(19)
(11) EP 4 471 746 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.12.2024  Patentblatt  2024/49

(21) Anmeldenummer: 24179608.5

(22) Anmeldetag:  03.06.2024
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
G08G 5/00(2006.01)
G08G 3/00(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
G08G 5/0043; G08G 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
GE KH MA MD TN

(30) Priorität: 02.06.2023 DE 102023114580

(71) Anmelder: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
53227 Bonn-Oberkassel (DE)

(72) Erfinder:
  • Rataj, Jürgen
    38536 Meinersen (DE)

(74) Vertreter: Gramm, Lins & Partner Patent- und Rechtsanwälte PartGmbB 
Freundallee 13a
30173 Hannover
30173 Hannover (DE)

   


(54) VERFAHREN, VORRICHTUNG UND COMPUTERPROGRAMM ZUR ZUFLUSSSTEUERUNG VON VERKEHRSTEILNEHMERN


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Zuflusssteuerung von einer Mehrzahl von Verkehrsteilnehmern, die sich innerhalb eines festgelegten Verkehrsraumes auf eine kapazitätsbegrenzte Infrastruktur zubewegen, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- Bereitstellen einer zeitlichen Unterteilung des Verkehrsraumes in eine Mehrzahl von Zeitabschnitten ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur, wobei jeder Zeitabschnitt ein Zeitfenster definiert, das die Dauer bis zum Eintreffen an der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur angibt, und jedem Zeitabschnitt eine maximale Kapazität zugeordnet ist,
- Bestimmen einer Auslastungskennzahl zu einem bestimmten Zeitpunkt für jeden Zeitabschnitt in Abhängigkeit von Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer und der maximalen Kapazität des jeweiligen Zeitabschnittes, und
- Steuern der Verkehrsteilnehmer in Abhängigkeit von den Auslastungskennzahlen der Zeitabschnitte.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Zuflusssteuerung von einer Mehrzahl von Verkehrsteilnehmern, die sich innerhalb eines festgelegten Verkehrsraumes entlang einer Route auf eine kapazitätsbegrenzte Infrastruktur zubewegen.

[0002] Die Erfindung betrifft ebenso ein Computerprogramm sowie eine Vorrichtung hierzu.

[0003] Innerhalb eines Transportnetzwerkes, bei dem Verkehrsteilnehmer sich innerhalb eines Verkehrsraumes bewegen, stellen die Infrastrukturen, an denen die Verkehrsteilnehmer ihre Transportroute beginnen oder an denen die Transportroute endet, meist eine Flaschenhals dar, da diese Infrastrukturen in der Regel die Verkehrsteilnehmer nur in einer vereinzelten Form bearbeiten können. Dies bedeutet, dass die Verkehrsteilnehmer die Infrastruktur nur einzelnen verlassen oder an den Infrastrukturen nur einzelnen ankommen können.

[0004] So stellen Flughäfen, die stark frequentiert werden, einen Flaschenhals bei der Landung der Verkehrsflugzeuge als Verkehrsteilnehmer dar, da jedes Verkehrsflugzeug auf der dem Verkehrsflugzeug zugewiesenen Landebahn jeweils nur in einem gewissen Zeitfenster landen darf.

[0005] Aus diesem Grund sind bei solchen kapazitätsbegrenzten Infrastrukturen entsprechenden Maßnahmen zum Umgang mit einer Überlastung der Infrastruktur erforderlich. Je nach spezifischem System sind hier in der Praxis prinzipiell zwei voneinander verschiedene Maßnahmentypen im Umgang mit einer Überlastung denkbar. Beim ersten Typ erfolgt eine Speicherung der überzähligen Verkehrsteilnehmer, die die Infrastruktur aktuell nicht nutzen können, in einem gewissen abgegrenzten Bereich vor der Infrastruktur selbst. In der Luftfahrt geschieht dies mit sogenannten Warteschleifen oder Routenverlängerungen (z.B. Trombonen). Dies hat jedoch den Nachteil, dass durch die erforderlichen Umwege unnötig Treibstoff verbraucht wird und damit unnötige Umweltschäden und Kostenbeeinträchtigungen entstehen. Eine ähnliche Situation ergibt sich auch bei der Schifffahrt, wenn es zu einer Überlastung eines Hafens als kapazitätsbegrenzte Infrastruktur kommt. Die Schiffe müssen dann in einem gewissen Bereich vor dem Hafen, z.B. der Deutschen Bucht, auf den Zeitpunkt, an dem sie den Hafen einfahren dürfen, warten. Dieses warten ist auch in der Seefahrt mit einem unnötigen Treibstoffverbrauch und damit mit einer zusätzlichen Umweltbelastung verbunden, da zum Halten der Position in der Schifffahrt Energie erforderlich ist.

[0006] Bei dem zweiten Maßnahmen Typ wird aktiv in den Zustrom der ankommenden Verkehrsteilnehmer eingegriffen, sodass der Zufluss der Verkehrsteilnehmer an die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur hinsichtlich der Auslastung angepasst wird. Dabei erfolgt die Speicherung der überzähligen Verkehrsteilnehmer innerhalb des Zustroms auf die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur und wird somit auf die Routenstruktur verlagert. Die Steuerung basiert dabei meist auf 4D-Trajektorien, bei denen Wegpunkte zu bestimmten Zielzeiten einzuhalten sind. Eine solche Steuerung trifft jedoch in der Praxis und in einer realen Umgebung auf Störungen sowie Ungenauigkeiten in Planung und Umsetzung. Die Störungen und Ungenauigkeiten im Zustrom der Verkehrsteilnehmer führen unkorrigiert zu Schwankungen und damit wiederum zu Staus oder zu Nutzungsausfällen von Zeitlücken (Slots) auf der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur. Daher ist bei den Verkehrsteilnehmern eine ständige Kompensation von Störungen und Ungenauigkeiten erforderlich, um die Planung trotz Störungen und Ungenauigkeiten und damit den Zustrom möglichst exakt einzuhalten. Die hierzu ständig erforderlichen Korrekturen lösen ein permanentes beschleunigen und wieder abbremsen der Verkehrsteilnehmer aus, wodurch sich der Energieverbrauch sowie auch der Verschleiß erhöht. Darüber hinaus führen die zur Einhaltung der Planung erforderlichen Maßnahmen und ihre hohe Anzahl bei den Beteiligten (beispielsweise Lotsen) zu einer deutlich erhöhten Arbeitsbelastung und steigender Komplexität.

[0007] Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein verbessertes Verfahren zur Zuflusssteuerung von Verkehrsteilnehmern auf eine kapazitätsbegrenzte Infrastruktur anzugeben, dass den Nachteilen der aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren Rechnung trägt.

[0008] Die Aufgabe wird mit dem Verfahren zur Zuflusssteuerung gemäß Anspruch 1 erfindungsgemäß gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung finden sich dann in den entsprechenden Unteransprüchen.

[0009] Gemäß Anspruch 1 wird ein Verfahren zur Zuflusssteuerung von einer Mehrzahl von Verkehrsteilnehmern vorgeschlagen, die sich innerhalb eines festgelegten Verkehrsraumes auf eine kapazitätsbegrenzte Infrastruktur zubewegen. Das Verfahren umfasst dabei die folgenden Schritte umfasst:
  • Bereitstellen einer zeitlichen Unterteilung des Verkehrsraumes in eine Mehrzahl von Zeitabschnitten ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur, wobei jeder Zeitabschnitt ein Zeitfenster definiert, das die Dauer bis zum Eintreffen an der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur angibt, und jedem Zeitabschnitt eine maximale Kapazität zugeordnet ist,
  • Bestimmen einer Auslastungskennzahl zu einem bestimmten Zeitpunkt für jeden Zeitabschnitt in Abhängigkeit von Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer und der maximalen Kapazität des jeweiligen Zeitabschnittes, und
  • Steuern der Verkehrsteilnehmer in Abhängigkeit von den Auslastungskennzahlen der Zeitabschnitte.


[0010] Der festgelegte Verkehrsraum wird demnach zunächst zeitlich unterteilt, sodass sich aus den von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur eine Mehrzahl von Zeitabschnitten auf einer Zeitskala ergeben. Diese Zeitabschnitte definieren dabei ein Zeitfenster, das die Dauer bis zum Eintreffen an der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur angibt. Jedem Zeitabschnitt wird darüber hinaus eine maximale Kapazität zugeordnet. Diese Kapazität steht dabei im Verhältnis zu der maximalen Aufnahmefähigkeit der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur und ggf. der zeitlichen Entfernung des jeweiligen Zeitabschnittes zu der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur. Die maximale Kapazität kann dabei beispielsweise eine maximale Anzahl von Verkehrsteilnehmern darstellen, die sich in den jeweiligen Zeitabschnitt befinden dürfen. Denkbar ist aber auch, dass die maximale Kapazität eine Art Kennwert darstellt, die sich aus Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer ableiten lässt.

[0011] Der festgelegte Verkehrsraum umfasst dabei jene Verkehrsteilnehmer, die sich auf die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur zubewegen und somit den Zustrom an die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur bilden. Jeder Verkehrsteilnehmer kann sich dabei entlang einer individuellen Route auf die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur zubewegen.

[0012] Anschließend wird eine Auslastungskennzahl für jeden Zeitabschnitt bestimmt, um so festzustellen, wie hoch die Auslastung eines jeweiligen Zeitabschnittes in Bezug auf die im Zustrom auf die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur befindlichen Verkehrsteilnehmer ist. Die Auslastungskennzahl wird dabei in Abhängigkeit von Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer und der maximalen Kapazität des jeweiligen Zeitabschnittes bestimmt. Eine solche Positionsinformation kann beispielsweise eine prognostizierte, noch verbleibende Dauer bis zur Ankunft an der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur darstellen. Eine solche Positionsinformation stellt dabei insbesondere eine Abschätzung der Position des Verkehrsteilnehmers auf der Zeitskala dar, die ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur der Definition der Zeitabschnitte zugrunde gelegt ist. Insbesondere stellt die Positionsinformation eine noch verbleibende Flugdauer dar.

[0013] Basierend auf der Auslastungskennzahl eines jeden Zeitabschnittes werden die Verkehrsteilnehmer entsprechend gesteuert, um so eine Überbelastung der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur in der Zukunft zu vermeiden. Unter einer Steuerung der Verkehrsteilnehmer wird dabei verstanden, dass die Geschwindigkeit und/oder Route von zumindest einem Verkehrsteilnehmer variiert wird, wodurch sich der Zustrom auf die Infrastruktur ändert.

[0014] Zur Steuerung des Zustroms der Verkehrsteilnehmer auf die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur werden beim Überschreiten der Kapazität zumindest eines Zeitabschnittes entsprechende Maßnahmen ergriffen, die zur Reduktion der Auslastungskennzahl in einem oder mehreren Zeitabschnitten führt. Hierzu wird vorteilhafterweise auf Verkehrsteilnehmer im Zustrom zugegriffen, die über besonders geeignete Eigenschaften zur Umsetzung der Maßnahmen verfügen. Derartige Eigenschaften sind die Breite der Verteilung der Verkehrsteilnehmer auf der Zeitskala oder ein besonderer Status des Verkehrsteilnehmers, wie beispielsweise, dass sich der Verkehrsteilnehmer noch am Abflugflughafen befindet. Die Maßnahmen, die auf die ausgewählten Verkehrsteilnehmer anzuwenden sind, können eine Verschiebung zu beiden Seiten der Zeitskala zufolge haben. Diese führt entweder zu einer Beschleunigung oder zu einer Verzögerung des Verkehrsteilnehmers. Je nach Größe der Überschreitung der Kapazität kann ein einzelner Verkehrsteilnehmer oder können mehrere Verkehrsteilnehmer im Zustrom mit erforderlichen Maßnahmen in unterschiedlicher Stärke belegt werden. Bei diesem Vorgehen wird die Anzahl der Eingriffe in den Luftverkehr deutlich reduziert, da nicht jede Ungenauigkeit und Störung hinterher gesteuert wird.

[0015] Der Erfinder hat erkannt, dass sich in Transportsystemen mit einer kapazitätsbegrenzten Infrastruktur entsprechende Störungen und Ungenauigkeiten im Zustrom in dessen Verlauf oftmals über die Zeit selbst ausgleichen, sodass eine ständige Kompensation dieser Effekte zum überwiegenden Teil einen wirkungslosen Verbrauch von Ressourcen darstellen. Durch die zeitliche Unterteilung des Verkehrsraumes und Überwachung deren Auslastung lassen sich so diese Überkompensationseffekte vermeiden, wodurch der wirkungslose Verbrauch von Ressourcen in derartigen Transportsystemen vermieden werden kann. Durch die frühzeitige Korrektur der Verkehrsteilnehmer in Bezug auf die unterteilten Zeitabschnitte auf der Zeitskala kann die Leistungsfähigkeit der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur optimal ausgenutzt werden.

[0016] Die zeitliche Unterteilung des Verkehrsraumes kann dabei von einer elektronischen Recheneinheit bereitgestellt werden. Diese erhält als weiteren Eingangsparameter den aktuellen Zeitpunkt, an dem die Auslastungskennzahl für jeden Zeitabschnitt bestimmt werden soll. Außerdem werden Informationen bezüglich der Verkehrsteilnehmer als Eingangsparameter bereitgestellt, um so die einzelnen Verkehrsteilnehmer für die Bestimmung der Auslastungskennzahl identifizieren zu können. Dass bestimmen der Auslastungskennzahl kann dabei ebenfalls mithilfe der elektronischen Recheneinheit erfolgen. Auch das Steuern der Verkehrsteilnehmer in Abhängigkeit von der ermittelten Auslastungskennzahl der Zeitabschnitte kann dabei mithilfe der elektronischen Recheneinheit erfolgen, dem beispielsweise automatisiert Steuerkommandos an die Verkehrsteilnehmer generiert und ausgesendet werden.

[0017] Die Steuerung der Verkehrsteilnehmer in Abhängigkeit der Auslastungskennzahlen der Zeitabschnitte erfolgt dabei insbesondere derart, dass die Auslastungskennzahlen bspw. einen gewissen Schwellenwert nicht überschreiten und vorzugsweise derart, dass die Verkehrsteilnehmer innerhalb ihrer Zeitabschnitte im Wesentlichen homogen verteilt sind. Wird die Auslastungskennzahl als prozentuale Auslastung des jeweiligen Zeitabschnittes definiert, so erfolgt die Steuerung der Verkehrsteilnehmer derart, dass die Auslastungskennzahl in einem Zeitabschnitt die prozentuale Auslastung von 100 % nicht überschreitet.

[0018] Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass für jeden Verkehrsteilnehmer als Positionsinformation festgestellt wird, in welchem Zeitabschnitt sich der jeweilige Verkehrsteilnehmer zu dem bestimmten Zeitpunkt befindet, wobei die Auslastungskennzahl für den jeweiligen Zeitabschnitt in Abhängigkeit von der dem Zeitabschnitt zugeordneten maximalen Kapazität und einer auf den Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer basierenden Anzahl von Verkehrsteilnehmern im betreffenden Zeitabschnitt ermittelt wird.

[0019] In dieser recht einfachen Ausgestaltung wird für jeden Verkehrsteilnehmer zu dem bestimmten Zeitpunkt als Positionsinformation die prognostizierte Ankunftszeit auf der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur ermittelt und basierend darauf der jeweilige Verkehrsteilnehmer in den entsprechenden Zeitabschnitt zugeteilt. Die Anzahl der in einem Zeitabschnitt enthaltenen Verkehrsteilnehmer wird dann mit der dem Zeitabschnitt zugeordneten maximalen Kapazität verglichen, um festzustellen, ob die maximale Kapazität überschritten ist. Ist dies der Fall, werden entsprechende Maßnahmen ergriffen, um die Verkehrsteilnehmer durch Beschleunigen oder Abbremsen oder durch Änderung der Route auf andere Zeitabschnitte zu verteilen.

[0020] Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass für jeden Verkehrsteilnehmer als Positionsinformation eine Wahrscheinlichkeitsverteilung bereitgestellt wird, die angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich der jeweilige Verkehrsteilnehmer auf einer Zeitskala ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur zu einem gewissen Zeitpunkt befindet, wobei die Auslastungskennzahl für den jeweiligen Zeitabschnitt in Abhängigkeit von der dem Zeitabschnitt zugeordneten maximalen Kapazität und der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Verkehrsteilnehmer ermittelt wird.

[0021] Hierbei wird der Verteilung der Verkehrsteilnehmer auf die Zeitabschnitte eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zugrunde gelegt, die beschreibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich der Verkehrsteilnehmer an einem bestimmten Ort auf der Zeitskala zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Zum Untersuchungszeitpunkt kann nun festgestellt werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich der jeweilige Verkehrsteilnehmer im betrachteten Zeitabschnitt befindet, wobei durch zusammenführen aller Wahrscheinlichkeiten aller Verkehrsteilnehmer in einem betrachteten Zeitabschnitt sich die Auslastungskennzahl für den jeweiligen Zeitabschnitt bestimmen lässt.

[0022] Im Kern wird dabei für die definierten Zeitabschnitte auf der Zeitskala, ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur, eine entsprechende Auslastungskennzahl für einen ausgewählten Zeitabschnitt ermittelt, die auf dem Integral des Teils der Wahrscheinlichkeitsverteilung im betreffenden Zeitabschnitt beruht.

[0023] Gemäß einer Ausführungsform hierzu ist vorgesehen, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf stochastischen Daten über die Verkehrsteilnehmer im Zustrom auf die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur basiert oder basierend darauf ermittelt werden.

[0024] Diese stochastischen Daten können dabei auf Beobachtungen aus der Vergangenheit basieren. Aus diesem stochastischen Daten kann dann die Wahrscheinlichkeitsverteilung ermittelt werden, sodass für jeden Punkt auf der Zeitskala für den betreffenden Verkehrsteilnehmer angegeben werden kann, mit welcher Wahrscheinlichkeit er sich an einem bestimmten Punkt auf der Zeitskala zu einem gewissen Zeitpunkt befindet. Eine solche Wahrscheinlichkeitsverteilung lässt sich dabei aus Flugdaten der Vergangenheit und den damit zusammenhängenden Flugzeiten ableiten.

[0025] Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass zur Steuerung der Verkehrsteilnehmer für mindestens einen Verkehrsteilnehmer ein Steuerkommando erzeugt und an den betreffenden Verkehrsteilnehmer übertragen wird.

[0026] Solche Steuerkommandos können beispielsweise Sprachbefehle sein, die von einem Lotsen der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur oder einer anderen Infrastruktur an die betreffenden Verkehrsteilnehmer ausgegeben werden (bspw. VHF Sprechfunk). Denkbar ist aber auch, dass die Steuerkommandos digitale Datenpakete sind, die über eine digitale Funkverbindung an die betreffenden Verkehrsteilnehmer ausgesendet werden. Die Steuerkommandos werden dabei entweder automatisiert von dem jeweiligen Verkehrsteilnehmer ausgeführt oder durch den Piloten umgesetzt.

[0027] Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass mindestens ein Verkehrsteilnehmer durch Veränderung seiner Geschwindigkeit und/oder seiner Route in Abhängigkeit von den Auslastungskennzahlen der Zeitabschnitte gesteuert wird.

[0028] Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Unterteilung derart bereitgestellt wird, dass die Zeitfenster der Zeitabschnitte ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur immer größer werden.

[0029] Dadurch wird eine erhöhte Sensitivität gegenüber den Schwankungen der Anzahl der Verkehrsteilnehmer in den definierten Zeitabschnitten Zustrom bei Annäherung an die Infrastruktur erreicht.

[0030] Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Verkehrsteilnehmer Flugobjekte, insbesondere Verkehrsflugzeuge sind und die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur ein Flughafen ist und/oder dass die Verkehrsteilnehmer Schiffe sind und die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur ein Hafen ist.

[0031] Die Aufgabe wird im Übrigen auch mit dem Computerprogramm gemäß Anspruch 9 erfindungsgemäß gelöst. Die Aufgabe wird im Übrigen auch mit der Vorrichtung gemäß Anspruch 10 erfindungsgemäß gelöst.

[0032] Die Erfindung wird anhand der beigefügten Figuren beispielhaften erläutert. Es zeigen:
Figur 1
schematische Darstellung einer kapazitätsbegrenzten Infrastruktur in Form eines Flughafens;
Figur 2
schematische Darstellung der zeitlichen Unterteilung;
Figur 3
schematische Darstellung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt.


[0033] Figur 1 zeigt in einer schematisch stark vereinfachten Darstellung eine kapazitätsbegrenzte Infrastruktur 10, die im Ausführungsbeispiel der Figur 1 einen Flughafen darstellt. Die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur 10 weist dabei eine Landebahn 11 auf. Die fliegenden Verkehrsteilnehmer 20 befinden sich dabei innerhalb eines kontrollierten Verkehrsraumes 100.

[0034] In der Anflugkontrolle 12 bzw. in der den Zustrom überwachenden Instanz befindet sich hierfür eine elektronische Recheneinheit 30, die eine Zuflusssteuerung nach dem Verfahren der vorliegenden Erfindung durchführt und für den Zufluss der Verkehrsteilnehmer 20 auf die Landebahn 11 der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur 10 so steuert, dass die Notwendigkeit von Warteschleifen reduziert oder gänzlich minimiert wird. Die Anflugkontrolle ist hierbei derart weitreichend, dass ein oder mehrere ACC (Area Control Center) damit beschäftigt sind.

[0035] Figur 2 zeigt die zeitliche Unterteilung des Verkehrsraumes 100 in insgesamt vier Zeitabschnitte A1, A2, A3 und A4. Der erste Zeitabschnitt A1 befindet sich unmittelbar vor der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur 10 und erstreckt sich dabei von dieser bis zur äußeren Grenze, an der der zweite Zeitabschnitt A2 beginnt. Von daraus erstreckt sich der zweite Zeitabschnitt A2 bis zum Beginn des dritten Abschnittes A3, an den sich dann der vierte Abschnitt A4 anschließt. Es ist erkennbar, dass ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur 10 die Zeitabschnitte mit zunehmender Entfernung von der Infrastruktur 10 größer werden. Hierdurch wird das gesamte Verfahren mit zunehmenden Abstand von der Infrastruktur 10 toleranter gegenüber Schwankungen, sodass kleine Schwankungen nicht mehr sofort zu einem Eingriff in den Zustrom führt.

[0036] Jedem Zeitabschnitt An ist eine maximale Kapazität zugeordnet, die angibt, wie viele Verkehrsteilnehmer sich innerhalb dieses Zeitabschnittes befinden dürfen. Außerdem ist jedem Zeitabschnitt ein Zeitfenster zugeordnet, welches die Dauer bis zum Eintreffen an der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur 10 definiert. So kann beispielsweise dem ersten Zeitabschnitt A1 ein Zeitfenster von 0 bis 10 Minuten zugeordnet sein, während dem zweiten Zeitabschnitt A2 ein Zeitfenster von 10 bis 30 Minuten zugeordnet ist. Dem dritten Abschnitt A3 dann ein Zeitfenster von 30 bis 60 Minuten zugeordnet und dem vierten Abschnitt A4 dann ein Zeitfenster von 60 bis 120 Minuten.

[0037] Mit zunehmendem Abstand von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur 10 wird dabei bspw. für jeden Zeitabschnitt auch das Zeitfenster größer. Grundsätzlich kann dabei vorgesehen sein, dass die Kapazität, die jedem Zeitabschnitt zugeordnet ist, in Abhängigkeit von der Größe des dem jeweiligen Zeitabschnitt zugeordneten Zeitfenster gewählt wird, was wiederum auf der maximalen Leistungsfähigkeit der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur beruht.

[0038] Angenommen, auf der Landebahn 11 (Figur 1) der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur 10 kann alle 3 Minuten ein Verkehrsteilnehmer 20 landen, zu ergibt sich für ein Zeitfenster von 10 Minuten eine Leistungsfähigkeit von 3 Verkehrsteilnehmern. Für den ersten Zeitabschnitt A1, der ein Zeitfenster von 10 Minuten aufweist, beträgt somit die maximale Kapazität 3 Verkehrsteilnehmern.

[0039] Der zweite Zeitabschnitt wiederum hat eine Größe von 20 Minuten, sodass basierend auf der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur 10 insgesamt 6 Verkehrsteilnehmer enthalten sein dürfen, da innerhalb von 20 Minuten maximal 6 Verkehrsteilnehmer auf der Landebahn 11 der Infrastruktur 10 landen können.

[0040] Zu einem bestimmten Zeitpunkt, an dem sich eine Mehrzahl von Verkehrsteilnehmern 20 im Zustrom auf die Infrastruktur 10 befinden, wird nun für dieser Zeitabschnitte einer Auslastungskennzahl bestimmt, die angibt, wie ausgelastet der jeweilige Zeitabschnitt An ist. Dieser Auslastungskennzahl wird dabei anhand der maximalen Kapazität des jeweiligen Zeitabschnittes sowie einer Positionsinformation der Verkehrsteilnehmer bestimmt. Die Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer werden dabei in Bezug auf den Zustrom auf die Infrastruktur vorgegeben.

[0041] So kann in einer einfachen Umsetzung die tatsächliche Position des Verkehrsteilnehmers verwendet werden, um daraus die ungefähre Ankunftszeit an der Infrastruktur zu bestimmen. Daraus lässt sich dann die noch verbleibende Reisezeit auf der Route des Verkehrsteilnehmers bestimmen, wodurch die Einordnung in den jeweiligen Zeitabschnitt möglich wird.

[0042] Denkbar ist aber auch, dass die Auslastungskennzahl in Abhängigkeit einer Wahrscheinlichkeitsverteilung eines jeden Verkehrsteilnehmers als Positionsinformation bestimmt wird. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung gibt dabei für einen Verkehrsteilnehmer die Wahrscheinlichkeit an, mit der sich der Verkehrsteilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der Zeitskala, auf der die Zeitabschnitte unterteilt sind, befinden.

[0043] Eine solche Wahrscheinlichkeitsverteilung ist dabei für einen Verkehrsteilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt in Figur 3 gezeigt. Auf der X-Achse befindet sich die Zeitskala 40, auf der ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur 10 die einzelnen Zeitabschnitte An unterteilt sind. Auf der Y-Achse ist dabei die Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 1 abgetragen. Die in Figur 3 gezeigte Wahrscheinlichkeitsverteilung zeigt dabei die Wahrscheinlichkeit, mit der sich der Verkehrsteilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Zeitskala befindet.

[0044] Im Ausführungsbeispiel der Figur 3 hat der betreffende Verkehrsteilnehmer die höchste Wahrscheinlichkeit im ersten Drittel des dritten Zeitabschnittes A3. Danach flacht die Wahrscheinlichkeit zu beiden Seiten der Zeitskala ab.

[0045] Zu den Betrachtungszeitpunkt werden nun derartige Wahrscheinlichkeitsverteilungen für jeden betrachteten Verkehrsteilnehmer bereitgestellt. Diese Wahrscheinlichkeitsverteilungen können beispielsweise unter Verwendung von stochastischen Daten über die Verkehrsteilnehmer in der Vergangenheit erstellt werden. Dies kann beispielsweise anhand bestehender Flugrouten für jeden der Verkehrsteilnehmer definiert werden.

[0046] Zur Ermittlung einer Auslastungskennzahl basierend auf der Wahrscheinlichkeitsverteilung jedes Verkehrsteilnehmers werden nun für jeden Zeitabschnitt die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Verkehrsteilnehmer innerhalb des betrachteten Zeitabschnittes auf integriert, um so eine Auslastungskennzahl zu ermitteln. Mit anderen Worten, in einem Zeitabschnitt wird der Anteil der enthaltenen Luftfahrzeuge aus dem Integral des Teils der Wahrscheinlichkeitsverteilungen bestimmt, die dem Zeitabschnitt zugeordnet sind.

[0047] Hierdurch wird basierend auf den Wahrscheinlichkeitsverteilungen eine fiktive Anzahl von Luftfahrzeugen in den jeweiligen Zeitabschnitten bestimmt, auf deren Basis dann die Auslastungskennzahl unter Berücksichtigung der im jeweiligen Zeitabschnitt zugeordneten maximalen Kapazität bestimmt werden kann.

Bezugszeichenliste



[0048] 
10
kapazitätsbegrenzte Infrastruktur
11
Landebahn
12
Anflugkontrolle
20
Verkehrsteilnehmer
30
elektronische Recheneinheit
40
Zeitskala
An
Zeitabschnitte
100
Verkehrsraum



Ansprüche

1. Verfahren zur Zuflusssteuerung von einer Mehrzahl von Verkehrsteilnehmern (20), die sich innerhalb eines festgelegten Verkehrsraumes (100) auf eine kapazitätsbegrenzte Infrastruktur (10) zubewegen, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

- Bereitstellen einer zeitlichen Unterteilung des Verkehrsraumes (100) in eine Mehrzahl von Zeitabschnitten (An) ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur (10), wobei jeder Zeitabschnitt (An) ein Zeitfenster definiert, das die Dauer bis zum Eintreffen an der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur (10) angibt, und jedem Zeitabschnitt (An) eine maximale Kapazität zugeordnet ist,

- Bestimmen einer Auslastungskennzahl zu einem bestimmten Zeitpunkt für jeden Zeitabschnitt (An) in Abhängigkeit von Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer (20) und der maximalen Kapazität des jeweiligen Zeitabschnittes (An), und

- Steuern der Verkehrsteilnehmer (20) in Abhängigkeit von den Auslastungskennzahlen der Zeitabschnitte (An).


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass für jeden Verkehrsteilnehmer (20) als Positionsinformation festgestellt wird, in welchem Zeitabschnitt (An) sich der jeweilige Verkehrsteilnehmer (20) zu dem bestimmten Zeitpunkt befindet, wobei die Auslastungskennzahl für den jeweiligen Zeitabschnitt (An) in Abhängigkeit von der dem Zeitabschnitt (An) zugeordneten maximalen Kapazität und einer auf den Positionsinformationen der Verkehrsteilnehmer (20) basierenden Anzahl von Verkehrsteilnehmern (20) im betreffenden Zeitabschnitt (An) ermittelt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass für jeden Verkehrsteilnehmer (20) als Positionsinformation eine Wahrscheinlichkeitsverteilung bereitgestellt wird, die angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich der jeweilige Verkehrsteilnehmer (20) auf einer Zeitskala (40) ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur (10) zu einem gewissen Zeitpunkt befindet, wobei die Auslastungskennzahl für den jeweiligen Zeitabschnitt (An) in Abhängigkeit von der dem Zeitabschnitt (An) zugeordneten maximalen Kapazität und der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Verkehrsteilnehmer (20) ermittelt wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf stochastischen Daten über die Verkehrsteilnehmer (20) im Zustrom auf die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur (10) basiert oder basierend darauf ermittelt werden.
 
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur Steuerung der Verkehrsteilnehmer (20) für mindestens einen Verkehrsteilnehmer (20) ein Steuerkommando erzeugt und an den betreffenden Verkehrsteilnehmer (20) übertragen wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Verkehrsteilnehmer (20) durch Veränderung seiner Geschwindigkeit und/oder seiner Route in Abhängigkeit von den Auslastungskennzahlen der Zeitabschnitte (An) gesteuert wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Unterteilung derart bereitgestellt wird, dass die Zeitfenster der Zeitabschnitte (An) ausgehend von der kapazitätsbegrenzten Infrastruktur (10) immer größer werden.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Verkehrsteilnehmer (20) Flugobjekte, insbesondere Verkehrsflugzeuge sind und die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur (10) ein Flughafen ist und/oder dass die Verkehrsteilnehmer (20) Schiffe sind und die kapazitätsbegrenzte Infrastruktur (10) ein Hafen ist.
 
9. Computerprogramm mit Programmcodemitteln, eingerichtet zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wenn das Computerprogramm auf einer Datenverarbeitungsanlage ausgeführt wird.
 
10. Vorrichtung mit einer elektronischen Recheneinheit eingerichtet zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht