Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft eine Tiefziehvorrichtung und ein Verfahren zur Herstellung
dünnwandiger Tiefziehteile.
Technischer Hintergrund
[0002] Zur Herstellung von dünnwandigen Behältern oder dreidimensional geformten Teilen
wie Spülbecken, Karosserieteilen oder auch Food- und Pharmaverpackungen wird das sogenannte
Tiefziehverfahren eingesetzt. Bei diesem wird ein Blech oder eine Blechfolie zwischen
einem Blechhalter und eine Ziehmatrize (auch Ziehring genannt) mit Ziehkante eingespannt
und anschliessend mit einem Ziehstempel, welcher sich in einer Arbeitsrichtung relativ
zur Ziehmatrize bewegt, über die Ziehkante in die gewünschte Form tiefgezogen. Je
nach der geforderten Geometrie des Endteiles kann sich dieser Ziehvorgang auch in
mehreren Stufen wiederholen, wobei dann die Werkzeuggeometrie spezifisch angepasst
sein muss.
[0003] Das Einziehen des Bleches induziert im Flanschbereich des Bleches in «radialer» Richtung
Zugspannungen ("radiale" Zugspannung). In den Bereichen, in denen die Umfangslänge
gestaucht wird, entstehen in der Umfangsrichtung Druckspannungen ("tangentiale" Druckspannung).
Dies tritt immer bei runden Formen und bei quadratischen Formen in den (runden) Ecken
auf. Aufgrund der geringen Biegesteifigkeit führen diese dann zur Bildung unerwünschter
Falten.
[0004] Im Folgenden ist mit einer Arbeitsrichtung, die Richtung gemeint, in welcher sich
Ziehstempel und Ziehmatrize relativ zueinander bewegen. Dies unabhängig davon, ob
die Matrize oder der Ziehstempel statisch ist. Bei rotationssymmetrischen Ziehteilen
ist die Arbeitsrichtung parallel zur Rotationsachse.
[0005] Treten die Falten im Flanschbereich auf, so redet man von Falten 1. Art. Bei Teileformen,
bei denen eine Zarge (d.h. eine Wand des Tiefziehteiles) nicht vertikal (d.h. parallel
zur Arbeitsrichtung), sondern unter einen Neigungswinkel zur Arbeitsrichtung steht,
können solche Falten auch im Zargenbereich auftreten. Diese entstehen in freien Zonen,
also in Bereichen, die zeitweise keinen Kontakt zu Werkzeugflächen haben, und werden
als Falten 2. Art bezeichnet (vgl. Fig. 1).
[0006] Zur Verhinderung der Falten 1. Art im Flanschbereich wird der Blechhalter eingesetzt.
Dieser verhindert durch den Druckaufbau in dieser Zone die Faltenbildung. Im Zargenbereich
steht das Blech aber frei, sodass hier die Faltenbildung nicht direkt durch die Abstützung
mit einer Werkzeugwand verhindert werden kann. Bisher wurde solchen Falten primär
durch Erhöhung der Blechhaltekraft und somit durch Erhöhung der radialen Spannung
entgegengewirkt, was zur Reduktion der tangentialen Druckspannungen führt. Diese Massnahme
ist aber in vielen Fällen ungenügend. Sichtbar wird diese Faltenbildung 2. Art z.B.
bei einer runden zylindrischen / konischen Form im Bereich der gesamten Zarge oder
bei quadratischen Formen mit runden Ecken im Bereich der Ecken.
[0007] Die oben beschriebene Problematik tritt sowohl bei 1-stufigen wie auch bei mehrstufigen
Umformprozessen auf. Je nach dem Aufbau der Werkzeuge werden diese als Umformung in
einem Folgeverbundprozess (mehrere Werkzeugstufen hintereinander mit Teiletransport)
oder als Umformung in einem Gesamtverbundprozess (Umformung in einem gestapelten Werkzeug
ohne Teiletransport) bezeichnet. Unabhängig von der Art der Stufenfolge treten die
Falten immer auf, wenn die Neigung der Zarge einen gewissen Winkel überschreitet,
z.B. bei konischen Tiefziehteilen mit gleichmässiger Neigung oder bei dom-, oder halbkugel-förmigen
Tiefziehteilen mit stetig zunehmender Neigung. Bei konischen Tiefziehteilen wird häufig
mit Wandneigungen zwischen 5 bis 15 Grad gearbeitet. Dieser Winkel wird z.B. aus Gründen
der Stapelbarkeit der Teile gewählt. Bei gängigen konischen Behältern liegt der Winkel
bei etwa 7,5 Grad.
[0008] Die Folge der Faltenbildung ist ein unschönes Aussehen (vgl. Fig. 2(a)), welches
als Oberflächenfehler klassiert wird und den Qualitätsanforderungen oft nicht entspricht
(dies z.B. bei Karosserieteilen).
[0009] Insbesondere bei Tiefziehteilen, bei denen es am Ende des Prozesses zum doppelseitigen
Werkzeugkontakt kommt, werden solche unerwünschten Falten zusammengedrückt (Quetschen
des Materials). Dies induziert ein sogenanntes Knitterversagen durch vertikal verlaufende
Materialfaltungen, welche beim Zusammendrücken Risse hervorrufen können (vgl. Fig.
2(b)). Tiefziehteile mit Rissen werden in einer anschliessenden Qualitätsprüfung erkannt
und als Ausschuss entsorgt. Je nach Tiefziehteil kann der Ausschuss dabei im unteren
einstelligen Prozentbereich liegen.
[0010] Wie beschrieben, ist die Faltenbildung 2. Art durch die Wandneigung und somit durch
die Geometrie des Endteiles bedingt. Die bisher umformtechnische Vorgehensweise, die
Faltenbildung durch Erhöhung der Blechhaltekraft zu reduzieren stösst auf Grenzen,
da dadurch die Blechausdünnung erhöht wird, was dann in der Folge schneller zu sogenannten
Bodenreissern (Versagen durch Einschnürung) führt.
[0011] Die Falten 2. Art sind nicht zu verwechseln mit Einbuchtungen, welche absichtlich
als Design- oder Verstärkungselemente eingebracht werden.
[0012] WO2012140266 offenbart eine Vorrichtung zum Verformen eines sechseckigen Blechrohlings von einer
ursprünglich flachen zu einer zylindrischen Napfform. Um ein stärkeres Nachziehen
des Blechmaterials in den Eckbereichen des Rohlings zu erreichen, kann die Ziehmatrize
eine Ziehkante mit abschnittsweise unterschiedlichen Rundungsradien aufweisen, so
dass in den sechs Eckbereichen eine reduzierte Rückhaltekraft resultiert. Die Rundungsradien
müssen entsprechend gross gewählt werden, um in den Eckbereichen den längeren Weg
auf der Stirnseite der Ziehmatrize zu kompensieren. Eine Faltenbildung 2. Art ist
aufgrund der zylindrischen Napfform weder vorhanden, noch kann sie mit der vorgeschlagenen
Ausgestaltung der Ziehkante kontrolliert werden.
Darstellung der Erfindung
[0013] Eine Aufgabe der Erfindung ist es, eine Tiefziehvorrichtung und ein Tiefziehverfahren
anzugeben, mit welcher ein Knitterversagen verhindert oder zumindest stark reduziert
wird.
[0014] Diese Aufgabe wird durch eine Tiefziehvorrichtung gemäss Anspruch 1 und einem Verfahren
gemäss Anspruch 12 gelöst.
[0015] Die Tiefziehvorrichtung zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils aus einem
Blechzuschnitt umfasst eine Ziehmatrize mit einer Ziehkante und einen Blechhalter,
welche zusammen eine Flanscheinzugszone der Tiefziehvorrichtung bilden, und einen
Ziehstempel. Das Tiefziehteil weist eine gegenüber einer Arbeitsrichtung geneigte
Zarge auf. Die Tiefziehvorrichtung weist in der Flanscheinzugszone wenigstens abschnittsweise
Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung auf.
[0016] Die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung sind derart dimensioniert, dass sie
zu keiner abschnittsweisen Veränderung des Blecheinzugs in radialer Richtung führen,
sondern lediglich die Anordnung der entstehenden Falten kontrollieren.
[0017] Der Erfindung liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass eine Faltenbildung 2. Art nicht
verhindert werden soll, aber direkt beeinflusst werden soll. Dabei werden durch die
Mittel der kontrollierten Faltengenerierung die Falten 2. Art mit einer kontrollierten,
regelmässigen Verteilung in die Zarge eingebracht. Durch diese Regelmässigkeit wird
bei doppelseitigem Werkzeugkontakt, welcher zum Flachdrücken der Falten führt, ein
Knitterversagen mit Rissbildung verhindert oder zumindest erheblich reduziert. Zudem
werden die Falten nicht mehr als Oberflächenfehler wahrgenommen.
[0018] Die Lösung basiert entsprechend auf dem Einsatz einer Tiefziehvorrichtung mit Mittel
zur kontrollierten Faltengenerierung. Diese sind so ausgebildet, dass sie für die
jeweilige Teilegeometrie eine optimale Wellenstörung auslösen und so gezielt die Form
aber auch die Anzahl der Falten 2. Art beeinflusst. Die Falten werden dabei so geformt,
dass es am Ende des Prozesses nicht zu Knitterversagen durch unkontrollierte Falten
2. Art kommt. Diese Wellenstörung kann bei mehrstufigen Prozessen in die Ziehmatrize
der n-ten Stufe und bei 1-stufigen Prozessen direkt in die Ziehmatrize der ersten
Stufe integriert werden. Die Anzahl und Ausdehnung der wellenartigen Einbuchtungen
ist dabei abhängig von der Teilegeometrie, z.B. von der Neigung der Zarge, dem Verhältnis
Blechdicke zum Ziehringradius oder der Krümmung der Zarge um eine Achse parallel zur
Arbeitsrichtung. Eine Veränderung des Blechhalterdruckes resp. eine daraus resultierende
Veränderung der Rückhaltekraft wird durch die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung
nicht wesentlich beeinflusst.
[0019] Als Referenz für die Anzahl wellenartiger Einbuchtungen kann eine mittels FEM (Finite-Elemente-Methode)
berechnete freie Faltenzahl dienen. Diese Zahl dient als Mindestanzahl. Blechhalterkräfte
sollen dadurch nicht beeinflusst werden, ansonsten der Ziehprozess verändert wird.
Beispielsweise können bereits mit 10 wellenartigen Einbuchtungen gute Ergebnisse erzielt
werden.
[0020] Die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung können mehrere wellenartige Einbuchtungen
entlang der Ziehkante der Ziehmatrize und/oder mehrere längliche, radial verlaufende
Vertiefungen auf einer dem Blechhalter zugewandten Oberfläche der Ziehmatrize oder
auf einer der Ziehmatrize zugewandten Oberfläche des Blechhalters umfassen. In solche
räumliche Ausdehnungsbereiche in der Flanscheinzugszone kann das gezogene Blech ausweichen,
womit die Entstehung und Anordnung der Falten 2. Art in der Zarge kontrolliert wird.
Die länglichen Vertiefungen können gegenüber der Oberfläche geneigt sein, so dass
sich die Vertiefung radial nach aussen verjüngt. Idealerweise reichen die Vertiefungen
bis an die Ziehkante heran. Vertiefungen und Einbuchtungen können miteinander kombiniert
sein.
[0021] Bevorzugte Ausführungsarten der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
[0022] In einigen Ausführungsformen können die wellenartigen Einbuchtungen und/oder länglichen
Vertiefungen gleichmässig voneinander beabstandet angeordnet sein. Die wellenartigen
Einbuchtungen und/oder die länglichen Vertiefungen können jeweils eine gleiche Form
(Länge, Breite, Tiefe) aufweisen. Die Tiefe wird dabei so klein wie möglich gewählt,
um die Sichtbarkeit der kontrolliert eingebrachten Falten 2. Art möglichst zu reduzieren.
Zudem sollen andere Parameter wie der Blechhalterdruck oder die durch die Ziehringrundung
beeinflusste zusätzliche Rückhaltekraft des Blechzuschnitts nicht beeinflusst werden.
[0023] Gute Ergebnisse werden beispielsweise bei einem rotationsymmetrischen Tiefziehteil
mit etwa 25 - 30 mm Durchmesser und einer Blechdicke von z.B. 0.06 bis 0.12 mm mit
10 bis 35 Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung erzielt. Vorzugsweise beträgt
die Anzahl der Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung mind. 16 (mind. 4 pro 90°
Umschliessungswinkel).
[0024] In einigen Ausführungsformen kann die Anzahl der mehreren wellenartigen Einbuchtungen
und/oder länglichen Vertiefungen über ein Wandsegment mit einem Umschliessungswinkel
von 90° mindestens vier sein. Mit anderen Worten kann jeder ungerade Ziehringrundungsbereich,
der mit Mitteln zur Faltengenerierung versehen ist, mindestens vier wellenartige Einbuchtungen
und/oder längliche Vertiefungen pro 90° Umschliessungswinkel aufweisen.
[0025] In einigen Ausführungsformen können die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung
entlang dem gesamten Umfang der Flanscheinzugszone angeordnet sein. Dies ist insbesondere
dann vorgesehen, wenn es sich um ein insgesamt rundes oder rotationssymmetrisches
Tiefziehteil (z.B. ein konischer oder halbkugelförmiger Behälter oder Hohlkörper)
handelt. Bei einem Tiefziehteil mit geraden Zargen (z.B. ein rechteckiger Behälter
mit gerundeten Ecken und geraden Bereichen) können die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung
wenigstens oder nur in Abschnitten der Flanscheinzugszone angeordnet sein, welche
um eine Achse parallel zur Arbeitsrichtung gekrümmt sind. Diese Abschnitte bilden
jeweils eine gerundete Zarge (ungerader Ziehringrundungsbereich) aus, z.B. bei einem
kreisförmigen oder ovalen Behälter oder in den runden Ecken eines rechteckigen Behälters
(wobei die Zarge jeweils zur Arbeitsrichtung geneigt ist).
[0026] In einigen Ausführungsformen können die wellenartigen Einbuchtungen durch eine Variation
des Kantenradius der Ziehkante ausgebildet sein. Beispielsweise kann der Kantenradius
entlang der Ziehkante in einem bestimmten Bereich zwischen mindestens der eingesetzten
Blechdicke und 2.5 mm, vorzugsweise zwischen 0.2 und 2.5 mm variieren, wodurch eine
wellenartige Ziehkante entsteht. Solche Werte sind beispielsweise für Behälter aus
Folien mit einer Blechdicke von ca. 0.1 mm geeignet.
[0027] Der optimale minimale und maximale Kantenradius des Bereichs der Variation ist abhängig
von der Blechdicke, dem Radius der Ziehringrundung und der Krümmung der Zarge. Für
rotationsymmetrische Tiefziehteile mit etwa 25 - 30 mm Durchmesser und einer Blechdicke
von z.B. 0.06 bis 0.12 mm hat sich eine Variation des Kantenradius zwischen 0.2 und
0.4 mm als gut erwiesen. Je nach Grösse des Tiefziehteils und/oder Dicke des Blechzuschnitts
sind die Radien umformspezifisch anzupassen.
[0028] Die abschnittsweise angeordneten, wellenartigen Einbuchtungen entlang der Ziehkante
können eine gleichmässige Wellenlinie mit konstanter Amplitude und Wellenlänge ausbilden.
Die Amplitude aber auch die Wellenlänge kann in Abhängigkeit der Ziehringrundung resp.
der Krümmung der Zarge unterschiedlich sein.
[0029] Die Ziehringrundung oder Krümmung der Zarge bezieht sich vorliegend jeweils auf eine
Krümmung um eine Achse parallel zur Arbeitsrichtung, z.B. in den runden Ecken oder
bei einer runden Form des Ziehteils. In Arbeitsrichtung gesehen kann die Zarge geradlinig
sein (z.B. bei einem konischen Tiefziehteil) oder gebogen (z.B. bei einem dom-, oder
halbkugel-förmigen Tiefziehteil).
[0030] In einigen Ausführungsformen können die länglichen Vertiefungen in der Oberfläche
der Ziehmatrize oder des Blechhalters eine gleichmässig gewellte Oberfläche ausbilden.
Die Tiefe der Vertiefungen kann etwa 0.05 bis 2.5 mm sein, je nach Dicke des Blechs.
[0031] In einigen Ausführungsformen kann die geneigte Zarge einen Winkel von mindestens
3 Grad, vorzugsweise 5 bis 15 Grad, gegenüber der Arbeitsrichtung aufweisen.
[0032] In einigen Ausführungsformen kann das Tiefziehteil ein dünnwandiger Behälter oder
Hohlkörper mit oder ohne Flansch, mit einer gegenüber der Ziehachse geneigten Zarge
und mit einem Boden sein.
[0033] Die Erfindung betrifft weiter ein Tiefziehverfahren zur Herstellung eines dünnwandigen
Tiefziehteils mittels einer voran beschriebenen Tiefziehvorrichtung, umfassend die
Schritte: (a.) Bereitstellen der Tiefziehvorrichtung die Mittel zur kontrollierten
Faltengenerierung aufweist; (b.) Einspannen des Blechzuschnitts in die Tiefziehvorrichtung;
(c.) Tiefzug des Blechzuschnitts über die Ziehkante, wobei durch die Mittel zur kontrollierten
Faltengenerierung wenigstens abschnittsweise kontrolliert Falten in die Zarge des
Tiefziehteils eingebracht werden.
[0034] In einigen Ausführungsformen kann das Tiefziehverfahren ein ein- oder mehrstufiger
Prozess mit einem oder mehreren Umformstufen sein, wobei wenigstens eine der Umformstufen
mit einer Ziehmatrize oder einem Ziehstempel gemäss einem der vorangehenden Ansprüche
durchgeführt wird.
[0035] In einigen Ausführungsformen können bei wenigstens einer Umformstufe die kontrolliert
eingebrachten Falten durch doppelseitigen Werkzeugkontakt zusammengedrückt werden.
[0036] Die Erfindung betrifft weiter ein Tiefziehteil, welches mit der voran beschriebenen
Tiefziehvorrichtung oder dem voran beschriebenen Tiefziehverfahren hergestellt ist,
wobei das Tiefziehteil eine geneigte Zarge aufweist und die Zarge abschnittsweise
mehrere gleichmässig angeordnete Falten aufweist, welche in Arbeitsrichtung ausgerichtet
sind.
[0037] Die Erfindung betrifft weiter ein Tiefziehteil mit einer runden gegenüber der Arbeitsrichtung
geneigten Zarge, wobei die Zarge abschnittsweise gleichmässig angeordnete Falten aufweist,
welche in Arbeitsrichtung ausgerichtet sind.
Kurze Erläuterung zu den Figuren
[0038] Die Erfindung soll nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen im Zusammenhang mit
der(n) Zeichnung(en) näher erläutert werden. Es zeigen:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung einer Ziehvorrichtung mit Faltenbildung 2. Art;
- Fig. 2
- Ausschnitt einer geneigten Zarge unter (a) mit Faltenbildung 2. Art unter (b) mit
Rissbildung;
- Fig. 3
- Ziehmatrize mit gewellter Ziehkante;
- Fig. 4
- Ziehmatrize mit gewellter Ziehkante;
- Fig. 5
- Ziehmatrize mit radialen Vertiefungen
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0039] Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung einer Tiefziehvorrichtung mit Faltenbildung
2. Art. Die Tiefziehvorrichtung weist eine Ziehmatrize 2 mit Ziehkante 5, einen Blechhalter
4 und einen Ziehstempel 3 auf. Die Ziehmatrize 2 mit Ziehkante 5 und der Blechhalter
4 definieren eine Flanscheinzugszone der Tiefziehvorrichtung. Ein Blechzuschnitt 7
aus einem Blech oder einer Blechfolie ist zwischen dem Blechhalter 4 und der Ziehmatrize
2 eingespannt und wird mit dem Ziehstempel 3 über die Ziehkante 5 in die gewünschte
Form tiefgezogen. Die Tiefziehvorrichtung ist für die Herstellung eine Tiefziehteils
1 (vgl. auch Fig. 2) mit (oder ohne) einem Flansch 11, einer gegenüber der Arbeitsrichtung
A geneigten Zarge 12 und einem Boden 13 ausgelegt. Ein solches Tiefziehteil kann beispielsweise
ein konischer Behälter oder ein rechteckiger Behälter mit runden Ecken sein. Insbesondere
bei Teileformen, bei denen die Zarge (d.h. eine Wand des Tiefziehteiles) nicht vertikal
(d.h. parallel zur Arbeitsrichtung A), sondern unter einen Neigungswinkel zur Arbeitsrichtung
A steht, können im Zargenbereich 8 sog. Falten 2. Art auftreten, welche schliesslich
bei doppelseitigem Werkzeugkontakt zu Rissbildungen 8a führen können (vgl. Fig. 2).
[0040] Mit der Arbeitsrichtung A ist vorliegend die Richtung gemeint, in welcher sich Ziehstempel
und Ziehmatrize relativ zueinander bewegen. Dies unabhängig davon, ob die Matrize
oder der Ziehstempel statisch ist. Bei rotationssymmetrischen Ziehteilen ist die Arbeitsrichtung
parallel zur Rotationsachse.
[0041] In Fig. 2 und Fig. 2(a) ist diese unkontrollierte Faltenbildung 2. Art und die Rissbildung
in einer Zarge eines konischen Behälters gezeigt. Diese Rissbildung wird auch als
Knitterversagen bezeichnet.
[0042] Fig. 3 und Fig. 4 zeigen nun eine Ziehmatrize 2 einer Tiefziehvorrichtung, mittels
welcher ein Knitterversagen jeweils effizient verhindert oder zumindest erheblich
reduziert werden kann. Unter (A) ist jeweils ein vergrösserter Ausschnitt der Ziehkante
5 gezeigt. Die Ziehmatrize resp. deren Ziehkante ist mit Mittel zur kontrollierten
Faltengenerierung versehen.
[0043] Die gezeigte Ziehmatrize 2 ist für die Herstellung eines konischen Behälters vorgesehen.
Die Ziehmatrize kann beispielsweise in der zweiten Ziehstufe eingesetzt werden, um
eine Knitterversagen beim konischen Behälter zu vermeiden. Die Ziehmatrize 2 weist
innen eine kreisförmige Ziehkante 5 auf. Diese Ziehkante 5 ist mit Mittel zur kontrollierten
Faltengenerierung in Form von mehreren wellenartigen Einbuchtungen 6 versehen, durch
welche beim Tiefziehprozesse zwar eine Faltenbildung 2. Art nicht verhindert wird,
aber die Falten 2. Art kontrolliert mit regelmässigen Abständen in die Zarge des Tiefziehteils
einbringt. Da hiermit die Faltenbildung mit engen und unregelmässigen Falten verhindert
wird, wird bei einem anschliessenden doppelseitigen Werkzeugkontakt ein Knitterversagen,
welches durch das Zusammendrücken unkontrollierter und daher unregelmässiger, teilweise
eng beieinanderliegender Falten 2. Art entsteht, verhindert resp. erheblich reduziert.
[0044] Die gezeigte Ziehkante für solche konische Behälter weist in dem gezeigten Beispiel
einen minimalen Kantenradius von etwa 0.2 mm auf, mindestens aber von etwa der eingesetzten
Blechdicke. Die mehreren wellenartigen Einbuchtungen 6 der gezeigten Ziehkante 5 werden
durch periodische Änderung des Kantenradius der Ziehkante 5 erzeugt. Dabei schwankt
der Kantenradius in der gezeigten Ausführungsform zwischen etwa 0.2 und 0.4 mm, wodurch
eine wellenförmige Ziehkante mit gleichmässiger Amplitude und Wellenlänge entsteht.
[0045] Die Ziehmatrize der Fig. 4 unterscheidet sich von der Ziehmatrize in Fig. 3 darin,
dass deren Ziehkante 5 eine grössere Anzahl wellenförmiger Ausbuchtungen aufweist.
Die Anzahl der Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung - z.B. in Form wellenförmiger
Einbuchtungen - über ein Wandsegment mit einem Umschliessungswinkel von 90° ist mindestens
vier (vgl. Fig. 3). Bei einem rechteckigen Formteil wären in jeder Ecke entsprechend
mindestens vier der Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung angeordnet. Die Ausführungsform
in Fig. 4 weist etwa 8 Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung pro 90° Umschliessungswinkel
auf. Die Ausführungsform in Fig. 5 etwa 10 pro 90° Umschliessungswinkel.
[0046] Fig. 5 zeigt eine weitere Möglichkeit, um die Faltenbildung zu kontrollieren, indem
die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung in Form von mehreren radial angeordneten,
länglichen Vertiefungen 6a ausgebildet sind. Die länglichen Vertiefungen 6a erstrecken
sich in der Flanscheinzugszone teilweise über die Oberfläche der Ziehmatrize 2, welche
dem Blechhalter 4 zugewandt ist, beginnend an der Ziehkante 5 der Ziehmatrize 2. Alternativ
könnten die Vertiefungen 6a auch auf einer der Ziehmatrize 2 zugewandten Oberfläche
des Blechhalters 4 angeordnet sein, wobei die Vertiefungen dann an der inneren Kante
des Blechhalters beginnen. Auch diese Vertiefungen 6a sind regelmässig um den gesamten
Umfang der Flanscheinzugszone angeordnet. Sie weisen in der gezeigten Ausführungsform
eine Tiefe von etwa 0.1 mm auf. In der Regel sind die Vertiefungen 6a gegenüber der
Oberfläche der Ziehmatrize 2 (oder des Blechhalters 4) geneigt, so dass sich die Vertiefungen
6a radial nach aussen verjüngen. Idealerweise reichen die Vertiefungen 6a bis an die
Ziehkante 5 heran und/oder sind mit Einbuchtungen 6 kombiniert.
Bezeichnungsliste
[0047]
- 1
- Tiefziehteil
- 11
- Flansch
- 12
- Zarge
- 13
- Boden
- 2
- Ziehmatrize
- 3
- Ziehstempel
- 4
- Blechhalter
- 5
- Ziehkante
- 6
- wellenartige Einbuchtung
- 6a
- längliche Vertiefung
- 7
- Blechzuschnitt
- 8
- Faltenbildung 2. Art im Zargenbereich
- 8a
- Rissbildung
- A
- Arbeitsrichtung
1. Tiefziehvorrichtung zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils (1) aus einem
Blechzuschnitt (2) umfassend eine Ziehmatrize (2) mit einer Ziehkante (5) und einen
Blechhalter (4), welche zusammen eine Flanscheinzugszone der Tiefziehvorrichtung bilden,
und einen Ziehstempel (3); wobei das Tiefziehteil (1) eine gegenüber einer Arbeitsrichtung
(A) geneigte Zarge (12) aufweist; dadurch gekennzeichnet, dass die Tiefziehvorrichtung in der Flanscheinzugszone wenigstens abschnittsweise Mittel
zur kontrollierten Faltengenerierung (6, 6a) aufweist.
2. Tiefziehvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung mehrere wellenartige Einbuchtungen
(6) entlang der Ziehkante (5) der Ziehmatrize (2) und/oder mehrere längliche, radial
verlaufende Vertiefungen (6a) auf einer dem Blechhalter (4) zugewandten Oberfläche
der Ziehmatrize (2) oder auf einer der Ziehmatrize (2) zugewandten Oberfläche des
Blechhalters (4) umfassen, wobei die Vertiefungen (6a) bis an die Ziehkante (5) reichen.
3. Tiefziehvorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die wellenartigen Einbuchtungen (6) und/oder die länglichen Vertiefungen (6a) gleichmässig
voneinander beabstandet angeordnet sind.
4. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl der mehreren wellenartigen Einbuchtungen (6) und/oder länglichen Vertiefungen
(6a) über einen Wandsegment mit einem Umschliessungswinkel von 90° mindestens vier
ist.
5. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6) entlang dem gesamten Umfang der
Flanscheinzugszone angeordnet sind.
6. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6) wenigstens oder nur in Abschnitten
der Flanscheinzugszone angeordnet sind, welche um eine Achse parallel zur Arbeitsrichtung
(A) gekrümmt sind.
7. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die wellenartigen Einbuchtungen (6) durch eine Variation des Kantenradius der Ziehkante
(5) ausgebildet sind.
8. Tiefziehvorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Kantenradius in einem Bereich zwischen mindestens der eingesetzten Blechdicke
und 2.5 mm, vorzugsweise zwischen 0.2 mm und 2.5 mm, variiert.
9. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die abschnittsweise angeordneten, wellenartigen Einbuchtungen (6) entlang der Ziehkante
(5) eine gleichmässige Wellenlinie ausbilden.
10. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die länglichen Vertiefungen (6a) eine gleichmässig gewellte Oberfläche ausbilden.
11. Tiefziehvorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die geneigte Zarge (12) einen Winkel von mindestens 3 Grad, vorzugsweise 5 bis 15
Grad, aufweist.
12. Tiefziehvorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Tiefziehteil (1) ein dünnwandiger Behälter oder Hohlkörper mit oder ohne Flansch
(11), mit einer gegenüber der Arbeitsrichtung (A) geneigten Zarge (12) und mit einem
Boden (13) ist.
13. Tiefziehverfahren zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils (1) mittels einer
Tiefziehvorrichtung eines der vorangehenden Ansprüche, umfassend die Schritte:
a. Bereitstellen der Tiefziehvorrichtung die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung
(6, 6a) aufweist;
b. Einspannen des Blechzuschnitts (7) in die Tiefziehvorrichtung;
c. Tiefzug des Blechzuschnitts (7) über die Ziehkante (5), wobei durch die Mittel
zur kontrollierten Faltengenerierung (6, 6a) wenigstens abschnittsweise kontrolliert
Falten in die Zarge (12) des Tiefziehteils (1) eingebracht werden.
14. Tiefziehverfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren ein ein- oder mehrstufiger Prozess mit einem oder mehreren Umformstufen
ist, wobei wenigstens eine der Umformstufen mit einer Ziehmatrize (2) oder einem Ziehstempel
(4) gemäss einem der vorangehenden Ansprüche durchgeführt wird.
15. Tiefziehverfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass bei wenigstens einer Umformstufe die kontrolliert eingebrachten Falten durch doppelseitigen
Werkzeugkontakt zusammengedrückt werden.
16. Tiefziehteil (1) hergestellt mit einer Tiefziehvorrichtung oder einem Tiefziehverfahren
nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Tiefziehteil (2) eine geneigte Zarge (12) aufweist, wobei die Zarge (12) abschnittsweise
mehrere gleichmässig angeordnete Falten aufweist, welche in Arbeitsrichtung (A) ausgerichtet
sind.