine automatische Lautstärkenregelung ("automatic
gain control", AGC) und auch eine Dynamik-Kompression angewandt, bei welcher das Eingangssignal
meist nur bis zu einem bestimmten Grenzwert linear verstärkt wird, und oberhalb des
Grenzwertes eine geringere Verstärkung angewandt wird, um dadurch Pegelspitzen des
Eingangssignals auszugleichen. Dies soll insbesondere verhindern, dass plötzliche,
laute Schallereignisse durch die zusätzliche Verstärkung im Hörgerät zu einem für
den Träger zu lauten Ausgangsschallsignal führen.
[0004] Bei einem binauralen Hörsystem mit zwei einzelnen Hörinstrumenten (am linken bzw.
am rechten Ohr zu tragen) führt die Kompression in den einzelnen Hörinstrumenten jedoch
dazu, dass ein Schallsignal einer leicht seitlichen Schallquelle unterschiedlich stark
verstärkt wird. Insbesondere können dabei auch Störgeräusche im jeweiligen Halbraum
(also rechts bzw. links) dazu führen, dass das lokale Eingangssignal des jeweiligen
Hörinstruments durch die AGC stärker komprimiert und somit weniger verstärkt wird.
Dies kann zu einem Verlust der natürlichen interauralen Pegeldifferenzen führen, welche
für die korrekte Lokalisation von Schallquellen erforderlich sind. Im Ergebnis wird
also ggf. vom Träger des binauralen Hörsystems eine Schallquelle akustisch an einem
anderen Ort als dem wahrgenommen, an welchem der Träger die Quelle sieht.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Signalverarbeitung in
einem binauralen Hörsystem anzugeben, welches insbesondere in Verbindung mit AGC und
Dynamik-Kompression eine korrekte akustische Lokalisation von Schallquellen ermöglicht.
[0006] Die genannte Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb
eines binauralen Hörsystems mit einem ersten Hörinstrument und einem zweiten Hörinstrument,
wobei aus einem Umgebungsschall durch einen elektroakustischen ersten Eingangswandler
des ersten Hörinstruments ein erstes Eingangssignal erzeugt wird, und durch einen
elektroakustischen zweiten Eingangswandler des zweiten Hörinstruments ein zweites
Eingangssignal erzeugt wird, und wobei anhand des ersten Eingangssignals ein erster
instantaner Verstärkungsparameter ermittelt wird, und anhand des zweiten Eingangssignals
ein zweiter instantaner Verstärkungsparameter ermittelt wird.
[0007] Verfahrensgemäß ist dabei vorgesehen, dass ein erster Parameter einer AGC für das
erste Eingangssignal und/oder ein zweiter Parameter einer AGC für das zweite Eingangssignal
dahingehend angepasst wird, dass infolge der besagten Anpassung eine Differenz zwischen
dem ersten und dem zweiten instantanen Verstärkungsparameter verringert wird, und
im ersten bzw. zweiten Hörinstrument eine Signalverarbeitung des ersten bzw. zweiten
Eingangssignals mit dem derart angepassten ersten bzw. zweiten Parameter der AGC erfolgt.
Vorteilhafte und teils für sich gesehen erfinderische Ausgestaltungen sind Gegenstand
der Unteransprüche und der nachfolgenden Beschreibung.
[0008] Das erste und das zweite Hörinstrument sind dabei vom Träger im bestimmungsgemäßen
Betrieb des binauralen Hörsystems am linken und am rechten Ohr zu tragen (ohne dass
hierdurch eine zwingende Zuordnung des ersten bzw. zweiten Hörinstruments zu einem
bestimmten Ohr erfolgt).
[0009] Als ein Hörinstrument ist hierbei generell jedwede Vorrichtung umfasst, welche dazu
eingerichtet ist, aus einem Umgebungsschall ein elektrisches Eingangssignal zu erzeugen,
und durch entsprechende Verarbeitung hieraus ein Ausgangssignal zu erzeugen, welches
wiederum durch einen Ausgangswandler in ein Ausgangsschallsignal umgewandelt wird.
Das besagte Ausgangsschallsignal wird dabei einem Gehör des Trägers dieser Vorrichtung
zugeführt. Insbesondere ist ein Hörinstrument gegeben als ein Kopfhörer (z.B. als
"Earplug"), ein Headset, eine Datenbrille mit Lautsprecher, etc. Als ein Hörinstrument
ist aber auch ein Hörgerät im engeren Sinne umfasst, also ein Gerät zur Versorgung
einer Hörschwäche des Trägers, in welchem ein aus einem Umgebungssignal mittels eines
Mikrofons erzeugtes Eingangssignal zu einem Ausgangssignal verarbeitet und dabei insbesondere
frequenzbandabhängig verstärkt wird, und ein aus dem Ausganssignal mittels eines Lautsprechers
o.ä. erzeugtes Ausgangsschallsignal dazu geeignet ist, insbesondere benutzerspezifisch
die Hörschwäche des Trägers zumindest teilweise zu kompensieren.
[0010] Unter einem elektroakustischer Eingangswandler ist hierbei insbesondere ein solcher
Wandler umfasst, welcher dazu eingerichtet ist, aus dem Umgebungsschall ein entsprechendes
elektrisches Signal zu erzeugen. Insbesondere kann bei der Erzeugung des ersten bzw.
zweiten Eingangssignals durch den jeweiligen Eingangswandler auch eine Vorverarbeitung
erfolgen, z.B. in Form einer linearen Vorverstärkung und/oder einer A/D-Konvertierung.
Das entsprechend erzeugte Eingangssignal ist dabei insbesondere durch ein elektrisches
Signal gegeben, dessen Strom- und/oder Spannungsschwankungen im Wesentlichen die Schalldruck-Schwankungen
der Luft repräsentieren.
[0011] Der erste und der zweite instantane Verstärkungsparameter sind dabei bevorzugt so
zu ermitteln, dass Pegelspitzen des Umgebungsschalls im jeweiligen ersten bzw. zweiten
Eingangssignal abgeschwächt werden, und dadurch insbesondere ein Übersteuern vermieden
wird, sowie besonders bevorzugt leise Schallereignisse im Umgebungsschall angehoben
werden. Insbesondere können die instantanen Verstärkungsparameter anhand einer AGC,
bspw. mittels einer entsprechenden Kompressionskennlinie, ermittelt werden.
[0012] Der erste bzw. der zweite anzupassende Parameter der AGC können direkt durch ersten
und zweiten instantanen Verstärkungsparameter gegeben sein; in diesem Fall kann die
Differenz direkt durch die Anpassung verringert werden, indem z.B. die instantanen
Verstärkungsparameter aneinander angeglichen werden.
[0013] Als erster bzw. zweiter Parameter der AGC kann jedoch auch ein Kompressionsverhältnis,
ein Kniepunkt einer Kompressionskennlinie, eine Attack-Zeit und/oder eine Release-Zeit
einer Kompression angepasst werden. In diesem Fall bewirkt die Anpassung bevorzugt,
dass bei einer Neuberechnung der instantanen Verstärkungsparameter auf Basis der gemäß
der angepassten AGC verarbeiteten Eingangssignale eine geringere Differenz der instantanen
Verstärkungsparameter vorliegt. Dies umfasst insbesondere, dass natürliche Lautstärkenunterschiede
im Umgebungsschall an beiden Seiten des binauralen Hörsystems, welche entsprechend
in den beiden Eingangssignalen repräsentiert sind, stärker erhalten bleiben. Insbesondere
kann dabei lediglich der erste Parameter der AGC angepasst werden, oder auch der erste
und der zweite Parameter der AGC angepasst werden, und zwar im letztgenannten Fall
bevorzugt unter einer "Bewegung" der beiden Parameter aufeinander zu.
[0014] Die Anpassung des ersten bzw. zweiten Parameters der AGC kann dabei insbesondere
dadurch erfolgen, dass das Eingangssignal des jeweils anderen Hörinstrumentes - oder
ein hiervon abgeleitetes Übertragungssignal (welches ggf. eine geringere Sample-Rate
und/oder einen geringeren Dynamik-Bereich als das betreffende Eingangssignal aufweist
und/oder nur einige Frequenzbänder des Eingangssignals enthält) - zum "lokalen" Hörinstrument
übertragen wird, und in einem Hörinstrument anhand beider Eingangssignale - also des
"lokalen" und des "abseitigen" (des anderen Hörinstruments) - beide instantanen Verstärkungsparameter
und entsprechend die Anpassung des betreffenden Parameters der AGC (oder beider Parameter)
ermittelt wird.
[0015] Die Anpassung des ersten bzw. zweiten Parameters der AGC kann jedoch auch dadurch
erfolgen, dass lokal in jedem Hörinstrument anhand des lokalen Eingangssignals der
jeweilige instantane Verstärkungsparameter ermittelt werden, und lediglich dieser
an das jeweils andere Hörinstrument übertragen wird, dann anhand beider instantaner
Verstärkungsparameter in wenigstens einem der Hörinstrumente die Anpassung des lokalen
Parameters der AGC vorgenommen wird.
[0016] Die Anpassung des ersten bzw. zweiten Parameters der AGC erfolgt dabei jeweils im
betreffenden Hörinstrument, vorzugsweise anhand von vorab für beide Hörinstrumente
identisch festgelegten Vorschriften, also insbesondere in Abhängigkeit der beiden
instantanen Verstärkungsparameter und ggf. noch weiterer Variablen, wobei durch die
Vorschrift vorab festgelegt ist, auf welche Weise in welchem der Hörinstrumente der
jeweilige Parameter der AGC anzupassen ist, und in welcher Weise (also z.B. durch
ein Absenken oder durch ein Anheben).
[0017] Durch besagte Anpassung entweder des ersten oder des zweiten Parameters der AGC oder
beider Parameter wird bewirkt, dass natürliche Lautstärkendifferenzen im Umgebungsschall
besser erhalten bleiben. Dies kann z.B. durch eine Angleichung der beiden Parameter
aneinander erfolgen, insbesondere im Fall eines Pegel-bezogenen Parameters der AGC
wie einem Kompressionsverhältnis oder eines instantanen Verstärkungsparameters (oder
auch einem Kniepunkt der Kompressionskennlinie). Dieser Sachverhalt spiegelt sich
darin wider, dass die Differenz der instantanen Verstärkungsparameter - wenn diese
anhand der mit den angepassten Parametern der AGC verarbeiteten Eingangssignale neu
berechnet werden - sich verringert. Diese verringerte Differenz der Lautstärken erlaubt
nun, anhand von Ausgangssignalen, welche jeweils anhand der mit den angepassten Parametern
der AGC aus dem jeweiligen Eingangssignal im betreffenden Hörinstrument erzeugt wurden,
eine deutlich verbesserte akustische Lokalisierung von Schallquellen, da die unterschiedliche
Kompression, welche interaurale Pegeldifferenzen verzerrt, zumindest teilweise aufgehoben
werden kann.
[0018] Als vorteilhaft erweist es sich dabei, wenn anhand des ersten Eingangssignals und
anhand des zweiten Eingangssignals eine Richtung einer Schallquelle des Umgebungsschalls
wenigstens näherungsweise bestimmt wird, und die Anpassung des ersten bzw. zweiten
Parameters der AGC auch anhand der ermittelten Richtung der Schallquelle erfolgt.
Hierbei kann z.B. die Richtung der Schallquelle bis auf einige Grad (z.B. +/- 5° oder
+/- 10°) genau bestimmt werden, und die anhand der beiden instantanen Verstärkungsparameter
vorgesehene bzw. als erforderlich erachtete Anpassung des jeweiligen Parameters der
AGC umso stärker ausfallen, je näher die Schallquelle an einer Frontalrichtung des
Trägers liegt (die Frontalrichtung liegt im bestimmungsgemäßen Gebrauch des binauralen
Hörsystems in der Symmetrieebene zwischen den beiden Hörinstrumenten). Je weiter die
Schallquelle in lateraler Richtung liegt, umso leichter ist sie anhand der interauralen
Pegeldifferenzen lokalisierbar, sodass die Anpassung der AGC auf beiden Seiten ggf.
zugunsten eines sanfteren Klangbildes abgeschwächt werden kann.
[0019] Bevorzugt kann die Bestimmung der Richtung der Schallquelle mit einer Analyse hinsichtlich
eines Nutzschallsignals verbunden sein, d.h., insbesondere in einer Situation mit
mehreren Schallquellen (von denen ggf. einige gerichtet sein können) kann eine Analyse
dahingehend erfolgen, welches Schallsignal der einzelnen Schallquellen als ein Nutzschallsignal
(bspw. ein Sprachsignal) zu betrachten ist, sodass für dieses Nutzschallsignal die
Richtung der Schallquelle näherungsweise bestimmt wird. Das Erkennen des Nutzschallsignals
kann dabei insbesondere anhand einer Analyse einer Modulation und/oder einer Analyse
spektraler Beiträge des ersten und/oder des zweiten Eingangssignals erfolgen.
[0020] Günstigerweise wird dabei für die näherungsweise Bestimmung der Richtung der Schallquelle
ein Fokus-Halbraum ermittelt, welcher die Schallquelle enthält, und ein dem Fokus-Halbraum
abgewandter Hintergrund-Halbraum, wobei der Fokus-Halbraum und der Hintergrund-Halbraum
bezüglich der besagten Symmetrieebene des binauralen Hörsystems (im bestimmungsgemäßen
Betrieb) definiert sind, und wobei für die Anpassung des ersten bzw. zweiten Parameters
der AGC insbesondere auch der entsprechende erste bzw. zweite instantane Verstärkungsparameter
des Fokus-Halbraums und/oder ein Signalpegel im Fokus-Halbraum herangezogen wird.
[0021] Mit anderen Worten wird die Richtung der Schallquelle nur hinsichtlich des lateralen
Halbraums bestimmt, in welchem die Schallquelle liegt. Die beiden Halbräume werden
dabei bzgl. der Symmetrieebene der Hörinstrumente (wie sie im bestimmungsgemäßen Betrieb
zu tragen sind) definiert, wobei der Halbraum der Schallquelle als Fokus-Halbraum
bezeichnet wird, und der verbleibende Halbraum als Hintergrund-Halbraum. Die Anpassung
des ersten bzw. zweiten Parameters der AGC, und damit also die Abstimmung der Signalverarbeitung
der Dynamik in beiden Hörinstrumenten, erfolgt dann abhängig vom Signalpegel und/oder
vom instantanen Verstärkungsparameter im Halbraum, in welchem die Schallquelle liegt
(also im Fokus-Halbraum). Im Fall, dass der Schallpegel im Fokus-Halbraum höher ist
als der Schallpegel im Hintergrund-Halbraum, kann hierdurch etwa festgelegt werden,
in welcher Weise Verstärkungsparameter noch weiter angehoben werden können, bzw. ob
insbesondere der instantane Verstärkungsparameter des Fokus-Halbraums (oder ein dortiges
Kompressionsverhältnis) für die Anpassung anzuheben ist.
[0022] In einer vorteilhaften Ausgestaltung wird für die Anpassung des ersten bzw. zweiten
Parameters der automatischen Verstärkungsregelung ein erster Korrekturparameter und/oder
ein zweiter Korrekturparameter ermittelt, wobei ein angepasster erster bzw. zweiter
Parameter anhand einer konvexen Kombination des ersten Parameters mit dem ersten Korrekturparameter
bzw. des zweiten Parameters mit dem zweiten Korrekturparameter gebildet wird. Der
erste Korrekturparameter bzw. der zweite Korrekturparameter entspricht bevorzugt einer
vollständigen "einseitigen" Anpassung des jeweiligen Parameters, d.h., es wird beispielsweise
für den ersten Parameter der AGC, in Abhängigkeit der beiden instantanen Verstärkungsparameter
und ggf. einer Richtung einer Schallquelle und/oder eines Signalpegels (s.o.), ein
Parameterwert ermittelt, welchen der erste Parameter bevorzugt einnehmen sollte, um
eine Anpassung der Signalverarbeitung hinsichtlich der Erhaltung der interauralen
Pegeldifferenzen lediglich über den ersten Parameter zu bewirken. Dieser Parameterwert,
der erste Korrekturparameter PC1, kann dann entweder direkt für die Signalverarbeitung
verwendet werden, oder mit dem ursprünglichen Wert P1 des ersten Parameters (welcher
gemäß dem ersten instantanen Verstärkungsparameter festgelegt wurde), konvex kombiniert
werden, um den letztendlich in der Signalverarbeitung verwendeten Parameterwert Pout1
des ersten Parameters zu erhalten, also
(i)

Vergleichbares kann insbesondere auch für den zweiten Parameter erfolgen, also
(i`)

dem zweiten Korrekturparameter PC2, dem ursprünglichen Wert des zweiten Parameters
P2, und dem abschließend verwendeten Wert Pout2 des zweite Parameters.
[0023] Die hier beschriebene "stetige" Variation der Anpassung kann dabei einerseits für
jedes Hörinstrument unabhängig erfolgen. Dies kann in vorteilhafter Weise auch in
zusätzlicher Abhängigkeit von einem ermittelten Sprachinhalt in den Eingangssignalen
erfolgen. Wird ein hoher Sprachanteil in einem der Eingangssignale ermittelt, so kann
ein hoher Grad an Modifikation des ersten (und ggf. des zweiten) Parameters für die
Anpassung erfolgen (w1 und ggf. w2 wird dann nahe bei 1 gewählt), da eine Lokalisierung
der Sprachquelle als wichtig erachtet wird.
[0024] Andererseits kann, insbesondere durch eine funktionale Verknüpfung der Gewichtungsfaktoren
w1, w2, auch eine Verbindung zwischen den Anpassungen auf beiden Seiten hergestellt
werden, also als w2 = f (w1), insbesondere w2 = 1 - w1. In diesem Fall wird eine Anpassung
des Parameters auf einer Seite umso stärker durchgeführt, umso schwächer sie auf der
anderen Seite erfolgt.
[0025] Dieses Vorgehen ist insbesondere in Kombination mit der Ermittlung von Fokus- und
Hintergrund-Halbraum (und entsprechendem Signalpegel des Fokus-Halbraums) vorteilhaft,
da der Gesamtumfang der Anpassung abhängig von der Signallautstärke im Fokus-Halbraum
auf beide Seiten verteilt werden kann.
[0026] Günstigerweise wird das erste Eingangssignal oder ein hiervon abgeleitetes erstes
Übertragungssignal vom ersten Hörinstrument an das zweite Hörinstrument übertragen,
wobei der erste und der zweite instantane Verstärkungsparameter lokal im zweiten Hörinstrument
ermittelt werden, und wobei in Abhängigkeit des ersten und des zweiten instantanen
Verstärkungsparameters im zweiten Hörinstrument der zweite Parameter der automatischen
Verstärkungsregelung zur Signalverarbeitung des zweiten Eingangssignals angepasst
wird. Dieses Vorgehen ist besonders vorteilhaft, wenn nicht nur die beiden instantanen
Verstärkungsparameter, sondern beispielsweise auch die Richtung einer Schallquelle
für die Anpassung herangezogen werden soll.
[0027] Bevorzugt wird auch das zweite Eingangssignal oder ein hiervon abgeleitetes zweites
Übertragungssignal vom zweiten Hörinstrument an das erste Hörinstrument übertragen,
wobei der beide instantanen Verstärkungsparameter lokal im ersten Hörinstrument ermittelt
werden, und wobei in Abhängigkeit der beiden instantanen Verstärkungsparameters im
ersten Hörinstrument der erste Parameter der automatischen Verstärkungsregelung zur
Signalverarbeitung des ersten Eingangssignals angepasst wird.
[0028] Günstigerweise wird dabei für das lokale Ermitteln des ersten und des zweiten instantanen
Verstärkungsparameters im zweiten (bzw. auch im ersten) Hörinstrument jeweils ein
eigens dedizierter, fest verdrahteter Schaltkreis verwendet wird. Dies bedeutet insbesondere,
dass der erste instantane Verstärkungsparameter auf einer eigens zugewiesenen Hardware-Schaltung
(z.B. einer ASIC) des betreffenden Hörinstruments ermittelt wird, und der zweite instantane
Verstärkungsparameter auf einer weiteren Hardware-Schaltung desselben Hörinstruments.
Manche Hörinstrumente weisen von sich aus bereits zwei derartige, eigens dedizierte
Schaltkreise auf, wobei der eine Schaltkreis für eine AGC der im Hörinstrument erzeugten
Audiosignale vorgesehen ist, und der andere Schaltkreis für eine AGC eines Streaming-Signals,
welches das Hörinstrument z.B. von einem Multimedia-Gerät, oder auch von einem Telefon
o.ä. empfängt. In diesem Fall kann bspw. eine für das ursprünglich für das Streaming-Signal
vorgesehene AGC-ASIC im zweiten Hörinstrument dazu verwendet werden, den ersten instantanen
Verstärkungsparameter zu ermitteln.
[0029] Das Verfahren wird bevorzugt frequenzbandweise angewandt, d.h., die AGC wird in jedem
Hörinstrument für jedes Frequenzband getrennt durchgeführt, und entsprechend erfolgt
auch die verfahrensgemäße Anpassung des betreffenden ersten bzw. zweiten Parameters
der AGC für einzelne Frequenzbänder getrennt. Hierbei kann die besagte Anpassung jedoch
auch auf einzelne Frequenzbänder oder insbesondere auch einen zusammenhängenden Frequenzbereich
(welcher etwa für die interauralen Pegeldifferenzen zur Lokalisierung besonders wichtig
ist) aus mehreren Frequenzbändern beschränkt werden. Dies erlaubt auch eine energieeffiziente
Umsetzung des Verfahrens (insbesondere hinsichtlich der Batterieleistung). In diesem
Fall werden bevorzugt als erstes Übertragungssignal nur niedere Frequenzbänder (im
besagten Frequenzbereich) des ersten Eingangssignals an das zweite Hörinstrument übertragen,
wodurch die Energieeffizienz weiter verbessert wird.
[0030] Die Erfindung nennt weiter ein binaurales Hörsystem mit einem ersten Hörinstrument
und einem zweiten Hörinstrument, wobei das binaurale Hörsystem zur Durchführung des
vorbeschriebenen Verfahrens eingerichtet ist. Das erfindungsgemäße binaurale Hörsystem
teilt die Vorzüge des erfindungsgemäßen Verfahrens. Die für das Verfahren und für
seine Weiterbildungen angegebenen Vorteile können dabei sinngemäß auf das binaurale
Hörsystem übertragen werden.
[0031] Bevorzugt weisen für die Durchführung des Verfahrens das erste und das zweite Hörinstrument
jeweils einen ersten bzw. zweiten Eingangswandler zur Erzeugung des ersten bzw. zweiten
Eingangssignals des Verfahrens auf. Bevorzugt weist das binaurale Hörsystem in wenigstens
einem der Hörinstrumente eine Signalverarbeitungseinheit zur Durchführung der Signalverarbeitungsschritte
des Verfahrens auf, welche insbesondere wenigstens einen Signalprozessor umfasst.
Besonders bevorzugt weisen beide Hörinstrumente jeweils eine derartige Signalverarbeitungseinheit
auf.
[0032] Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand von Zeichnungen näher
erläutert. Hierbei zeigen jeweils schematisch:
- Fig. 1a
- in einer Draufsicht eine Gesprächssituation,
- Fig. 1b
- in einer Draufsicht die Wirkung von Dynamik-Kompression im binauralen Hörsystem auf
die räumliche Hörwahrnehmung der Gesprächssituation nach Fig. 1a durch den Träger,
und
- Fig. 2
- in einem Blockdiagramm den Ablauf eines Verfahrens für ein binaurales Hörsystem zur
Verbesserung der räumlichen Hörwahrnehmung.
[0033] Einander entsprechende Teile und Größen sind in allen Figuren jeweils mit denselben
Bezugszeichen versehen.
[0034] In Fig. 1a ist schematisch in einer Draufsicht eine Gesprächssituation dargestellt,
in welcher eine erste Person 1 sich mit einer zur ersten Person 1 frontal befindlichen
zweiten Person 2 (und dieser zugewandt) unterhält. Dabei befindet sich schräg hinter
der ersten Person 1 noch eine dritte Person 3, welche ggf. auch Dinge äußert oder
einwirft, aber nicht am Gespräch zwischen der ersten Person 1 und der zweiten Person
2 teilnimmt. Die dritte Person 3 könnte für die nachfolgenden Erklärungen auch durch
eine andere wie auch immer geartete, gerichtete Störgeräuschquelle ersetzt werden.
[0035] In Fig. 1b ist schematisch in einer Draufsicht die Gesprächssituation nach Fig. 1a
dargestellt. Die erste Person 1 ist hierbei gegeben durch einen Träger 5 eines binauralen
Hörsystems 10 nach Stand der Technik, welches eine erstes Hörinstrument 11 und ein
zweites Hörinstrument 12 umfasst. Insbesondere können dabei die Hörinstrumente 11,
12 jeweils durch ein Hörgerät ("im engeren Sinn") gegeben sein. Die zweite Person
2 ist gemäß der Gesprächssituation nach Fig. 1a gleichzeitig ein Gesprächspartner
6 des Trägers 5. Die dritte Person 3 ist im Zusammenhang der Gesprächssituation zwischen
dem Träger 5 und seinem Gesprächspartner 6 als eine Störquelle 7 anzusehen.
[0036] In Hörinstrumenten wird üblicherweise eine Dynamik-Kompression auf die Eingangssignale
angewandt, um den Dynamikbereich, welcher durch die Mikrofone der Hörinstrumente grundsätzlich
auflösbar ist (also vom minimal registrierbaren Schallpegel bis zum Übersteuern) auf
einen für den Träger akzeptablen und vorzugsweise angenehmen Bereich abzubilden. Die
Untergrenze für diesen Bereich ist dann vorzugsweise gegeben durch die Hörschwelle
des Trägers, und die Obergrenze des Bereichs ist bevorzugt gegeben durch die Unbehaglichkeitsschwelle.
Hierdurch soll insbesondere für alle möglichen bzw. realistisch erwartbaren Eingangspegel
an den Mikrofonen eine jeweils optimale Verstärkung (bzw. Abschwächung) sichergestellt
werden.
[0037] Im binauralen Hörsystem 10 nach Fig. 1b wird die beschriebene Dynamik-Kompression
in beiden Hörinstrumenten 11, 12 unabhängig voneinander angewandt, d.h., für jedes
der beiden Hörinstrumente 11, 12 ermittelt eine AGC jeweils einen optimalen Verstärkungsfaktor
für das zugehörige Eingangssignal. Dieser Verstärkungsfaktor ist üblicherweise für
beide Hörinstrumente 11, 12 unterschiedlich, da z.B. am vorliegend vom Träger 5 an
seinem rechten Ohr getragenen zweiten Hörinstrument 12 infolge der Störquelle 7 ein
höherer Schallpegel verzeichnet wird, als am ersten Hörinstrument 11 (welches vorliegend
vom Träger 5 an seinem linken Ohr getragen wird, und somit die Störquelle 7 durch
den Kopf des Trägers 5 abgeschattet wird).
[0038] Bei einer Dynamik-Kompression wird einem höheren Schallpegel meist ein niedrigerer
Verstärkungsfaktor zugeordnet, als einem niedrigeren Schallpegel, wobei die Vorschrift
der Zuordnung bspw. anhand einer Kompressions-Kennlinie (welche die Relation Eingangspegel-Ausgangspegel
beschreibt) erfolgt. Dies bedeutet für die Gesprächssituation nach Fig. 1a bzw. 1b,
dass der Verstärkungsfaktor, welcher im ersten Hörinstrument 11 als ein erster instantaner
Verstärkungsparameter G1 für die Anwendung auf das dortige Eingangssignal (bzw. bei
mehreren auf die dortigen Eingangssignale) ermittelt wird, größer ist, als ein im
zweiten Hörinstrument 12 zur dortigen Anwendung ermittelter zweiter instantaner Verstärkungsparameter
G2.
[0039] Infolge der unterschiedlichen Verstärkung der Eingangssignale der beiden Hörinstrumente
11, 12 durch die instantanen Verstärkungsparameter G1, G2 werden also auch die Gesprächsbeiträge
des Gesprächspartners 6 in den beiden Hörinstrumenten 11, 12 unterschiedlich stark
verstärkt, und entsprechend auch für den Träger 5 unterschiedlich laut wiedergegeben.
Dies führt in der Wahrnehmung des Trägers dazu, dass die "linken" Beiträge des Gesprächspartners
6 (welche vom ersten Hörinstrument 11 aufgezeichnet und verarbeitet werden) infolge
von G1 > G2 lauter sind als die "rechten" Beiträge (welche vom zweiten Hörinstrument
12 aufgezeichnet und verarbeitet werden).
[0040] Hierdurch werden jedoch bei der entsprechenden Wiedergabe der Eingangssignale der
Hörinstrumente 11, 12 die interauralen Pegeldifferenzen verzerrt, welche vom Gehör
für die Lokalisierung von Schallquellen verwendet werden. Hierdurch kann auch die
Lokalisierung verzerrt werden, d.h., der Träger nimmt eine Schallquelle akustisch
ggf. an einem anderen Ort im Raum wahr als der tatsächlichen Position der Schallquelle.
[0041] Im vorliegenden Beispiel nach Fig. 1b wird also im Fall, dass die Störquelle 7 ein
lautes Geräusch abgibt, durch die Dynamik-Kompression infolge des erhöhten Schallpegels
der zweite instantane Verstärkungsfaktor G2 abgesenkt (verglichen mit dem Fall, dass
die Störquelle 7 still ist), es tritt also der oben beschriebene Fall G1 > G2 ein.
Da jedoch der Gesprächspartner 6 zum Träger 5 in Frontalrichtung 14 steht, und somit
seine Gesprächsbeiträge beim Träger 5 gleich laut ankommen, werden diese Gesprächsbeiträge
durch das vom Träger 5 links getragene erste Hörinstrument 11 lauter wiedergegeben
als durch das rechts getragene zweite Hörinstrument 12. In der Wahrnehmung des Trägers
5 wird diese "künstliche" Pegeldifferenz infolge der unterschiedlichen Verstärkung
als ein Abschattungseffekt und somit als eine interaurale Pegeldifferenz empfunden,
sodass der Gesprächspartner 6 nicht mehr in Frontalrichtung 14 "gehört" (also dort
wahrgenommen) wird, sondern in einer Richtung 15, welche von der Frontalrichtung 14
aus leicht nach links gedreht ist. In Fig. 1b ist dies schematisch anhand einer graphischen
Verschiebung des Gesprächspartners 6 (siehe dicker Pfeil) hin zur Richtung 15 illustriert.
[0042] Denselben Effekt können die unterschiedlichen Lautstärken infolge der unterschiedlichen
instantanen Verstärkungsparameter G1 > G2 auch auf andere Schallquellen in der Umgebung
des Trägers 5 haben. Dies gilt insbesondere auch für die Störquelle 7. In realistischen
Situationen kann eine solche Störquelle ggf. auch durch eine Gefahr für den Träger
5 gegeben sein (z.B. durch ein herannahendes Fahrzeug im Straßenverkehr), weswegen
eine räumlich verzerrte Wahrnehmung auch aus Sicherheitsgründen bedenklich ist.
[0043] Um das anhand von Fig. 1b beschriebene Problem zu beheben, wird für das binaurale
Hörsystem 10 ein Verfahren bereitgestellt, dessen Ablauf anhand von Fig. 2 in einem
Blockdiagramm gezeigt wird. Das erste Hörinstrument 11 weist einen elektroakustischen
ersten Eingangswandler M1 auf, welcher dazu eingerichtet ist, aus einem Umgebungsschall
18 ein erstes Eingangssignal E1 zu erzeugen, und welcher vorliegend durch ein Mikrofon
gegeben ist. Das erste Hörinstrument 11 kann dabei noch einen weiteren Eingangswandler
(nicht dargestellt) aufweisen, anhand dessen aus einem Umgebungsschall 18 ein weiteres
Eingangssignal erzeugt wird, sodass im Hörinstrument 11 eine direktionale Verarbeitung
der lokalen Eingangssignale erfolgen kann.
[0044] Das zweite Hörinstrument 12 weist einen elektroakustischen zweiten Eingangswandler
M2 auf, welcher dazu eingerichtet ist, aus dem Umgebungsschall 18 ein zweites Eingangssignal
E2 zu erzeugen, und welcher vorliegend ebenfalls durch ein Mikrofon gegeben ist. Auch
das zweite Hörinstrument 12 kann dabei für eine lokale direktionale Verarbeitung noch
einen weiteren Eingangswandler (nicht dargestellt) aufweisen.
[0045] Anhand des ersten Eingangssignals E1 wird ein erstes Übertragungssignal T1 erzeugt,
welches vom ersten Hörinstrument 11 an das zweite Hörinstrument 12 übertragen wird.
Das erste Übertragungssignal kann hierbei z.B. aus einem Frequenzbereich von zusammenhängenden
Frequenzbändern des dem ersten Eingangssignals E1 erzeugt werden. Im o.g. Fall einer
direktionalen Verarbeitung zweier Eingangssignale im ersten Hörinstrument 11 kann
das erste Übertragungssigna auch durch das resultierende Richtsignal (bzw. Frequenzbänder
desselben) gegeben sein. Das erste Übertragungssignal T1 kann aber auch direkt durch
das vollständige erste Eingangssignal E1 gegeben sein. In hierzu analoger Weise wird
anhand des zweiten Eingangssignals E2 ein zweites Übertragungssignal T2 erzeugt, welches
vom zweiten Hörinstrument 12 an das erste Hörinstrument 11 übertragen wird.
[0046] Im ersten Hörinstrument wird frequenzbandweise anhand des ersten Eingangssignals
E1 durch eine erste lokale AGC 21-L ein erster instantaner Verstärkungsparameter G1
für das erste Eingangssignal E1 ermittelt. Dieser ist bevorzugt so zu ermitteln, dass
für den im ersten Eingangssignal E1 repräsentierten Umgebungsschall 18 durch den ersten
instantanen Verstärkungsparameter G1 eine hinsichtlich des Dynamikbereiches des Hörinstrumentes
11 und des Gehörs des Trägers 5 optimale Verstärkung erreicht wird. Ebenso wird im
ersten Hörinstrument 11 lokal durch eine erste abseitige AGC 21 -R anhand des zweiten
Übertragungssignals T2 frequenzbandweise ein zweiter instantaner Verstärkungsparameter
G2 für das zweite Eingangssignal E2 nach denselben Regeln ermittelt, wie der erste
instantane Verstärkungsparameter G1 anhand des ersten Eingangssignals E1. Der zweite
instantane Verstärkungsparameter G2 bildet somit im jeweiligen Frequenzband hinsichtlich
der Dynamik und des Hörvermögens des Trägers 5 die optimale Verstärkung für das zweite
Eingangssignal E2.
[0047] Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Beispiel das zweite Eingangssignal
E2 zum zweiten Übertragungssignal T2 in den betreffenden Frequenzbändern (also in
denjenigen, in welchen T2 überhaupt von Null verschieden ist) identisch ist. Im nicht
dargestellten Fall je zweier Eingangssignale je Hörinstrument, welche lokal jeweils
zu entsprechenden Richtsignalen vorverarbeitet werden, treten an die Stelle der beiden
Eingangssignale E1, E2 bevorzugt die besagten, jeweils lokal erzeugten Richtsignale.
Dies bedeutet insbesondere, dass bevorzugt die instantanen Verstärkungsparameter G1,
G2 frequenzbandweise aus den entsprechenden Richtsignalen erzeugt (wobei insbesondere
auch das jeweilige Richtsignal, ggf. eingeschränkt auf einige Frequenzbänder desselben,
als Übertragungssignal dient).
[0048] In analoger Weise wird im zweiten Hörinstrument 12 frequenzbandweise durch eine zweite
lokale AGC 22-L aus dem zweiten Eingangssignal E2 der zweite instantane Verstärkungsparameter
G2 und durch eine zweite abseitige AGC 22-R aus dem ersten Übertragungssignal T1 der
erste instantane Verstärkungsparameter G1 ermittelt. Infolge der frequenzbandweise
identischen Signalanteile, welche in beiden Hörinstrumenten 11, 12 jeweils zur Ermittlung
des ersten bzw. zweiten instantanen Verstärkungsparameters G1, G2 verwendet werden,
sowie infolge der identischen Algorithmen in der lokalen ersten AGC 21-L und der abseitigen
zweiten AGC 22-R (sowie in der abseitigen ersten AGC 21-R und der lokalen zweiten
AGC 22-L) sind also in beiden Hörinstrumenten 11, 12 die jeweils ermittelten ersten
instantanen Verstärkungsparameter G1 identisch zueinander (und die jeweils ermittelten
zweiten instantanen Verstärkungsparameter G2 identisch zueinander).
[0049] Weiter wird nun in einer ersten Quellenbestimmung Q1 des ersten Hörinstrumentes 11
frequenzbandweise anhand des ersten Eingangssignals E1 und des zweiten Transmissionssignals
T2 wenigstens näherungsweise eine Richtung 25 einer Schallquelle 30 im Umgebungsschall
18 bestimmt. Diese näherungsweise Bestimmung kann dabei z.B. einen Polarwinkel (ggf.
auf 5°,10° o.ä. genau) der Schallquelle bezüglich der Frontalrichtung 14 ermitteln,
oder auch nur einen Halbraum bzgl. einer die Frontalrichtung 14 enthaltenden Symmetrieebene
28 des binauralen Hörsystems 10 ermitteln, in welchem die Schallquelle 30 liegt. Dieser
betreffende Halbraum sie hier als Fokus-Halbraum 31 bezeichnet. Analog dazu wird die
wenigstens näherungsweise Richtung 25 auch in einer zweiten Quellenbestimmung Q2 des
zweiten Hörinstrumentes 12 anhand des zweiten Eingangssignals E2 und des ersten Übertragungssignals
T1 frequenzbandweise ermittelt. Da hierfür im ersten und zweiten Hörinstrument 11,
12 jeweils dieselben Signalanteile in den Frequenzbändern verwendet werden (d.h.,
dass das jeweilige Eingangssignal E1 bzw. E2 zu seinem Transmissionssignal T1 bzw.
T2 in den verwendeten Frequenzbändern identisch ist), wird in beiden Quellenbestimmungen
Q1, Q2 die identische Richtung 25 ermittelt. Im nicht dargestellten Fall, dass in
jedem Hörinstrument 11, 12 zwei Eingangssignale vorliegen, welche jeweils lokal zu
entsprechenden Richtsignalen vorverarbeitet werden, werden bevorzugt der ersten bzw.
zweiten Quellbestimmung Q1, Q2 jeweils die frequenzbandweisen Richtsignale zugeführt.
[0050] Anhand der Richtung 25 wird dabei in jedem der beiden Hörinstrumente 11, 12 der Fokus-Halbraum
31 ermittelt, in welchem die Schallquelle 30 liegt (sofern dies nicht bereits durch
die näherungsweise Bestimmung der Richtung 25 erfolgt ist), sowie, sich hieraus ergebend,
der dem Fokus-Halbraum 31 gegenüber liegende Halbraum, welcher hier als Hintergrund-Halbraum
32 bezeichnet sein soll.
[0051] Anhand des ersten und zweiten instantanen Verstärkungsparameters G1, G2 sowie anhand
der Kenntnis des Fokus-Halbraums 31 wird nun im ersten Hörinstrument 11 eine erste
Anpassung 41 eines ersten Parameters P1 der AGC durchgeführt, welcher lokal im ersten
Hörinstrument 11 für die Signalverarbeitung verwendet wird (d.h., im vorliegenden
Ausführungsbeispiel wird im ersten Hörinstrument 11 kein "abseitiger" Parameter des
zweiten Hörinstrumentes 12 angepasst -). Zusätzlich oder alternativ dazu wird im zweiten
Hörinstrument 12 eine zweite Anpassung 42 eines zweiten Parameters P2 der AGC durchgeführt,
welcher lokal im ersten Hörinstrument 12 für die Signalverarbeitung verwendet wird.
[0052] Vorliegend ist der erste Parameter P1 gegeben durch den ersten instantanen Verstärkungsparameter
G1, und der zweite Parameter P2 durch den zweiten instantanen Verstärkungsparameter
G2. Für den Fall, dass etwa G1 < G2 ist (wenn z.B. die Schallquelle 30 im Fokus-Halbraum
31 infolge von Abschattungseffekten zu einem höheren Schallpegel führt, als im Hintergrund-Halbraum
32, und dort zudem keine übermäßig laute Störquelle vorhanden ist), kann bspw. die
Anpassung darin bestehen, für den zweiten Parameter P2 durch die zweite Anpassung
42 einfach den Wert des ersten instantanen Verstärkungsparameter G1 zu verwenden,
sodass die Verstärkung der Eingangssignale E1, E2 in beiden Hörinstrumenten 11, 12
gleich ist. Ein derartiges Absenken dämpft lediglich zusätzliche Hintergrundgeräusche
im Hintergrund-Halbraum 32 ab. Gilt umgekehrt G1 > G2 (z.B. infolge einer lauten Störquelle
im Hintergrund-Halbraum 32 bei gleichzeitigem Nutzsignal der Schallquelle 30), so
kann ein adaptives Angleichen der Parameter P1, P2 (also der beiden instantanen Verstärkungsparamete
G1, G2) in Abhängigkeit einer zusätzlichen Spracherkennung (nicht dargestellt) der
Eingangssignale E1, E2 (bzw. der Übertragungssignale T1, T2) erfolgen. In kurzen Signalabschnitten
(etwa Frames, oder sonstigen Time-Bins geeigneter Länge) mit Sprachanteilen kann die
Anpassung ggf. ausgesetzt werden, um zu verhindern, dass durch ein Anheben von G2
(Verstärkung des Rauschhintergrundes) oder ein Absenken von G1 (und damit des Sprachsignals)
das Sprachsignal unverständlich würde. Die Anpassung (z.B. durch Angleichung der instantanen
Verstärkungsparameter G1, G2 für die Werte der Parameter P1, P2) wird dann auf die
Fälle beschränkt, in denen kein Sprachsignal vorliegt.
[0053] Auch andere, vorbeschriebene Arten der Anpassungen - insbesondere beider Parameter
P1 und P2 gleichzeitig - können dabei durchgeführt werden.
[0054] Das erste Eingangssignal E1 wird dann im ersten Hörinstrument 11 mit dem entsprechend
angepassten ersten Parameter P1 zu einem zweiten Ausgangssignal Ou1 weiterverarbeitet,
das zweite Eingangssignal E2 im zweiten Hörinstrument 12 mit dem entsprechend angepassten
zweiten Parameter P2 zu einem zweiten Ausgangssignal Ou2(wobei, wie erwähnt, ggf.
die Anpassung nur auf einen der beiden Parameter eine nicht-triviale Wirkung hat).
Die beiden Ausgangssignale Ou1, Ou2 können dann noch weiteren, nicht näher dargestellten
Signalverarbeitungsschritten unterzogen werden (z.B. zusätzliche Unterdrückung von
Rauschen und/oder akustischer Rückkopplung o.ä.), und werden anschließend von einem
elektroakustischen ersten bzw. zweiten Ausgangswandler L1 bzw. L2 jeweils in ein erstes
bzw. zweites Ausgangsschallsignal 51 bzw. 52 umgewandelt.
[0055] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
Bezugszeichenliste
[0056]
- 1
- erste Person
- 2
- zweite Person
- 3
- dritte Person
- 5
- Träger (des binauralen Hörsystems)
- 6
- Gesprächspartner
- 7
- Störquelle
- 10
- binaurales Hörsystem
- 11
- erstes Hörinstrument
- 12
- zweites Hörinstrument
- 14
- Frontalrichtung
- 15
- Richtung
- 18
- Umgebungsschall
- 21-L/-R
- erste lokale bzw. abseitige AGC
- 22-L/-R
- zweite lokale bzw. abseitige AGC
- 25
- Richtung (der Schallquelle)
- 28
- Symmetrieebene
- 30
- Schallquelle
- 31
- Fokus-Halbraum
- 32
- Hintergrund-Halbraum
- 41
- erste Anpassung
- 42
- zweite Anpassung
- 51
- erstes Ausgangsschallsignal
- 52
- zweites Ausgangsschallsignal
- E1, E2
- erstes bzw. zweites Eingangssignal
- G1, G2
- erster bzw. zweiter instantaner Verstärkungsparameter
- L1, L2
- (elektroakustischer) erster bzw. zweiter Ausgangswandler
- M1, M2
- (elektroakustischer) erster bzw. zweiter Eingangswandler
- Ou1, Ou2
- erstes bzw. zweites Ausgangssignal
- P1, P2
- erster bzw. zweiter Parameter (einer AGC)
- Q1, Q2
- erste bzw. zweite Quellenbestimmung
- T1, T2
- erstes bzw. zweites Übertragungssignal
1. Verfahren zum Betrieb eines binauralen Hörsystems (10) mit einem ersten Hörinstrument
(11) und einem zweiten Hörinstrument (12),
wobei aus einem Umgebungsschall (18) durch einen elektroakustischen ersten Eingangswandler
(M1) des ersten Hörinstruments (11) ein erstes Eingangssignal (E1) erzeugt wird, und
durch einen elektroakustischen zweiten Eingangswandler (M2) des zweiten Hörinstruments
(12) ein zweites Eingangssignal (E2) erzeugt wird,
wobei anhand des ersten Eingangssignals (E1) ein erster instantaner Verstärkungsparameter
(G1) ermittelt wird, und anhand des zweiten Eingangssignals (E2) ein zweiter instantaner
Verstärkungsparameter (G2) ermittelt wird,
wobei ein erster Parameter (P1) einer automatischen Verstärkungsregelung für das erste
Eingangssignal (E1) und/oder ein zweiter Parameter (P2) einer automatischen Verstärkungsregelung
für das zweite Eingangssignal (E2) dahingehend angepasst wird, dass infolge der besagten
Anpassung (41, 42) eine Differenz zwischen dem ersten und dem zweiten instantanen
Verstärkungsparameter (G1, G2) verringert wird, und
wobei im ersten bzw. zweiten Hörinstrument (11, 12) eine Signalverarbeitung des ersten
bzw. zweiten Eingangssignals (E1, E2) mit dem derart angepassten ersten bzw. zweiten
Parameter (P1, P2) der automatischen Verstärkungsregelung erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
wobei als erster bzw. zweiter Parameter (P1, P2) der automatischen Verstärkungsregelung
der erste bzw. zweite instantane Verstärkungsparameter (G1, G2) angepasst wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder Anspruch 2,
wobei als erster bzw. zweiter Parameter (P1, P2) der automatischen Verstärkungsregelung
ein Kompressionsverhältnis und/oder ein Kniepunkt einer Kompressionskennlinie und/oder
eine Attack-Zeit und/oder eine Release-Zeit einer Kompression angepasst wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei anhand des ersten Eingangssignals (E1) und anhand des zweiten Eingangssignals
(E2) eine Richtung (25) einer Schallquelle (30) des Umgebungsschalls (18) wenigstens
näherungsweise bestimmt wird, und wobei die Anpassung (41, 42) des ersten bzw. zweiten
Parameters (P1, P2) der automatischen Verstärkungsregelung auch anhand der ermittelten
Richtung (25) der Schallquelle (30) erfolgt.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
wobei die Anpassung (41, 42) des ersten bzw. zweiten Parameters (P1, P2) der automatischen
Verstärkungsregelung umso stärker erfolgt, je näher die ermittelte Richtung (25) der
Schallquelle (30) bei einer Frontalrichtung des binauralen Hörsystems (10) liegt.
6. Verfahren nach Anspruch 4,
wobei für die näherungsweise Bestimmung der Richtung (25) der Schallquelle (30) ein
Fokus-Halbraum (31) ermittelt wird, welcher die Schallquelle (30) enthält, und ein
dem Fokus-Halbraum (31) abgewandter Hintergrund-Halbraum (32), wobei der Fokus-Halbraum
(31) und der Hintergrund-Halbraum (32) bezüglich einer Symmetrieebene (28) des binauralen
Hörsystems (10) definiert sind, und
wobei für die Anpassung (41, 42) des ersten bzw. zweiten Parameters (P1, P2) der automatischen
Verstärkungsregelung insbesondere auch der entsprechende erste bzw. zweite instantane
Verstärkungsparameter (G1, G2) des Fokus-Halbraums (31) bzw. ein Signalpegel im Fokus-Halbraum
(31) herangezogen wird.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei für die Anpassung (41, 42) des ersten bzw. zweiten Parameters (P1, P2) der automatischen
Verstärkungsregelung ein erster Korrekturparameter und/oder ein zweiter Korrekturparameter
ermittelt wird,
wobei ein angepasster erster bzw. zweiter Parameter (P1, P2) anhand einer konvexen
Kombination des ersten Parameters (P1) mit dem ersten Korrekturparameter bzw. des
zweiten Parameters (P2) mit dem zweiten Korrekturparameter gebildet wird.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei das erste Eingangssignal (E1) oder ein hiervon abgeleitetes erstes Übertragungssignal
(T1) vom ersten Hörinstrument (11) an das zweite Hörinstrument (12) übertragen wird,
wobei der erste und der zweite instantane Verstärkungsparameter (G1, G2) lokal im
zweiten Hörinstrument (12) ermittelt werden, und
wobei in Abhängigkeit des ersten und des zweiten instantanen Verstärkungsparameters
(G1, G2) im zweiten Hörinstrument (12) der zweite Parameter (P2) der automatischen
Verstärkungsregelung zur Signalverarbeitung des zweiten Eingangssignals (E2) angepasst
wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8,
wobei für das lokale Ermitteln des ersten und des zweiten instantanen Verstärkungsparameters
(G1, G2) im zweiten Hörinstrument (12) jeweils ein eigens dedizierter, fest verdrahteter
Schaltkreis verwendet wird.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei das Verfahren frequenzbandweise angewandt wird.
11. Verfahren nach Anspruch 10 in Verbindung mit einem der Ansprüche 8 oder 9,
wobei als erstes Übertragungssignal (T1) nur niedere Frequenzbänder des ersten Eingangssignals
(E1) an das zweite Hörinstrument (12) übertragen werden.
12. Binaurales Hörsystem (10) mit einem ersten Hörinstrument (11) und einem zweiten Hörinstrument
(12),
wobei das binaurale Hörsystem (10) zur Durchführung des Verfahrens nach einem der
vorhergehenden Ansprüche eingerichtet ist.