(19)
(11) EP 4 470 873 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.12.2024  Patentblatt  2024/49

(21) Anmeldenummer: 23176281.6

(22) Anmeldetag:  31.05.2023
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 27/20(2022.01)
B61L 27/53(2022.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B61L 27/20; B61L 27/53; B61L 2027/202
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Siemens Mobility GmbH
81739 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Bulut, Mete
    38154 Königslutter am Elm (DE)
  • Friese, Karsten
    31246 Gadenstedt (DE)
  • Gazzo, Francesco
    38116 Braunschweig (DE)
  • Herzfeld, Sven
    38259 Salzgitter (DE)
  • Kanitz-Protzner, Sabine
    38170 Schöppenstedt (DE)
  • Röhr, Josefin
    38704 Liebenburg (DE)
  • Schaar, Carsten
    31303 Burgdorf (DE)

(74) Vertreter: Siemens Patent Attorneys 
Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) VERFAHREN UND EINRICHTUNGEN ZUM BETREIBEN VON SCHIENENFAHRZEUGEN


(57) Die Erfindung bezieht sich unter anderem auf ein Verfahren zum Betreiben eines Schienenfahrzeugs (10) in einem Gleisanlagenabschnitt (20), der zumindest zwei Teilabschnitte (T1-T7) umfasst, im Falle eines Ausfalls einer Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts (20). Erfindungsgemäß ist bezüglich des Verfahrens vorgesehen, dass jedem der Teilabschnitte (T1-T7) jeweils eine teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe (Vmax1-Vmax7) zugeordnet ist, bei fehlender oder unvollständiger Kenntnis der Weichenstellungen im Gleisanlagenabschnitt (20) befindlicher Weichen (24, 25) ermittelt wird, welche Fahrwege (F1, F2) innerhalb des Gleisanlagenabschnitts (20) das Schienenfahrzeug (10) möglicherweise befahren könnte, anhand der möglichen Fahrwege (F1, F2) und anhand der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangaben (Vmax1-Vmax7) der zu den möglichen Fahrwegen (F1, F2) gehörenden Teilabschnitte (T1-T7) ein Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) festgelegt wird, der für die Fahrt durch den Gleisanlagenabschnitt (20) die zulässige Höchstgeschwindigkeit ab einem vorgegebenen Referenzpunkt wegstreckenabhängig, also in Abhängigkeit vom gefahrenen Abstand von dem Referenzpunkt angibt, und das Schienenfahrzeug (10) unter Berücksichtigung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs (Vmax(s)) betrieben wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Betreiben eines Schienenfahrzeugs in einem Gleisanlagenabschnitt.

[0002] Im Falle eines Ausfalls der Außenanlage, also von Streckenkomponenten, eines Gleisanlagenabschnitts, ist es in vielen Fällen nicht möglich, einen normalen Fahrbetrieb aufrechtzuerhalten. Sind beispielsweise die Stellungen von Weichen oder die Belegung des Gleisanlagenabschnitts mit Schienenfahrzeugen aufgrund technischer Fehler, beispielsweise aufgrund eines Ausfalls von Kommunikationskomponenten, unbekannt, so sind bei herkömmlichen Betriebsverfahren signifikante Einschränkungen des Fahrbetriebs die Regel.

[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Betreiben eines Schienenfahrzeugs dahingehend weiterzuentwickeln, dass auch im Falle eines Ausfalls von Streckenkomponenten in vielen Fällen ein zügiges Durchfahren des betroffenen Gleisanlagenabschnitts möglich ist.

[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in Unteransprüchen angegeben.

[0005] Danach ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass jedem Teilabschnitt des Gleisanlagenabschnitts jeweils eine teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe zugeordnet ist, bei fehlender oder unvollständiger Kenntnis der Weichenstellungen im Gleisanlagenabschnitt befindlicher Weichen ermittelt wird, welche Fahrwege innerhalb des Gleisanlagenabschnitts das Schienenfahrzeug möglicherweise befahren könnte, anhand der möglichen Fahrwege und anhand der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangaben der zu den möglichen Fahrwegen gehörenden Teilabschnitte ein Höchstgeschwindigkeitsverlauf festgelegt wird, der für die Fahrt durch den Gleisanlagenabschnitt die zulässige Höchstgeschwindigkeit ab einem vorgegebenen Referenzpunkt wegstreckenabhängig, also in Abhängigkeit vom gefahrenen Abstand von dem Referenzpunkt angibt, und das Schienenfahrzeug unter Berücksichtigung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs betrieben wird.

[0006] Ein wesentlicher Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist darin zu sehen, dass die erfindungsgemäß vorgesehene teilabschnittsbezogene Zuordnung von Höchstgeschwindigkeitsangaben zu Teilabschnitten, die Ermittlung von möglichen Fahrwegen und die Vorgabe eines von der gefahrenen Wegstrecke abhängigen Höchstgeschwindigkeitsverlaufs es beispielsweise ermöglichen können, dass ein Schienenfahrzeug - verglichen zu herkömmlichen Betriebsverfahren - im Falle eines Ausfalls der Außenanlage den Gleisanlagenabschnitt mit vergleichsweise hoher Geschwindigkeit durchfahren kann, sofern dies die im jeweils vorliegenden Falle ermittelten möglichen bzw. denkbaren Fahrwege zulassen. Anders als bei vorbekannten Verfahren wird also nicht stets ein und dieselbe reduzierte Geschwindigkeit für ein Durchfahren des vom Ausfall betroffenen Gleisanlagenabschnitts vorgegeben, sondern es wird eine individuelle Vorgabe erstellt, die die Kenntnis oder zumindest Restkenntnis von Weichenstellungen ausnutzt. Liegt beispielsweise anhand einer bekannten Weichenstellung die Information vor, dass ein besonders kritischer Fahrweg, der nur mit minimaler Geschwindigkeit verantwortungsvoll durchfahren werden dürfte, aufgrund der bekannten Weichenstellung tatsächlich nicht durchfahren werden kann, sondern stattdessen nur weniger kritische Fahrwege durchfahren werden können, so können dementsprechend weniger restriktive Vorgaben bzw. ein weniger restriktiver Höchstgeschwindigkeitsverlauf festgelegt werden. Durch diese Vorgehensweise kann in vielen Fällen ein vergleichsweise zügiges Durchfahren des vom Ausfall betroffenen Gleisanlagenabschnitts ermöglicht werden.

[0007] Vorteilhaft ist es, wenn der Höchstgeschwindigkeitsverlauf fahrwegeabhängig derart festgelegt wird, dass in keinem der zu den möglichen Fahrwegen gehörenden Teilabschnitte die Höchstgeschwindigkeit die jeweilige teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe überschreitet.

[0008] Mit anderen Worten kann der Höchstgeschwindigkeitsverlauf wegstreckenabhängig derart festgelegt werden, dass die Höchstgeschwindigkeit an jedem Wegstreckenpunkt jeweils der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangabe desjenigen Teilabschnitts entspricht, der von allen an dem jeweiligen Wegstreckenpunkt möglicherweise befahrenen Teilabschnitten die kleinste teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe aufweist.

[0009] Dem Schienenfahrzeug wird vorzugsweise mit einem vor dem Gleisanlagenabschnitt oder an einer Einfahrstelle in den Gleisanlagenabschnitt befindlichen Signal signalisiert, dass es unter Berücksichtigung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs fahren soll.

[0010] Vorteilhaft ist es, wenn das Schienenfahrzeug nach dem Passieren des Signals die Signalisierung innerhalb des Gleisanlagenabschnitts befindlicher weiterer Signale ignoriert.

[0011] Im Falle, dass das Vorhandensein weiterer Schienenfahrzeuge in dem Gleisanlagenabschnitt ausgeschlossen werden kann, wird das Schienenfahrzeug vorzugsweise unter Einhaltung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs betrieben.

[0012] Im Falle, dass das Vorhandensein weiterer Schienenfahrzeuge in dem Gleisanlagenabschnitt nicht ausgeschlossen werden kann, kann das Schienenfahrzeug in einer Auf-Sicht-Fahrweise betrieben werden.

[0013] Der Auf-Sicht-Fahrweise ist vorzugsweise eine Aufsichtgeschwindigkeit zugeordnet, die das Schienenfahrzeug nicht überschreiten darf.

[0014] Vorteilhaft ist es, wenn das Schienenfahrzeug unter Einhaltung der durch den Höchstgeschwindigkeitsverlauf definierten Höchstgeschwindigkeit betrieben wird, falls diese die Aufsichtgeschwindigkeit unterschreitet, und andernfalls unter Einhaltung der Aufsichtgeschwindigkeit betrieben wird.

[0015] Im Falle des Ausfalls der Außenanlage übermittelt ein dem Gleisanlagenabschnitt zugeordnetes Stellwerk vorzugsweise ein Warnsignal an eine dem Stellwerk und dem Gleisanlagenabschnitt zugeordnete Streckenzentrale. Die Streckenzentrale ermittelt vorzugsweise den Höchstgeschwindigkeitsverlauf und übermittelt diesen an das Schienenfahrzeug.

[0016] Im Falle, dass dem Stellwerk die Weichenstellungen aller Weichen unbekannt sind, teilt das Stellwerk der Streckenzentrale vorzugsweise die Unkenntnis der Weichenstellungen mit, beispielsweise implizit dadurch, dass keine Weichenstellungen übermittelt werden. In diesem Falle ermittelt die Streckenzentrale vorzugsweise alle stellbaren Fahrwege innerhalb des Gleisanlagenabschnitts und legt den Höchstgeschwindigkeitsverlauf unter Heranziehung aller stellbaren Fahrwege und anhand der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangaben der zu den ermittelten möglichen Fahrwegen gehörenden Teilabschnitte fest.

[0017] Im Falle, dass dem Stellwerk die Weichenstellungen einer Teilgruppe an Weichen bekannt sind und die Weichenstellungen der übrigen Weichen unbekannt sind, teilt das Stellwerk der Streckenzentrale vorzugsweise die bekannten Weichenstellungen mit. Im letztgenannten Falle schließt die Streckenzentrale vorzugsweise diejenigen Fahrwege, die das Schienenfahrzeug aufgrund der bekannten Weichenstellungen nicht befahren kann, bei der Ermittlung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs aus.

[0018] Die Streckenzentrale teilt dem Schienenfahrzeug den Höchstgeschwindigkeitsverlauf vorzugsweise per Funk mit.

[0019] Der Streckenpunkt wird vorzugsweise in Abhängigkeit von der Einfahrstelle in den Gleisanlagenabschnitt festgelegt und kann beispielsweise dieser entsprechen.

[0020] Auf den Ausfall der Außenanlage wird vorzugsweise - z. B. vom Stellwerk - geschlossen, wenn zumindest eine Streckenkomponente des Gleisanlagenabschnitts defekt ist oder keine Kommunikation mit zumindest einer Streckenkomponente möglich ist.

[0021] Die Erfindung bezieht sich außerdem auf eine Streckenzentrale für den Betrieb eines Gleisanlagenabschnitts, der zumindest zwei Teilabschnitte umfasst. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Streckenzentrale dazu ausgestaltet ist, im Falle eines Ausfalls einer Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts und bei fehlender oder unvollständiger Kenntnis der Weichenstellungen im Gleisanlagenabschnitt befindlicher Weichen zu ermitteln, welche Fahrwege innerhalb des Gleisanlagenabschnitts ein in den Gleisanlagenabschnitt hineinfahrendes Schienenfahrzeug möglicherweise befahren könnte, anhand der möglichen Fahrwege und anhand teilabschnittsindividueller Höchstgeschwindigkeitsangaben, die den zu den möglichen Fahrwegen gehörenden Teilabschnitten zugeordnet sind, einen Höchstgeschwindigkeitsverlauf zu ermitteln, der für die Fahrt durch den Gleisanlagenabschnitt die zulässige Höchstgeschwindigkeit ab einem vorgegebenen Referenzpunkt wegstreckenabhängig, also in Abhängigkeit vom gefahrenen Abstand von dem vorgegebenen Referenzpunkt, angibt, und den Höchstgeschwindigkeitsverlauf an das Schienenfahrzeug zu übermitteln.

[0022] Bezüglich der Vorteile der erfindungsgemäßen Streckenzentrale und vorteilhafter Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Streckenzentrale sei auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und dessen vorteilhafter Ausgestaltungen verwiesen.

[0023] Die Streckenzentrale umfasst vorzugsweise unter anderem eine Recheneinrichtung und einen Speicher. In dem Speicher ist vorzugsweise ein Computerprogrammprodukt abgespeichert, das bei Ausführung durch die Recheneinrichtung die Arbeitsweise der Recheneinrichtung und damit die der Streckenzentrale bestimmt oder zumindest mitbestimmt. Das Computerprogrammprodukt umfasst vorzugsweise ein Streckenzentralensoftwaremodul, das die herkömmliche Arbeitsweise einer Streckenzentrale ermöglicht, also eine Arbeitsweise, wie sie für Streckenzentralen bekannt ist. Das Computerprogrammprodukt umfasst vorzugsweise außerdem ein Sonderbetriebssoftwaremodul, das einen Sonderbetrieb des Gleisanlagenabschnitts, wie er oben beispielhaft erläutert wurde, ermöglicht. Liegt dem Sonderbetriebssoftwaremodul das oben erwähnte Warnsignal des Stellwerks vor, so ermittelt das Sonderbetriebssoftwaremodul vorzugsweise den wegstreckenabhängigen Höchstgeschwindigkeitsverlauf, wie dies oben beschrieben worden ist. Dabei berücksichtigt das Sonderbetriebssoftwaremodul vorzugsweise die bekannte Weichenstellung von Weichen, falls eine entsprechende Weichenstellungsangabe vorliegt. Das Sonderbetriebssoftwaremodul veranlasst vorzugsweise die Funkübertragung, sobald der wegstreckenabhängige Höchstgeschwindigkeitsverlauf ermittelt wurde.

[0024] Die Erfindung bezieht sich außerdem auf ein Stellwerk für den Betrieb eines Gleisanlagenabschnitts, der zumindest zwei Teilabschnitte umfasst. Erfindungsgemäß ist bezüglich des Stellwerks vorgesehen, dass dieses dazu ausgestaltet ist, im Falle des Ausfalls einer Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts ein Warnsignal an eine dem Stellwerk und dem Gleisanlagenabschnitt zugeordnete Streckenzentrale zu übermitteln, die Information über die jeweilige Weichenstellung, sofern diese bekannt ist, im Gleisanlagenabschnitt befindlicher Weichen an die Streckenzentrale zu übermitteln und im Falle, dass dem Stellwerk die Weichenstellung ein oder mehrerer Weichen unbekannt ist, der Streckenzentrale die Unkenntnis dieser Weichenstellungen mitzuteilen.

[0025] Bezüglich der Vorteile des erfindungsgemäßen Stellwerks und vorteilhafter Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Stellwerks sei auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und dessen vorteilhafter Ausgestaltungen verwiesen.

[0026] Das Stellwerk umfasst vorzugsweise unter anderem eine Recheneinrichtung und einen Speicher. In dem Speicher ist vorzugsweise ein Computerprogrammprodukt abgespeichert, das bei Ausführung durch die Recheneinrichtung die Arbeitsweise der Recheneinrichtung und damit die des Stellwerks bestimmt oder zumindest mitbestimmt. Das Computerprogrammprodukt umfasst vorzugsweise ein Stellwerkssoftwaremodul, das die herkömmliche Arbeitsweise eines Stellwerks ermöglicht. Das Computerprogrammprodukt umfasst vorzugsweise außerdem ein Sonderbetriebssoftwaremodul, das einen Sonderbetrieb des Gleisanlagenabschnitts ermöglicht. Stellt das Sonderbetriebssoftwaremodul den Ausfall der Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts bzw. zumindest einen Ausfall einzelner Streckenkomponenten des Gleisanlagenabschnitts fest, so erzeugt es ein Warnsignal und veranlasst dessen Übermittlung an die Streckenzentrale. Darüber hinaus prüft das Sonderbetriebssoftwaremodul vorzugsweise, ob Informationen über die jeweilige Weichenstellung der im Gleisanlagenabschnitt befindlichen Weichen vorliegen; ist dies der Fall, so veranlasst es die Übermittlung der Informationen über die Weichenstellungen an die Streckenzentrale in Form einer Weichenstellungsangabe.

[0027] Die Erfindung bezieht sich außerdem auf eine Anordnung mit einem Gleisanlagenabschnitt, wobei dem Gleisanlagenabschnitt ein Stellwerk wie oben beschrieben und eine Streckenzentrale wie oben beschrieben zugeordnet ist.

[0028] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert; dabei zeigen beispielhaft:
Figur 1
ein Ausführungsbeispiel für eine erfindungsgemäße Anordnung, die einen Gleisanlagenabschnitt, ein Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes Stellwerk und ein Ausführungsbeispiel für eine erfindungsgemäße Streckenzentrale umfasst, wobei die Figur einen Normalbetrieb des Gleisanlagenabschnitts zeigt,
Figur 2
die Anordnung gemäß Figur 1 in einem ausfallbedingten Sonderbetrieb für den Fall, dass sich nur ein Schienenfahrzeug in dem Gleisanlagenabschnitt befindet,
Figur 3
die Anordnung gemäß Figur 1 in einem ausfallbedingten Sonderbetrieb für den Fall, dass der Belegungszustand des Gleisanlagenabschnitts unbekannt ist und sich mehr als ein Schienenfahrzeug in dem Gleisanlagenabschnitt befinden könnte,
Figur 4
die Anordnung gemäß Figur 1 in einem ausfallbedingten Sonderbetrieb für den Fall, dass die Weichenstellung zumindest einer Weiche bekannt ist und Fahrwege ausgeschlossen werden können,
Figur 5
eine bevorzugte Ausführungsform des Stellwerks gemäß den Figuren 1 bis 4 näher im Detail, und
Figur 6
eine bevorzugte Ausführungsform der Streckenzentrale gemäß den Figuren 1 bis 4 näher im Detail.


[0029] In den Figuren werden der Übersicht halber für identische oder vergleichbare Komponenten stets dieselben Bezugszeichen verwendet.

[0030] Die Figur 1 zeigt ein Schienenfahrzeug 10 bei der Fahrt entlang der Pfeilrichtung P von links nach rechts vor Einfahrt in einen Gleisanlagenabschnitt 20, der eine Vielzahl an Teilabschnitten T1 bis T7 umfasst. Jedem der Teilabschnitte T1 bis T7 ist jeweils eine teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe Vmax1 bis Vmax7 zugeordnet.

[0031] Von dem Gleisanlagenabschnitt 20 sind in der Figur 1 ein im Bereich der Einfahrstelle 21 in den Gleisanlagenabschnitt 20 angeordnetes Signal 23, eine erste Weiche 24 und eine zweite Weiche 25 dargestellt. In dem Gleisanlagenabschnitt 20 können weitere Streckenkomponenten wie beispielsweise weitere Signale, Achszähleinrichtungen und streckenseitige Funkkomponenten, die eine Funkverbindung mit dem Schienenfahrzeug 10 ermöglichen, vorhanden sein; diese weiteren Streckenkomponenten sind aus Gründen der Übersicht in der Figur 1 nicht weiter dargestellt.

[0032] Dem Gleisanlagenschnitt 20 zugeordnet sind ein Stellwerk 30 und eine Streckenzentrale 40. Das Stellwerk 30 steht über nur angedeutete Signalleitungen 26 mit allen oder zumindest einigen der Streckenkomponenten des Gleisanlagenschnitts 20, zumindest aber mit dem Signal 23 und den beiden Weichen 24 und 25, und mit der Streckenzentrale 40 in Verbindung. Die Streckenzentrale 40 kann über Funk mit dem Schienenfahrzeug 10 kommunizieren.

[0033] Die Anordnung gemäß Figur 1 kann wie folgt betrieben werden:

Fehlerfreie Normalbetrieb der Außenlage:



[0034] Im fehlerfreien Normalbetrieb der Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts 20, wenn also alle stellwerksseitig als relevant eingestuften Streckenkomponenten des Gleisanlagenabschnitts 20 korrekt arbeiten und korrekt mit dem Stellwerk 30 kommunizieren, betreibt das Stellwerk 30 das Signal 23 und die Weichen 24 und 25 in bekannter Weise.

[0035] Das Stellwerk 30 zeigt dem Schienenfahrzeug 10 den fehlerfreien Normalbetrieb vorzugsweise vor dem Gleisabschnitt oder an der Einfahrstelle 21 in den Gleisanlagenabschnitt 20 an, beispielsweise mit dem dort befindlichen Signal 23, wie in der Figur 1 beispielhaft durch einen weißen Kreis dargestellt ist. Dem Schienenfahrzeug 10 wird damit unter anderem vorzugsweise auch signalisiert, dass es unter Berücksichtigung der Signalstellungen der weiteren im Gleisanlagenabschnitt 20 befindlichen und in der Figur 1 aus Gründen der Übersicht nicht weiter gezeigten Signale bis zur Ausfahrstelle 22 fahren soll.

Sonderbetrieb:



[0036] Ist die Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts 20 defekt oder wird sie vom Stellwerk 30 als defekt angesehen, so werden der Gleisanlagenabschnitt 20 und damit auch das Schienenfahrzeug 10 in einem Sonderbetriebsmodus betrieben. Auf den Ausfall der Außenanlage schließt das Stellwerk 30 beispielsweise, wenn zumindest eine mit dem Stellwerk 30 verbundene Streckenkomponente des Gleisanlagenabschnitts 20 defekt ist oder mit zumindest einer der Streckenkomponenten keine Kommunikation möglich ist.

[0037] Im Falle eines erkannten Defekts der Außenanlage übermittelt das Stellwerk 30 zu der Streckenzentrale 40 ein Warnsignal WS, das einen Ausfall der Außenanlage anzeigt.

[0038] Die Streckenzentrale 40 ermittelt bei Vorliegen des Warnsignals WS, welche Fahrwege innerhalb des Gleisanlagenabschnitts 20 das Schienenfahrzeug 10 möglicherweise befahren könnte. Da im vorliegenden Beispielfall der Streckenzentrale 40 keine Informationen hinsichtlich der Weichenstellungen der zwei Weichen 24 und 25 vorliegen, wird die Streckenzentrale 40 also zwei mögliche Fahrwege ermitteln, nämlich einen in der Figur 1 oberen Fahrweg F1, der die Teilabschnitte T1 bis T5 umfasst, und einen in der Figur 2 unteren Fahrweg F2, der die Teilabschnitte T1, T6, T7 und T5 umfasst. Für die Fahrwege F1 und F2 gilt also:





[0039] Bei dem Ausführungsbeispiel sind aufgrund der beispielhaft angenommenen Achsensymmetrie des Gleisanlagenabschnitts 20 die Fahrwege F1 und F2 zwar gleich lang, aber unterschiedlich segmentiert.

[0040] Anhand der möglichen Fahrwege F1 und F2 und anhand der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangaben Vmax1 bis Vmax7 der zu den möglichen Fahrwegen gehörenden Teilabschnitte T1 bis T7 legt die Streckenzentrale 40 einen Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) fest, der für die Fahrt durch den Gleisanlagenabschnitt 20 die zulässige Höchstgeschwindigkeit ab einem vorgegebenen Referenzpunkt wegstreckenabhängig, also in Abhängigkeit vom gefahrenen Abstand bzw. in Abhängigkeit von der gefahrenen Wegstrecke s bzw. Wegstreckenlänge ab dem Referenzpunkt angibt. Der Referenzpunkt kann beispielsweise die Einfahrstelle 21 sein.

[0041] Die Streckenzentrale 40 legt den Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) unter Berücksichtigung der möglichen Fahrwege, also fahrwegeabhängig, derart fest, dass in keinem der zu den möglichen Fahrwegen gehörenden Teilabschnitte T1 bis T7 die Höchstgeschwindigkeit die jeweilige teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe Vmax1 bis Vmax7 überschreitet.

[0042] Die Streckenzentrale 40 legt also mit anderen Worten den Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) wegstreckenabhängig derart fest, dass die Höchstgeschwindigkeit an jedem Wegstreckenpunkt jeweils der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangabe desjenigen Teilabschnitts entspricht, der von allen an dem jeweiligen Wegstreckenpunkt möglicherweise befahrenen Teilabschnitten T1 bis T7 die kleinste teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe Vmax1 bis Vmax7 aufweist.

[0043] Zur Vereinfachung sei nachfolgend folgendes Zahlenbeispiel angenommen:















[0044] Für dieses Zahlenbeispiel und für den in der Figur 1 gezeigten Beispielfall ergibt sich für den Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) also eine Geschwindigkeitsabfolge P gemäß



wobei die Geschwindigkeitswechsel wegen der Unvorhersagbarkeit des Fahrweges von der von dem Schienenfahrzeug 10 gefahrenen Wegstrecke s ausgelöst werden. Die Wegstrecke s kann das Schienenfahrzeug 10 beispielsweise mit einem Wegstreckenzähler bzw. Hodometer ab dem vorgegebenen Referenzpunkt messen.

[0045] Nachdem die Streckenzentrale 40 den Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) über der Wegstrecke s ermittelt hat, überträgt sie diesen vorzugsweise per Funk an das Schienenfahrzeug 10, das die Fahrt durch den Gleisanlagenabschnitt 20 auf der Basis des von der Streckenzentrale 40 vorgegebenen Höchstgeschwindigkeitsverlaufs Vmax(s) steuert.

Sonderbetrieb erster Art (nur ein Schienenfahrzeug 10 im Gleisanlagenabschnitt 20):



[0046] Ist dem Stellwerk 30 anhand einer funktionsfähigen Achszähleinrichtung oder aus anderen Quellen bekannt, dass sich in dem Gleisanlagenabschnitt 20, in den das Schienenfahrzeug 10 einfährt oder bereits eingefahren ist, kein weiteres Schienenfahrzeug befindet, so zeigt das Stellwerk 30 dem Schienenfahrzeug 10 einen Fahrbetrieb auf der Basis des von der Streckenzentrale 40 vorgegebenen Höchstgeschwindigkeitsverlaufs Vmax(s) vorzugsweise vor dem Gleisanlagenabschnitt 20 oder an der Einfahrstelle 21 in den Gleisanlagenabschnitt 20 beispielsweise mit dem dort befindlichen Signal 23 an, wie in der Figur 2 beispielhaft durch einen schwarzen Kreis dargestellt ist. Dem Schienenfahrzeug 10 wird damit signalisiert, dass es unter Berücksichtigung des wegstreckenabhängigen Höchstgeschwindigkeitsverlaufs Vmax(s) fahren wird, den die Streckenzentrale 40 bereits per Funk übermittelt hat oder noch übermitteln wird.

[0047] Die Signalisierung gibt dem Schienenfahrzeug 10 beispielsweise ebenfalls vor, dass es nach dem Passieren des Signals 23 die Signalanzeigen innerhalb des Gleisanlagenabschnitts 20 befindlicher weiterer Signale ignorieren soll, weil deren Anzeige wegen des Ausfalls der Außenanlage nicht verlässlich ist.

Sonderbetrieb zweiter Art (unbekannte Anzahl an Schienenfahrzeugen im Gleisanlagenabschnitt 20):



[0048] Im Falle, dass das Stellwerk 30 beispielsweise wegen eines Ausfalls von Achszähleinrichtungen das Vorhandensein weiterer Schienenfahrzeuge in dem Gleisanlagenabschnitt 20 nicht ausschließen kann, so zeigt es dem Schienenfahrzeug 10 mit dem Signal 23 eine Auf-Sicht-Fahrweise an, wie beispielhaft in der Figur 3 durch einen schwarzen Ring angedeutet ist; der Streckenzentrale 40 wird wegen des Ausfalls der Außenanlage wieder das Warnsignal WS übermittelt, wie es im Zusammenhang mit der Figur 2 erläutert wurde.

[0049] Der Auf-Sicht-Fahrweise ist vorzugsweise eine dem Schienenfahrzeug 10 bekannte Aufsichtgeschwindigkeit Vasg zugeordnet, die das Schienenfahrzeug 10 nicht überschreiten darf.

[0050] Je nach der Höhe der Aufsichtgeschwindigkeit Vasg ist der Fall denkbar, dass der von der Streckenzentrale 40 ermittelte Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) die Aufsichtgeschwindigkeit Vasg unterschreiten könnte. Für einen solchen Fall ist vorzugsweise vorgesehen, dass das Schienenfahrzeug 10 sowohl unter Einhaltung der durch den Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) definierten Höchstgeschwindigkeit als auch unter Einhaltung der Aufsichtgeschwindigkeit Vasg fahren soll, also derart, dass es unter Einhaltung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs Vmax(s) fährt, falls dieser die Aufsichtgeschwindigkeit Vasg unterschreitet, und andernfalls unter Einhaltung der Aufsichtgeschwindigkeit Vasg fährt.

[0051] Für den beispielhaften Fall, dass die Höchstgeschwindigkeitsangabe Vmax7 im Teilabschnitt T7 kleiner als die Aufsichtgeschwindigkeit Vasg ist und die Höchstgeschwindigkeitsangaben der übrigen Teilabschnitte T1-T6 höher als die Aufsichtgeschwindigkeit Vasg sind, so ergibt sich für den in der Figur 3 gezeigten Beispielfall also eine Geschwindigkeitsabfolge P gemäß

wobei die Höchstgeschwindigkeitsangabe Vmax7 für denjenigen Wegstreckenabschnitt vorgegeben wird, der dem Teilabschnitt T7 bei Fahrt auf dem unteren Fahrweg F2 entsprechen würde.

Vorteilhafte Variante zu den Sonderbetrieben erster und zweiter Art:



[0052] Die Erläuterungen im Zusammenhang mit den Figuren 1 bis 3 gehen von dem beispielhaften Fall aus, dass dem Stellwerk 30 die Weichenstellungen aller Weichen 24 und 25 unbekannt sind und die Streckenzentrale 40 alle stellbaren Fahrwege innerhalb des Gleisanlagenabschnitts 20 ermittelt und den Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) unter Heranziehung aller stellbaren Fahrwege und anhand der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangaben aller möglichen Fahrwege festlegt.

[0053] Ist dem Stellwerk 30 die Weichenstellung jedoch aller oder zumindest einer der Weichen 24 und/oder 25 des Gleisanlagenabschnitts 20 bekannt, so übermittelt sie vorzugsweise zusätzlich zu dem Warnsignal WS die bekannten Weichenstellungen mittels einer Weichenstellungsangabe WSA an die Streckenzentrale 40, wie beispielhaft die Figur 4 zeigt.

[0054] In einem solchen Falle kann die Streckenzentrale 40 diejenigen Fahrwege, die das Schienenfahrzeug 10 aufgrund der bekannten Weichenstellungen nicht befahren kann, bei der Ermittlung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs Vmax(s) ausschließen.

[0055] Ist beispielsweise die Weichenstellung der in der Figur 1 linken Weiche 24 bekannt und steht diese so, dass das Schienenfahrzeug 10 bei einer Fahrt von links nach rechts in Figur 4 den oberen Fahrweg F1 befahren muss, und ist die Weichenstellung der in der Figur 4 rechten Weiche 25 unbekannt, so muss bei einer Fahrt von links nach rechts der in der Figur 4 obere Fahrweg F1 befahren werden und die Streckenzentrale 40 kann eine Geschwindigkeitsabfolge P gemäß

erzeugen, wobei der Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) wieder in Abhängigkeit von der Wegstrecke s vorgegeben wird.

[0056] Da bei dem letztgenannten Szenario die Stellung der in der Figur 4 rechten Weiche 25 unbekannt ist, müssen bei einer Fahrt von rechts nach links jedoch weiterhin sowohl der denkbare obere Fahrweg F1 als auch der denkbare untere Fahrweg F2 berücksichtigt werden, wie oben im Zusammenhang mit den Figuren 1 bis 3 erläutert wurde, sodass sich beispielsweise für eine Fahrt von rechts nach links eine Geschwindigkeitsabfolge P ergibt gemäß



[0057] Die Figur 5 zeigt ein Ausführungsbeispiel für einen vorteilhaften Aufbau des Stellwerks 30 gemäß den Figuren 1 bis 4 näher im Detail. Das Stellwerk 30 umfasst unter anderem eine Recheneinrichtung 31 und einen Speicher 32. In dem Speicher 32 ist ein Computerprogrammprodukt CPP1 abgespeichert, das bei Ausführung durch die Recheneinrichtung 31 die Arbeitsweise der Recheneinrichtung 31 und damit die des Stellwerks 30 bestimmt oder zumindest mitbestimmt.

[0058] Das Computerprogrammprodukt CPP1 umfasst ein Stellwerkssoftwaremodul SWM1, das die herkömmliche Arbeitsweise eines Stellwerks 30 ermöglicht, also eine Arbeitsweise, wie sie für Stellwerke bekannt ist.

[0059] Das Computerprogrammprodukt CPP1 umfasst außerdem ein Sonderbetriebssoftwaremodul SWM2, das einen Sonderbetrieb des Gleisanlagenabschnitts 20, wie er oben beispielhaft erläutert wurde, ermöglicht.

[0060] Stellt das Sonderbetriebssoftwaremodul SWM2 den Ausfall der Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts 20 oder zumindest eines Ausfalls einzelner Streckenkomponenten des Gleisanlagenabschnitts 20 fest, so erzeugt es das Warnsignal WS und veranlasst dessen Übermittlung an die Streckenzentrale 40.

[0061] Darüber hinaus prüft das Sonderbetriebssoftwaremodul SWM2, ob Informationen über die jeweilige Weichenstellung der im Gleisanlagenabschnitt 20 befindlichen Weichen 24 und 25 vorliegen; ist dies der Fall, so veranlasst es die Übermittlung der Informationen über die Weichenstellungen an die Streckenzentrale 40 in Form der Weichenstellungsangabe WSA.

[0062] Die Figur 6 zeigt ein Ausführungsbeispiel für einen vorteilhaften Aufbau der Streckenzentrale 40 gemäß den Figuren 1 bis 4 näher im Detail. Die Streckenzentrale 40 umfasst unter anderem neben einer nicht gezeigten Funkeinrichtung eine Recheneinrichtung 41 und einen Speicher 42. In dem Speicher 42 ist ein Computerprogrammprodukt CPP2 abgespeichert, das bei Ausführung durch die Recheneinrichtung 41 die Arbeitsweise der Recheneinrichtung 41 und damit die der Streckenzentrale 40 bestimmt oder zumindest mitbestimmt.

[0063] Das Computerprogrammprodukt CPP2 umfasst ein Streckenzentralensoftwaremodul SWM3, das die herkömmliche Arbeitsweise einer Streckenzentrale 40 ermöglicht, also eine Arbeitsweise, wie sie für Streckenzentralen bekannt ist. Das Streckenzentralensoftwaremodul SWM3 kann beispielsweise einen ETCS (European Train Control System)-Fahrbetrieb ermöglichen und entsprechende ETCS-Funksignale aussenden.

[0064] Das Computerprogrammprodukt CPP2 umfasst außerdem ein Sonderbetriebssoftwaremodul SWM4, das einen Sonderbetrieb des Gleisanlagenabschnitts 20, wie er oben beispielhaft erläutert wurde, ermöglicht.

[0065] Liegt dem Sonderbetriebssoftwaremodul SWM4 das Warnsignal WS des Stellwerks 30 vor, so ermittelt das Sonderbetriebssoftwaremodul SWM4 den wegstreckenabhängigen Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s), wie dies oben beschrieben worden ist. Dabei berücksichtigt das Sonderbetriebssoftwaremodul SWM4 die bekannte Weichenstellung von Weichen, falls eine entsprechende Weichenstellungsangabe WSA vorliegt. Das Sonderbetriebssoftwaremodul SWM4 veranlasst die Funkübertragung, sobald der wegstreckenabhängige Höchstgeschwindigkeitsverlauf Vmax(s) ermittelt wurde.

[0066] Abschließend sei erwähnt, dass die Merkmale aller oben beschriebenen Ausführungsbeispiele untereinander in beliebiger Weise kombiniert werden können, um weitere andere Ausführungsbeispiele der Erfindung zu bilden.

[0067] Auch können alle Merkmale von Unteransprüchen jeweils für sich mit jedem der nebengeordneten Ansprüche kombiniert werden, und zwar jeweils für sich allein oder in beliebiger Kombination mit einem oder mehreren anderen Unteransprüchen, um weitere andere Ausführungsbeispiele zu erhalten.

[0068] Unabhängig vom grammatikalischen Geschlecht eines bestimmten Begriffes sind Personen mit männlicher, weiblicher oder anderer Geschlechteridentität mit umfasst.

Bezugszeichenliste



[0069] 
10
Schienenfahrzeug
20
Gleisanlagenabschnitt
21
Einfahrstelle
22
Ausfahrstelle
23
Signal
24
erste Weiche
25
zweite Weiche
26
Signalleitungen
30
Stellwerk
31
Recheneinrichtung
32
Speicher
40
Streckenzentrale
41
Recheneinrichtung
42
Speicher
CPP1
Computerprogrammprodukt
CPP2
Computerprogrammprodukt
F1
Fahrweg
F2
Fahrweg
P
Pfeilrichtung
s
Wegstrecke
SWM1
Stellwerkssoftwaremodul
SWM2
Sonderbetriebssoftwaremodul
SWM3
Streckenzentralensoftwaremodul
SWM4
Sonderbetriebssoftwaremodul
T1-T7
Teilabschnitte
Vasg
Aufsichtgeschwindigkeit
Vmax1-Vmax7
Höchstgeschwindigkeitsangabe
Vmax(s)
Höchstgeschwindigkeitsverlauf
WS
Warnsignal
WSA
Weichenstellungsangabe



Ansprüche

1. Verfahren zum Betreiben eines Schienenfahrzeugs (10) in einem Gleisanlagenabschnitt (20), der zumindest zwei Teilabschnitte (T1-T7) umfasst, im Falle eines Ausfalls einer Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts (20),
dadurch gekennzeichnet, dass

- jedem der Teilabschnitte (T1-T7) jeweils eine teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe (Vmax1-Vmax7) zugeordnet ist,

- bei fehlender oder unvollständiger Kenntnis der Weichenstellungen im Gleisanlagenabschnitt (20) befindlicher Weichen (24, 25) ermittelt wird, welche Fahrwege (F1, F2) innerhalb des Gleisanlagenabschnitts (20) das Schienenfahrzeug (10) möglicherweise befahren könnte,

- anhand der möglichen Fahrwege (F1, F2) und anhand der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangaben der zu den möglichen Fahrwegen (F1, F2) gehörenden Teilabschnitte (T1-T7) ein Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) festgelegt wird, der für die Fahrt durch den Gleisanlagenabschnitt (20) die zulässige Höchstgeschwindigkeit ab einem vorgegebenen Referenzpunkt wegstreckenabhängig, also in Abhängigkeit vom gefahrenen Abstand von dem Referenzpunkt angibt, und

- das Schienenfahrzeug (10) unter Berücksichtigung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs (Vmax(s)) betrieben wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass

- der Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) fahrwegeabhängig derart festgelegt wird, dass in keinem der zu den möglichen Fahrwegen (F1, F2) gehörenden Teilabschnitte (T1-T7) die Höchstgeschwindigkeit die jeweilige teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe (Vmax1-Vmax7) überschreitet, und/oder

- der Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) wegstreckenlängenabhängig derart festgelegt wird, dass die Höchstgeschwindigkeit an jedem Wegstreckenpunkt jeweils der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangabe (Vmax1-Vmax7) desjenigen Teilabschnitts (T1-T7) entspricht, der von allen an dem jeweiligen Wegstreckenpunkt möglicherweise befahrenen Teilabschnitten (T1-T7) die kleinste teilabschnittsindividuelle Höchstgeschwindigkeitsangabe (Vmax1-Vmax7) aufweist.


 
3. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass

- dem Schienenfahrzeug (10) mit einem vor dem Gleisanlagenabschnitt (20) oder an einer Einfahrstelle (21) in den Gleisanlagenabschnitt (20) befindlichen Signal (23) signalisiert wird, dass es unter Berücksichtigung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs (Vmax(s)) fahren wird, und

- das Schienenfahrzeug (10) nach dem Passieren des Signals (23) die Signalisierung innerhalb des Gleisanlagenabschnitts (20) befindlicher Signale ignoriert.


 
4. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass im Falle, dass das Vorhandensein weiterer Schienenfahrzeuge in dem Gleisanlagenabschnitt (20) ausgeschlossen werden kann, das Schienenfahrzeug (10) unter Einhaltung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs (Vmax(s)) betrieben wird.
 
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass im Falle, dass das Vorhandensein weiterer Schienenfahrzeuge in dem Gleisanlagenabschnitt (20) nicht ausgeschlossen werden kann, das Schienenfahrzeug (10) in einer Auf-Sicht-Fahrweise betrieben wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, dass

- der Auf-Sicht-Fahrweise eine Aufsichtgeschwindigkeit (Vasg) zugeordnet ist, die das Schienenfahrzeug (10) nicht überschreiten darf, und

- das Schienenfahrzeug (10) unter Einhaltung der durch den Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) definierten Höchstgeschwindigkeit betrieben wird, falls diese die Aufsichtgeschwindigkeit (Vasg) unterschreitet, und andernfalls unter Einhaltung der Aufsichtgeschwindigkeit (Vasg) betrieben wird.


 
7. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass

- im Falle des Ausfalls der Außenanlage ein dem Gleisanlagenabschnitt (20) zugeordnetes Stellwerk (30) ein Warnsignal (WS) an eine dem Stellwerk (30) und dem Gleisanlagenabschnitt (20) zugeordnete Streckenzentrale (40) übermittelt und

- die Streckenzentrale (40) den von der Wegstreckenlänge (s) abhängige Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) ermittelt und diesen an das Schienenfahrzeug (10) übermittelt.


 
8. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, dass

- im Falle, dass dem Stellwerk (30) die Weichenstellungen unbekannt sind, das Stellwerk (30) der Streckenzentrale (40) die Unkenntnis der Weichenstellungen mitteilt und

- die Streckenzentrale (40) alle stellbaren Fahrwege (F1, F2) innerhalb des Gleisanlagenabschnitts (20) ermittelt und den Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) unter Heranziehung aller stellbaren Fahrwege (F1, F2) und anhand der teilabschnittsindividuellen Höchstgeschwindigkeitsangaben (Vmax1-Vmax7) der zu den ermittelten möglichen Fahrwegen (F1, F2) gehörenden Teilabschnitte (T1-T7) festlegt.


 
9. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche 7 bis 8,
dadurch gekennzeichnet, dass

- im Falle, dass dem Stellwerk (30) die Weichenstellungen einer Teilgruppe an Weichen (24, 25) bekannt sind und die Weichenstellungen der übrigen Weichen (24, 25) unbekannt sind, das Stellwerk (30) der Streckenzentrale (40) die bekannten Weichenstellungen mitteilt und

- die Streckenzentrale (40) diejenigen Fahrwege (F1, F2), die das Schienenfahrzeug (10) aufgrund der bekannten Weichenstellungen nicht befahren kann, bei der Ermittlung des Höchstgeschwindigkeitsverlaufs (Vmax(s)) ausschließt.


 
10. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche 7 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Streckenzentrale (40) dem Schienenfahrzeug (10) den Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) per Funk mitteilt.
 
11. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Streckenpunkt in Abhängigkeit von der Einfahrstelle (21) in den Gleisanlagenabschnitt (20) festgelegt wird oder dieser entspricht.
 
12. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
auf den Ausfall der Außenanlage geschlossen wird, wenn zumindest eine Streckenkomponente des Gleisanlagenabschnitts (20) defekt ist oder keine Kommunikation mit zumindest einer Streckenkomponente möglich ist.
 
13. Streckenzentrale (40) für den Betrieb eines Gleisanlagenabschnitts (20), der zumindest zwei Teilabschnitte (T1-T7) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Streckenzentrale (40) dazu ausgestaltet ist,

- im Falle eines Ausfalls einer Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts (20) und bei fehlender oder unvollständiger Kenntnis der Weichenstellungen im Gleisanlagenabschnitt (20) befindlicher Weichen (24, 25) zu ermitteln, welche Fahrwege (F1, F2) innerhalb des Gleisanlagenabschnitts (20) ein in den Gleisanlagenabschnitt (20) hineinfahrendes Schienenfahrzeug (10) möglicherweise befahren könnte,

- anhand der möglichen Fahrwege (F1, F2) und anhand teilabschnittsindividueller Höchstgeschwindigkeitsangaben, die den zu den möglichen Fahrwegen (F1, F2) gehörenden Teilabschnitten (T1-T7) zugeordnet sind, einen Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) zu ermitteln, der für die Fahrt durch den Gleisanlagenabschnitt (20) die zulässige Höchstgeschwindigkeit ab einem vorgegebenen Referenzpunkt wegstreckenabhängig, also in Abhängigkeit vom gefahrenen Abstand von dem vorgegebenen Referenzpunkt angibt, und

- den Höchstgeschwindigkeitsverlauf (Vmax(s)) an das Schienenfahrzeug (10) zu übermitteln.


 
14. Stellwerk (30) für den Betrieb eines Gleisanlagenabschnitts (20), der zumindest zwei Teilabschnitte (T1-T7) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Stellwerk (30) dazu ausgestaltet ist,

- im Falle des Ausfalls einer Außenanlage des Gleisanlagenabschnitts (20) ein Warnsignal (WS) an eine dem Stellwerk (30) und dem Gleisanlagenabschnitt (20) zugeordnete Streckenzentrale (40) zu übermitteln,

- die Information über die jeweilige Weichenstellung, sofern diese bekannt ist, im Gleisanlagenabschnitt (20) befindlicher Weichen (24, 25) an die Streckenzentrale (40) zu übermitteln und

- im Falle, dass dem Stellwerk (30) die Weichenstellung ein oder mehrerer Weichen (24, 25) unbekannt ist, der Streckenzentrale (40) die Unkenntnis dieser Weichenstellungen mitzuteilen.


 
15. Anordnung mit einem Gleisanlagenabschnitt (20),
dadurch gekennzeichnet, dass
dem Gleisanlagenabschnitt (20) ein Stellwerk (30) nach Anspruch 14 und eine Streckenzentrale (40) nach Anspruch 13 zugeordnet ist.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht









Recherchenbericht