(19)
(11) EP 4 339 072 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.03.2024  Patentblatt  2024/12

(21) Anmeldenummer: 22196272.3

(22) Anmeldetag:  19.09.2022
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 27/20(2022.01)
B61L 15/00(2006.01)
B61L 3/00(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B61L 15/0072; B61L 27/20; B61L 15/0058
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Siemens Mobility GmbH
81739 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Fruhnert, Michael
    12437 Berlin (DE)
  • Angierski, André
    12489 Berlin (DE)

(74) Vertreter: Siemens Patent Attorneys 
Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM ERMITTELN ZUMINDEST EINES REGELPARAMETERS FÜR EIN ATO-SYSTEM


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug, umfassend die folgenden Schritte:
automatisches Ermitteln zumindest eines Stellwerts für ein Zugsteuerungssystem des Triebfahrzeugs,
automatisches Ausgeben des zumindest einen ermittelten Stellwerts, um den Zug, insbesondere das Triebfahrzeug, basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems zu steuern,
automatisches Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts,
automatisches Ermitteln von zumindest einem Regelparameter für das ATO-System basierend auf der erfassten Reaktion.
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung, einen Zug, ein Computerprogramm und ein maschinenlesbares Speichermedium.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug, eine Vorrichtung, einen Zug, ein Computerprogramm und ein maschinenlesbares Speichermedium.

[0002] "ATO" steht für "Automatic Train Operation" und kann mit automatisiertem Fahrbetrieb übersetzt werden. Hierbei wird die Zugsteuerung ganz oder teilweise vom Fahrtrechner übernommen.

[0003] ATO-Systeme benötigen Regelparameter basierend auf welchen sie den Zug oder das Triebfahrzeug steuern. Regelparameter, die mit einem bestimmten Zug funktionieren, funktionieren möglicherweise nicht für einen anderen Zug und umgekehrt.

[0004] Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe ist darin zu sehen, ein Konzept zum effizienten Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug bereitzustellen.

[0005] Diese Aufgabe wird mittels des jeweiligen Gegenstands der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand von jeweils abhängigen Unteransprüchen.

[0006] Nach einem ersten Aspekt wird ein Verfahren zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug bereitgestellt, umfassend die folgenden Schritte:

automatisches Ermitteln zumindest eines Stellwerts für ein Zugsteuerungssystem des Triebfahrzeugs,

automatisches Ausgeben des zumindest einen ermittelten Stellwerts, um den Zug, insbesondere das Triebfahrzeug, basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems zu steuern,

automatisches Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts,

automatisches Ermitteln von zumindest einem Regelparameter für das ATO-System basierend auf der erfassten Reaktion.



[0007] Nach einem zweiten Aspekt wird eine Vorrichtung bereitgestellt, die eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens nach dem ersten Aspekt auszuführen.

[0008] Nach einem dritten Aspekt wird ein Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug bereitgestellt, wobei der Zug die Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt umfasst.

[0009] Nach einem vierten Aspekt wird ein Computerprogramm bereitgestellt, welches Befehle umfasst, die bei Ausführung des Computerprogramms durch einen Computer, beispielsweise durch die Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt und/oder durch den Zug nach dem dritten Aspekt, diesen veranlassen, ein Verfahren gemäß dem ersten Aspekt auszuführen.

[0010] Nach einem fünften Aspekt wird ein maschinenlesbares Speichermedium bereitgestellt, auf dem das Computerprogramm nach dem vierten Aspekt gespeichert ist.

[0011] Die Erfindung basiert auf der Erkenntnis und schließt diese mit ein, dass die obige Aufgabe dadurch gelöst wird, dass der zumindest eine Regelparameter automatisch ermittelt wird. Dies bedeutet, dass die einzelnen Verfahrensschritte automatisch durchgeführt werden. Nach Start des Verfahrens läuft dieses automatisch ab. Somit kann der zumindest eine Regelparameter effizient und zeitsparend ermittelt werden.

[0012] Somit wird insbesondere der technische Vorteil bewirkt, dass ein Konzept zum effizienten Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug bereitgestellt ist.

[0013] Ein Synonym für den Begriff "Zug" ist der Begriff "Zugverband" oder der Begriff "Zugkomposition" oder der Begriff "Schienenfahrzeug". Ein Zug bezeichnet somit insbesondere eine Zugkomposition umfassend mindestens ein Triebfahrzeug und einen oder mehrere Wagen.

[0014] Das Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts umfasst in einer Ausführungsform des Verfahrens ein Messen zumindest einer kinematischen Größe des Zuges, wobei der zumindest eine Regelparameter basierend auf der zumindest einen gemessenen kinematischen Größe des Zuges automatisch ermittelt wird.

[0015] Eine kinematische Größe des Zuges umfasst zum Beispiel eine der folgenden kinematischen Größen: Ruck, Beschleunigung, Geschwindigkeit und Ort.

[0016] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Zugsteuerungssystem ein Antriebssystem umfasst, um das Antriebssystem basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen einer Reaktion des Zuges auf ein Steuern des Antriebssystems basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert umfasst.

[0017] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass die Reaktion des Zuges auf ein Steuern des Antriebssystems effizient erfasst werden kann, sodass basierend darauf, also auf der erfassten Reaktion auf ein Steuern des Antriebssystems basierend auf dem Stellwert, der zumindest eine Regelparameter automatisch ermittelt werden kann. Gemäß dieser Ausführungsform ist also vorgesehen, dass der Zug basierend auf dem Stellwert angetrieben wird. Es wird also eine Reaktion des Zuges auf einen vorgegebenen Antriebsbefehl (Stellwert) erfasst.

[0018] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Zugsteuerungssystem ein Bremssystem umfasst, um das Bremssystem basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen einer Reaktion des Zuges auf ein Steuern des Bremssystems basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert umfasst.

[0019] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass eine Reaktion des Zuges auf ein Steuern des Bremssystems effizient erfasst werden kann, sodass basierend darauf, also auf der Reaktion des Zuges auf ein Steuern des Bremssystems basierend auf dem Stellwert, der zumindest eine Regelparameter für das ATO-System effizient ermittelt werden kann. Gemäß dieser Ausführungsform ist also vorgesehen, dass der Zug basierend auf dem Stellwert gebremst wird. Es wird also eine Reaktion des Zuges auf einen vorgegebenen Bremsbefehl (Stellwert) erfasst.

[0020] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass wobei der zumindest eine Stellwert basierend auf einem statischen und/oder dynamischen Stellwertgrenzwert derart automatisch ermittelt wird, dass der ermittelte Stellwert den jeweiligen Stellwertgrenzwert nicht überschreitet oder unterschreitet abhängig davon, ob der jeweilige Stellwertgrenzwert eine obere oder eine untere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt.

[0021] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass nur zulässige Stellwerte verwendet werden, um das Zugsteuerungssystem zu steuern.

[0022] Ein statischer Stellwertgrenzwert ist vorzugsweise durch eine fest konfigurierte Grenze oder Grenzen vorgegeben. Der ermittelte Stellwert kann zum Beispiel zwischen -100% (unterer Stellwertgrenzwert) und +100% (oberer Stellwertgrenzwert) liegen, wobei -100% sich auf die maximal mögliche betriebliche Bremskraft und +100% auf die maximal mögliche betriebliche Antriebskraft beziehen. Der ermittelte Stellwert darf zum Beispiel gleich dem oberen und/oder gleich dem unteren Stellwertgrenzwert sein. Beschränkungen dynamischer Natur, also ein dynamischer Stellwertgrenzwert, beziehen zum Beispiel den aktuellen Zugzustand, wie zum Beispiel Geschwindigkeit, Beschleunigung und/oder Ruck des Zuges ein und beachten zum Beispiel zu einen oder mehrere zu erwartende Gradienten der Geschwindigkeit, der Beschleunigung und/oder des Rucks auf der Strecke des Zugs. Ein dynamischer Stellwertgrenzwert ist somit im Gegensatz zu einem statischen Stellwertgrenzwert zum Beispiel zeitlich variabel und eignet sich insbesondere unter anderem zum Erkennen und Unterbinden eines schwingenden oder anderweitig grenzwertigen Zustands im Zugverband. Ein dynamischer Stellwertgrenzwert basiert also zum Beispiel auf einem aktuellen und/oder zukünftigen Zugzustand. Ein dynamischer Stellwertgrenzwert wird also zum Beispiel während einer Ausführung des Verfahrens ermittelt.

[0023] Zum Beispiel ist vorgesehen, dass ein dynamischer Stellwertgrenzwert basierend auf einem aktuellen und/oder zukünftigen Zugzustand ermittelt wird. Ein Zugzustand des Zugs gibt zum Beispiel folgendes an: Geschwindigkeit, Beschleunigung und/oder Ruck.

[0024] Wenn der Stellwertgrenzwert eine untere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt, so wird also der zumindest eine Stellwert derart automatisch ermittelt, dass der ermittelte Stellwert den Stellwertgrenzwert nicht unterschreitet.

[0025] Sofern der Stellwertgrenzwert eine obere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt, so wird der zumindest eine Stellwert derart automatisch ermittelt, dass der ermittelte Stellwert den Stellwertgrenzwert nicht überschreitet.

[0026] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass der zumindest eine Stellwert basierend auf einem Stellwertintervall derart automatisch ermittelt wird, dass der ermittelte Stellwert ein Element des Stellwertintervalls ist.

[0027] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass effizient sichergestellt werden kann, dass nur geeignete Stellwerte für das Steuern des Zugsteuerungssystems verwendet werden können.

[0028] Das Stellwertintervall ist beispielsweise ein offenes Intervall oder ist zum Beispiel ein geschlossenes Intervall oder ist zum Beispiel ein halb-offenes Intervall. Bei einem halboffenen Intervall gehört die untere Grenze oder die obere Grenze noch mit zum Intervall.

[0029] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass basierend auf der erfassten Reaktion ein Modell des Zuges automatisch ermittelt wird, wobei der zumindest eine Regelparameter basierend auf dem ermittelten Modell des Zuges automatisch ermittelt wird.

[0030] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass der zumindest eine Regelparameter effizient ermittelt werden kann.

[0031] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das ermittelte Modell einer vorgegebenen Modellstruktur entspricht oder auf der vorgegebenen Modellstruktur basiert.

[0032] Dies hat den technischen Vorteil, dass zum Beispiel eine Modellbeschreibung und ein darauf aufbauender Reglerentwurf auch vereinfacht, d.h. in erster Näherung erfolgen können. Die vorgegebene Modellstruktur beschreibt dabei insbesondere die dem Modell zu Grunde liegenden Bewegungsgleichungen vollständig und gibt dem Verfahren somit zum Beispiel Grenzen vor, in dessen es eine Parametrierung durchführen kann.

[0033] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass auch ein als besonders wichtig erachtetes Detail zur Beschreibung der Zugdynamik berücksichtigt werden kann, ohne das komplette Modell hochgenau nachbilden zu müssen.

[0034] Ist die Modellidentifikation nicht eingeschränkt, so können zum Beispiel komplexe Dynamiken in das Modell einfließen, welche die spätere automatische Bestimmung der Regelparameter erschweren. Dies wird in vorteilhafter Weise durch diese Ausführungsform effizient verhindert, sodass eine spätere automatische Bestimmung der Regelparameter vereinfacht wird.

[0035] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Verfahren für mehrere Züge durchgeführt wird, wobei basierend auf den jeweils ermittelten zumindest einen Regelparametern ein jeweiliger für die mehreren Züge gemeinsamer Regelparameter ermittelt wird.

[0036] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass für mehrere Züge ein gemeinsamer Regelparameter effizient ermittelt werden kann. Somit können die jeweiligen ATO-Systeme dieser mehreren Züge basierend auf diesem gemeinsamen Regelparameter oder den gemeinsamen Regelparametern effizient die Züge steuern. Somit vereinfacht sich der Konfigurationsaufwand für die mehreren Züge, also für eine Flotte von mehreren Zügen.

[0037] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass die jeweiligen ermittelten Modelle der jeweiligen Züge zu einem gemeinsamen Modell verschmolzen werden, wobei der jeweilige gemeinsame Regelparameter basierend auf dem verschmolzenen gemeinsamen Modell ermittelt wird.

[0038] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass der jeweilige gemeinsame Regelparameter für jeden Zug gleich ist und für alle Züge verwendet werden kann. Somit vereinfacht sich der Konfigurationsaufwand für die Flotte. Während zum Beispiel für die jeweils einzeln ermittelten Modelle der jeweiligen Züge konkrete Zahlenwerte für die Modellparameter angenommen werden, liegen diese Modellparameter im verschmolzenen Modell zum Beispiel als Intervall vor. Die Modelle der einzelnen Züge werden dann zum Beispiel zu einer Teilmenge des gemeinsamen Modells.

[0039] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass dieses ein computerimplementiertes Verfahren ist.

[0040] Verfahrensmerkmale ergeben sich analog aus entsprechenden Vorrichtungsmerkmalen und/oder Zugmerkmalen und umgekehrt. Dies bedeutet, dass sich technische Funktionalitäten des Verfahrens analog aus entsprechenden technischen Funktionalitäten der Vorrichtung und/oder des Zugs oder umgekehrt ergeben.

[0041] In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Verfahren mittels der Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt und/oder mittels des Zugs nach dem dritten Aspekt aus- oder durchgeführt wird.

[0042] Zum Beispiel ist vorgesehen, dass der Zug eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens nach dem ersten Aspekt auszuführen.

[0043] In einer Ausführungsform der Vorrichtung ist vorgesehen, dass diese ein ATO-System ist, wobei das ATO-System eingerichtet ist, seinen zumindest einen eigenen Regelparameter selbst automatisch zu ermitteln.

[0044] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass das ATO-System seinen eigenen Regelparameter selbst automatisch effizient ermitteln kann.

[0045] In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass der Zug das Zugsteuerungssystem umfasst. Zum Beispiel umfasst das Triebfahrzeug das Zugsteuerungssystem.

[0046] Die Formulierung "zumindest ein(e)" bedeutet "ein(e) oder mehrere". Die Formulierung "mindestens ein(e)" bedeutet "ein(e) oder mehrere".

[0047] Ausführungen, die in Zusammenhang mit einem Regelparameter gemacht sind, gelten analog für mehrere Regelparameter und umgekehrt. Ausführungen, die in Zusammenhang mit einem Triebfahrzeug gemacht sind, gelten analog für mehrere Triebfahrzeuge und umgekehrt.

[0048] Die hier beschriebenen Ausführungsformen und Ausführungsbeispiele können in beliebiger Form miteinander kombiniert werden, auch wenn dies nicht explizit beschrieben sein sollte.

[0049] Die Abkürzung "ATO" steht für "Automatic Train Operation" und kann mit "automatisierter Fahrbetrieb" übersetzt werden. Ein automatisierter Fahrbetrieb kennzeichnet einen Fahrbetrieb des Zugs, bei dem die Zugsteuerung ganz oder teilweise von einem Fahrtrechner des Zugs übernommen wird, also von einem ATO-System.

[0050] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass basierend auf dem zumindest einen Regelparameter eine ATO-System-Konfiguration ermittelt wird. Die ATO-System-Konfiguration umfasst zum Beispiel den oder die ermittelten Regelparameter.

[0051] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass dieses den Schritt des Steuerns des Zugs, insbesondere des Triebfahrzeugs, basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems umfasst.

[0052] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden, wobei

FIG 1 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug,

FIG 2 eine Vorrichtung,

FIG 3 einen Zug,

FIG 4 ein maschinenlesbares Speichermedium,

FIG 5 ein erstes Blockdiagramm und

FIG 6 ein zweites Blockdiagramm

zeigen.

[0053] FIG 1 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug, umfassend die folgenden Schritte:

automatisches Ermitteln 101 zumindest eines Stellwerts für ein Zugsteuerungssystem des Triebfahrzeugs,

automatisches Ausgeben 103 des zumindest einen ermittelten Stellwerts, um den Zug, insbesondere das Triebfahrzeug, basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems zu steuern,

automatisches Erfassen 105 einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts,

automatisches Ermitteln 107 von zumindest einem Regelparameter für das ATO-System basierend auf der erfassten Reaktion.



[0054] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass basierend auf dem zumindest einen Regelparameter eine ATO-System-Konfiguration ermittelt wird. Die ATO-System-Konfiguration umfasst zum Beispiel den oder die ermittelten Regelparameter.

[0055] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass dieses den Schritt des Steuerns des Triebfahrzeugs basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems umfasst.

[0056] FIG 2 zeigt eine Vorrichtung 201, die eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens nach dem ersten Aspekt auszuführen. Die Vorrichtung 201 ist zum Beispiel ein ATO-System. Das ATO-System ist eingerichtet, einen zumindest einen eigenen Regelparameter selbst automatisch zu ermitteln.

[0057] FIG 3 zeigt einen Zug 301, wobei der Zug 301 ein Triebfahrzeug 303 umfasst. Das Triebfahrzeug 303 umfasst die Vorrichtung 201 der FIG 2. Weiter umfasst der Zug 301 einen Wagen 305, welcher mit dem Triebfahrzeug 303 gekoppelt ist.

[0058] Der Zug umfasst weiter ein Zugsteuerungssystem 307, welches durch die Vorrichtung 201 gesteuert werden kann.

[0059] FIG 4 zeigt ein maschinenlesbares Speichermedium 401, auf dem ein Computerprogramm 403 gespeichert ist. Das Computerprogramm 403 umfasst Befehle, die bei Ausführung des Computerprogramms durch einen Computer diesen veranlassen, ein Verfahren gemäß dem ersten Aspekt auszuführen.

[0060] FIG 5 zeigt ein erstes Blockdiagramm 501, welches das hier beschriebene Konzept beispielhaft erläutern soll.

[0061] Innerhalb einer gesicherten Zone oder eines gesicherten Bereichs 503 wird ein Funktionsblock 505 ausgeführt. Gemäß dem Funktionsblock 505 werden die Schritte des automatischen Ermittelns zumindest eines Stellwerts, das automatische Ausgeben des zumindest einen ermittelten Stellwerts und das automatische Erfassen einer Reaktion des Zugs auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts durchgeführt.

[0062] Diese Schritte werden in der realen Welt 507 durchgeführt, also direkt auf dem Zug selbst, insbesondere mittels des ATO-Systems des Zugs. Dass diese Schritte innerhalb einer gesicherten Zone 503 ausgeführt werden, bedeutet zum Beispiel, dass ein Stellwertgrenzwert oder mehrere Stellwertgrenzwerte vorgegeben sind und/oder dass ein Stellwertintervall oder mehrere Stellwertintervalle vorgegeben sind, sodass die ermittelten Stellwerte jeweils Elemente des entsprechenden Stellwertintervalls sind respektive dass die ermittelten Stellwerte den Stellwertgrenzwert nicht über- oder unterschreiten abhängig davon, ob der Stellwertgrenzwert eine obere oder eine untere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt.

[0063] Basierend auf der erfassten Reaktion wird ein Modell 508 des Zugs automatisch gemäß dem Funktionsblock 505 ermittelt und an eine Recheneinheit 509 gesendet. Innerhalb der Recheneinheit 509 wird ein weiterer Funktionsblock 511 ausgeführt, gemäß welchem basierend auf dem Modell 508 des Zugs der zumindest eine Regelparameter 512 automatisch ermittelt wird. Basierend auf dem zumindest einen Regelparameter 512 wird eine ATO-Konfiguration 513 ermittelt und ausgegeben. Basierend auf dieser ATO-Konfiguration 513, welche den zumindest einen ermittelten Regelparameter 512 umfasst, kann dann das ATO-System des Zugs das Zugsteuerungssystem des Zugs steuern.

[0064] Die Recheneinheit 509 oder Teile davon kann zum Beispiel in einer Cloud-Infrastruktur implementiert sein oder alternativ oder zusätzlich zugseitig implementiert sein. Insbesondere kann die Recheneinheit 509 in einer Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt implementiert sein oder eine solche sein. Die Recheneinheit 509 kann zum Beispiel das ATO-System des Zuges sein.

[0065] FIG 6 zeigt ein zweites Blockdiagramm 601, welche das hier beschriebene Konzept beispielhaft erläutern soll.

[0066] Gemäß dem zweiten Blockdiagramm 601 sind ein erstes ATO-System 603, ein zweites ATO-System 605 und ein drittes ATO-System 607 vorgesehen, welche jeweils für ihren Zug gemäß dem hier beschriebenen Konzept jeweils ein Modell des Zugs automatisch ermitteln. So ermittelt das erste ATO-System 603 ein erstes Modell 609 und so ermittelt das zweite ATO-System 605 ein zweites Modell 611 und so ermittelt das dritte ATO-System 607 ein drittes Modell 613. Diese drei Modelle 609, 611, 613 der verschiedenen Züge werden zu einem gemeinsamen Modell 615 verschmolzen, insbesondere unter Berücksichtigung einer gewissen Parameterunsicherheit.

[0067] Basierend auf diesem gemeinsamen Modell 615 werden gemeinsame Regelparameter für die ATO-Systeme 603, 605, 607 ermittelt. Diese gemeinsamen Regelparameter sind symbolisch durch ein Viereck mit dem Bezugszeichen 617 gekennzeichnet. Diese gemeinsamen Regelparameter 617 werden den ATO-Systemen 603, 605, 607 zur Verfügung gestellt, sodass diese basierend auf diesen gemeinsamen Regelparametern 617 das jeweilige Zugsteuerungssystem steuern können. So kann zum Beispiel eine robuste Regelung der Zugsteuerung bewirkt werden. Es kann zum Beispiel ein Regler geschaffen werden, welcher für eine Klasse von Systemen (die verschiedenen Züge) funktioniert.

[0068] Je mehr über das zu steuernde System bekannt ist (gemäß dem hier beschriebenen Konzept handelt es sich um einen Zug), desto besser können die ATO-Regelverstärkungen (Regelparameter) auf Leistung und Robustheit abgestimmt werden. Zum Beispiel ist vorgesehen, dass eine ATO-Software selbst herausfindet, wie sich der Zug dynamisch verhält.

[0069] Wie ein Fahrschüler, der das Fahren auf der Straße lernt, wird das ATO-System selbstständig verschiedene Sollwerte (Stellwerte) ermitteln, insbesondere auswählen aus einer Vielzahl von Stellwerten, und die Reaktion des Zuges darauf messen.

[0070] Zum Beispiel ist vorgesehen, dass ein Betrieb des Zugs zwecks Ausführung des Verfahrens überwacht wird. Zum Beispiel ist vorgesehen, dass Eingriffe vorgenommen werden, wenn z.B. festgelegte Beschleunigungsgrenzen überschritten werden (Schutzzone oder gesicherte Zone 503 gemäß FIG 5).

[0071] Die Anwendung verschiedener Eingangsreihen (verschiedene Stellwerte) und die Beobachtung des Ausgangs (erfasste Reaktion) liefern dem ATO-System genügend Informationen, um intern ein Modell des Zugs zu erstellen, das dann virtuell (und insbesondere völlig autonom) verwendet werden kann, um einen robusten Regler zu entwerfen. Dabei kann ein regelbasierter Ansatz bestimmte lineare Aspekte des Modells ausnutzen oder ein digitaler Zwilling des Zugs wird mit einem Monte-Carlo-Ansatz analysiert. Basierend auf der erfassten Reaktion, insbesondere basierend auf dem Modell des Zugs, kann eine Reihe von Verstärkungen, die Regelparameter, für den zu verwendenden ATO-Regler des ATO-Systems ermittelt werden.

[0072] Das ATO-System des Zugs kann zum Beispiel zunächst selbständig eine Reihe von Tests durchführen. Auch die Durchführung dieser Tests ist zum Beispiel vollständig automatisiert, und die ATO-Software kann zum Beispiel selbständig ein Fahrzeugmodell des Zuges erstellen, also ohne menschliche Interaktion. Sobald ein Fahrzeugmodell (Modell des Zugs) vorliegt, können die Verstärkungen autonom auf der Grundlage von Regelsätzen ausgewählt werden, und der Zug kann in Betrieb genommen werden. Dies bringt einen klaren Zeitvorteil und eine enorme Vereinfachung des Prozesses mit sich.

[0073] Robustheit und Leistung sind stets negative Ziele bei der Entwicklung von Steuerungen. Möchte man die Leistung erhöhen und gleichzeitig die Robustheit im Betrieb gewährleisten, sind größere Anstrengungen bei der Wahl geeigneter Regelverstärkungen erforderlich. Die Wahl der Verstärkungen wird auch stark von der Erfahrung des Experten abhängen, der sie auswählt. Das hier beschriebene Konzept beschleunigt nicht nur den Prozess beträchtlich (,weil es direkt vom Zug aus autonom abläuft,), sondern es beseitigt auch Verzerrungen im Ergebnis.

[0074] Sobald die Verstärkungen (Regelparameter) für einen Zug ermittelt wurden, können basierend weitere Regelparameter ermittelt werden, die für zwei, drei oder hundert (leicht) dynamisch unterschiedliche Züge ausreichend gut funktionieren. Dadurch kann von Skalierungsaspekten profitiert werden. Zum Beispiel können mehrere ATO-Systeme von den unterschiedlichen Zügen jeweils für sich das Verfahren ausführen, wobei basierend auf den jeweils ermittelten Fahrzeugmodellen und/oder basierend auf den jeweils einzeln ermittelten Regelparametern gemeinsame Regelparameter für die ATO-Systeme ermittelt werden.

[0075] Obwohl die Erfindung im Detail durch die bevorzugten Ausführungsbeispiele näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.


Ansprüche

1. Verfahren zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters (512) für ein ATO-System (505, 603, 605, 607) für einen Zug (301) mit mindestens einem Triebfahrzeug (303), umfassend die folgenden Schritte:

automatisches Ermitteln (101) zumindest eines Stellwerts für ein Zugsteuerungssystem (307) des Triebfahrzeugs (303),

automatisches Ausgeben (103) des zumindest einen ermittelten Stellwerts, um den Zug (301), insbesondere das Triebfahrzeug (303), basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems (307) zu steuern,

automatisches Erfassen (105) einer Reaktion des Zuges (301) auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts,

automatisches Ermitteln (107) von zumindest einem Regelparameter (512) für das ATO-System (505, 603, 605, 607) basierend auf der erfassten Reaktion.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Zugsteuerungssystem (307) ein Antriebssystem umfasst, um das Antriebssystem basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion des Zuges (301) auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen einer Reaktion des Zuges (301) auf ein Steuern des Antriebssystems basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert umfasst.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Zugsteuerungssystem (307) ein Bremssystem umfasst, um das Bremssystem basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion des Zuges (301) auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen einer Reaktion des Zuges (301) auf ein Steuern des Bremssystems basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert umfasst.
 
4. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei der zumindest eine Stellwert basierend auf einem statischen und/oder dynamischen Stellwertgrenzwert derart automatisch ermittelt wird, dass der ermittelte Stellwert den jeweiligen Stellwertgrenzwert nicht überschreitet oder unterschreitet abhängig davon, ob der jeweilige Stellwertgrenzwert eine obere oder eine untere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt.
 
5. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei der zumindest eine Stellwert basierend auf einem Stellwertintervall derart automatisch ermittelt wird, dass der ermittelte Stellwert ein Element des Stellwertintervalls ist.
 
6. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei basierend auf der erfassten Reaktion ein Modell (508, 609, 611, 613) des Zuges (301) automatisch ermittelt wird, wobei der zumindest eine Regelparameter (512) basierend auf dem ermittelten Modell (508, 609, 611, 613) des Zuges (301) automatisch ermittelt wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, wobei das ermittelte Modell (508, 609, 611, 613) einer vorgegebenen Modellstruktur entspricht oder auf der vorgegebenen Modellstruktur basiert.
 
8. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei das Verfahren für mehrere Züge durchgeführt wird, wobei basierend auf den jeweils ermittelten zumindest einen Regelparametern (512) ein jeweiliger für die mehreren Züge gemeinsamer Regelparameter (617) ermittelt wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8 und einem der Ansprüche 6 und 7, wobei die jeweiligen ermittelten Modelle (508, 609, 611, 613) der jeweiligen Züge zu einem gemeinsamen Modell (615) verschmolzen werden, wobei der jeweilige gemeinsame Regelparameter (617) basierend auf dem verschmolzenen gemeinsamen Modell (615) ermittelt wird.
 
10. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei das Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein Messen zumindest einer kinematischen Größe des Zuges umfasst, wobei der zumindest eine Regelparameter basierend auf der zumindest einen gemessenen kinematischen Größe des Zuges automatisch ermittelt wird.
 
11. Vorrichtung (201), die eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 10 auszuführen.
 
12. Vorrichtung (201) nach Anspruch 11, welche ein ATO-System (505, 603, 605, 607) ist, wobei das ATO-System (505, 603, 605, 607) eingerichtet ist, seinen zumindest einen eigenen Regelparameter (512) selbst automatisch zu ermitteln.
 
13. Zug (301) mit mindestens einem Triebfahrzeug (303), umfassend die Vorrichtung (201) nach Anspruch 11 oder 12.
 
14. Computerprogramm (403), umfassend Befehle, die bei Ausführung des Computerprogramms (403) durch einen Computer diesen veranlassen, ein Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10 auszuführen.
 
15. Maschinenlesbares Speichermedium (401), auf dem das Computerprogramm (403) nach Anspruch 14 gespeichert ist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht