(19)
(11) EP 4 481 077 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.12.2024  Patentblatt  2024/52

(21) Anmeldenummer: 24183420.9

(22) Anmeldetag:  20.06.2024
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C22C 9/04(2006.01)
C22F 1/08(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
C22C 9/04; C22F 1/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
GE KH MA MD TN

(30) Priorität: 20.06.2023 DE 102023116139

(71) Anmelder: Sundwiger Messingwerk GmbH
58675 Hemer (DE)

(72) Erfinder:
  • Lefor, Kathrin
    58675 Hemer (DE)
  • Heide, Andreas
    58644 Iserlohn (DE)

(74) Vertreter: Bals & Vogel Patentanwälte PartGmbB 
Sendlinger Strasse 42A
80331 München
80331 München (DE)

   


(54) BLEIFREIE MESSINGLEGIERUNG


(57) Die Erfindung betrifft eine bleifreie Messinglegierung zur Verwendung für die Herstellung von Komponenten für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie sowie im Sanitärbereich, aufweisend 1 - 45 % Zink, 0,01 - 1 % Schwefel, 0,05 - 2 % Mangan, optional zu insgesamt 0,001 - 5 % ein oder mehrere weitere Elemente sowie als restlichen zu einer Summe von 100 % fehlenden Teil Kupfer.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine bleifreie Messinglegierung zur Verwendung für die Herstellung von Komponenten für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie sowie im Sanitärbereich, eine Komponente aus einer derartigen bleifreien Messinglegierung sowie ein Verfahren zur Herstellung einer bleifreien Messinglegierung.

[0002] Messinglegierungen auf Basis einer Kombination der Elemente Cu und Zn werden aufgrund ihrer hervorragenden Kombination aus Korrosionsbeständigkeit, guter thermischer und elektrischer Leitfähigkeit, Gießbarkeit, Umformbarkeit sowie Beschichtbarkeit in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt. Insbesondere die hohe Zähigkeit derartiger Kupferlegierungen ist für die Halbzeugfertigung von Stangen, Drähten und Bändern von Vorteil.

[0003] Nachteiliger Weise haben sich Messinglegierungen jedoch für die spangebende Fertigung, insbesondere für Prozesse mit kontinuierlichem Schnitt, aufgrund des späten Spanbruchs als weniger geeignet herausgestellt. Die Zerspanbarkeit eines Materials kann insbesondere im Hinblick auf die Kriterien der Zerspankraft, der Spanform, der Bauteilqualität sowie des Werkzeugverschleißes bewertet werden. Im Hinblick auf Kupferlegierungen ist hierbei gemäß dem DKI (Deutsches Kupferinstitut: "Recommended machining parameters for copper and copper alloys", DKI Monograph i.18, 2010.) die Bewertung einer Zerspanbarkeit gemäß einem Zerspanungsindex bekannt. In Europa wird für Referenzzwecke die Kupferlegierung CuZn39Pb3 verwendet, die als optimal zerspanbar gilt und daher einen definierten Zerspanbarkeitsindex von 100 aufweist. Eine abnehmende Zerspanbarkeit wird in der Regel dargestellt durch eine Verringerung des Zerspanbarkeitsindex in 10er-Schritten.

[0004] Reinkupfer weist mit einem Zerspanbarkeitsindex von 20 den geringsten gelisteten Index auf, die bleifreie Messinglegierung CuZn37 erreicht einen mittleren Zerspanbarkeitsindex von 40, das zweiphasige Messing CuZn42 einen mittleren Zerspanbarkeitsindex von 55. Im Rahmen dieser Anmeldung genannte absolute Werte bzgl. eines Zerspanungsindex bzw. eines Zerspanbarkeitsindex beziehen sich hierbei vorzugsweise auf eine Messdurchführung gemäß oder in Anlehnung an den Schlussbericht des vom WZL durchgeführten Forschungsprojektes mit genauer Erläuterung der Messung des Zerspanbarkeitsindexes: "Entwicklung einer Hochleistungszerspanung für schwerzerspanbare bleifreie Kupferknet- und -gusslegierungen: Schlussbericht der Forschungsstelle(n) Nr. 1, Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen zu dem über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages geförderten Vorhaben IGF16867 N ; (Bewilligungszeitraum: 01.01.2011) - RWTH Publications (rwth-aachen.de)"

[0005] Zur Verbesserung der Spanbarkeit ist es aus dem Stand der Technik bekannt, den Legierungen geringe Mengen (bspw.1 - 3 %) an Blei zuzusetzen. Blei ist in kupferhaltigen Legierungen unlösbar und bildet eine zweite Phase, welche den Spanbruch verursacht und damit die Spanbarkeit verbessert. Blei wird zudem eine schmierende Wirkung zugeschrieben, wodurch die Zerspankräfte sowie die Werkzeugtemperaturen und gleichermaßen die Werkzeugstandzeiten positiv beeinflusst werden.

[0006] Nachteiliger Weise ist das Element Blei jedoch aufgrund seiner Toxizität durch kontinuierlich fortschreitende gesetzliche Einschränkungen betroffen. So wurde Blei als besorgniserregender Stoff (SVHC) eingestuft, sobald ein Erzeugnis mehr als 0,1 % Blei enthält. Für Schmuckwaren oder bei Erzeugnissen für die breite Öffentlichkeit, insbesondere wenn das bleihaltige Metall von Kindern in den Mund genommen werden kann und die erlaubte Freisetzungsrate von 0,05 µg cm2 überschritten wird, dürfen Blei oder seine Verbindungen nicht verwendet oder in den Verkehr gebracht werden, sobald das Erzeugnis mehr als 0,05 % Blei enthält.

[0007] Eine weitere Verordnung, die insbesondere den Bleigehalt der im Sanitärbereich eingesetzten Cu-Zn-Werkstoffe begrenzt, ist die EU Trinkwasserverordnung (EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184), welche den Grenzwert für Blei im Trinkwasser von 10 µg/l (0,01 mg/l) auf 5 µg/l (0,005 mg/l) absenkt.

[0008] Zwar sind im Bereich der Cu-Zn-Legierungen auch bleifreie spanbare Alternativen bekannt, jedoch weisen diese Alternativen andere Nachteile auf. So ist es bspw. bekannt, Blei durch Silizium oder Bismuth zu ersetzen (siehe bspw. DE 889 984 C, GB 2 211 206 A). Eine Zulegierung von Bismuth wirkt jedoch bereits bei geringen Zusätzen versprödend, wodurch die Kaltumformbarkeit der Cu-Zn-Legierungen leidet. Eine Zulegierung von Silicium führt zur Ausbildung harter Phasen, was insbesondere problematisch für Werkzeugstandzeiten bzw. einen Werkzeugverschleiß und eine Fertigung über Stranggussverfahren ist.

[0009] Aus dem Bereich der zink- und nickelfreien Kupferlegierungen, ist bspw. aus der EP 2 625 300 B1 zudem eine bleifreie Legierung bekannt, die als Spanbrecher eine Zugabe von 0,1 - 0,8 % Schwefel und 0,1 - 0,2 % Mangan enthält. Allerdings hat sich das vorgeschlagene Verhältnis zwischen Mangan und Schwefel als nachteilig herausgestellt, insbesondere ist erkannt worden, dass das vorgeschlagene Verhältnis zwischen Mangan und Schwefel zu einer nachteiligen Kaltumformbarkeit führt. Ferner würde das vorgeschlagene Verhältnis zwischen Mangan und Schwefel bei der Verwendung von Zink zu einer Ausbildung von eutektischen Zinksulfiden führen, was sich zusätzlich zu einer nachteiligen Kaltumformbarkeit, negativ auf die Schlag- und Stoßfestigkeit des Materials auswirken würde.

[0010] Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die voranstehend genannten Nachteile bekannter Messinglegierungssysteme zumindest teilweise zu beheben. Insbesondere ist es die Aufgabe der Erfindung, ein gesundheitlich unbedenkliches Legierungssystem zur Verfügung zu stellen, dass eine hervorragende Verarbeitbarkeit, insbesondere eine verbesserte Spanbarkeit bei gegebener Kaltumformbarkeit aufweist.

[0011] Die voranstehende Aufgabe wird gelöst durch eine bleifreie Messinglegierung mit den Merkmalen des unabhängigen Anspruchs 1, ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Verfahrensanspruchs sowie einen Vorrichtungsanspruch mit den Merkmalen des Anspruchs 14. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den jeweiligen Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Legierungssystem erwähnt werden, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit der erfindungsgemäßen Komponente sowie dem erfindungsgemäßen Verfahren und umgekehrt, sodass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird bzw. werden kann.

[0012] Erfindungsgemäß ist eine bleifreie Messinglegierung zur Verwendung für die Herstellung von Komponenten für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie sowie im Sanitärbereich vorgesehen. Hierbei weist die erfindungsgemäße bleifreie Messinglegierung 1 - 45 % Zink, 0,01 -1 % Schwefel, 0,05 - 5 % Mangan, optional zu insgesamt 0,001 - 5 % ein oder mehrerer weitere Elemente sowie als restlichen zu einer Summe von 100 % fehlenden Teil Kupfer auf.

[0013] Unter einer bleifreien Messinglegierung kann im Rahmen der Erfindung vorzugsweise eine Legierung verstanden werden, die die Elemente Kupfer und Zink als Hauptbestandteile aufweist und bis auf Spuren unvermeidlicher Verunreinigungen bleifrei (< 0,1 % Pb) ist. Von den Hauptbestandteilen kann vorzugsweise Kupfer die mengenmäßig größte Komponente darstellen. Es versteht sich gegenständlich, dass neben den genannten Komponenten bzw. Elementen sowie Schwefel, Mangan und einigen optionalen Komponenten auch Spuren unvermeidlicher Verunreinigungen in der erfindungsgemäßen bleifreien Messinglegierung enthalten sein können, die vorzugsweise zu einem Anteil von < 0,5 % (in Summe) und zu < 0,2 % (für ein Element), insbesondere zu einem Anteil von < 0,2 % (in Summe) und zu < 0,1 % (für ein Element) in der Legierung enthalten sein können. Unter einer Komponente für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie können vorteilhafterweise Komponenten wie Schließzylinder, Schlüssel, Schließbeschläge, Schlösser oder Verschlüsse verstanden werden. Unter einer Komponente für den Einsatz im Sanitärbereich können vorzugsweise Rohre, Rohrverbindungen oder Armaturen oder dergleichen verstanden werden. Die angegebenen prozentualen Anteile können zudem vorteilhafterweise als Massenanteile verstanden werden.

[0014] Den nachfolgenden Ausführungen sei an dieser Stelle bereits vorangestellt, dass die Angabe der Anteile der jeweiligen Komponenten der gegenständlichen Legierung sich auf die Gesamtmenge von 100 % bezieht bzw. sich entsprechend auf 100 % summiert. Die Anteile entsprechen hierbei Gew.-%.

[0015] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist erkannt worden, dass durch die Zugabe von Schwefel und Mangan in erfindungsgemäß gezielt ausgewählten Anteilen ein Bleianteil kompensiert bzw. substituiert werden kann und ein gesundheitlich unbedenkliches Legierungssystem zur Verfügung gestellt werden kann, das eine hervorragende Verarbeitbarkeit, insbesondere eine verbesserte Spanbarkeit unter Beibehaltung der Kaltumformbarkeit aufweist.

[0016] Im Hinblick auf eine Erhöhung der Härte und Festigkeit der bleifreien Messinglegierung kann erfindungsgemäß vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass Kupfer die Hauptlegierungskomponente darstellt, wobei Kupfer vorzugsweise zu einem Anteil von > 55 %, besonders bevorzugt zu einem Anteil zwischen 55 und 80 %, insbesondere zu einem Anteil zwischen 63 und 80 % in der bleifreien Messinglegierung vorliegt.

[0017] Im Rahmen einer einfachen und vielseitigen Bearbeitbarkeit kann erfindungsgemäß vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass die bleifreie Messinglegierung in einem Stranggussverfahren bearbeitbar und herstellbar ist sowie kaltverformbar ist. Hierbei kann unter einer Kaltverformbarkeit vorzugsweise ein Verformen eines Formkörpers bei Raumtemperatur bis zu einem Umformgrad von > 40% verstanden werden, ohne dass das Material reißt oder anderweitig beschädigt wird. Neben einer Kaltverformbarkeit kann die erfindungsgemäße Legierung insbesondere dazu geeignet sein, über andere Herstellungsrouten bearbeitbar zu sein, wie einen direkten Teileguss oder eine Halbzeugfertigung über Halbzeugformen, wie Stangen, Rohre oder Drähte.

[0018] Im Hinblick auf eine gesundheitlich unbedenkliche Verwendung und eine robuste und stabile Ausführung einer bleifreien Messinglegierung mit vielseitiger Bearbeitbarkeit, kann es gegenständlich zudem von Vorteil sein, wenn die Legierung zusätzlich siliciumfrei und/oder bismutfrei und/oder nickelfrei ist. Eine Vermeidung von Silicium und Bismut dient zudem der Verhinderung einer Materialversprödung und einer Vermeidung der Bildung von Hartphasen, was sich negativ auf die Kaltumformbarkeit von Materialien bzw. einen Werkzeugverschleiß auswirkt. Siliziumhaltige Messinglegierungen sind zudem schwieriger durch einen kontinuierlichen Strangguss herstellbar. Durch eine Vermeidung von Nickel kann vorzugsweise die Verarbeitbarkeit, insbesondere die Verformbarkeit der erfindungsgemäßen Legierung verbessert werden.

[0019] Im Rahmen einer Verringerung gesundheitlicher Risiken und einer Umweltbelastung sowie einer verbesserten Verarbeitbarkeit kann vorteilhafter Weise ebenso vorgesehen sein, dass die erfindungsgemäße Legierung antimonfrei und/oder lanthanfrei ist (kein Antimon und/oder Lanthan, bzw. nur in Spuren von < 0,1 % enthält).

[0020] Im Hinblick auf eine möglichst gezielte Anpassbarkeit weiterer Materialeigenschaften der erfindungsgemäßen Legierung kann gegenständlich vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass die optional zu insgesamt 0,001 - 5 % in der bleifreien Messinglegierung enthaltenden ein oder mehreren weiteren Elemente aus der Gruppe Aluminium, Chrom, Phosphor, Tellur, Wolfram, Magnesium, Calcium, Eisen und Cer ausgewählt sind. Aluminium kann vorzugsweise zu einem Anteil von < 0,9 % in der bleifreien Messinglegierung enthalten sein, um eine Versprödung des Materials zu verhindern und eine einfache Gießbarkeit der Legierung zu gewährleisten.

[0021] Im Hinblick auf eine verbesserte Verarbeitbarkeit, insbesondere eine verbesserte Spanbarkeit bei gegebener Kaltumformbarkeit, hat sich insbesondere ein Hinzufügen der Elemente Chrom und/oder Cer und/oder Wolfram zu einem Anteil von insgesamt 0,001 - 5 % in der erfindungsgemäßen Legierung als vorteilhaft herausgestellt.

[0022] Im Hinblick auf eine einfache, schnelle und unaufwändige Bearbeitbarkeit ist es vorteilhafterweise ferner denkbar, dass die bleifreie Messinglegierung einen Zerspanbarkeitsindex von > 50 zumindest in Bezug auf eines der Kriterien Prozesskraft, Spanbildung, Bauteilqualität oder Werkzeugverschleiß, auf Basis der eingangs erwähnten Messdurchführung gemäß dem Schlussbericht des vom WZL durchgeführten Forschungsprojektes, aufweist.

[0023] Im Rahmen einer verbesserten, vorzugsweise einer vereinfachten Bearbeitbarkeit, insbesondere über ein Strangpressverfahren oder ein Kaltumformverfahren kann erfindungsgemäß vorteilhafterweise ferner vorgesehen sein, dass die Legierung einen Anteil einer M2S-Phase (wobei M = Cu und/oder Zn) von < 10 % des Volumens der sich bildenden Sulfide, vorzugsweise von < 1 % des Volumens der sich bildenden Sulfide aufweist.

[0024] Im Rahmen einer verbesserten, vorzugsweise einer vereinfachten Bearbeitbarkeit über ein Strangpressverfahren oder ein Kaltumformverfahren ist es dabei insbesondere von Vorteil, dass die Legierung Monosulfide aufweist, wobei die Monosulfide vorzugsweise zum Großteil in Form von Mangansulfid ausgebildet sind, insbesondere zu mehr als 80 % in Form von Mangansulfid ausgebildet sind. Die erfindungsgemäße Zugabe von Schwefel in Kombination mit dem definierten Gehalt an Mangan führt zu der Unterdrückung der nachteiligen zinkbasierten oder kupferbasierten Sulfide des Typs M2N und bedingt die Ausbildung kugeliger Mangansulfide, welche die Spanbarkeit verbessern und gleichermaßen die Kaltumformbarkeit des Materials nicht behindern.

[0025] Entsprechend kann im Rahmen der Erfindung vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass die Monosulfide eine kugelartige Morphologie aufweisen. So kann vorteilhafterweise eine Ausbildung eutektischer Zn-Mn-Sulfide reduziert werden, welche versprödend wirken und einer Kaltumformbarkeit entgegenwirken.

[0026] Im Hinblick auf ein vorteilhaftes Verhältnis zwischen Schwefel und Mangan zur Verbesserung der Kaltumformbarkeit und Spanbarkeit kann hierbei vorzugsweise vorgesehen sein, dass der Mangangehalt in der Legierung mehr als das Dreifache des Schwefelgehalts beträgt, vorzugsweise mehr als das Vierfache.

[0027] Darüber hinaus kann zur Erhöhung der Härte und Festigkeit der bleifreien Messinglegierung vorgesehen sein, dass der Zinkgehalt 5 bis 38 % und/oder der Kupfergehalt 55 bis 95 %, vorzugsweise 63 bis 95 % beträgt.

[0028] Vorteilhafterweise kann die erfindungsgemäße Messinglegierung eine - im Vergleich zu einer einphasigen Messinglegierung - verbesserte Spanbarkeit (zumindest im Hinblick auf das Kriterium der Prozesskraft, d.h. eine geringere anzuwendende Prozesskraft) aufweisen.

[0029] Im Hinblick auf eine signifikante Verbesserung der Zerspanbarkeit der gegenständlichen bleifreien Messinglegierung kann vorteilhafterweise ferner vorgesehen sein, dass Schwefel zu 0,05 bis 0,5 % in der bleifreien Messinglegierung enthalten ist.

[0030] Mangan kann ferner vorteilhafterweise zu einem Anteil von 0,2 bis 2 % in der erfindungsgemäßen Neusilberlegierung enthalten sein.

[0031] Im Rahmen einer hohen Homogenität, einer hohen Dichte (geringen Porösität), einer hohen Festigkeit und Zähigkeit des gegenständlichen Legierungsmaterials sowie einer geringen Menge an Verunreinigungen kann vorteilhafter Weise ferner vorgesehen sein, dass die erfindungsgemäße Messinglegierung in Form einer Schmelzflusslegierung ausgebildet ist. Unter einer Schmelzflusslegierung kann hierbei insbesondere eine Legierung verstanden werden, die über ein Schmelzflussverfahren hergestellt wird.

[0032] Ebenfalls Gegenstand der Erfindung ist ferner eine Komponente aus einer voranstehend beschriebenen bleifreien Messinglegierung für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie oder im Sanitärbereich. Damit bringt die erfindungsgemäße Komponente die gleichen Vorteile mit sich, wie sie bereits ausführlich in Bezug auf die erfindungsgemäße bleifreie Messinglegierung beschrieben worden sind.

[0033] Ebenfalls Gegenstand der Erfindung ist ferner ein Verfahren zur Herstellung einer bleifreien Messinglegierung, vorzugsweise einer voranstehend beschriebenen bleifreien Messinglegierung. Hierbei umfasst das erfindungsgemäße Verfahren die Schritte eines Vermischens der nachfolgenden Legierungskomponenten gemäß den angegebenen Anteilen zur Herstellung eines Komponentengemisches: 1 - 45 % Zink, 0,01 -1 % Schwefel, 0,05 - 5 % Mangan, optional zu insgesamt 0,001 - 5 % ein oder mehrere weitere Elemente sowie als restlichen zu einer Summe von 100 % fehlenden Teil Kupfer, eines Erhitzens des Komponentengemisches zum Verschmelzen der Komponenten sowie eines Abkühlens der verschmolzenen bleifreien Messinglegierung. Damit bringt das erfindungsgemäße Verfahren die gleichen Vorteile mit sich, wie sie bereits ausführlich in Bezug auf die erfindungsgemäße bleifreie Messinglegierung bzw. die voranstehend beschriebene Komponente beschrieben worden sind. Es versteht sich vorliegend, dass einzelne, mehrere oder alle obligatorischen und/oder optionalen Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens in der vorgeschlagenen Reihenfolge, aber auch abweichend von der vorgeschlagenen Reihenfolge ausgeführt werden können. Hierbei können einzelne, mehrere oder alle obligatorischen und/oder optionalen Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens insbesondere wiederholt, bspw. zyklisch wiederholt ausgeführt werden. Es versteht sich ferner, dass einzelne, mehrere oder alle der obligatorischen und optionalen Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens gegenständlich auch zumindest teilweise automatisch bzw. automatisiert und/oder selbstlernend ausgeführt werden können, insbesondere durch einen Computer implementiert werden können.

[0034] Im Hinblick auf ein effektives Erhitzen der vermischten Legierungskomponenten zum Verschmelzen der Komponenten kann gegenständlich ferner vorgesehen sein, dass die Legierung über ein Schmelzflussverfahren oder ein Sinterverfahren hergestellt wird. Unter einem Schmelzflussverfahren kann insbesondere ein Urformen aus einer Schmelze verstanden werden. Ein Schmelzflussverfahren kann sich hierbei insbesondere im Hinblick auf eine hohe Homogenität, eine hohe Dichte (geringe Porösität) sowie eine hohe Festigkeit und Zähigkeit eines Legierungsmaterials anbieten. Zudem können Verunreinigungen bei einem Schmelzflussverfahren in der Regel sehr effizient entfernt werden.

[0035] Im Rahmen einer geeigneten Weiterverarbeitung bzw. Bearbeitung von der gegenständlichen bleifreien Messinglegierung zur Herstellung von Komponenten für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie sowie im Sanitärbereich kann erfindungsgemäß vorteilhafterweise ferner vorgesehen sein, dass die Legierung nach einer Herstellung mittels eines Strangpressverfahrens und/oder mittels eines Kaltumformverfahrens weiterverarbeitet wird.

[0036] Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter teilweise erfolgender Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung im Einzelnen beschrieben sind. Hierbei können die in den Ansprüchen und in der Beschreibung erwähnten Merkmale jeweils einzeln für sich oder in beliebiger Kombination erfindungswesentlich sein.

[0037] Es zeigt:
Fig. 1
eine schematische Darstellung der einzelnen Schritte eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung einer erfindungsgemäßen bleifreien Messinglegierung.


[0038] Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung der einzelnen Schritte eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung einer bleifreien Messinglegierung.

[0039] Wie gemäß Fig. 1 zu erkennen ist, umfasst das erfindungsgemäße Verfahren die Schritte eines Vermischens 100 der nachfolgenden Legierungskomponenten gemäß den angegebenen Anteilen zur Herstellung eines Komponentengemisches: 1 - 45 % Zink, 0,01 -1 % Schwefel, 0,05 - 5 % Mangan, optional zu insgesamt 0,001 - 5 % ein oder mehrere weitere Elemente sowie als restlichen zu einer Summe von 100 % fehlenden Teil Kupfer, eines Erhitzens 200 des Komponentengemisches zum Verschmelzen der Komponenten sowie eines Abkühlens 300 der verschmolzenen bleifreien Messinglegierung.

[0040] Die Legierung kann hierbei bspw. über einen Schmelzflussverfahren oder ein Sinterverfahren hergestellt werden.

[0041] Darüber hinaus kann die Legierung nach einer Herstellung mittels eines Strangpressverfahrens und/oder mittels eines Kaltumformverfahrens weiterverarbeitet werden.

Ausführungsbeispiele:



[0042] Im Folgenden sind in der Tabelle 1 abschließend einige beispielhafte Zusammensetzungen für eine erfindungsgemäße bleifreie Messinglegierung aufgeführt. Die angegebenen Verhältnisse sind hierbei als Gewichtsanteile zu verstehen. Das "R" in der Spalte für Kupfer steht für Rest bzw. den restlichen Anteil.
Tabelle 1
Nr. Zn S Mn Al Cr P Te W Mg Ca Cu
1 5 0,05 0,25 0,003 - 0,003 - 0,002 0,02   R
2 28 0,2 1 - 0,5 - 0,02 0,002 - 0,002 R
3 25 0,5 2,5 - - - - - 0,5   R
4 10 0,15 0,8 0,01 - 0,005 - 0,5   0,5 R
5 32 0,9 4,5 0,002 - - 0,5 0,001     R
6 36 1 5 0,5 0,01 0,001 0,001 - -   R
7 42 0,3 1,5 0,001 - 0,002 - - - 0,01 R


[0043] Die voranstehende Erläuterung der Ausführungsformen beschreibt die vorliegende Erfindung ausschließlich im Rahmen von Beispielen. Selbstverständlich können einzelne Merkmale der Ausführungsformen, sofern technisch sinnvoll, frei miteinander kombiniert werden, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

[0044] Mittels der voranstehend aufgeführten bleifreien Messinglegierung ist es insbesondere möglich, ein gesundheitlich unbedenkliches Material zur Herstellung von Komponenten für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie sowie im Sanitärbereich zur Verfügung zu stellen, das eine einfache Verarbeitbarkeit aufweist, insbesondere eine hervorragende Kaltumformbarkeit und Spanbarkeit aufweist.

Bezugszeichenliste



[0045] 
100
Vermischen der Legierungskomponenten zur Herstellung eines Komponentengemisches
200
Erhitzen des Komponentengemisches zum Verschmelzen der Komponenten
300
Abkühlen der verschmolzenen bleifreien Messinglegierung



Ansprüche

1. Bleifreie Messinglegierung zur Verwendung für die Herstellung von Komponenten für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie sowie im Sanitärbereich, aufweisend:

- 1 - 45 % Zink,

- 0,01 -1 % Schwefel,

- 0,05 - 5 % Mangan,

- optional zu insgesamt 0,001 - 5 % ein oder mehrere weitere Elemente,

- sowie als restlichen zu einer Summe von 100 % fehlenden Teil Kupfer.


 
2. Bleifreie Messinglegierung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass Kupfer die Hauptlegierungskomponente darstellt, wobei Kupfer vorzugsweise zu einem Anteil von > 55 %, besonders bevorzugt zu einem Anteil zwischen 55 und 80 %, insbesondere zu einem Anteil von > 63 % in der bleifreien Messinglegierung vorliegt.
 
3. Bleifreie Messinglegierung nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass die bleifreie Messinglegierung in einem Stranggussverfahren herstellbar und/oder bearbeitbar ist und kaltverformbar ist.
 
4. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung siliciumfrei und/oder bismutfrei und/oder nickelfrei ist.
 
5. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung antimonfrei und/oder lanthanfrei ist.
 
6. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die optional zu insgesamt 0,001 - 5 % in der bleifreien Messinglegierung enthaltenden ein oder mehreren weiteren Elemente aus der Gruppe Aluminium, Chrom, Eisen, Calcium, Cer, Phosphor, Tellur, Wolfram, Magnesium ausgewählt sind.
 
7. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die bleifreie Messinglegierung einen Zerspanbarkeitsindex von > 50 aufweist.
 
8. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung einen Anteil einer M2S-Phase, wobei M = Cu und/oder Zn, von < 10 % des Volumens der sich bildenden Sulfide, vorzugsweise von < 1 % des Volumens der sich bildenden Sulfide aufweist.
 
9. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung Monosulfide aufweist, wobei die Monosulfide vorzugsweise zum Großteil in Form von Mangansulfid ausgebildet sind, insbesondere zu mehr als 80 % in Form von Mangansulfid ausgebildet sind.
 
10. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Monosulfide eine kugelartige Morphologie aufweisen.
 
11. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Mangangehalt in der Legierung mehr als das Dreifache des Schwefelgehalts beträgt, vorzugsweise mehr als das Vierfache und/oder dass der Zinkgehalt 5 bis 38 % und/oder der Kupfergehalt 55 bis 95 %, vorzugsweise 63 bis 95 % beträgt.
 
12. Bleifreie Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass Schwefel zu > 0,05 %, vorzugsweise zu 0,06 bis 0,5 % in der bleifreien Messinglegierung enthalten ist.
 
13. Komponente aus einer bleifreien Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche für den Einsatz in der Schloss- und Schlüsselindustrie oder im Sanitärbereich.
 
14. Verfahren zur Herstellung einer bleifreien Messinglegierung, vorzugsweise einer bleifreien Messinglegierung nach einem der vorangehenden Ansprüche, aufweisend die Schritte:

- Vermischen (100) der nachfolgenden Legierungskomponenten gemäß den angegebenen Anteilen zur Herstellung eines Komponentengemisches: 1 - 45 % Zink, 0,01 -1 % Schwefel, 0,05 - 5 % Mangan, optional zu insgesamt 0,001 - 5 % ein oder mehrere weitere Elemente sowie als restlichen zu einer Summe von 100 % fehlenden Teil Kupfer,

- Erhitzen (200) des Komponentengemisches zum Verschmelzen der Komponenten,

- Abkühlen (300) der verschmolzenen bleifreien Messinglegierung.


 
15. Verfahren nach Anspruch 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung über einen Schmelzflussverfahren oder ein Sinterverfahren hergestellt wird und/oder dass die Legierung nach einer Herstellung mittels eines Strangpressverfahrens und/oder mittels eines Kaltumformverfahrens weiterverarbeitet wird.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur