Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betriff eine Vorrichtung zur akustischen Modifikation einer Innenakustik,
wobei die Vorrichtung mindestens ein Schallabsorptionselement aufweist.
[0002] Des Weiteren betrifft die Erfindung ein System zur Erstellung einer virtuellen Umgebung
mit einer Akustiksimulation und/oder Umgebungsgeräuschsimulation.
[0003] Ferner betrifft die Erfindung eine Bedieneinheit zur Bedienung einer Vorrichtung
zur akustischen Modifikation einer Innenakustik und ein Verfahren zur Herstellung
einer virtuellen Akustikumgebung.
Stand der Technik
[0004] Die Erfindung betrifft im Wesentlichen eine Vorrichtung beziehungsweise ein System
für die akustische Verbesserung. In Fachbereichen wird dies auch mit "Acoustic Enhancement
Systems" bezeichnet. Darunter ist eine subtile Art von Beschallungssystem zu verstehen,
mit dem direkter, reflektierter oder nachhallender Schall verstärkt wird.
[0005] Während Schallverstärkungssysteme normalerweise verwendet werden, um den Schallpegel
der Schallquelle zu erhöhen, werden akustische Verstärkungssysteme typischerweise
verwendet, um die akustische Energie am Veranstaltungsort zu erhöhen, und zwar in
einer Art und Weise, die vom Publikum nicht bemerkt wird. Die korrekt installierten
Systeme reproduzieren die gewünschte Akustik von frühen Reflektionen und Nachhall
aus einem Raum, der für akustische Musik geeignet ist.
[0006] Ein zusätzlicher Vorteil dieser Systeme besteht darin, dass die Raumakustik geändert
oder an die Art der Leistung angepasst werden kann. Die Verwendung von "Acoustic Enhancement"
als elektronische Architektur bietet eine gute Lösung für Mehrzweckveranstaltungsräume,
die für verstärkte Musik "tot" sein müssen und gelegentlich für akustische Darbietungen
verwendet werden. Diese Systeme werden häufig mit akustischen Schallquellen wie einem
Kammerorchester, einem Symphonieorchester oder einer Oper in Verbindung gebracht,
haben jedoch auch Akzeptanz in einer Vielzahl von Anwendungen und Veranstaltungsorten
gefunden, darunter Proberäume, Aufnahmeeinrichtungen, Konferenzräume, Klangbühnen,
Sportarenen und Veranstaltungsorte im Freien.
[0008] Die
DE 101 18 187 A1 beschreibt eine Vorrichtung zum Gestalten der Akustik eines Raumes. Die darin beschriebene
Vorrichtung weist ein akustisch passives sowie ein akustisch aktives Bauteil in Form
eines integrierten Lautsprechers auf. Der Lautsprecher ist als Flächenlautsprecher
ausgebildet. Ein elektroakustischer Übertrager ist mit einem Tongenerator gekoppelt,
welcher neben einem Signalempfänger eine Signalwandlereinheit in Form eines digitalen
Signalprozessors aufweist. Jeweils auf den Anwendungsfall bezogen, das heißt in unterschiedlicher
Weise programmiert, bildet der Signalprozessor das variabel einstellbare, steuernde
Element der akustischen Einrichtung.
Darstellung der Erfindung: Aufgabe, Lösung, Vorteile
[0009] Aktive Verbesserungssysteme für Raumakustik finden bisher nur in repräsentativen,
musikalischen Aufführungssälen, zum Beispiel Konzerthallen, Einsatz. Dabei ergeben
sich aus der elektroakustischen Praxis oft folgende Probleme:
- Die bekannten Systeme sind technisch komplex und aufwendig zu installieren. Große
Installationsstränge mit Elektronik und eine große Anzahl von Mikrofonen und noch
mehr verteilte Lautsprecher an sehr vielen Positionen im Zuschauerraum sind in der
Regel erforderlich. Dabei muss oft ein Mindestabstand zwischen den Zuschauern und
dem nächstgelegenen Lautsprecher eingehalten werden.
- Einstellarbeiten für die Justierung sind bei bekannten Systemen sehr aufwendig. Es
gibt hierfür nur wenige Experten weltweit. Diese müssen an jedem Installationsort
langwierige raumakustische Messungen vornehmen und manuell die Systeme justieren beziehungsweise
einstellen und nachbessern. Dabei können sie meist nur wenige Zielakustiken mit dem
Kunden gemeinsam erarbeiten, berücksichtigen und abspeichern.
- Mit den aktuell bekannten Systemen kann man die Nachhallzeit zwar flexibel verlängern,
aber nicht verkürzen.
[0010] Aufgrund des hohen Aufwandes, der mit solchen Systemen verbunden ist, wird heute
in vielen Aufführungsstätten lieber noch ohne derartige elektroakustische Systeme
gearbeitet. Stattdessen wird versucht, die gewünschte akustische Flexibilität mit
herkömmlichen mechanischen Mitteln, wie Vorhängen, mechanisch wandelbaren Oberflächen
oder mit mechanisch veränderbaren Raumvolumen zu realisieren.
[0011] Des Weiteren sind derartig aufwendig zu installierende Systeme mit hohen Kosten verbunden
und die Installation ist zeitaufwendig. Des Weiteren verändern diese Systeme aufgrund
ihrer Komplexität die Optik des Veranstaltungsraums, da eine Vielzahl von Lautsprechern
aufgestellt werden muss, die aber zu Wartungszwecken zugänglich gemacht werden sollten.
[0012] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Vorrichtung zur akustischen Modifikation
einer Innenakustik, wobei die Vorrichtung mindestens ein Schallabsorptionselement
und mindestens ein Schallerfassungsmittel aufweist, derart auszugestalten, dass die
vorgenannten Nachteile ausgeräumt oder zumindest minimiert werden. Ziel ist es, eine
Vorrichtung bereitzustellen, welche möglichst flexibel, kostengünstig und wartungsarm
eingesetzt werden kann.
[0013] Erfindungsgemäß wird hierfür eine Vorrichtung zur akustischen Modifikation einer
Innenakustik vorgeschlagen, wobei die Vorrichtung mindestens ein Schallabsorptionselement,
mindestens ein Schallerfassungsmittel sowie mindestens einen Lautsprecher zur Ausgabe
von zusätzlichen und/oder simulierten Raumreflexen aufweist.
[0014] Grundsätzlich könnten die vorgenannten Komponenten der Vorrichtung, nämlich das mindestens
eine Schallabsorptionselement, das mindestens eine Schallerfassungsmittel sowie der
mindestens eine Lautsprecher in einem einzigen Gehäuse angeordnet oder aber auch als
verteilte Komponenten im Raum platziert werden. Im Sinne der vorliegenden Erfindung
wird die Vorrichtung mit den vorgenannten Komponenten als architektonisches Bauteil
gezeichnet.
[0015] Grundsätzlich könnte ein Krümmungswinkel einer Gehäuseoberfläche oder des mindestens
einen Lautsprechers 0° sein. Vorteilhafterweise ist die Oberfläche der Vorrichtung
und/oder des mindestens einen Lautsprechers aber zumindest abschnittsweise gekrümmt
ausgebildet. Bevorzugterweise liegt der Krümmungswinkel im Bereich zwischen 5° und
90°, besonders bevorzugterweise zwischen 5° und 30°, sowie ganz besonders bevorzugterweise
zwischen 10° und 25°.
[0016] Mit der Vorrichtung wird die architektonische Integration erheblich erleichtert und
zusätzlich die ursprüngliche Akustik "trockener" gemacht. Im Sinne der vorliegenden
Erfindung wird unter akustischer Optimierung verstanden, dass die natürlich vorhandene
Akustik des jeweiligen Raumes in beide Richtungen verändert werden kann. Das bedeutet,
dass eine Nachhallzeit-Verkürzung als auch eine Nachhallzeit-Verlängerung möglich
ist, um flexibel in sehr kurzer Zeit auf unterschiedliche Bedürfnisse zu reagieren.
Dies wird erfindungsgemäß durch Absorption und/oder Diffusion erreicht. Hierfür dienen
das mindestens eine Schallabsorptionselement sowie die zumindest abschnittsweise gekrümmte
Oberfläche. Mit herkömmlichen aus dem Stand der Technik bekannten Systemen kann nur
eine Nachhallzeit-Verlängerung erreicht werden.
[0017] Des Weiteren dient die erfindungsgemäße Vorrichtung zur einfachen Erstellung einer
virtuellen Umgebung und zur Verbesserung einer Innenakustik, zum Beispiel zur Optimierung
der Sprachverständlichkeit in Konferenzräumen, Optimierung musikalischer Übungsräume
und so weiter. Mittels einer Akustiksimulation und/oder Umgebungsgeräuschsimulation
wird somit eine virtuelle Umgebung erzeugt. Unter zusätzlichen und/oder simulierten
Raumreflektionen sind Reflektionen zu verstehen, die nicht sowieso schon durch den
Raum gegeben sind.
[0018] Mittels eines Steuercomputers, zum Beispiel einer App auf einem Smartphone oder einem
Tablet, kann die akustische Vorlage ausgewählt werden. Akustische Vorlagen können
zum Beispiel Konzerthallen, Kirchen und Wälder sein. Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung
wird aber nicht nur die Akustik simuliert, sondern es werden auch typische Umgebungsgeräusche
des zu simulierenden Ortes erzeugt.
[0019] Typische Anwendungsbereiche für die erfindungsgemäße Vorrichtung sind zum Beispiel
Konzerthallen, Opern, Musiktheater, Kinos, Mehrzweckhallen, musikalische Aufführungsstätten
oder auch OpenAir-Veranstaltungen. Ferner kann die erfindungsgemäße Vorrichtung aber
auch in Tonstudios, Rundfunkstudios, Übungsräumen für Musiker, Ausbildungsstätten
und im Rundfunk eingesetzt werden.
[0020] Auch ist die Vorrichtung für andere Industrien, zum Beispiel die Hörgeräteindustrie
einsetzbar. Zum Beispiel können in Hörgeräteläden damit Umgebungssimulatoren bereitgestellt
werden. Aber auch im privaten und häuslichen Bereich findet die erfindungsgemäße Vorrichtung
Einsatz. Beispielsweise können damit Übungsräume für Musiker zu Hause oder Wohnzimmer
und so weiter ausgestattet werden. Auch in Museen, öffentlichen Einrichtungen, im
Automobilbereich, der Aeronautik und der Schifffahrt kann die erfindungsgemäße Vorrichtung
Einsatz finden.
[0021] Bevorzugterweise weist die Vorrichtung ein Gehäuse auf, wobei das mindestens eine
Schallabsorptionselement, das mindestens eine Schallerfassungsmittel und der mindestens
eine Lautsprecher in dem Gehäuse angeordnet sind. Somit wird die Vorrichtung bevorzugterweise
als ein einziges architektonisches Bauteil mit integrierten Komponenten bereitgestellt,
was gleichzeitig den Zweck hat, Schall breitbandig zu absorbieren und damit auch den
raumakustischen Parameter, beziehungsweise die frequenzabhängige Nachhallzeit zu verändern.
[0022] Ferner ist bevorzugterweise vorgesehen, dass das Schallabsorptionselement ein mechanisches
Schallabsorbermaterial, insbesondere Basotect
®, aufweist. Das Schallabsorptionselement ist vorzugsweise plattenförmig beziehungsweise
mattenförmig und flexibel ausgebildet. Ferner hat sich gezeigt, dass eine fasrige
oder poröse Ausgestaltung des Schallabsorptionselementes besonders gute Ergebnisse
liefert. Ein plattenförmig ausgebildetes Schallabsorptionselement kann akustisch breitbandig
wirkend eingesetzt werden. Idealerweise wird hierfür eine Kombination von Plattenschwinger
(für die Tiefen) mit porösen Absorbern eingesetzt.
[0023] Auch ist vorteilhafterweise vorgesehen, dass der mindestens eine Lautsprecher als
elektrostatischer Lautsprecher ausgebildet ist und das Absorptionsmaterial des mindestens
einen Schallabsorptionselementes porös ausgebildet und vor dem mindestens einen Lautsprecher
angeordnet ist. Die Membran eines elektrostatischen Lautsprechers ist akustisch transparent
und in Kombination mit porösem Absorptionsmaterial ist somit eine effektivere Schallabsorption
möglich.
[0024] Ferner ist bevorzugterweise vorgesehen, dass das mindestens eine Schallerfassungsmittel
ein Mikrofon aufweist oder daraus besteht. Besonders bevorzugterweise sind mehrere,
miteinander gekoppelte Schallerfassungsmittel vorgesehen. Beispielsweise könnten die
Schallerfassungsmittel der Vorrichtung als Mikrofon-Array, also als eine Art Netzwerk
gekoppelter Mikrofone, ausgebildet sein.
[0025] Darüber hinaus ist der mindestens eine Lautsprecher vorzugsweise als omnidirektionaler
Lautsprecher ausgebildet. Unter einem omnidirektionalen Lautsprecher versteht man
die "Abstrahlung des Schalls in alle Richtungen". Die Verwendung eines omnidirektionalen
Lautsprechers hat den Vorteil, dass individuelle Einstellungen oder Anpassungen mit
wenig Aufwand verbunden sind, da die Platzierung im Raum weniger kritisch ist. Dies
verbessert bzw. vereinfacht die Flexibilität des Gerätes bzw. den Einsatz des Gerätes
in unterschiedlichen Umgebungen. Gute Ergebnisse wurden mit gekrümmten Lautsprechergehäusen,
vorzugsweise mit kugelförmigen, zylindrischen und polyzylindrischen Formen, erzielt.
Besonders bevorzugterweise ist der mindestens eine Lautsprecher mit einem gekrümmten,
ganz besonders bevorzugterweise mit einem kugelförmigen, zylindrischen oder polyzylindrischen
Lautsprechergehäuse ausgebildet.
[0026] Bevorzugterweise weist die Vorrichtung mehrere miteinander gekoppelte Lautsprecher
beziehungsweise ein sogenanntes Lautsprecher-Array auf. Ganz besonders bevorzugterweise
finden hier beispielsweise sogenannte Mikro-Elektro-Mechanical-Systeme beziehungsweise
die MEMs-Technologie Einsatz. Mit dieser Technologie kann in einer Vorrichtung ein
Netzwerk mit einer Vielzahl von miteinander gekoppelten Lautsprechern bereitgestellt
werden.
[0027] Besonders bevorzugterweise weist die Vorrichtung mindestens zwei miteinander gekoppelte
Lautsprecher und mindestens zwei Aktuatoren auf. Die Aktuatoren können jeweils Bestandteil
der Lautsprecher sein oder als separate Bauteile in der Vorrichtung vorgesehen sein.
[0028] Auch ist bevorzugterweise vorgesehen, dass Lautsprecher beidseitig vom Schallabsorptionselement
angeordnet sind. Eine symmetrische Anordnung der Lautsprecher innerhalb der Vorrichtung
in Bezug auf das Schallabsorptionselement haben in Tests eine besonders gute Wirkung
gezeigt. Dabei können die Lautsprecher beispielsweise seitlich vom Schallabsorptionselement,
aber auch oberhalb und unterhalb des Schallabsorptionselementes angeordnet sein.
[0029] Des Weiteren ist bevorzugterweise vorgesehen, dass die Schallerfassungsmittel beidseitig
vom Schallabsorptionselement angeordnet sind. Wie auch bei den Lautsprechern ist eine
symmetrische Anordnung der Schallerfassungsmittel in Bezug auf das Schallabsorptionselement
mit einem besonders guten Ergebnis verbunden. Auch die Schallerfassungsmittel können
seitlich und/oder unterhalb beziehungsweise oberhalb des Schallabsorptionselementes
angeordnet sein.
[0030] Die Außenoberfläche der Vorrichtung kann mit einem transparenten Stoff bezogen sein.
Beispielsweise kann dadurch eine weiße Projektionsfläche hergestellt werden. Auch
der Bezug mit einer "elektronischen Tapete", das heißt einem extrem dünnen, akustisch
transparentem Stoff ist möglich. Ferner könnte der Bezug bedruckbar ausgebildet sein.
[0031] Erfindungsgemäß ist ferner ein System zur Erstellung einer virtuellen Umgebung mit
einer Akustiksimulation und/oder Umgebungsgeräuschsimulation vorgesehen, wobei das
System mehrere der vorbeschriebenen Vorrichtungen aufweist. Somit besteht das System
aus mehreren miteinander vernetzten Vorrichtungen, wodurch eine immersive Anlage beziehungsweise
ein immersives System entsteht, welches dekorrelierte Raumreflektionen von allen begrenzenden
Oberflächen ermöglicht.
[0032] Auch ist erfindungsgemäß eine Bedieneinheit zur Bedienung einer vorbeschriebenen
Vorrichtung und/oder zur Bedienung eines vorbeschriebenen Systems mit vernetzten Vorrichtungen
vorgesehen, wobei die Bedieneinheit eine grafische Benutzeroberfläche und/oder eine
zwei-dimensionale Eingabeeinheit aufweist. Die Bedieneinheit ist dabei derart ausgebildet,
dass über die grafische Benutzeroberfläche und/oder die zwei-dimensionale Eingabeeinheit
drei Parameter mittels eines stiftförmigen Eingabegerätes oder einer Maus gesteuert
werden können. Das stiftförmige Eingabegerät kann zum Beispiel ein Finger, ein Bedienstift
oder ähnliches sein.
[0033] Die Bedieneinheit dient zur Bedienung der Vorrichtung beziehungsweise des Systems,
sowie auch zur Auswahl der akustischen Vorlage. Dabei kann auf eine Vielzahl von vorgegebenen
akustischen Vorlagen zurückgegriffen werden. Beispielsweise können verschiedene Zielakustiken,
wie berühmte Kirchen oder internationale Konzerthallen mit herausragenden Akustiken
als Vorlage abgespeichert und später abgerufen werden. Über die drei Parameter kann
die akustische Raumtemperatur je nach Wohlbefinden eingestellt und in feinsten Schritten
angepasst werden. Bevorzugterweise ist die grafische Eingabe der drei Parameter über
ein einem Wankelmotor ähnlichen Dreiecks möglich.
[0034] Die Bedieneinheit kann an jeder geeigneten Stelle im Raum angeordnet sein.
[0035] Jede Bedieneinheit kann bei einem vernetzten System von vorbeschriebenen Vorrichtungen
den kompletten Verbund der miteinander gekoppelten Vorrichtungen steuern. Optional
kann auch ein zentraler Rechner die Signalverarbeitung und Bedienung übernehmen.
[0036] Des Weiteren ist erfindungsgemäß ein Verfahren zur Erstellung einer virtuellen Akustikumgebung
mittels einer vorbeschriebenen Vorrichtung und/oder eines vorbeschriebenen Systems
mit miteinander vernetzten Vorrichtungen vorgesehen. Dabei werden in die Vorrichtung
oder in die miteinander vernetzten Vorrichtungen des Systems Akustikeigenschaften
eines zu simulierenden Raumes eingespeist. Dies wird im Sinne der vorliegenden Erfindung
als Raumsimulation verstanden.
[0037] Des Weiteren ist bevorzugterweise vorgesehen, dass die Akustikeigenschaften durch
Vermessung des zu simulierenden Raumes erzeugt werden.
[0038] Um besonders natürlich klingende Zielakustiken zu erzeugen, bieten sich grundsätzlich
zwei unterschiedliche digitale Methoden an, worüber Nachhall künstlich erzeugt werden
kann.
[0039] Zum einen kann hierfür auf algorithmische Methoden (IIR) zurückgegriffen werden,
wodurch ein rückgekoppeltes Netzwerk von Delays, Alpässen, Gewichtungen und Mixern
erzeugt wird.
[0040] Ferner kann auf faltungsbasierte Methoden (FIR) ohne Rückkopplung zurückgegriffen
werden. Jede Akustik, zum Beispiel von gut klingenden Kirchen oder Konzerthallen,
kann mehrkanalig vermessen und in sehr hoher Natürlichkeit reproduziert werden. Ein
derartiger akustischer "Fingerabdruck" kann später mit dem aus der Signaltheorie bekannten
mathematischen Verfahren der Faltung auf ein beliebiges Signal aufgeprägt werden.
Realisiert wird dies entweder in der Zeitebene oder - rechenfreundlicher - durch eine
Transformation in die Frequenzebene.
[0041] Beide Methoden, algorithmisch basierte Methoden sowie faltungsbasierte Methoden,
sind in der allgemeinen Signalverarbeitung sowie in der Signalverarbeitung von akustischen
Signalen bekannt.
[0042] Gemäß der vorliegenden Erfindung ist nun aber vorteilhafterweise vorgesehen, dass
beide Methoden (IIR und FIR) miteinander kombiniert werden, um erstens die Nachteile
jedes einzelnen Verfahrens auszumerzen und zweitens noch ein höheres Maß an Natürlichkeit
bei erträglichem beziehungsweise akzeptablem Rechenaufwand zu erhalten. In subjektiven
Hörtests mit professionellen Hörern haben die Testpersonen diesem Verfahren eine außerordentliche
Authentizität und Plausibilität bescheinigt.
[0043] Um die Anzahl von Mikrofonen bei der Aufnahme von Akustikeigenschaften zu reduzieren
ist vorteilhafterweise vorgesehen, dass in einem ersten Schritt das Testsignal mit
Mikrofonen auf einer Ebene aufgenommen wird. Im nächsten Schritt werden die Mikrofone
anderweitig aufgestellt, beispielsweise höhenversetzt, und anschließend das Testsignal
nochmals aufgenommen. Somit erhält man die doppelte Anzahl an Kanälen und kann aus
einem zweidimensionalen Fingerabdruck einen echten dreidimensionalen Fingerabdruck
für moderne invasive Tonformate wie zum Beispiel Dolby Atmos oder Auro-3D
® erzeugen.
[0044] Für die Nachbearbeitung ist vorteilhafterweise vorgesehen, mittels folgender Methoden
und/oder Kombinationen der Methoden den Signal-Rauschabstand sowie sonstige wahrnehmbare
Gütefaktoren in der Signalstruktur zu verbessern:
- vorderer und hinterer Teil des Signals zuschneiden
- Separieren des Direktschalls
- Separieren eines Early-Reflektion-Musters
- Equalisieren (Ziel: Plausibilität, Wohlklang, Referenzbibliothek)
- dynamisch bearbeiten (Kompressoren, Expander, sowie optional verschiedene Bearbeitungen
für verschiedene Frequenzbänder)
- Entrauschen (frequenzselektive "Fingerprint" Methode)
- am Ende der Impulsantwort blenden oder verlängern mit sorgfältig angepasstem algorithmischen
Hall
- am Ende der Impulsantwort dynamisch einen Tiefpass-Filter anwenden, welches dem Hall-Charakter
des ersten Teils der Impulsantwort entspricht.
[0045] Insbesondere für das optionale Separieren eines Early-Reflektion-Musters können vorteilhafterweise
die signifikanten lokalen Maxima innerhalb der ersten 50 bis 150 Millisekunden einzeln
aus dem Signal herausgestanzt und nachmodelliert werden. In einem nächsten Schritt
können sie dann in einer separaten ER-Simulations-Maschine mit gefilterten Einzeldelays
jeweils mit eigenen Parametern gain und delay nachgebaut werden. Ziel ist es hier,
das gesamte, natürliche Early-Reflektion-Muster später stufenlos herauszurechnen und
damit eine sehr natürlich Simulation einer Distanz zu ermöglichen.
[0046] Vorteilhafterweise kann das vorbeschriebene Verfahren für mehrkanalige Impulsantworten
angewandt werden. Die Zahl der Kanäle ergibt sich aus dem Produkt M x n. M ist das
Produkt aus Lautsprecher-Sourcepositionen x Anzahl der Richtungen. n ist die Zahl
der Messmikrofone, die jeweils an akustisch wohl selektierten Stellen platziert werden.
Das Mikrofonarray soll das Ziel der später gehörten Lautsprecheranordnung reflektieren.
Um andere mehrkanalige Abhörformate abzubilden, werden Methoden des Up- oder Downmixes
in einer Simulationsengine angewandt.
[0047] Um den Parameter einer Reflektions-Dichte (Density) natürlich zu simulieren, wird
die Methode des Assoziativgesetzes herangezogen. Mindestens zwei separierte Messungen
mit unterschiedlich gerichteten, optional sogar unterschiedlich positionierten Lautsprechern
werden variabel zusammengemischt, um unterschiedliche Dichten zu erhalten.
[0048] Mit der gleichen Methode kann man auch den ersten Teil und den letzten Teil des akustischen
Fingerabdrucks (der sogenannten Raumimpulsantwort) völlig unterschiedlich herausarbeiten,
indem man zum Beispiel mit einem eng zusammenstehenden Mehrkanalmikrofonarray beginnt
und dann langsam in ein anderes RIR überblendet, welche mit einem weit auseinander
stehendem Array hergestellt wurde.
[0049] Dabei ist es möglich, nicht nur zwei Mikrofonanordnung ineinander überzublenden,
sondern einzelne Selektionen der RIR algorithmisch zu generieren und einen weiteren
Teil messtechnisch zu erzeugen.
[0050] Zusätzlich zu den vorbeschriebenen synthetischen Methoden können auch komplexe mathematische
Simulations- und Prognosesoftwaremethoden, wie zum Beispiel CATT, Odeon, EASE oder
Treble verwendet werden, um eine akustische Prognose von Bauwerken zu erhalten, die
es noch gar nicht gibt. Ferner können die vorbeschriebenen synthetischen Methoden
mit Feedback-Delay-Networks (FDN) kombiniert werden.
[0051] Vorteilhafterweise kann zusätzlich zu der Erzeugung von künstlichen RaumReflektionen
eine mehrkanalige Zuspielung von wählbaren natürlichen Umgebungsgeräuschen, wie zum
Beispiel Meereswellen, Waldrauschen, braunem Rauschen oder Raumrauschen vorgenommen
werden. Damit kann einerseits echter Umgebungslärm oder es können Nachteile der künstlichen
Hallerzeugung maskiert werden. Des Weiteren können die gewollten Geräusche den Holographie-Effekt
durch eine komplette akustische Umgebungssimulation steigern.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0052] Die Erfindung wird nun in Bezug auf begleitende Zeichnungen beispielhaft erläutert.
[0053] Es zeigen schematisch:
Figur 1: eine Schnittdarstellung durch eine Vorrichtung zur akustischen Modifikation
einer Innenakustik,
Figur 2: eine Schnittdarstellung durch eine weitere Vorrichtung zur akustischen Modifikation
einer Innenakustik,
Figur 3: eine Schnittdarstellung durch eine weitere Vorrichtung zur akustischen Modifikation
einer Innenakustik, und
Figur 4: ein System mit mehreren miteinander vernetzten Vorrichtungen zur akustischen
Modifikation einer Innenakustik und einer Bedieneinheit.
Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung
[0054] In den Figuren 1 bis 3 ist rein schematisch zur prinzipiellen Veranschaulichung jeweils
eine Schnittdarstellung durch eine Vorrichtung 100 zur akustischen Modifikation einer
Innenakustik dargestellt. Die Anordnungen der einzelnen Komponenten in den Vorrichtungen
100 können genauso von den dargestellten Abbildungen abweichen, wie die gesamte Formgebung
beziehungsweise Ausgestaltung der Vorrichtung 100.
[0055] Figur 1 zeigt schematisch eine Schnittdarstellung durch eine Vorrichtung 100 zur
akustischen Modifikation einer Innenakustik. Die Vorrichtung 100 weist ein Schallabsorptionselement
10, ein Schallerfassungsmittel 11 sowie einen Lautsprecher 12 auf. Alle drei Komponenten
sind in einem Gehäuse 13 angeordnet.
[0056] Figur 2 zeigt eine schematische Schnittdarstellung durch eine ähnliche Vorrichtung
100. Bei der in Figur 2 beispielhaft dargestellten Vorrichtung 100 sind mehrere Schallerfassungsmittel
11 und mehrere Lautsprecher 12 beidseitig vom Schallabsorptionselement 10 angeordnet.
Somit sind sowohl die Schallerfassungsmittel 11 sowie auch die Lautsprecher 12 symmetrisch
in Bezug auf das Schallabsorptionselement 10 innerhalb der Vorrichtung 100 beziehungsweise
des Gehäuses 13 der Vorrichtung 100 angeordnet. Ferner sind die Schallerfassungsmittel
11 jeweils als Mikrofon-Array und die Lautsprecher 12 jeweils als Lautsprecher-Array
in der Vorrichtung 100 vorgesehen.
[0057] Bei dem in Figur 3 dargestellten Beispiel einer Vorrichtung 100 zur akustischen Modifikation
einer Innenakustik ist der Lautsprecher 12 als Kugellautsprecher ausgebildet und das
Schallabsorptionselement 10 flächig über dem Lautsprecher 12 angeordnet.
[0058] In Figur 4 ist beispielhaft ein vernetztes System 200 von miteinander gekoppelten
Vorrichtungen 100 zur akustischen Modifikation einer Innenakustik gezeigt. Zur Bedienung
dieses Systems 200 beziehungsweise der einzelnen Vorrichtungen 100 dient eine Bedieneinheit
300 mit einem grafischen Display. Über die Bedieneinheit 300 können vorgegebene Raumakustiken
ausgewählt werden und es kann das vernetzte System 200 bedient und angesteuert werden.
Bezugszeichenliste
[0059]
- 100
- Vorrichtung zur akustischen Modifikation einer Innenakustik
- 10
- Schallabsorptionselement
- 11
- Schallerfassungsmittel
- 12
- Lautsprecher
- 13
- Gehäuse
- 200
- System zur Erstellung einer virtuellen Umgebung
- 300
- Bedieneinheit
1. Vorrichtung (100) zur akustischen Modifikation einer Innenakustik, wobei die Vorrichtung
mindestens ein Schallabsorptionselement (10) sowie mindestens ein Schallerfassungsmittel
(11) aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorrichtung (100) ferner mindestens einen Lautsprecher (12) zur Ausgabe von zusätzlichen
und/oder simulierten Raumreflexionen aufweist.
2. Vorrichtung (100) gemäß Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorrichtung (100) und/oder der Lautsprecher (12) zumindest abschnittsweise eine
gekrümmte Oberfläche aufweist.
3. Vorrichtung (100) gemäß Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorrichtung (100) ein Gehäuse (13) aufweist, wobei das mindestens eine Schallabsorptionselement
(10), das mindestens eine Schallerfassungsmittel (11) und der mindestens eine Lautsprecher
(12) in dem Gehäuse (13) angeordnet sind.
4. Vorrichtung (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche ,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Schallabsorptionselement (10) ein mechanisches Schallabsorbermaterial, insbesondere
Basotect®, aufweist oder daraus besteht.
5. Vorrichtung (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass das mindestens eine Schallerfassungsmittel (11) ein Mikrofon aufweist oder daraus
besteht.
6. Vorrichtung (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorrichtung (100) mehrere miteinander gekoppelte Schallerfassungsmittel (11)
aufweist.
7. Vorrichtung (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der mindestens eine Lautsprecher (12) als elektrostatischer Lautsprecher ausgebildet
ist.
8. Vorrichtung (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der mindestens eine Lautsprecher (12) als omnidirektionaler Lautsprecher, vorzugsweise
als gekrümmter Lautsprecher, besonders bevorzugterweise als Kugellautsprecher, als
zylindrischer Lautsprecher oder als polyzylindrischer Lautsprecher ausgebildet ist.
9. Vorrichtung (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorrichtung (100) mehrere miteinander gekoppelte Lautsprecher (12) aufweist.
10. Vorrichtung (100) gemäß Anspruch 9,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Lautsprecher (12) beidseitig vom Schallabsorptionselement (10) angeordnet sind.
11. Vorrichtung (100) gemäß einem der Ansprüche 5 bis 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Schallerfassungsmittel (11) beidseitig vom Schallabsorptionselement (10) angeordnet
sind.
12. Vorrichtung (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine Außenoberfläche der Vorrichtung (100) mit einem akustisch transparenten Stoff
bezogen ist.
13. System (200) zur Erstellung einer virtuellen Umgebung mit einer Akustiksimulation
und/oder Umgebungsgeräuschsimulation,
dadurch gekennzeichnet,
dass das System (200) mehrere miteinander vernetzte Vorrichtungen (100) gemäß einem der
vorhergehenden Ansprüche aufweist.
14. Bedieneinheit (300) zur Bedienung einer Vorrichtung (100) gemäß einem der Ansprüche
1 bis 12 und/oder zur Bedienung eines Systems (200) gemäß Anspruch 13, wobei die Bedieneinheit
(300) eine grafische Benutzeroberfläche und/oder eine zwei-dimensionale Eingabeeinheit
aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Bedieneinheit (300) derart ausgebildet ist, dass über die grafische Benutzeroberfläche
und/oder die zwei-dimensionale Eingabeeinheit drei Parameter mittels eines stiftförmigen
Eingabegerätes oder einer Maus gesteuert werden können.
15. Verfahren zur Erstellung einer virtuellen Akustikumgebung mittels einer Vorrichtung
(100) nach einem der Ansprüche 1 bis 12 und/oder einem System (200) nach Anspruch
13,
dadurch gekennzeichnet,
dass in die Vorrichtung (100) oder in die miteinander vernetzten Vorrichtungen (100) des
Systems (200) Akustikeigenschaften eines zu simulierenden Raumes eingespeist werden.
16. Verfahren gemäß Anspruch 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Akustikeigenschaften durch Vermessung des zu simulierenden Raumes erzeugt werden.
17. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 15 oder 16,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Verfahren auf einem elektronischen Gerät, insbesondere einem Computer, einem
Tablet oder einem Smartphone ausgeführt wird.