(19)
(11) EP 4 435 365 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.09.2024  Patentblatt  2024/39

(21) Anmeldenummer: 23020152.7

(22) Anmeldetag:  23.03.2023
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 1/00(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
F25J 3/0409; F25J 3/04218; F25J 3/04296; F25J 3/04387; F25J 3/04412; F25J 2240/10; F25J 3/04587; F25J 3/04678; F25J 3/04812; F25J 2200/92; F25J 3/04442; F25J 2235/42; F25J 2245/42; F25J 2245/58; F25J 3/04284; F25J 3/044; F25J 3/04424; F25J 3/04539
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Linde GmbH
82049 Pullach (DE)

(72) Erfinder:
  • Lochner, Stefan
    82049 Pullach (DE)
  • Golubev, Dimitri
    82049 Pullach (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde GmbH Intellectual Property EMEA Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) VERFAHREN UND ANLAGE ZUR TIEFTEMPERATURZERLEGUNG VON LUFT SOWIE VERFAHREN UND ANLAGE ZUR HERSTELLUNG VON AMMONIAK


(57) Es wird ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft unter Verwendung einer Luftzerlegungsanlage (100-300) vorgeschlagen, wobei die Luftzerlegungsanlage (100-300) ein Rektifikationskolonnensystem (10) mit einer Druckkolonne (11) und einer Niederdruckkolonne (12) aufweist, unter Verwendung von in dem Rektifikationskolonnensystem (10) gebildetem Kopfgas ein oder mehrere Stickstoffprodukte und von Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne (12) ein oder mehrere Sauerstoffprodukte gebildet werden, und die Niederdruckkolonne (12) unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit aus der Druckkolonne (11) gespeist wird. Hierbei ist ein Mischproduktionsmodus und ein Stickstoffproduktionsmodus umfasst, wobei in dem Mischproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte in einer Sauerstoffproduktgesamtmenge und das oder die Stickstoffprodukte in einer ersten Stickstoffproduktgesamtmenge bereitgestellt werden, in dem Stickstoffproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte nicht, und das oder die Stickstoffprodukte in einer zweiten Stickstoffproduktgesamtmenge, die gleich oder unterschiedlich zu der ersten Stickstoffproduktgesamtmenge ist, bereitgestellt werden, die erste Stickstoffproduktgesamtmenge 50% bis 150% der Sauerstoffproduktgesamtmenge beträgt, die zur Speisung der Niederdruckkolonne (12) verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) in dem Mischproduktionsmodus ausschließlich oberhalb eines untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird, und die zur Speisung der Niederdruckkolonne (12) verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) in dem Stickstoffproduktionsmodus zumindest zu einem Teil unterhalb eines untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird. Ein Verfahren zur Herstellung von Ammoniak und entsprechende Anlagen (100-300) sind ebenfalls Gegenstand der Erfindung.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft, ein Verfahren zur Herstellung von Ammoniak und entsprechende Anlagen mit den jeweiligen Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche.

Hintergrund der Erfindung



[0002] Ammoniak kann als Speicher- und Transportform für Wasserstoff verwendet werden. Ammoniak ist typischerweise einfacher zu handhaben als komprimiertes oder verflüssigtes Wasserstoffgas. Die Synthese von Ammoniak aus Wasserstoff und Stickstoff ist ein bewährtes Verfahren der chemischen Industrie und beispielsweise im Artikel "Ammonia, 2. Production Processes" in Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry vom 15. Oktober 2011, DOI: 10.1002/14356007.o02_o11, beschrieben.

[0003] Wie in einem Artikel von Alexander H. Tullo, "Is ammonia the fuel of the future?", Chemical and Engineering News 2021, Band 99, Ausgabe 8, zusammengefasst, weist Ammoniak mit 12,7 MJ/L eine höhere Energiedichte als sogar flüssiger Wasserstoff mit 8,5 MJ/L auf. Flüssiger Wasserstoff muss bei kryogenen Bedingungen von -253 °C gelagert werden, während Ammoniak bei nur -33 °C gelagert werden kann. Zudem weist Ammoniak zwar gewisse Risiken in der Handhabung auf, ist aber beispielsweise deutlich schwerer entzündlich als Wasserstoff. Da Ammoniak als Ausgangsstoff für Düngemittel in der Landwirtschaft und als chemischer Rohstoff weit verbreitet ist, existiert eine weltweit ausgebaute Ammoniak-Infrastruktur. Derzeit werden jährlich etwa 180 Millionen Tonnen Ammoniak produziert und 20 Millionen Tonnen gehandelt. 120 Häfen weltweit sind bereits mit Ammoniak-Terminals ausgestattet.

[0004] Um regenerativ erzeugten elektrischen Strom zu nutzen und Kohlendioxidemissionen bei der Herstellung von Wasserstoff als Ausgangsstoff für die Ammoniaksynthese weitgehend zu reduzieren, kann die Wasserelektrolyse eingesetzt werden. Entsprechende Verfahren können in unterschiedlichen Ausgestaltungen durchgeführt werden. Der elektrolytisch und unter Einsatz regenerativ erzeugten elektrischen Stroms hergestellte Wasserstoff wird auch als "grüner" Wasserstoff bezeichnet.

[0005] Die Erzeugung von Wasserstoff als Ausgangsstoff für die Ammoniaksynthese im großtechnischen Maßstab erfolgt derzeit jedoch noch überwiegend auf Basis von Kohlenwasserstoffen. Entsprechende Verfahren sind in gängigen Nachschlagewerken, beispielsweise im Artikel "Hydrogen" in Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry vom 15. Juni 2000, DOI: 10.1002/14356007.a13_297, beschrieben. Entsprechend hergestellter Wasserstoff wird auch als "grauer" Wasserstoff bezeichnet.

[0006] Zumindest bis zur wirtschaftlich erfolgreichen Realisierung von Verfahren zur Herstellung von grünem Wasserstoff können Brückentechnologien eingesetzt werden. Diese umfassen insbesondere die Rückgewinnung und anschließende Lagerung oder Verwendung von Kohlendioxid (engl. Carbon (Dioxide) Capture and Storage, CCS bzw. Carbon (Dioxide) Capture and Utilization, CCU). Entsprechend hergestellter Wasserstoff wird auch als "blauer" Wasserstoff bezeichnet.

[0007] Zur Herstellung von Wasserstoff aus Kohlenwasserstoffen können katalytische Reformierungsverfahren wie Dampfreformierung (engl. Steam Methane Reforming, SMR) oder autotherme Reformierung (engl. Autothermal Reforming, ATR) zum Einsatz kommen. Ein weiterer Weg zur Herstellung von Wasserstoff aus entsprechenden Kohlenstoffquellen umfasst die katalytische partielle Oxidation (POX, Partial Oxidation). Auch Kombinationen entsprechender Verfahren können eingesetzt werden.

[0008] Kombinierte Verfahren, die die Herstellung von Ammoniak aus blauem oder grauem Wasserstoff und die Herstellung des Wasserstoffs selbst, insbesondere mittels autothermer Reformierung, umfassen, benötigen zunächst Sauerstoff für die Wasserstoffherstellung und anschließend Stickstoff für die Ammoniaksynthese. Beide Gase lassen sich mittels Tieftemperaturzerlegung von Luft bereitstellen.

[0009] Auch zur Tieftemperaturzerlegung von Luft sei auf einschlägige Fachliteratur, beispielsweise H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification", verwiesen. Luftzerlegungsanlagen weisen Rektifikationskolonnensysteme auf, die beispielsweise als Zweikolonnensysteme, insbesondere als klassische Linde-Doppelkolonnensysteme, aber auch als Drei- oder Mehrkolonnensysteme ausgebildet sein können. Neben den Rektifikationskolonnen zur Gewinnung von Stickstoff und/oder Sauerstoff in flüssigem und/oder gasförmigem Zustand (beispielsweise flüssigem Sauerstoff, LOX, gasförmigem Sauerstoff, GOX, flüssigem Stickstoff, LIN und/oder gasförmigem Stickstoff, GAN), also Rektifikationskolonnen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, können Rektifikationskolonnen zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten, insbesondere der Edelgase Krypton, Xenon und/oder Argon, vorgesehen sein.

[0010] Es besteht der Bedarf nach Verfahren und Anlagen, die insbesondere den Bedarf an den unterschiedlichen Luftprodukten Sauerstoff und Stickstoff im Zuge der Wasserstoff- und nachfolgenden Ammoniaksynthese decken können.

Offenbarung der Erfindung



[0011] Vor diesem Hintergrund werden ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft und ein Verfahren zur Herstellung von Ammoniak sowie entsprechende Anlagen mit den jeweiligen Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Ausgestaltungen sind jeweils Gegenstand der abhängigen Patentansprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.

[0012] Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen ermöglichen insbesondere einen Betrieb einer zur Bereitstellung von Stickstoff und Sauerstoff eingerichteten Luftzerlegungsanlage als reine oder im Wesentlichen reine Stickstoffanlage, wenn Sauerstoff nicht benötigt wird. Dies gilt beispielsweise für die Ammoniaksynthese, in der im Gegensatz zur Herstellung von Wasserstoff, beispielsweise mittels autothermer Reformierung, kein Sauerstoff benötigt wird. Die vorliegende Erfindung eignet sich insbesondere auch dann für die Versorgung einer Ammoniaksynthese, wenn die Wasserstoffherstellung dauerhaft oder zeitweise zur Bereitstellung von grünem Wasserstoff umgerüstet wird. Eine hier vorgeschlagene Luftzerlegungsanlage kann also zunächst zur Versorgung einer grauen oder blauen Wasserstoffsynthese in Verbindung mit einer Ammoniaksynthese genutzt werden und anschließend an eine entsprechende Umrüstung energieeffizient weiter betrieben werden. Dies gilt auch beispielsweise dann, wenn eine zeitweise grüne Wasserstoffherstellung, beispielsweise bei Verwendung in fluktuierenden Mengen bereitgestelltem regenerativ erzeugtem elektrischem Strom, erfolgt. Mit anderen Worten ermöglichen es die hier vorgeschlagenen Maßnahmen, eine Luftzerlegungsanlage dauerhaft oder zeitweise in einem Stickstoffproduktionsbetrieb zu betreiben und in diesem Zusammenhang auf die Produktion nicht mehr benötigten Sauerstoffs zu verzichten.

[0013] Das vorgeschlagene Verfahren dient zur Tieftemperaturzerlegung von Luft und wird unter Verwendung einer Luftzerlegungsanlage durchgeführt, die ein Rektifikationskolonnensystem mit einer Druckkolonne und einer Niederdruckkolonne aufweist. Unter Verwendung von in dem Rektifikationskolonnensystem gebildetem Kopfgas einer oder mehrerer Rektifikationskolonnen, insbesondere von Kopfgas der Druckkolonne, aber auch zusätzlich oder alternativ von Kopfgas einer weiteren Rektifikationskolonne, wie beispielsweise in Figur 2 veranschaulicht, werden ein oder mehrere Stickstoffprodukte und von Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne ein oder mehrere Sauerstoffprodukte gebildet. Die Niederdruckkolonne wird unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne gespeist.

[0014] Ein "Kopfgas" ist dabei ein in einem oberen Teil, insbesondere oberhalb des obersten Trennabschnitts, einer Rektifikationskolonne erhaltenes Gas. Eine "Sumpfflüssigkeit" ist eine in einem unteren Teil, insbesondere unterhalb des untersten Trennabschnitts, einer Rektifikationskolonne erhaltene Flüssigkeit. Mit der Angabe "unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne" soll dabei eine direkte Einspeisung der Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne in die Niederdruckkolonne verstanden werden, aber auch eine Zwischenverwendung solcher Sumpfflüssigkeit umfasst sein. Auch eine Einspeisung in einen Kopfkondensator einer weiteren Rektifikationskolonne, wie beispielsweise in Figur 3 veranschaulicht, kann hiervon umfasst sein. In einem solchen Fall wird dem Kopfkondensator der weiteren Rektifikationskolonne Flüssigkeit entnommen und diese wird in die Niederdruckkolonne eingespeist. Auch diese Flüssigkeit ist aufgrund der Einspeisung der Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne in den Kopfkondensator "unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne" gebildet, selbst wenn in den Kopfkondensator weitere Fluide eingespeist werden sollten bzw. die Flüssigkeit eine zusammensetzungsmäßige Veränderung erfährt.

[0015] In dem vorgeschlagenen Verfahren sind ein Mischproduktionsmodus und ein Stickstoffproduktionsmodus vorgesehen, wobei in dem Mischproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte in einer Sauerstoffproduktgesamtmenge und das oder die Stickstoffprodukte in einer ersten Stickstoffproduktgesamtmenge bereitgestellt und aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführt werden, und in dem Stickstoffproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte nicht, und das oder die Stickstoffprodukte in einer zweiten Stickstoffproduktgesamtmenge, die gleich oder unterschiedlich zu der ersten Stickstoffproduktgesamtmenge ist, bereitgestellt und aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführt werden. Die erste Stickstoffproduktgesamtmenge kann insbesondere 50% bis 150% der Sauerstoffproduktgesamtmenge betragen.

[0016] Die zur Speisung der Niederdruckkolonne verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne, oder eine unter Verwendung hiervon gebildete Flüssigkeit (wie insbesondere in dem erläuterten Fall einer weiteren Rektifikationskolonne in Form einer Flüssigkeit aus deren Kopfkondensator der Fall) wird in dem Mischproduktionsmodus ausschließlich oberhalb eines untersten Trennabschnitts, d.h. oberhalb des untersten Siebbodens, der untersten Packung und dergleichen, der Niederdruckkolonne in die Niederdruckkolonne eingespeist. Die Einspeisung kann aber auch an unterschiedlichen Einspeisestellen erfolgen, wie typischerweise in Verfahren mit Argongewinnung der Fall. Eine Einspeisung direkt in den Sumpf erfolgt dagegen in dem Mischproduktionsmodus nicht, um das gebildete Sauerstoffprodukt nicht mit Stickstoff zu verunreinigen.

[0017] Die zur Speisung der Niederdruckkolonne verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne, oder eine unter Verwendung hiervon gebildete Flüssigkeit (wie insbesondere in dem erläuterten Fall einer weiteren Rektifikationskolonne in Form einer Flüssigkeit aus deren Kopfkondensator der Fall) wird in dem Stickstoffproduktionsmodus dagegen zumindest zum Teil unterhalb eines untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne in die Niederdruckkolonne eingespeist. In dem Stickstoffproduktionsmodus wird kein Sauerstoffprodukt gewonnen und durch eine entsprechende Einspeisung wird im Wesentlichen eine Bereitstellung von Flüssigkeit zur Kühlung des Hauptkondensators erzielt.

[0018] In beiden Fällen soll ein "Trennabschnitt" insbesondere eine Anordnung aus einer oder mehreren Trennstrukturen, d.h. geordneten oder ungeordneten Packungen und/oder Siebböden, bezeichnen, wobei ein Trennabschnitt auch mehrere sogenannte Sektionen oder Unterabschnitte aufweisen kann, zwischen denen aber insbesondere keine wesentliche Ein- und Ausspeisung von Flüssigkeit erfolgt.

[0019] Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen kann die Niederdruckkolonne in dem Stickstoffproduktionsmodus gewissermaßen außer Betrieb gesetzt werden. Die Niederdruckkolonne kann durch den Einsatz der vorliegenden Erfindung im Wesentlichen zur Bereitstellung eines Kühlfluids im Sumpf verwendet werden, gegen das Kopfgas der Druckkolonne kondensiert wird. Aus dem Sumpf der Niederdruckkolonne kann in dem Stickstoffproduktionsmodus im Wesentlichen nur eine sogenannte Purgeentnahme vorgenommen werden, um auf diese Weise die Anreicherung von unerwünschten Komponenten wie Kohlenwasserstoffen im Sumpf der Niederdruckkolonne zu verhindern.

[0020] In bestimmten Ausgestaltungen kann die vorgeschlagene Luftzerlegungsanlage eine Argonkolonne im unten erläuterten Sinn aufweisen, wobei die Argonkolonne in dem Stickstoffproduktionsmodus nicht betrieben wird. Dies geht mit der hier vorgeschlagenen Deaktivierung der Sauerstoffproduktion einher. Die Argonkolonne kann insbesondere als Argongewinnungskolonne oder Argonausschleuskolonne betrieben werden. Auf die Definitionen unten wird verwiesen.

[0021] In Ausgestaltungen der Erfindung kann der Niederdruckkolonne Restgas entnommen werden, wobei das Restgas nur in dem Stickstoffproduktionsmodus unter Verwendung einer Restgasturbine entspannt und aus der Luftzerlegungsanlage ausgeschleust wird. Auf diese Weise kann insbesondere eine Anpassung an den Kältebedarf vorgenommen werden. Wie erwähnt, erfolgt in dem Mischproduktionsmodus insbesondere eine Entspannung von Einsatzluft, die in Ausgestaltungen der Erfindung in dem Stickstoffproduktionsmodus nicht vorgenommen wird.

[0022] Das Rektifikationskolonnensystem kann dabei mit in einer
Hauptluftverdichteranordnung verdichteter Luft gespeist werden, wobei die in der Hauptluftverdichteranordnung verdichtete Luft, oder ein Teil hiervon, nur in dem Mischproduktionsmodus unter Verwendung eines Nachverdichters und/oder eines oder mehrerer Booster verdichtet und/oder unter Verwendung einer oder mehrerer Entspannungsturbinen entspannt wird. Der Betrieb entsprechender drehender Maschinen kann also im Wesentlichen wegfallen, wenn Sauerstoff nicht benötigt wird. Auf diese Weise ergeben sich auch Energieeinsparungen.

[0023] Der Begriff "Hauptluftverdichteranordnung" soll hier eine Anordnung aus einem oder mehreren, insbesondere parallel angeordneten, Hauptluftverdichtern bezeichnen. In einer Ausgestaltung der Erfindung umfasst die Hauptluftverdichteranordnung dabei zwei Hauptluftverdichter, von denen in dem Mischproduktionsmodus beide, insbesondere jeweils in Volllast betrieben werden, und von denen in dem Stickstoffproduktionsmodus nur einer, insbesondere in Vollast, betrieben wird.

[0024] In Ausgestaltungen eines entsprechenden Verfahrens wird weiteres Kopfgas der Druckkolonne oder ein anderes stickstoffhaltiges Fluid aus der Druckkolonne nur in dem Mischproduktionsmodus in verflüssigtem Zustand oberhalb eines obersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne in die Niederdruckkolonne eingespeist. Dies gilt auch für andere Fluide und ihre Einspeisung in die Niederdruckkolonne. Ein anderes stickstoffhaltiges Fluid aus der Druckkolonne, das entsprechend verwendet wird, kann insbesondere eine Rücklaufflüssigkeit sein, die der Druckkolonne nicht direkt am Kopf, sondern einige (z.B. 5 bis 15) Trennstufen unterhalb des Kopfs entnommen wird. In diesem Fall wird auch von einem "unreinen" Flüssigstickstoffrücklauf gesprochen. Dies kann insbesondere dann der Fall bzw. vorteilhaft sein, wenn in dem Mischproduktionsmodus das gesamte Stickstoffprodukt aus der Druckkolonne entnommen wird (und keine Entnahme von Niederdruckstickstoff aus der Niederdruckkolonne erfolgt), sowie eine entsprechende Anlage beispielsweise nur eine Argon-Ausschleuskolonne aufweist. Dies kann beispielsweise bei einem Dreikolonnenverfahren der Fall sein, wie es in Figur 2 gezeigt ist.

[0025] Eine entsprechende Luftzerlegungsanlage kann eine Zusatzkolonne zur Stickstoffgewinnung im unten erläuterten Sinn aufweisen, auf die auch zuvor bereits Bezug genommen wurde. Bei einem höheren Betriebsdruck dieser Zusatzkolonne kann die weitere Verdichtung bzw. die Vor-Verdichtung von Stickstoff aus dieser Zusatzkolonne entfallen. Das Verfahren eignet sich also auch für entsprechende Dreikolonnenverfahren. Die Zusatzkolonne weist in diesem Fall einen Kopfkondensator auf, der einen Verdampfungsraum umfasst, in den abgekühlte und verflüssigte oder pseudo-verflüssigte Druckluft und/oder Sumpfflüssigkeit der Zusatzkolonne eingespeist werden, und aus dem Fluidströme entnommen werden, die in die erste Druckkolonne eingespeist werden. Der Begriff "Pseudo-Verflüssigung" soll dabei eine Überführung aus dem überkritischen in den flüssigen Zustand durch Wärmeabfuhr bezeichnen. Wie erwähnt, kann auch Flüssigkeit aus einem entsprechenden Kopfkondensator in die Niederdruckkolonne eingespeist werden, so dass auch in diesem Fall die Niederdruckkolonne "unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne" gespeist wird, bzw. mit einer unter Verwendung hiervon gebildeten Flüssigkeit.

[0026] Die in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators der Zusatzkolonne eingespeiste abgekühlte und verflüssigte bzw. pseudo-verflüssigte Druckluft wird insbesondere nur in dem Mischproduktionsmodus in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators der Zusatzkolonne eingespeist und dabei zuvor turbinenentspannt. Das Kopfgas der Zusatzkolonne kann das Kopfgas sein, das in dem vorgeschlagenen Verfahren als Stickstoffprodukt bereitgestellt wird. Es kann aber auch zur Bereitstellung eines zusätzlichen Stickstoffprodukts verwendet werden.

[0027] Die Luftzerlegungsanlage kann in Ausgestaltungen einen Hauptwärmetauscher und einen Nebenwärmetauscher umfassen und zumindest ein Teil von Einsatzluft, die in das Rektifikationskolonnensystem eingespeist wird, kann parallel in dem Hauptwärmetauscher und dem Nebenwärmetauscher abgekühlt werden. Auf diese Weise kann die Wärmeaustauschfläche selektiv an die Betriebsweise angepasst werden, insbesondere indem der Hauptwärmetauscher in dem Stickstoffproduktionsmodus nicht betrieben wird. Zusätzlich kann in dem Nebenwärmetauscher zumindest ein Teil des in dem Rektifikationskolonnensystem gebildeten und zur Bereitstellung des einen oder der mehreren Stickstoffprodukten verwendeten Kopfgases erwärmt werden. Dieser Nebenwärmetauscher kann daher in entsprechenden Ausgestaltungen durchgängig in Betrieb sein.

[0028] In Ausgestaltungen der Erfindung kann in das Rektifikationskolonnensystem eingespeiste Luft in dem Mischproduktionsmodus nicht oder in einer geringeren Menge als in dem Stickstoffproduktionsmodus unter Verwendung einer Entspannungsturbine entspannt und aus der Luftzerlegungsanlage ausgeschleust wird. Auf diese Weise kann ebenfalls eine Anpassung an den Kältebedarf vorgenommen werden, und zwar insbesondere als Alternative zur Entspannung von Restgas.

[0029] In dem vorgeschlagenen Verfahren kann das Rektifikationskolonnensystem insbesondere unter Verwendung von Druckluft gespeist werden, die nur in dem Stickstoffproduktionsmodus unter Verwendung einer Entspannungsturbine, insbesondere einer Generatorturbine, in eine oder mehrere Rektifikationskolonnen des Rektifikationskolonnensystems, insbesondere die Druckkolonne und/oder, bei einem Dreikolonnenverfahren, eine Zusatzkolonne, eingespeist wird.

[0030] Das vorgeschlagene Verfahren zur Herstellung von Ammoniak umfasst eine Wasserstoffproduktion und eine Ammoniaksynthese, wobei in der Wasserstoffproduktion gebildeter Wasserstoff in der Ammoniaksynthese mit Stickstoff zu Ammoniak umgesetzt wird, und wobei die Wasserstoffproduktion die Verwendung von Sauerstoff umfasst. Der Sauerstoff und der Stickstoff können jeweils zumindest zu einem Teil unter Verwendung eines Verfahrens nach einem der vorstehenden Ansprüche bereitgestellt werden.

[0031] Insbesondere kann die Wasserstoffproduktion in einem ersten Zeitraum unter Verwendung eines sauerstoffverbrauchenden Verfahrens und in einem zweiten Zeitraum elektrolytisch erfolgen, wobei der Mischproduktionsmodus der Luftzerlegungsanlage in dem ersten und der Stickstoffproduktionsmodus in dem zweiten Zeitraum erfolgen kann. Die Wasserstoffproduktion kann insbesondere eine autotherme Reformierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Einsatzes umfassen, für die der Sauerstoff benötigt wird.

[0032] Die vorliegende Erfindung kann insbesondere im Zusammenhang mit der Herstellung von blauem Wasserstoff erfolgen, d.h. das Verfahren kann die Abscheidung und Verwendung und/oder Speicherung von Kohlendioxid umfassen.

[0033] Die vorgeschlagene Luftzerlegungsanlage umfasst ein Rektifikationskolonnensystem mit einer Druckkolonne und einer Niederdruckkolonne. Sie ist eingerichtet, unter Verwendung von Kopfgas der Druckkolonne ein oder mehrere Stickstoffprodukte und von Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne ein oder mehrere Sauerstoffprodukte zu bilden, und die Niederdruckkolonne unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne zu speisen. Zu weiteren Merkmalen einer solchen Luftzerlegungsanlage sei auf den entsprechenden unabhängigen Patentanspruch verwiesen.

[0034] Die vorgeschlagene Anlage zur Herstellung von Ammoniak weist eine Wasserstoffproduktionseinheit und eine Ammoniaksyntheseeinheit sowie eine Luftzerlegungsanlage auf, wie sie soeben erläutert wurde.

[0035] Zu weiteren Merkmalen und Vorteilen der vorgeschlagenen Anlagen und Ausgestaltungen hiervon sei auf die obigen Erläuterungen betreffend der erfindungsgemäß vorgeschlagenen Verfahren und ihrer Ausgestaltungen ausdrücklich verwiesen, da diese hierfür in gleicher Weise gelten.

[0036] Entsprechendes gilt auch für entsprechende Anlagen, die gemäß Ausgestaltungen der Erfindung dazu eingerichtet sind, Verfahren gemäß beliebiger Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung durchzuführen.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen



[0037] 

Figuren 1A-1C veranschaulichen Luftzerlegungsanlagen gemäß Ausgestaltungen der Erfindung in unterschiedlichen Betriebsmodi.

Figuren 2A-2C veranschaulichen Luftzerlegungsanlagen gemäß Ausgestaltungen der Erfindung in unterschiedlichen Betriebsmodi.

Figur 3 veranschaulicht eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung in einem Betriebsmodus.


Ausführungsformen der Erfindung



[0038] Die nachfolgend beschriebenen Ausführungsformen werden lediglich zu dem Zweck beschrieben, den Leser beim Verständnis der beanspruchten und zuvor erläuterten Merkmale zu unterstützen. Sie stellen lediglich repräsentative Beispiele dar und sollen hinsichtlich der Merkmale der Erfindung nicht abschließend und/oder beschränkend betrachtet werden. Es versteht sich, dass die zuvor und nachfolgend beschriebenen Vorteile, Ausführungsformen, Beispiele, Funktionen, Merkmale, Strukturen und/oder anderen Aspekte nicht als Beschränkungen des Umfangs der Erfindung, wie er in den Ansprüchen definiert ist, oder als Beschränkungen von Äquivalenten zu den Ansprüchen zu betrachten sind, und dass andere Ausführungsformen verwendet und Änderungen vorgenommen werden können, ohne vom Umfang der beanspruchten Erfindung abzuweichen.

[0039] Unterschiedliche Ausführungsformen der Erfindung können weitere zweckmäßige Kombinationen der beschriebenen Elemente, Komponenten, Merkmale, Teile, Schritte, Mittel usw. umfassen, aufweisen, aus ihnen bestehen oder im Wesentlichen aus ihnen bestehen, auch wenn solche Kombinationen hier nicht spezifisch beschrieben sind. Darüber hinaus kann die Offenbarung andere Erfindungen umfassen, die gegenwärtig nicht beansprucht sind, die aber in Zukunft beansprucht werden können, insbesondere wenn sie vom Umfang der unabhängigen Ansprüche umfasst sind.

[0040] Erläuterungen, die sich auf Vorrichtungen, Apparate, Anordnungen, Systeme usw. gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung beziehen, können auch für Verfahren, Prozesse, Methoden usw. gemäß den Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung gelten und umgekehrt. Gleiche, gleich wirkende, in ihrer Funktion einander entsprechende, baulich identisch oder vergleichbar aufgebaute Elemente, Verfahrensschritte usw. können mit identischen Bezugszeichen angegeben sein.

[0041] Nachfolgend werden vor der Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen nochmals Begriffe erläutert und definiert, die für sämtliche Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung in derselben Weise gelten können.

[0042] Luftzerlegungsanlagen mit Zusatzkolonnen zur Stickstoffgewinnung sind bekannt. Es kann beispielsweise auf die EP 3 771 873 A1 verwiesen werden, wo eine derartige Zusatzkolonne als "erste Kolonne" bezeichnet wird. Sämtliche Rektifikationskolonnen können dabei auf unterschiedlichen Druckniveaus betrieben werden. Der Betriebsdruck der Druckkolonne kann beispielsweise auf einem Druckniveau von 4 bis 7 bar, insbesondere ca. 5,3 bar, liegen. Die Niederdruckkolonne kann auf einem Druckniveau von typischerweise 1 bis 2 bar, insbesondere ca. 1,4 bar, betrieben werden. In bestimmten Fällen können in beiden Kolonnen auch höhere Druckniveaus eingesetzt werden. Bei den hier und nachfolgend angegebenen Drücken handelt es sich um Absolutdrücke am Kopf der jeweils angegebenen Kolonnen. Insbesondere zur Bereitstellung von gasförmigem Stickstoff auf einem deutlich überatmosphärischen Druckniveau bei gleichzeitig großen Produktionsmengen können angepasste Luftzerlegungsanlagen verwendet werden, die neben den zwei erläuterten Kolonnen eine die erwähnte Zusatzkolonne zur Stickstoffgewinnung aufweisen, welche bei nochmals höherem Druck, beispielsweise bei 7 bis 11 bar, betrieben wird. Gasförmiger Stickstoff kann als Kopfprodukt aus dieser Zusatzkolonne entnommen werden und muss, falls er bei einem entsprechenden Druckniveau benötigt wird, nicht mehr verdichtet werden, so dass kein entsprechender Verdichter zur Verdichtung von gasförmigem Stickstoff vorhanden ist. Die Zusatzkolonne wird mit einem Kondensatorverdampfer betrieben, der Kopfgas der zusätzlichen Kolonne kondensiert, so dass ein Rücklauf auf die Zusatzkolonne bereitgestellt werden kann.

[0043] Bei der Luftzerlegung können sogenannte High-Air-Pressure-Verfahren (HAP-Verfahren) eingesetzt werden. Bei einem HAP-Verfahren wird die gesamte, der Luftzerlegungsanlage zugeführte bzw. die in einem entsprechenden Verfahren insgesamt eingesetzte Luft (als Einsatzluft bezeichnet) in einem Hauptluftverdichter auf einen Druck verdichtet, der deutlich über dem höchsten Betriebsdruck des Rektifikationskolonnensystems, typischerweise also deutlich über dem Betriebsdruck der Hochdrucksäule, liegt. Der Druckunterschied beträgt mindestens 2 oder 4 bar und vorzugsweise zwischen 6 und 16 bar. Beispielsweise ist der Druck mindestens doppelt so hoch wie der Betriebsdruck der Hochdrucksäule. HAP-Verfahren sind z.B. aus der EP 2 466 236 A1, der EP 2 458 311 A1 und der US 5 329 776 A bekannt.

[0044] Ferner sind Verfahren bekannt, bei denen die Einsatzluft in dem Hauptluftverdichter nur auf den höchsten Betriebsdruck des Rektifikationskolonnensystems, typischerweise also nur den Betriebsdruck der Hochdrucksäule oder geringfügig darüber, verdichtet wird. Ein Teil der Einsatzluft kann daher nach Abkühlung ohne weitere Entspannung in das Rektifikationskolonnensystem eingespeist werden. Nur bestimmte Anteile, die beispielsweise zur zusätzlichen Kälteproduktion oder auch zur Erwärmung flüssiger Ströme benötigt werden, werden in einem oder mehreren Nachverdichtern weiter verdichtet. Derartige Verfahren mit Haupt- und Nachverdichter(n) werden auch als MAC/BAC-Verfahren (engl. Main Air Compressor/Booster Air Compressor) bezeichnet. Solche Verfahren können in hier beschriebenen Ausgestaltungen eingesetzt werden. In einem MAC/BAC-Verfahren wird also nicht die gesamte Einsatzluft, sondern nur ein Teil auf einen Druck deutlich über dem höchsten Betriebsdruck des Rektifikationskolonnensystems verdichtet.

[0045] Bei der Luftzerlegung kann die sogenannte Innenverdichtung zum Einsatz kommen. Bei der Innenverdichtung wird dem Rektifikationskolonnensystem ein flüssiger Strom entnommen und zumindest zum Teil flüssig auf Druck gebracht. Der flüssig auf Druck gebrachte Strom wird in einem Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage gegen einen Wärmeträger erwärmt und verdampft oder, beim Vorliegen entsprechender Drücke, vom flüssigen in den überkritischen Zustand überführt. Bei dem flüssigen Strom kann es sich insbesondere um flüssigen Sauerstoff, jedoch auch um Stickstoff oder Argon handeln. Die Innenverdichtung wird damit zur Gewinnung entsprechender gasförmiger Druckprodukte eingesetzt. Der Vorteil an Innenverdichtungsverfahren ist unter anderem, dass entsprechende Fluide nicht außerhalb der Luftzerlegungsanlage in gasförmigem Zustand verdichtet werden müssen, was sich häufig als sehr aufwendig erweist und/oder beträchtliche Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Auch die Innenverdichtung ist in der eingangs zitierten Fachliteratur beschrieben. Sie kann insbesondere zur Bereitstellung des oder der Sauerstoffprodukte zum Einsatz kommen, wie auch unter Bezugnahme auf die Figuren erläutert.

[0046] Eine "Entspannungsturbine" bzw. "Entspannungsmaschine", die über eine gemeinsame Welle mit weiteren Entspannungsturbinen oder Energiewandlern wie Ölbremsen, Generatoren oder Verdichtern gekoppelt sein kann, ist zur Entspannung eines gasförmigen oder zumindest teilweise flüssigen Stroms eingerichtet. Insbesondere können Entspannungsturbinen zum Einsatz in der vorliegenden Erfindung als Turboexpander ausgebildet sein. Wird ein Verdichter mit einer oder mehreren Entspannungsturbinen angetrieben, jedoch ohne extern, beispielsweise mittels eines Elektromotors, zugeführte Energie, wird der Begriff "turbinengetriebener Verdichter" oder alternativ "Turbinenbooster" verwendet.

[0047] Ein "Verdichter" ist eine Vorrichtung, die zum Verdichten wenigstens eines gasförmigen Stroms von wenigstens einem Eingangsdruck, bei dem dieser dem Verdichter zugeführt wird, auf wenigstens einen Enddruck, bei dem dieser dem Verdichter entnommen wird, eingerichtet ist. Ein Verdichter bildet eine bauliche Einheit, die jedoch mehrere "Verdichterstufen" in Form von Kolben-, Schrauben- und/oder Schaufelrad- bzw. Turbinenanordnungen (also Axial- oder Radialverdichterstufen) aufweisen kann. Dies gilt auch insbesondere für den "Haupt(luft)verdichter" einer Luftzerlegungsanlage, der sich dadurch auszeichnet, dass durch diesen die gesamte oder der überwiegende Anteil der in die Luftzerlegungsanlage eingespeisten Luftmenge, also der gesamte Einsatzluftstrom, verdichtet wird. Ein "Nachverdichter", in dem in MAC/BAC-Verfahren ein Teil der im Hauptluftverdichter verdichteten Luftmenge auf einen nochmals höheren Druck gebracht wird, ist häufig ebenfalls mehrstufig ausgebildet. Insbesondere werden entsprechende Verdichterstufen mittels eines gemeinsamen Antriebs, beispielsweise über eine gemeinsame Welle, angetrieben.

[0048] Herkömmlicherweise kommen in MAC/BAC-Verfahren Nachverdichter zum Einsatz, die mittels extern zugeführter Energie angetrieben werden, in HAP-Verfahren finden sich derartige Nachverdichter typischerweise nicht. Turbinenbooster sind jedoch typischerweise in beiden Fällen vorhanden, insbesondere um bei der Entspannung zur Kälteproduktion freiwerdende Wellenleistung sinnvoll nutzen zu können.

[0049] Ein "Wärmetauscher" dient zur indirekten Übertragung von Wärme zwischen zumindest zwei z.B. im Gegenstrom zueinander geführten Strömen, beispielsweise einem warmen Druckluftstrom und einem oder mehreren kalten Strömen oder einem tiefkalten flüssigen Luftprodukt und einem oder mehreren warmen Strömen. Ein Wärmetauscher kann aus einem einzelnen oder mehreren parallel und/oder seriell verbundenen Wärmetauscherabschnitten gebildet sein, z.B. aus einem oder mehreren Plattenwärmetauscherblöcken. Ein Wärmetauscher, beispielsweise auch der in einer Luftzerlegungsanlage eingesetzte "Hauptwärmetauscher", weist "Passagen" auf, die als voneinander getrennte Fluidkanäle mit Wärmeaustauschflächen ausgebildet sind. Der Begriff "Nebenwärmetauscher" bezeichnet hier einen parallel zu dem Hauptwärmetauscher bereitgestellten Wärmetauscher, durch den ein Teil der Einsatzluft parallel zu dem Hauptwärmetauscher geführt wird.

[0050] Die vorliegende Anmeldung verwendet zur Charakterisierung von Drücken und Temperaturen die Begriffe "Druckniveau" und "Temperaturniveau", wodurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass entsprechende Drücke und Temperaturen in einer entsprechenden Anlage nicht in Form exakter Druck- bzw. Temperaturwerte verwendet werden müssen, um das erfinderische Konzept zu verwirklichen. Jedoch bewegen sich derartige Drücke und Temperaturen typischerweise in bestimmten Bereichen, die beispielsweise ± 1%, 5%, 10%, 20% oder sogar 50% um einen Mittelwert liegen. Entsprechende Druckniveaus und Temperaturniveaus können dabei in disjunkten Bereichen liegen oder in Bereichen, die einander überlappen. Insbesondere schließen beispielsweise Druckniveaus unvermeidliche oder zu erwartende Druckverluste, beispielsweise aufgrund von Abkühlungseffekten, ein. Entsprechendes gilt für Temperaturniveaus.

[0051] In den Figuren 1A und 2A sind jeweils Ausgestaltungen von Luftzerlegungsanlagen 100 und 200 in dem zuvor mehrfach erläuterten Mischproduktionsmodus, in dem Stickstoff- und Sauerstoffprodukte parallel hergestellt werden, veranschaulicht, wohingegen die Figuren 1B und 2B die entsprechenden Anlagen 100 und 200 in dem Stickstoffproduktionsmodus zeigen, in dem im Wesentlichen Stickstoff als Luftprodukt bereitgestellt wird. Die Figuren 1C und 2C veranschaulichen Alternativen. Die jeweils nicht in Betrieb befindlichen Verfahrenskomponenten sind dabei durchkreuzt veranschaulicht. Nachfolgend wird dabei zunächst Figur 1A erläutert. Die in den Figuren 1B, 1C, 2B und 2C veranschaulichten Anlagen und Verfahrensmodi werden anschließend nur hinsichtlich der zu Figur 1A unterschiedlichen Merkmale erläutert. Die zu Figur 1A getroffenen Erläuterungen gelten dabei weiter.

[0052] In der Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1A wird Einsatzluft A mittels eines Hauptluftverdichters 1 aus der Atmosphäre über einen Filter 2 angesaugt und auf ein geeignetes Druckniveau verdichtet. Die verdichtete Einsatzluft A wird dann mittels eines Direktkontaktkühlers 3 mit Wasser gekühlt und in einer Prepurification Unit 4 adsorptiv von Wasser und Kohlendioxid befreit. Die entsprechend aufbereitete Einsatzluft, nun mit B bezeichnet, wird in Teilströme C, D und E aufgeteilt. Der Teilstrom C wird dabei durch eine oder mehrere erste Verdichterstufen eines Nachverdichters 5 geführt und danach erneut in Teilströme F und H aufgeteilt.

[0053] Der Teilstrom F wird in einer oder mehreren zweiten Verdichterstufen des Nachverdichters 5 weiter verdichtet, danach in einem Hauptwärmetauscher 6 zumindest teilweise verflüssigt, in einer mit einem Generator G gekoppelten Entspannungsturbine (Joule-Thomson-Turbine) 7 entspannt, und in eine Druckkolonne 11 eines Rektifikationskolonnensystems 10 eingespeist, das neben der Druckkolonne 11 eine Niederdruckkolonne 12 und eine Argonausschleuskolonne 13 aufweist.

[0054] Der Teilstrom H wird in einem Booster einer Boosterturbine 8 weiter verdichtet, danach in dem Hautwärmetauscher 6 teilabgekühlt, in einer Entspannungsmaschine der Boosterturbine 8 entspannt und dann ebenfalls in die Druckkolonne 11 eingespeist, und zwar zusammen mit dem Teilstrom D und dem Teilstrom E, die in dem Hauptwärmetauscher 6 einerseits und in einem Nebenwärmetauscher 6a andererseits auf geeignete Temperaturen abgekühlt werden.

[0055] Die Druckkolonne 11 und die Niederdruckkolonne 12 sind über einen Hauptkondensator 11a wärmetauschend verbunden, in dem Kopfgas der Druckkolonne gegen Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne 12 kondensiert wird. Entsprechendes Kondensat K wird auf die Druckkolonne 11 zurückgeführt. Weiteres Kopfgas der Druckkolonne 11 kann in Form eines Stoffstroms L in dem Nebenwärmetauscher 6a erwärmt und danach einer mehrstufigen Verdichteranordnung 9 auf einer Zwischenstufe oder auf einen separaten Verdichter zugeführt werden, wo es mit stickstoffreichem Kopfgas M der Niederdruckkolonne 12 vereinigt wird, das in einem Unterkühlungsgegenströmer 15 und danach in dem Hauptwärmetauscher 6 erwärmt und anschließend der Verdichteranordnung 9 saugseitig zugeführt wurde. Auf diese Weise kann ein Stickstoffprodukt N bereitgestellt werden.

[0056] Die Niederdruckkolonne 12 wird unter Verwendung von Flüssigkeiten gespeist, die aus der Druckkolonne 11 entnommen werden. Hierbei handelt es sich zunächst um Sumpfflüssigkeit O, die durch den Unterkühlungsgegenströmer 15 geführt und danach einerseits in einen mittleren Bereich der Niederdruckkolonne 12 und andererseits in einen Verdampfungsraum eines Kopfkondensators 13a der Argonausschleuskolonne 13 eingespeist wird. Hier verdampfte und unverdampfte Anteile werden in Form von Stoffströmen P in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist. Weiter handelt es sich um Flüssigkeit Q, die an der Einspeisestelle des Teilstroms F in die Druckkolonne 11 aus der Druckkolonne 11 entnommen, durch den Unterkühlungsgegenströmer 15 geführt und an der bezeichneten Stelle in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist wird. Weitere Flüssigkeiten sind eine über eine Zwischenenthahme entnommene Flüssigkeit R und Kopfgaskondensat S. Diese werden ebenfalls durch den Unterkühlungsgegenströmer 15 geführt und an den bezeichneten Stellen in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist. Bei der Flüssigkeit R handelt es sich um den oben abgesprochenen "unreinen" Flüssigstickstoffrücklauf.

[0057] Die Argonausschleuskolonne 13 ist in an sich bekannter Weise am Argonmaximum oder einer anderen Stelle über Stoffströme T an die Niederdruckkolonne 12 angebunden. Unter Verwendung von Kopfgaskondensat U der Argonausschleuskolonne 13, das in dem Nebenwärmetauscher 6a erwärmt wird, wird ein entsprechend bezeichnetes Argonprodukt bereitgestellt. Sumpfflüssigkeit V der Niederdruckkolonne 12 wird in einer Pumpe 16 auf Druck gebracht, in dem Hauptwärmetauscher 6 erwärmt und verdampft und auf diese Weise als entsprechend bezeichnetes Innenverdichtungsprodukt bereitgestellt. Eine Purgeentnahme W wird in dem in Figur 1A dargestellten Mischproduktionsmodus nicht vorgenommen, da diese Funktion durch das Innenverdichtungsprodukt V erfüllt wird.

[0058] Restgas X wird aus der Niederdruckkolonne 12 ausgeführt und in dem in Figur 1A dargestellten Mischproduktionsmodus aus der Luftzerlegungsanlage 100 ausgeführt, ohne eine Entspannung eines Teilstroms Y in einer Generatorturbine 17 vorzunehmen. Insbesondere kann eine Erwärmung in dem Haupt- und Nebenwärmetauscher 6, 6a erfolgen und danach eine Verwendung in dem warmen Teil der Anlage 100, wie grundsätzlich aus dem Bereich der Luftzerlegung bekannt.

[0059] In Figur 1B ist die Anlage 100 gemäß Figur 1A in dem Stickstoffproduktionsmodus veranschaulicht, in dem der Nachverdichter 5, der Hauptluftverdichter 6, die Generatorturbine 7, die Boosterturbine 8 und die Argonausschleuskolonne 13 nicht in Betrieb sind. Die Niederdruckkolonne 12 wird lediglich mit der Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne 11 gespeist, die jedoch nur in einen Bereich unterhalb des untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne 12 eingespeist wird, wie mit einem Stoffstrom Z veranschaulicht. Ferner wird ein Teilstrom Y des Restgases X auf einem Zwischentemperaturniveau aus dem Nebenwärmetauscher 6a entnommen, in der Generatorturbine 17 entspannt und danach erneut in dem Nebenwärmetauscher 6a erwärmt. Auf diese Weise kann "Kälte generiert" werden. Um eine Anreicherung von Kohlenwasserstoffen im Sumpf der Niederdruckkolonne 12 zu vermeiden wird, wie mit W veranschaulicht, eine Purgeentnahme vorgenommen.

[0060] Das stickstoffreiche Kopfgas M der Niederdruckkolonne 12 wird nur in dem Mischproduktionsmodus gebildet und steht in dem in Figur 1B veranschaulichten Stickstoffproduktionsmodus nicht zur Verfügung. Das hier ausschließlich gebildete Stickstoffprodukt, d.h. der Stickstoffstrom L, wird dabei insbesondere ausschließlich unter Verwendung eines zweien Produktverdichters, d.h. der in Figur 1B stromab veranschaulichten Stufe(n) der Verdichteranordnung 9 verdichtet.

[0061] In Figur 1C ist eine Luftzerlegungsanlage 100 veranschaulicht, in der alternativ zu der Restgasturbine 17 eine Generatorturbine 17a verwendet wird, in der Einsatzluft in die Druckkolonne 11 entspannt wird. Es ist ein Stickstoffproduktionsmodus veranschaulicht. Die Generatorturbine 17a ist in dem Mischproduktionsmodus nicht in Verwendung.

[0062] Die in Figur 2A in dem Mischproduktionsmodus veranschaulichte Anlage 200 weist eine Zusatzkolonne 14 auf. In der Luftzerlegungsanlage 200 gemäß Figur 2A wird die Einsatzluft A mittels des Hauptluftverdichters 1 auf ein Druckniveau von beispielsweise ca. 9 bis 10 bar verdichtet. Die zusatzkolonne 14 wird mit den Teilströmen D und E der Einsatzluft gespeist. Sie weist einen Kopfkondensator 14a auf, dessen Verdampfungsraum mit Einsatzluft des Teilstroms F gespeist wird, von welcher ein Teilstrom mittels einer Generatorturbine 18 entspannt wird. In den Kopfkondensator 14a wird ferner Sumpfflüssigkeit O1 der Zusatzkolonne 14 eingespeist. Weitere Einsatzluft des Teilstroms F wird, wie mit F1 bezeichnet, in die Druckkolonne 11 eingespeist. Ein zusätzlicher Rücklauf auf die Zusatzkolonne 14 wird in Form des Stoffstroms S bereitgestellt. Der Kopfkondensator 14a wird außerdem zur Kondensation von Kopfgas der Zusatzkolonne 14 verwendet. Nicht kondensiertes Kopfgas kann in Form des Stickstoffprodukts N bereitgestellt werden. Aus dem Kopfkondensator 14a kann ein Spülstrom bzw. eine Überschussflüssigkeit als ein Stoffstrom F2 abgezogen und in die Druckkolonne 11 eingespeist werden. Alternativ kann der Stoffstrom F2 in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist werden.

[0063] Der Stoffstrom S wird unter Verwendung einer nicht gesondert bezeichneten Pumpe, die auch als Rücklaufpumpe bezeichnet wird, in die Zusatzkolonne 14 eingespeist. Der Einsatz dieser Pumpe erfolgt insbesondere in dem Stickstoffproduktionsmodus, kann aber auch in dem Mischproduktionsmodus erfolgen.

[0064] Der Mischproduktionsmodus der Anlage 200 unterscheidet sich von dem Stickstoffproduktionsmodus der Anlage 200 wie zuvor in Bezug auf Figuren 1A und 1B zu der Anlage 100 erläutert. Auf die obigen Erläuterungen und die entsprechenden Unterschiede in den Figuren 2A und 2B kann daher verwiesen werden.

[0065] In Figur 2C ist eine Luftzerlegungsanlage 200 veranschaulicht, in der alternativ zu der Restgasturbine 17 eine Generatorturbine 17a verwendet wird, in der Einsatzluft in die Zusatzkolonne 14 entspannt wird. Es ist ein Stickstoffproduktionsmodus veranschaulicht. Die Generatorturbine 17a ist in dem Mischproduktionsmodus nicht in Verwendung.

[0066] In Figur 3 ist eine Luftzerlegungsanlage 300 veranschaulicht und in einem Stickstoffproduktionsmodus gezeigt. In Abwandlung zu der in Figur 2B veranschaulichten Anlage wird hier Sumpfflüssigkeit O der Drzuckkolonne 11 unter Verwendungt einer Pumpe 301 in einen Kondensationsraum des Kopfkondensators 14a der Zusatzkolonne 14 eingespeist. Aus dem Kondensationsraum des Kopfkondensators 14a der Zusatzkolonne 14 wird hier mit F3 angegebene Flüssigkeit abgezogen und in die Niederdruckkolonne eingespeist.

[0067] Die anderen Betriebsmodi der Luftzerlegungsanlage 300 ergeben sich in der Zusammenschau mit den Figuren 2A bzw. 2B. Der Anteil F1 der Einsatzluft wird hier in dem Mischproduktionsmodus in die Niederdruckkolonne 12 eingespeist, ebenso wie ein Teilstrom der Flüssigkeit F3.


Ansprüche

1. Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft unter Verwendung einer Luftzerlegungsanlage (100-300), wobei

- die Luftzerlegungsanlage (100-300) ein Rektifikationskolonnensystem (10) mit einer Druckkolonne (11) und einer Niederdruckkolonne (12) aufweist,

- unter Verwendung von in dem Rektifikationskolonnensystem (10) gebildetem Kopfgas ein oder mehrere Stickstoffprodukte und unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne (12) ein oder mehrere Sauerstoffprodukte gebildet werden, und

- die Niederdruckkolonne (12) unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) gespeist wird,
dadurch gekennzeichnet, dass

- das Verfahren einen Mischproduktionsmodus und einen Stickstoffproduktionsmodus umfasst,

- in dem Mischproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte in einer Sauerstoffproduktgesamtmenge und das oder die Stickstoffprodukte in einer ersten Stickstoffproduktgesamtmenge bereitgestellt und aus der Luftzerlegungsanlage (100-300) ausgeführt werden,

- in dem Stickstoffproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte nicht, und das oder die Stickstoffprodukte in einer zweiten Stickstoffproduktgesamtmenge, die gleich oder unterschiedlich zu der ersten Stickstoffproduktgesamtmenge ist, bereitgestellt und aus der Luftzerlegungsanlage (100-300) ausgeführt werden,

- die erste Stickstoffproduktgesamtmenge 50% bis 150% der Sauerstoffproduktgesamtmenge beträgt,

- die zur Speisung der Niederdruckkolonne (12) verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) oder eine unter Verwendung hiervon gebildete Flüssigkeit in dem Mischproduktionsmodus ausschließlich oberhalb eines untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird, und

- die zur Speisung der Niederdruckkolonne (12) verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) oder eine unter Verwendung hiervon gebildete Flüssigkeit in dem Stickstoffproduktionsmodus zumindest zum Teil unterhalb eines untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Luftzerlegungsanlage (100-300) eine Argonkolonne (13) aufweist, wobei die Argonkolonne (13) nur in dem Mischproduktionsmodus aus der Niederdruckkolonne (12) gespeist wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, bei dem die Argonkolonne (13) als Argongewinnungskolonne oder Argonausschleuskolonne betrieben wird.
 
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der Niederdruckkolonne (12) Restgas entnommen wird, wobei das Restgas nur in dem Stickstoffproduktionsmodus unter Verwendung einer Restgasturbine (17) entspannt und aus der Luftzerlegungsanlage (100-300) ausgeschleust wird.
 
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem das Rektifikationskolonnensystem (10) mit in einer Hauptluftverdichteranordnung verdichteter Luft gespeist wird, wobei die in der Hauptluftverdichteranordnung verdichtete Luft nur in dem Mischproduktionsmodus unter Verwendung eines Nachverdichters (5) und/oder eines oder mehrerer Booster (8) verdichtet und/oder unter Verwendung einer oder mehrerer Entspannungsturbinen (18) entspannt wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, bei dem die Hauptluftverdichteranordnung zwei Hauptluftverdichter (1) aufweist, von denen in dem Mischproduktionsmodus beide und in dem Stickstoffproduktionsmodus nur einer betrieben wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem weiteres Kopfgas der Druckkolonne (11) oder ein anderes stickstoffhaltiges Fluid aus der Druckkolonne (11) nur in dem Mischproduktionsmodus in verflüssigtem Zustand oberhalb eines obersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne (12) eingespeist wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem die Luftzerlegungsanlage (200, 300) eine Zusatzkolonne (14) aufweist, wobei die Zusatzkolonne (14) einen Kopfkondensator (14a) aufweist, der einen Verdampfungsraum umfasst, in den abgekühlte und verflüssigte oder pseudo-verflüssigte Druckluft und/oder Sumpfflüssigkeit der Zusatzkolonne (14) eingespeist werden, und aus dem Fluidströme entnommen werden, die in die Druckkolonne (11) eingespeist werden.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, bei dem die abgekühlte und verflüssigte oder pseudo-verflüssigte Druckluft nur in dem Mischproduktionsmodus in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators (14a) der Zusatzkolonne (14) eingespeist und zuvor turbinenentspannt wird.
 
10. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem die Luftzerlegungsanlage (100-300) einen Hauptwärmetauscher (6) und einen Nebenwärmetauscher (6a) umfasst, wobei der Hauptwärmetauscher (6) nur in dem Mischproduktionsmodus betrieben wird, und wobei zumindest ein Teil von Einsatzluft, die in das Rektifikationskolonnensystem (10) eingespeist wird, parallel in dem Hauptwärmetauscher (6) und dem Nebenwärmetauscher (6a) abgekühlt wird und/oder in dem Nebenwärmetauscher (6a) zumindest ein Teil des in dem Rektifikationskolonnensystem (10) gebildeten und zur Bereitstellung des einen oder der mehreren Stickstoffprodukten verwendeten Kopfgases erwärmt wird.
 
11. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem das Rektifikationskolonnensystem (10) unter Verwendung von Druckluft gespeist wird, die nur in dem Stickstoffproduktionsmodus unter Verwendung einer Entspannungsturbine (17a) eine oder mehrere Rektifikationskolonnen (11, 14) des Rektifikationskolonnensystems (10) eingespeist wird.
 
12. Verfahren zur Herstellung von Ammoniak, das eine Wasserstoffproduktion und eine Ammoniaksynthese umfasst, wobei in der Wasserstoffproduktion gebildeter Wasserstoff in der Ammoniaksynthese mit Stickstoff zu Ammoniak umgesetzt wird, und wobei die Wasserstoffproduktion die Verwendung von Sauerstoff umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass der Sauerstoff und der Stickstoff jeweils zumindest zu einem Teil unter Verwendung eines Verfahrens nach einem der vorstehenden Ansprüche bereitgestellt werden.
 
13. Verfahren nach Anspruch 12, bei dem die Wasserstoffproduktion eine autotherme Reformierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Einsatzes und/oder die Abscheidung und Verwendung und/oder Speicherung von Kohlendioxid umfasst.
 
14. Luftzerlegungsanlage (100-300), die

- ein Rektifikationskolonnensystem (10) mit einer Druckkolonne (11) und einer Niederdruckkolonne (12) aufweist,

- eingerichtet ist, unter Verwendung von in dem Rektifikationskolonnensystem gebildetem Kopfgas ein oder mehrere Stickstoffprodukte und von Sumpfflüssigkeit der Niederdruckkolonne (12) ein oder mehrere Sauerstoffprodukte zu bilden, und

- eingerichtet ist, die Niederdruckkolonne (12) unter Verwendung von Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) zu speisen,
dadurch gekennzeichnet, dass

- das Verfahren einen Mischproduktionsmodus und einen Stickstoffproduktionsmodus umfasst,

- die Luftzerlegungsanlage (100-300) eingerichtet ist, in dem Mischproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte in einer Sauerstoffproduktgesamtmenge und das oder die Stickstoffprodukte in einer ersten Stickstoffproduktgesamtmenge bereitzustellen und aus der Luftzerlegungsanlage (100-300) auszuführen,

- die Luftzerlegungsanlage (100-300) eingerichtet ist, in dem Stickstoffproduktionsmodus das oder die Sauerstoffprodukte nicht, und das oder die Stickstoffprodukte in einer zweiten Stickstoffproduktgesamtmenge, die gleich oder unterschiedlich zu der ersten Stickstoffproduktgesamtmenge ist, bereitzustellen und aus der Luftzerlegungsanlage (100-300) auszuführen,

- die erste Stickstoffproduktgesamtmenge 50% bis 150% der Sauerstoffproduktgesamtmenge beträgt,

- die Luftzerlegungsanlage (100-300) eingerichtet ist, zur Speisung der Niederdruckkolonne (12) verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) oder eine unter Verwendung hiervon gebildete Flüssigkeit in dem Mischproduktionsmodus ausschließlich oberhalb eines untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne (12) einzuspeisen, und

- die Luftzerlegungsanlage (100-300) eingerichtet ist, die zur Speisung der Niederdruckkolonne (12) verwendete Sumpfflüssigkeit der Druckkolonne (11) oder eine unter Verwendung hiervon gebildete Flüssigkeit in dem Stickstoffproduktionsmodus zumindest zum Teil unterhalb eines untersten Trennabschnitts der Niederdruckkolonne (12) in die Niederdruckkolonne (12) einzuspeisen.


 
15. Anlage zur Herstellung von Ammoniak, das eine Wasserstoffproduktionseinheit und eine Ammoniaksyntheseeinheit sowie eine Luftzerlegungsanlage (100-300) nach Anspruch 14 aufweist.
 




Zeichnung

























Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur