[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters
für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug, eine Vorrichtung,
einen Zug, ein Computerprogramm und ein maschinenlesbares Speichermedium.
[0002] "ATO" steht für "Automatic Train Operation" und kann mit automatisiertem Fahrbetrieb
übersetzt werden. Hierbei wird die Zugsteuerung ganz oder teilweise vom Fahrtrechner
übernommen.
[0003] ATO-Systeme benötigen Regelparameter basierend auf welchen sie den Zug oder das Triebfahrzeug
steuern. Regelparameter, die mit einem bestimmten Zug funktionieren, funktionieren
möglicherweise nicht für einen anderen Zug und umgekehrt.
[0004] Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe ist darin zu sehen, ein Konzept zum effizienten
Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens
einem Triebfahrzeug bereitzustellen.
[0005] Diese Aufgabe wird mittels des jeweiligen Gegenstands der unabhängigen Ansprüche
gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand von jeweils abhängigen
Unteransprüchen.
[0006] Nach einem ersten Aspekt wird ein Verfahren zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters
für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug bereitgestellt,
umfassend die folgenden Schritte:
automatisches Ermitteln zumindest eines Stellwerts für ein Zugsteuerungssystem des
Triebfahrzeugs,
automatisches Ausgeben des zumindest einen ermittelten Stellwerts, um den Zug, insbesondere
das Triebfahrzeug, basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert mittels
des Zugsteuerungssystems zu steuern,
automatisches Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen
Stellwerts,
automatisches Ermitteln von zumindest einem Regelparameter für das ATO-System basierend
auf der erfassten Reaktion.
[0007] Nach einem zweiten Aspekt wird eine Vorrichtung bereitgestellt, die eingerichtet
ist, alle Schritte des Verfahrens nach dem ersten Aspekt auszuführen.
[0008] Nach einem dritten Aspekt wird ein Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug bereitgestellt,
wobei der Zug die Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt umfasst.
[0009] Nach einem vierten Aspekt wird ein Computerprogramm bereitgestellt, welches Befehle
umfasst, die bei Ausführung des Computerprogramms durch einen Computer, beispielsweise
durch die Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt und/oder durch den Zug nach dem dritten
Aspekt, diesen veranlassen, ein Verfahren gemäß dem ersten Aspekt auszuführen.
[0010] Nach einem fünften Aspekt wird ein maschinenlesbares Speichermedium bereitgestellt,
auf dem das Computerprogramm nach dem vierten Aspekt gespeichert ist.
[0011] Die Erfindung basiert auf der Erkenntnis und schließt diese mit ein, dass die obige
Aufgabe dadurch gelöst wird, dass der zumindest eine Regelparameter automatisch ermittelt
wird. Dies bedeutet, dass die einzelnen Verfahrensschritte automatisch durchgeführt
werden. Nach Start des Verfahrens läuft dieses automatisch ab. Somit kann der zumindest
eine Regelparameter effizient und zeitsparend ermittelt werden.
[0012] Somit wird insbesondere der technische Vorteil bewirkt, dass ein Konzept zum effizienten
Ermitteln zumindest eines Regelparameters für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens
einem Triebfahrzeug bereitgestellt ist.
[0013] Ein Synonym für den Begriff "Zug" ist der Begriff "Zugverband" oder der Begriff "Zugkomposition"
oder der Begriff "Schienenfahrzeug". Ein Zug bezeichnet somit insbesondere eine Zugkomposition
umfassend mindestens ein Triebfahrzeug und einen oder mehrere Wagen.
[0014] Das Erfassen einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts
umfasst in einer Ausführungsform des Verfahrens ein Messen zumindest einer kinematischen
Größe des Zuges, wobei der zumindest eine Regelparameter basierend auf der zumindest
einen gemessenen kinematischen Größe des Zuges automatisch ermittelt wird.
[0015] Eine kinematische Größe des Zuges umfasst zum Beispiel eine der folgenden kinematischen
Größen: Ruck, Beschleunigung, Geschwindigkeit und Ort.
[0016] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Zugsteuerungssystem
ein Antriebssystem umfasst, um das Antriebssystem basierend auf dem zumindest einen
ausgegebenen Stellwert zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion
des Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen
einer Reaktion des Zuges auf ein Steuern des Antriebssystems basierend auf dem zumindest
einen ausgegebenen Stellwert umfasst.
[0017] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass die Reaktion des Zuges
auf ein Steuern des Antriebssystems effizient erfasst werden kann, sodass basierend
darauf, also auf der erfassten Reaktion auf ein Steuern des Antriebssystems basierend
auf dem Stellwert, der zumindest eine Regelparameter automatisch ermittelt werden
kann. Gemäß dieser Ausführungsform ist also vorgesehen, dass der Zug basierend auf
dem Stellwert angetrieben wird. Es wird also eine Reaktion des Zuges auf einen vorgegebenen
Antriebsbefehl (Stellwert) erfasst.
[0018] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Zugsteuerungssystem
ein Bremssystem umfasst, um das Bremssystem basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen
Stellwert zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion des Zuges auf
die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen einer Reaktion
des Zuges auf ein Steuern des Bremssystems basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen
Stellwert umfasst.
[0019] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass eine Reaktion des
Zuges auf ein Steuern des Bremssystems effizient erfasst werden kann, sodass basierend
darauf, also auf der Reaktion des Zuges auf ein Steuern des Bremssystems basierend
auf dem Stellwert, der zumindest eine Regelparameter für das ATO-System effizient
ermittelt werden kann. Gemäß dieser Ausführungsform ist also vorgesehen, dass der
Zug basierend auf dem Stellwert gebremst wird. Es wird also eine Reaktion des Zuges
auf einen vorgegebenen Bremsbefehl (Stellwert) erfasst.
[0020] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass wobei der zumindest
eine Stellwert basierend auf einem statischen und/oder dynamischen Stellwertgrenzwert
derart automatisch ermittelt wird, dass der ermittelte Stellwert den jeweiligen Stellwertgrenzwert
nicht überschreitet oder unterschreitet abhängig davon, ob der jeweilige Stellwertgrenzwert
eine obere oder eine untere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt.
[0021] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass nur zulässige Stellwerte
verwendet werden, um das Zugsteuerungssystem zu steuern.
[0022] Ein statischer Stellwertgrenzwert ist vorzugsweise durch eine fest konfigurierte
Grenze oder Grenzen vorgegeben. Der ermittelte Stellwert kann zum Beispiel zwischen
-100% (unterer Stellwertgrenzwert) und +100% (oberer Stellwertgrenzwert) liegen, wobei
-100% sich auf die maximal mögliche betriebliche Bremskraft und +100% auf die maximal
mögliche betriebliche Antriebskraft beziehen. Der ermittelte Stellwert darf zum Beispiel
gleich dem oberen und/oder gleich dem unteren Stellwertgrenzwert sein. Beschränkungen
dynamischer Natur, also ein dynamischer Stellwertgrenzwert, beziehen zum Beispiel
den aktuellen Zugzustand, wie zum Beispiel Geschwindigkeit, Beschleunigung und/oder
Ruck des Zuges ein und beachten zum Beispiel zu einen oder mehrere zu erwartende Gradienten
der Geschwindigkeit, der Beschleunigung und/oder des Rucks auf der Strecke des Zugs.
Ein dynamischer Stellwertgrenzwert ist somit im Gegensatz zu einem statischen Stellwertgrenzwert
zum Beispiel zeitlich variabel und eignet sich insbesondere unter anderem zum Erkennen
und Unterbinden eines schwingenden oder anderweitig grenzwertigen Zustands im Zugverband.
Ein dynamischer Stellwertgrenzwert basiert also zum Beispiel auf einem aktuellen und/oder
zukünftigen Zugzustand. Ein dynamischer Stellwertgrenzwert wird also zum Beispiel
während einer Ausführung des Verfahrens ermittelt.
[0023] Zum Beispiel ist vorgesehen, dass ein dynamischer Stellwertgrenzwert basierend auf
einem aktuellen und/oder zukünftigen Zugzustand ermittelt wird. Ein Zugzustand des
Zugs gibt zum Beispiel folgendes an: Geschwindigkeit, Beschleunigung und/oder Ruck.
[0024] Wenn der Stellwertgrenzwert eine untere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt,
so wird also der zumindest eine Stellwert derart automatisch ermittelt, dass der ermittelte
Stellwert den Stellwertgrenzwert nicht unterschreitet.
[0025] Sofern der Stellwertgrenzwert eine obere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt,
so wird der zumindest eine Stellwert derart automatisch ermittelt, dass der ermittelte
Stellwert den Stellwertgrenzwert nicht überschreitet.
[0026] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass der zumindest eine Stellwert
basierend auf einem Stellwertintervall derart automatisch ermittelt wird, dass der
ermittelte Stellwert ein Element des Stellwertintervalls ist.
[0027] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass effizient sichergestellt
werden kann, dass nur geeignete Stellwerte für das Steuern des Zugsteuerungssystems
verwendet werden können.
[0028] Das Stellwertintervall ist beispielsweise ein offenes Intervall oder ist zum Beispiel
ein geschlossenes Intervall oder ist zum Beispiel ein halb-offenes Intervall. Bei
einem halboffenen Intervall gehört die untere Grenze oder die obere Grenze noch mit
zum Intervall.
[0029] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass basierend auf der erfassten
Reaktion ein Modell des Zuges automatisch ermittelt wird, wobei der zumindest eine
Regelparameter basierend auf dem ermittelten Modell des Zuges automatisch ermittelt
wird.
[0030] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass der zumindest eine
Regelparameter effizient ermittelt werden kann.
[0031] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das ermittelte Modell
einer vorgegebenen Modellstruktur entspricht oder auf der vorgegebenen Modellstruktur
basiert.
[0032] Dies hat den technischen Vorteil, dass zum Beispiel eine Modellbeschreibung und ein
darauf aufbauender Reglerentwurf auch vereinfacht, d.h. in erster Näherung erfolgen
können. Die vorgegebene Modellstruktur beschreibt dabei insbesondere die dem Modell
zu Grunde liegenden Bewegungsgleichungen vollständig und gibt dem Verfahren somit
zum Beispiel Grenzen vor, in dessen es eine Parametrierung durchführen kann.
[0033] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass auch ein als besonders
wichtig erachtetes Detail zur Beschreibung der Zugdynamik berücksichtigt werden kann,
ohne das komplette Modell hochgenau nachbilden zu müssen.
[0034] Ist die Modellidentifikation nicht eingeschränkt, so können zum Beispiel komplexe
Dynamiken in das Modell einfließen, welche die spätere automatische Bestimmung der
Regelparameter erschweren. Dies wird in vorteilhafter Weise durch diese Ausführungsform
effizient verhindert, sodass eine spätere automatische Bestimmung der Regelparameter
vereinfacht wird.
[0035] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Verfahren für mehrere
Züge durchgeführt wird, wobei basierend auf den jeweils ermittelten zumindest einen
Regelparametern ein jeweiliger für die mehreren Züge gemeinsamer Regelparameter ermittelt
wird.
[0036] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass für mehrere Züge ein
gemeinsamer Regelparameter effizient ermittelt werden kann. Somit können die jeweiligen
ATO-Systeme dieser mehreren Züge basierend auf diesem gemeinsamen Regelparameter oder
den gemeinsamen Regelparametern effizient die Züge steuern. Somit vereinfacht sich
der Konfigurationsaufwand für die mehreren Züge, also für eine Flotte von mehreren
Zügen.
[0037] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass die jeweiligen ermittelten
Modelle der jeweiligen Züge zu einem gemeinsamen Modell verschmolzen werden, wobei
der jeweilige gemeinsame Regelparameter basierend auf dem verschmolzenen gemeinsamen
Modell ermittelt wird.
[0038] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass der jeweilige gemeinsame
Regelparameter für jeden Zug gleich ist und für alle Züge verwendet werden kann. Somit
vereinfacht sich der Konfigurationsaufwand für die Flotte. Während zum Beispiel für
die jeweils einzeln ermittelten Modelle der jeweiligen Züge konkrete Zahlenwerte für
die Modellparameter angenommen werden, liegen diese Modellparameter im verschmolzenen
Modell zum Beispiel als Intervall vor. Die Modelle der einzelnen Züge werden dann
zum Beispiel zu einer Teilmenge des gemeinsamen Modells.
[0039] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass dieses ein computerimplementiertes
Verfahren ist.
[0040] Verfahrensmerkmale ergeben sich analog aus entsprechenden Vorrichtungsmerkmalen und/oder
Zugmerkmalen und umgekehrt. Dies bedeutet, dass sich technische Funktionalitäten des
Verfahrens analog aus entsprechenden technischen Funktionalitäten der Vorrichtung
und/oder des Zugs oder umgekehrt ergeben.
[0041] In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Verfahren mittels der Vorrichtung
nach dem zweiten Aspekt und/oder mittels des Zugs nach dem dritten Aspekt aus- oder
durchgeführt wird.
[0042] Zum Beispiel ist vorgesehen, dass der Zug eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens
nach dem ersten Aspekt auszuführen.
[0043] In einer Ausführungsform der Vorrichtung ist vorgesehen, dass diese ein ATO-System
ist, wobei das ATO-System eingerichtet ist, seinen zumindest einen eigenen Regelparameter
selbst automatisch zu ermitteln.
[0044] Dadurch wird zum Beispiel der technische Vorteil bewirkt, dass das ATO-System seinen
eigenen Regelparameter selbst automatisch effizient ermitteln kann.
[0045] In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass der Zug das Zugsteuerungssystem umfasst.
Zum Beispiel umfasst das Triebfahrzeug das Zugsteuerungssystem.
[0046] Die Formulierung "zumindest ein(e)" bedeutet "ein(e) oder mehrere". Die Formulierung
"mindestens ein(e)" bedeutet "ein(e) oder mehrere".
[0047] Ausführungen, die in Zusammenhang mit einem Regelparameter gemacht sind, gelten analog
für mehrere Regelparameter und umgekehrt. Ausführungen, die in Zusammenhang mit einem
Triebfahrzeug gemacht sind, gelten analog für mehrere Triebfahrzeuge und umgekehrt.
[0048] Die hier beschriebenen Ausführungsformen und Ausführungsbeispiele können in beliebiger
Form miteinander kombiniert werden, auch wenn dies nicht explizit beschrieben sein
sollte.
[0049] Die Abkürzung "ATO" steht für "Automatic Train Operation" und kann mit "automatisierter
Fahrbetrieb" übersetzt werden. Ein automatisierter Fahrbetrieb kennzeichnet einen
Fahrbetrieb des Zugs, bei dem die Zugsteuerung ganz oder teilweise von einem Fahrtrechner
des Zugs übernommen wird, also von einem ATO-System.
[0050] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass basierend auf dem zumindest
einen Regelparameter eine ATO-System-Konfiguration ermittelt wird. Die ATO-System-Konfiguration
umfasst zum Beispiel den oder die ermittelten Regelparameter.
[0051] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass dieses den Schritt des
Steuerns des Zugs, insbesondere des Triebfahrzeugs, basierend auf dem zumindest einen
ausgegebenen Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems umfasst.
[0052] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie
die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich
im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang
mit den Zeichnungen näher erläutert werden, wobei
FIG 1 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters
für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug,
FIG 2 eine Vorrichtung,
FIG 3 einen Zug,
FIG 4 ein maschinenlesbares Speichermedium,
FIG 5 ein erstes Blockdiagramm und
FIG 6 ein zweites Blockdiagramm
zeigen.
[0053] FIG 1 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters
für ein ATO-System für einen Zug mit mindestens einem Triebfahrzeug, umfassend die
folgenden Schritte:
automatisches Ermitteln 101 zumindest eines Stellwerts für ein Zugsteuerungssystem
des Triebfahrzeugs,
automatisches Ausgeben 103 des zumindest einen ermittelten Stellwerts, um den Zug,
insbesondere das Triebfahrzeug, basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert
mittels des Zugsteuerungssystems zu steuern,
automatisches Erfassen 105 einer Reaktion des Zuges auf die Ausgabe des zumindest
einen Stellwerts,
automatisches Ermitteln 107 von zumindest einem Regelparameter für das ATO-System
basierend auf der erfassten Reaktion.
[0054] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass basierend auf dem zumindest
einen Regelparameter eine ATO-System-Konfiguration ermittelt wird. Die ATO-System-Konfiguration
umfasst zum Beispiel den oder die ermittelten Regelparameter.
[0055] In einer Ausführungsform des Verfahrens ist vorgesehen, dass dieses den Schritt des
Steuerns des Triebfahrzeugs basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert
mittels des Zugsteuerungssystems umfasst.
[0056] FIG 2 zeigt eine Vorrichtung 201, die eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens
nach dem ersten Aspekt auszuführen. Die Vorrichtung 201 ist zum Beispiel ein ATO-System.
Das ATO-System ist eingerichtet, einen zumindest einen eigenen Regelparameter selbst
automatisch zu ermitteln.
[0057] FIG 3 zeigt einen Zug 301, wobei der Zug 301 ein Triebfahrzeug 303 umfasst. Das Triebfahrzeug
303 umfasst die Vorrichtung 201 der FIG 2. Weiter umfasst der Zug 301 einen Wagen
305, welcher mit dem Triebfahrzeug 303 gekoppelt ist.
[0058] Der Zug umfasst weiter ein Zugsteuerungssystem 307, welches durch die Vorrichtung
201 gesteuert werden kann.
[0059] FIG 4 zeigt ein maschinenlesbares Speichermedium 401, auf dem ein Computerprogramm
403 gespeichert ist. Das Computerprogramm 403 umfasst Befehle, die bei Ausführung
des Computerprogramms durch einen Computer diesen veranlassen, ein Verfahren gemäß
dem ersten Aspekt auszuführen.
[0060] FIG 5 zeigt ein erstes Blockdiagramm 501, welches das hier beschriebene Konzept beispielhaft
erläutern soll.
[0061] Innerhalb einer gesicherten Zone oder eines gesicherten Bereichs 503 wird ein Funktionsblock
505 ausgeführt. Gemäß dem Funktionsblock 505 werden die Schritte des automatischen
Ermittelns zumindest eines Stellwerts, das automatische Ausgeben des zumindest einen
ermittelten Stellwerts und das automatische Erfassen einer Reaktion des Zugs auf die
Ausgabe des zumindest einen Stellwerts durchgeführt.
[0062] Diese Schritte werden in der realen Welt 507 durchgeführt, also direkt auf dem Zug
selbst, insbesondere mittels des ATO-Systems des Zugs. Dass diese Schritte innerhalb
einer gesicherten Zone 503 ausgeführt werden, bedeutet zum Beispiel, dass ein Stellwertgrenzwert
oder mehrere Stellwertgrenzwerte vorgegeben sind und/oder dass ein Stellwertintervall
oder mehrere Stellwertintervalle vorgegeben sind, sodass die ermittelten Stellwerte
jeweils Elemente des entsprechenden Stellwertintervalls sind respektive dass die ermittelten
Stellwerte den Stellwertgrenzwert nicht über- oder unterschreiten abhängig davon,
ob der Stellwertgrenzwert eine obere oder eine untere Grenze für einen ermittelten
Stellwert darstellt.
[0063] Basierend auf der erfassten Reaktion wird ein Modell 508 des Zugs automatisch gemäß
dem Funktionsblock 505 ermittelt und an eine Recheneinheit 509 gesendet. Innerhalb
der Recheneinheit 509 wird ein weiterer Funktionsblock 511 ausgeführt, gemäß welchem
basierend auf dem Modell 508 des Zugs der zumindest eine Regelparameter 512 automatisch
ermittelt wird. Basierend auf dem zumindest einen Regelparameter 512 wird eine ATO-Konfiguration
513 ermittelt und ausgegeben. Basierend auf dieser ATO-Konfiguration 513, welche den
zumindest einen ermittelten Regelparameter 512 umfasst, kann dann das ATO-System des
Zugs das Zugsteuerungssystem des Zugs steuern.
[0064] Die Recheneinheit 509 oder Teile davon kann zum Beispiel in einer Cloud-Infrastruktur
implementiert sein oder alternativ oder zusätzlich zugseitig implementiert sein. Insbesondere
kann die Recheneinheit 509 in einer Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt implementiert
sein oder eine solche sein. Die Recheneinheit 509 kann zum Beispiel das ATO-System
des Zuges sein.
[0065] FIG 6 zeigt ein zweites Blockdiagramm 601, welche das hier beschriebene Konzept beispielhaft
erläutern soll.
[0066] Gemäß dem zweiten Blockdiagramm 601 sind ein erstes ATO-System 603, ein zweites ATO-System
605 und ein drittes ATO-System 607 vorgesehen, welche jeweils für ihren Zug gemäß
dem hier beschriebenen Konzept jeweils ein Modell des Zugs automatisch ermitteln.
So ermittelt das erste ATO-System 603 ein erstes Modell 609 und so ermittelt das zweite
ATO-System 605 ein zweites Modell 611 und so ermittelt das dritte ATO-System 607 ein
drittes Modell 613. Diese drei Modelle 609, 611, 613 der verschiedenen Züge werden
zu einem gemeinsamen Modell 615 verschmolzen, insbesondere unter Berücksichtigung
einer gewissen Parameterunsicherheit.
[0067] Basierend auf diesem gemeinsamen Modell 615 werden gemeinsame Regelparameter für
die ATO-Systeme 603, 605, 607 ermittelt. Diese gemeinsamen Regelparameter sind symbolisch
durch ein Viereck mit dem Bezugszeichen 617 gekennzeichnet. Diese gemeinsamen Regelparameter
617 werden den ATO-Systemen 603, 605, 607 zur Verfügung gestellt, sodass diese basierend
auf diesen gemeinsamen Regelparametern 617 das jeweilige Zugsteuerungssystem steuern
können. So kann zum Beispiel eine robuste Regelung der Zugsteuerung bewirkt werden.
Es kann zum Beispiel ein Regler geschaffen werden, welcher für eine Klasse von Systemen
(die verschiedenen Züge) funktioniert.
[0068] Je mehr über das zu steuernde System bekannt ist (gemäß dem hier beschriebenen Konzept
handelt es sich um einen Zug), desto besser können die ATO-Regelverstärkungen (Regelparameter)
auf Leistung und Robustheit abgestimmt werden. Zum Beispiel ist vorgesehen, dass eine
ATO-Software selbst herausfindet, wie sich der Zug dynamisch verhält.
[0069] Wie ein Fahrschüler, der das Fahren auf der Straße lernt, wird das ATO-System selbstständig
verschiedene Sollwerte (Stellwerte) ermitteln, insbesondere auswählen aus einer Vielzahl
von Stellwerten, und die Reaktion des Zuges darauf messen.
[0070] Zum Beispiel ist vorgesehen, dass ein Betrieb des Zugs zwecks Ausführung des Verfahrens
überwacht wird. Zum Beispiel ist vorgesehen, dass Eingriffe vorgenommen werden, wenn
z.B. festgelegte Beschleunigungsgrenzen überschritten werden (Schutzzone oder gesicherte
Zone 503 gemäß FIG 5).
[0071] Die Anwendung verschiedener Eingangsreihen (verschiedene Stellwerte) und die Beobachtung
des Ausgangs (erfasste Reaktion) liefern dem ATO-System genügend Informationen, um
intern ein Modell des Zugs zu erstellen, das dann virtuell (und insbesondere völlig
autonom) verwendet werden kann, um einen robusten Regler zu entwerfen. Dabei kann
ein regelbasierter Ansatz bestimmte lineare Aspekte des Modells ausnutzen oder ein
digitaler Zwilling des Zugs wird mit einem Monte-Carlo-Ansatz analysiert. Basierend
auf der erfassten Reaktion, insbesondere basierend auf dem Modell des Zugs, kann eine
Reihe von Verstärkungen, die Regelparameter, für den zu verwendenden ATO-Regler des
ATO-Systems ermittelt werden.
[0072] Das ATO-System des Zugs kann zum Beispiel zunächst selbständig eine Reihe von Tests
durchführen. Auch die Durchführung dieser Tests ist zum Beispiel vollständig automatisiert,
und die ATO-Software kann zum Beispiel selbständig ein Fahrzeugmodell des Zuges erstellen,
also ohne menschliche Interaktion. Sobald ein Fahrzeugmodell (Modell des Zugs) vorliegt,
können die Verstärkungen autonom auf der Grundlage von Regelsätzen ausgewählt werden,
und der Zug kann in Betrieb genommen werden. Dies bringt einen klaren Zeitvorteil
und eine enorme Vereinfachung des Prozesses mit sich.
[0073] Robustheit und Leistung sind stets negative Ziele bei der Entwicklung von Steuerungen.
Möchte man die Leistung erhöhen und gleichzeitig die Robustheit im Betrieb gewährleisten,
sind größere Anstrengungen bei der Wahl geeigneter Regelverstärkungen erforderlich.
Die Wahl der Verstärkungen wird auch stark von der Erfahrung des Experten abhängen,
der sie auswählt. Das hier beschriebene Konzept beschleunigt nicht nur den Prozess
beträchtlich (,weil es direkt vom Zug aus autonom abläuft,), sondern es beseitigt
auch Verzerrungen im Ergebnis.
[0074] Sobald die Verstärkungen (Regelparameter) für einen Zug ermittelt wurden, können
basierend weitere Regelparameter ermittelt werden, die für zwei, drei oder hundert
(leicht) dynamisch unterschiedliche Züge ausreichend gut funktionieren. Dadurch kann
von Skalierungsaspekten profitiert werden. Zum Beispiel können mehrere ATO-Systeme
von den unterschiedlichen Zügen jeweils für sich das Verfahren ausführen, wobei basierend
auf den jeweils ermittelten Fahrzeugmodellen und/oder basierend auf den jeweils einzeln
ermittelten Regelparametern gemeinsame Regelparameter für die ATO-Systeme ermittelt
werden.
[0075] Obwohl die Erfindung im Detail durch die bevorzugten Ausführungsbeispiele näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
1. Verfahren zum Ermitteln zumindest eines Regelparameters (512) für ein ATO-System (505,
603, 605, 607) für einen Zug (301) mit mindestens einem Triebfahrzeug (303), umfassend
die folgenden Schritte:
automatisches Ermitteln (101) zumindest eines Stellwerts für ein Zugsteuerungssystem
(307) des Triebfahrzeugs (303),
automatisches Ausgeben (103) des zumindest einen ermittelten Stellwerts, um den Zug
(301), insbesondere das Triebfahrzeug (303), basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen
Stellwert mittels des Zugsteuerungssystems (307) zu steuern,
automatisches Erfassen (105) einer Reaktion des Zuges (301) auf die Ausgabe des zumindest
einen Stellwerts,
automatisches Ermitteln (107) von zumindest einem Regelparameter (512) für das ATO-System
(505, 603, 605, 607) basierend auf der erfassten Reaktion.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Zugsteuerungssystem (307) ein Antriebssystem
umfasst, um das Antriebssystem basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert
zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion des Zuges (301) auf die
Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen einer Reaktion des
Zuges (301) auf ein Steuern des Antriebssystems basierend auf dem zumindest einen
ausgegebenen Stellwert umfasst.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Zugsteuerungssystem (307) ein Bremssystem
umfasst, um das Bremssystem basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen Stellwert
zu steuern, sodass das automatische Erfassen einer Reaktion des Zuges (301) auf die
Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein automatisches Erfassen einer Reaktion des
Zuges (301) auf ein Steuern des Bremssystems basierend auf dem zumindest einen ausgegebenen
Stellwert umfasst.
4. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei der zumindest eine Stellwert
basierend auf einem statischen und/oder dynamischen Stellwertgrenzwert derart automatisch
ermittelt wird, dass der ermittelte Stellwert den jeweiligen Stellwertgrenzwert nicht
überschreitet oder unterschreitet abhängig davon, ob der jeweilige Stellwertgrenzwert
eine obere oder eine untere Grenze für einen ermittelten Stellwert darstellt.
5. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei der zumindest eine Stellwert
basierend auf einem Stellwertintervall derart automatisch ermittelt wird, dass der
ermittelte Stellwert ein Element des Stellwertintervalls ist.
6. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei basierend auf der erfassten Reaktion
ein Modell (508, 609, 611, 613) des Zuges (301) automatisch ermittelt wird, wobei
der zumindest eine Regelparameter (512) basierend auf dem ermittelten Modell (508,
609, 611, 613) des Zuges (301) automatisch ermittelt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, wobei das ermittelte Modell (508, 609, 611, 613) einer
vorgegebenen Modellstruktur entspricht oder auf der vorgegebenen Modellstruktur basiert.
8. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei das Verfahren für mehrere Züge
durchgeführt wird, wobei basierend auf den jeweils ermittelten zumindest einen Regelparametern
(512) ein jeweiliger für die mehreren Züge gemeinsamer Regelparameter (617) ermittelt
wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8 und einem der Ansprüche 6 und 7, wobei die jeweiligen ermittelten
Modelle (508, 609, 611, 613) der jeweiligen Züge zu einem gemeinsamen Modell (615)
verschmolzen werden, wobei der jeweilige gemeinsame Regelparameter (617) basierend
auf dem verschmolzenen gemeinsamen Modell (615) ermittelt wird.
10. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei das Erfassen einer Reaktion des
Zuges auf die Ausgabe des zumindest einen Stellwerts ein Messen zumindest einer kinematischen
Größe des Zuges umfasst, wobei der zumindest eine Regelparameter basierend auf der
zumindest einen gemessenen kinematischen Größe des Zuges automatisch ermittelt wird.
11. Vorrichtung (201), die eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens nach einem der
Ansprüche 1 bis 10 auszuführen.
12. Vorrichtung (201) nach Anspruch 11, welche ein ATO-System (505, 603, 605, 607) ist,
wobei das ATO-System (505, 603, 605, 607) eingerichtet ist, seinen zumindest einen
eigenen Regelparameter (512) selbst automatisch zu ermitteln.
13. Zug (301) mit mindestens einem Triebfahrzeug (303), umfassend die Vorrichtung (201)
nach Anspruch 11 oder 12.
14. Computerprogramm (403), umfassend Befehle, die bei Ausführung des Computerprogramms
(403) durch einen Computer diesen veranlassen, ein Verfahren gemäß einem der Ansprüche
1 bis 10 auszuführen.
15. Maschinenlesbares Speichermedium (401), auf dem das Computerprogramm (403) nach Anspruch
14 gespeichert ist.