(19)
(11) EP 4 311 269 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.01.2024  Patentblatt  2024/04

(21) Anmeldenummer: 23183359.1

(22) Anmeldetag:  04.07.2023
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H04R 25/00(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
H04R 25/356; H04R 25/505; H04R 25/552; H04R 2430/01; H04R 2430/03
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 19.07.2022 DE 102022207373

(71) Anmelder: Sivantos Pte. Ltd.
Singapore 539775 (SG)

(72) Erfinder:
  • FISCHER, Eghart
    91058 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: FDST Patentanwälte 
Nordostpark 16
90411 Nürnberg
90411 Nürnberg (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM BETREIBEN EINES BINAURALEN HÖRGERÄTS, BINAURALES HÖRGERÄT UND COMPUTERPROGRAMM


(57) Verfahren zum Betreiben eines binauralen Hörgeräts (2) mit zwei Einzelgeräten (4a, 4b), wobei die Einzelgeräte (4a, 4b) jeweils mindestens einen Eingangswandler (10a, 10b) zur Aufnahme eines akustischen Signals und Wandlung in ein mehrkanaliges Eingangssignal (12a, 12b), eine Impulsschallunterdrückung (24a, 24b) zur Erzeugung einer Dämpfungskurve (28a, 28b) zur Reduzierung von Impulsschallsignalpegeln in dem Eingangssignal (12a, 12b), einen Verstärker (26a, 26b) zur mehrkanaligen Signalverstärkung des Eingangssignals (12a, 12b) und Erzeugung eines Ausgangssignals (16a, 16b) anhand der Dämpfungskurve (28a, 28b), einen Ausgangswandler (18a, 18b) zur Wandlung des Ausgangssignals (16a, 16b) in ein Schallsignal, und eine Sende- und Empfangseinheit (22a, 22b) zur signaltechnischen Kopplung zwischen den Einzelgeräten (4a, 4b) aufweisen, wobei in jedem Einzelgerät (4a, 4b) ein skalarer Begrenzungswert (34a, 34b) aus der jeweiligen Dämpfungskurve (28a, 28b) bestimmt wird, wobei die Begrenzungswerte (34a, 34b) an das jeweils andere Einzelgerät (4a, 4b) übermittelt werden, wobei aus den beiden Begrenzungswerten (34a, 34b) ein gemeinsamer Begrenzungswert (36) bestimmt wird, wobei die Dämpfungskurven (28a, 28b) mit dem gemeinsamen Begrenzungswert (36) begrenzt werden, und wobei die Signalverstärkung anhand der begrenzten Dämpfungskurven (28a', 28b') eingestellt werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines binauralen Hörgeräts mit zwei Einzelgeräten, wobei die Einzelgeräte jeweils mindestens einen Eingangswandler zur Aufnahme eines akustischen Signals und Wandlung in ein mehrkanaliges Eingangssignals, eine Impulsschallunterdrückung zur Erzeugung einer Dämpfungskurve zur Reduzierung von Impulsschallsignalpegeln in den Eingangssignalen, eine Signalverarbeitungseinrichtung zur mehrkanaligen Signalverstärkung der Eingangssignale und Erzeugung eines Ausgangssignals, einen Ausgangswandler zur Wandlung des Ausgangssignals in ein Schallsignal, und eine Sende- und Empfangseinheit zur signaltechnischen Kopplung zwischen den Einzelgeräten aufweisen. Die Erfindung betrifft weiterhin ein binaurales Hörgerät und eine Software auf einem Datenträger zur Durchführung des Verfahrens.

[0002] Hörhilfevorrichtungen sind tragbare Hörgeräte, die zur Versorgung von Schwerhörenden oder Hörgeschädigten dienen. Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche Bauformen von Hörhilfevorrichtungen wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO) und Hörgeräte mit einem externen Hörer (RIC: receiver in the canal) sowie In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), zum Beispiel auch Concha-Hörgeräte oder Kanal-Hörgeräte (ITE: In-The-Ear, CIC: Completely-In-Channel, IIC: Invisible-In-The-Channel), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte werden am Außenohr oder im Gehörgang eines Hörhilfevorrichtungsnutzers getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch oder elektrisch.

[0003] Derartige Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler, einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein akusto-elektrischer Wandler, wie beispielsweise ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, zum Beispiel eine Induktionsspule oder eine (Radiofrequenz-, RF-)Antenne. Der Ausgangswandler ist meist als ein elektro-akustischer Wandler, zum Beispiel als ein Miniaturlautsprecher (Hörer), oder als ein elektromechanischer Wandler, wie beispielsweise ein Knochenleitungshörer, realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinrichtung integriert. Die Energieversorgung erfolgt üblicherweise durch eine Batterie oder einen aufladbaren Akkumulator.

[0004] Die von den Eingangswandlern aufgenommenen Eingangssignale sind typischerweise mehrkanalig, dies bedeutet, dass die Eingangssignale in mehrere einzelne Frequenzkanäle unterteilt sind, wobei jeder Frequenzkanal ein Frequenzband einer gewissen spektralen Breite abdeckt. Beispielsweise kann ein Hörgerät hierbei 48 (Frequenz-)Kanäle in einem Frequenzbereich zwischen 0 kHz (Kilohertz) und 24 kHz aufweisen, wobei die einzelnen Signalkomponenten des Eingangssignals in den Kanälen mittels der Signalverarbeitungseinrichtung einzeln verarbeitbar, insbesondere einzeln filterbar, verstärkbar und/oder dämpfbar sind.

[0005] Bei einem sogenannten binauralen Hörgerät werden zwei derartige Einzelgeräte von einem Benutzer auf unterschiedlichen Seiten des Kopfs getragen, sodass jedes Einzelgerät einem Ohr zugeordnet ist, wobei zwischen den Einzelgeräten eine Kommunikationsverbindung besteht. Im Betrieb werden hierbei beispielsweise drahtlos Daten, gegebenenfalls auch große Datenmengen, zwischen dem Hörgerät am rechten und linken Ohr ausgetauscht. Die ausgetauschten Daten und Informationen ermöglichen eine besonders effektive Anpassung der Einzelgeräte an eine jeweilige akustische Umgebungssituation. Insbesondere wird hierdurch ein besonders authentischer Raumklang für den Benutzer ermöglicht sowie das Sprachverständnis, auch in lauten Umgebungen, verbessert.

[0006] Im Betrieb werden die Hörgeräteeinstellungen, also ein oder mehrere Hörgeräteparameter und/oder eine Hörgeräteleistung, anhand von verschiedenen Parametern oder Größen automatisch eingestellt, so dass für den Benutzer in jeder (akustischen) Umgebungs- oder Hörsituation ein möglichst geeignetes Hörsignal erzeugt wird.

[0007] Das plötzliche Auftreten von Impulsschall kann sich hierbei nachteilig auf die automatische Einstellung der Hörgeräteparameter und/oder der Hörgeräteleistung auswirken. Unter einem Impulsschall ist hierbei insbesondere ein akustisches Schallereignis mit einer sehr schnellen oder plötzlichen Anstiegszeit des Signalpegels (kleiner 0,2 s) zu verstehen, welches große Signalanteile bei bestimmten Frequenzen aufweist. Impulsschall tritt insbesondere bei knallartigen Geräuschen, wie beispielsweise Händeklatschen, Geschirrklappern, oder einer zuschlagenden Tür auf. Durch besondere Algorithmen, Schaltungen und Programmtechniken werden solche Impulsschallsignale gedämpft ohne die Sprachqualität im Ausgangssignal zu mindern.

[0008] Die Maßnahmen zur Dämpfung oder Unterdrückung von Impulsschall im Hörgerät sind hier und im Folgenden insbesondere als eine Impulsschallunterdrückung oder Impulsschallfilterung bezeichnet. Bei einer solchen Impulsschallunterdrückung läuft im Hintergrund permanent ein Detektionsverfahren zur Impulsschallerkennung, sodass bei einem Geräusch mit einer sehr schnell ansteigenden Amplitude (Impulsschall), die Verstärkung entsprechender Frequenzen möglichst instantan unterdrückt werden kann, um einen möglichst optimalen Hörkomfort zu gewährleisten. Die Impulsschallunterdrückung erzeugt hierbei für jeden Kanal des Eingangssignals einen Dämpfungswert welcher angibt, wie stark die Signalverstärkung der Signalverarbeitungseinrichtung in den einzelnen Kanälen für das Geräusch gedämpft oder reduziert werden soll, um die störenden Einflüsse des Impulsschalls im Ausgangssignal möglichst gering zu halten. Die Dämpfungswerte für alle Frequenzkanäle sind zusammenfassend auch als eine Dämpfungskurve bezeichnet.

[0009] Bei binauralen Hörgeräten werden die Impulsschallunterdrückungen der Einzelgeräte in der Regel nicht miteinander synchronisiert, da es in der kurzen Zeit während des Impulsschalls typischerweise nicht möglich ist, die Verstärkung im linken und rechten Einzelgerät für mehrere Frequenzbänder oder Kanäle aneinander anzupassen, weil die Übertragung von beispielsweise 48 Verstärkungen oder Dämpfungswerten zu lange dauern würde.

[0010] In der Praxis kann es vorkommen, dass sich die von den Einzelgeräten erfassten Signalpegel des Impulsschalls aufgrund von Hall in der Umgebung und durch den akustischen Einfluss des Kopfes des Trägers (Kopfschatten, Kopfabschattung) unterscheiden. Die Folge ist, dass die Impulsschallunterdrückungen des linken und rechten Einzelgeräts unterschiedliche Dämpfungskurven und somit unterschiedliche Verstärkungen für die Ausgangssignale bewirken. Dies kann zu Schwankungen oder Abweichungen der natürlichen interauralen Pegelunterschiede (engl. Interaural Level Differences, ILD) führen. Dieser Effekt kann bei dem Hörgerätebenutzer die Lokalisierung und die räumliche Wahrnehmung der akustischen Umgebung beeinträchtigen. Beispielsweise kann es hierbei vorkommen, dass der Pegel des Impulssignals im Ausgangssignal für dasjenige Einzelgerät, welches sich räumlich näher an der Impulsschallsignalquelle befindet, stärker reduziert wird, als für das weiter entfernte Einzelgerät, wodurch für den Benutzer kurzzeitig eine Änderung der Richtungswahrnehmung auftritt.

[0011] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein besonders geeignetes Verfahren zum Betrieb eines binauralen Hörgeräts anzugeben. Insbesondere sollen Änderungen in der räumlichen Richtungswahrnehmung der akustischen Umgebung beim Auftreten von Impulsschall reduziert werden. Der Erfindung liegt weiterhin die Aufgabe zugrunde, ein besonders geeignetes binaurales Hörgerät und eine besonders geeignete Software auf einem Datenträger anzugeben.

[0012] Hinsichtlich des Verfahrens wird die Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und hinsichtlich des binauralen Hörgeräts mit den Merkmalen des Anspruchs 9 sowie hinsichtlich der Software mit den Merkmalen des Anspruchs 10 erfindungsgemäß gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen sind Gegenstand der Unteransprüche.

[0013] Die im Hinblick auf das Verfahren angeführten Vorteile und Ausgestaltungen sind sinngemäß auch auf das Hörgerät und/oder die Software übertragbar und umgekehrt.

[0014] Sofern nachfolgend Verfahrensschritte beschrieben werden, ergeben sich vorteilhafte Ausgestaltungen für das Hörgerät insbesondere dadurch, dass dieses ausgebildet ist, einen oder mehrere dieser Verfahrensschritte auszuführen.

[0015] Das erfindungsgemäße Verfahren ist zum Betreiben eines binauralen Hörgeräts vorgesehen sowie dafür geeignet und ausgestaltet. Das Hörgerät ist binaural ausgebildet und weist hierbei zwei Einzelgeräte auf, welche jeweils zumindest einen Eingangswandler, eine Impulsschallunterdrückung, eine Signalverarbeitungseinrichtung, eine Sende- und Empfangseinheit sowie zumindest einen Ausgangswandler aufweisen und dadurch ausgebildet sind, Schallsignale aus der Umgebung aufzunehmen und an einen Nutzer des Hörgeräts auszugeben. Die vorstehend genannten Gerätekomponenten sind insbesondere in jeweils einem (Einzel)Gerätegehäuse des Hörgeräts untergebracht. Die Gerätegehäuse sind derart ausgebildet, dass diese vom Nutzer am Kopf und in der Nähe des Ohrs getragen werden kann, z.B. im Ohr, am Ohr oder hinter dem Ohr. Beispielsweise ist das Hörgerät als BTE-Hörgerät, ITO-Hörgerät oder RIC-Hörgerät ausgebildet.

[0016] Bei einem binauralen Hörgerät werden die beiden Einzelgeräte vom Nutzer auf unterschiedlichen Seiten des Kopfs getragen, sodass jedes Einzelgerät einem Ohr zugeordnet ist. Die Einzelgeräte sind mittels einer durch die Sende- und Empfangseinheiten (Transceiver) gebildeten Drahtlosschnittstelle zum signaltechnischen Datenaustausch eingerichtet.

[0017] Das Hörgerät dient insbesondere der Versorgung eines hörgeschädigten Nutzers (Hörgerätnutzer). Das Hörgerät ist hierbei ausgebildet, Schallsignale aus der Umgebung aufzunehmen und an einen Nutzer des Hörgeräts auszugeben. Hierzu weist das Hörgerät den zumindest einen Eingangswandler, insbesondere einen akusto-elektrischen Wandler, wie beispielsweise ein Mikrofon, auf. Der Eingangswandler nimmt im Betrieb des Hörgeräts Schallsignale (Geräusche, Töne, Sprache, etc.) aus der Umgebung auf, und wandelt diese jeweils in ein elektrisches Eingangssignal um. Das Eingangssignal ist hierbei mehrkanalig ausgeführt. Mit anderen Worten werden die akustischen Signale in ein mehrkanaliges Eingangssignal gewandelt. Das Eingangssignal weist also mehrere Frequenzkanäle, insbesondere mindestens zwei, vorzugsweise mindestens 20, besonders vorzugsweise mindestens 40, beispielsweise 48 (Frequenz-)Kanäle auf, welche jeweils ein zugeordnetes Frequenzband eines Frequenzbereichs des Hörgeräts abdecken. Beispielsweise ist hierbei ein Frequenzbereich zwischen 0 kHz und 24 kHz in 48 Kanäle unterteilt, so dass Eingangssignale mit 48 Kanälen erzeugt werden.

[0018] Die Einzelgeräte weisen jeweils einen Ausgangswandler, insbesondere einen elektro-akustischen Wandler, wie beispielsweise einen Hörer auf. Aus dem elektrischen (mehrkanaligen) Eingangssignal wird ein elektrisches (mehrkanaliges) Ausgangssignal erzeugt, indem das Eingangssignal, beziehungsweise die einzelnen Frequenz- oder Signalkanäle, in einer Signalverarbeitungseinrichtung modifiziert (z.B. verstärkt, gefiltert, gedämpft) werden.

[0019] Zur Dämpfung oder Unterdrückung von Impulsschall ist in den Einzelgeräten jeweils eine Impulsschallunterdrückung (Impulsschallfilterung) vorgesehen, welche beispielsweise in der Signalverarbeitungseinrichtung integriert ist. Vorzugsweise ist die Impulsschallunterdrückung signaltechnisch einem (Signal-)Verstärker der Signalverarbeitungseinrichtung vorgeschaltet.

[0020] Die Impulsschallunterdrückung ist dazu vorgesehen und eingerichtet das Auftreten eines Impulsschalls in den Kanälen des Eingangssignals zu erkennen, und für die Kanäle jeweils einen Dämpfungswert zu erzeugen, welche die Signalverstärkung des Verstärkers für den jeweiligen Kanal um den Dämpfungswert reduziert. Das Auftreten von Impulsschall kann hierbei beispielsweise anhand einer sehr schnell (< 0,2 s) ansteigenden Signalamplitude (Signalpegel) erkannt werden. Die Menge der Dämpfungswerte für mehrere oder alle Kanäle des Eingangssignals ist nachfolgend als Dämpfungskurve bezeichnet. Wird kein Impulsschall erkannt, so weisen die Dämpfungswerte beispielsweise einen Wert von 0 dB (Dezibel) auf, so dass die Signalverstärkung in der Signalverarbeitungseinrichtung beziehungsweise in dem Verstärker nicht beeinflusst wird. Im Fall eines Impulsschalls können die Dämpfungswerte beispielsweise einen Wert von -20 dB bis - 40 dB aufweisen, wobei die nachfolgende Signalverstärkung um diesen Wert gedämpft oder reduziert wird. Die von der Impulsschallunterdrückung im Betrieb des Hörgeräts erzeugten Dämpfungskurven reduzieren somit die Impulsschallsignalpegel in den verstärkten Eingangssignalen beziehungsweise Ausgangssignalen.

[0021] Verfahrensgemäß wird in jedem Einzelgerät ein skalarer Begrenzungswert aus der jeweiligen Dämpfungskurve bestimmt. Mit anderen Worten wird ein einzelner skalarer Begrenzungswert aus den mehreren, beispielsweise 48, Dämpfungswerten bestimmt. Der Begrenzungswert kann hierbei aus der vollständigen Dämpfungskurve für alle Kanäle oder lediglich für eine (Teil-)Dämpfungskurve der vom Impulsschall betroffenen Kanäle bestimmt werden. Beispielsweise weist ein Impulsschall einer zuschlagenden Tür höhere Signalanteile in den niederfrequenten Bändern beziehungsweise Kanälen auf, wobei ein Geschirrklappern mehr Signalanteile in höherfrequenten Kanälen aufweist.

[0022] Die Begrenzungswerte der Einzelgeräte werden anschließend an das jeweils andere Einzelgerät übermittelt, wobei aus den Begrenzungswerten beider Einzelgeräte jeweils ein gemeinsamer, (pseudo-)synchronisierte, Begrenzungswert bestimmt wird. Dieser gemeinsame oder synchronisierte Begrenzungswert wird anschließend zur Begrenzung der Dämpfungskurven verwendet. Mit anderen Worten wird der synchronisierte Begrenzungswert insbesondere als ein unterer Schwellwert verwendet, wobei wenn die Dämpfungswerte beziehungsweise die Dämpfungskurve den Begrenzungswert erreichen oder unterschreiten, diese auf den Begrenzungswert beschränkt oder begrenzt werden. Die begrenzte Dämpfungskurve beziehungsweise die begrenzten Dämpfungswerte werden zur Einstellung der Signalverstärkungen in der Signalverarbeitungseinrichtung verwendet.

[0023] Das Verfahren nimmt hierbei in Kauf, dass durch den synchronisierten Begrenzungswert womöglich eines der Einzelgeräte den Impulsschall nicht ausreichend im Ausgangssignal dämpft. Jedoch stellt das Verfahren hiermit sicher, dass es für den Nutzer bei einem Impulsschall nicht zu einer nachteiligen Beeinflussung der Richtungswahrnehmung kommt. Dadurch wird eine Lokalisierung und die räumliche Wahrnehmung der akustischen Umgebung verbessert. Insbesondere kommt es somit nicht zu Schwankungen oder Abweichungen der natürlichen interauralen Pegelunterschiede (IDL), so dass ein besonders geeignetes Verfahren zum Betrieb eines binauralen Hörgeräts realisiert ist.

[0024] Das erfindungsgemäße Verfahren zielt darauf ab, nicht die exakten Verstärkungen in den Frequenzbändern (Kanälen) zu synchronisieren, sondern einen skalaren (breitbandigen) Begrenzungswert, der einen maximalen Dämpfungswert für alle Kanäle vorgibt. Dadurch werden die vorher im Wesentlichen unbegrenzten Dämpfungswerte einer relevanten Anzahl von Frequenzbändern (den Bändern mit der höchsten gewünschten Dämpfung) auf den gleichen Begrenzungswert beschränkt, wenn dieser erreicht oder überschritten/unterschritten wird.

[0025] Das Problem einer sehr schnellen Synchronisierung (Mikrosekundenbereich) von mehrkanaligen Verstärkungen auf beiden Ohrseiten wird erfindungsgemäß somit durch eine (Pseudo-)Synchronisation gelöst, bei welcher ein einzelner Begrenzungswert zwischen den Einzelgeräten übertragen wird. Die Begrenzungswerte entsprechen hierbei im Wesentlichen einem erwarteten (geschätzten, extrapolierten) Wert für den jeweils nächsten Impulsschall (Impulsschallereignis, Impulsschallevent), wobei die Begrenzungswerte zwischen den Impulsschallen zwischen den Einzelgeräten übertragen und synchronisiert werden. Der synchronisierte Begrenzungswert gilt hierbei im Wesentlichen lediglich für den nächsten Impulsschall. Dem Verfahren liegt hierbei die Annahme zugrunde, dass ein erneuter (zukünftiger) Impulsschall eine vergleichbare Amplitude beziehungsweise einen vergleichbaren Signalpegel zum aktuellen (vergangenen) Impulsschall aufweist, wie es beispielsweise beim Händeklatschen oder Geschirrklappern der Fall ist. Wenn diese Annahme erfüllt ist, werden die angewandten Dämpfungswerte in den relevanten Frequenzbereichen (die mit der am meisten gewünschten Dämpfung) auf den synchronisierten maximalen Dämpfungswert (Begrenzungswert) in beiden Einzelgeräten begrenzt und sind somit gleich und flach. Diese Gleichmäßigkeit oder Flachheit der Dämpfungskurve (gleicher Dämpfungswert für verschiedene Frequenzen) ist ein weiterer Vorteil des Verfahrens: Sie verhindert, dass der Impulsschall in seiner Frequenzform verzerrt wird, zumindest über den Frequenzbereich und während der Zeit, in welcher der synchronisierte Begrenzungswert angewendet wird.

[0026] Vorzugsweise wird jeweils lediglich ein skalarer Begrenzungswert zwischen den Einzelgeräten ausgetauscht. Ebenso denkbar ist jedoch, dass die Frequenzkanäle der Einzelgeräte in mindestens zwei Frequenzbänder oder Frequenzabschnitte unterteilt werden, und für jedes Frequenzband oder jeden Frequenzabschnitt jeweils ein skalarer Begrenzungswert bestimmt und ausgetauscht wird. Beispielsweise sind die Frequenzkanäle in hohe Frequenzen und tiefe Frequenzen unterteilt, wobei tiefe Frequenzen beispielsweise den Frequenzbereich einer zuschlagenden Tür, und hohe Frequenzen beispielsweise den Frequenzbereich von klappernden Geschirr abdecken. Wesentlich ist, dass eine gegenüber der Anzahl der Frequenzkanäle deutlich reduzierte Anzahl von skalaren Begrenzungswerten zwischen den Einzelgeräten ausgetauscht wird, so dass eine schnelle (Pseudo-)Synchronisation der Einzelgeräte ermöglicht ist. Die Einzelgeräte übertragen beispielsweise jeweils weniger als fünf skalare Begrenzungswerte, insbesondere weniger als drei skalare Begrenzungswerte, vorzugsweise lediglich einen skalare Begrenzungswert.

[0027] Für den Fall, dass für längere Zeit kein Impulsschall eintritt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Impulsschall in irgendeiner Weise mit dem vorhergehenden zusammenhängt. In einer geeigneten Ausführung wird der gemeinsame oder synchronisierte Begrenzungswert nach einer vorgegebenen Zeitdauer auf einen hinterlegten Standardwert gesetzt. Beispielsweise nimmt der synchronisierte Begrenzungswert mit zunehmender Zeit zwischen den Impulsschallen langsam oder sukzessive einen hinterlegten oder vorgegebenen Standard- oder Anfangswert (Default value), beispielsweise -20 dB, an. Nach einer vorgegebenen Zeitdauer, bei welcher die Wahrscheinlichkeit hinreichend gering ist, dass der nächste Impulsschall mit dem vergangen zusammenhängt, wird der synchronisierte Begrenzungswert somit vergessen ("Vergessensfaktor"). Welche Zeitdauer beziehungsweise welche Wahrscheinlichkeit hierbei als hinreichend gilt und wie groß die Wahrscheinlichkeit konkret ist, ist dabei zunächst nebensächlich. Dies lässt sich beispielsweise aus vergangenen Daten oder aus entsprechenden Versuchen oder Erprobungen ermitteln. Für unterschiedliche Impulsschallereignisse (Tür zufallen, Händeklatschen, ...) Umgebungs-/Hörsituationen oder Anwendungsszenarien ergeben sich unter Umständen unterschiedliche Zeitdauern.

[0028] In einer denkbaren Weiterbildung wird der gemeinsame Begrenzungswert durch eine Mittelung der beiden Begrenzungswerte bestimmt. Mit anderen Worten werden die Begrenzungswerte zu dem gemeinsamen oder synchronisierten Begrenzungswert gemittelt. Dadurch ist eine besonders einfache und aufwandreduzierte Bestimmung des gemeinsamen Begrenzungswertes realisiert.

[0029] In einer bevorzugten Ausgestaltung wird für die Bestimmung der einzelnen Begrenzungswerte jeweils ein Mittelwert und ein Minimumwert der zugehörigen Dämpfungskurve bestimmt. Mit anderen Worten werden die von der Impulsschallunterdrückung bestimmten Dämpfungswerte zu einem (Dämpfungs-)Mittelwert gemittelt und ein minimaler Dämpfungswert als (Dämpfungs-)Minimumwert bestimmt. Geeigneterweise wird der Begrenzungswert hierbei derart bestimmt, dass er zwischen dem Mittelwert und dem Minimumwert liegt. Der Mittelwert stellt somit eine obere Grenze oder einen oberen Schwellwert und der Minimumwert eine untere Grenze beziehungsweise einen unteren Schwellwert für den Begrenzungswert dar. Der bestimmte Begrenzungswert ist somit stets größer als der Minimumwert und stets kleiner als der Mittelwert.

[0030] In einer zweckmäßigen Ausbildung wird der Begrenzungswert aus der Summe des Mittelwerts und des Minimumwerts bestimmt, wobei der Mittelwert und der Minimumwert vorzugsweise mit einem Gewichtungsfaktor modifiziert werden. Der Gewichtungsfaktor weist hierbei zweckmäßigerweise einen Wertebereich zwischen Null (0) und Eins (1) auf. Dies bedeutet, dass der Gewichtungsfaktor größer oder gleich Null (≥ 0) und kleiner oder gleich Eins ist (≤ 1). Beispielsweise wird der Minimumwert (min) mit dem Gewichtsfaktor (w) multipliziert, wobei der Mittelwert (mean) mit einem Faktor Eins minus Gewichtsfaktor (1 - w) multipliziert wird, und wobei die gewichteten Werte miteinander addiert werden. In einer Formel ausgedrückt ergibt sich der Begrenzungswert (att_bb_thr) somit beispielsweise als:



[0031] Bei dem Gewichtungsfaktor kann es sich um einen hinterlegten oder vorgegebenen Wert handeln. Der Gewichtungsfaktor ist vorzugsweise konstant und entsprechend den jeweiligen Wünschen oder Anforderungen zwischen 0 und 1 dimensioniert, je nachdem ob man im Mittel weniger (Mittelwert, w = 0) oder mehr (Minimum, w = 1) Dämpfung erzielen will. Welchen Wert der Gewichtungsfaktor konkret aufweist ist dabei zunächst nebensächlich. Ein geeigneter Gewichtungsfaktor lässt sich beispielsweise aus vergangenen Daten oder aus entsprechenden Versuchen oder Erprobungen ermitteln. Für unterschiedliche Impulsschallereignisse (Tür zufallen, Händeklatschen, ...), Umgebungs-/Hörsituationen oder Anwendungsszenarien sind unter Umständen unterschiedliche Gewichtungsfaktoren vorgesehen. Der Gewichtungsfaktor kann also beispielsweise in Abhängigkeit einer aktuellen Hörsituation eingestellt sein.

[0032] Das erfindungsgemäße binaurale Hörgerät weist zwei Einzelgeräte auf. Jedes Einzelgerät weist hierbei mindestens einen Eingangswandler zur Aufnahme eines akustischen Signals und Wandlung in ein mehrkanaliges Eingangssignal, eine Impulsschallunterdrückung zur Erzeugung einer Dämpfungskurve zur Reduzierung von Impulsschallsignalpegeln in dem Eingangssignal, einen (Signal-)Verstärker zur mehrkanaligen Signalverstärkung des Eingangssignals und Erzeugung eines Ausgangssignals, einen Ausgangswandler zur Wandlung des Ausgangssignals in ein Schallsignal, und eine Sende- und Empfangseinheit zur signaltechnischen Kopplung zwischen den Einzelgeräten auf. Die Impulsschallunterdrückung und der Verstärker sind beispielsweise Teil einer Signalverarbeitungseinrichtung.

[0033] Das Hörgerät, insbesondere die Signalverarbeitungseinrichtung oder die Impulsschallunterdrückung, weist weiterhin einen Controller, also eine Steuereinheit, auf. Der Controller ist hierbei allgemein - programm- und/oder schaltungstechnisch - zur Durchführung des vorstehend beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahrens eingerichtet. Der Controller ist somit konkret dazu eingerichtet, aus den Dämpfungswerten oder Dämpfungskurven einen Begrenzungswert zu bestimmen und an die Sende- und Empfangseinheit zu übermitteln, sowie aus den Begrenzungswert und dem vom jeweils anderen Einzelgerät übermittelten Begrenzungswert einen gemeinsamen oder synchronisierten Begrenzungswert zu bestimmen, und diesen auf die Dämpfungskurve als Begrenzung oder Beschränkung anzuwenden.

[0034] In einer bevorzugten Ausgestaltungsform ist der Controller zumindest im Kern durch einen Mikrocontroller mit einem Prozessor und einem Datenspeicher gebildet, in dem die Funktionalität zur Durchführung des erfindungsgemäßen Ver-fahrens in Form einer Betriebssoftware (Firmware) programmtechnisch implementiert ist, so dass das Verfahren - gegebenenfalls in Interaktion mit einem Hörgerätnutzer - bei Ausführung der Betriebssoftware in dem Mikrocontroller automatisch durchgeführt wird. Der Controller kann im Rahmen der Erfindung alternativ aber auch durch ein nicht-programmierbares elektronisches Bauteil, wie zum Beispiel einem anwendungsspezifischen integrierten Schaltkreis (ASIC), gebildet sein, in dem die Funktionalität zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens mit schaltungstechnischen Mitteln implementiert ist.

[0035] Ein zusätzlicher oder weiterer Aspekt der Erfindung sieht eine Software auf einem Medium oder Datenträger zur Durchführung oder Ausführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens vor. Dies bedeutet, dass die Software auf einem Datenträger hinterlegt ist, und zur Ausführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens vorgesehen, sowie dafür geeignet und ausgestaltet ist. Dadurch ist eine besonders geeignete Software für den Betrieb eines binauralen Hörgeräts realisiert, mit welcher die Funktionalität zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens programmtechnisch implementiert wird. Die Software ist somit insbesondere eine Betriebssoftware (Firmware), wobei der Datenträger beispielsweise ein Datenspeicher des Controllers ist.

[0036] Nachfolgend ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung näher erläutert. Darin zeigen in schematischen und vereinfachten Darstellungen:
Fig. 1
ein binaurales Hörgerät mit zwei Einzelgeräten, und
Fig. 2
ein Blockdiagramm zur Funktionsaufteilung eines Verfahrens zum Betrieb des Hörgeräts.


[0037] Einander entsprechende Teile und Größen sind in allen Figuren stets mit den gleichen Bezugszeichen versehen.

[0038] Die Fig. 1 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines erfindungsgemäßen binauralen Hörgeräts 2. Das Hörgerät 2 ist hierbei mit zwei signaltechnisch gekoppelten Hörhilfegeräten beziehungsweise Einzelgeräten 4a, 4b ausgeführt. Die Einzelgeräte 4a, 4b sind hierbei beispielhaft als Hinter-dem-Ohr-Hörhilfegeräte (HdO) ausgestaltet. Die Einzelgeräte 4a, 4b sind untereinander mittels einer drahtlosen Kommunikationsverbindung 6 signaltechnisch gekoppelt oder koppelbar.

[0039] Die Kommunikationsverbindung 6 ist beispielsweise eine induktive Kopplung zwischen den Einzelgeräten 4a und 4b, alternativ kann die Kommunikationsverbindung 6 beispielsweise als eine Funkverbindung, insbesondere als eine Bluetooth- oder RFID-Verbindung, zwischen den Einzelgeräten 4a und 4b ausgeführt sein.

[0040] Das Einzelgerät 4a ist im Anwendungszustand beispielsweise am rechten Ohr des Hörgerätenutzers angeordnet, wobei das Einzelgerät 4b entsprechend an einem linken Ohr angeordnet ist.

[0041] Der Aufbau der Einzelgeräte 4a, 4b ist nachfolgend beispielhaft anhand des Einzelgeräts 4a erläutert, wobei die Erläuterungen sinngemäß auch auf das Einzelgerät 4b übertragbar sind. Die Komponenten des Einzelgeräts 4a sind hierbei mit dem Suffix "a" gekennzeichnet, wobei in den Figuren die entsprechenden Komponenten des Einzelgeräts 4b mit dem entsprechenden Suffix "b" gekennzeichnet sind.

[0042] Das Einzelgeräte 4a umfasst, wie in der Fig. 1 schematisch dargestellt, ein Gerätegehäuse 8a, in welches ein oder mehrere Mikrofone, auch als (akusto-elektrische) Eingangswandler 10a bezeichnet, eingebaut sind. Mit den Eingangswandlern 10a wird ein Schall beziehungsweise die akustischen Signale in einer Umgebung des Hörgeräts 2 aufgenommen, und in elektrische, mehrkanalige, Eingangssignale 12a gewandelt (Fig. 2). Vorzugsweise weisen die Eingangssignale 12a hierbei mehrere Frequenzkanäle, beispielsweise 48 Kanäle im Frequenzbereich zwischen 0 kHz und 28 kHz, auf.

[0043] Eine Signalverarbeitungseinheit 14a die ebenfalls in das Gerätegehäuse 8a integriert ist, verarbeitet die Eingangssignale 12a. Ein Ausgangssignal 16a (Fig. 2) der Signalverarbeitungseinheit 14a wird an einen Ausgangswandler 18a, welcher beispielsweise als ein Lautsprecher oder Hörer ausgeführt ist, übertragen, welcher ein akustisches Signal ausgibt. Bei dem Einzelgerät 4a wird das akustische Signal gegebenenfalls über einen nicht näher dargestellten Schallschlauch oder externen Hörer, der mit einer im Gehörgang einsitzenden Otoplastik, zum Trommelfell eines Hörsystemnutzers übertragen. Es ist aber auch beispielsweise ein elektro-mechanischer Ausgangswandler 20 als Hörer denkbar, wie beispielsweise bei einem Knochenleitungshörer.

[0044] Die Energieversorgung des Einzelgeräts 4a und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 14a erfolgt durch eine ebenfalls ins Gerätegehäuse 8a integrierte Batterie 20a.

[0045] Die Signalverarbeitungseinrichtung 14a ist signaltechnisch an eine Sende- und Empfangseinheit (Transceiver) 22a geführt. Der Transceiver 22a dient insbesondere zum Senden und Empfangen von drahtlosen Signalen mittels der Kommunikationsverbindung 6.

[0046] Die Signalverarbeitungseinrichtung 14a weist hierbei eine Impulsschallunterdrückung 24a und eine (Signal-)Verstärkung beziehungsweise einen Verstärker 26a sowie einen nicht näher gezeigten Controller als Steuergerät auf. Der Controller ist hierbei zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens zum Betrieb des Hörgeräts 2 vorgesehen sowie dafür geeignet und eingerichtet. Nachfolgend ist das Verfahren anhand der Fig. 2 näher erläutert.

[0047] Die Eingangswandler 10a, 10b nehmen im Betrieb des Hörgeräts 2 Schallsignale (Geräusche, Töne, Sprache, etc.) aus der Umgebung auf, und wandeln diese in die mehrkanaligen Eingangssignale 12a, 12b. Die Eingangssignale 12a, 12b werden der jeweiligen Impulsschallunterdrückung 24a, 24b zugeführt, welche die Eingangssignale 12a, 12b auf das Vorhandensein von Impulsschall untersucht. Bei einem Impulsschall erzeugt die Impulsschallunterdrückung 24a, 24b eine Dämpfungskurve 28a, 28b zur Steuerung und/oder Regelung des mehrkanaligen Verstärkers 26a, 26b.

[0048] Die Dämpfungskurven 28a, 28b sind in der Fig. 2 schematisch und beispielhaft anhand eines Frequenz-Dämpfungs-Diagramms gezeigt, wobei horizontal, also entlang der Abszissenachse (X-Achse), die Frequenz f, beispielsweise von 0 kHz bis 24 kHz, und entlang der vertikalen Ordinatenachse (Y-Achse) die Dämpfung (Gain), beispielsweise von -40 dB bis 0 dB, aufgetragen ist. Die Dämpfungskurven 28a, 28b zeigen hierbei beispielsweise den Verlauf für eine zuschlagende Tür, deren Impulsschall niedertonig oder niederfrequent ist, so dass der höchste Signalpegel - und entsprechend die niedrigsten Dämpfungswerte - bei niedrigen Frequenzen auftreten. Die Dämpfungskurven 28a, 28b weisen hierbei aufgrund von Hall oder Kopfabschattung unterschiedliche Verläufe auf.

[0049] Der Controller des jeweiligen Einzelgeräts 4a, 4b bestimmt aus der jeweiligen Dämpfungskurve 28a, 28b einen jeweiligen Minimumwert 30a, 30b und einen Mittelwert 32a, 32b. Der Minimumwert 30a, 30b entspricht hierbei dem tiefsten Dämpfungswert der Dämpfungskurve 28a, 28b, also demjenigen Wert mit der größten Dämpfung für die Verstärkung 26a, 26b, wobei der Mittelwert 32a, 32b der gemittelte Wert der jeweiligen Dämpfungskurve 28a, 28b ist.

[0050] Der Controller des jeweiligen Einzelgeräts 4a, 4b bestimmt einen skalaren Begrenzungswert 34a, 34b aus den Minimumwert 30a, 30b und dem Mittelwert 32a, 32b, welcher er zwischen dem Mittelwert 32a, 32b und dem Minimumwert liegt 30a, 30b. Die Begrenzungswerte 34a, 34b werden hierbei insbesondere nach folgender Formel berechnet:

wobei att_bb_thr der Begrenzungswert 34a, 34b, min der Minimumwert 30a, 30b, mean der Mittelwert 32a, 32b, und w ein Gewichtungsfaktor zwischen Null und Eins (0 ≤ w ≤ 1).

[0051] Die Begrenzungswerte 34a, 34b der Einzelgeräte 4a, 4b werden anschließend mittels der Kommunikationsverbindung 6 an das jeweils andere Einzelgerät 4b, 4a übermittelt. Somit stehen den Controllern beider Einzelgeräte 4a, 4b jeweils beide Begrenzungswerte 34a und 34b zur Verfügung. Die Controller bestimmen aus den Begrenzungswerten 34a und 34b durch Mittelung einen synchronisierten Begrenzungswert 36, welcher in beiden Einzelgeräten 4a, 4b den gleichen Wert aufweist. Der Begrenzungswert 36 ist hierbei beispielsweise das arithmetische Mittel (arithmetische Mittelwert) der Begrenzungswerte 34a und 34b.

[0052] Die Werte für die skalaren Größen des Minimumwerts 30a, 30b, des Mittelwerts 32a, 32b und der Begrenzungswerte 34a, 34b, 36 sind in den Diagrammen der Fig. 2 schematisch als strichlinierte Linien dargestellt.

[0053] Der synchronisierte Begrenzungswert 36 wird anschließend zur Begrenzung der Dämpfungskurven 28a, 28b verwendet. Mit anderen Worten wird der synchronisierte Begrenzungswert 36 insbesondere als ein unterer Schwellwert verwendet, alle Werte der jeweiligen Dämpfungskurve 28a, 28b, welche diesen Begrenzungswert 36 erreichen oder unterschreiten, auf den Begrenzungswert 36 limitiert werden. Mit anderen Worten werden die Dämpfungskurven 28a, 28b unterhalb des Begrenzungswertes 36 "abgeschnitten", so dass die begrenzten Dämpfungskurven 28a`, 28b' im Bereich der größten spektralen Energie abgeflacht werden, so dass die spektrale Charakteristik des Impulsschalls bei der Verstärkung erhalten bleibt. Die begrenzte Dämpfungskurven 28a, 28b werden zur Einstellung der Signalverstärkungen der (Frequenz-)Kanäle in dem Verstärker 26a, 26b verwendet.

[0054] Der synchronisierte Begrenzungswert 36 gilt hierbei im Wesentlichen lediglich für den jeweils nächsten Impulsschall. Dem Verfahren liegt hierbei die Annahme zugrunde, dass ein erneuter (zukünftiger) Impulsschall eine vergleichbare Amplitude beziehungsweise einen vergleichbaren Signalpegel zum aktuellen (vergangenen) Impulsschall aufweist. Wenn diese Annahme erfüllt ist, werden die Dämpfungskurven 28a, 28b für den zukünftigen Impulsschall in beiden Einzelgeräten 4a, 4b auf den Begrenzungswert 36 begrenzt, so dass die Dämpfungskurven 28a`, 28b' im Wesentlichen gleich und flach sind. Der synchronisierte Begrenzungswert 36 wird nach einer vorgegebenen Zeitdauer auf einen hinterlegten Standardwert gesetzt.

[0055] Die beanspruchte Erfindung ist nicht auf das vorstehend beschriebene Ausführungsbeispiel beschränkt. Vielmehr können auch andere Varianten der Erfindung von dem Fachmann hieraus im Rahmen der offenbarten Ansprüche abgeleitet werden, ohne den Gegenstand der beanspruchten Erfindung zu verlassen. Insbesondere sind ferner alle im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel beschriebenen Einzelmerkmale im Rahmen der offenbarten Ansprüche auch auf andere Weise kombinierbar, ohne den Gegenstand der beanspruchten Erfindung zu verlassen.

Bezugszeichenliste



[0056] 
2
Hörgerät
4a, 4b
Einzelgerät
6
Kommunikationsverbindung
8a, 8b
Gerätegehäuse
10a, 10b
Eingangswandler
12a, 12b
Eingangssignal
14a, 14b
Signalverarbeitungseinrichtung
16a, 16b
Ausgangssignal
18a, 18b
Ausgangswandler
20a, 20b
Batterie
22a,22b
Sende- und Empfangseinheit
24a, 24b
Impulsschallunterdrückung
26a, 26b
Verstärker
28a, 28b, 28a`, 28b`
Dämpfungskurve
30a, 30b
Minimumwert
32a, 32b
Mittelwert
34a, 34b
Begrenzungswert
36
Begrenzungswert



Ansprüche

1. Verfahren zum Betreiben eines binauralen Hörgeräts (2) mit zwei Einzelgeräten (4a, 4b), wobei die Einzelgeräte (4a, 4b) jeweils

a) mindestens einen Eingangswandler (10a, 10b) zur Aufnahme eines akustischen Signals und Wandlung in ein mehrkanaliges Eingangssignal (12a, 12b),

b) eine Impulsschallunterdrückung (24a, 24b) zur Erzeugung einer Dämpfungskurve (28a, 28b) zur Reduzierung von Impulsschallsignalpegeln in dem Eingangssignal (12a, 12b),

c) einen Verstärker (26a, 26b) zur mehrkanaligen Signalverstärkung des Eingangssignals (12a, 12b) und Erzeugung eines Ausgangssignals (16a, 16b) anhand der Dämpfungskurve (28a, 28b),

d) einen Ausgangswandler (18a, 18b) zur Wandlung des Ausgangssignals (16a, 16b) in ein Schallsignal, und

e) eine Sende- und Empfangseinheit (22a, 22b) zur signaltechnischen Kopplung zwischen den Einzelgeräten (4a, 4b) aufweisen,

- wobei in jedem Einzelgerät (4a, 4b) ein skalarer Begrenzungswert (34a, 34b) aus der jeweiligen Dämpfungskurve (28a, 28b) bestimmt wird,

- wobei die Begrenzungswerte (34a, 34b) an das jeweils andere Einzelgerät (4a, 4b) übermittelt werden,

- wobei aus den beiden Begrenzungswerten (34a, 34b) ein gemeinsamer Begrenzungswert (36) bestimmt wird,

- wobei die Dämpfungskurven (28a, 28b) mit dem gemeinsamen Begrenzungswert (36) begrenzt werden, und

- wobei die Signalverstärkung anhand der begrenzten Dämpfungskurven (28a`, 28b`) eingestellt werden.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der gemeinsame Begrenzungswert (36) nach einer vorgegebenen Zeitdauer auf einen hinterlegten Standardwert gesetzt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass der gemeinsame Begrenzungswert (36) durch eine Mittelung der beiden Begrenzungswerte (34a, 34b) bestimmt wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass für die Bestimmung des Begrenzungswerts (36) aus der Dämpfungskurve (28a, 28b) ein Mittelwert (32a, 32b) und ein Minimumwert (30a, 30b) der Dämpfungskurve (28a, 28b) bestimmt wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Begrenzungswert (34a, 34b) derart bestimmt wird, dass er zwischen dem Mittelwert (32a, 32b) und dem Minimumwert (30a, 30b) liegt.
 
6. Verfahren nach Anspruch 4 oder 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Begrenzungswert (34a, 34b) durch Summierung des Minimumwerts (30a, 30b) und des Mittelwerts (32a, 32b) bestimmt wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Mittelwert (32a, 32b) und der Minimumwert (30a, 30b) zur Bestimmung des Begrenzungswerts (36) mit einem Gewichtungsfaktor modifiziert werden.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Gewichtungsfaktor zwischen Null und Eins dimensioniert ist.
 
9. Binaurales Hörgerät (2) mit zwei Einzelgeräten (4a, 4b), wobei die Einzelgeräte (4a, 4b) jeweils

- mindestens einen Eingangswandler (10a, 10b) zur Aufnahme eines akustischen Signals und Wandlung in ein mehrkanaliges Eingangssignal (12a, 12b),

- eine Impulsschallunterdrückung (24a, 24b) zur Erzeugung einer Dämpfungskurve (28a, 28b) zur Reduzierung von Impulsschallsignalpegeln in dem Eingangssignal (12a, 12b),

- einen Verstärker (26a, 26b) zur mehrkanaligen Signalverstärkung des Eingangssignals (12a, 12b) und Erzeugung eines Ausgangssignals (16a, 16b) anhand der Dämpfungskurve (28a, 28b),

- einen Ausgangswandler (18a, 18b) zur Wandlung des Ausgangssignals (16a, 16b) in ein Schallsignal,

- eine Sende- und Empfangseinheit (22a, 22b) zur signaltechnischen Kopplung zwischen den Einzelgeräten (4a, 4b), und

- einen Controller () zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8 aufweisen.


 
10. Software auf einem Datenträger zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, wenn die Software auf einem Computer abläuft.
 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht