(19)
(11) EP 4 434 651 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.09.2024  Patentblatt  2024/39

(21) Anmeldenummer: 24162216.6

(22) Anmeldetag:  08.03.2024
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21D 22/22(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B21D 22/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
GE KH MA MD TN

(30) Priorität: 24.03.2023 CH 3272023

(71) Anmelder:
  • Dätwyler Schweiz AG
    6467 Schattdorf (CH)
  • inspire AG für mechatronische Produktionssysteme und Fertigungstechnik
    8005 Zürich (CH)

(72) Erfinder:
  • Hora, Pavel
    5507 Mellingen (CH)
  • Huwiler, Hansruedi
    6460 Altdorf UR (CH)

(74) Vertreter: Prins Intellectual Property AG 
Mellingerstrasse 12
5443 Niederrohrdorf
5443 Niederrohrdorf (CH)

   


(54) TIEFZIEHVORRICHTUNG ZUR VERHINDERUNG VON KNITTERVERSAGEN BEI DER HERSTELLUNG VON DÜNNWANDIGEN TIEFZIEHTEILEN


(57) Bei einer Tiefziehvorrichtung zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils (1) aus einem Blechzuschnitt (2) umfassend eine Ziehmatrize (2) mit einer Ziehkante (5) und einen Blechhalter (4), welche zusammen eine Flanscheinzugszone der Tiefziehvorrichtung bilden, und einen Ziehstempel (3); wobei das Tiefziehteil (1) eine gegenüber einer Arbeitsrichtung (A) geneigte Zarge (12) aufweist; ist es vorgesehen, dass die Tiefziehvorrichtung in der Flanscheinzugszone wenigstens abschnittsweise Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6, 6a) aufweist.




Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die Erfindung betrifft eine Tiefziehvorrichtung und ein Verfahren zur Herstellung dünnwandiger Tiefziehteile.

Technischer Hintergrund



[0002] Zur Herstellung von dünnwandigen Behältern oder dreidimensional geformten Teilen wie Spülbecken, Karosserieteilen oder auch Food- und Pharmaverpackungen wird das sogenannte Tiefziehverfahren eingesetzt. Bei diesem wird ein Blech oder eine Blechfolie zwischen einem Blechhalter und eine Ziehmatrize (auch Ziehring genannt) mit Ziehkante eingespannt und anschliessend mit einem Ziehstempel, welcher sich in einer Arbeitsrichtung relativ zur Ziehmatrize bewegt, über die Ziehkante in die gewünschte Form tiefgezogen. Je nach der geforderten Geometrie des Endteiles kann sich dieser Ziehvorgang auch in mehreren Stufen wiederholen, wobei dann die Werkzeuggeometrie spezifisch angepasst sein muss.

[0003] Das Einziehen des Bleches induziert im Flanschbereich des Bleches in «radialer» Richtung Zugspannungen ("radiale" Zugspannung). In den Bereichen, in denen die Umfangslänge gestaucht wird, entstehen in der Umfangsrichtung Druckspannungen ("tangentiale" Druckspannung). Dies tritt immer bei runden Formen und bei quadratischen Formen in den (runden) Ecken auf. Aufgrund der geringen Biegesteifigkeit führen diese dann zur Bildung unerwünschter Falten.

[0004] Im Folgenden ist mit einer Arbeitsrichtung, die Richtung gemeint, in welcher sich Ziehstempel und Ziehmatrize relativ zueinander bewegen. Dies unabhängig davon, ob die Matrize oder der Ziehstempel statisch ist. Bei rotationssymmetrischen Ziehteilen ist die Arbeitsrichtung parallel zur Rotationsachse.

[0005] Treten die Falten im Flanschbereich auf, so redet man von Falten 1. Art. Bei Teileformen, bei denen eine Zarge (d.h. eine Wand des Tiefziehteiles) nicht vertikal (d.h. parallel zur Arbeitsrichtung), sondern unter einen Neigungswinkel zur Arbeitsrichtung steht, können solche Falten auch im Zargenbereich auftreten. Diese entstehen in freien Zonen, also in Bereichen, die zeitweise keinen Kontakt zu Werkzeugflächen haben, und werden als Falten 2. Art bezeichnet (vgl. Fig. 1).

[0006] Zur Verhinderung der Falten 1. Art im Flanschbereich wird der Blechhalter eingesetzt. Dieser verhindert durch den Druckaufbau in dieser Zone die Faltenbildung. Im Zargenbereich steht das Blech aber frei, sodass hier die Faltenbildung nicht direkt durch die Abstützung mit einer Werkzeugwand verhindert werden kann. Bisher wurde solchen Falten primär durch Erhöhung der Blechhaltekraft und somit durch Erhöhung der radialen Spannung entgegengewirkt, was zur Reduktion der tangentialen Druckspannungen führt. Diese Massnahme ist aber in vielen Fällen ungenügend. Sichtbar wird diese Faltenbildung 2. Art z.B. bei einer runden zylindrischen / konischen Form im Bereich der gesamten Zarge oder bei quadratischen Formen mit runden Ecken im Bereich der Ecken.

[0007] Die oben beschriebene Problematik tritt sowohl bei 1-stufigen wie auch bei mehrstufigen Umformprozessen auf. Je nach dem Aufbau der Werkzeuge werden diese als Umformung in einem Folgeverbundprozess (mehrere Werkzeugstufen hintereinander mit Teiletransport) oder als Umformung in einem Gesamtverbundprozess (Umformung in einem gestapelten Werkzeug ohne Teiletransport) bezeichnet. Unabhängig von der Art der Stufenfolge treten die Falten immer auf, wenn die Neigung der Zarge einen gewissen Winkel überschreitet, z.B. bei konischen Tiefziehteilen mit gleichmässiger Neigung oder bei dom-, oder halbkugel-förmigen Tiefziehteilen mit stetig zunehmender Neigung. Bei konischen Tiefziehteilen wird häufig mit Wandneigungen zwischen 5 bis 15 Grad gearbeitet. Dieser Winkel wird z.B. aus Gründen der Stapelbarkeit der Teile gewählt. Bei gängigen konischen Behältern liegt der Winkel bei etwa 7,5 Grad.

[0008] Die Folge der Faltenbildung ist ein unschönes Aussehen (vgl. Fig. 2(a)), welches als Oberflächenfehler klassiert wird und den Qualitätsanforderungen oft nicht entspricht (dies z.B. bei Karosserieteilen).

[0009] Insbesondere bei Tiefziehteilen, bei denen es am Ende des Prozesses zum doppelseitigen Werkzeugkontakt kommt, werden solche unerwünschten Falten zusammengedrückt (Quetschen des Materials). Dies induziert ein sogenanntes Knitterversagen durch vertikal verlaufende Materialfaltungen, welche beim Zusammendrücken Risse hervorrufen können (vgl. Fig. 2(b)). Tiefziehteile mit Rissen werden in einer anschliessenden Qualitätsprüfung erkannt und als Ausschuss entsorgt. Je nach Tiefziehteil kann der Ausschuss dabei im unteren einstelligen Prozentbereich liegen.

[0010] Wie beschrieben, ist die Faltenbildung 2. Art durch die Wandneigung und somit durch die Geometrie des Endteiles bedingt. Die bisher umformtechnische Vorgehensweise, die Faltenbildung durch Erhöhung der Blechhaltekraft zu reduzieren stösst auf Grenzen, da dadurch die Blechausdünnung erhöht wird, was dann in der Folge schneller zu sogenannten Bodenreissern (Versagen durch Einschnürung) führt.

[0011] Die Falten 2. Art sind nicht zu verwechseln mit Einbuchtungen, welche absichtlich als Design- oder Verstärkungselemente eingebracht werden.

[0012] WO2012140266 offenbart eine Vorrichtung zum Verformen eines sechseckigen Blechrohlings von einer ursprünglich flachen zu einer zylindrischen Napfform. Um ein stärkeres Nachziehen des Blechmaterials in den Eckbereichen des Rohlings zu erreichen, kann die Ziehmatrize eine Ziehkante mit abschnittsweise unterschiedlichen Rundungsradien aufweisen, so dass in den sechs Eckbereichen eine reduzierte Rückhaltekraft resultiert. Die Rundungsradien müssen entsprechend gross gewählt werden, um in den Eckbereichen den längeren Weg auf der Stirnseite der Ziehmatrize zu kompensieren. Eine Faltenbildung 2. Art ist aufgrund der zylindrischen Napfform weder vorhanden, noch kann sie mit der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Ziehkante kontrolliert werden.

Darstellung der Erfindung



[0013] Eine Aufgabe der Erfindung ist es, eine Tiefziehvorrichtung und ein Tiefziehverfahren anzugeben, mit welcher ein Knitterversagen verhindert oder zumindest stark reduziert wird.

[0014] Diese Aufgabe wird durch eine Tiefziehvorrichtung gemäss Anspruch 1 und einem Verfahren gemäss Anspruch 12 gelöst.

[0015] Die Tiefziehvorrichtung zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils aus einem Blechzuschnitt umfasst eine Ziehmatrize mit einer Ziehkante und einen Blechhalter, welche zusammen eine Flanscheinzugszone der Tiefziehvorrichtung bilden, und einen Ziehstempel. Das Tiefziehteil weist eine gegenüber einer Arbeitsrichtung geneigte Zarge auf. Die Tiefziehvorrichtung weist in der Flanscheinzugszone wenigstens abschnittsweise Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung auf.

[0016] Die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung sind derart dimensioniert, dass sie zu keiner abschnittsweisen Veränderung des Blecheinzugs in radialer Richtung führen, sondern lediglich die Anordnung der entstehenden Falten kontrollieren.

[0017] Der Erfindung liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass eine Faltenbildung 2. Art nicht verhindert werden soll, aber direkt beeinflusst werden soll. Dabei werden durch die Mittel der kontrollierten Faltengenerierung die Falten 2. Art mit einer kontrollierten, regelmässigen Verteilung in die Zarge eingebracht. Durch diese Regelmässigkeit wird bei doppelseitigem Werkzeugkontakt, welcher zum Flachdrücken der Falten führt, ein Knitterversagen mit Rissbildung verhindert oder zumindest erheblich reduziert. Zudem werden die Falten nicht mehr als Oberflächenfehler wahrgenommen.

[0018] Die Lösung basiert entsprechend auf dem Einsatz einer Tiefziehvorrichtung mit Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung. Diese sind so ausgebildet, dass sie für die jeweilige Teilegeometrie eine optimale Wellenstörung auslösen und so gezielt die Form aber auch die Anzahl der Falten 2. Art beeinflusst. Die Falten werden dabei so geformt, dass es am Ende des Prozesses nicht zu Knitterversagen durch unkontrollierte Falten 2. Art kommt. Diese Wellenstörung kann bei mehrstufigen Prozessen in die Ziehmatrize der n-ten Stufe und bei 1-stufigen Prozessen direkt in die Ziehmatrize der ersten Stufe integriert werden. Die Anzahl und Ausdehnung der wellenartigen Einbuchtungen ist dabei abhängig von der Teilegeometrie, z.B. von der Neigung der Zarge, dem Verhältnis Blechdicke zum Ziehringradius oder der Krümmung der Zarge um eine Achse parallel zur Arbeitsrichtung. Eine Veränderung des Blechhalterdruckes resp. eine daraus resultierende Veränderung der Rückhaltekraft wird durch die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung nicht wesentlich beeinflusst.

[0019] Als Referenz für die Anzahl wellenartiger Einbuchtungen kann eine mittels FEM (Finite-Elemente-Methode) berechnete freie Faltenzahl dienen. Diese Zahl dient als Mindestanzahl. Blechhalterkräfte sollen dadurch nicht beeinflusst werden, ansonsten der Ziehprozess verändert wird. Beispielsweise können bereits mit 10 wellenartigen Einbuchtungen gute Ergebnisse erzielt werden.

[0020] Die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung können mehrere wellenartige Einbuchtungen entlang der Ziehkante der Ziehmatrize und/oder mehrere längliche, radial verlaufende Vertiefungen auf einer dem Blechhalter zugewandten Oberfläche der Ziehmatrize oder auf einer der Ziehmatrize zugewandten Oberfläche des Blechhalters umfassen. In solche räumliche Ausdehnungsbereiche in der Flanscheinzugszone kann das gezogene Blech ausweichen, womit die Entstehung und Anordnung der Falten 2. Art in der Zarge kontrolliert wird. Die länglichen Vertiefungen können gegenüber der Oberfläche geneigt sein, so dass sich die Vertiefung radial nach aussen verjüngt. Idealerweise reichen die Vertiefungen bis an die Ziehkante heran. Vertiefungen und Einbuchtungen können miteinander kombiniert sein.

[0021] Bevorzugte Ausführungsarten der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.

[0022] In einigen Ausführungsformen können die wellenartigen Einbuchtungen und/oder länglichen Vertiefungen gleichmässig voneinander beabstandet angeordnet sein. Die wellenartigen Einbuchtungen und/oder die länglichen Vertiefungen können jeweils eine gleiche Form (Länge, Breite, Tiefe) aufweisen. Die Tiefe wird dabei so klein wie möglich gewählt, um die Sichtbarkeit der kontrolliert eingebrachten Falten 2. Art möglichst zu reduzieren. Zudem sollen andere Parameter wie der Blechhalterdruck oder die durch die Ziehringrundung beeinflusste zusätzliche Rückhaltekraft des Blechzuschnitts nicht beeinflusst werden.

[0023] Gute Ergebnisse werden beispielsweise bei einem rotationsymmetrischen Tiefziehteil mit etwa 25 - 30 mm Durchmesser und einer Blechdicke von z.B. 0.06 bis 0.12 mm mit 10 bis 35 Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung erzielt. Vorzugsweise beträgt die Anzahl der Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung mind. 16 (mind. 4 pro 90° Umschliessungswinkel).

[0024] In einigen Ausführungsformen kann die Anzahl der mehreren wellenartigen Einbuchtungen und/oder länglichen Vertiefungen über ein Wandsegment mit einem Umschliessungswinkel von 90° mindestens vier sein. Mit anderen Worten kann jeder ungerade Ziehringrundungsbereich, der mit Mitteln zur Faltengenerierung versehen ist, mindestens vier wellenartige Einbuchtungen und/oder längliche Vertiefungen pro 90° Umschliessungswinkel aufweisen.

[0025] In einigen Ausführungsformen können die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung entlang dem gesamten Umfang der Flanscheinzugszone angeordnet sein. Dies ist insbesondere dann vorgesehen, wenn es sich um ein insgesamt rundes oder rotationssymmetrisches Tiefziehteil (z.B. ein konischer oder halbkugelförmiger Behälter oder Hohlkörper) handelt. Bei einem Tiefziehteil mit geraden Zargen (z.B. ein rechteckiger Behälter mit gerundeten Ecken und geraden Bereichen) können die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung wenigstens oder nur in Abschnitten der Flanscheinzugszone angeordnet sein, welche um eine Achse parallel zur Arbeitsrichtung gekrümmt sind. Diese Abschnitte bilden jeweils eine gerundete Zarge (ungerader Ziehringrundungsbereich) aus, z.B. bei einem kreisförmigen oder ovalen Behälter oder in den runden Ecken eines rechteckigen Behälters (wobei die Zarge jeweils zur Arbeitsrichtung geneigt ist).

[0026] In einigen Ausführungsformen können die wellenartigen Einbuchtungen durch eine Variation des Kantenradius der Ziehkante ausgebildet sein. Beispielsweise kann der Kantenradius entlang der Ziehkante in einem bestimmten Bereich zwischen mindestens der eingesetzten Blechdicke und 2.5 mm, vorzugsweise zwischen 0.2 und 2.5 mm variieren, wodurch eine wellenartige Ziehkante entsteht. Solche Werte sind beispielsweise für Behälter aus Folien mit einer Blechdicke von ca. 0.1 mm geeignet.

[0027] Der optimale minimale und maximale Kantenradius des Bereichs der Variation ist abhängig von der Blechdicke, dem Radius der Ziehringrundung und der Krümmung der Zarge. Für rotationsymmetrische Tiefziehteile mit etwa 25 - 30 mm Durchmesser und einer Blechdicke von z.B. 0.06 bis 0.12 mm hat sich eine Variation des Kantenradius zwischen 0.2 und 0.4 mm als gut erwiesen. Je nach Grösse des Tiefziehteils und/oder Dicke des Blechzuschnitts sind die Radien umformspezifisch anzupassen.

[0028] Die abschnittsweise angeordneten, wellenartigen Einbuchtungen entlang der Ziehkante können eine gleichmässige Wellenlinie mit konstanter Amplitude und Wellenlänge ausbilden. Die Amplitude aber auch die Wellenlänge kann in Abhängigkeit der Ziehringrundung resp. der Krümmung der Zarge unterschiedlich sein.

[0029] Die Ziehringrundung oder Krümmung der Zarge bezieht sich vorliegend jeweils auf eine Krümmung um eine Achse parallel zur Arbeitsrichtung, z.B. in den runden Ecken oder bei einer runden Form des Ziehteils. In Arbeitsrichtung gesehen kann die Zarge geradlinig sein (z.B. bei einem konischen Tiefziehteil) oder gebogen (z.B. bei einem dom-, oder halbkugel-förmigen Tiefziehteil).

[0030] In einigen Ausführungsformen können die länglichen Vertiefungen in der Oberfläche der Ziehmatrize oder des Blechhalters eine gleichmässig gewellte Oberfläche ausbilden. Die Tiefe der Vertiefungen kann etwa 0.05 bis 2.5 mm sein, je nach Dicke des Blechs.

[0031] In einigen Ausführungsformen kann die geneigte Zarge einen Winkel von mindestens 3 Grad, vorzugsweise 5 bis 15 Grad, gegenüber der Arbeitsrichtung aufweisen.

[0032] In einigen Ausführungsformen kann das Tiefziehteil ein dünnwandiger Behälter oder Hohlkörper mit oder ohne Flansch, mit einer gegenüber der Ziehachse geneigten Zarge und mit einem Boden sein.

[0033] Die Erfindung betrifft weiter ein Tiefziehverfahren zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils mittels einer voran beschriebenen Tiefziehvorrichtung, umfassend die Schritte: (a.) Bereitstellen der Tiefziehvorrichtung die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung aufweist; (b.) Einspannen des Blechzuschnitts in die Tiefziehvorrichtung; (c.) Tiefzug des Blechzuschnitts über die Ziehkante, wobei durch die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung wenigstens abschnittsweise kontrolliert Falten in die Zarge des Tiefziehteils eingebracht werden.

[0034] In einigen Ausführungsformen kann das Tiefziehverfahren ein ein- oder mehrstufiger Prozess mit einem oder mehreren Umformstufen sein, wobei wenigstens eine der Umformstufen mit einer Ziehmatrize oder einem Ziehstempel gemäss einem der vorangehenden Ansprüche durchgeführt wird.

[0035] In einigen Ausführungsformen können bei wenigstens einer Umformstufe die kontrolliert eingebrachten Falten durch doppelseitigen Werkzeugkontakt zusammengedrückt werden.

[0036] Die Erfindung betrifft weiter ein Tiefziehteil, welches mit der voran beschriebenen Tiefziehvorrichtung oder dem voran beschriebenen Tiefziehverfahren hergestellt ist, wobei das Tiefziehteil eine geneigte Zarge aufweist und die Zarge abschnittsweise mehrere gleichmässig angeordnete Falten aufweist, welche in Arbeitsrichtung ausgerichtet sind.

[0037] Die Erfindung betrifft weiter ein Tiefziehteil mit einer runden gegenüber der Arbeitsrichtung geneigten Zarge, wobei die Zarge abschnittsweise gleichmässig angeordnete Falten aufweist, welche in Arbeitsrichtung ausgerichtet sind.

Kurze Erläuterung zu den Figuren



[0038] Die Erfindung soll nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen im Zusammenhang mit der(n) Zeichnung(en) näher erläutert werden. Es zeigen:
Fig. 1
eine schematische Darstellung einer Ziehvorrichtung mit Faltenbildung 2. Art;
Fig. 2
Ausschnitt einer geneigten Zarge unter (a) mit Faltenbildung 2. Art unter (b) mit Rissbildung;
Fig. 3
Ziehmatrize mit gewellter Ziehkante;
Fig. 4
Ziehmatrize mit gewellter Ziehkante;
Fig. 5
Ziehmatrize mit radialen Vertiefungen

Wege zur Ausführung der Erfindung



[0039] Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung einer Tiefziehvorrichtung mit Faltenbildung 2. Art. Die Tiefziehvorrichtung weist eine Ziehmatrize 2 mit Ziehkante 5, einen Blechhalter 4 und einen Ziehstempel 3 auf. Die Ziehmatrize 2 mit Ziehkante 5 und der Blechhalter 4 definieren eine Flanscheinzugszone der Tiefziehvorrichtung. Ein Blechzuschnitt 7 aus einem Blech oder einer Blechfolie ist zwischen dem Blechhalter 4 und der Ziehmatrize 2 eingespannt und wird mit dem Ziehstempel 3 über die Ziehkante 5 in die gewünschte Form tiefgezogen. Die Tiefziehvorrichtung ist für die Herstellung eine Tiefziehteils 1 (vgl. auch Fig. 2) mit (oder ohne) einem Flansch 11, einer gegenüber der Arbeitsrichtung A geneigten Zarge 12 und einem Boden 13 ausgelegt. Ein solches Tiefziehteil kann beispielsweise ein konischer Behälter oder ein rechteckiger Behälter mit runden Ecken sein. Insbesondere bei Teileformen, bei denen die Zarge (d.h. eine Wand des Tiefziehteiles) nicht vertikal (d.h. parallel zur Arbeitsrichtung A), sondern unter einen Neigungswinkel zur Arbeitsrichtung A steht, können im Zargenbereich 8 sog. Falten 2. Art auftreten, welche schliesslich bei doppelseitigem Werkzeugkontakt zu Rissbildungen 8a führen können (vgl. Fig. 2).

[0040] Mit der Arbeitsrichtung A ist vorliegend die Richtung gemeint, in welcher sich Ziehstempel und Ziehmatrize relativ zueinander bewegen. Dies unabhängig davon, ob die Matrize oder der Ziehstempel statisch ist. Bei rotationssymmetrischen Ziehteilen ist die Arbeitsrichtung parallel zur Rotationsachse.

[0041] In Fig. 2 und Fig. 2(a) ist diese unkontrollierte Faltenbildung 2. Art und die Rissbildung in einer Zarge eines konischen Behälters gezeigt. Diese Rissbildung wird auch als Knitterversagen bezeichnet.

[0042] Fig. 3 und Fig. 4 zeigen nun eine Ziehmatrize 2 einer Tiefziehvorrichtung, mittels welcher ein Knitterversagen jeweils effizient verhindert oder zumindest erheblich reduziert werden kann. Unter (A) ist jeweils ein vergrösserter Ausschnitt der Ziehkante 5 gezeigt. Die Ziehmatrize resp. deren Ziehkante ist mit Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung versehen.

[0043] Die gezeigte Ziehmatrize 2 ist für die Herstellung eines konischen Behälters vorgesehen. Die Ziehmatrize kann beispielsweise in der zweiten Ziehstufe eingesetzt werden, um eine Knitterversagen beim konischen Behälter zu vermeiden. Die Ziehmatrize 2 weist innen eine kreisförmige Ziehkante 5 auf. Diese Ziehkante 5 ist mit Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung in Form von mehreren wellenartigen Einbuchtungen 6 versehen, durch welche beim Tiefziehprozesse zwar eine Faltenbildung 2. Art nicht verhindert wird, aber die Falten 2. Art kontrolliert mit regelmässigen Abständen in die Zarge des Tiefziehteils einbringt. Da hiermit die Faltenbildung mit engen und unregelmässigen Falten verhindert wird, wird bei einem anschliessenden doppelseitigen Werkzeugkontakt ein Knitterversagen, welches durch das Zusammendrücken unkontrollierter und daher unregelmässiger, teilweise eng beieinanderliegender Falten 2. Art entsteht, verhindert resp. erheblich reduziert.

[0044] Die gezeigte Ziehkante für solche konische Behälter weist in dem gezeigten Beispiel einen minimalen Kantenradius von etwa 0.2 mm auf, mindestens aber von etwa der eingesetzten Blechdicke. Die mehreren wellenartigen Einbuchtungen 6 der gezeigten Ziehkante 5 werden durch periodische Änderung des Kantenradius der Ziehkante 5 erzeugt. Dabei schwankt der Kantenradius in der gezeigten Ausführungsform zwischen etwa 0.2 und 0.4 mm, wodurch eine wellenförmige Ziehkante mit gleichmässiger Amplitude und Wellenlänge entsteht.

[0045] Die Ziehmatrize der Fig. 4 unterscheidet sich von der Ziehmatrize in Fig. 3 darin, dass deren Ziehkante 5 eine grössere Anzahl wellenförmiger Ausbuchtungen aufweist. Die Anzahl der Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung - z.B. in Form wellenförmiger Einbuchtungen - über ein Wandsegment mit einem Umschliessungswinkel von 90° ist mindestens vier (vgl. Fig. 3). Bei einem rechteckigen Formteil wären in jeder Ecke entsprechend mindestens vier der Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung angeordnet. Die Ausführungsform in Fig. 4 weist etwa 8 Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung pro 90° Umschliessungswinkel auf. Die Ausführungsform in Fig. 5 etwa 10 pro 90° Umschliessungswinkel.

[0046] Fig. 5 zeigt eine weitere Möglichkeit, um die Faltenbildung zu kontrollieren, indem die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung in Form von mehreren radial angeordneten, länglichen Vertiefungen 6a ausgebildet sind. Die länglichen Vertiefungen 6a erstrecken sich in der Flanscheinzugszone teilweise über die Oberfläche der Ziehmatrize 2, welche dem Blechhalter 4 zugewandt ist, beginnend an der Ziehkante 5 der Ziehmatrize 2. Alternativ könnten die Vertiefungen 6a auch auf einer der Ziehmatrize 2 zugewandten Oberfläche des Blechhalters 4 angeordnet sein, wobei die Vertiefungen dann an der inneren Kante des Blechhalters beginnen. Auch diese Vertiefungen 6a sind regelmässig um den gesamten Umfang der Flanscheinzugszone angeordnet. Sie weisen in der gezeigten Ausführungsform eine Tiefe von etwa 0.1 mm auf. In der Regel sind die Vertiefungen 6a gegenüber der Oberfläche der Ziehmatrize 2 (oder des Blechhalters 4) geneigt, so dass sich die Vertiefungen 6a radial nach aussen verjüngen. Idealerweise reichen die Vertiefungen 6a bis an die Ziehkante 5 heran und/oder sind mit Einbuchtungen 6 kombiniert.

Bezeichnungsliste



[0047] 
1
Tiefziehteil
11
Flansch
12
Zarge
13
Boden
2
Ziehmatrize
3
Ziehstempel
4
Blechhalter
5
Ziehkante
6
wellenartige Einbuchtung
6a
längliche Vertiefung
7
Blechzuschnitt
8
Faltenbildung 2. Art im Zargenbereich
8a
Rissbildung
A
Arbeitsrichtung



Ansprüche

1. Tiefziehvorrichtung zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils (1) aus einem Blechzuschnitt (2) umfassend eine Ziehmatrize (2) mit einer Ziehkante (5) und einen Blechhalter (4), welche zusammen eine Flanscheinzugszone der Tiefziehvorrichtung bilden, und einen Ziehstempel (3); wobei das Tiefziehteil (1) eine gegenüber einer Arbeitsrichtung (A) geneigte Zarge (12) aufweist; dadurch gekennzeichnet, dass die Tiefziehvorrichtung in der Flanscheinzugszone wenigstens abschnittsweise Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6, 6a) aufweist.
 
2. Tiefziehvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung mehrere wellenartige Einbuchtungen (6) entlang der Ziehkante (5) der Ziehmatrize (2) und/oder mehrere längliche, radial verlaufende Vertiefungen (6a) auf einer dem Blechhalter (4) zugewandten Oberfläche der Ziehmatrize (2) oder auf einer der Ziehmatrize (2) zugewandten Oberfläche des Blechhalters (4) umfassen, wobei die Vertiefungen (6a) bis an die Ziehkante (5) reichen.
 
3. Tiefziehvorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die wellenartigen Einbuchtungen (6) und/oder die länglichen Vertiefungen (6a) gleichmässig voneinander beabstandet angeordnet sind.
 
4. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl der mehreren wellenartigen Einbuchtungen (6) und/oder länglichen Vertiefungen (6a) über einen Wandsegment mit einem Umschliessungswinkel von 90° mindestens vier ist.
 
5. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6) entlang dem gesamten Umfang der Flanscheinzugszone angeordnet sind.
 
6. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6) wenigstens oder nur in Abschnitten der Flanscheinzugszone angeordnet sind, welche um eine Achse parallel zur Arbeitsrichtung (A) gekrümmt sind.
 
7. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die wellenartigen Einbuchtungen (6) durch eine Variation des Kantenradius der Ziehkante (5) ausgebildet sind.
 
8. Tiefziehvorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Kantenradius in einem Bereich zwischen mindestens der eingesetzten Blechdicke und 2.5 mm, vorzugsweise zwischen 0.2 mm und 2.5 mm, variiert.
 
9. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die abschnittsweise angeordneten, wellenartigen Einbuchtungen (6) entlang der Ziehkante (5) eine gleichmässige Wellenlinie ausbilden.
 
10. Tiefziehvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die länglichen Vertiefungen (6a) eine gleichmässig gewellte Oberfläche ausbilden.
 
11. Tiefziehvorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die geneigte Zarge (12) einen Winkel von mindestens 3 Grad, vorzugsweise 5 bis 15 Grad, aufweist.
 
12. Tiefziehvorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Tiefziehteil (1) ein dünnwandiger Behälter oder Hohlkörper mit oder ohne Flansch (11), mit einer gegenüber der Arbeitsrichtung (A) geneigten Zarge (12) und mit einem Boden (13) ist.
 
13. Tiefziehverfahren zur Herstellung eines dünnwandigen Tiefziehteils (1) mittels einer Tiefziehvorrichtung eines der vorangehenden Ansprüche, umfassend die Schritte:

a. Bereitstellen der Tiefziehvorrichtung die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6, 6a) aufweist;

b. Einspannen des Blechzuschnitts (7) in die Tiefziehvorrichtung;

c. Tiefzug des Blechzuschnitts (7) über die Ziehkante (5), wobei durch die Mittel zur kontrollierten Faltengenerierung (6, 6a) wenigstens abschnittsweise kontrolliert Falten in die Zarge (12) des Tiefziehteils (1) eingebracht werden.


 
14. Tiefziehverfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren ein ein- oder mehrstufiger Prozess mit einem oder mehreren Umformstufen ist, wobei wenigstens eine der Umformstufen mit einer Ziehmatrize (2) oder einem Ziehstempel (4) gemäss einem der vorangehenden Ansprüche durchgeführt wird.
 
15. Tiefziehverfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass bei wenigstens einer Umformstufe die kontrolliert eingebrachten Falten durch doppelseitigen Werkzeugkontakt zusammengedrückt werden.
 
16. Tiefziehteil (1) hergestellt mit einer Tiefziehvorrichtung oder einem Tiefziehverfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Tiefziehteil (2) eine geneigte Zarge (12) aufweist, wobei die Zarge (12) abschnittsweise mehrere gleichmässig angeordnete Falten aufweist, welche in Arbeitsrichtung (A) ausgerichtet sind.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente