[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Walzanlage mit mindestens
einem Walzgerüst zum Walzen von Bandmaterial, insbesondere Metallband. Darüber hinaus
betrifft die Erfindung auch die besagte Walzanlage, entweder in Form von Kaltwalzanlagen
oder Warmwalzanlagen.
[0002] Im Stand der Technik erfolgt das Walzen von Metallband typischerweise unter einem
Bandzug, d. h. das Metallband, das beim Walzen eine Dickenreduktion erfährt, ist dabei
typischerweise eingespannt, beispielsweise zwischen zwei benachbarten Walzgerüsten.
Die Konstanz des Bandzuges ist entscheidend für die Qualität des letztendlich gewalzten
Bandmaterials. Wird der Bandzug während des Walzens gestört, so verschlechtert dies
die Qualität des Bandmaterials. Eine bekannte Ursache für eine solche Störung in dem
Bandzug ist der sogenannte Bundschlag. Der Bundschlag entsteht typischerweise dann,
wenn der Bandkopf auf einem Haspeldorn aufgewickelt und nachfolgend mit wenigen Lagen
des Bandmaterials überwickelt wird. Es entsteht ein unrundes Coil mit einer Erhöhung
an einer bestimmten Winkelposition in Umfangsrichtung. Das unrunde Coil bewirkt bei
dem sich drehenden Aufwickelhaspel durch die unterschiedlichen Durchmesser über den
Umfang des Coils verteilt eine unterschiedliche Strecke zwischen dem Walzspalt des
dem Aufwickelhaspel vorgeschalteten Walzgerüstes und dem Aufwickelpunkt an dem unrunden
Coil, was sich in zyklischen Zugstörungen in dem Bandmaterial widerspiegelt. Diese
zyklischen Störungen des Bandzuges wiederum beeinflussen, wie gesagt, die Dickenqualität
des Bandmaterials negativ.
[0003] Im Stand der Technik, z. B. in der deutschen Patentschrift
DE 102 34 047 B4 werden die Frequenzen dieser Zugstörungen ermittelt, z. B. aus Zugmessungen, Dickenmessungen,
Messungen des Coildurchmessers und/oder der Haspel- bzw. Rotationsgeschwindigkeiten,
um dann gezielt mit Beschleunigungszusätzen auf den Haspel und/oder mit Zusätzen auf
die Anstellposition des vorgelagerten Gerüstes den Zugstörungen entgegenzuwirken.
Dies nennt man Bundschlagkompensation.
[0004] Mit dem aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren und System zur Bundschlagkompensation
werden zwar die Folgen des Bundschlags gedämpft, jedoch ist der Vorgang komplex und
der Effekt wird nicht für alle Materialien und Dimensionen gleichgut berücksichtigt.
Im Resultat muss das System im Stand der Technik deshalb lange optimiert werden, bis
es hilft und den Effekt des Bundschlags, wie gewünscht, abschwächt.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein bekanntes Verfahren zum Betreiben einer
Walzanlage sowie eine entsprechende bekannte Walzanlage dahingehend weiterzubilden,
dass der Bundschlag selbst bei einem aufgewickelten Coil reduziert wird.
[0006] Dieser Aufgabe wird verfahrenstechnisch durch das im Patentanspruch 1 beanspruchte
Verfahren gelöst. Diese Lösung ist dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Durchführen
eines Stiches in einem Walzgerüst mindestens eine erste Bandstelle in einem solchen
Abstand von einer Referenzposition an dem Bandmaterial definiert wird, dass die erste
Bandstelle beim Aufwickeln des Bandmaterials auf den Haspeldorn an einer Winkelposition
mit einem vorgegebenen Winkelabstand β zur Winkelposition der Referenzposition (R)
liegt, wobei für β gilt: β > -1° oder β < -10°; wenn das Coil (220) von oben gewickelt
wird, oder β > 10° oder β ≤ 1°, wenn das Coil (220) von unten gewickelt wird, dass
die Bandstelle an dem Bandmaterial während des Durchlaufens des Bandmaterials durch
die Walzanlage nachverfolgt wird und dass schließlich ein Stich durch das Walzgerüst
an der ersten Bandstelle durchgeführt wird.
[0007] Die Begriffe "Abstand" und "Winkelabstand" sind zu unterscheiden. Während der Begriff
"Abstand" eine Band-Länge bezeichnet, meint der Begriff "Winkelabstand" einen Winkel.
Allerdings hängen die beiden Begriffe physikalisch zusammen, zumal sie in der vorliegenden
Beschreibung dasselbe Bandmaterial betreffen, einmal abgewickelt und einmal zu einem
Coil aufgewickelt.
[0008] Der Winkel β wird gemessen in Bezug auf einen fiktiven Strahl, der ausgeht von dem
Mittelpunkt des Coils und der durch den Referenzpunkt geht. Positive Winkel β werden
dann in Wickelrichtung des Coils gemessen, negative Winkel β entgegen der Wickelrichtung.
Das gilt sowohl für von oben wie auch für von unten gewickelte Coils.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren stellt sicher, dass, nachdem das Bandmaterial von
oben oder von unten zu einem Coil aufgewickelt wurde, eine Bandstelle mit einer Dickenreduktion
an einer für einen möglichst konstanten Coildurchmesser günstigen Winkelposition,
bezogen auf die Referenzposition an dem Bandmaterial liegt. Die Referenzposition repräsentiert,
genau wie die Bandstelle, einen Sprung in der Dicke des Bandmaterials und damit eine
Durchmesseränderung am Umfang des Coils, wobei die Dickenänderung an der Referenzposition
eine Erhöhung des Durchmessers, bei der Bandstelle zumeist eine Verringerung des Durchmessers
bedeutet. Diese Bandstellen verteilen sich im Stand der Technik typischerweise zufällig
über den Coilumfang. Stattdessen wird durch das erfindungsgemäße Verfahren sichergestellt,
dass die Referenzposition und die Bandstelle, an der eine Stichabnahme erfolgt, mit
dem beanspruchten Winkelabstand β über den Umfang des Coils verteilt liegen. Das hat
die Konsequenz, dass insgesamt die Unrundheit, d. h. der Bundschlag des Coils verringert
wird. Das bietet den Vorteil, dass eventuelle Störungen des Bandzugs aufgrund der
Unrundheit am Umfang des Coils verringert werden. Daraus resultiert schließlich der
Vorteil, dass Schwankungen im finalen Dickenverlauf des Bandmaterials verringert werden
und damit die Qualität des hergestellten Bandmaterials verbessert wird.
[0010] Weil sie jeweils ungünstig sind im Hinblick auf die angestrebte Rundheit des gewickelten
Coils, wurden bestimmte Winkelabstände β zwischen der Bandstelle K und der Referenzposition,
nämlich -1° ≥ β ≥ -10° für von oben gewickelte Coils und 1°≤ β ≤ 10° für von unten
gewickelte Coils, durch die beanspruchte Definition von β bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren ausgeschlossen.
[0011] Der Winkelabstand β = 0° wurde nicht ausgeklammert, weil in diesem Fall bei sehr
steilen Dickenänderungen die störende Überlappung und somit die Unrundheit des Coils
nicht nennenswert sind. Eine solche steile bzw. sprunghafte Dickenänderung im Band
entsteht beispielsweise dann, wenn die Bandstelle K im Stillstand durch ein Schließen
des Walzgerüstes gebildet wird.
[0012] Das erfindungsgemäße Verfahren findet zwar vorzugsweise Anwendung beim Walzen von
Bandmaterial unter Bandzug; allerdings ist dies keine zwingend notwendige Voraussetzung.
Vielmehr verringert das erfindungsgemäße Verfahren einen Bundschlag auch dann, wenn
das Bandmaterial ohne Zugspannung auf einen Haspeldorn aufgewickelt wird.
[0013] Der Begriff "Stich" meint eine Dickenreduktion oder Stichabnahme.
[0014] Gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung kann der Bandzug in einer Walzanlage
auf verschiedene Weise aufgebaut werden: So kann der Bandzug in dem Bandmaterial zwischen
dem Walzgerüst und der Haspeleinrichtung und/oder zwischen dem Walzgerüst und einem
nachfolgenden weiteren Walzgerüst oder - bei aufgefahrenen Walzgerüsten - zwischen
einem der Walzanlage vorgeschalteten Aggregat, z. B. einer ersten Haspeleinrichtung
oder einem Treiberrollenpaar, und einem der Walzanlage nachgeschalteten Aggregat,
z.B. einer zweiten Haspeleinrichtung aufgebaut werden.
[0015] Gegenüber einem Betrieb der Walzanlage ohne Bandzug erhöhen vorhandene Bandzüge deutlich
die Qualität, insbesondere die Konstanz des Dickenverlaufs, des resultierenden gewalzten
Bandmaterials beim Durchführen von Stichen an dem Bandmaterial.
[0016] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel kann neben der ersten Bandstelle mindestens
auch eine zweite Bandstelle an dem Bandmaterial definiert werden, die in einem solchen
Abstand von der Referenzposition gelegen ist, dass sie beim Aufwickeln des Bandmaterials
auf den Haspeldorn an einer weiteren Winkelposition mit einem vorgegebenen weiteren
Winkelabstand zur Referenzposition liegt. Der Abstand der Referenzposition von der
zweiten Bandstelle ist dabei vorzugsweise größer als der Abstand der Referenzposition
von der ersten Bandstelle. Analog zu dem Verfahren für die erste Bandstelle ist es
auch für die zweite Bandstelle erforderlich, dass sie während des Durchlaufens des
Bandmaterials durch die Walzanlage nachverfolgt, d. h. getrackt, wird und dass ein
weiterer Stich an der nachverfolgten zweiten Bandstelle erfolgt. Die beanspruchten
unterschiedlichen Winkelpositionen für die Referenzposition, die erste Bandstelle
und die zweite Bandstelle bewirken vorteilhafterweise eine weitere Verringerung der
Unrundheit des Coils und damit eine größere Konstanz von dessen finaler Dickenverteilung.
[0017] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel kann der zweite Stich an der zweiten Bandstelle
entweder in dem ersten Walzgerüst, von dem auch bereits der erste Stich an der ersten
Bandstelle durchgeführt wurde, oder in einem weiteren Walzgerüst erfolgen.
[0018] Wie gesagt, ist es grundsätzlich wichtig, dass die Referenzposition, bei der es sich
beispielsweise um den Bandanfang handelt, und die erste und/oder eine weitere Bandstelle
jeweils an unterschiedlichen Winkelpositionen über den Umfang des Coils verteilt liegen.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Abstände der ersten und/oder der weiteren Bandstelle
von der Referenzposition so bemessen sind, dass die erste Bandstelle - in Aufwickelrichtung
gesehen - vor der Referenzposition und die zweite Bandstelle - ebenfalls in Aufwickelrichtung
gesehen - vor der ersten Bandstelle liegt für den Fall, dass das Band von oben auf
den Haspel gewickelt wird. Alternativ sind die Abstände so bemessen, dass die erste
Bandstelle - in Aufwickelrichtung gesehen - hinter der Referenzposition und die zweite
Bandstelle - ebenfalls in Aufwickelrichtung gesehen - hinter der ersten Bandstelle
liegt für den Fall, dass das Band von unten auf den Haspel gewickelt wird.
[0019] Der Begriff "Aufwickelrichtung" wird gleichbedeutend mit dem Begriff "Walzrichtung"
verwendet.
[0020] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel ist es auch denkbar, dass an der ersten
und/oder der zweiten Bandstelle jeweils nicht nur ein Stich, sondern mehrere Stiche
durch unterschiedliche Walzgerüste erfolgen können zum Realisieren einer größeren
Dickenreduktion.
[0021] Vor dem Einfädeln des Bandmaterials wird der Walzspalt mindestens eines Walzgerüstes
gemäß einem abzuarbeitenden Stichplan auf ein gewünschtes Spaltmaß voreingestellt,
so dass eine gewünschte Dicke des Bandmaterials erreicht werden kann. Der Begriff
"voreinstellen" kann jedoch auch ein komplettes Auffahren des Walzgerüstes bedeuten,
so dass dann keine Dickenreduktion beim Durchlaufen des Bandmaterials durch das Walzgerüst
erfolgt. Gleichermaßen kann der Begriff "voreinstellen" auch ein Schließen des Walzspaltes
bedeuten, wobei dann die beiden Arbeitswalzen aufeinanderliegen. Auch bei einem derart
geschlossenen Walzspalt kann typischerweise dennoch ein Einfädeln des Bandmaterials
stattfinden, weil die Arbeitswalzen auffedernd in dem Walzgerüst gelagert sind.
[0022] Schließlich ist das erfindungsgemäße Verfahren auch bei dem Sonderfall einer Reversierwalzanlage
anwendbar. Bei einer Reversierwalzanlage gibt es mindestens ein Walzgerüst, dem eine
Haspeleinrichtung in Walzrichtung nachgeschaltet und eine weitere Haspeleinrichtung
in Walzrichtung vorgeschaltet ist. Das Walzgerüst wird dann in einem Reversierwalzbetrieb
abwechselnd in zwei entgegengesetzten Walzrichtungen betrieben, d. h. die Walzrichtung
wird während des Walzbetrieb mindestens einmal umgekehrt. Dies bedeutet weiterhin,
dass die beiden Haspeleinrichtungen je nach Walzrichtung entweder als Aufwickelhaspel
oder als Abwickelhaspel fungieren. Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren besteht die
Besonderheit bei dem Reversierwalzbetrieb darin, dass im Falle einer ersten Walzrichtung
die Referenzposition durch den Bandkopf und nach der Richtungsumkehr im Falle einer
entgegengesetzten zweiten Walzrichtung die Referenzposition durch den Bandfuß des
Bandmaterials gebildet sein kann. Alternativ kann bei dem Reversierwalzbetrieb die
Referenzposition auch durch eine bei dem - je nach aktueller Walzrichtung - aktuellen
Abwickelhaspel detektierte Bundschlagposition gebildet sein.
[0023] Vorrichtungstechnisch wird die oben genannte Aufgabe der Erfindung für nichtreversierenden
Walzbetrieb durch die Walzanlage gemäß Patentanspruch 10 und für reversierenden Walzbetrieb
durch die Walzanlage gemäß Patentanspruch 11 gelöst. Die Vorteile dieser vorrichtungstechnischen
Lösungen entsprechen den oben mit Bezug auf das beanspruchte Verfahren genannten Vorteilen.
[0024] Der Beschreibung sind 9 Figuren beigefügt, wobei
- Figur 1
- eine erfindungsgemäße Walzanlage mit eingefädeltem Metallband in ein Walzgerüst;
- Figur 2
- die Walzanlage gemäß Figur 1 mit dem angewickelten Bandmaterial auf einer Haspeleinrichtung;
- Figur 3
- das aufgewickelte Coil mit unterschiedlichen Winkelpositionen für eine Referenzposition
und eine erste Bandstelle;
- Figur 4
- die erfindungsgemäße Walzanlage mit zwei Walzgerüsten und nachgeordneter Haspeleinrichtung
zum Realisieren von zwei Bandstellen mit Dickenreduktion in dem Bandmaterial;
- Figur 5
- das resultierende Coil bei dem Bandmaterial und den beiden Bandstellen an verschiedenen
Winkelpositionen;
- Figur 6
- die erfindungsgemäße Walzanlage in Form der Reversierwalzanlage bei Betrieb in einer
ersten Walzrichtung;
- Figur 7
- die Reversierwalzanlage gemäß Figur 6 für den Betrieb bei einer entgegengesetzten
zweiten Walzrichtung;
- Figur 8
- das resultierende Coil mit einer durch Messung ermittelten Exzentrizität am Umfang
des Coils als Referenzposition; und
- Fig. 9
- ein von unten gewickeltes Coil
zeigt.
[0025] Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die genannten Figuren in Form
von Ausführungsbeispielen detailliert beschrieben. In allen Figuren sind gleiche technische
Elemente mit gleichen Bezugszeichen bezeichnet.
[0026] Figur 1 zeigt eine Walzanlage 100 aufweisend ein erstes Walzgerüst F1 und eine dem
ersten Walzgerüst in Walzrichtung W nachgeordnete Haspeleinrichtung 110. Die Haspeleinrichtung
110 verfügt über einen Haspeldorn 112 zum Aufwickeln von gewalztem Metallband 200
zu einem Coil. Vor dem Aufwickeln gelangt das Metallband 200 mit einer Eingangsdicke
h
1e und mit einer Eingangsgeschwindigkeit v
1e an das Walzgerüst F1 und wird dort eingefädelt. Es erfährt dort einen Stich, d. h.
es wird dickenreduziert auf eine Dicke h
1x und es läuft aus aus dem ersten Walzgerüst mit einer Auslaufgeschwindigkeit von v
1x, wobei x die Ausgangsseite des Walzgerüstes repräsentiert. Die Eingangsdicke ist
größer als die Ausgangsdicke und die Eingangsgeschwindigkeit ist kleiner als die Auslaufgeschwindigkeit
aufgrund der Erhaltung des Massenflusses bei einer Stichabnahme. Die Walzanlage 100
wird gesteuert von einer Steuereinrichtung 120. Der Walzanlage 100 kann ein Aggregat
50 vorgeschaltet sein, dass das Bandmaterial 200 für den Einlauf in das erste Walzgerüst
F1 bereitstellt. Bei dem Aggregat 50 kann es sich um einen vorgeschalteten Haspeldorn
oder um ein Treiberrollenpaar oder eine beliebige andere Einrichtung zur Bearbeitung
und nachfolgenden Ausgabe des Bandmaterials 200 handeln.
[0027] Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst folgende Schritte:
Zunächst wird das Bandmaterial 200 mit seinem Bandkopf 201 voran in Walzrichtung W
in das Walzgerüst F1 eingefädelt. In dem Walzgerüst F1 erfährt es einen Stich gemäß
einem Stichplan, wobei das Walzgerüst F1 angesteuert wird durch die Steuereinrichtung
120. Das Bandmaterial 200 läuft sodann mit der reduzierten Dicke h
1x und der Auslaufgeschwindigkeit v
1x aus dem Walzgerüst F1 aus auf die nachgeschaltete Haspeleinrichtung 110 zu.
[0028] Gemäß Figur 2 wird das Metallband 200 sodann von oben auf den Haspeldorn 112 der
Haspeleinrichtung 110 mit dem Bandkopf 201 voran aufgewickelt. Während des Aufwickelns
entsteht in dem Metallband 200 zwischen dem ersten Walzgerüst F1 und dem Haspeldorn
112 ein Bandzug σ2. Auf der Eingangsseite des ersten Walzgerüstes F1 kann zwischen
diesem und dem Aggregat 50 ebenfalls ein Bandzug σ3 aufgebaut sein.
[0029] Dieser soeben für die Figuren 1 und 2 beschriebene erste Stich beginnend an dem Bandanfang
201 ist optional: d. h. er kann durchgeführt werden, allerdings ist dies nicht zwingend.
Alternativ kann das Band zunächst auch mit seiner Eingangsdicke h
1e in das Walzgerüst F1 einlaufen und von dort aus ohne eine Dickenreduktion zu erfahren,
in Richtung Haspeleinrichtung 110 weitergeleitet und dort aufgewickelt werden.
[0030] Bei den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 1 und 2 erfährt das Metallband nach
der ersten Dickenreduktion auf die Dicke h
1x, beginnend an dem Bandkopf 201 an der Bandstelle K eine weitere Dickenreduktion.
Die Bandstelle K ist allerdings nicht beliebig definiert, sondern ihr Abstand von
einer Referenzposition R, hier dem Bandanfang 201, ist so definiert, dass die Bandstelle
K beim Aufwickeln des Bandmaterials auf den Haspeldorn 112 an einer definierten Winkelposition
mit einem vorgegebenen Winkelabstand β zur Winkelposition der Referenzposition (R)
liegt, wobei für β gilt: β > -1° oder β < -10°, wenn das Coil (220) von oben gewickelt
wird, oder β > 10° oder β ≤ 1°, wenn das Coil (220) von unten gewickelt wird, siehe
dazu Fig. 3. Konkret sieht deshalb das erfindungsgemäße Verfahren vor, dass nach der
Definition des Abstandes der Bandstelle K von der Referenzposition die Bandstelle
K an dem Bandmaterial 200 nachverfolgt wird während sie durch die Walzanlage 100 läuft
und dass an der Stelle K ein Stich in dem Bandmaterial durchgeführt wird. Die erfindungsgemäße
Positionierung der Bandstelle K an einer definierten Winkelposition mit einem Winkelabstand
β zur Winkelposition der Referenzposition, insbesondere dem Bandanfang, bietet den
Vorteil, dass der Bundschlag des Coils, wie er durch die Referenzposition bzw. den
Bandanfang auf dem Coil verursacht wird, abgeschwächt wird, wenn der Bandanfang durch
weitere Bahnen des Bandmaterials überwickelt wird.
[0031] Gemäß Figur 4 kann das Bandmaterial 200 nicht nur an der Bandstelle K, sondern auch
an einer zweiten Bandstelle L oder auch an weiteren Bandstellen jeweils dickenreduziert
werden. Um den Bundschlag nicht unnötig zu vergrößern, sieht das erfindungsgemäße
Verfahren vor, dass auch für diese zweite und weitere Bandstellen ihr jeweiliger Abstand
von der Referenzposition R so definiert wird, dass diese Bandstellen beim Aufwickeln
des Bandmaterials 200 auf den Haspeldorn jeweils an einer anderen Winkelposition als
die erste Bandstelle K und als die Referenzposition und außerhalb des für den Winkelabstand
β angeschlossenen Winkelbereichs, nämlich -1° ≥ β ≥ -10° für von oben gewickelte Coils
und 1°≤ β ≤ 10° für von unten gewickelte Coils, liegen. Wenn die zweite Bandstelle
L weiter stromabwärts liegen soll als die Bandstelle K, dann ist ihr Abstand von der
Referenzposition größer zu wählen als der Abstand der Bandstelle K von der Referenzposition
R. Das gilt insbesondere dann, wenn die Referenzposition weiter stromaufwärts, bezogen
auf die Walzrichtung, liegt, als beide Bandstellen K und L.
[0032] Zur Realisierung der zweiten Bandstelle L sieht das erfindungsgemäße Verfahren vor,
dass nach der Bestimmung ihres Abstandes von der Referenzposition R die zweite bzw.
die weitere Bandstelle L an dem Bandmaterial 200 während seines Durchlaufes durch
die Walzanlage 100 nachverfolgt wird und dass ein weiterer Stich an der zweiten Bandstelle
L erfolgt. Vorzugsweise liegen alle Bandstellen K, L innerhalb einem Umfangswinkelbereich
von α = 90° an dem Coil. Weiter vorzugsweise liegen diejenigen Bandstellen mit dem
größeren Abstand zur Referenzposition in Walz- bzw. Aufwickelrichtung vor den Bandstellen
mit dem kleineren Abstand zur Referenzposition. So liegt die Bandstelle L mit dem
größeren Abstand vor der Bandstelle K und diese wiederum vor der Referenzposition
R in Aufwickelrichtung (=Walzrichtung) gesehen; das gilt für ein von oben gewickeltes
Coil 200 gemäß Figur 5.
[0033] An ein und derselben Bandstelle können mehrere Stiche durchgeführt werden, entweder
von demselben Walzgerüst F1 oder von jeweils anderen Walzgerüsten F1, F2.
[0034] Figur 6 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel für die erfindungsgemäße Walzanlage
100, hier in Form einer Reversierwalzanlage. Die Walzanlage 100 gemäß Figur 6 entspricht
der Walzanlage gemäß Figur 1, allerdings mit entgegengesetzter Walzrichtung W1. Dementsprechend
handelt es sich bei der linken Haspeleinrichtung 110 um das Aggregat 50 aus Figur
1, das hier in Figur 6 als Abwickelhaspel fungiert. Bei dem rechten Aufwickelhaspel
liegt die Bandstelle K in Walz- bzw. Aufwickelrichtung W1 gesehen vor der Referenzposition
R, die auch hier beispielhaft durch den Bandanfang gebildet ist.
[0035] Figur 7 zeigt die Reversierwalzanlage 100 gemäß Figur 6, allerdings mit entgegengesetzter
Walz- und Aufwickelrichtung W2. Auch hier, im Beispielfall eines von oben über den
Haspeldorn aufgewickelten Bandes, liegt die Bandstelle K wiederum in Aufwickelrichtung
W2 vor der Referenzposition R, wodurch der Bundschlag an dem aufgewickelten Coil verringert
wird. Im Unterschied zu Figur 6 wird hier das Ende des Bandmaterials 200, das bei
dem linken Abwickelhaspel gemäß Figur 6 an der Innenseite des dortigen Coils positioniert
war, nun gemäß Figur 7 als Referenzposition verwendet zur Berechnung des Abstandes
der Bandstelle K.
[0036] Figur 8 veranschaulicht schließlich ein weiteres Ausführungsbeispiel für die Referenzposition
R. Bei dieser Referenzposition muss es sich nicht zwingend notwendig, wie bei den
vorher gezeigten Ausführungsbeispielen, um den Bandanfang bzw. Bandkopf 201 oder um
das Bandende handeln, sondern es kann sich bei der Referenzposition vielmehr auch
um eine beliebige andere markante Stelle auf dem Bandmaterial handeln, beispielsweise
eine sonstige Erhebung 230 am Umfang eines Abwickelcoils.
[0037] Fig. 9 zeigt ein von unten gewickeltes Coil. Der Winkel β wird hier positiv ebenfalls
in der Wickelrichtung gezählt.
Bezugszeichenliste
[0038]
- 100
- Walzanlage
- 110
- Haspeleinrichtung
- 110'
- weitere Haspeleinrichtung
- 112
- Haspeldorn
- 120
- Aggregat
- 200
- Bandmaterial
- 201
- Bandkopf
- 220
- Coil
- 230
- Erhebung
- σ1
- Bandzug
- σ2
- Bandzug
- σ3
- Bandzug
- F1
- Walzgerüst
- F2
- weiteres Walzgerüst
- K
- Bandstelle
- L
- Bandstelle
- R
- Referenzposition
- W
- Walzrichtung = Aufwickelrichtung
- W1
- erste Walzrichtung = erste Aufwickelrichtung
- W2
- zweite Walzrichtung = zweite Aufwickelrichtung
- hnx
- Dicke des Bandmaterials am Ausgang des n-ten Walzgerüstes
- hne
- Dicke des Bandmaterials am Eingang des n-ten Walzgerüstes
- α
- Umfangswinkelbereich
- β, β'
- Winkelabstände
- vnx
- Geschwindigkeit des Bandmaterials im Auslauf des n-ten Walzgerüstes
- vne
- Geschwindigkeit des Bandmaterials im Einlauf des n-ten Walzgerüstes
1. Verfahren zum Betreiben einer Walzanlage (100) mit mindestens einem Walzgerüst (F1)
zum Walzen von Bandmaterial (200), insbesondere Metallband, mit einer dem Walzgerüst
in Walzrichtung (W) des Bandmaterials nachgeordneten Haspeleinrichtung (110) mit einem
Haspeldorn (112) zum Aufwickeln des Bandmaterials nach dem Walzen auf dem Haspeldorn
(112) zu einem Coil (220), und mit einer Steuereinrichtung (120) zum Ansteuern des
Walzgerüstes (F1) gemäß einem vorgegebenen Stichplan, wobei das Verfahren folgende
Schritte aufweist:
- Einfädeln des Bandmaterials mit seinem Bandkopf (201) voran in das Walzgerüst (F1);
- Durchführen eines Stichs an dem Bandmaterial (200) in dem Walzgerüst (F1) gemäß
dem Stichplan; und
- Aufwickeln des Bandmaterials (200) mit seinem Bandkopf (201) voran mit Hilfe der
Haspeleinrichtung (110) von oben oder von unten zu dem Coil (220),
gekennzeichnet durch
- Vor dem Durchführen des Stiches: Definieren von mindestens einer ersten Bandstelle
(K) in einem solchen Abstand von einer Referenzposition (R) an dem Bandmaterial (200),
dass die erste Bandstelle (K) beim Aufwickeln des Bandmaterials (200) auf den Haspeldorn
(112) an einer Winkelposition mit einem vorgegebenen Winkelabstand β zur Winkelposition
der Referenzposition (R) liegt, wobei für β gilt: β > -1° oder β < -10°, wenn das
Coil (220) von oben gewickelt wird, oder β > 10° oder β ≤ 1°; wenn das Coil (220)
von unten gewickelt wird;
- Nachverfolgen der Bandstelle (K) an dem Bandmaterial (200) während des Durchlaufens
des Bandmaterials (200) durch die Walzanlage (100); und
- Durchführen des Stiches an der ersten Bandstelle (K).
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass nach dem Einfädeln des Bandmaterials (200) in das Walzgerüst (F1) und vor dem Durchführen
des Stichs folgender Schritt ausgeführt wird: Aufbauen eines Bandzuges (σ2) in dem
Bandmaterial (200) zwischen dem Walzgerüst (F1) und der Haspeleinrichtung (110) und/oder
eines Bandzugs (σ1) zwischen dem Walzgerüst (F1) und einem in Walzrichtung nachfolgenden
weiteren Walzgerüst (F2) vor der Haspeleinrichtung (110) oder eines Bandzugs (σ3)
zwischen einem der Walzanlage (100) vorgeschalteten Aggregat (50) und einem der Walzgerüste
oder der Haspeleinrichtung (110).
3. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
gekennzeichnet durch
Definieren von mindestens einer weiteren, insbesondere zweiten Bandstelle (L) in einem
solchen Abstand von der Referenzposition (R) des Bandmaterials, dass die zweite Bandstelle
(L) beim Aufwickeln des Bandmaterials (200) auf den Haspeldorn (112) an einer anderen
Winkelposition als die erste Bandstelle (K) und als die Referenzposition (R) liegt,
wobei der Abstand der Referenzposition (R) von der weiteren zweiten Bandstelle (L)
größer ist als der Abstand der Referenzposition (R) von der Bandstelle (K);
- Nachverfolgen der weiteren Bandstelle (L) an dem Bandmaterial (200) während des
Durchlaufens des Bandmaterials (200) durch die Walzanlage (100); und
- Durchführen eines weiteren Stiches an der zweiten Bandstelle (L).
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Durchführen des zweiten Stiches an der zweiten Bandstelle (L) in dem Walzgerüst
(F1) oder in dem weiteren Walzgerüst (F2) erfolgt.
5. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Abstände der ersten und/oder der zweiten Bandstelle (K, L) von der Referenzposition
so bemessen sind, dass die Winkelpositionen für die erste Bandstelle (K) und die zweite
Bandstelle (L) an dem Coil - in Aufwickelrichtung gesehen - vor der Winkelposition
der Referenzposition - liegen, für den Fall das das Band von oben auf den Haspel gewickelt
wird, oder dass die Abstände der ersten und/oder der zweiten Bandstelle (K, L) von
der Referenzposition so bemessen sind, dass die Winkelpositionen für die erste Bandstelle
(K) und die zweite Bandstelle (L) an dem Coil - in Aufwickelrichtung gesehen - hinter
der Winkelposition der Referenzposition -liegen, für den Fall das das Band von unten
auf den Haspel gewickelt wird.
6. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass an der ersten und/oder zweiten Bandstelle (K, L) jeweils mehrere Stiche durch mehrere
Walzgerüste erfolgen können.
7. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
gekennzeichnet durch folgenden Schritt:
Voreinstellen des Walzspaltes des mindestens einen Walzgerüstes (F1) auf einen vorbestimmten
Wert vor dem Einfädeln des Bandmaterials,
wobei das Voreinstellen auch ein Auffahren oder ein Schließen des Walzspaltes einschließen
kann.
8. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass es sich bei der Referenzposition (R) um den Bandkopf (210) handelt.
9. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass dem mindestens einen Walzgerüst (F1) eine weitere Haspeleinrichtung (110`) in Walzrichtung
vorgeschaltet ist;
dass das mindestens eine Walzgerüst (F1), die Haspeleinrichtung (110, 112) und die weitere
Haspeleinrichtung (110`, 112`) eine Reversierwalzanlage bilden und dass das Walzgerüst
(F1) in einem Reversierwalzbetrieb mit einer Umkehr der Walzrichtung betrieben wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass im Falle einer ersten Walzrichtung (W1) die Referenzposition (R) durch den Bandkopf
(201) und nach der Richtungsumkehr im Falle einer zweiten Walzrichtung (W2) die Referenzposition
(R) durch den Bandfuß des Bandmaterials (200) gebildet wird; oder
dass im Reversierwalzbetrieb die Referenzposition (R) durch eine bei dem - je nach aktueller
Walzrichtung - aktuellen Abwickelhaspel detektierten Haspelschlagposition (230) gebildet
wird.
10. Walzanlage (100) mit mindestens einem Walzgerüst (F1) zum Walzen von Bandmaterial,
insbesondere Metallband, mit einer dem Walzgerüst (F1) in Walzrichtung (W1) des Bandmaterials
(200) nachgeordneten Haspeleinrichtung (110) mit einem Haspeldorn (112) zum Aufwickeln
des Bandmaterials (200) nach dem Walzen auf dem Haspeldorn (112) zu einem Coil (220),
und mit einer Steuereinrichtung (120) zum Ansteuern des Walzgerüstes (F1) gemäß einem
vorgegebenen Stichplan;
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuereinrichtung (120) ausgebildet ist, die Walzanlage (100) anzusteuern zum
Durchführen des Verfahrens nach einem der vorangegangenen Ansprüche 1 bis 8.
11. Walzanlage (100) in Form einer Reversierwalzanlage mit mindestens einem Walzgerüst
(F1) zum reversierenden Walzen von Bandmaterial, insbesondere Metallband, mit einer
dem Walzgerüst (F1) in einer ersten Walzrichtung (W1) nachgeordneten Haspeleinrichtung
(110) und mit einer dem Walzgerüst (F1) in der ersten Walzrichtung (W1) (200) vorgelagerten
weiteren Haspeleinrichtung (110`) mit jeweils einem Haspeldorn (112) zum Aufwickeln
des Bandmaterials (200) nach dem Walzen zu einem Coil (220), und mit einer Steuereinrichtung
(120) zum Ansteuern des Walzgerüstes (F1) gemäß einem vorgegebenen Stichplan;
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuereinrichtung (120) ausgebildet ist, die Walzanlage (100) anzusteuern zum
Durchführen des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7 und Anspruch 9.