(19)
(11) EP 4 495 524 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.01.2025  Patentblatt  2025/04

(21) Anmeldenummer: 23020349.9

(22) Anmeldetag:  18.07.2023
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
F25J 3/04296; F25J 3/04412; F25J 3/04678; F25J 3/04642; F25J 3/04727; F25J 3/04745; F25J 3/04084; F25J 3/0409; F25J 2215/30; F25J 2215/32; F25J 2245/50; F25J 2245/42; F25J 2245/02; F25J 2200/32; F25J 2200/34; F25J 2200/94; F25J 3/04175; F25J 3/04872; F25J 2240/04; F25J 2230/24; F25J 2230/40; F25J 3/04054; F25J 3/04393; F25J 3/04963; F25J 3/04957; F25J 3/04303; F25J 2200/52; F25J 3/04387; F25J 2240/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Linde GmbH
82049 Pullach (DE)

(72) Erfinder:
  • Otte, Daniel
    82049 Pullach (DE)
  • Golubev, Dimitri
    82049 Pullach (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde GmbH Intellectual Property EMEA Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR TIEFTEMPERATURZERLEGUNG VON LUFT MIT GEWINNUNG EINES KRYPTON-XENON-KONZENTRATS


(57) Bei dem Verfahren der Erfindung handelt es sich um einen Hochdruckprozess zur Tieftemperaturzerlegung von Luft unter Verwendung einer Luftzerlegungsanlage, die ein Destillationssystem zur Stickstoff-Sauerstofftrennung mit einer Mitteldruckkolonne (15) und einer Niederdruckkolonne (17) und außerdem eine Kr-Xe-Anreicherungskolonne (40). Ein erster Teil (71, 13) des Hochdruckeinsatzluftstroms (7) wird arbeitsleistend entspannt (13) und in die Mitteldruckkolonne (15) eingeleitet. Der Sumpfverdampfer (47) der Anreicherungskolonne (40) wird mit einer Zwischenfraktion (48) beheizt, die gasförmig aus der der Mitteldruckkolonne (15) entnommen wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung gemäß den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche.

[0002] Die Herstellung von Luftprodukten in flüssigem oder gasförmigem Zustand durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in Luftzerlegungsanlagen ist bekannt und beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH, 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification", beschrieben. Sofern nicht ausdrücklich abweichend definiert, besitzen die nachfolgend verwendeten Begriffe den in der Fachliteratur üblichen Bedeutungsgehalt.

[0003] Zur Luftzerlegung können bekanntermaßen sogenannte Haupt(luft)verdichter/Nachverdichter-Verfahren (Main Air Compressor/Booster Air Compressor, MAC/BAC) oder sogenannte Hochluftdruck-Verfahren (High Air Pressure, HAP) eingesetzt werden. Bei den Hauptluftverdichter/Nachverdichter-Verfahren handelt es sich um die eher konventionelleren Verfahren, Hochluftdruck-Verfahren kommen zunehmend in jüngerer Zeit als Alternativen zum Einsatz. Auf die weiteren Erläuterungen unten wird verwiesen. Abhängig von der Produktkonfiguration weisen Hochluftdruck-Verfahren generell bestimmte Vorteile auf, insbesondere eine relativ geringe Anzahl an drehenden Maschinen und damit geringeren Baukosten. Bei der Erfindung handelt es sich in der Regel um ein Zweisäulenverfahren zur Luftzerlegung, gegebenenfalls mit angeschlossener Argonsäule. Solche Prozesse werden üblicherweise mit möglichst niedrigem Druck in der Einsatzluft betrieben, das heißt die Gesamtluft wird lediglich auf etwa Mitteldruckkolonnendruck (das erste Druckniveau) verdichtet. Abweichend davon wird bei dem HAP-Verfahren der Erfindung die Gesamtluft auf einen Druck verdichtet, der mindestens 4 bar oberhalb des Druckniveaus der Mitteldruckkolonne liegt. (Alle Kolonnendrücke beziehen sich auf den Kopf der Kolonne, sofern im Folgenden nichts Anderes gesagt ist.)

[0004] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, auch Krypton und Xenon aus der Einsatzluft auszuschleusen.

[0005] Diese Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale der unabhängigen Patentansprüche gelöst.

[0006] Allgemeines Fachwissen zur Gewinnung eines Krypton-Xenon-Konzentrats ist ebenfalls der Monografie von Häring, Industrial Gases Processing, Wiley-VCH, 2006 zu entnehmen, nämlich dem Abschnitt 3.3 "Recovery of Krypton and Xenon". Dazu ist es üblich, aus einer Niederdruckkolonne eine flüssige Sauerstofffraktion zu entnehmen und einer luftbeheizten Kr-Xe-Anreicherungskolonne zuzuleiten, an deren Sumpf ein Kr-Xe-Konzentrat entnommen wird. Dieses Konzentrat wird üblicherweise am Ort der Luftzerlegungsanlage in einem Tank gesammelt und von Zeit zu Zeit zu einer Aufbereitungsanlage transportiert, in der reines Krypton und reines Xenon produziert werden. Grundsätzlich kann die Aufarbeitung auch am Ort der Luftzerlegungsanlage erfolgen, zum Beispiel, wenn Kr-Xe-Konzentrate auf weiteren, eventuell benachbarten Luftzerlegungsanlagen zur Verfügung steht. Grundsätzlich könnte man diese Art der Krypton-Xenon-Gewinnung auch an einer HAP-Anlage durchführen, das heißt die Kr-Xe-Kolonne mit einem Luftstrom ausheizen. Allerdings steht bei einem HAP-System oftmals kein rein gasförmiger Luftstrom zur Verfügung, weil auch die Turbinenluft, die in den Sumpf der Mitteldruckkolonne geführt wird, bereits eine gewisse Menge, zum Beispiel 5 mol-% oder mehr, Flüssigkeit enthält. Dies macht den Anschluss einer üblichen Krypton-Xenon-Anreicherung an eine HAP-Anlage ineffizient und führt zu Schwierigkeiten bei der Regelung des Sumpfverdampfers der Kr-Xe-Anreicherungssäule. Bislang wurde bei HAP-Prozessen (genauso wie MAC-BAC-Prozessen) als Heizmedium des Kr-Xe-Aufkochers die hauptsächlich gasförmige Luft des Einsatzes der Mitteldruckkolonne verwendet. Dies ist jedoch a) energetisch nicht optimal und kann b) zu Betriebsproblemen in der Regelung des Kr-Xe-Aufkochers führen.

[0007] Im Rahmen der Erfindung hat sich überraschenderweise herausgestellt, dass die Verwendung einer gasförmigen Zwischenfraktion aus der Mitteldruckkolonne, die einen moderaten Sauerstoffgehalt aufweist, nicht nur die oben geschilderten Probleme vermeidet, sondern sogar zu einer Energieeinsparung von etwa 1 % für die Gesamtanlage durch Verbesserung der Sauerstoff-Produktausbeute führt; auch wird die Belastung des Sauerstoffabschnitts der Niederdrucksäule verringert. Außerdem treten mangels eines zweiphasigen Heizmediums keine besonderen Probleme bei der Regelung des Kr-Xe-Sumpfverdampfers auf. Ferner kann die Kr-Xe-Anreicherungskolonne auf einer geodätisch höheren Position angeordnet werden, was die Einleitung des kondensierten Heizmediums in die Niederdruckkolonne einfacher macht. Insgesamt ergibt sich damit ein HAP-Verfahren, in dem auf wirtschaftliche Weise auch Krypton und Xenon abgetrennt werden können.

[0008] Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche und der nachfolgenden Beschreibung.

[0009] Es werden zunächst weitere Grundlagen der Erfindung näher erläutert und zur Beschreibung der Erfindung verwendete Begriffe definiert.

[0010] So soll sich der Begriff Luftprodukt hier insbesondere auf ein Fluid beziehen, das zumindest teilweise durch Tieftemperaturzerlegung von atmosphärischer Luft bereitgestellt wird. Ein Luftprodukt gemäß dem hier zugrundeliegenden Verständnis weist ein oder mehrere in der atmosphärischen Luft enthaltene Luftgase in einer abweichenden Zusammensetzung als in der atmosphärischen Luft auf. Ein Luftprodukt kann grundsätzlich in gasförmigem, flüssigem oder überkritischem Zustand vorliegen oder bereitgestellt werden und von einem dieser Aggregatzustände in einen anderen überführt werden. Insbesondere kann ein flüssiges Luftprodukt durch Erwärmen auf einem bestimmten Druck in den gasförmigen Zustand überführt (verdampft) oder in den überkritischen Zustand überführt (pseudoverdampft) werden, je nachdem, ob der Druck bei der Erwärmung unterhalb oder oberhalb des kritischen Drucks liegt. Ist nachfolgend von einem "Verdampfen" die Rede, soll dies auch eine entsprechende Pseudoverdampfung einschließen.

[0011] Luftzerlegungsanlagen weisen Rektifikationskolonnenanordnungen auf, die unterschiedlich ausgestaltet sein können. Neben Rektifikationskolonnen (Destillationssystemen) zur Gewinnung von Stickstoff und/oder Sauerstoff in flüssigem und/oder gasförmigem Zustand, also Rektifikationskolonnen zur Stickstoff-SauerstoffTrennung, die insbesondere in einer bekannten Doppelkolonne zusammengefasst sein können, können Rektifikationskolonnen zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten, insbesondere von Edelgasen, oder von Reinsauerstoff vorgesehen sein.

[0012] Die Rektifikationskolonnen typischer Rektifikationskolonnenanordnungen werden auf unterschiedlichen Druckniveaus betrieben. Bekannte Doppelkolonnen weisen eine sogenannte Mitteldruckkolonne (auch als Hochdruckkolonne, Druckkolonne oder untere Kolonne bezeichnet) und eine sogenannte Niederdruckkolonne (obere Kolonne) auf. Die Hochdruckkolonne wird typischerweise in einem Druckbereich von 4 bis 7 bar, insbesondere auf ca. 5,3 bar, betrieben, die Niederdruckkolonne dagegen in einem Druckbereich von typischerweise 1 bis 2 bar, insbesondere bei ca. 1,4 bar.

[0013] In Luftzerlegungsanlagen kommen zur Verdichtung der Einsatzluftmenge mehrstufige Turboverdichter zum Einsatz, die hier als Hauptluftverdichter bezeichnet werden. Der mechanische Aufbau von Turboverdichtern ist dem Fachmann grundsätzlich bekannt. In einem Turboverdichter erfolgt die Verdichtung des zu verdichtenden Mediums mittels Turbinenschaufeln, die auf einem Turbinenrad oder direkt auf einer Welle angeordnet sind. Ein Turboverdichter bildet dabei eine bauliche Einheit, die jedoch bei einem mehrstufigen Turboverdichter mehrere Verdichterstufen aufweisen kann. Eine Verdichterstufe umfasst dabei in der Regel ein Turbinenrad oder eine entsprechende Anordnung von Turbinenschaufeln. Alle dieser Verdichterstufen können von einer gemeinsamen Welle angetrieben werden. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, die Verdichterstufen gruppenweise mit unterschiedlichen Wellen anzutreiben, wobei die Wellen auch über Getriebe miteinander verbunden sein können.

[0014] Der Hauptluftverdichter zeichnet sich ferner dadurch aus, dass durch diesen die gesamte in die Rektifikationskolonnenanordnung eingespeiste und zur Herstellung von Luftprodukten verwendete Luftmenge, also die gesamte Einsatzluftmenge, verdichtet wird. Entsprechend kann auch ein Nachverdichter vorgesehen sein, in dem aber nur ein Teil der im Hauptluftverdichter verdichteten Einsatzluftmenge auf einen nochmals höheren Druck gebracht wird. Auch dieser kann als Turboverdichter ausgebildet sein. Zur Verdichtung von Teilluftmengen sind typischerweise weitere Turboverdichter vorgesehen, die auch als Booster bezeichnet werden, im Vergleich zu dem Hauptluftverdichter oder dem Nachverdichter jedoch typischerweise nur eine Verdichtung in relativ geringem Umfang, insbesondere bezogen auf die verdichtete Luftmenge, vornehmen. Auch in einem Hochluftdruck-Verfahren (s.u.) kann ein Nachverdichter vorhanden sein, dieser verdichtet jedoch eine Teilmenge der Einsatzluftmenge dann ausgehend von einem höheren Druck. Der Nachverdichter kann im Warmen oder auch als Kaltverdichter betrieben werden.

[0015] Unter einem Kaltverdichter bzw. Kaltbooster soll hier ein Verdichter bzw. Booster verstanden werden, dem Fluid auf einer Temperatur in einem Temperaturbereich deutlich unterhalb der Umgebungstemperatur der Luftzerlegungsanlage, insbesondere bei einer Temperatur von weniger als -50 °C oder -100 °C und insbesondere mehr als -150 °C oder -200 °C zugeführt wird. Einem Warmverdichter bzw. Warmbooster wird dagegen Fluid auf einer Temperatur in einem Temperaturbereich von mehr als -30 °C, 0 °C, 20 °C oder 50 °C und insbesondere bis zu 100 °C oder 200 °C zugeführt.

[0016] An mehreren Stellen in Luftzerlegungsanlagen kann ferner Luft entspannt werden, wozu unter anderem Entspannungsmaschinen in Form von Turboexpandern, hier auch als Entspannungsturbinen oder kurz Turbinen bezeichnet, zum Einsatz kommen können. Turboexpander können auch mit Turboverdichtern gekoppelt sein und diese antreiben. Werden ein oder mehrere Turboverdichter ohne extern zugeführte Energie, d.h. nur über einen oder mehrere Turboexpander, angetrieben, wird für eine derartige Anordnung auch der Begriff Turbinenbooster verwendet. In einem Turbinenbooster sind der Turboexpander (die Entspannungsturbine) und der Turboverdichter (der Booster) mechanisch gekoppelt, wobei die Kopplung drehzahlgleich (beispielsweise über eine gemeinsame Welle) oder drehzahlunterschiedlich (beispielsweise über ein zwischengeschaltetes Getriebe) erfolgen kann. Ist hier von einer Turbineneinheit die Rede, soll hierunter insbesondere eine Anordnung mit wenigstens einer Entspannungsturbine verstanden werden.

[0017] Hauptluftverdichter/Nachverdichter-Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass nur ein Teil der der Rektifikationskolonnenanordnung insgesamt zugeführten Einsatzluftmenge auf ein Druckniveau verdichtet wird, das wesentlich, d.h. um mindestens 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar, oberhalb des Druckniveaus der Druckkolonne, und damit über dem höchsten in der Rektifikationskolonnenanordnung verwendeten Druckniveau, liegt. Ein weiterer Teil der Einsatzluftmenge wird lediglich auf das Druckniveau der Druckkolonne oder höchstens auf ein Druckniveau, das sich um nicht mehr als 1 bis 2 bar hiervon unterscheidet, verdichtet, und auf diesem ohne Entspannung in die Druckkolonne eingespeist. Ein Beispiel für ein derartiges Hauptluftverdichter/Nachverdichter-Verfahren ist bei Häring (s.o.) in Figur 2.3A gezeigt.

[0018] Bei einem Hochluftdruck-Verfahren wird hingegen typischerweise die gesamte der Rektifikationskolonnenanordnung insgesamt zugeführte Einsatzluftmenge auf ein Druckniveau verdichtet, das wesentlich, d.h. um 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar oder mehr oberhalb des Druckniveaus der Druckkolonne und damit über dem höchsten in der Rektifikationskolonnenanordnung verwendeten Druckniveau, liegt. Der Druckunterschied kann beispielsweise bis zu 14, 16, 18 oder 20 bar oder mehr betragen. Hochluftdruck-Verfahren sind vielfach beschrieben worden und beispielsweise aus der EP 2 980 514 A1 und der EP 2 963 367 A1 bekannt.

[0019] Hochluftdruck-Verfahren kommen typischerweise mit der sogenannten Innenverdichtung (IV, Internal Compression, IC) zum Einsatz. Bei der Innenverdichtung wird wenigstens ein gasförmiges, druckbeaufschlagtes Luftprodukt, das mittels der Luftzerlegungsanlage bereitgestellt wird, dadurch gebildet, dass der Rektifikationskolonnenanordnung ein tiefkaltes, flüssiges Luftprodukt entnommen, einer Druckerhöhung auf einen Produktdruck unterworfen, und auf dem Produktdruck durch Erwärmen in den gasförmigen oder überkritischen Zustand überführt wird. Beispielsweise können mittels Innenverdichtung gasförmiger, druckbeaufschlagter Sauerstoff (GOX IV, GOX IC) gasförmiger, druckbeaufschlagter Stickstoff (GAN IV, GAN IC) und/oder gasförmiges, druckbeaufschlagtes Argon (GAR IV, GAR IC) erzeugt werden. Die Innenverdichtung bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber einer alternativ ebenfalls möglichen externen Verdichtung und ist z.B. bei Häring (s.o.) in Abschnitt 2.2.5.2, "Internal Compression", erläutert.

[0020] In typischen Luftzerlegungsanlagen sind zur Kälteerzeugung und Verflüssigung von Stoffströmen an unterschiedlichen Stellen entsprechende Entspannungsturbinen vorhanden. Hierbei handelt es sich insbesondere um Claude-Turbinen und Lachmann-Turbinen sowie ggf. um Joule-Thomson-Turbinen. Zur Funktion und zum Zweck entsprechender Turbinen wird auf die Fachliteratur, beispielsweise F.G. Kerry, Industrial Gas Handbook: Gas Separation and Purification, CRC Press, 2006, insbesondere die Abschnitte 2.4, "Contemporary Liquefaction Cycles", 2.6, "Theoretical Analysis of the Claude Cycle" und 3.8.1, "The Lachmann Principle", verwiesen.

[0021] Bekannt sind insbesondere Hochluftdruck-Verfahren, in denen die erwähnten Lachmann-Turbinen eingesetzt werden. Die in einer Lachmannturbine entspannte Luft wird in die Niederdruckkolonne eingespeist (eingeblasen), weshalb diese auch als Einblaseturbine (engl. auch Upper Column Expander) bezeichnet wird. Die Lachmannturbine kann dabei als weitere Turbineneinheit neben einer Turbineneinheit, mittels derer gasförmige Druckluft in die Druckkolonne entspannt wird, also einer Claude-Turbine, bereitgestellt sein.

[0022] Der Begriff der eingeblasenen Luftmenge bezieht sich auf die mit einer typischen Lachmann-Turbine (Einblaseturbine) entspannte und in die Niederdruckkolonne eingespeiste (eingeblasene) Druckluft. Die auf diese Weise in die Niederdruckkolonne entspannte Luft stört die Rektifikation, weshalb die Menge der in der Einblaseturbine entspannbaren Luft und damit die für eine entsprechende Anlage auf diese Weise erzeugbare Kälte begrenzt sind. Auch stickstoffreiche Luftprodukte, die der Druckkolonne als Druckstickstoff entnommen und aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführt werden, und auch aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführter Flüssigstickstoff sowie aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführter innenverdichteter Stickstoff beeinflussen die Rektifikation entsprechend und/oder und weisen gemeinsame Effekte auf.

[0023] Die Menge der in die Niederdruckkolonne mittels einer Lachmann-Turbine eingeblasenen Luft zuzüglich des der Druckkolonne entnommenen und aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführten Stickstoffs sowie zuzüglich des aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführten Flüssigstickstoffs sowie zuzüglich des aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführten innenverdichteten Stickstoffs (soweit jeweils vorhanden) kann im Verhältnis zur gesamten, der Rektifikationskolonnenanordnung zugeführten Luftmenge angegeben werden. Der auf diese Weise erhaltene Wert wird als Einblaseäquivalent bezeichnet.

[0024] Unter einem Drosselstrom oder Joule-Thomson-Strom wird eine Luftmenge verstanden, die im Hauptwärmetauscher einer Luftzerlegungsanlage zumindest zum überwiegenden Anteil unter Druck verflüssigt und danach, insbesondere über ein Drosselventil, insbesondere in die Druckkolonne eingespeist wird. Anstelle eines Drosselventils kann auch eine Joule-Thomson-Turbine eingesetzt werden. Wenn der Drosselstrom überkritisch ist, tritt die Verflüssigung erst bei der Entspannung ein.

[0025] Flüssige, gasförmige oder auch im überkritischen Zustand vorliegende Fluide können im hier verwendeten Sprachgebrauch reich oder arm an einer oder mehreren Komponenten sein, wobei "reich" für einen Gehalt von wenigstens 75%, 90%, 95%, 99%, 99,5%, 99,9% oder 99,99% und "arm" für einen Gehalt von höchstens 25%, 10%, 5%, 1%, 0,1% oder 0,01% auf Mol-, Gewichts- oder Volumenbasis stehen kann. Der Begriff "überwiegend" kann der soeben getroffenen Definition von "reich" entsprechen, bezeichnet jedoch insbesondere einen Gehalt von mehr als 90%. Ist hier beispielsweise von "Stickstoff" die Rede, kann es sich um ein Reingas, aber auch ein an Stickstoff reiches Gas handeln.

[0026] Hochluftdruck-Verfahren können in unterschiedlichen Ausgestaltungen eingesetzt werden. Diese werden oft nach Flüssigleistung der Anlage, d.h. nach der Menge an flüssig bereitgestellten und flüssig der Anlage entnommenen Luftprodukten (hier auch als Flüssigprodukte bezeichnet), bzw. nach dem Verhältnis von innenverdichteten Luftprodukten zu Flüssigprodukten klassifiziert und unterschieden.

[0027] Die Zwischenfraktion, die als Heizmittel für die Kr-Xe-Anreicherungskolonne verwendet wird, weist vorzugsweise einen Sauerstoffgehalt von 4 bis 15 mol-%, insbesondere von 6 bis 10 mol-% auf. Dies führt zu einer optimalen Temperaturdifferenz in dem Sumpfverdampfer, der regelmäßig als Kondensatorverdampfer ausgebildet ist.

[0028] Bei der Erfindung ist es günstig, wenn ein Teil des Hochdruckeinsatzluftstroms im Hauptwärmetauscher bis zu dessen kaltem Ende abgekühlt, auf einen Druck im ersten Druckbereich entspannt und anschließend wenigstens teilweise flüssig an einer zweiten Zwischenstelle in die Mitteldruckkolonne eingeleitet wird. Dieser Strom kann insbesondere den Drosselstrom für eine Innenverdichtung darstellen. Der Turbinenstrom, welcher der arbeitsleistenden Entspannung auf Mitteldrucksäulendruck zugeführt wird, wird vorher lediglich auf eine Zwischentemperatur von beispielweise 115 bis 140 K abgekühlt; nach der arbeitsleistenden Entspannung weist er eine Temperatur von beispielsweise 96 bis 105 K auf. Ein Teil, der an der zweiten Zwischenstelle eingespeisten Flüssigkeit kann an der zweiten Zwischenstelle (unmittelbar unterhalb der Zuspeisung) wieder entnommen und in die Niederdrucksäule an einer ersten Niederdrucksäulenzwischenstelle eingeleitet werden.

[0029] Es kann ferner vorteilhaft sein, wenn zwischen der ersten Zwischenstelle, an der die Zwischenfraktion aus der Mitteldruckkolonne entnommen wird und der zweiten Zwischenstelle kein Stoffaustauschabschnitt oder ein Stoffaustauschabschnitt von weniger als 15, insbesondere weniger als 10 theoretischen Böden liegt.

[0030] Die Zwischenfraktion wird in dem Sumpfverdampfer der Kr-Xe-Anreicherungskolonne teilweise oder vollständig verflüssigt, das heißt der Sumpfverdampfer ist als Kondensatorverdampfer ausgebildet. Die dabei gebildete Flüssigkeit kann an jeder geeigneten Stelle des Destillationssystems eingespeist werden, insbesondere in die Mitteldruckkolonne oder die Niederdruckkolonne. Auch eine Aufteilung zwischen den beiden Kolonnen ist möglich. Eine Einleitung in die Mitteldruckkolonne kann auch gemeinsam mit anderen Flüssigluftströmen erfolgen.

[0031] In einer ersten Variante wird mindestens ein Teil der Zwischenfraktion stromabwärts des Verdampfers in die Niederdrucksäule eingeleitet. Insbesondere kann der in die Niederdruckkolonne eingeleitete Teil der Zwischenfraktion an einer zweiten Niederdrucksäulenzwischenstelle eingespeist werden. Dabei ist zwischen der ersten und der zweiten Niederdrucksäulenzwischenstelle ein Stoffaustauschabschnitt 53 angeordnet, der mindestens 4 theoretische Böden umfasst. Diese Maßnahme verbessert die Destillationsleistung der Niederdruckkolonne weiter.

[0032] Alternativ oder zusätzlich wird mindestens ein Teil der Zwischenfraktion stromabwärts des Verdampfers in die Mitteldrucksäule eingeleitet, insbesondere an einer dritten Zwischenstelle, die mindestens 3 theoretische Böden oberhalb der ersten Zwischenstelle liegt. Diese Maßnahme verbessert die Destillationsleistung der Mitteldruckkolonne weiter. Der erste Teil des entspannten Einsatzluftstroms wird insbesondere der Mitteldruckkolonne am Sumpf zugeleitet

[0033] Der entspannte Einsatzluftstrom weist vorteilhafterweise einen Flüssiganteil von 2 bis 20 mol-%, insbesondere von 8 bis 13 mol-% auf.

[0034] Ähnlich wie andere HAP-Verfahren ist auch der Prozess der Erfindung für die Erzeugung von Sauerstoff- und Stickstoffgasprodukten unter erhöhtem Druck durch die Methode der Innenverdichtung geeignet. Hierzu wird eine zweite flüssige Sauerstofffraktion aus der Niederdruckkolonne entnommen, mittels einer Pumpe auf einen ersten Produkthochdruck gebracht, im Hauptwärmetauscher angewärmt und schließlich als gasförmiges Drucksauerstoffprodukt (GOX-IC1) gewonnen. Alternativ oder zusätzlich wird ein flüssiger Stickstoffstrom aus der Niederdruckkolonne entnommen, mittels einer Pumpe auf einen zweiten Produkthochdruck gebracht, im Hauptwärmetauscher angewärmt und schließlich als gasförmiges Druckstickstoffprodukt (HP-GAN) gewonnen.

[0035] Der erste Teil des Hochdruckeinsatzluftstroms kann stromaufwärts der arbeitsleistenden Entspannung in einem Nachverdichter weiter verdichtet werden, wobei der Nachverdichter insbesondere von einer Turbine angetrieben wird, in der die arbeitsleistende Entspannung durchgeführt wird. Der Nachverdichter kann grundsätzlich
  • die gesamte Einsatzluft
  • nur die Turbinenluft (den ersten Teil des Hochdruckeinsatzluftstroms) oder auch
  • die Turbinenluft plus einen zweiten Drosselstrom, der unter weiter erhöhtem Druck in den Hauptwärmetauscher eingeleitet wird,
weiter verdichten. Weitere Varianten der Erfindung arbeiten mit zwei parallelen oder seriellen Nachverdichtern. Einer, keiner oder zwei davon können im Warmen betrieben werden. Einer, keiner oder zwei davon können als Kaltverdichter ausgebildet sein.

[0036] Das Verfahren der Erfindung kann als Ein-Turbinen-Verfahren ausgebildet sein. Alternativ werden zwei Turbinen eingesetzt, die unabhängig von einander von dem dritten oder vierten Druck oder einem weiteren Druckbereich auf knapp über den Druck der Mitteldruckkolonne entspannen und verschiedene Ein- und Austrittstemperaturen aufweisen. Alternativ werden zwei Turbinen eingesetzt, die parallel zu einander geschaltet sind und die gleiche Austrittstemperatur ausweisen. Der erste Teil des Hochdruckeinsatzluftstroms wird dann auf die beiden Turbinen aufgeteilt und nach der arbeitsleistenden Entspannung wieder vereinigt, um den entspannten Einsatzluftstrom zu bilden. Die beiden einzelnen Ströme können nach der arbeitsleistenden Entspannung unterschiedliche Flüssiggehalte aufweisen. In der Summe ergibt sich im Allgemeinen ein Flüssiganteil, der im selben Zahlenbereich liegt wie bei einer einzigen Turbine.

[0037] In einer weiteren Ausführung kann auch eine der Turbinen als eine sogenannte Lachmann-Turbine ausgeführt werden, wobei diese Turbine die Luft auf einen Druck leicht oberhalb der Niederdruckkolonne entspannt und der Niederdruckkolonne zuführt.

[0038] Es kann bei dem Verfahren der Erfindung günstig sein, wenn mindestens ein Teil der Zwischenfraktion stromabwärts des Verdampfers vor seiner Einleitung in die Niederdrucksäule abgekühlt wird. Die Abkühlung kann in einem üblichen Unterkühlungsgegenströmer durchgeführt werden in indirektem Wärmeaustausch mit einem oder mehreren kalten Gasströmen aus der Niederdruckkolonne.

[0039] Die Erfindung betrifft außerdem eine entsprechende Vorrichtung zur Tieftemperaturzerlegung von Luft. Diese Vorrichtung kann durch weitere Vorrichtungsmerkmale ergänzt werden, die den Verfahrensmerkmalen der abhängigen Ansprüche entsprechen.

[0040] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im Folgenden anhand von in den Zeichnungen schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Hierbei zeigen:
Figur 1
ein erstes Ausführungsbeispiel der Erfindung mit Einleitung der flüssigen Zwischenfraktion in die Niederdrucksäule,
Figur 2
ein zweites Ausführungsbeispiel der Erfindung mit Einleitung der flüssigen Zwischenfraktion in die Mitteldrucksäule und
Figur 3
ein drittes Ausführungsbeispiel der Erfindung mit Einleitung der flüssigen Zwischenfraktion in die Mitteldrucksäule an einer anderen Stelle.


[0041] In der Luftzerlegungsanlage der Figur 1 wird Luft (AIR) mittels eines Hauptluftverdichters 2 über ein Filter 1 angesaugt und auf ein "drittes Druckniveau" verdichtet, das in dem Beispiel bei 12 bis 24 bar liegt. Der auf diese Weise gebildete Hochdruckeinsatzluftstrom 4, 5, 7 wird nach Vorkühlung in einer Vorkühleinrichtung 3 in eine Vorreinigungseinheit 4 geführt, die in an sich bekannter Art ausgestaltet sein kann. Dort wird sie von Restwasser und Kohlendioxid befreit. Zur Ausgestaltung der angesprochenen Komponenten sei, auf die eingangs zitierte Fachliteratur verwiesen.

[0042] Der gereinigte Hochdruckeinsatzluftstrom 7 wird in insgesamt drei Teilströme 71, 72, 73 aufgeteilt in einem Hauptwärmetauscher 8 eingeleitet. Der erste Teilstrom 71 wird vorher über Leitung 9 und den Nachverdichter 10 mit Nachkühler 11 geleitet und dabei auf ein viertes Druckniveau nachverdichtet, das in dem Beispiel um den Faktor 1,5 höher liegt als das dritte Druckniveau. Der nachverdichtete erste Teilstrom 71 wird im Hauptwärmetauscher nur auf eine Zwischentemperatur abgekühlt und dann über Leitung 12 einer arbeitsleistenden Entspannung in einer Turbine 13 zugeführt. (Die Turbine 13 treibt über eine gemeinsame Welle den Nachverdichter 10 an.) Der auf etwa 5,5 bar arbeitsleistend entspannte Einsatzluftstrom 14 weist einen Flüssiganteil von etwa 11,5 mol-% auf. Er wird in diesem Beispiel vollständig in die Mitteldruckkolonne 15 eingeführt, unmittelbar in deren Sumpfbereich. Diese Kolonne ist Teil eines Destillationssystems (10) zur Stickstoff-Sauerstofftrennung, das außerdem einen üblicherweise als Hauptkondensator bezeichneten Kondensatorverdampfer 16 und eine Niederdruckkolonne 17 aufweist. In dem Beispiel wird die Mitteldruckkolonne unter einem Druck von 5,5 bar betrieben, die Niederdruckkolonne unter 1,4 bar ("erstes" und "zweites Druckniveau").

[0043] Ein zweiter Teil 72 der Hochdruckeinsatzluftstroms wird als so genannter Drosselstrom unter dem dritten Druckniveau in den Hauptwärmetauscher 8 eingeführt und dort bis zum kalten Ende abgekühlt. Anschließend wird er in einem Drosselventil 18 auf knapp über Mitteldrucksäulendruck entspannt. Anstelle eines Drosselventils kann auch eine Joule-Thomson-Turbine eingesetzt werden. Der nun mindestens teilweise flüssig vorliegende Drosselstrom wird über Leitung 19 in die Mitteldruckkolonne geleitet, und zwar an einer "zweiten Zwischenstelle", die beispielsweise 3 bis 12 vorzugsweise 5 bis 8 theoretische Böden oberhalb des Sumpfs liegt.

[0044] Ein dritter Teil 73 des Hochdruckeinsatzluftstroms bildet einen zweiten Drosselstrom. Er wird vor seiner Einspeisung in den Hauptwärmetauscher gemeinsam mit dem ersten Teil 71 nachverdichtet, dann aber im Hauptwärmetauscher unter dem besonders hohen Druck bis zum kalten Ende abgekühlt, dort analog zum anderen Drosselstrom 72 entspannt und zusammen mit diesem über Leitung 19 in überwiegend flüssigem Zustand zur "zweiten Zwischenstelle" geführt.

[0045] Das Destillationssystem zur Stickstoff-Sauerstofftrennung mit den beiden Kolonnen 15, 17, dem Hauptkondensator 16 funktioniert zusammen mit dem Unterkühlungsgegenströmer 21 wie bekannt und braucht deshalb hier nicht im Detail beschrieben zu werden, ebenso wie das Argonsystem 24 mit der Rohargonkolonne 22 und der Reinargonkolonne 23.

[0046] Die Sumpfflüssigkeit aus der Mitteldruckkolonne wird in dem Beispiel indirekt in die Niederdruckkolonne geleitet, nachdem sie zum Heizen und Kühlen des Sumpfverdampfers und der Kopfkondensatoren des Argonsystems 24 eingesetzt wurde. Sie strömt dabei über Leitung 25, durch den Unterkühlungsgegenströmer 21 und weiter über Leitung 26 in das Argonsystem 24 und von dort teilweise gasförmig über die Leitungen 27 und 29 und teilweise flüssig über die Leitungen 28 und 30 in die Niederdruckkolonne. Hauptprodukte der Anlage sind innenverdichteter Sauerstoff GOX-IC1 und innenverdichteter Stickstoff HP-GAN, die flüssig aus dem Destillationssystem abgezogen und mittels Pumpen 31, 32 auf den gewünschten Produktdruck gebracht werden. Außerdem können flüssiger Stickstoff LIN und flüssiger Sauerstoff LOX gewonnen werden. Umgekehrt kann auch flüssiger Stickstoff "LIN Inj." von außen als Kältequelle in das Destillationssystem eingeführt werden (Liquid Injection). Das Produkt des Argonsystems 24 ist flüssiges Reinargon LAR. An verschiedenen Stellen können Restströme in die die Atmosphäre abgeblasen werden (ATM, GOX Abblasung).

[0047] Gemäß der Erfindung werden außerdem Krypton und Xenon in einer Kr-Xe-Anreicherungskolonne 40 abgetrennt. Hierzu wird flüssiger Sauerstoff 41 aus dem Sumpf der Niederdruckkolonne 17 (beziehungsweise aus dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators 16) entnommen, in einem Flüssigadsorber von Verunreinigungen wie Distickstoffmonoxid befreit und über Leitung 43 in die Kolonne 40 eingespeist. Als Rücklaufflüssigkeit wird ein Teil des krypton- und xenonfreien flüssigen Sauerstoffs 45 verwendet; dieser wird oberhalb einiger Sperrböden 46 aus der Niederdruckkolonne abgezogen und im Übrigen hauptsächlich oder vollständig der Innenverdichtung (Pumpe 31) zugeführt. In der Kr-Xe-Anreicherungskolonne 40 wird der Krypton-Xenon-Gehalt von 1,1 ppm Krypton und 86 ppb Xenon im Einsatzstrom 43 auf 500 bis 5000 ppm Krypton und 40 bis 500 ppm Xenon erhöht. Entsprechend angereichertes Konzentrat (Crude Kr Xe) verlässt die Kolonne am Sumpf.

[0048] Die Kolonne wird mit einem als Kondensatorverdampfer betriebenen Sumpfverdampfer 47 beheizt. Erfindungsgemäß wird dieser Sumpfverdampfer mit einer Zwischenfraktion 48 aus der Mitteldruckkolonne 15 beheizt. Die Zwischenfraktion 48 wird an einer "ersten Zwischenstelle" in Gasform entnommen und weist in dem Beispiel eine Sauerstoffkonzentration von etwa 8 mol-% auf. Die "erste Zwischenstelle" liegt bei dem Beispiel auf derselben Höhe wie die "zweite Zwischenstelle", das heißt zwischen den gleichen beiden Stoffaustauschabschnitten der Mitteldruckkolonne 15. Die Zwischenfraktion wird in dem Sumpfverdampfer mindestens teilweise verflüssigt; in dem Beispiel wird eine vollständige oder fast vollständige Verflüssigung durchgeführt. Die im Sumpfverdampfer 47 erzeugte Flüssigkeit 49 wird in dem Unterkühlungsgegenströmer 21 abgekühlt und in dem Beispiel der Figur 1 über Leitung 50 in die Niederdruckkolonne eingeleitet. Die Einspeisestelle liegt 3 bis 10 theoretische Böden oberhalb der Stelle, an der mindestens ein Teil 51, 52 der flüssigen Luft aus der Innenverdichtung eingeleitet wird.

[0049] Bei dem Ausführungsbeispiel werden außerdem Helium und Neon zu einem He-Ne-Konzentrat (Crude He/Ne) angereichert in einer Zusatzkolonne 60, die auf die bekannte Weise verschaltet ist.

[0050] Figur 2 entspricht in weiten Teilen Figur 1. Insofern wird auf die Beschreibung zu Figur 1 verwiesen. Abweichend von Figur 1 wird hier die im Sumpfverdampfer 47 erzeugte Flüssigkeit 149 (die Zwischenfraktion stromabwärts des Sumpfverdampfers) in die Mitteldrucksäule eingeleitet, und zwar an einer dritten Zwischenstelle, die in dem Beispiel etwa 3 bis1 0 theoretische Böden oberhalb der ersten Zwischenstelle liegt.

[0051] Alternativ kann die Flüssigkeit 149 auch der übrigen Flüssigluft in Leitung 19 zugemischt werden und zusammen mit dieser in die Mitteldrucksäule eingespeist werden, wie es in Figur 3 dargestellt ist.

[0052] Grundsätzlich können die Einleitung in die Niederdruckkolonne (Figur 1) und in die Mitteldruckkolonne (Figur 2 und/oder Figur 3) auch kombiniert werden. Die Flüssigkeit 49, 149 aus dem Sumpfverdampfer 47 wird dann entsprechend aufgeteilt.


Ansprüche

1. Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft unter Verwendung einer Luftzerlegungsanlage, die ein Destillationssystem zur Stickstoff-Sauerstofftrennung mit einer Mitteldruckkolonne (15) und einer Niederdruckkolonne (17) aufweist, wobei

- die Druckkolonne (11) in einem ersten Druckbereich und die Niederdruckkolonne (12) in einem zweiten Druckbereich, der unterhalb des ersten Druckbereichs liegt, betrieben werden, und

- Einsatzluft in einem Hauptwärmetauscher (8) abgekühlt und dann in das Destillationssystem eingeleitet wird,

- mindestens 90 % der gesamten in das Destillationssystem eingeleiteten Einsatzluft auf einen Druck in einem dritten Druckbereich verdichtet wird, der mehr als 4 bar oberhalb des ersten Druckbereichs liegt, um einen Hochdruckeinsatzluftstrom (7) zu bilden,

- ein erster Teil (71, 13) des Hochdruckeinsatzluftstroms (7) arbeitsleistend entspannt (13) wird, um einen entspannten Einsatzluftstrom (14) zu bilden,

- mindestens ein erster Teil des arbeitsleistend entspannten Einsatzluftstroms (14) in die Mitteldruckkolonne (15) eingeleitet wird,

- Sumpfflüssigkeit aus der Mitteldruckkolonne (25) direkt oder indirekt in die Niederdruckkolonne (17) geleitet (27, 28, 29, 30) wird und

- im Sumpf der Niederdruckkolonne eine erste flüssige Sauerstofffraktion (41) gewonnen wird,
dadurch gekennzeichnet, dass

- mindestens ein Teil der ersten flüssigen Sauerstofffraktion (41) aus dem Sumpf der Niederdruckkolonne (17) in eine Kr-Xe-Anreicherungskolonne (40) eingeleitet wird,

- dem Sumpf der Kr-Xe-Anreicherungskolonne (40) ein Kr-Xe-Konzentrat (Crude Kr Xe) entnommen wird,

- die Anreicherungskolonne einen Sumpfverdampfer (47) aufweist, der mit einem Heizmedium betrieben wird,

- der Mitteldruckkolonne (15) an einer ersten Zwischenstelle eine Zwischenfraktion (48) in Gasform entnommen wird und

- die Zwischenfraktion als Heizmedium in dem Sumpfverdampfer (47) eingesetzt, dabei mindestens teilweise verflüssigt wird und anschließend in das Destillationssystem zur Stickstoff-Sauerstofftrennung eingeleitet (49, 50, 149) wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Zwischenfraktion (48) einen Sauerstoffgehalt von 4 bis 18 mol-%, insbesondere von 6 bis 10 mol-% aufweist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem ein zweiter Teil (72) des Hochdruckeinsatzluftstroms (7) im Hauptwärmetauscher (8) bis zu dessen kaltem Ende abgekühlt, auf einen Druck im ersten Druckbereich entspannt (18) und anschließend wenigstens teilweise flüssig an einer zweiten Zwischenstelle in die Mitteldruckkolonne (15) eingeleitet (19) wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, bei dem mindestens ein Teil 51 der an der zweiten Zwischenstelle eingespeisten Flüssigkeit an der zweiten Zwischenstelle wieder entnommen und in die Niederdrucksäule (17) an einer ersten Niederdrucksäulenzwischenstelle eingeleitet (52 wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, bei dem zwischen der ersten Zwischenstelle, an der die Zwischenfraktion (48) aus der Mitteldruckkolonne (15) entnommen wird, und der zweiten Zwischenstelle kein Stoffaustauschabschnitt oder ein Stoffaustauschabschnitt von weniger als 15 theoretischen Böden liegt.
 
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem mindestens ein Teil (49, 50) der Zwischenfraktion stromabwärts des Verdampfers (47) in die Niederdrucksäule (17) eingeleitet wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, bei dem der in die Niederdruckkolonne (17) eingeleitete Teil der Zwischenfraktion (49, 50) an einer zweiten Niederdrucksäulenzwischenstelle eingespeist wird, wobei zwischen der ersten und der zweiten Niederdrucksäulenzwischenstelle ein Stoffaustauschabschnitt angeordnet ist, der mindestens 3 theoretische Böden umfasst.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, bei dem mindestens ein Teil der Zwischenfraktion (149) stromabwärts des Verdampfers (47) in die Mitteldrucksäule (15) eingeleitet wird, insbesondere an einer dritten Zwischenstelle, die mindestens 3 theoretische Böden oberhalb der ersten Zwischenstelle liegt.
 
9. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der erste Teil des entspannten Einsatzluftstroms (14) der Mitteldruckkolonne am Sumpf zugeleitet wird.
 
10. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem entspannte Einsatzluftstrom (14) einen Flüssiganteil von 2 bis 20 mol-%, insbesondere 8 bis 13 mol-% aufweist.
 
11. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem eine zweite flüssige Sauerstofffraktion (45) aus der Niederdruckkolonne (17) entnommen wird, mittels einer Pumpe (31) auf einen ersten Produkthochdruck gebracht, im Hauptwärmetauscher (8) angewärmt und schließlich als gasförmiges Drucksauerstoffprodukt (GOX-IC1) gewonnen wird.
 
12. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem ein flüssiger Stickstoffstrom aus der Niederdruckkolonne entnommen wird, mittels einer Pumpe (32) auf einen zweiten Produkthochdruck gebracht, im Hauptwärmetauscher (8) angewärmt und schließlich als gasförmiges Druckstickstoffprodukt (HP-GAN) gewonnen wird.
 
13. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der erste Teil des Hochdruckeinsatzluftstroms stromaufwärts der arbeitsleistenden Entspannung in einem Nachverdichter (10) weiter verdichtet wird, wobei der Nachverdichter (10) insbesondere von einer Turbine (13) angetrieben wird, in der die arbeitsleistende Entspannung durchgeführt wird.
 
14. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem mindestens ein Teil (49, 50) der Zwischenfraktion stromabwärts des Verdampfers (47) vor seiner Einleitung in die Niederdrucksäule (17) abgekühlt wird.
 
15. Vorrichtung zur Tieftemperaturzerlegung von Luft unter Verwendung einer Luftzerlegungsanlage (100), die ein Destillationssystem (10) zur Stickstoff-Sauerstofftrennung mit einer Mitteldruckkolonne (11) und einer Niederdruckkolonne (12) aufweist, wobei
die ein Destillationssystem zur Stickstoff-Sauerstofftrennung mit einer Mitteldruckkolonne (15) und einer Niederdruckkolonne (17) aufweist, wobei die Luftzerlegungsanlage dazu eingerichtet ist, dass

- die Druckkolonne (11) in einem ersten Druckbereich und die Niederdruckkolonne (12) in einem zweiten Druckbereich, der unterhalb des ersten Druckbereichs liegt, betrieben werden,

- Einsatzluft in einem Hauptwärmetauscher (8) abgekühlt und dann in das Destillationssystem eingeleitet wird,

- mindestens 90 % der gesamten in das Destillationssystem eingeleiteten Einsatzluft auf einen Druck in einem dritten Druckbereich verdichtet wird, der mehr als 4 bar oberhalb des ersten Druckbereichs liegt, um einen Hochdruckeinsatzluftstrom (7) zu bilden,

- ein erster Teil (71, 13) des Hochdruckeinsatzluftstroms (7) arbeitsleistend entspannt (13) wird, um einen entspannten Einsatzluftstrom (14) zu bilden,

- mindestens ein erster Teil des arbeitsleistend entspannten Einsatzluftstroms (14) in die Mitteldruckkolonne (15) eingeleitet wird,

- Sumpfflüssigkeit aus der Mitteldruckkolonne (25) direkt oder indirekt in die Niederdruckkolonne (17) geleitet (27, 28, 29, 30) wird und

- im Sumpf der Niederdruckkolonne eine erste flüssige Sauerstofffraktion (41) gewonnen wird,
dadurch gekennzeichnet, dass die Luftzerlegungsanlage ferner dazu eingerichtet ist, dass

- mindestens ein Teil der ersten flüssigen Sauerstofffraktion (41) aus dem Sumpf der Niederdruckkolonne (17) in eine Kr-Xe-Anreicherungskolonne (40) eingeleitet wird,

- dem Sumpf der Kr-Xe-Anreicherungskolonne (40) ein Kr-Xe-Konzentrat (Crude Kr Xe) entnommen wird,

- die Anreicherungskolonne einen Sumpfverdampfer (47) aufweist, der mit einem Heizmedium betrieben wird,

- der Mitteldruckkolonne (15) an einer ersten Zwischenstelle eine Zwischenfraktion (48) in Gasform entnommen wird und

- die Zwischenfraktion als Heizmedium in dem Sumpfverdampfer (47) eingesetzt, dabei mindestens teilweise verflüssigt wird und anschließend in das Destillationssystem zur Stickstoff-Sauerstofftrennung eingeleitet (49, 50, 149) wird.


 
16. 
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur