(19)
(11) EP 4 516 622 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.03.2025  Patentblatt  2025/10

(21) Anmeldenummer: 23194130.3

(22) Anmeldetag:  30.08.2023
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 1/16(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B61L 1/165
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Siemens Mobility GmbH
81739 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Jiang, Nanzhu
    12487 Berlin (DE)
  • Bahlmann, Claus
    10707 Berlin (DE)
  • Braband, Jens
    38106 Braunschweig (DE)
  • Föge, Thorsten
    38106 Braunschweig (DE)
  • Hambsch, Hardy
    12439 Berlin (DE)
  • Ram, Surinder
    5201 5201 Seekirchen (AT)

(74) Vertreter: Siemens Patent Attorneys 
Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) KOMBINIERTER ANSATZ ZUM AUSWERTEN EINES DATENSATZES EINES ACHSZÄHLERS


(57) Es wird ein computer-implementiertes Verfahren beschrieben zum Auswerten von einem Datensatz eines Achszählers (100), das Verfahren aufweisend:
i) Bestimmen einer Mehrzahl von Peaks in dem Datensatz, um eine Peak-Auswertung (110) bereitzustellen;
ii) Bestimmen einer Mehrzahl von Formen in dem Datensatz, um eine Formen-Auswertung (120) bereitzustellen; und
iii) Vergleichen (130) der Peak-Auswertung (110) und der Formen-Auswertung (120), um eine validierte Auswertung des Datensatzes bereitzustellen.




Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Computer-implementiertes Verfahren zum Auswerten eines Datensatzes eines Achszählers bzw. des Sensors eines Achszählers. Insbesondere werden dabei eine Peak-basierte Auswertung und eine Form-basierte Auswertung verglichen, wodurch eine Validierung der Auswertung des Datensatzes erhalten werden kann. Ferner bezieht sich die Erfindung auf eine Vorrichtung zur Datenverarbeitung, den Achszähler, und ein Computerprogrammprodukt.

[0002] Die Erfindung kann sich somit auf das technische Gebiet der Auswertung (insbesondere deren Validierung) von Datensätzen eines Achszählersbzw. Achszähler-Sensors beziehen, insbesondere im Hinblick auf Schienenfahrzeuge.

Technischer Hintergrund



[0003] Achszähler sind im Bereich der Schienen-gebundenen Fahrzeuge bzw. der Schieneninfrastruktur bekannt und bilden einen wesentlichen Teil der Kontrolle, z.B. dahingehend, ob ein Rad (eines Zuges) ein Gleis passiert und wie viele Räder vorbeigefahren sind. Dies kann für viele Anwendungen z.B. die Gleisfreimeldung und insbesondere für die Sicherheit innerhalb einer Schieneninfrastruktur von entscheidender Bedeutung sein. In der Regel sind Abschnitte eines Gleises jeweils mit zwei Achszähler-Sensoren (sogenannte Zählpunkte) ausgestattet, wobei sich der eine am Anfang und der andere am Ende des Abschnitts befindet. Ob ein Gleisabschnitt als frei oder belegt ermittelt wird, hängt dann insbesondere von der Anzahl der Räder ab, die von den beiden Achszählern Sensoren erfasst werden. Die übergeordnete Auswerteeinheit (der eigentliche Achszähler) wertet die durch die Sensoren erfassten Signale aus und leitet darauf den Zustand des Gleisabschnittes ab. Nur wenn ein Abschnitt auch tatsächlich als frei erkannt wird, darf ein Zug diesen Gleisabschnitt passieren.

[0004] Im Kontext des vorliegenden Dokuments kann der Begriff "Achszähler" sowohl die Einheit "Sensor (bzw. Zählpunkt) und Auswerteeinheit" umfassen als auch nur auf die Auswerteeinheit (der eigentliche Achszähler) bezogen werden. Soll speziell auf den Sensor Bezug genommen werden, so kann der Begriff "Achszähler Sensor" verwendet werden, und soll speziell nur auf die Auswerteinheit Bezug genommen werden, so kann der Begriff "Achszähler Auswerteeinheit" verwendet werden.

[0005] Insbesondere im Bereich der Schienenfahrzeuge werden aber besonders hohe Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit gestellt. Entsprechend können in zahlreichen Anwendungsfällen ausgewertete Datensätze eines Achszählers, insbesondere zur Automatisierung des Schienenverkehrs, nur dann eingesetzt werden, wenn eine besonders hohe Zuverlässigkeit nachgewiesen ist.

[0006] Bisher kann ein Achszähler in der Anwendung keine 100%ige Zählgenauigkeit erreichen. Dies liegt zum einen an komplizierten/komplexen Signalen, die von den Achszählersensoren erfasst werden, und zum anderen an den Verarbeitungsmethoden von Signalen, die nicht genau genug sind, um komplizierte Fälle zu behandeln. Dies ist weniger ein sicherungstechnisches Problem, da die Zählungen immer zur sicheren Seite gehen, sondern ein Verfügbarkeitsproblem.

[0007] Derzeit wird die Zählung der Räder (bzw. Auswerten des Datensatzes) sehr konservativ durchgeführt, um die Sicherheit der Schienenfahrzeuge zu gewährleisten. So wird ein Abschnitt einer Strecke als "besetzt" und nicht als "frei" betrachtet, wenn die Zählgenauigkeit nicht zu 100 % sicher ist.

[0008] Eine weitere Einschränkung der konventionellen Achszähler besteht darin, dass sie zwar mit hoher Sicherheit das Auftreten von Rädern erkennen können, jedoch selbst hochmoderne Produkte solche Ergebnisse nur auf Kosten von falsch-positiv-Erkennungen liefern können (was bedeutet, dass, obwohl kein Rad den Sensor passiert, ein Signal erkannt wird (z.B. durch Metallmassen, die den Sensor beeinflussen) und wie ein vorbeifahrendes Rad vom Sensor gezählt wird).

[0009] Ferner kann ein konventioneller Achszähler Merkmale eines passierenden Schienenfahrzeugs (z.B. Magnetschienenbremsen, Räder, Drehgestelle, oder auch ob es sich um einen Güterzug, Personenzug usw. handelt) nicht weiter klassifizieren.

[0010] Figur 6 zeigt ein Beispiel eines analogen Datensatzes 200 (Datensatz 210 stellt das digitalisierte Signal dar), welcher von einem Achszählsensor (ein Achszählsensor oder auch Zählpunkt besteht aus zwei Sensorteilsystemen) aufgenommen wurde. In diesem Beispiel haben vier Drehgestelle eines Schienenfahrzeugs den Sensor passiert. Da jedes Drehgestell in diesem Beispiel zwei Achsen (mit jeweils zwei Rädern, von denen immer dasjenige auf Seite des Sensors erfasst wird) aufweist, sind immer zwei Signale 201 (bzw. Peaks, Pulse) dicht beieinander lokalisiert (Peak Cluster). Anders ausgedrückt entsprechen die hohen Signale den realen Rädern. Ferner können im zweiten und dritten Drehgestell 202 geringere Signale zwischen den hohen Signalen beobachtet werden. Diese werden gewöhnlich von Magnetschienenbremsen verursacht.

[0011] Figur 7 zeigt eine Detailansicht eines Signal Clusters eines zweiachsigen Drehgestells 202, wobei ein niedriges Signal einer Magnetschienenbremse 204 zwischen zwei hohen Signalen der Räder 203 lokalisiert ist.

[0012] Konventionell wird zur Verarbeitung von Achszählersignalen die "single-thresholding" (einfacher Schwellenwert) Methode verwendet. Diese Methode ist in Figur 8 anschaulich dargestellt. Für jeden Achszählersensor wird ein vordefinierter Schwellenwert konfiguriert. Nach dem Aufnehmen des Datensatzes 200 werden die erfassten Signale bei einem bestimmten Schwellenwert eines Achszählers betrachtet: Werte oberhalb des Schwellwertes werden als Rad/Achse gewertet, Werte darunter nicht, bzw. erst Werte oberhalb der Schwelle erzeugen ein digitales Signal (Bezugszeichen 210): Werte oberhalb dieses festen Schwellenwerts werden auf "1" und Werte unterhalb des Schwellenwerts auf "0" abgebildet. Der Wert "1" gibt einen Zeitpunkt an, an dem ein Rad einen Achszähler passiert. Datenreihe 210 zeigt somit nach dem "Abschneiden" (truncation) im Idealfall nur noch Radsignale. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass sie schnell genug ist, um eine Echtzeiterkennung für das Vorhandensein von Rädern bereitzustellen.

[0013] Jedoch kann die konventionelle Methode einen entscheidenden Nachteil haben: der Kontext wird nicht berücksichtigt. Wenn ein Radsignal den Schwellenwert nicht erreicht, so kann es nicht erfasst werden (falsch negativ). Wenn der Datensatz ein Rauschen bzw. nicht-Rad-Signal aufweist, z.B. verursacht durch eine Magnetschienenbremse, kann dieses Signal den Schwellenwert überschreiten und ein zusätzliches, nicht vorhandenes Rad wird gezählt (falsch positiv).

[0014] Wenn sich die Signale nahe am Schwellenwert befinden, kann es somit äußerst schwierig sein zu bestimmen, ob es sich um ein Rad handelt oder nicht. Dies sind auch die Hauptgründe für "falsch positiv" und "falsch negativ" Detektion. Solche Fehlerfälle können recht häufig auftreten und zu ungenauen Auswertungen der Achszähler Datensätze führen. Dies führt dann z.B. dazu, dass ein Gleisabschnitt als belegt gilt und den Zugverkehr behindert, bis er dann manuell wieder aufgelöst wird.

[0015] Figur 9 zeigt ein Beispiel für einen "eins zu viel gezählt" Fehler (falsch positiv) gemäß der konventionellen "single threshold" Methode. Innerhalb der eingezeichneten Box zeigt die erste Zeile das vom ersten Sensorteilsystem erfasste Signal und die zweite Zeile das vom zweiten Sensorteilsystem erfasste Signal. Dies sind die beiden Sensoren in einem Achszähler. Die dritte und vierte Zeile sind die Ergebnisse eines konventionellen single threshold-Algorithmus, der die digitalisierten Schwellenwertsignale der ersten bzw. zweiten Sensorteilsystems (entsprechend der Bewertung der analogen Signale aus der ersten bzw. zweiten Zeile) anzeigt. Die horizontale Linie in der ersten Zeile zeigt den festgelegten Schwellenwert (Triggerschwelle) an. Im Beispiel der Box betrachtet der Algorithmus für einen einzelnen Schwellenwert aufgrund des Peaks in der Mitte (verursacht durch eine Magnetschienenbremse zwischen den beiden Rädern) fälschlicherweise das Ergebnis als drei Räder auf einem zweiachsigen Drehgestell.

[0016] Figur 10 zeigt ein Beispiel für einen "eins zu wenig gezählt" Fehler (falsch negativ) gemäß der konventionellen "single threshold" Methode. Wie in Figur 9 sind in den Reihen eins bis vier die Signale von dem ersten Sensorteilsystem und dem zweiten Sensorsensorteilsystem sowie deren Schwellenwerte angegeben. Im Beispiel der eingezeichneten Box, in der zweiten Reihe, gibt es zwei hohe Signale von Rädern und ein niedrigeres Signal, welches durch eine Magnetschienenbremse verursacht wird. Die horizontale Linie ist der festgelegte Schwellenwert. In der entsprechenden vierten Reihe, die das Schwellwertsignal von dem zweiten Sensorteilsystem zeigt, wird jedoch kein Rad erkannt. Dies liegt daran, dass die Werte der Signale in der zweiten Zeile zu niedrig sind und den Schwellenwert nicht überschreiten.

[0017] Die oben ausgeführten Nachteile stehen nicht in Einklang mit einem sicheren und effizienten Schienenverkehr. Ferner können diese Nachteile einer gewünschten voranschreitenden Automatisierung im Schienenverkehr (bei zugleich hohen Sicherheitsstandards) entgegenstehen.

Zusammenfassung der Erfindung



[0018] Es könnte ein Bedarf bestehen, einen Datensatz eines Achszählers in effizienter und zuverlässiger Weise auszuwerten bzw. die Auswertung zu validieren.

[0019] Ein Verfahren zum Auswerten eines Datensatzes eines Achszählers, eine Vorrichtung zur Datenverarbeitung, ein Achszähler, und ein Computerprogrammprodukt werden im Folgenden beschrieben.

[0020] Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird ein, insbesondere Computer-implementiertes, Verfahren zum Auswerten (bzw. Validieren der Auswertung) von einem Datensatz eines Achszählers (bzw. Sensor eines Achszählers) beschrieben, das Verfahren aufweisend:
  1. i) Bestimmen einer Mehrzahl von Peaks (insbesondere lokale Maxima) in dem Datensatz zum Bereitstellen einer Peak-Auswertung (z.B. ein Datensatz mit extrahierten und klassifizierten Peaks);
  2. ii) Bestimmen einer Mehrzahl von Formen (insbesondere extrahierte Signalformen, weiter insbesondere verglichen mit Referenzformen) in dem Datensatz zum Bereitstellen einer Formen-Auswertung (z.B. ein Datensatz mit bestimmten und klassifizierten Signalformen); und
  3. iii) Vergleichen der Peak-Auswertung und der Formen-Auswertung (z.B. Abgleichen der entsprechenden Datensätze) zum Bereitstellen einer (validierten) (Gesamt-) Auswertung des Datensatzes.


[0021] Gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung wird eine Vorrichtung zur Datenverarbeitung beschrieben, welche zumindest einen Prozessor aufweist, und welche eingerichtet ist zumindest eines der oben beschriebenen Verfahren auszuführen.

[0022] Gemäß einem dritten Aspekt der Erfindung wird ein Achszähler beschrieben, welcher aufweist:
  1. i) zumindest einen Sensor bzw. eine Sensorvorrichtung (z.B. ein Doppelsensor-System) zum Aufnehmen eines Datensatzes (bzw. Erfassen von (Rad-)Signalen über die Zeit; und
  2. ii) eine Vorrichtung zur Datenverarbeitung (bzw. eine Auswertevorrichtung, der eigentliche Achszähler) wie oben beschrieben.


[0023] Insbesondere sind Sensorvorrichtung und Vorrichtung zur Datenverarbeitung miteinander gekoppelt (z.B. drahtgebunden oder drahtlos).

[0024] Gemäß einem vierten Aspekt der Erfindung wird ein Computerprogrammprodukt beschrieben, welches Befehle aufweist, die bei der Ausführung des Programms durch einen Computer diesen veranlassen das oben beschriebene Verfahren auszuführen.

[0025] Gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel kann die Erfindung auf der Idee basieren, dass ein Datensatz eines Achszählers in effizienter und zuverlässiger Weise ausgewertet werden kann, wenn zwei spezifische Auswerteverfahren miteinander verglichen werden, so dass eine validierte Auswertung des Datensatzes erhalten wird. Bei den spezifischen Auswerteverfahren handelt es sich zum einen um einen Peak-basierten Ansatz und zum anderen um einen Formbasierten Ansatz. Der Peak-basierte Ansatz kann sich auf das Extrahieren von Peaks (z.B. lokale Maxima basierend auf bestimmten Peak-Kriterien) aus dem Datensatz beziehen. Der Form-basierte Ansatz hingegen kann sich auf das Extrahieren von bestimmten Signalformen (z.B. basierend auf Vergleichen mit Referenzformen) beziehen. Beide Ansätze werden unten noch weiter im Detail beschrieben.

[0026] Es zeigte sich bei Experimenten mit realen Datensätzen, dass beide Verfahren ihre eigenen Stärken und Schwächen im Umgang mit bestimmten Daten haben. Der Peak-basierte Ansatz kann in einem Beispiel effizient und akkurat lokalisieren, wo sich das Signal befindet. Im Gegensatz dazu kann in einem Beispiel der Form-basierte Ansatz fehleranfälliger bei dem Bestimmen von Signalgrenzen sein, insbesondere bei ungewöhnlichen Signal Clustern. Wenn z.B. eine Kurvenform außergewöhnlich lang ist, kann es sein, dass bei der Segmentierung der Kurvenform nicht die gesamte Kurve erkannt wird. In einem solchen Fall kann der Peak-basierte Ansatz dazu beitragen, dass das Bestimmen der Kurvenform die fehlenden Teile mit einbezieht. In anderen Worten kann der Peak-basierte Ansatz besonders zuverlässig erkennen, wo sich die Positionen von Radsignalen befinden und damit gewisse Unschärfen des Formbasierten Ansatzes kompensieren.

[0027] Zugleich kann der Peak-basierte Ansatz den Nachteil haben, dass die Höhe eines Peaks zwischen (zwei) vordefinierten Schwellenwerten mehrdeutig sein kann; z.B. kann ein Signal, das durch ein vorbeifahrendes Rad verursacht wird, aber nur eine geringe Signalhöhe aufweist, fälschlicherweise als Magnetschienenbremse klassifiziert werden. Der Form-basierte Ansatz betrachtet hingegen die Gesamtform der Signal Cluster und nicht nur ein einzelnes Signalmerkmal wie z.B. die Peak Höhe. Dadurch kann der Form-basierte Ansatz tendenziell robuster sein, um die Radsignale korrekt zu klassifizieren, selbst wenn z.B. eine mehrdeutige Peak Höhe vorhanden ist, wodurch eine Unschärfe des Peak-basierten Ansatzes kompensiert werden kann.

[0028] Die Erfinder haben somit erkannt, dass eine Kombination der beiden beschrieben Ansätze überraschend effizient und zuverlässig sein kann, denn die Stärken der Ansätze können kombiniert und die Schwächen kompensiert werden.

[0029] Beispielsweise können die Peak-Auswertung und die Form-Auswertung verglichen (gematcht) werden, um herauszufinden, wo sie übereinstimmen und wo nicht. "Vergleichen" kann hier z.B. bedeuten, dass eine Kurvenform (bzw. ein Peak Cluster) mit den Peaks in der Reihenfolge "Rad Peak - Rad Peak" oder "Rad Peak-Magnetschienenbremse Peak - Rad Peak" übereinstimmen muss. Übereinstimmende Signale können als zuverlässig angesehen werden (validiert). Nicht übereinstimmende Signale können entsprechend korrigiert werden, beispielsweise Kurvenformen anhand von Peak Positionen. Bei der Korrektur von Kurvenform-Segmenten kann es z.B. darum gehen, eine neue Kurve zu erstellen, zwei Kurven zusammenzuführen, eine Kurve zu verlängern, eine Kurve zu kürzen oder sogar eine Kurve zu löschen.

[0030] Basierend auf den korrigierten Formen kann eine besonders zuverlässige Auswertung in kurzer Zeit erhalten werden, welche auch eine Klassifizierung der erfassten Signale ermöglichen kann. Das beschriebene Verfahren kann rechentechnisch besonders schnell und kostengünstig durchführbar sein und direkt in existierende System implementiert werden.

Exemplarische Ausführungsbeispiele



[0031] Gemäß einem Ausführungsbeispiel weist das Bestimmen der Mehrzahl von Peaks auf: Extrahieren von lokalen Maxima aus dem Datensatz. Dieser Ansatz kann besonders effizient sein, um Peak Signale und Peak Cluster zu identifizieren und in die Auswertung einzubeziehen.

[0032] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Bestimmen der Mehrzahl von Peaks ferner auf: Bestimmen von zumindest einem Peak Kriterium. Ein oder mehr Kriterien können in Betracht gezogen werden, um Peaks (lokale Maxima) aus dem Datensatz zu extrahieren. Die Kriterien können so gewählt werden, dass in zuverlässiger Weise z.B. nur Rad Signale und keine Magnetschienenbremsen Signale extrahiert werden.

[0033] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist ein Peak Kriterium zumindest eines auf von Peak Höhe, Peak Breite, Peak Prominenz, Peak Zeitpunkt (im Datensatz), Peak Steigung. Der Begriff "Peak Prominenz" kann sich in diesem Zusammenhang darauf beziehen wie sehr der Peak hervorsteht, wobei die intrinsische Höhe betrachtet wird und/oder wie sehr der Peak im Vergleich zu anderen Peaks hervorsteht. Ein oder mehr dieser Peak Kriterien können ein effizientes und zuverlässiges Extrahieren (und Klassifizieren) der Peaks für die Peak Auswertung ermöglichen. Beispielsweise können für ein oder mehr der Peak Kriterien Schwellenwerte gesetzt werden.

[0034] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel werden zum Bestimmen des zumindest einen Peak-Kriteriums zwei oder mehr Schwellenwerte verwendet. Mittels zwei oder mehr Schwellenwerten pro Peak Kriterium kann eine besonders zuverlässige Peak Extraktion (und Klassifizierung) ermöglicht sein.

[0035] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Bestimmen der Mehrzahl von Formen, insbesondere Kurvenformen, auf: Bestimmen von zumindest einer Referenzform, und Vergleichen von zumindest einem Signal, insbesondere einer Signalform, des Datensatzes mit der zumindest einen Referenzform. Das Abgleichen mit einer Referenzform (insbesondere einer Referenzform Bibliothek) kann eine schnelle und akkurate Extraktion und Klassifizierung der (Signal-) Formen ermöglichen.

[0036] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist die Referenzform z.B. eines der folgenden auf: ein Rad, zwei Räder, zwei Räder und eine Magnetschienenbremse dazwischen, ein einachsiges Drehgestell, ein zweiachsiges Drehgestell, einen Wagen, einen Zug. Dies ist nur eine Auswahl häufiger Formen im Achsenzähler Datensatz, weitere können bei Bedarf hinzugefügt werden.

[0037] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Vergleichen einen Dynamic Time Warping (DTW) Algorithmus, auf. Eine solche Implementierung durch ein etabliertes Verfahren kann schnell und direkt umgesetzt werden und zu überraschend genauen Ergebnissen führen. Insbesondere kann der DTW Algorithmus verwendet werden, um ein Maß an Unterschied zwischen einer gemessenen Form im Datensatz und einer Referenzform zu bestimmen. Für dieses Unterscheidungsmaß können ein oder mehr Schwellenwerte eingeführt werden.

[0038] "DTW" kann im Kontext dieses Dokument insbesondere einen Algorithmus bezeichnen, welcher eine optimale Angleichung zweier Formen (z.B. in Zeitreihen) ermöglicht, sodass die übereinstimmenden Bereiche der beiden Formen gefunden und aufeinander transformiert werden können. Auf Basis dieser Angleichung kann die Ähnlichkeit dieser Formen auf folgende Art und Weise quantifiziert werden (ebenfalls oft als Kosten bezeichnet): In der Standardversion von DTW ergibt sich die Kostenfunktion (der Aufwand) allein durch die Differenz der Funktionswerte von aufeinander projizierten Wertepaaren zwischen der gemessen Form und der Referenzform.

[0039] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Verfahren ferner auf: Extrahieren einer Signalform aus dem Datensatz. Beispielsweise kann der Datensatz automatisch in Segmente aufgeteilt werden, wobei jedes Segment eine Form (Signal, Signalcluster, Kurve) aufweisen kann. Dadurch kann effizient eine gemessene Form zum Vergleichen mit einer Referenzform ausgewählt werden.

[0040] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Extrahieren einer Signalform ferner auf:
Normalisieren/Normieren der Signalform vor dem Vergleichen mit der Referenzform. Dadurch kann ein besonders flexibler Vergleich ermöglicht werden.

[0041] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Extrahieren einer Signalform ferner auf: Segmentieren des Datensatzes mittels Grenzbestimmung, um dadurch die Formgrenzen der Signalform zu bestimmen. Dieser Ansatz kann ein effizientes und akkurates Mittel sein, um die gemessenen Formen für den Vergleich zu extrahieren.

[0042] Wenn eine (Kurven-) Form außergewöhnlich lang ist und ihre Werte stark schwanken, kann es sein, dass nur ein Teil einer Form extrahiert wird, was zu einer unvollständigen Form führen würde. Solche langen Kurvenformen können z.B. aufgrund von Zugstopps oder der Reduzierung der Zuggeschwindigkeit auftreten. In solch einem Fall kann das erfasste Signal eine Kurvenform zeigen, die außergewöhnlich lang ist (siehe z.B. Figur 5). In diesem Fall kann die Kombination mit der Peak-Auswertung ein akkurates Definieren der Formengrenze ermöglichen.

[0043] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Verfahren ferner auf: Vorprozessieren des Datensatzes zum Entfernen von Rauschen, insbesondere mittels Glätten (smoothing) und/oder down-sampling.

[0044] Insbesondere im Fall der Peak-Auswertung kann das Originalsignal mit vielen kleinen Fluktuationen (bzw. Rauschen) zu vielen unerwünschten kleinen Peaks führen. Daher kann ein Vorprozessieren zum Entfernen ein wichtiger Vorteil zum zuverlässigen Extrahieren von Peaks sein. Um Rauschen herauszufiltern und dennoch die wichtigen Rad Peaks beizubehalten, kann z.B. Glättung (durchschnittliche Glättung) oder down-sampling auf das Originalsignal angewendet werden. Dies führt bestenfalls zu einem geglätteten Signal, bei dem die meisten kleinen Schwankungen verschwunden sind.

[0045] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Auswerten, insbesondere das Bestimmen der Mehrzahl von Peaks und/oder das Bestimmen der Mehrzahl von Formen, ferner auf:
Klassifizieren von zumindest einem Signal des Datensatzes.

[0046] Mögliche Klassen können z.B. umfassen: Rad, Achse, Magnetschienenbremse, einachsiges Drehgestell, zweiachsiges Drehgestell, unbekanntes Signal. Ein deutlich effizienteres Auswerten kann gelingen, wenn auch die Bedeutung der jeweiligen Peaks/Formen "verstanden" und mit einbezogen wird. Ferner kann das Klassifizieren auch für weitere Anwendungen in der Schienenverkehr Automatisierung mit Vorteil eingesetzt werden.

[0047] Eine weitere Klassifizierung der passierenden Komponenten (Räder, (aktive) Magnetschienenbremsen, Drehgestelle, etc.) könnten eine wichtige Voraussetzung für den erhöhten Sicherheitsbedarf der nächsten Generation von Zugbeeinflussungssystemen darstellen.

[0048] Beispielsweise können Peaks, deren Peak Kriterium/Kriteria ein oder mehr Schwellenwerte überschreitet/überschreiten, als Räder klassifiziert werden. Manchmal sind Peaks sehr hoch aber haben eine geringe Prominenz (normalerweise kurze, aber hohe Signale). Für die Klassifizierung können daher mit Vorteil mehrere Peak Kriterien berücksichtigt werden, insbesondere auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Kurvenform.

[0049] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Verfahren ferner auf: Rückübertragen (Mappen) der Signal-Klassifizierung auf den Datensatz, insbesondere zum weiteren Validieren des Datensatzes. Nach der Peak-Auswertung, der Form-Auswertung, und der Validierung der Gesamtauswertung kann diese auf den Datensatz rückübertragen werden, z.B. als Plausibilitätscheck. Hierdurch kann die Zuverlässigkeit und die Sicherheit weiter erhöht werden. Falls es bei der Rückübertragung (immer noch) nicht übereinstimmende Ergebnisse geben sollte, so können diese final als "unbekannte Signale" klassifiziert werden.

[0050] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Klassifizieren eines Signals ferner auf: Betrachten von zumindest einem weiteren Signal in der Umgebung des zu klassifizierenden Signals, insbesondere einer Mehrzahl von weiteren Signalen in der Nachbarschaft ("Heuristik"). Durch das Einbeziehen von ein oder mehr weiteren Signalen bzw. Signalclustern aus der Umgebung kann sich die Klassifizierung eines unbekannten Signals erschließen. Dies ist z.B. in Figur 4 dargestellt, wobei ein unbekanntes Signal mit vier Peaks im Gesamtkontext als zwei kurz aufeinanderfolgende zweiachsige Drehgestelle identifiziert werden kann. In einem weiteren Beispiel (siehe Figur 5) kann ein längerer Abstand zwischen zwei Peaks als Stop/Verlangsamung des Zuges identifiziert werden.

[0051] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel wird das Verfahren im Zusammenhang mit Schienen-gebundenen Fahrzeugen und/oder Schieneninfrastruktur eingesetzt.

[0052] Oben wurde bereits detailliert die Achszähler Anwendung im Schienenverkehr diskutiert. Ferner hat der Bereich der Schienenfahrzeuge besonders hohe Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit und entsprechende Normen. Daher kann der Einsatz des Verfahren zum Validieren von Auswertungen in diesem Zusammenhang besonders wichtig und vorteilhaft sein.

[0053] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel weist das Verfahren ferner auf: Bereitstellen von Referenzformen als Trainingsdaten an einen künstliche Intelligenz, KI, Algorithmus. Mittels einer Mehrzahl von Referenzformen (z.B. simulierte und/oder gemessene Datensätze) kann ein KI Algorithmus trainiert werden und immer besser im Vergleichen von Referenzformen und gemessenen Formen werden. Dies kann mit menschlicher Interaktion (Maschinenlernen) oder mittels des Algorithmus selbst (Deep Learning) geschehen.

[0054] Im Kontext dieses Dokuments kann der Begriff "KI" sich insbesondere auf Computer-basierte Ansätze zur Nachahmung kognitiver Funktionen eines menschlichen Geistes beziehen, insbesondere Lernen und Problemlösung. Es wurde eine Vielzahl verschiedener mathematischer Algorithmen und Berechnungsmodelle entwickelt, um KI-Funktionalitäten zu implementieren, beispielsweise "maschinelles Lernen", neuronale Netzwerke, insbesondere "Deep Learning", genetische Algorithmen, Kernel Regression, etc. Der Hauptzweck dieser Ansätze kann darin gesehen werden, einen vorhandenen Algorithmus zu verbessern, indem er mit Trainingsdaten trainiert wird, so dass ein Lerneffekt auftritt und sich die Problemlösungsfähigkeit des Algorithmus im Laufe der Zeit verbessert. Dies kann mit oder ohne menschliches Eingreifen (z.B. Verbessern) geschehen.

[0055] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel kann das beschriebene Verfahren effizient mit kurzen Rechenzeiten in etablierter Software (z.B. C, C++, Python) umgesetzt werden.

[0056] In einem exemplarischen Ausführungsbeispiel können Aspekte der vorliegenden Erfindung auch wie folgt beschrieben werden:
Aus Experimenten mit Beispieldatensätzen geht hervor, dass die Verwendung des reinen Peak-Erkennungsalgorithmus bereits die konventionelle Methode "single thresholding" übertrifft.

[0057] Nach der Kombination von Peak- und Form-Erkennung, aufgrund der internen Übereinstimmung von Peaks und Formen und der automatischen Korrektur von nicht übereinstimmenden Formen (Validierung), kann das beschriebene Verfahren als robuster und leistungsfähiger als konventionelle Ansätze angesehen werden.

[0058] Es ist zu beachten, dass Ausführungsformen der Erfindung unter Bezugnahme auf verschiedene Gegenstände beschrieben wurden. Insbesondere wurden einige Ausführungsformen unter Bezugnahme auf Verfahrensansprüche beschrieben, während andere Ausführungsformen unter Bezugnahme auf Vorrichtungsansprüche beschrieben wurden. Ein Fachmann wird jedoch aus dem Vorstehenden und der folgenden Beschreibung entnehmen, dass, sofern nicht anders angegeben, neben jeder Kombination von Merkmalen, die zu einer Art von Gegenstand gehören, auch jede Kombination von Merkmalen, die sich auf verschiedene Gegenstände beziehen, als von diesem Dokument offenbart gilt. Dies insbesondere auch zwischen Merkmalen der Verfahrensansprüche und Merkmalen der Vorrichtungsansprüche.

[0059] Die oben definierten Aspekte und weitere Aspekte der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den nachstehend zu beschreibenden Beispielen der Ausführungsformen und werden unter Bezugnahme auf die Beispiele der Ausführungsformen erläutert. Die Erfindung wird im Folgenden unter Bezugnahme auf Ausführungsformen, auf die die Erfindung jedoch nicht beschränkt ist, näher beschrieben.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen



[0060] 

Figur 1 zeigt ein Bestimmen einer Mehrzahl von Peaks, um eine Peak-Auswertung zu erhalten, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Figur 2 zeigt ein Bestimmen einer Mehrzahl von Formen, um eine Formen-Auswertung zu erhalten, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Figur 3 zeigt ein erstes Vergleichen der Peak-Auswertung und der Formen-Auswertung, um die Auswertungen zu validieren, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Figur 4 zeigt ein zweites Vergleichen der Peak-Auswertung und der Formen-Auswertung, um die Auswertungen zu validieren, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Figur 5 zeigt ein drittes Vergleichen der Peak-Auswertung und der Formen-Auswertung, um die Auswertungen zu validieren, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Die Figuren 6 und 7 zeigen jeweils einen Datensatz eines Achszählers.

Die Figuren 8 bis 10 illustrieren eine konventionelle Schwellenwert-basierte Methode und deren Nachteile.

Figur 11 zeigt einen Achszähler gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung.


Detaillierte Beschreibung der Zeichnungen



[0061] Die Darstellung in den Zeichnungen sind schematisch. Es wird darauf hingewiesen, dass in unterschiedlichen Abbildungen ähnliche oder identische Elemente oder Merkmale mit den gleichen Bezugszeichen oder mit Bezugszeichen versehen sind, die sich von den entsprechenden Bezugszeichen nur innerhalb der ersten Ziffer unterscheiden. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, werden Elemente oder Merkmale, die bereits in Bezug auf eine zuvor beschriebene Ausführungsform erläutert wurden, an einer späteren Stelle der Beschreibung nicht noch einmal erläutert.

[0062] Darüber hinaus werden räumlich relative Begriffe wie "vorne" und "hinten", "oben" und "unten", "links" und "rechts" usw. verwendet, um die Beziehung eines Elements zu einem anderen Element zu beschreiben, wie in den Abbildungen dargestellt. So können die räumlich relativen Begriffe auf verwendete Orientierungen zutreffen, die von der in den Abbildungen dargestellten Orientierung abweichen. Offensichtlich beziehen sich diese räumlich relativen Begriffe lediglich auf eine Vereinfachung der Beschreibung und die in den Abbildungen gezeigte Orientierung und sind nicht notwendigerweise einschränkend, da eine Vorrichtung gemäß einer Ausführungsform der Erfindung andere Orientierungen als die in den Abbildungen dargestellten annehmen kann, insbesondere wenn sie verwendet wird.

[0063] Figur 1 zeigt ein Bestimmen einer Mehrzahl von Peaks, um eine Peak-Auswertung 110 zu erhalten gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung. In diesem Beispiel wurden Peaks aus dem Datensatz extrahiert und korrekt klassifiziert als Räder 111 und Magnetschienenbremsen 112. Basierend auf der Beobachtung, dass Räder und Magnetschienenbremsen zu lokalen Peaks (Maxima) im Datensatz des Achsenzählers führen, wurden zunächst alle Spitzen (Peaks) extrahiert und danach klassifiziert als "Rad", "Magnetschienenbremse" oder "unbekanntes Signal".

[0064] In einem exemplarischen Ausführungsbeispiel wird ein vierstufiger Ansatz zum Erhalten der Peak-Auswertung 110 verwendet:
  1. 1. Extrahieren von allen relevanten lokalen Maxima aus dem Datensatz (diese korrespondieren gewöhnlich zu Rädern oder Magnetschienenbremsen).
  2. 2. Berechnen von Peak Kriterien für diese lokalen Maxima, z.B. Höhe, Breite, Prominenz usw..
  3. 3. Klassifizieren der Peaks in "Räder", "Magnetschienenbremsen", "unbekannt".
  4. 4. Rückabbilden der Klassifizierung auf den Datensatz.


[0065] Figur 2 zeigt ein Bestimmen einer Mehrzahl von Formen, um eine Formen-Auswertung 120 zu erhalten, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung. Im gezeigten Beispiel wurden korrekt zwei unterschiedliche (Signal-) Formen bestimmt: i) zweiachsiges Drehgestell ohne Magnetschienenbremse 121 und ii) zweiachsiges Drehgestell mit Magnetschienenbremse 122.

[0066] Bei dem Bestimmen von Formen geht es nun nicht um das Extrahieren von lokalen Maxima (wie bei der Peak-Bestimmung), sondern um das Auffinden bestimmter Signalformen (Mustererkennung), z.B. mittels Kurvenerkennungsalgorithmus. Eine wichtige Beobachtung ist hierbei, bestimmte Signale in der Regel bestimmten Formen folgen. Die Kurven zweier Räder werden z.B. durch Formen von zwei hohen Signal-Peaks dargestellt, während zwei Räder mit einer Magnetschienenbremse dazwischen durch Formen von zwei hohen Signal-Peaks mit einem niedrigen Signal dazwischen dargestellt werden.

[0067] Basierend auf dieser Beobachtung kann dem Formen-Ansatz die Idee zugrunde liegen, solche Formen bzw. Kurven nach ihrer Form zu klassifizieren. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass die Formen gleich (z.B. zu einer Referenzform) sind, sondern ähnlich; manchmal etwas länger oder etwas kürzer, manchmal etwas höher oder etwas niedriger. In besonders effizienter Weise kann ein solcher Vergleich zwischen Signalform und Referenzform, wobei die Variationen überbrückt werden, z.B. mit DTW durchgeführt werden.

[0068] In einem exemplarischen Ausführungsbeispiel wird ein vierstufiger Ansatz zum Erhalten der Formen-Auswertung verwendet:
  1. 1. Definieren von typischen Formen (Referenzformen), z.B. zwei Räder oder zwei Räder mit Magnetschienenbremse. Diese typischen Formen können als Referenzformen für DTW verwendet werden, welche die Referenzformen mit den gemessenen Formen aus dem Datensatz vergleicht.
  2. 2. Beim Extrahieren der Formen aus dem Datensatz (Segmentieren) werden lokale Formgrenzen bestimmt; dies kann ferner durch heuristische Ansätze unterstützt werden.
  3. 3. Jedes extrahierte Formensegment kann zunächst (bezüglich Länge) normiert werden, so dass es (mittels DTW) mit den Referenzformen vergleichbar ist.
  4. 4. Basierend auf dem Vergleich mittels DTW (warping distance kann erhalten werden) können die extrahierten Formen klassifiziert werden. Im Falle, dass die Unterschiede zu den Referenzformen zu groß sein sollten (Distanz zu groß), kann die Klassifizierung "unbekanntes Signal" verwendet werden.


[0069] Figur 3 zeigt ein erstes Vergleichen der Peak-Auswertung 110 und der Formen-Auswertung 120, um die Auswertungen zu validieren, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung. Mittels des Vergleichs kann eine validierte (und kombinierte) Auswertung 130 erhalten werden. Hierdurch kann die Auswertung stabiler und akkurater werden, wobei auch herausfordernde Fälle zuverlässig erfasst werden können. In einem exemplarischen Beispiel kann die Auswertung und Validierung eines Datensatzes von etwa 60 Sekunden Länge in 0,02-0,15 Sekunden bearbeitet werden.

[0070] Wie oben beschrieben, ist der Peak-basierte Ansatz darauf gerichtet festzustellen, wo Peaks lokalisiert sind und diese dann zu klassifizieren. Eine Unschärfe kann hierbei bezüglich falsch positiv/negativ bestehen. Der Form-basierte Ansatz ist darauf gerichtet, Formen (insbesondere Kurven) zu lokalisieren und mittels Referenzformen zu klassifizieren. Eine Unschärfe kann in komplexen Fällen insbesondere an Formgrenzen vorliegen. Im gezeigten Beispiel konnten alle Peak Cluster 132 korrekt bestimmt werden. Lediglich Peak Cluster 131 weist eine ungewöhnliche Form auf und wird daher als "unbekanntes Signal" klassifizier. Unter Verwenden des Peak-basierten Ansatzes kann aber darauf geschlossen werden, dass eine Rad-Magnetschienenbremse-Rad Signalform vorliegt.

[0071] Figur 4 zeigt ein zweites Vergleichen der Peak-Auswertung 110 und der Formen-Auswertung 120, um die Auswertungen zu validieren, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung. In diesem Fall liegt ein herausforderndes Peak Cluster 133 vor: zwei zweiachsige Drehgestelle sind in kurzem Abstand erfasst worden (vermutlich sehr kurze Wagen oder besonders hohe Geschiwndigkeit). Der Form-basierte Ansatz wird die Form mit vier Peaks nicht erkennen. Mittels des Peak-basierten Ansatzes kann aber festgestellt werden, dass vier Radsignale vorliegen, so dass die Form-Auswertung 120 korrigiert werden kann (Re-Segmentierung).

[0072] Figur 5 zeigt ein drittes Vergleichen der Peak-Auswertung 110 und der Formen-Auswertung 120, um die Auswertungen zu validieren 130, gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung. Zwischen den Radsignalen 141 und 142 liegt ein besonders großer Abstand 140 (z.B. kurzzeitiger Stillstand, besonders niedrige Geschwindigkeit), den der Form-basierte Ansatz nicht erkennen kann. Mittels des Peak-basierten Ansatzes kann aber festgestellt werden, dass zwei Radsignale desselben Drehgestells vorliegen, so dass die Form-Auswertung 120 korrigiert werden kann. Ferner kann in diesem Fall auch mittels Heuristik korrigiert werden, wobei benachbarte Signale in Betracht gezogen werden, um die Peaks und Formen korrekt auf den Datensatz zu mappen.

[0073] Figur 11 zeigt einen Achszähler 100 gemäß einem exemplarischen Ausführungsbeispiel der Erfindung. Dieser weist zumindest eine Sensorvorrichtung 102 (dies kann auch ein Doppelsensor-System sein) auf, der an einer Schiene 101 befestigt ist und die oben beschriebenen Datensätzen detektieren kann. Die Sensorvorrichtung ist in diesem Beispiel über Kabel (alternativ kabellos) mit einer Auswertevorrichtung 103 verbunden. Diese Auswertevorrichtung 103 ist eingerichtet den gemessenen Datensatz zu erhalten und nach dem oben beschriebenen Verfahren auszuwerten und zu validieren.

[0074] Es sei darauf hingewiesen, dass der Begriff "aufweisend" andere Elemente oder Schritte nicht ausschließt und die Verwendung des Artikels "ein" eine Vielzahl nicht ausschließt. Auch Elemente, die in Verbindung mit verschiedenen Ausführungsformen beschrieben werden, können kombiniert werden. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass Bezugszeichen in den Ansprüchen nicht so ausgelegt werden sollten, dass sie den Umfang der Ansprüche einschränken. Unabhängig vom grammatikalischen Geschlecht eines bestimmten Begriffes sind Personen mit männlicher, weiblicher oder anderer Geschlechtsidentität mit umfasst.


Ansprüche

1. Ein computer-implementiertes Verfahren zum Auswerten von einem Datensatz eines Achszählers (100), das Verfahren aufweisend:

Bestimmen einer Mehrzahl von Peaks in dem Datensatz zum Bereitstellen einer Peak-Auswertung (110);

Bestimmen einer Mehrzahl von Formen in dem Datensatz zum Bereitstellen einer Formen-Auswertung (120); und

Vergleichen (130) der Peak-Auswertung (110) und der Formen-Auswertung (120) zum Bereitstellen einer validierten Auswertung des Datensatzes.


 
2. Das Verfahren gemäß Anspruch 1, wobei das Bestimmen der Mehrzahl von Peaks (110) aufweist:
Extrahieren von lokalen Maxima (111) aus dem Datensatz.
 
3. Das Verfahren gemäß Anspruch 2, wobei das Bestimmen der Mehrzahl von Peaks (110) ferner aufweist:
Bestimmen von zumindest einem Peak-Kriterium, insbesondere zumindest einem von Peak Höhe, Peak Breite, Peak Prominenz, Peak Zeitpunkt, Peak Steigung,
weiter insbesondere wobei zum Bestimmen des zumindest einen Peak-Kriterium zwei oder mehr Schwellenwerte verwendet werden.
 
4. Das Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Bestimmen der Mehrzahl von Formen (120), insbesondere Kurvenformen, aufweist:

Bestimmen von zumindest einer Referenzform, insbesondere einer von Drehgestell-zwei-Räder (121), Drehgestell-zwei-Räder-eine-Magnetschienenbremse (122), einachsiges Drehgestell, zweiachsiges Drehgestell; und

Vergleichen von zumindest einem Signal, insbesondere einer Signalform, des Datensatzes mit der zumindest einen Referenzform.


 
5. Das Verfahren gemäß Anspruch 4, wobei das Vergleichen einen Dynamic Time Warping, DTW, Algorithmus, aufweist.
 
6. Das Verfahren gemäß Anspruch 4 oder 5, ferner aufweisend:
Extrahieren einer Signalform aus dem Datensatz, insbesondere ferner aufweisend:

Normieren der Signalform vor dem Vergleichen mit der Referenzform; und/oder

Segmentieren des Datensatzes mittels Grenzbestimmung, um dadurch die Formgrenzen zumindest einer Signalform zu bestimmen.


 
7. Das Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ferner aufweisend:
Vorprozessieren des Datensatzes zum Entfernen von Rauschen,
insbesondere mittels Glätten und/oder down-sampling.
 
8. Das Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Auswerten, insbesondere das Bestimmen der Mehrzahl von Peaks (110) und/oder das Bestimmen der Mehrzahl von Formen (120), ferner aufweist:
Klassifizieren von zumindest einem Signal des Datensatzes, insbesondere als zumindest eines von Rad (111), Magnetschienenbremse (112), einachsiges Drehgestell, zweiachsiges Drehgestell (121, 122), unbekanntes Signal (131) .
 
9. Das Verfahren gemäß Anspruch 8, ferner aufweisend:
Rückübertragen der Signal-Klassifizierung auf den Datensatz,
insbesondere zum weiteren Validieren des Datensatzes.
 
10. Das Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Klassifizieren eines Signals ferner aufweist:
Betrachten von zumindest einem weiteren Signal in der Umgebung des zu klassifizierenden Signals,
insbesondere einer Mehrzahl von weiteren Signalen in der Nachbarschaft.
 
11. Das Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Verfahren im Zusammenhang mit Schienen-gebundenen Fahrzeugen und/oder Schieneninfrastruktur eingesetzt wird.
 
12. Das Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ferner aufweisend:
Bereitstellen von Referenzformen als Trainingsdaten an einen künstliche Intelligenz, KI, Algorithmus.
 
13. Eine Vorrichtung zur Datenverarbeitung (103), welche zumindest einen Prozessor aufweist, und welche eingerichtet ist das Verfahren gemäß einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 12 auszuführen.
 
14. Einen Achszähler (100), welcher aufweist:

eine Sensorvorrichtung (102) zum Aufnehmen eines Datensatzes; und

eine Vorrichtung zur Datenverarbeitung (103) gemäß Anspruch 13, welche mit der Sensorvorrichtung (102) gekoppelt ist.


 
15. Ein Computerprogrammprodukt, welches Befehle aufweist, die bei der Ausführung des Programms durch einen Computer diesen veranlassen, das Verfahren gemäß einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 13 auszuführen.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht









Recherchenbericht