[0001] Die Erfindung betrifft ein Bauteil, das durch Umformen aus einer Stahlblechplatine
hergestellt ist, sowie ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Bauteils.
[0002] Im vorliegenden Text sind, soweit nicht explizit etwas anderes vermerkt ist, Angaben
zu Legierungsbestandteilen stets in Masse-% gemacht.
[0003] Als "Stahlflachprodukte" werden hier Walzprodukte verstanden, deren Länge und Breite
jeweils wesentlich größer sind als ihre Dicke. Hierzu zählen insbesondere Stahlbänder,
Stahlbleche und daraus gewonnene Zuschnitte, wie Platinen und desgleichen. Stahlflachprodukte
der hier in Rede stehenden Art werden für eine Kaltumformung mit anschließender Vergütungsbehandlung
zur Einstellung der mechanischen Eigenschaften des erhaltenen Bauteils oder für eine
Warmumformung zu einem Bauteil eingesetzt, um so die mechanischen Eigenschaften des
erhaltenen Bauteils einzustellen.
[0004] Die "Warmumformung" wird auch als "Formhärten" oder "Presshärten" bezeichnet. Genau
genommen bezeichnet das Presshärten das Härten eines Werkstückes oder Bauteiles in
einem gekühlten Werkzeug, während die Warmumformung zusätzlich die vorgeschaltete
Formgebung im erwärmten Zustand umfasst. Die drei genannten Begriffe werden jedoch
häufig synonym verwendet.
[0005] Als "Vergütung" wird hier eine aus dem Stand der Technik an sich bekannte Behandlung
bezeichnet, bei der zunächst eine Erwärmung auf eine Temperatur stattfindet, bei der
der Stahl des jeweils verarbeiteten Stahlflachprodukts (Bauteil) ein vollständig austenitisches
Gefüge besitzt. Diese Erwärmung dient dazu, das jeweilige Bauteil auf geeignete Temperatur
zu bringen. Diese Erwärmung wird als separater Arbeitsschritt am zuvor aus dem Stahlflachprodukt
kaltumgeformten Bauteil vorgenommen. Nach der Erwärmung wird das Bauteil beschleunigt
abgekühlt, so dass der Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem das Bauteil geformt ist,
Härtegefüge bildet mit dem Ergebnis, dass das Bauteil eine deutlich erhöhte Festigkeit
erhält. Nach dem Abschrecken kann das Bauteil einem Anlassen unterzogen werden, um
die inneren Spannungen zu reduzieren, die durch den Abschreckvorgang im Gefüge des
Bauteils entstehen können. Allgemein werden bei der Vergütung für eine Verkürzung
der Taktzeit und damit der Kosten möglichst hohe Temperaturen angestrebt.
[0006] Die im vorliegenden Text angegebenen Ac3-Temperaturen, also die Temperatur, bei deren
Überschreitung bei einer Erwärmung die Umwandlung des Stahlgefüges in den austenitischen
Zustand abgeschlossen ist, wurden nach folgender Formel abgeschätzt:
Ac3 [°C] = 902 °C - (225 * %C + 19 * %Si - 11 * %Mn + 400 * %P + 181 * %Al - 5 * %
Cr - 26 * %Cu + 13 * %Mo - 20 * %Ni + 55 * %V) * °C/Masse-%.
wobei in dieser Formel mit %C der jeweilige Kohlenstoffgehalt, mit %Si der jeweilige
Siliziumgehalt, mit %Mn der jeweilige Mangangehalt, mit %P der jeweilige Phosphorgehalt,
mit %Al der jeweilige Aluminiumgehalt, mit %Cr der jeweilige Chromgehalt, mit %Cu
der jeweilige Kupfergehalt, mit %Mo der jeweilige Molybdängehalt, mit %Ni der jeweilige
Nickelgehalt und mit %V der jeweilige Vanadiumgehalt der Stahlzusammensetzung bezeichnet
sind, deren Ac3-Temperatur bestimmt werden soll, und wobei die Gehalte an den betreffenden
Elementen, soweit vorhanden, jeweils in Masse-% in die Formel eingesetzt werden.
[0007] Die im vorliegenden Text angegebenen Ar3-Temperaturen, also die Temperatur, bei der
nach einer Abkühlung die Umwandlung des zuvor austenitischen Gefüges des Stahls einsetzt,
wurden nach folgender Formel abgeschätzt:
Ar3 [°C] = 910 °C - (203 * Quadratwurzel(%C) - 30 * %Mn + 44,7 * %Si - 11 * %Cr +
31,5 * %Mo - 15,2 * %Ni) * °C/Masse-%
wobei auch in dieser Formel mit %C der jeweilige Kohlenstoffgehalt, mit %Si der jeweilige
Siliziumgehalt, mit %Mn der jeweilige Mangangehalt, mit %Cr der jeweilige Chromgehalt,
mit %Mo der jeweilige Molybdängehalt und mit %Ni der jeweilige Nickelgehalt der Stahlzusammensetzung
bezeichnet sind, deren Ar3-Temperatur bestimmt werden soll, und wobei die Gehalte
an den betreffenden Elementen, soweit vorhanden, jeweils in Masse-% in die Formel
eingesetzt werden.
[0008] Stahlflachprodukte der hier in Rede stehenden Art werden insbesondere zur Herstellung
von Bauteilen für Personen- oder Nutzfahrzeuge, an deren mechanische Eigenschaften
höchste Anforderungen gestellt werden, und von Bauteilen benötigt, die im praktischen
Gebrauch hohen abrasiven Belastungen ausgesetzt sind, wie beispielsweise Bauteile
für Maschinen und Fahrzeuge, die in der Landwirtschaft, im Straßenbau, im Bergbau
oder desgleichen eingesetzt werden.
[0009] Seit Anfang der 1980er Jahre besteht unter Umweltgesichtspunkten eine kontinuierlich
steigende Nachfrage nach Gewichtsreduktion insbesondere bei Automobilkarosserien.
Die Reduzierung des Fahrzeuggewichts soll die bewegten Massen reduzieren, so dass
weniger Treibstoff für den Antrieb des Fahrzeugs benötigt wird und damit einhergehend
weniger klimaschädliche Gase emittiert werden.
[0010] In der stahlverarbeitenden Industrie hat sich hier der Trend etabliert, durch Verwendung
von Stahlgüten mit immer weiter erhöhten Festigkeiten eine Blechdickenreduzierung
und damit die angestrebte Gewichtsreduzierung zu erreichen, ohne dass dadurch die
Leistungsfähigkeit der betreffenden Stahlflachprodukte vermindert wird. Einerseits
ist dies durch Einsatz höherfester Stähle möglich, die sich auch noch im kalten Zustand
umformen lassen. Andererseits haben sich Stahlkonzepte durchgesetzt, die durch eine
Wärmebehandlung, bei der sie eine Austenitisierung und eine daran anschließende gesteuerte
Abkühlung durchlaufen, gehärtet werden können, wobei sich die Festigkeit derart verarbeiteter
Stähle durch Martensitumwandlung weiter steigern lässt, wobei optional durch eine
auf die Härtung folgende Anlassbehandlung eine Reduzierung innerer Spannungen erfolgen
kann.
[0011] Die Erfindung beruht hier auf der Aufgabe, ein gewichtsreduziertes Bauteil zu schaffen,
das im vergüteten und/oder warmumgeformten Zustand eine optimale Kombination aus Festigkeit
und Zähigkeit aufweist und sich als solches für Verwendungen eignet, bei denen höchste
Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften oder die Widerstandsfähigkeit gegen
abrasiven Verschleiß gestellt werden.
[0012] Zudem sollte die Erfindung auch ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Bauteils
nennen.
[0013] Ein diese Aufgabe erfindungsgemäß lösendes Bauteil weist mindestens die in Anspruch
1 angegebenen Merkmale auf.
[0014] Ein die voranstehend genannte Aufgabe erfindungsgemäß lösendes Verfahren umfasst
mindestens die in Anspruch 9 angegebenen Arbeitsschritte. Es versteht sich dabei von
selbst, dass ein Fachmann bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens die
hier nicht explizit erwähnten Arbeitsschritte ergänzt, von denen er aufgrund seiner
praktischen Erfahrung weiß, dass sie bei der Durchführung solcher Verfahren regelmäßig
angewendet werden.
[0015] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben
und werden wie der allgemeine Erfindungsgedanke nachfolgend im Einzelnen erläutert.
[0016] Ein erfindungsgemäßes Bauteil ist demnach aus einem Stahlflachprodukt geformt, das
aus einem Stahl besteht, der, in Masse-%, aus C: 0,1 - 0,6 %, insbesondere 0,10 -
0,60 % C, Mn: 0,1 - 2,0 %, insbesondere 0,1 - 2,0 % Mn, Al: 0,05 - 0,20 %, insbesondere
0,050 - 0,20 % Al, Nb: 0,01 - 0,06 %, insbesondere 0,010 - 0,060 % Nb, B: 0,0005 -
0,005 %, Cr: 0,05 - 0,8 %, Si: bis zu 0,8 %, Mo: bis zu 1,5 %, Cu: bis zu 0,5 %, Ni:
bis 1,5 %, V bis zu 0,2 %, REM bis zu 0,05 %, Ti: bis zu 0,02 %, insbesondere 0,020
% Ti, Ca: bis zu 0,005 %, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen enthält, wobei
zu den Verunreinigungen Gehalte von bis zu 0,03 % P, bis zu 0,03 % S, bis zu 0,01
% N, weniger als 0,05 % Sn, weniger als 0,05 % As und weniger als 0,05 % Co zählen
und wobei das aus dem jeweiligen Al-Gehalt %Al und dem jeweiligen N-Gehalt %N gebildete
Verhältnis %Al/%N*14/27 ≥ 8 ist.
[0017] Dabei besitzt ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt ein Gefüge, in dem in einer
homogenen Verteilung über die Banddicke höchstens 150 Flächen-ppm an Partikeln hoher
Härte vorhanden sind, deren mittlere kreisäquivalente Partikelgröße 0,2 - 10 µm beträgt
und die aus Al-Verbindungen auf oxidischer Basis, aus AIN, TiN oder aus Konglomeraten
bestehen, die auf Basis dieser Partikel gebildet sind.
[0018] Kohlenstoff "C" ist im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist, als Pflichtelement in Gehalten von 0,1 - 0,6 Masse-%, insbesondere
0,10 - 0,60 Masse-%, enthalten. Durch die Anwesenheit von C wird die Höhe des Härtungspotentials
gesteuert. Mit steigendem C-Gehalt steigt nach Austenitisierung und beschleunigtem
Abkühlen sowohl der Martensitanteil als auch die Härte des dabei im Gefüge eines erfindungsgemäßen
Bauteils erhaltenen Martensits, wobei eine einphasige Martensitstruktur die Zielmikrostruktur
des fertig prozessierten Bauteils darstellt. Die Härtesteigerung ist dabei gleichbedeutend
mit einer Festigkeitssteigerung im Zugversuch. Hierdurch wird eine Blechdickenreduzierung
und damit eine Gewichtsreduzierung in kraftübertragenden Bauteilquerschnitten ermöglicht,
wie sie im modernen Automobilstrukturbau hinsichtlich eines ressourcenschonenden Karosserieleichtbaus
angestrebt wird. Um hier die Bauteilhärte und Festigkeit effizient zu steigern, ist
ein C-Gehalt von mindestens 0,1 Masse-%, insbesondere mindestens 0,10 Masse-%, erforderlich.
Die günstigen Wirkungen der Anwesenheit von C können im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
bei einem C-Gehalt von mindestens 0,12 Masse-%, insbesondere mindestens 0,15 Masse-%,
besonders sicher erzielt werden. Bei C-Gehalten von mehr als 0,60 Masse-% wäre die
Härte bzw. Festigkeit nach beschleunigtem Abschrecken allerdings so hoch, dass die
sich in der Bruchdehnung oder Brucheinschnürung niederschlagende Zähigkeit des Stahlflachprodukts,
aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist, deutlich reduziert wäre. Gleichzeitig
würde die Neigung zu Rissbildung ansteigen und die Verschweißbarkeit verschlechtert.
Negative Auswirkungen der Anwesenheit von C können dadurch besonders sicher verhindert
werden, dass der C-Gehalt auf höchstens 0,55 Masse-%, insbesondere höchstens 0,50
Masse-%, beschränkt wird. Optimalerweise beträgt daher der C-Gehalt 0,12 - 0,55 Masse-%,
insbesondere 0,15 - 0,50 Masse-%. Allerdings kann es für bestimmte Anwendungen, insbesondere
solche Anwendungen, bei denen es zu hohen abrasiven Belastungen kommt und bei denen
die eventuell negativen Auswirkungen höherer C-Gehalte nur eine untergeordnete Rolle
spielen, auch sinnvoll sein, wegen der damit einhergehend hohen Härte C-Gehalte von
mindestens 0,5 Masse-% vorzusehen.
[0019] Silizium "Si" kann optional im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist, in Gehalten von bis zu 0,8 Masse-% vorhanden sein. Si behindert
die Zementit- und Perlitumwandlung und erhöht dadurch die Martensithärtbarkeit des
Stahlflachprodukts. Dabei vermindert Si die hinsichtlich der angestrebten Martensitbildung
kritische Abkühlgeschwindigkeit und erhöht so die Einhärtung eines in erfindungsgemäßer
Weise erzeugten Stahlflachprodukts. Si zeigt zudem ein umgekehrtes Seigerungsverhalten
als Mn und verbessert dadurch insgesamt das Seigerungshalten des Stahls, aus dem das
Stahlflachprodukt besteht, aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist. Eine
Minimierung von Seigerungen über den Querschnitt ist von besonderer Bedeutung, wenn
es sich bei einem erfindungsgemäßen Bauteil um Rohre oder desgleichen handelt. Durch
eine reduzierte Seigerungsempfindlichkeit können insbesondere bei höheren C-Gehalten
Risse bei längsnahtgeschweißten Rohren vermieden werden. Um die positiven Effekte
der Anwesenheit von Si nutzen zu können, können Si-Gehalte von mindestens 0,1 Masse-%,
insbesondere mindestens 0,15 Masse-%, vorgesehen werden. Zu hohe Si-Gehalte könnten
allerdings das Benetzungsverhalten des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist, insbesondere dann verschlechtern, wenn erfindungsgemäß legierte
Stahlflachprodukte schmelztauchbeschichtet werden sollen. Si neigt bei dem in diesem
Fall durchgeführten Glühen des Stahlflachprodukts zur externen Oxidbildung. Um dies
zu verhindern, beträgt der Si-Gehalt eines für ein erfindungsgemäßes Bauteil verwendeten
Stahlflachprodukts höchstens 0,8 Masse-%. Negative Auswirkungen der Anwesenheit von
Si können dabei besonders sicher vermieden werden, wenn der Si-Gehalt auf höchstens
0,5 Masse-% beschränkt ist. Optimalerweise beträgt daher der Si-Gehalt 0,1 - 0,8 Masse-%,
insbesondere 0,15 - 0,5 Masse-%.
[0020] Mangan "Mn" ist im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil
geformt ist, in Gehalten von 0,1 - 2 Masse-%, insbesondere von 0,10 - 2,0 Masse-%,
vorhanden. Mn erhöht die Härtbarkeit des Stahles durch Absenkung der A3-Umwandlungstemperatur
(also der Ac3 und/oder Ar3 Temperatur) von Ferrit zu Austenit. Hierdurch kann bei
der Wärmebehandlung des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil
geformt ist, die Ofentemperatur zur vollständigen Umwandlung in Austenit beim Erwärmen
reduziert werden. Insbesondere die Bildung der diffusionsgesteuerten Umwandlungsphasen
Ferrit, Perlit und Bainit wird hin zu längeren Zeiten verschoben. Daher ist Mangan
in dieser Hinsicht ein ähnlich wirkungsvolles Legierungselement wie Kohlenstoff. Gegenüber
Kohlenstoff besitzt Mangan dabei den Vorteil, ein höheres Verformungsvermögen im gehärteten
Zustand zu erreichen, das sich beispielsweise in einer höheren Kerbschlagzähigkeit
äußert. Mit der Herabsetzung der kritischen Abkühlgeschwindigkeit bei zunehmendem
Mangangehalt ist zudem eine Erhöhung des Einhärtungsvermögens verbunden. Schwankungen
in den Abkühlbedingungen oder unterschiedliche Kontaktbedingungen beim Abkühlen von
aus erfindungsgemäß legiertem Stahlwerkstoff gefertigten Bauteilen können besser ausgeglichen
werden und die Eigenschaftsstreuung wird eingegrenzt. Allerdings wird durch zu hohe
Mn-Gehalte das C-Seigerungsverhalten erhöht und es kann zu inhomogenem Härtungsverhalten
über dem Querschnitt des jeweiligen Produkts und zur Entstehung von Härtungsrissen
kommen. Durch steigende Mn-Gehalte steigt darüber hinaus das Risiko, dass sich an
der Oberfläche des aus erfindungsgemäß legiertem Stahlwerkstoff erzeugten Produkts
externe Mn-Oxide oder Mn-basierte Mischoxide bilden. Dies würde wie im Fall von übermäßigen
Gehalten an Si die Gefahr einer Verschlechterung des Benetzungsverhaltens eines aus
erfindungsgemäß legiertem Stahlwerkstoff gefertigten Stahlflachprodukts beim Schmelztauchbeschichteten
auslösen. Im Fall von Haubenglühprozessen würden zu hohe Mn-Gehalte an der Warm- oder
Kaltbandoberfläche ebenfalls durch Bildung von Manganoxiden zu unerwünschten Verfärbungen
oder so genannten "Manganschleiern" führen. Um diese negativen Auswirkungen zu vermeiden,
ist der Mn-Gehalt eines zum Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts
auf höchstens 2 Masse-%, insbesondere höchstens 2,0 Masse-%, beschränkt, wobei ungünstige
Effekte der Anwesenheit von Mn bei einer Beschränkung des Mn-Gehalts auf höchstens
1,5 Masse-%, insbesondere 1,50 Masse-%, besonders sicher vermieden werden können.
Dagegen können die positiven Einflüsse von Mn auf die Eigenschaften eines zum Formen
eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts dann besonders sicher
genutzt werden, wenn der Mn-Gehalt mindestens 0,4 Masse-%, insbesondere mindestens
0,40 Masse-%, beträgt. Optimalerweise beträgt daher der Mn-Gehalt 0,4 - 1,5 Masse-%,
bevorzugt 0,40 - 1,50 Masse-%, insbesondere 0,6 - 1,3 Masse-% oder 0,6 - 1,2 Masse-%,
bevorzugt 0,60 - 1,30 Masse-% oder 0,60 - 1,20 Masse-%.
[0021] Phosphor "P" zählt zu den herstellungsbedingt unvermeidbaren Stahlbegleitern. P seigert
insbesondere an den Korngrenzen und vermindert die Korngrenzenfestigkeit. Höhere P-Gehalte
würden daher zur Schwächung des Gefüges beitragen, die wiederum eine Verschlechterung
der Zähigkeit des Werkstoffes bedingen würde. Der Gehalt an P eines zum Formen eines
erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts ist daher auf höchstens
0,03 Masse-% beschränkt, wobei der Gehalt an P so gering wie möglich eingestellt werden
sollte. Bevorzugt beträgt deshalb der P-Gehalt des Stahlflachprodukts höchstens 0,025
Masse-%, insbesondere höchstens 0,02 Masse-%.
[0022] Schwefel "S" ist ebenfalls ein Begleitelement, dessen Anwesenheit im zum Formen eines
erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukt grundsätzlich unerwünscht
ist. Aufgrund der erfindungsgemäß vorgesehenen Mn-Gehalte würden sich bei höheren
S-Gehalten nichtmetallische MnS-Ausscheidungen bilden, die nach dem Walzen des Stahlflachprodukts
infolge ihrer niedrigen Härte in langgestreckter Form vorliegen würden und das Bruchverhalten
negativ beeinflussen würden. Bei Verformung könnten sich erste mikroskopische Werkstofftrennungen
durch Risseinleitung und Rissfortschritt an langgestreckten MnS bilden, ausdehnen
und zusammenwachsen, bis sie das Werkstoffverhalten makroskopisch in Form von reduzierter
Kerbschlagzähigkeit und steigender Werkstoffanisotropie verschlechtern. Um die negativen
Auswirkungen der Anwesenheit von S im erfindungsgemäß legierten Stahl auszuschließen,
ist der S-Gehalt auf höchstens 0,03 Masse-% beschränkt, wobei niedrige S-Gehalte von
weniger als 0,006 Masse-%, insbesondere weniger als 0,003 Masse-%, besonders günstig
sind.
[0023] Aluminium "Al" ist im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist, in Gehalten von 0,05 - 0,2 Masse-%, insbesondere 0,050 - 0,20
Masse-%, vorhanden. Al dient klassischerweise als Desoxidationselement, wozu es in
der Praxis typischerweise in Gehalten von 0,02 - 0,05 Masse-% zulegiert wird. Gemäß
der Erfindung werden demgegenüber erhöhte Gehalte an Al von 0,050 - 0,20 Masse-%,
insbesondere 0,050 - 0,20 Masse-%, in Kombination mit optionalen, niedrigen Ti-Gehalten
von bis zu 0,02 Masse-%, insbesondere bis zu 0,020 Masse-%, im erfindungsgemäß legierten
Stahl vorgesehen. Auf diese Weise wird die Bildung von AIN oder NbN in Konkurrenz
zur klassischerweise bei Vergütungsstählen bekannten Stickstoffabbindung durch TiN
gefördert und, soweit Ti im Stahl eines zum Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils
vorgesehenen Stahlflachprodukts vorhanden ist, die Entstehung von vergleichsweise
grob auftretenden TiN vermieden. Ziel ist es dabei, die Entstehung von Bornitriden
zu vermeiden, damit B, wie nachfolgend erläutert, seinen günstigen Einfluss auf die
Verzögerung der Umwandlung in im Kristallgitter gelöster Form entfalten kann. Darüber
hinaus wird durch die Anwesenheit von Al in den erfindungsgemäß vorgegebenen Gehaltsgrenzen
eine Kornfeinung erreicht. Bei Al-Gehalten von weniger als 0,05 Masse-%, insbesondere
weniger als 0,050 Masse-%, wäre der Ausscheidungsdruck zur Bildung von AIN zu gering.
Um die positiven Effekte von Al im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt sicher nutzen
zu können, kann der Al-Gehalt auf mindestens 0,06 Masse-%, insbesondere mindestens
0,060 Masse-%, oder mindestens 0,07 Masse-%, insbesondere mindestens 0,070 Masse-%,
eingestellt werden. Bei Gehalten von mehr als 0,2 Masse-%, insbesondere mehr als 0,20
Masse-%, Al bestünde allerdings die Gefahr, dass sich an der Oberfläche eines aus
erfindungsgemäß legiertem Stahlwerkstoff gefertigten Produkts externe Al-Oxide einstellen,
die das Benetzungsverhalten beim Schmelztauchbeschichten verschlechtern würden. Zudem
würde bei höheren Al-Gehalten die Bildung von nichtmetallischen Albasierten Einschlüssen
begünstigt, die im Wesentlichen als Tonerde (Al
2O
3) und Aluminiumnitrid (AIN) zudem eine hohe Härte (Mohs-Härte 9) aufweisen und daher
im Hinblick auf die Vermeidung der Gefahr von Risseinleitung und - fortschritt bei
plastischer Verformung und zyklischer Beanspruchung unerwünscht sind. Hierbei erweist
es sich zudem als nachteilig, dass die oxidischen Al-Ausscheidungen Konglomerate mit
anderen Ausscheidungstypen wie Sulfiden und Silikaten bilden können und somit größere
Ausscheidungen bilden, die ein höheres Risseinleitungs- und Versagenspotential haben
können. Dies kann sich insbesondere bei aus erfindungsgemäß legiertem Stahlwerkstoff
erzeugten Stahlflachprodukten, welche nach Vergütung oder Warmumformung Festigkeiten
von bis zu 2500 MPa erreichen können, als besonders riskant erweisen. Hinzu kommt,
dass bei hohen Al-Gehalten Längsrisse in den bei der Verarbeitung aus dem erfindungsgemäß
legierten Stahlwerkstoff gegossenen Brammen entstehen. Zudem tritt durch Al eine drastische
Erhöhung der Ac3-Umwandlungstemperatur ein, so dass bei höheren Al-Gehalten die Temperatur,
die für eine vollständige Austenitisierung überschritten werden muss, unnötig gesteigert
würde. Erfindungsgemäß ist daher der Al-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
auf höchstens 0,2 Masse-%, insbesondere höchstens 0,20 Masse-%, beschränkt, wobei
negative Auswirkungen der Anwesenheit von Al im zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts durch eine Begrenzung des Al-Gehalts auf
höchstens 0,15 Masse-%, insbesondere höchstens 0,150 Masse-%, oder höchstens 0,13
Masse-%, insbesondere höchstens 0,130 Masse-%, besonders sicher vermieden werden können.
Optimalerweise beträgt daher der Al-Gehalt eines zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts 0,06 - 0,15 Masse-%, insbesondere 0,07 -
0,13 Masse-%, wobei sich Al-Gehalte von 0,060 - 0,150 Masse-%, insbesondere 0,070
- 0,130 Masse-%, besonders bewährt haben.
[0024] Chrom "Cr" ist im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil
geformt ist, als Pflichtelement in Gehalten von 0,05 - 0,8 Masse-% vorhanden, um die
Härtbarkeit über den umwandlungsverzögernden Einfluss zu erhöhen. Chrom unterdrückt
effektiv die Bildung von Ferrit und Perlit während einer beschleunigten Abkühlung
des Stahlflachprodukts und ermöglicht eine vollständige Martensitbildung auch bei
geringeren Abkühlraten, wodurch eine Steigerung der Härtbarkeit erzielt wird. Die
Anwesenheit von Cr in den erfindungsgemäß vorgesehenen Gehalten trägt somit zur Durchhärtbarkeit
des zum Formen eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts mittels geeigneter Abkühlung
bei und vermindert die Streuung der lokalen Produkteigenschaften. Cr erhöht zudem
die Zugfestigkeit, ohne dass dadurch die Dehnung wesentlich verschlechtert wird. Dies
erklärt sich auch aus der Bildung von Chromkarbiden, die festigkeitssteigernd wirken
und die Anlassbeständigkeit erhöhen können. Um die erwünschte Auswirkung auf die Umwandlung
zu erreichen, ist ein Mindestgehalt von 0,05 Masse-% Cr erforderlich, wobei sich dieser
Effekt besonders sicher bei Cr-Gehalten von mindestens 0,15 Masse-% Cr einstellt.
Bei Gehalten von mehr als 0,8 Masse-% Cr ist aufgrund der erfindungsgemäß insgesamt
ausgewählten Legierungslage keine Steigerung des positiven Einflusses von Cr mehr
zu beobachten, wobei sich die umwandlungsverzögernde Wirkung von Cr bei Gehalten von
bis zu 0,55 Masse-% besonders effektiv nutzen lässt. Daher betragen die Cr-Gehalte
eines erfindungsgemäß zum Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts
optimalerweise 0,15 - 0,55 Masse-%.
[0025] Stickstoff "N" kann im erfindungsgemäßen Legierungskonzept als prinzipiell unerwünschtes
Begleitelement in Gehalten von bis zu 0,01 Masse-% vorhanden sein. Bei höheren N-Gehalten
sind erhöhte Gehalte an Nitridbildner wie Ti, Nb, Al notwendig, um N als Nitrid abbinden
zu können. Zugleich erhöht sich insbesondere das Risiko zur Bildung gröberer, zähigkeitsverschlechternder
TiN-Ausscheidungen, falls Ti optional zulegiert wird. Insbesondere bestünde dann auch
die Gefahr, dass B nicht mehr in gelöster Form zur Verfügung steht. Eine BN-Bildung
muss vermieden werden, da ansonsten die erwünschte umwandlungsverzögernde Wirkung
durch freies Bor nicht genutzt werden könnte. Um die hierzu erforderlichen legierungstechnischen
Maßnahmen in Grenzen zu halten, ist der N-Gehalt auf höchstens 0,01 Masse-% beschränkt,
wobei der negative Einfluss von N auf die Eigenschaften eines zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts dadurch besonders sicher vermieden werden
kann, dass der N-Gehalt auf höchstens 0,007 Masse-%, insbesondere höchstens 0,005
Masse-%, beschränkt wird.
[0026] Niob "Nb" ist in Gehalten von 0,01 - 0,06 Masse-%, insbesondere 0,010 - 0,060 Masse-%,
als Pflichtelement im Stahl des Stahlflachprodukts vorhanden, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist. Nb wirkt stark kornfeinend, weil es bereits als gelöstes Legierungselement
im Austenit das Kornwachstum behindern kann. Zudem bildet Nb feine Karbid- oder Nitridausscheidungen,
die im Fall der Nitride deutlich feiner als beispielsweise TiN sind. Kornfeinung und
Ausscheidungsbildung tragen zur Festigkeitssteigerung am aus erfindungsgemäß legiertem
Stahlwerkstoff gefertigten Endprodukt bei und verbessern zudem die Zähigkeit. Darüber
hinaus tragen feine Ausscheidungen zur Vermeidung von Rissen bei. Ferner sind feine
Ausscheidungen günstiger im Hinblick auf die Vermeidung von Rissentstehung und Rissfortschritt
als grobe Ausscheidungen. Durch eine feinere Austenitkorngröße wird des Weiteren die
Martensitpaketgröße reduziert, was zu einer homogeneren Härte- und Festigkeitsverteilung
am aus einem erfindungsgemäß legierten Stahlwerkstoff erzeugten Produkt führt. Zudem
wird durch die Anwesenheit von Nb das Seigerungsverhalten positiv beeinflusst, da
durch die feinere Ausbildung der Kornstruktur bereits im Austenitzustand eine Verfeinerung
der Seigerungsstruktur begünstigt wird. Um diese positiven Effekte zu erreichen, beträgt
der minimale Nb-Gehalt eines zum Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen
Stahlflachprodukts 0,010 Masse-%, wobei sich Nb-Gehalte von mindestens 0,015 Masse-%
oder mindestens 0,020 Masse-% als besonders günstig herausgestellt haben. Die Obergrenze
der Gehalte an Nb liegt beim erfindungsgemäß verwendeten Stahlflachprodukt bei 0,060
Masse-%, da mit steigendem Nb-Gehalt ein Clogging-Effekt beim Vergießen der für die
Erzeugung des Stahlflachprodukts erschmolzenen, erfindungsgemäß legierten Stähle einsetzen
kann. Zudem besteht insbesondere bei gleichzeitig höheren C-Gehalten die Gefahr, dass
erhöhte Nb-Gehalte bei der Erwärmung von aus erfindungsgemäß legiertem Stahlwerkstoff
gegossenen Brammen bei minimalen Ofentemperaturen von 1100 °C nicht mehr vollständig
in Lösung gebracht werden könnten. Die vollständige Auflösung von Nb-basierten Ausscheidungen
bei der Brammenvorwärmung ist jedoch vorteilhaft, um die Kornfeinung optimal nutzen
zu können und um beim Warmwalzen oder auch in späteren Prozessphasen (Rekristallisationsglühen,
Warmumformofen) der Verarbeitung erfindungsgemäß legierten Stahlwerkstoffs feinverteilte,
festigkeitsrelevante Nb-Ausscheidungen bilden zu können. Zu hohe Nb-Gehalte können
zudem das Beschichtungsverhalten im Schmelztauchprozess negativ beeinflussen. Die
vorteilhaften Einflüsse der Anwesenheit von Nb im zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukt lassen sich besonders sicher bei Gehalten
von bis zu 0,05 Masse-% Nb, insbesondere bis zu 0,050 Masse-% Nb, oder bis zu 0,04
Masse-% Nb, insbesondere bis zu 0,040 Masse-% Nb, nutzen. Optimalerweise beträgt somit
der Nb-Gehalt des Stahlflachprodukts 0,015 - 0,05 Masse-%, insbesondere 0,015 - 0,050
Masse-%, wobei sich Gehalte von 0,020 - 0,04 Masse-%, insbesondere 0,020 - 0,040 Masse-%,
besonders bewährt haben.
[0027] Titan "Ti" kann dem Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil
geformt ist, optional in Gehalten von bis zu 0,02 Masse-%, insbesondere bis zu 0,020
Masse-%, zugegeben werden, um den im Stahl unvermeidbar vorhandenen Stickstoff abzubinden
und sicherzustellen, dass B in nicht abgebundener, interstitiell gelöster Form erhalten
bleibt. Gleichzeitig ist der Gehalt an Ti so zu beschränken, dass die Bildung grober
TiN-Ausscheidungen vermieden wird, um bei aus erfindungsgemäß legiertem Stahlwerkstoff
erzeugten hochfesten Produkten die Gefahr von Risseinleitung und Rissausbreitung insbesondere
unter zyklischer und dynamischer Beanspruchung soweit wie möglich zu minimieren. Die
günstigen Einflüsse von Ti auf die Eigenschaften eines zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts stellen sich dabei sicher ein, wenn der Ti-Gehalt
mindestens 0,001 Masse- %, insbesondere mindestens 0,004 Masse-% oder mindestens 0,010
Masse-% beträgt. Im Sinne der Erfindung ist eine Konzentration Ti ab 0,004 Masse-
%, insbesondere ab mindestens 0,005 Masse-%, als gezielt zulegiertes Element einzustufen.
Ti-Gehalte, die unter der jeweils erfindungsgemäß für den Ti-Gehalt vorgegebenen Mindestgrenze
von 0,004 Masse-%, insbesondere von 0,005 Masse-%, liegen, werden jeweils als unvermeidbare
Verunreinigung angesehen, die durch die bei der Erzeugung des Stahls eingesetzten
Ausgangsstoffe eingetragen wird. Gleichzeitig lassen sich negative Auswirkungen von
Ti durch eine Begrenzung des Ti-Gehalts auf höchstens 0,020 Masse-% besonders sicher
vermeiden. Optimalerweise beträgt daher der Ti-Gehalt des Stahls, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil besteht, 0,004 - 0,016 Masse-%.
[0028] Optional kann der jeweilige Ti-Gehalt %Ti so auf den jeweiligen N-Gehalt %N des Stahlflachprodukts,
aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist, abgestimmt werden, dass für das
Verhältnis % Ti/%N gilt:

[0029] Gemäß einer in diesem Zusammenhang hinsichtlich der gewünschten Abbindung von N besonders
vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden der Ti-Gehalt %Ti, der N-Gehalt %N
sowie der Al-Gehalt %AI und der restliche N-Gehalt %Nrest, der nach Abbindung von
N durch Ti zu TiN noch vorhanden ist (%Nrest = %N -% Ti*14/48), so aufeinander abgestimmt,
dass nicht nur die Bedingung %Ti/%N < 4 erfüllt ist, sondern dass für die Differenz
des aus dem jeweiligen Al-Gehalt %Al und der jeweiligen stöchiometrisch bestimmten
Größe 27/14*%Nrest gilt:

[0030] Dabei ist UG
Al_Nrest gleich 0,070 Masse-%, insbesondere gleich 0,075 Masse-%, bevorzugt gleich 0,080
Masse-%, insbesondere gleich 0,081 Masse-%, und OG
Al_Nrest gleich 0,150 Masse-%, insbesondere gleich 0,135 Masse-%, bevorzugt gleich 0,125 Masse-%,
insbesondere bevorzugt gleich 0,121 Masse-%. Demnach gilt gemäß einer besonders vorteilhaften
Ausgestaltung der Erfindung:

[0031] Bor "B" ist im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil
geformt ist, in Gehalten von 0,0005 - 0,005 Masse-% als Pflichtbestandteil vorhanden.
B ist ein effektiv wirkendes Härtungselement, das schon in sehr geringen Gehalten
deutlich umwandlungsverzögernd wirken kann und somit die Härtbarkeit deutlich erhöht.
Darüber hinaus verbessert B die Korngrenzenfestigkeit, indem es sich vornehmlich an
Korngrenzen anlagert und so schädliche Elemente, wie beispielsweise P, von dort verdrängt.
Auf diese Weise werden Zähigkeit und Brucheinschnürung verbessert. Unterhalb von 0,0005
Masse-% B ist allerdings die Verzögerung der Umwandlung zu gering. Besonders sicher
lässt sich deshalb die günstige Wirkung von B im Stahlflachprodukt, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist, bei B-Gehalten von mindestens 0,001 Masse-% nutzen. Bei Gehalten
von mehr als 0,005 Masse-% Bor tritt jedoch ein Sättigungseffekt ein. Die günstigen
Auswirkungen der Anwesenheit von B lassen sich daher besonders effektiv nutzen bei
B-Gehalten von höchstens 0,0035 Masse-%, insbesondere höchstens 0,0030 Masse-%. Optimalerweise
beträgt der B-Gehalt eines zum Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen
Stahlflachprodukts somit 0,001 - 0,0035 Masse-%, insbesondere 0,001 - 0,003 Masse-%.
[0032] Molybdän "Mo" kann optional im Stahl des erfindungsgemäßen Stahlprodukts in Gehalten
von bis zu 1,5 Masse-% vorhanden sein. Wie auch Chrom unterdrückt Mo die Bildung von
Ferrit und Perlit beim Abkühlen und ermöglicht eine erhöhte Martensit- oder Bainitbildung
auch bei geringeren Abkühlraten, wodurch eine Steigerung der Härtbarkeit erzielt wird.
Dabei ist die härtbarkeitssteigernde Wirkung von Mo deutlich höher als die von Cr.
Insofern kann Mo wirkungsvoll eine Festigkeitssteigerung in großen Dicken und Querschnitten
bewerkstelligen, wo abmessungs- oder konstruktiv bedingt nur verhältnismäßig niedrige
Abkühlraten möglich sind. Mo verringert zudem die Anlaßversprödung von Vergütungsstählen.
Mo ist auch ein starker Karbidbildner und kann somit auch zur Festigkeitserhöhung
durch Ausscheidungsbildung beitragen. Diese günstigen Einflüsse von Mo stellen sich
bei optionalen Mo-Gehalten von mindestens 0,03 Masse-% ein, wobei der härtesteigernde
Beitrag von Mo bei Mo-Gehalten von mindestens 0,1 Masse-% besonders sicher genutzt
werden kann. Bei zu hohen Mo-Gehalten würde allerdings die Warmverformbarkeit des
Stahles zu stark eingeschränkt werden. Zudem könnte Mo bei zu hohen Gehalten mit S
niedrigschmelzende Sulfidverbindungen bilden, die lokal bei der Warmformgebung die
Rissgefahr erhöhen und somit z.B. oberflächennah Fehlstellen begünstigen könnten.
Daher ist der Mo-Gehalt erfindungsgemäß auf höchstens 1,5 Masse-% beschränkt. Negative
Auswirkungen der Anwesenheit von Mo können dabei dadurch besonders sicher vermieden
werden, dass der Mo-Gehalt auf höchstens 0,5 Masse-% beschränkt wird.
[0033] Ebenfalls jeweils optional können ein Element oder mehrere Elemente aus der Gruppe
"Cu", "Ni", "V" und "REM" im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist, entsprechend den nachfolgend erläuterten Maßgaben vorhanden sein:
Kupfer "Cu" und Nickel "Ni" können optional im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem
ein erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist, zur Erhöhung der Härtbarkeit vorgesehen
sein. Hierzu geeignete Gehalte von Cu sind bis zu 0,5 Masse-%, wobei die Wirkung von
Cu ab einem optionalen Gehalt von mindestens 0,1 Masse-% eintritt. Ni kann in Gehalten
von bis zu 1,5 Masse-% vorgesehen sein, wenn nicht nur die Härtbarkeit, sondern auch
die Zähigkeit des aus einem erfindungsgemäß legierten Stahlprodukt gefertigten Bauteiles
verbessert werden soll. Hierzu sind optional Ni-Gehalte von mindestens 0,15 Masse-%
erforderlich.
[0034] Auch Vanadium "V" kann im Stahl des Stahlflachprodukts, aus dem ein erfindungsgemäßes
Bauteil geformt ist, optional vorhanden sein, um eine Ausscheidungsverfestigung zu
bewirken. Hierfür geeignete V-Gehalte betragen bis zu 0,2 Masse-%, wobei die Wirkung
von V durch optionale Gehalte von mindestens 0,03 Masse-% genutzt werden kann.
[0035] Seltene Erden "REM", wie z.B. Cer und Lanthan, können im Stahl des Stahlflachprodukts,
aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist, eine Kornfeinung und damit eine
Zähigkeits- und Festigkeitssteigerung bewirken. Um diese Wirkung zu nutzen, können
optional Gehalte von mindestens 0,02 Masse-% REM vorhanden sein. Dabei lässt sich
diese Wirkung bei REM-Gehalten von bis zu 0,05 Masse-% besonders effektiv nutzen.
[0036] Kalzium "Ca" ist optional in Gehalten von bis zu 0,005 Masse-% im Stahl des Stahlflachprodukts,
aus dem ein erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist, vorhanden. Ca kann dem Stahl zur
Sulfidformbeeinflussung zugegeben werden. Es bildet beispielsweise in Konkurrenz mit
Mangan ebenfalls Sulfide. Durch die höhere Härte von CaS bleibt eine runde Ausscheidungsform
im Walzprozess erhalten und eine kleinere Grenzfläche mit dem Substrat ist die Folge.
Hierdurch wird die Ausprägung einer Vorzugsrichtung bei Risseinleitung und -ausbreitung
verhindert. Im Zusammenwirken mit einer Reduzierung des Schwefelgehaltes wird hierdurch
eine Verbesserung der Werkstoffzähigkeit und Isotropie erreicht. Um dies sicher zu
nutzen, kann der Ca-Gehalt auf mindestens 0,001 Masse-% eingestellt werden. Bei zu
hohen Ca-Gehalten würde sich allerdings die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich
weitere nichtmetallische Einschlusstypen unter Beteiligung von Ca bilden, die den
Reinheitsgrad des Stahles und auch die Zähigkeit verschlechtern. Aus diesem Grund
sollte eine Obergrenze des Ca-Gehalts von höchstens 0,005 Masse-%, vorzugsweise höchstens
0,003 Masse-%, eingehalten werden.
[0037] Beispielsweise Zinn "Sn", Arsen "As" und Kobald "Co" und alle anderen hier nicht
genannten potenziellen Legierungselemente sind im Stahl des Stahlflachprodukts, aus
dem ein erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist, allenfalls als den unvermeidbaren Verunreinigungen
zuzurechnende Begleitelemente vorhanden, deren Gehalte so gering wie möglich einzustellen
sind, jedenfalls aber so zu minimieren sind, dass sie keinen Einfluss auf die Eigenschaften
des Stahlflachprodukts und der daraus hergestellten Produkte haben. Hierzu sind für
die Gehalte an Sn, As und Co folgende Obergrenzen einzuhalten: Sn: < 0,05 Masse-%,
As: < 0,05 Masse-%, Co: < 0,05 Masse-%.
[0038] Wie ebenso schon erläutert, trägt B im Stahl eines erfindungsgemäß zum Formen eines
erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts entscheidend zur Härtbarkeit
bei, indem es die Gefügeumwandlung bei der Abkühlung verzögert. Gleichzeitig verbessert
B die Zähigkeit und Brucheinschnürung des Stahlflachprodukts. Die gemäß der Erfindung
im Stahl des Stahlflachprodukts eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Gehalte
an Al und Nb stellen sicher, dass der, wenn auch unerwünscht, so doch herstellungsbedingt
stets in gewissen Mengen unvermeidbar im Stahl vorhandene Stickstoff abgebunden wird,
bevor Bornitride entstehen können. Die Erfindung sieht hierzu vor, dass in jedem Fall
so viel Al im Stahl des Stahlflachprodukts vorhanden ist, dass für das aus dem jeweiligen
Al-Gehalt %Al und dem jeweiligen N-Gehalt %N gebildete Verhältnis die folgende Bedingung
erfüllt:

mit UG
%Al%N = 8, insbesondere 8,0. Liegt das Verhältnis %Al/%N*14/27 unter diesem Grenzwert,
so steht nicht genügend Al zur Verfügung, um die N-Abbindung über die erstrebte Bildung
von AIN gegenüber BN durch das höhere Al-Angebot ausreichend zu begünstigen. Dieses
Risiko kann dadurch gemindert werden, dass die Untergrenze UG
%Al%N für das Verhältnis %Al/%N*14/27 auf UG
%Al%N = 8,3, insbesondere UG
%Al%N = 8,6 oder, besonders bevorzugt, auf UG
%Al%N = 9,0, angehoben wird.
[0039] Indem gleichzeitig für das Verhältnis %Al/%N die Bedingung

mit OG
%Al/%N = 15, insbesondere OG
%Al/%N = 15,0, eingehalten wird, lässt sich verhindern, dass zu viel Al im Stahl zur Verfügung
steht. Dies hätte andernfalls die Gefahr zur Folge, dass gröbere, oxidische Al-Ausscheidungen
des Typs Al
2O
3 sowie deren Konglomerate mit Silikaten und Sulfiden anwachsen könnten. Ist OG
%Al/%N = 13,5, insbesondere OG
%Al/%N = 12,0, so lässt sich dieses Risiko besonders sicher minimieren. Als besonders vorteilhaft
erweist es sich somit, wenn für das Verhältnis %Al/%N gilt:

[0040] Es versteht sich hier von selbst, dass alle optionalen Elemente einzeln oder in Kombination
miteinander als Verunreinigungen im Stahl des zum Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils
vorgesehenen Stahlflachprodukts vorliegen können. In diesem Fall sind die Gehalte
an den betreffenden Elementen so gering, dass sie unterhalb den Mindestgrenzen liegen,
ab denen gemäß den voranstehenden Erläuterungen die Wirkung des jeweiligen Elements
nutzbar ist. Bei unterhalb dieser Mindestgrenzen liegenden Gehalten an den optional
vorhandenen Legierungselementen haben diese Elemente keine Auswirkungen auf die Eigenschaften
des Stahlflachprodukts und können daher im Sinne einer Verunreinigung toleriert werden.
[0041] Endogene oder exogene Einschlüsse (Partikel, Ausscheidungen), die in der Stahlherstellung
entstehen, führen grundsätzlich zu einer Reduzierung des Reinheitsgrades, was zum
vorzeitigen Versagen von Bauteilen führen kann. Insbesondere bei hochfesten Bauteilen
kann dies ein zunehmendes Problem darstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn solche
Bauteile zyklischen oder dynamischen Belastungen ausgesetzt sind. Hier von Interesse
sind die endogenen Einschlüsse, die sich beim Stahlherstellungsprozess aufgrund der
thermodynamischen Gegebenheiten aus der chemischer Zusammensetzung und Prozessführung
ergeben. Exogene Einschlüsse sind in der Regel Einzelfälle und stammen z.B. aus Pfannenschlacke
oder vom Feuerfestmaterial, spielen hier jedoch keine Rolle und werden daher hier
auch nicht betrachtet.
[0042] Ausgehend von diesen Erkenntnissen bestand ein Ziel der erfindungsgemäßen Einstellung
der Legierung des Stahls eines erfindungsgemäßen Bauteils darin, den Anteil grober
und harter TiN-, AIN- und oxidischer Al-basierter Partikel sowie Konglomeraten aus
diesen Verbindungen aus Zähigkeitsgründen zu reduzieren und trotzdem den jeweils vorhandenen
Stickstoff sicher abzubinden, um über die stark umwandlungsverzögernde Wirkung von
interstitiell gelöstem B auch bei relativ niedrigen Abkühlraten von mindestens 30
°C/s bis höchstens 120 °C/s eine vollständige Umwandlung in Martensit auch bei größeren
Banddicken und Bauteilquerschnitten zu erreichen. Wie voranstehend schon erläutert,
bilden Al und das optional vorhandene Ti harte Ausscheidungen, die bei aus erfindungsgemäß
legierten Stahlflachprodukten geformten Bauteilen aufgrund der Kerbwirkung und der
die Partikel umgebenden Spannungsfelder die Quelle von Rissen und deren Ausbreitung
sein könnten. Besonders die kantig und kubusförmig auftretenden TiN-Partikel erweisen
sich hier schon aufgrund ihrer Form und Größe als schädlich.
[0043] Die Erfindung hat die Gehalte an den Legierungselementen und die Bedingungen bei
der Erzeugung von zum Formen von erfindungsgemäßen Bauteilen erfindungsgemäß vorgesehenem
Stahlflachprodukt so aufeinander abgestimmt, dass im Gefüge eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts und eines daraus erzeugten Bauteils über die Banddicke homogen
verteilt höchstens bis zu 150 Flächen-ppm harte TiN-Partikel- und Al-basierte oxidische
Partikel sowie AIN mit einer mittleren, kreisäquivalenten Partikelgröße von 0,2 -
10 µm vorhanden sind.
[0044] Als unter die Definition "harte Partikel" fallend werden hier im Wesentlichen Partikel
von AIN, Al
2O
3 und Al
2O
3-basierten Spinellen sowie TiN-Partikel und auf Basis der genannten Partikel gebildete
Konglomerate betrachtet. Solche Partikel weisen jeweils eine hohe Mohs-Härte von ca.
9 auf. Aufgrund ihrer hohen Härte sind sie in Walz- oder Verformungsprozessen kaum
verformbar und führen in ihrem Umfeld zu lokalen Spannungsfeldern, die einem frühzeitigen
Materialversagen Vorschub leisten können. Als Konglomerate (Mischformen) werden hier
insbesondere Partikelverbünde bezeichnet, in denen sich weitere Partikel durch heterogene
Keimbildung auf bereits bestehenden Partikeln bilden, z.B. Al
2O
3 mit MnS, wobei die Basis einer der zuvor bereits benannten harten Partikelarten darstellt.
[0045] Durch das erfindungsgemäße Legierungskonzept ist darüber hinaus erreicht worden,
dass die Gesamtzahl der in diesen Partikelgrößenbereich fallenden, harten TiN-basierten
Ausscheidungen und deren Mischformen in einem aus erfindungsgemäß legiertem Stahlflachprodukt
geformten Bauteil auf weniger als 30 % der im Gefüge eines Bauteils vorhandenen Partikel
in der Größenklasse 0,2 - 10 µm reduziert ist. Gleichzeitig ist die absolute Anzahl
der in den betreffenden Partikelgrößenbereich fallenden Ausscheidungen gegenüber herkömmlichen,
beispielsweise aus einem Stahl mit höheren Ti-Gehalten bestehenden Stahlflachprodukten
reduziert, wodurch der mittlere Abstand der 0,2 - 10 µm großen Ausscheidungen im aus
einem erfindungsgemäß legierten Stahlflachprodukt geformten Bauteil deutlich vergrößert
ist. Dabei konnte festgestellt werden, dass beim Vergleichskonzept der Anteil der
harten TiN-Partikel und deren Mischformen mehr als 45 - über 80 % des Volumenanteils
der vorhandenen Partikel in der Größenklasse 0,2 - 10 µm ausmacht. Aufgrund dieses
hohen Anteils macht eine Reduzierung des Ti-Massenanteils Sinn, was entsprechend zu
einer Reduzierung des Anteils harter TiN-Partikel beim erfindungsgemäßen Konzept führt.
Unter anderem durch die allenfalls optionale, in jedem Fall erfindungsgemäß eingeschränkte
Zulegierung von Titan treten grobe Partikeln wie TiN in einem zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukt daher deutlich seltener auf, als dies bei
konventionellen Konzepten der Fall ist, in denen höhere Gehalte an Ti vorgesehen sind.
Mit der Reduzierung des Anteils an groben Ausscheidungen wird eine Zähigkeitsverbesserung
erreicht, die die Entstehung und Ausbreitung von Rissen verhindert. Überraschenderweise
führt die moderate Erhöhung des Al-Massengehaltes im Gegenzug nicht zu einer deutlichen
Erhöhung des Anteils gleichfalls ähnlich harter, oxidischer Al-basierter Ausscheidungen
sowie AIN und deren Konglomeraten. Im Ergebnis ist so bei den erfindungsgemäß zum
Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukten die Gefahr
für frühzeitiges Materialversagen reduziert. Die durch die Erfindung erzielte Optimierung
der Zähigkeit macht sich in einer Verbesserung der Brucheinschnürung am erfindungsgemäßen
Bauteil im warmumgeformten, vergüteten Zustand bemerkbar, in dem sie im besonderen
Interesse des Bauteilherstellers liegt.
[0046] Bei der Erzeugung eines erfindungsgemäßen Bauteiles wird durch eine Vollaustenitisierung
mit anschließender Abschreckung und optionaler Anlassbehandlung ein im technischen
Sinne vollständig aus Martensit bestehendes Gefüge erzeugt. Dies schließt nach fachmännischem
Verständnis selbstverständlich die Möglichkeit ein, dass bis zu 5 Flächen-% anderer
Bestandteile im Gefüge eines erfindungsgemäßen Bauteiles vorhanden sind, die jedoch
hinsichtlich der durch den Martensitanteil bestimmten Eigenschaften eines erfindungsgemäßen
Bauteiles unwirksam sind.
[0047] Wie schon erwähnt, bewirken die erfindungsgemäß im Stahl vorgesehenen Gehalte an
Al und Nb dabei eine zusätzliche Gefügeverfeinerung. So wird durch Nb und Al in gelöster
und ausgeschiedener Form während der Erzeugung und Wärmebehandlung des aus dem erfindungsgemäß
legierten Stahl bestehenden Stahlflachprodukts und des daraus hergestellten Bauteils
das Austenitkornwachstum reduziert und nach der Umwandlung die Martensitpaketgröße
verringert. Dabei entstehen in dem Stahlflachprodukt weitere relevante Ausscheidungen,
wie NbN, NbC und AIN, die in der Regel als monolithische Teilchen ohne Ankeimung an
zuvor gebildeten Ausscheidungen lediglich eine maximale Größe bis zu ca. 100 nm erreichen.
Auf diese Weise werden homogenere Ausscheidungsfraktionen mit engeren Partikelgrößenspannen
erzielt. Diese erweisen sich als besonders wirksam im Hinblick auf die Steuerung der
Austenitkorngröße. So weist der zur Erzeugung des Stahlflachprodukts, aus dem ein
erfindungsgemäßes Bauteil geformt ist, eingesetzte Stahl beim Austenitisieren eine
Austenitkorngröße auf, die um bis zu einer halben ASTM-Korngröße feiner ist als bei
zur Gattung des erfindungsgemäßen Stahls gehörenden konventionellen Stahlkonzepten.
Zudem liegen die Korngrößen bei einem erfindungsgemäß legierten und prozessierten
Stahlflachprodukt in einer engeren Spanne, d.h. mit einer reduzierten Standardabweichung,
vor. Gleichzeitig zeigt sich eine reduzierte Variation der ehemaligen Austenitkorngröße
über die Banddicke. Dies führt zu feineren Martensitpaketen und einer hohen Homogenität
des Martensitgefüges, was von Vorteil für die Zähigkeit von aus einem solchen Stahlflachprodukt
erfindungsgemäß hergestellten Bauteilen im vergüteten oder pressgehärteten Zustand
ist. Hierdurch kommt es zudem zu einer besseren Bauteilmaßhaltigkeit, da Festigkeitsschwankungen
über die Banddicke reduziert werden können.
[0048] Eine wichtige Werkstoffkenngröße für die Einstellung der Endeigenschaften ist die
ehemalige Austenitkorngröße. Dies ist die Korngröße des Austenits, die sich nach dem
Abschluss des Austenitisierungsprozesses im Ofen als Folge von
[0049] Rekristallisation und Kornwachstum einstellt, also kurz vor dem Beginn des Abschreckens
im Gefüge vorherrscht. Je feiner diese Austenitkorngröße im Mittel, desto feiner auch
die sich einstellende Martensitpaketgröße und desto vorteilhafter ist es für die Zähigkeit
des Martensits und somit des Werkstoffes oder Bauteiles.
[0050] Ebenso ist es vorteilhaft für die Homogenität der lokalen Festigkeitseigenschaften,
wenn die Korngröße des Austenits gering schwankt und dadurch auch die Martensithärte
nach der Umwandlung nur geringe lokale Schwankungen aufweist. Hierdurch lassen sich
auch Rückfederungseffekte an einem pressgehärteten oder vergüteten Bauteil durch lokal
inhomogene Gefüge vermeiden.
[0051] In erfindungsgemäßer Weise erzeugte Bauteile zeichnen sich daher nach der beim Warmumformen
oder nach der bei der Vergütungsbehandlung durchgeführten Abschreckung dadurch aus,
dass beim Gefüge des erhaltenen Bauteils das als "Korngrößengüte KG" bezeichnete Produkt
KG = KA x Ks aus ehemaliger Austenitkorngröße KA, eingesetzt in µm, und einfacher
Standardabweichung Ks der ehemaligen Austenitkorngröße, ebenfalls eingesetzt in µm
und gemittelt an drei Stellen über die halbe Banddicke, gilt:

[0052] Mit einer derart qualifizierten Korngrößengüte KG lässt sich gegenüber dem Stand
der Technik erreichen, dass nicht nur eine für die Zähigkeit vorteilhafte geringe
Korngröße, sondern auch über eine geringe Streuung der Korngröße eine hohe Homogenität
der Mikrostruktur über den Bauteilquerschnitt zustande kommt.
[0053] Erfindungsgemäße Bauteile erreichen nach einer geeigneten, nachfolgend erläuterten
Wärmebehandlung eine Zugfestigkeit von mindestens 1000 MPa bei C-Gehalten von 0,1
Masse-%, insbesondere 0,10 Masse-%, bzw.
[0054] Zugfestigkeiten bis 2500 MPa bei C-Gehalten von 0,6 %, insbesondere 0,60 Masse-%.
[0055] Als Maß für die Zähigkeit wurde hier die Brucheinschnürung ε(epsilon)3 untersucht,
da die Untersuchung der gemäß DIN EN ISO 148-1 nach Charpy ermittelten Kerbschlagzähigkeit
nur auf Dicken von 10 mm oder sogenannte Untermaßproben (Dicken von 2,5, 5 und 7,5
mm) beschränkt ist und sich somit nur für die Untersuchung für entsprechend dicke
Proben eignet, die hier nicht vorlagen. Die Zähigkeitseigenschaften wurden hier also
nicht gemäß DIN EN ISO 148-1 nach Charpy ermittelt. Als Maß für die Zähigkeit bzw.
lokale Dehnung wurde die Brucheinschnürung ausgewertet, da entgegen den Voraussetzungen
des Kerbschlagversuches gemäß DIN EN ISO 148-1 unterschiedliche und insbesondere auch
Dicken < 2,5 mm Dicke vorlagen, so dass auch keine einheitlichen, sogenannten Untermaßproben
verwendet werden konnten und somit die Anwendung dieser Norm nicht geeignet war. Die
lokale Dehnung aus der Brucheinschnürung korreliert zwar mit der Lochaufweitung, stellt
aber eine erweiterte Beschreibung des lokalen Verformungsverhaltens dar.
[0056] Dementsprechend zeichnen sich erfindungsgemäße Bauteile gleichzeitig durch eine für
diese Festigkeitsklasse ausgezeichnete Zähigkeit aus, die sich ebenfalls in Abhängigkeit
der Zugfestigkeit nach einer geeigneten, nachfolgend erläuterten Wärmebehandlung in
einer prozentualer Verbesserung der Brucheinschnürung (ΔBE) gegenüber einem Vergütungskonzept
auf Ti/B-Basis mit steigender Zugfestigkeit von 1000 bis 2500 MPa von jeweils mindestens
5 bis 45 % äußert. Die absolute Brucheinschnürung in Dickenrichtung ε(epsilon)3 bei
Bauteilen aus erfindungsgemäßen Stahlkonzepten liegt bei 10 - 65 %.
[0057] Bei den aus in der voranstehend erläuterten Weise erfindungsgemäß beschaffenen Stahlflachprodukten
durch nach erfindungsgemäßer Verarbeitung geformten Bauteilen handelt es sich insbesondere
um gewichtsreduzierte Bauteilanwendungen im Automobil- und LKW-Bereich, zu denen längsnahtgeschweißte
Rohre für Stabilisatoren, Rotorwellen, Nockenwellen oder rohrförmige Bauelemente zählen,
die im Lenkungs- und im Chassisbereich eingesetzt werden. Insbesondere kann ein erfindungsgemäßes
Stahlflachprodukt durch Kaltumformung für ein nahtgeschweißtes Stahlrohr Anwendung
finden, das zur Verwendung beispielsweise als Stabilisator zur Fahrzeugfederung, eine
Lenkwelle oder eine Antriebswelle von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Dabei kann durch
eine anschließende Vergütungsbehandlung eine erhebliche Festigkeitssteigerung am umgeformten
Rohr erzielt werden.
[0058] Die Dicke erfindungsgemäß zum Formen erfindungsgemäßer Bauteile vorgesehener Stahlflachprodukte
beträgt typischerweise 1 - 16 mm, wobei für den Bereich der Automobilanwendungen Bleche
mit einer Dicke von 2 - 9 mm, insbesondere 4 - 7 mm, eingesetzt werden können, wobei
Dicken von bis zu 5 mm in der Praxis von besonderer Bedeutung sein können. Werden
an die Beständigkeit gegen abrasiven Verschleiß von solchen Stahlflachprodukten besondere
Anforderungen gestellt, so hat es sich wegen der damit einhergehend hohen Härte als
vorteilhaft erwiesen, wenn der C-Gehalt der erfindungsgemäß zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukte mindestens 0,5 Masse-%, insbesondere 0,50
Masse-%, beträgt.
[0059] Des Weiteren können erfindungsgemäß beschaffene Stahlflachprodukte auch als Warm-
oder Kaltband zum Formen erfindungsgemäßer Bauteile eingesetzt werden. So können aus
solchem Warm- oder Kaltband beispielsweise Strukturbauteile für Automobilkarosserien
warmumgeformt und durch eine anschließend erfolgende gezielte Abkühlung aus der Umformhitze
seine hohe Festigkeit erhalten bleiben. Erfindungsgemäß zum Formen von erfindungsgemäßen
Bauteilen vorgesehene Stahlflachprodukte, die für diesen Verarbeitungsweg bereitgestellt
werden, weisen typischerweise eine Dicke von 0,5 - 3,5 mm, insbesondere 0,5 - 3 mm,
1 - 3 mm oder 1,2 - 2,5 mm, auf. Beispiele für erfindungsgemäße Bauteile, die aus
derart erfindungsgemäß beschaffenen Stahlflachprodukten geformt werden können, sind
auf Biegung beanspruchte Träger von Automobilstrukturen, wie die B-Säulen oder Sitzquerträger
von Personenkraftfahrzeugen sowie Längs- und Querträger von Personen- oder Nutzfahrzeugchassis,
allgemein Karosseriestrukturteile. Auch für die Verarbeitung zu im Gebrauch bewegten
Bauteilen, wie zu Teilen von Stoßdämpfern, zu Nockenwellen oder deren Teilen, , Kolbenstangen
oder Wellen, insbesondere auch Wellen eines Elektromotors, ist erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt
besonders geeignet. Somit ist es möglich, durch eine Warmumformung oder auch Presshärtung
ein höherfestes Bauteil für eine Automobilkarosserie zu erhalten.
[0060] Zum Schutz vor Korrosion können erfindungsgemäß eingesetzte Stahlflachprodukte und
daraus erzeugte Bauteile mit einer metallischen Schutzschicht versehen sein. Hierzu
eignen sich insbesondere metallische Schutzschichten auf Zink- oder Aluminium-Basis,
wie AlSi-Überzüge, die in konventioneller Weise durch Schmelztauchbeschichten aufgebracht
werden können. Darüber hinaus sind auch elektrolytische Beschichtungen denkbar.
[0061] Durch die erfindungsgemäß vorgegebene chemische Zusammensetzung des Stahls eines
erfindungsgemäßen Bauteils und eine abgestimmte Prozessführung bei der Stahlerzeugung
kann auf die endogenen Einschlüsse hinsichtlich Art, Größe und Verteilung Einfluss
genommen werden. Dabei erstreckt sich die Beeinflussung neben der Erstarrung insbesondere
auf die Fertigungsstufe des Warmwalzens, wie nachfolgend erläutert.
[0062] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines Bauteils mit einem zu mindestens
95 Flächen-% aus Martensit und als Rest aus sonstigen Gefügebestandteilen bestehenden
Gefüge, umfasst folglich folgende Arbeitsschritte:
A) Es wird ein Warmband erzeugt, indem
a) Stahl erschmolzen wird, der aus (in Masse-%)
C: |
0,1 - 0,6 %, |
Mn: |
0,1 - 2 %, |
Al: |
0,05 - 0,2 %, |
Nb: |
0,01 - 0,06 %, |
B: |
0,0005 - 0,005 %, |
Cr: |
0,05 - 0,8 %, |
Si: |
bis zu 0,8 %, |
Mo: |
bis zu 1,5 %, |
Cu: |
bis zu 0,5 %, |
Ni: |
bis zu 1,5 %, |
V: |
bis zu 0,2 %, |
REM: |
bis zu 0,05 % |
Ti: |
bis zu 0,02 %, |
Ca: |
bis zu 0,005 %, |
Rest Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht,
- wobei zu den Verunreinigungen Gehalte von bis zu 0,03 % P, bis zu 0,03 % S, bis zu
0,01 % N, weniger als 0,05 % Sn, weniger als 0,05 % As und weniger als 0,05 % Co zählen
und
- wobei das aus dem jeweiligen Al-Gehalt %Al und dem jeweiligen N-Gehalt %N gebildete
Verhältnis %Al/%N*14/27 ≥ 8 ist,
b) die Stahlschmelze zu einem Vorprodukt vergossen wird, nämlich zu einer Bramme,
einer Dünnbramme oder einem gegossenen Band,
c) das Vorprodukt, sofern erforderlich, auf eine 1100 - 1350 °C betragende Vorwärmtemperatur
durcherwärmt wird,
d) das Vorprodukt zu einem Warmband mit einer Dicke von 1 - 16 mm warmgewalzt wird,
wobei das Warmwalzen bei einer Warmwalzendtemperatur beendet wird, die um mindestens
50 °C und höchstens 150 °C höher ist als die Ar3-Temperatur des Stahls,
e) das erhaltene Warmband auf eine 450 - 700 °C betragende Haspeltemperatur abgekühlt
wird, wobei die Abkühlung im Temperaturbereich von 800 - 650 °C mit einer Abkühlrate
von 20 - 200 °C/s erfolgt,
f) das auf die Haspeltemperatur abgekühlte Warmband zu einem Coil gehaspelt wird und
das Warmband im gehaspelten Zustand auf Raumtemperatur abgekühlt wird, sowie
g) optional: das im gehaspelten Zustand abgekühlte Warmband gebeizt wird und
h) ebenso optional: bei einer Kerntemperatur des Warmbands von 500 - 720 °C über eine
Dauer von 5 - 50 h haubengeglüht wird.
B) Aus dem erhaltenen Warmband wird optional ein Kaltband erzeugt, indem
i) das Warmband zu einem Kaltband mit einer Dicke von 0,5 - 3,5 mm in einem oder mehreren
Kaltwalzschritten kaltgewalzt wird.
j) Optional kann das Kaltband in einer Haubenglühe oder in einer Durchlaufglühe geglüht
werden.
C) Aus dem Warmband oder dem optional daraus erzeugten Kaltband wird ein Bauteil geformt
wird, indem
k) von dem Warm- oder Kaltband eine Platine abgeteilt wird
und gemäß Alternative 1:
I.1) die Platine auf eine Austenitisierungstemperatur durcherwärmt wird, die um höchstens
100 °C geringer ist als die Ac3-Temperatur des Stahls, aus dem das Warm- oder Kaltband
erzeugt ist, und höchstens 950 °C beträgt,
I.2) innerhalb von 1 - 20 s nach dem Ende der Durcherwärmung auf die Austenitisierungstemperatur
die Platine in ein gekühltes Warmumformwerkzeug eingelegt wird, in dem die Platine
zu dem Bauteil warmumgeformt wird, und
I.3) das Bauteil durch beschleunigtes Abkühlen mit einer Abkühlrate von 30 - 120 °C/s
bis Erreichen der Martensitstarttemperatur des Stahls, aus dem das jeweilige Warm-
oder Kaltband besteht, pressgehärtet wird, so dass das Bauteil ein vollständig martensitisches
Gefüge erhält,
oder gemäß Alternative 2:
m.1) die Platine zu dem Bauteil kaltumgeformt wird,
m.2) das kaltgeformte Bauteil auf eine Austenitisierungstemperatur durcherwärmt wird,
die um höchstens 100 °C geringer ist als die Ac3-Temperatur des Stahls, aus dem das
Warm- oder Kaltband erzeugt ist, und höchstens 950 °C beträgt, und
m.3) das auf die Austenitisierungstemperatur durcherwärmte Bauteil mit einer Abkühlrate
von 30 - 120 °C/s bis Erreichen der Martensitstarttemperatur des Stahls, aus dem das
jeweilige Warm- oder Kaltband besteht, beschleunigt abgekühlt wird, so dass das Bauteil
ein vollständig martensitisches Gefüge erhält.
n) Optional kann das nach den Arbeitsschritten I.1 - I.3 oder m.1 - m.3 erhaltene
Bauteil bei Temperaturen von 150 - 700 °C bei einer Glühdauer von 5 - 60 min angelassen
werden.
[0063] Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird also im Arbeitsschritt a) eine Schmelze erzeugt,
die entsprechend den voranstehenden Erläuterungen zur Legierung des Stahls eines zum
Formen eines erfindungsgemäßen Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts zusammengesetzt
ist. Es gelten dabei für die Legierung dieser Schmelze selbstverständlich die voranstehend
zu vorteilhaften Augestaltungen des Stahls eines zum Formen eines erfindungsgemäßen
Bauteils vorgesehenen Stahlflachprodukts gegebenen Hinweise in gleicher Weise für
die im Zuge des erfindungsgemäßen Verfahrens erzeugte und verarbeitete Schmelze.
[0064] Die im Arbeitsschritt a) erzeugte Schmelze wird in konventioneller Weise zu Brammen,
Dünnbrammen oder Band vergossen (Arbeitsschritt b)). Typischerweise weisen die Brammen
Dicken von 180 mm bis 260 mm auf. Dünnbrammen liegen typischerweise in Dicken von
40 bis 60 mm vor, gegossenes Band in Dicken von 2 bis 5 mm.
[0065] Im Arbeitsschritt c) werden die Vorprodukte für das nachfolgende Warmwalzen (Arbeitsschritt
d)) durcherwärmt. Diese Durcherwärmung erfolgt typischerweise in hierzu im Stand der
Technik zur Verfügung stehenden Stoß- oder Hubbalkenöfen. Die während der Vorwärmung
der aus einer erfindungsgemäß legierten Stahlschmelze gegossenen Brammen, Dünnbrammen
oder Bänder eingestellten Bedingungen sind von besonderer Bedeutung für die Ausprägung
der Eigenschaften eines erfindungsgemäß zusammengesetzten und erzeugten Stahlflachprodukts.
So hat sich gezeigt, dass in Folge der erfindungsgemäß allenfalls geringen Zulegierung
von Titan zum erfindungsgemäß verarbeiteten Stahl auch verhältnismäßig niedrige Ofentemperaturen
prozesssicher sind, um keine oder wenig Ankeimungseffekte an groben Partikeln wie
TiN zu erzeugen, da diese Partikel in den erfindungsgemäßen Stahlkonzepten deutlich
seltener auftreten. Als "Ankeimen" wird dabei die Ausscheidungsbildung an bereits
zuvor gebildeten Ausscheidungen auf Basis heterogener Keimbildung im Gegensatz zu
homogener Ausscheidungsbildung ohne fremde Keimbildungsstellen verstanden. Die erfindungsgemäß
vorgegebene Legierung des Stahls, aus dem die erfindungsgemäß verarbeiteten Stahlflachprodukte
und die daraus geformten Bauteile bestehen, verringert im statistischen Mittel Ankeimungseffekte
an zuvor gebildeten Ausscheidungen. Durch die Ankeimung von TiC, NbN, NbC, AIN an
TiN würde die Wahrscheinlichkeit der Bildung dieser Ausscheidungen bei tieferen Bildungstemperaturen
zurückgehen und damit deren Wirksamkeit hinsichtlich der von der Erfindung angestrebten
Verfeinerung der Mikrostruktur beeinträchtigt. Überraschend hat sich hier ergeben,
dass bei Einhaltung einer geeigneten Vorwärmtemperatur schon bei den vorgesehenen,
vergleichbar niedrigen Nb-Gehalten eine Austenitkorngrößenverfeinerung erreicht werden
kann.
[0066] Die erfindungsgemäß angewendeten Vorwärmtemperaturen liegen dazu bei 1100 - 1350
°C und bevorzugt bei 1150 - 1280 °C. Unterhalb von 1100 °C muss mit einer Vergröberung
und Ankeimungseffekten der Partikel in der Vorwärmung gerechnet werden. Temperaturen
oberhalb von 1350 °C sollen vermieden werden, um die Vergröberung des Austenitkorns
zu begrenzen, den Materialverlust durch Verzunderung zu reduzieren, bzw. aus ökonomischer
Sicht, die Energiekosten zu reduzieren.
[0067] Von gleicher Bedeutung sind die Liegezeiten, über die die Vorerwärmung der Vorprodukte
erfolgt. Diese werden für die vollständige Auflösung der in den vorzuerwärmenden Vorprodukten
nach dem Guss vorhandenen Ausscheidungen benötigt. Die erfindungsgemäß vorgesehene
Gesamtliegezeit von Brammen beträgt 150 - 400 min, wobei in der Gesamtliegezeit die
für das Aufheizen auf die jeweilige Soll-Vorwärmtemperatur und die Durcherwärmung
der Vorprodukte benötigte Zeit enthalten sind. Bei Gesamtliegezeiten von weniger als
150 min besteht die Gefahr, dass sich die relevanten Mikrolegierungsausscheidungstypen
nicht vollständig auflösen. Liegezeiten von mehr als 400 min sind jedoch ebenfalls
zu vermeiden, um die Austenitkornvergröberung zu begrenzen. Dünnbrammen werden in
einem Ausgleichsofen für deutlich kürzere Zeiten von 10 - 90 min vorgewärmt.
[0068] Durch Bandguss erzeugte Bänder erfahren in der Regel keine Vorwärmung, sondern werden
in einem oder mehreren Warmbandgerüsten direkt auf Warmbandenddicken von 1 - 4 mm
warmgewalzt.
[0069] Die in erfindungsgemäßer Weise unter Berücksichtigung der voranstehend erläuterten
Maßgaben durcherwärmten Brammen oder Dünnbrammen können in konventioneller Weise in
einer ebenso konventionellen Warmwalzanlage, Gießwalzanlage zu einem so genannten
"Warmband" warmgewalzt werden. Dabei kann das Warmwalzen ein Vorwalzen umfassen, bei
dem die Brammen in einem so genannten "Vorgerüst" typischerweise reversierend auf
eine Zwischendicke von ca. 35 bis 60 mm ausgewalzt werden. Die vorgewalzte Bramme
läuft dann in eine mehrgerüstige Fertigwarmwalzstraße ein, in der sie im kontinuierlichen
Durchlauf schrittweise zu einem Warmband fertig warmgewalzt wird.
[0070] Bei einer Dünnbramme kann das Vorwalzen entfallen. Sie kann direkt nach dem gegebenenfalls
durchgeführten Vorwärmen in die Fertigwarmwalzstraße eingespeist werden.
[0071] Erfindungsgemäß wird das Warmwalzen im Arbeitsschritt d) bei Warmwalzendtemperaturen
beendet, die um mindestens 50 °C höher ist als die Ar3-Temperatur des Stahls, jedoch
um höchstens 150 °C oberhalb dieser Temperatur liegt. Das Warmwalzen wird somit bei
einer Warmwalzendtemperatur beendet, bei dem das erhaltene Warmband noch ein vollständig
austenitisches Gefüge besitzt. Eine derartige Walzstrategie wird als "normalisierendes
Walzen" bezeichnet. Die Warmwalzendtemperatur ist dabei erfindungsgemäß so gewählt,
dass die Neigung von Nb und Al zur Bildung von verformungsinduzierten Ausscheidungen
reduziert ist und ein größerer Anteil an Ausscheidungspotential für die Hemmung des
Kornwachstums beim Austenitisieren im später durchgeführten Vergütungsprozess oder
beim Warmumformen zur Verfügung steht. Typischerweise liegen für das erfindungsgemäße
Legierungskonzept geeignete Walzendtemperaturen oberhalb von 830 °C. Bevorzugt ist
die Walzendtemperatur um mindestens 60 °C und höchstens 130 °C höher als die Ar3-Temperatur,
wobei sich Warmwalzendtemperaturen, die um höchstens 110 °C oberhalb der Ar3-Temperatur
liegen, als besonders praxisgerecht herausgestellt haben, um das Austenitkornwachstum
zu begrenzen. Normalisierendes Walzen wird hier bevorzugt, da dabei die Warmwalzkräfte
vergleichsweise niedrig sind und die Ausscheidung von verformungsinduzierten, relativ
groben Ausscheidungen vermieden wird. Somit kann das Ausscheidungspotential zur Reduzierung
der ehemaligen Austenitkorngröße in später erfolgenden Austenitisierungsstufen der
Vergütung und Warmumformung maximiert werden. Hierdurch wird die Zähigkeit positiv
beeinflusst.
[0072] Um das Ausscheidungspotenzial von Al und Nb im nach dem Warmwalzen erhaltenen Warmband
für spätere Prozessschritte zu bewahren, ist es erforderlich, im Arbeitsschritt e)
das Warmband nach dem Warmwalzen im Temperaturbereich von 800 °C bis 650 °C mit einer
Abkühlrate von mehr als 20 °C/s auf die Haspeltemperatur abzukühlen. Die konkret erzielte
Haspeltemperatur wird durch die Kühlung in der Kühlstrecke bestimmt. Sie liegt erfindungsgemäß
deutlich unterhalb der A1-Temperatur des Stahls, aus dem das erfindungsgemäße Stahlflachprodukt
erzeugt ist, um eine verhältnismäßig grobe Perlitausscheidung im Warmband zu vermeiden.
Die Temperatur "A1" ist im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm die Temperatur, bei der von
hohen Temperaturen kommend Austenit zu Perlit zerfällt. Im reinen Zweistoffsystem
Eisen-Kohlenstoff liegt A1 bei 723 °C, wobei diese Umwandlung bei Kohlenstoffgehalten
> 0,02 Masse-% stattfindet, was bei den erfindungsgemäßen Stahlkonzepten der Fall
ist. Die A1-Temperatur liegt nach empirischen Formeln, die den Einfluss der Legierungselemente
auf A1 wiedergeben (s. beispielsweise
Hougardy, H.P. "Werkstoffkunde Stahl Band 1: Grundlagen", Verlag Stahleisen GmbH,
Düsseldorf, 1984, p. 229), bei 722 - 727 °C und damit in einem engen Bereich. Im Fall der Erfindung werden
insbesondere Haspeltemperaturen von ≤ 720 °C angewendet. Bei derart niedrigen Haspeltemperaturen
wird der Lösungszustand und die Ausscheidungsform des Kohlenstoffes dahingehend beeinflusst,
dass eine feinverteilte C-Ausscheidung für nachfolgende Vergütungs- bzw. Warmumformbehandlungen
erzielt wird, um die C-Auflösung für den Härtungsprozess zu beschleunigen. Dies macht
erfindungsgemäß erzeugte oder beschaffene Stahlflachprodukte besonders geeignet für
Vergütungs- und Erwärmungsbehandlungen, bei denen eine schnelle Erwärmung mittels
Induktionserwärmung oder anderen schnellen Erwärmungsprozessen angewendet werden soll.
[0073] Durch die erfindungsgemäße schnelle Abkühlung des erhaltenen Warmbands im Temperaturbereich
von 800 - 650 °C wird somit erreicht, dass die Ausscheidungsbildung von Nb und Al
unterdrückt wird. Dies kann insbesondere dadurch gewährleistet werden, dass die Abkühlrate
mindestens 20 °C/s beträgt. Zu beachten ist dabei, dass es während der Abkühlung nach
dem Warmwalzen aufgrund der Phasenumwandlung zu einer Wiedererwärmung um bis zu 30
°C kommen kann. In der Praxis kann das Band für die erfindungsgemäß gesteuerte Abkühlung
im Anschluss an die Warmwalzstraße, in der das Warmwalzen erfolgt, mit Wasser abgespritzt
werden. Hierzu eignen sich insbesondere im Stand der Technik bekannte Kühlstrecken,
bei denen Laminar- und Sprühkühlungseinrichtungen miteinander kombiniert sind. Diese
sollten in der Lage sein, speziell im Temperaturbereich von 800 - 650 °C Abkühlraten
von bevorzugt mehr als 20 °C/s, insbesondere mindestens 50 °C/s, und maximal 200 °C/s
zu erreichen.
[0074] Die Haspeltemperatur, auf die das Warmband nach dem Warmwalzen abgekühlt wird und
bei der das Warmband im Arbeitsschritt f) zu einem Coil gehaspelt wird, beträgt 450
- 720 °C. Die Obergrenze von 720 °C ist vorteilhaft, um bei C-Gehalten ≥ 0,4 % eine
ausreichend niedrige Zugfestigkeit für eine nachfolgende Kaltverformung einstellen
zu können. Besonders bevorzugt ist die Haspeltemperatur niedriger als 650 °C, um die
Ausscheidungsbildung von Nb und Al weiter zu unterdrücken und einen möglichst feinverteilten
C-Auflösungszustand zu erreichen. Dabei erweist sich eine obere Haspeltemperatur von
650 °C als besonders vorteilhaft, weil dann eine grobstrukturierte Perlitbildung weitgehend
vermieden werden kann. Bei Haspeltemperaturen von weniger als 450 °C würde eine deutliche
Festigkeitsbildung im Warmband entstehen, für die eine nachfolgende Kaltumformung
oder Kaltwalzung eine deutliche Steigerung der Verformungskräfte darstellt und daher
vermieden wird. Die Abkühlung des Warmbands auf Raumtemperatur erfolgt dann in konventioneller
Weise im Coil.
[0075] Das nach dem Haspeln erfindungsgemäß erhaltene, als Warmband vorliegende Stahlflachprodukt
weist typischerweise eine Zugfestigkeit von weniger als 700 MPa auf. Erst durch die
nachfolgend durchgeführte Vergütungsbehandlung oder durch die bei einem Warmumformen
absolvierte Prozessierung werden das erfindungsgemäße, weitgehend vollmartensitische
Gefüge und damit einhergehend die optimierten mechanischen Eigenschaften eines erfindungsgemäßen
Bauteils erreicht.
[0076] Nach dem Haspeln kann im Arbeitsschritt g), der nur optional durchgeführt wird, wenn
hierzu ein Bedarf besteht, das Warmband für die Weiterverarbeitung einem Beizen unterzogen
werden, um auf ihm haftenden Zunder zu entfernen. Ein derartiger Verarbeitungsschritt
ist vorteilhaft, wenn das Warmband in einem Kaltumformwerkzeug umgeformt wird und
durch Abrieb des Zunders eine Verschmutzung oder Beschädigung des Werkzeuges vermieden
werden kann. An das Beizen werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es kann
in jeder für diese Zwecke bekannten Weise erfolgen.
[0077] Das erhaltene Warmband besteht in der Mikrostruktur aus Perlit mit geringen Anteilen
an Ferrit (< 5 %). Der Ferrit kann dabei zeilig bis netzwerkartig ausgebildet sein.
[0078] Ebenso optional kann das Warmband im Arbeitsschritt h) einem Haubenglühen unterzogen
werden, um die Festigkeit des Stahles für eine nachfolgende Kaltumformung zu reduzieren.
Die beim Haubenglühen eingestellten Kerntemperaturen des gehaspelten Stahlflachprodukts
betragen 500 - 720 °C. Eine Kerntemperatur von mindestens 500 °C ist erforderlich,
damit eine ausreichende Festigkeitsreduzierung eintreten kann. Glühtemperaturen von
mehr als 720 °C würden allerdings dazu führen, dass eine Bildung neuen Perlits durch
Überschreiten der A1-Temperatur in allen Stellen des Coils beim Haubenglühen sicher
vermieden werden kann. Dabei ist eine Hauben-Glühdauer auf Kerntemperaturniveau von
mindestens 5 h erforderlich, um ebenfalls das Festigkeitsniveau signifikant, d.h.
< 700 MPa Zugfestigkeit abzusenken. Länger als 50 h sollte jedoch die Haubenglühung
nicht andauern, da dann die Einformung und Koagulation des Perlits durch die anhaltenden
Diffusionsprozesse zu groben Perlitpartikeln führen. Optimalerweise werden die Glühbedingungen
beim Haubenglühen so gewählt, dass lediglich eine Teileinformung des Zementits mit
einem Einformungsgrad ≤ 85 % stattfindet. In der Praxis kann das optional vorgesehene,
erfindungsgemäße Haubenglühen bei Kerntemperaturen von max. 720 °C unter einer Schutzgasatmosphäre
durchgeführt werden. Die Schutzgasatmosphäre kann dabei als reine Wasserstoffatmosphäre
(H2) oder aus einem Gemisch aus N2 und bis zu 12 Vol.-% H2 ("HNX") bestehen. Typisch
sind hier Gemische von 95 % N2 und 5 % H2. Durch die HNX-Glühe entstehen längere Gesamtglühzeiten
bis 50 h, da der Wärmeübergang langsamer erfolgt als bei reiner H2-Atmosphäre. Die
Kerntemperatur der Haubenglühung soll unter 720 °C liegen, insbesondere um 680 °C
betragen, jedenfalls aber unterhalb der A1-Temperatur des Stahls liegen, aus dem das
Stahlflachprodukt gefertigt ist. Diese Beschränkung verhindert, dass während des Glühprozesses
neuer Perlit gebildet wird. Stattdessen werden aus dem zu Beginn der Glühung vorliegenden
Warmbandgefüge insbesondere durch Kohlenstoffdiffusion und Kohlenstoffumverteilung
Zementitpartikel (Karbidpartikel) teilweise eingeformt. Gleichzeitig kann es zu einer
Vergröberung des Gefüges in Folge von Koagulation kommen. Im Zuge des erfindungsgemäß
optional absolvierten Haubenglühprozesses bildet sich somit Zementit in teilweise
eingeformter, globulithischer Form, der weitgehend homogen und regellos verteilt in
einer ferritischen Matrix vorhanden ist, wobei der Einformungsgrad erfindungsgemäß
≤ 85 % beträgt. Die Beschränkung der Haubenglühtemperatur und Haltezeit dient hierbei
dazu, den Einformungsgrad zu limitieren. Ein begrenzter Einformungsgrad reduziert
die Zeit zur vollständigen C-Auflösung bei der Austenitisierung. Das Gefüge im Zustand
Warmband-Haubengeglüht besteht somit überwiegend aus teilweise eingeformtem Zementit,
Perlit in einem Anteil von bis zu 90 % und einem Anteil von nicht polygonalem Ferrit
von bis zu 10 %.
[0079] Soll aus dem in der voranstehend erläuterten Weise erzeugten Warmband ein kaltgewalztes
Stahlflachprodukt erzeugt werden, so können hierzu im Anschluss an die Arbeitsschritte
a) - h), von denen die Arbeitsschritte g) und h) jeweils nur bedarfsweise, d.h. optional,
durchgeführt werden, folgende weitere Arbeitsschritte durchgeführt werden:
i) Kaltwalzen des Warmbands zu einem Kaltband mit einer Dicke von 0,5 - 3 mm in einem
oder mehreren Kaltwalzschritten;
j) Rekristallisierendes Glühen des Kaltbandes, welches in einer Haubenglühe oder in
einer Durchlaufglühe stattfinden kann. Erfolgt das Glühen in einer Haubenglühe, dann
kann dies nach den oben zu Arbeitsschritt h) bereits angegebenen Bedingungen durchgeführt
werden. Soll das Glühen in einer Durchlaufglüheinrichtung absolviert werden, so sind
hier keine besonderen Anforderungen an die Glühparameter zu stellen. Demnach kann
die Erwärmung bei Geschwindigkeiten bis 30 °C/s bis Erreichen der Glühtemperatur erfolgen,
die im Bereich Ac1 bis Ac3 + 30°C liegen kann. Die Abkühlrate auf Raumtemperatur kann
über Gasjet- oder Rollenkühlungen erfolgen und bei bis zu 20 °C/s liegen. In die Durchlaufglühung
kann eine Schmelztauchveredelung nach dem eigentlichen Glühen integriert sein. Ergänzend
kann eine Beschichtung in einer elektrolytischen Beschichtungsanlage aufgebracht werden;
[0080] Die Erzeugung des Kaltbands kann in üblicher Weise durch einen Dressierstich mit
üblichen Verformungsgraden von üblichen 0,5 - 1,5 % abgeschlossen werden, wobei auch
hier keine besonderen Anforderungen gestellt werden.
[0081] Um aus erfindungsgemäß erzeugtem Warmband oder Kaltband erfindungsgemäße Bauteile
zu formen, die eine optimierte Kombination aus hoher Festigkeit und Zähigkeit besitzen,
stehen zwei alternative Wege zur Verfügung. Gemäß der ersten Alternative wird eine
aus dem jeweiligen Warm- oder Kaltband abgeteilte Platine nach Maßgabe der Arbeitsschritte
I.1 - I.3 des erfindungsgemäßen Verfahrens erwärmt und pressgehärtet, wogegen gemäß
der zweiten Alternative die Platine nach Maßgabe der Arbeitsschritte m.1 - m.3 des
erfindungsgemäßen Verfahrens zunächst kaltverformt und dann vergütet wird.
[0082] Für die Vergütung/Warmumformung von aus erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten durch
eine Kaltformgebung geformten Bauteilen oder für das Warmumformen zu Bauteilen wird
somit das jeweilige Bauteil (Vergüten) oder Stahlflachprodukt (Warmumformen oder Presshärten)
zunächst auf eine geeignet hohe Austenitisierungstemperatur durcherwärmt ("Austenitisieren").
Dies kann in der Praxis beispielsweise in an sich bekannter Weise zunächst in einem
Ofen erfolgen, in dem das jeweilige Stahlflachprodukt (Arbeitsschritt I.1) der ersten
Alternative) oder das Bauteil (Arbeitsschritt m.2) der zweiten Alternative) über eine
ausreichende Gesamtzeit insbesondere (einschließlich der Aufheizzeit) auf die jeweilige
Austenitisierungstemperatur durcherwärmt wird.
[0083] Bei der ersten Alternative wird im Schritt I.1 die Platine und bei der zweiten Alternative
im Arbeitsschritt m.2 das Bauteil auf eine Austenitisierungstemperatur durcherwärmt,
die jeweils um höchstens 100 °C unterhalb der Ac3-Temperatur des Stahls, aus dem das
Warm- oder Kaltband erzeugt ist, aus dem die Platine oder das Bauteil besteht, (Austenitisierungstemperatur
≥ (Ac3 - 100°C)) liegt. Austenitisierungstemperaturen, die um höchstens 75 °C geringer
sind als die Ac3-Temperatur (Austenitisierungstemperatur ≥ (Ac3 - 75 °C)), insbesondere
um höchstens 50 °C geringer sind als die Ac3-Temperatur des Stahls des warm- oder
kaltgewalzten Blechs, aus dem die Platine oder das Bauteil besteht, (Austenitisierungstemperatur
≥ (Ac3 - 50 °C)), führen dabei in der Praxis besonders betriebssicher zum gewünschten
Ergebnis. Besonders geeignet sind dabei Austenitisierungstemperaturen, die mindestens
gleich der Ac3-Temperatur des Stahls sind, aus dem die jeweilige Platine oder das
jeweilige Bauteil besteht. Nach oben ist die Austenitisierungstemperatur auf höchstens
950 °C begrenzt. Die in den Arbeitsschritten I.1 und m.2 jeweils eingehaltene Austenitisierungstemperatur
liegt dementsprechend in einem Bereich, der von (Ac3 - 100 °C) bis 950 °C, insbesondere
(Ac3 - 75 °C) bis 950 °C oder, besonders vorteilhafterweise, von (Ac3 - 100 °C) bis
950 °C reicht, wobei Austenitisierungstemperaturen von Ac3 - 950 °C besonders praxisgerecht
sind.
[0084] Für die Durcherwärmung der Platine oder des Bauteils wird eine Gesamtzeit von typischerweise
1 Sekunde bis 20 min benötigt, wobei in der Praxis Gesamtzeiten von mindestens 10
Sekunden, insbesondere mindestens 1 min, geeignet sind, um betriebssicher die Durcherwärmung
zu erreichen. Die Gesamtzeit der Erwärmung umfasst dabei jeweils die zum Aufheizen
auf die Austenitisierungstemperatur benötigte Zeit.
[0085] So eignen sich für die Erwärmung von Platinen im Arbeitsschritt I.1 insbesondere
Gesamtzeiten (einschließlich Aufheizzeit) von 1 - 20 min.
[0086] Im Fall der Vergütung eines Bauteils (Arbeitsschritte m.2 und m.3 der zweiten Alternative)
werden für eine stückweise Durcherwärmung des Bauteils auf die Austenitisierungstemperatur
typischerweise Gesamtzeiten von 1 - 20 min oder 2 - 10 min, insbesondere 5 - 10 min,
vorgesehen.
[0087] Für eine schnellere Durcherwärmung des Bauteils können im Markt verfügbare induktiv
arbeitende Durchlauferwärmungseinrichtungen eingesetzt werden. Diese Einrichtungen
werden von dem jeweils zu erwärmenden Bauteil im Durchlauf passiert, so dass innerhalb
kurzer Zeit eine Durcherwärmung desjenigen Bauteilabschnitts erfolgt, der sich jeweils
im Wirkbereich eines durch die Erwärmungseinrichtung induzierten elektromagnetischen
Feldes befindet. Auf diese Weise wird das Bauteil sukzessive über seine Länge auf
Austenitisierungstemperatur erwärmt. Besonders geeignet sind derartige Durchlauferwärmungseinrichtungen
für die Durchlauferwärmung von Bauteilen, wie Rohren oder Profilen, von denen eine
hohe Maßhaltigkeit gefordert wird.
[0088] Im Fall des Warmumformens gemäß der ersten Alternative wird das jeweilige Stahlflachprodukt
nach dem Austenitisieren innerhalb von einer Transferzeit von 1 - 20 Sekunden in eine
zu einer für diese Zwecke aus dem Stand der Technik bekannte Warmumform-Einrichtung
eingelegt, in der es dann in ebenso bekannter Weise zu einem Bauteil pressgehärtet
wird, wobei die mittlere Abkühlrate auf Raumtemperatur 30 - 120 °C/s beträgt.
[0089] Im Fall der Vergütung gemäß der zweiten Alternative wird das auf die Austenitisierungstemperatur
durcherwärmte Bauteil nach dem Austenitisieren ebenfalls mit einer mittleren Abkühlrate
von 30 - 120 °C/s auf Raumtemperatur abgeschreckt. Hierzu kann das Bauteil in an sich
bekannter Weise in ein geeignetes Abschreckmedium getaucht werden oder mittels ebenso
bekannter Einrichtungen, wie Düsen- oder Strahleinrichtungen, mit dem Abschreckmedium
beaufschlagt werden. Wird für die Durcherwärmung des Bauteils eine insbesondere induktiv
arbeitende Durchlauferwärmungseinrichtung der voranstehend erläuterten Art eingesetzt,
so kann der jeweils auf Austenitisierungstemperatur erwärmte Abschnitt der Platine
bei Austritt aus der betreffenden Erwärmungseinrichtung mittels einer geeigneten Abschreckeinrichtung
ebenfalls im Durchlauf abgekühlt werden.
[0090] Die Abschreckung erfolgt dabei jeweils innerhalb von 1 - 20 Sekunden nach der Entnahme
aus der zur Erwärmung auf die Austenitisierungstemperatur verwendeten Einrichtung
(Vergütung) oder durch Kontakt mit dem Werkzeug zum Ende des Presshärteprozesses (Warmumformen).
In der Praxis kann für die Abschreckung beim Vergüten ein Ölbad eingesetzt werden,
in dem das jeweilige Bauteil innerhalb von 1 - 30 Sekunden unter Bewegung auf Raumtemperatur
abgeschreckt wird. Typische Transferzeiten zwischen dem Ofen, in dem die Erwärmung
auf die Austenitisierungstemperatur erfolgt, und dem Ölbad betragen dabei 1 - 20 Sekunden.
[0091] Aufgrund ihres besonderen Eigenschaftsprofils eignen sich in erfindungsgemäßer Weise
prozessierte Stahlflachprodukte besonders zur Herstellung von hoch belasteten Bauteilen
für Karosserien von Fahrzeugen, insbesondere für Träger, Strukturteile, Rahmen, Stoßfänger,
Batteriekästen und desgleichen. Insbesondere handelt es sich bei den erfindungsgemäßen
Bauteilen um rohrförmige Bauteile, bei deren Herstellung Zuschnitte von erfindungsgemäß
erzeugtem Warm- oder Kaltband zu einem Rohrkörper geformt und anschließend längsnahtverschweißt
werden.
[0092] Das Gefüge der hier in Rede stehenden Stahlflachprodukte und daraus hergestellter
erfindungsgemäßer Bauteile ist wie folgt untersucht worden:
Die Anteile von harten oxidischen und nitridischen Partikeln am Mikrogefüge eines
Stahlflachprodukts sind in Flächen-ppm angegeben, soweit nichts anderes vermerkt ist.
Die genaue Vorgehensweise zur Ermittlung wird im Folgenden beschrieben. Nach ASTM
E2142 von 2008 kann der Flächenanteil an Einschlüssen dem Volumenanteil gleichgesetzt
werden. Ebenso beziehen sich die im vorliegenden Text angegebenen Phasenanteile des
Gefüges auf die ausgewertete Schlifffläche und werden demzufolge in Flächen-% angegeben.
[0093] Die Untersuchung der Einschlüsse erfolgte an Längsschliffen über Banddicke durch
Einsatz eines Rasterelektronenmikroskops (Scanning Electron Microscope "SEM") der
Firma Zeiss (Modell GeminiSEM 500), ausgerüstet mit dem EDX-System "Oxford Xmax" des
Herstellers "Oxford instr." zur energiedispersiven Elementanalyse. Die Datenauswertung
erfolgte dabei mit der Software "Aztec 3.3 SPI, Feature Analysis" von "Oxford instr."
Es wurden dabei Einschlüsse ab einer Größe von ca. 0,2 µm erfasst. Die Ermittlung
der in den Ausscheidungen enthaltenen Elementgehalte erfolgte anhand von Kalibrierproben.
Die Klassierung der Einschlüsse erfolgte an Hand der Stöchiometrie der bekannten Ausscheidungen,
wobei eine Einteilung in Oxide, Sulfide und TiN erfolgte. Es wurde eine Quantifizierung
und Normierung der gemessenen Elemente ohne Fe, C und Ag durchgeführt. Die erfassten
Elemente wurden in Oxide (ohne S, P, Cl, F) umgerechnet und auf 100 % normiert. Zusätzlich
erfolgte eine Berechnung des Teilsystems <Al
2O
3-SiO
2-CaO> und Normierung auf 100 %. Anschließend wurden computerunterstützt aus den so
erhaltenen Rohdaten Klassierungstabellen der analysierten Einschlüsse erstellt. Einschlüsse,
die nicht eindeutig klassiert werden können, wurden gesondert aufgelistet. Diese Einschlüsse
wurden einzeln überprüft. Die Teilchengröße wurde unabhängig von der Partikelform
als kreisäquivalenter Durchmesser idealisiert.
[0094] Die Homogenität der Gefügestruktur des ehemaligen Austenits und der Verteilung der
in ihm enthaltenen Bestandteile wurde mittels Elektronenrückstreubeugungsuntersuchungen
("EBSD", "Electron Backscatter Diffraction") im vollmartensitischen Zustand nach Vergüten
oder Presshärten an Längsschliffen über Banddicke vorgenommen. Die Proben wurden hierzu
mit dem Poliermittel "OP-S Suspension" des Herstellers "Struers" poliert. Hierfür
wurde jeweils ein Messfeld mit den Abmessungen 140 µm x 140 µm in unterschiedlichen
Lagen über Banddicke positioniert und mit einer Schrittweite von 0,15 µm abgerastert.
Es wurden zusätzlich mehrere Lagen über Banddicke untersucht (1/6, 1/3, 1/2), um eine
Aussage über die Homogenität der Gefügestruktur zu erhalten. Die bei den EBSD-Untersuchungen
am martensitischen Gefüge gewonnenen Daten wurden anschließend benutzt, um das austenitische
Ausgangsgefüge mit Hilfe der Software "ARPGE 2.0, Reconstruction of Parent Grains
from EBSD Data" (beschrieben in
C. Cayron, Acta Cryst. A62 (2006) 21-40;
C. Cayron, J. Appl. Cryst. 40 (2007), p. 1183-1188) zu rekonstruieren. Dabei wurde die Orientierungsbeziehung nach Nishiyama-Wassermann
für die Umwandlung von kubisch raumzentrierten Kristallen in kubisch flächenzentrierte
Kristalle benutzt (
Z. Nishiyama, Sci. Rep. Res. Inst. Tohuku Univ. Vol. 23 (1934-1935), p. 647).
[0095] Die über die Einschlussstruktur hinausgehende quantitative Abschätzung der Gefügeanteile
Ferrit, Perlit, Zementit, Bainit und Martensit erfolgte lichtmikroskopisch an Hand
von Längsschliffen in der 1/3-Zone in Banddickenrichtung bei 500 - 1000-facher Vergrößerung.
[0096] Die im vorliegenden Text erwähnten mechanischen Kenngrößen von Stahlflachprodukten
oder daraus erzeugten Bauteilen, sind die Zugversuchskennwerte (Zugfestigkeit, Streckgrenze,
E-Modul, Gleichmaßdehnung und Bruchdehnung), die nach DIN EN ISO 6892-1 ermittelt
wurden.
[0097] Als Maß für die Zähigkeit wurde die Brucheinschnürung, auch als "absolute Dehnung
in Dickenrichtung" ε(epsilon)3 = (t0 - tf)/t0 bezeichnet, ausgedrückt in % verwendet
(
Larour, P., Freudenthaler, J., Weissböck, T.: Reduction of cross section area at fracture
in tensile test: measurement and applications for flat sheet steels, IDDRG 2017, 36th
International Deep Drawing Research Group Conference, Materials Modelling and Testing
for Sheet Metal Forming, München, DE, Jul 2-6, 2017, Band 896 (2017), p. 012073/1-8). Dabei bezeichnet to die Ausgangsdicke der Probe, tf bezeichnet die Dicke der dünnsten
Stellen im Einschnürdehnungsbereich des Bruchquerschnittes ermittelt an vier Messungen
über Probenbreite. Die "absolute Dehnung in Dickenrichtung" oder "Brucheinschnürung"
wurde an Zugproben nach der Vergütungsbehandlung mit einem optischen System (Mikroskop)
ausgemessen. Dazu wurde im Bruchquerschnitt an vier Stellen über die Breite (1 mm
rechts vom linken Rand, Mitte, Minimum, 1 mm links vom rechten Rand) die Dicke tf
ermittelt. Es wurden jeweils drei Parallelzugproben geprüft, um eine repräsentative
Aussage für den jeweils untersuchten Zustand zu erhalten. Insgesamt wurden also jeweils
sechs Bruchquerschnitte vermessen. Aus den sechs Messwerten wurde der Mittelwert für
eine Probe gebildet. Die Zugproben waren längs zur Walzrichtung orientiert.
[0098] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert:
Zum Nachweis der Wirksamkeit der Erfindung sind drei erfindungsgemäße Stähle 1 - 3a
erschmolzen worden, deren Zusammensetzungen in Tabelle 1 angegeben sind. Zum Vergleich
wurden drei weitere Stähle 4 - 6 erschmolzen, die nicht erfindungsgemäß legiert waren
und deren Zusammensetzungen ebenfalls in Tabelle 1 angegeben sind.
[0099] Die Erzeugung von Stahlflachprodukten aus den Stählen 1 - 6 ist in konventioneller
Weise in einem integrierten Stahlwerk durchgeführt worden, in dem die Prozesskette
"Roheisen- und Rohstahlherstellung", "Stahlerzeugung" und die verschiedenen Stufen
der Halbzeugfabrikation, wie "Vorwärmen" und "Warmwalzen" sowie optional "Beizen"
und "Haubenglühen" für die Warmbandstufe, sowie "Beizen", "Kaltwalzen", "Durchlaufglühen"
sowie jeweils optional "AISi-Beschichten" und "Dressieren" für die erfindungsgemäße
Kaltbandstufe abgebildet werden. Dabei gelten die erfindungsgemäßen Maßgaben und Maßnahmen
für die Erzeugung unbeschichteter Warm- oder Kaltbänder für Vergütungs- oder Warmumformprozesse,
als auch für die Erzeugung eines AlSi-beschichteten, erfindungsgemäß legierten und
kaltgewalzten Feinbleches für die Warmumformung.
[0100] Die Stähle 1 - 6 sind jeweils erschmolzen und zu Brammen vergossen worden. Anschließend
sind die Brammen auf eine Vorwärmtemperatur durcherwärmt und daraufhin zu einem Warmband
warmgewalzt worden. Die beim Warmwalzen erhaltenen Warmbänder sind auf eine Haspeltemperatur
abgekühlt worden, bei der sie zu einem Coil gehaspelt worden sind. Im Coil erfolgte
dann die Abkühlung auf Raumtemperatur.
[0101] Das derart als ungebeiztes Warmband aus dem Stahl 2 erzeugte Stahlflachprodukt ist
ohne weitere Behandlung für die Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt worden.
[0102] Nach der Abkühlung im Coil sind die aus den Stählen 1 und 3 - 6 erzeugten Warmbänder
einer Beizbehandlung unterzogen worden, um auf ihnen haftenden Zunder zu entfernen.
[0103] Die aus den Stählen 1 und 4 erzeugten Warmbänder sind daraufhin ohne zwischengeschaltete
Glühung zu jeweils einem Kaltband kaltgewalzt worden. Die so erhaltenen Kaltbänder
haben jeweils eine Durchlaufglühung durchlaufen, sind durch Schmelztauchbeschichten
mit einem AlSi-Überzug versehen worden und abschließend dressiergewalzt worden. Die
als mit einem AlSi-Überzug versehene Kaltbänder vorliegenden Stahlflachprodukte sind
für die Weiterverarbeitung zu Bauteilen bereitgestellt worden.
[0104] Die aus den Stählen 3, 3a und 6 erzeugten Warmbänder sind einer Haubenglühung unterzogen
und in diesem Zustand als Stahlflachprodukte für die Weiterverarbeitung bereitgestellt
worden.
[0105] Das aus dem Stahl 5 als Warmband erzeugte Stahlflachprodukt ist nach dem Beizen für
die Weiterverarbeitung bereitgestellt worden.
[0106] In Tabelle 1 sind die chemischen Zusammensetzungen der Stähle 1 - 6 aufgeführt. Die
Gehalte an den herstellungsbedingt vorhandenen, jedoch den Verunreinigungen zuzurechnenden
Elementen P, S und N sind hier angegeben, weil sie für die Qualität der erfindungsgemäß
erzeugten Stähle von besonderer Bedeutung sind und insbesondere bei den erfindungsgemäßen
Stählen 1 - 3a sichergestellt sein muss, dass die Gehalte an diesen Elementen den
Maßgaben der Erfindung entsprechen.
[0107] Die Enddicke D der aus den Stählen 1 - 6 jeweils erzeugten Stahlflachprodukte ist
in Tabelle 2 angegeben. Das heißt, dass für die aus den Stählen 1 und 4 erzeugten
Stahlbänder die Dicke D im fertig kaltgewalzten und mit dem AlSi-Überzug versehenen
Zustand und bei den aus den Stählen 2, 3, 3a, 5 und 6 erzeugten warmgewalzten Stahlbändern
die Dicke nach dem Haspeln (aus dem Stahl 2 erzeugtes Warmband) bzw. nach dem Entzundern
(aus den Stählen 3, 3a, 5 und 6) erzeugte Warmbänder) angegeben ist.
[0108] Ebenso sind in Tabelle 2 für die Stähle 1 - 6 das Ergebnis der Gleichung %Ti-48/14*%N,
das Verhältnis %Ti/%N, der Gehalt %Nrest des nicht durch Ti abgebundenen Stickstoffs,
das Ergebnis der Gleichung %Al-27/14*%Nrest, das Verhältnis %Al/%N und das Ergebnis
der Gleichung %Al//%N*14/27 angegeben, wobei mit %Ti der Ti-Gehalt, %N der N-Gehalt
und mit %Al der Al-Gehalt des jeweiligen Stahls bezeichnet sind.
[0109] Jeder der Stähle ist mit B legiert worden, wobei die B-Gehalte jeweils mindestens
0,001 Masse-% betrugen.
[0110] Die erfindungsgemäßen Stähle 1 - 3a weisen jeweils Ti-Gehalte auf, die nicht oder
allenfalls nur sehr knapp ausreichen, um den im jeweiligen Stahl vorhandenen N-Gehalt
abzubinden. Das bei einer theoretisch vollständigen Abbindung des vorhandenen Stickstoffs
durch Ti einzuhaltende stöchiometrische Verhältnis %Ti/%N beträgt 48/14 = 3,43. Beim
erfindungsgemäßen Stahl 1 liegt das Verhältnis % Ti/%N deutlich unterhalb dieses Wertes.
Ebenso liegt bei den erfindungsgemäßen Stählen 2, 3, 3a das Verhältnis % Ti/%N immer
noch unterhalb des stöchiometrischen Verhältnisses von 3,43. Jedenfalls betrug bei
den erfindungsgemäßen Stählen das Verhältnis % Ti/%N weniger als 4. Dagegen wiesen
alle Vergleichsstähle 4 - 6 ein %Ti/%N-Verhältnis > 5 auf.
[0111] Zur Kompensation der niedrigen Ti-Gehalte ist bei den erfindungsgemäßen Stählen 1
- 3a der Al-Gehalt angehoben worden, um durch die höheren Al-Gehalte, d.h. über einen
höheren Ausscheidungsdruck, AIN-Ausscheidungen zu erzielen und eine BN-Bildung zu
vermeiden. Die %Al/%N-Verhältnisse der erfindungsgemäßen Stähle 1 - 3 sind gegenüber
den Vergleichsstählen 4 - 6 deutlich angehoben und betragen jeweils mehr als 15. Sie
liegen damit auch deutlich über dem stöchiometrischen %Al/%N-Verhältnis, das 27/14
= 1,93 beträgt. Bei den Vergleichsvarianten 4 - 6 erreicht das %Al/%N-Verhältnis höchstens
12,3.
[0112] Die erfindungsgemäß zusammengesetzten Schmelzen sind in einer konventionellen Stranggießanlage
zu Brammen vergossen worden, die nach einer über eine Liegezeit "LIZ" sich erstreckenden
Durcherwärmung auf eine Vorwärmtemperatur "VWT" in einem ebenso konventionellen Warmbandwerk
zunächst zu einem Vorband mit einer Dicke "VBD" vorgewalzt worden ist. Die mit einer
Temperatur "VBT" das Vorwalzgerüst verlassenden Vorbänder sind dann in einem kontinuierlichen,
konventionell durchgeführten Warmwalzprozess zu Warmbändern mit einer Warmbanddicke
"WBD" fertig warmgewalzt worden. Die aus der Warmwalzanlage austretenden, fertig warmgewalzten
Warmbänder sind auf eine weniger als 650 °C betragende Haspeltemperatur HT abgekühlt
worden, wobei im Temperaturbereich von 800 - 650 °C eine Abkühlrate "ABK" von mindestens
50 °C/s eingestellt worden ist.
[0113] Die beispielhaft bei der Erzeugung und Weiterverarbeitung von aus den Stählen 1 -
6 bestehenden Brammen eingestellten Verfahrensparameter "Vorwärmtemperatur VWT", "Liegezeit
LIZ", "Vorbandtemperatur VBT", "Vorbanddicke VBD", "Warmwalzendtemperatur WET", "Abkühlrate
ABK", "Haspeltemperatur HT" und "Warmbanddicke WBD" sind in Tabelle 3 angegeben, zusätzlich
die nach der oben angegebenen Formel berechnete Temperatur "Ar3".
[0114] Die aus dem erfindungsgemäßen Stahl 1 und dem Vergleichsstahl 4 erzeugten Warmbänder
wurden in Kaltwalzstraßen auf ihre Enddicke "D" gewalzt. Der über das Kaltwalzen erzielte
Kaltwalzgrad ist hierbei keine entscheidende Größe. Er wird bestimmt alleine durch
die gegebene Warmbanddicke und die jeweils geforderte Kaltbanddicke, so dass das Kaltwalzen
gemäß der im Stand der Technik üblichen Vorgehensweise durchgeführt werden kann. Durch
das Kaltwalzen erfährt das Band eine plastische Verformung, die werkstofftechnisch
eine starke Verfestigung nach sich zieht und eine Reduzierung der weiteren Verformungsfähigkeit
zur Folge hat. Deshalb wird nach dem Kaltwalzen in ebenfalls konventioneller Weise
eine rekristallisierende Glühung durchgeführt, durch die das jeweilige Band entfestigt
und wieder für eine Umformung zu einem Bauteil geeignet wird. Die Glühung kann im
Fall, dass eine Schmelztauchbeschichtung erfolgen soll, wie beim Beispiel des aus
dem Stahl 1 erzeugten Kaltbands, in ebenso bekannter Weise in den üblicherweise im
Durchlaufprozess absolvierten Schmelztauchbeschichtungsprozess eingebunden werden.
Alternativ kann auch eine Haubenglühung stattfinden. Ebenso kann statt der Schmelztauchbeschichtung
eine elektrolytische Beschichtung durchgeführt werden.
[0115] Um das Verhalten der in der voranstehend erläuterten Weise aus den erfindungsgemäßen
Stählen 1 - 3a und aus den Vergleichsstählen 4 - 6 gefertigten Stahlflachprodukten
bei der Vergütung bzw. bei einem Warmumformprozess zu ermitteln, sind Proben der betreffenden
Stahlflachprodukte einer Simulation eines üblichen Vergütungs- oder Warmumformprozesses
unterworfen worden. Dabei sind die Proben jeweils auf eine Austenitisierungstemperatur
"T_aust" erwärmt worden, die um einen Betrag von ca. 60 °C höher waren als die Ac3-Temperatur
des jeweiligen Stahls 1 - 6. Die für das Aufheizen und Durcherwärmen bei der Austenitisierungstemperatur
T_aust benötigte Austenitisierungszeit betrug 7-10 min. inklusive Aufheizzeit in einem
Salzbadofen. Im Anschluss an die Austenitisierung sind die Proben in Öl mit einer
mittleren Abkühlrate von 70 - 120 °C/s auf Raumtemperatur abgeschreckt worden. Diese
Verfahrensparameter entsprechen den üblichen Bedingungen, die in der Praxis beim Vergüten
von Bauteilen, die aus Stahlflachprodukten der aus den Stählen 1 - 6 erzeugten Art
kaltgeformt worden sind, oder die beim Presshärten von derartigen Stahlflachprodukten
zu Bauteilen vorherrschen. Die Parameter der Austenitisierung sind in Tabelle 4 aufgeführt.
[0116] Nach dem Abschrecken folgte ein Anlassen der Proben bei 170 - 200 °C über eine Dauer
von 20 min. Dieses Anlassen entspricht sowohl einer beim Vergüten typischerweise abschließend
absolvierten Wärmebehandlung, als auch den Bedingungen, die bei einer kathodischen
Tauchlackierung im automobiltypischen Lackierprozess herrschen. Für das Anlassen eines
Bauteiles sind auch Temperaturen von 150 - 700 °C in Kombination mit Haltezeiten von
5 - 60 min in der industriellen Praxis gebräuchlich.
[0117] Aus den in der eingangs erläuterten Weise ermittelten Einzelwerten der Brucheinschnürung
("absolute Dehnung in Dickenrichtung") ε(epsilon)3 wurde jeweils eine lineare Regressionsrechnung
für ε(epsilon)3 als Funktion der Zugfestigkeit für das erfindungsgemäße Konzept und
das Vergleichskonzept erstellt. Mit > 90 % Bestimmtheitsmaß ergaben sich damit statistisch
signifikante Einflüsse. Als Zähigkeitsverbesserung wurde die Größe ΔBE = (ε(epsilon)3_Erf.
- ε(epsilon)3 Vergl.)/ ε(epsilon)3_Erf. als Funktion der Zugfestigkeit beider Regressionsrechnungen
definiert. Erf. bedeutet hierbei erfindungsgemäß, vergl. bezeichnet vergleichsgemäß.
Diese Größe ist wie der jeweils ermittelte Wert ε(epsilon)3 der Brucheinschnürung
als Wert ΔBE in Tabelle 4 aufgeführt.
[0118] Nach diesen abschließenden Wärmebehandlungsprozessen wurden an den aus den Stählen
1 - 6 in der voranstehend erläuterten Weise erzeugten Proben gemäß DIN EN ISO 6892-1
die mechanischen Zugversuchskennwerte "E-Modul", "Dehngrenze Rp0,2", "Zugfestigkeit
Rm", "Gleichmaßdehnung Ag" und "Bruchdehnung A" ermittelt. Die Bruchdehnung A bezieht
sich bei Kaltbanddicken ≤ 3 mm auf die Probenform 2 mit Querschnitten 20 Breite und
einer Ausgangsmesslänge von 80 mm. Bei den Dicken > 3,0 mm wurde eine Ausgangsmesslänge
von 50 - 65 mm (proportionale Zugproben) verwendet. Die Bestimmung erfolgte an jeweils
drei Stellen der untersuchten Proben in Längsrichtung bei Raumtemperatur. Die aus
den jeweils drei Messungen gemittelten Ergebnisse dieser Untersuchungen sind ebenfalls
in Tabelle 4 zusammengefasst.
[0119] Ebenso ist an den aus den Stählen 1 - 6 in der voranstehend erläuterten Weise erzeugten
Proben der Einschlusszustand im Gefüge untersucht worden und zwar zum einen im Zustand
Anlieferung, d.h. vor dem Vergüten und zum anderen nach dem Vergüten. Hierbei wurden
keine signifikanten Unterschiede bei den nichtmetallischen Ausscheidungen festgestellt,
daher wurde aus beiden Messungen ein Mittelwert gebildet, Dazu sind die oben erläuterten
Untersuchungsmethoden eingesetzt worden. Diese Untersuchungen haben bestätigt, dass
die aus den erfindungsgemäß legierten Stählen 1 - 3a bestehenden Proben in ihren Gefügen
einen deutlich reduzierten Anteil von weniger als 150 Flächen-ppm an harten TiN, AIN
und Al-basierten, oxidischen Ausscheidungen aufwiesen, deren mittlere Partikelgröße
0,2 - 10 µm betrug. Die Ausscheidungen lagen zudem über Banddicke homogen verteilt
vor. Die Messfläche, über die sich die jeweilige Untersuchung erstreckt hat, die entsprechenden
Gefügekennzahlen "Anzahl TiN pro cm
2", mittlerer Durchmesser der TiN-Ausscheidungen "TiN-Ø", %-Anteil der TiN-Ausscheidungen
(inklusive TiN-Partikel als Konglomerat mit weicheren Partikeln) an der Gesamtsumme
harter Partikel "TiN-Anteil+Konglomerate" sowie die Gesamtsumme harter Partikel der
TiN, AIN und Al
2O
3-Ausscheidungen sowie deren Konglomeraten mit weicheren Partikeln "TiN, Al
2O
3, AIN+Konglomerate" sind in Tabelle 5 aufgeführt.
[0120] Zudem zeigte sich, dass die aus den erfindungsgemäßen Stählen 1 - 3a in erfindungsgemäßer
Weise erzeugten und verarbeiteten Proben eine gegenüber den nicht erfindungsgemäßen,
aus den Stählen 4 - 6 erzeugten Varianten reduzierte ehemalige Austenitkorngröße in
Verbindung mit einer ebenfalls reduzierten Streuung der Austenitkorngröße über die
Banddicke aufweisen, ebenfalls jeweils gemittelt an drei Stellen 1/6, 1/3 und 1/2
über die Banddicke. Die bei diesen Untersuchungen ermittelten Kenngrößen mittlerer
Durchmesser der ehemaligen Austenitkörner "KA=Ø ehem. A-KG", Standardabweichung (bezogen
auf den Stichprobenumfang) des Durchmessers der ehemaligen Austenitkörner "Ks=σ ehem.
A-KG" und die abgeleitete Größe der Korngrößengüte "KG-Güte" sind in Tabelle 6 zusammengefasst.
Die KG-Güte ergibt sich als Multiplikation der mittleren ehemaligen Austenitkorngröße
mit der Standardabweichung des Durchmessers der ehemaligen Austenitkorngröße. Je kleiner
die KG-Güte, desto günstiger sind die Auswirkungen auf die Zähigkeit bzw. lokale Dehnung
anzusehen. Bekanntlich verbessert sich die Zähigkeit mit sinkender Korngröße. Zusätzlich
sorgt eine geringere Streuung der Korngröße für eine erhöhte Homogenität des Verformungsverhaltens
und somit zu einem verzögerten Beginn der Instabilität durch Brucheinschnürung, da
geringere lokale Unterschiede vorliegen.
Tabelle 1
Stahl |
C |
Si |
Mn |
Al |
Cr |
Nb |
Ti |
B |
Ca |
P*) |
S*) |
N*) |
V |
Cu |
Mo |
Ni |
Erfindungsgemäß? |
1 |
0,13 |
0,20 |
1,17 |
0,130 |
0,21 |
0,021 |
0,004 |
0,0021 |
0,0012 |
0,011 |
0,005 |
0,0059 |
0,001 |
0,04 |
0,026 |
0,09 |
JA |
2 |
0,15 |
0,21 |
1,06 |
0,092 |
0,21 |
0,024 |
0,015 |
0,0023 |
0,0008 |
0,014 |
0,002 |
0,0046 |
0,006 |
0,04 |
0,009 |
0,05 |
JA |
3 |
0,45 |
0,19 |
0,67 |
0,090 |
0,30 |
0,026 |
0,016 |
0,0027 |
0,0005 |
0,010 |
0,001 |
0,0048 |
0,002 |
0,01 |
0,005 |
0,02 |
JA |
3a |
0,47 |
0,27 |
1,27 |
0,081 |
0,32 |
0,025 |
0,013 |
0,0023 |
0,0005 |
0,008 |
0,001 |
0,0038 |
0,001 |
0,02 |
0,005 |
0,03 |
JA |
4 |
0,21 |
0,27 |
1,17 |
0,048 |
0,21 |
0,001 |
0,034 |
0,0025 |
0,0004 |
0,015 |
0,001 |
0,0039 |
0,003 |
0,08 |
0,027 |
0,05 |
NEIN |
5 |
0,41 |
0,22 |
1,16 |
0,036 |
0,41 |
0,001 |
0,029 |
0,0023 |
0,0005 |
0,017 |
0,003 |
0,0051 |
0,003 |
0,01 |
0,002 |
0,02 |
NEIN |
6 |
0,38 |
0,19 |
1,25 |
0,036 |
0,31 |
0,001 |
0,029 |
0,0012 |
0,0011 |
0,020 |
0,002 |
0,0057 |
0,002 |
0,01 |
0,003 |
0,02 |
NEIN |
*) Verunreinigung
Angaben in Masse-%, Rest Eisen und sonstige unvermeidbare Verunreinigungen |
Tabelle 2
Stahl |
D |
%Ti-48/14*%N |
%Ti/%N |
%Nrest |
%Al-27/14*%Nrest |
%Al/%N |
%Al/%N*14/27 |
[mm] |
[%] |
[%] |
[%] |
1 |
1,45 |
-0,0162 |
0,678 |
0,0047 |
0,1209 |
22,034 |
11,425 |
2 |
3,03 |
-0,0008 |
3,261 |
0,0002 |
0,0916 |
20,000 |
10,370 |
3 |
4,04 |
-0,0005 |
3,333 |
0,0001 |
0,0897 |
18,750 |
9,722 |
3a |
4,02 |
-0,0004 |
3,333 |
0,0001 |
0,0808 |
21,316 |
11,053 |
4 |
2,20 |
0,0206 |
8,718 |
0,0000 |
0,0480 |
12,308 |
6,382 |
5 |
4,05 |
0,0115 |
5,686 |
0,0000 |
0,0360 |
7,059 |
3,660 |
6 |
3,10 |
0,0095 |
5,088 |
0,0000 |
0,0360 |
6,316 |
3,275 |
%Ti = Ti-Gehalt, %N = N-Gehalt, %Nrest = nicht durch Ti abgebundener N-Gehalt, %Al
= Al-Gehalt des jeweiligen Stahls |
Tabelle 3
Stahl |
VWT |
LIZ |
VBT |
VBD |
WET |
Ar3 |
ABK* |
HT |
WBD |
[°C] |
[min.] |
[°C] |
[mm] |
[°C] |
[°C] |
[°C/s] |
[°C] |
[mm] |
1 |
1287 |
341,6 |
1084 |
37,4 |
869 |
808 |
61 |
579 |
3,30 |
2 |
1265 |
222,2 |
1093 |
39,6 |
892 |
807 |
76 |
592 |
3,03 |
3 |
1205 |
216,3 |
1072 |
40,3 |
861 |
758 |
53 |
612 |
4,04 |
3a |
1261 |
224,0 |
1036 |
38,1 |
859 |
741 |
35 |
612 |
4,02 |
4 |
1273 |
236,9 |
1090 |
40,5 |
840 |
791 |
41 |
586 |
3,11 |
5 |
1260 |
247,6 |
1080 |
40,2 |
849 |
751 |
35 |
634 |
4,05 |
6 |
1259 |
359,4 |
1088 |
39,7 |
910 |
752 |
47 |
717 |
3,10 |
*: mittlere Abkühlrate im Temperaturbereich zwischen 800 °C und 650 °C |
Tabelle 4
Stahl |
Ac3 |
T_aust |
E-Modul |
Rp0,2 |
Rm |
Ag |
A |
ε(Epsilon)3 |
ΔBE |
[°C] |
[°C] |
[MPa] |
[MPa] |
[MPa] |
[%] |
[%] |
[%] |
[%] |
1 |
888 |
940 |
193721 |
930 |
1183 |
3,6 |
5,3 |
59,9 |
7,5 |
2 |
881 |
940 |
195068 |
937 |
1213 |
3,5 |
6,1 |
58,5 |
7,8 |
3 |
815 |
875 |
173333 |
1515 |
2243 |
4,9 |
9,1 |
16,7 |
53,0 |
3a |
803 |
870 |
192402 |
1555 |
2159 |
4,5 |
8,1 |
13,5 |
42,2 |
4 |
857 |
915 |
196419 |
1105 |
1455 |
3,8 |
6,8 |
43,5 |
-11,5 |
5 |
812 |
875 |
203333 |
1462 |
2188 |
3,9 |
5,0 |
8,0 |
-45,5 |
6 |
818 |
880 |
192333 |
1312 |
1862 |
4,0 |
8,7 |
27,5 |
-22,6 |
Tabelle 5
Stahl |
Messfläche |
Anzahl TiN pro cm2 |
TiN-Ø |
TiN-Anteil + Konglomerate |
TiN, Al2O3, AIN + Konglomerate |
- |
[mm2] |
[N/cm2] |
[µm] |
[%-Anteil von Flächen-ppm] |
[Flächen-ppm] |
1 |
22,8 |
62 |
0,4 |
0 |
115 |
2 |
39,0 |
5221 |
1,0 |
24 |
121 |
3 |
39,1 |
1408 |
1,1 |
11 |
116 |
3a |
39,2 |
3235 |
1,1 |
16 |
135 |
4 |
35,2 |
13450 |
1,2 |
79 |
326 |
5 |
35,9 |
13298 |
1,0 |
48 |
357 |
6 |
32,7 |
12502 |
1,2 |
63 |
373 |
Tabelle 6
Stahl |
Lage |
KA= Ø ehem. A-KG |
Ks= σ ehem. A-KG |
KG-Güte |
[µm] |
[µm] |
[µm2] |
1 |
1/2 |
5,6 |
2,4 |
13,2 |
1 |
1/6 |
6,8 |
3,3 |
22,4 |
1 |
1/3 |
7,2 |
3,6 |
25,7 |
2 |
1/2 |
8,3 |
3,4 |
28,6 |
3 |
1/6 |
6,4 |
3,1 |
19,6 |
3 |
1/3 |
6,7 |
4,0 |
26,7 |
3 |
1/2 |
7,5 |
3,8 |
28,4 |
3a |
1/6 |
7,1 |
3,3 |
23,4 |
3a |
1/3 |
7,3 |
3,2 |
23,4 |
3a |
1/2 |
6,9 |
3,5 |
24,2 |
4 |
1/2 |
9,1 |
6,0 |
54,5 |
5 |
1/6 |
7,7 |
4,3 |
32,7 |
5 |
1/3 |
7,5 |
5,7 |
42,5 |
5 |
1/2 |
8,5 |
4,5 |
38,1 |
6 |
1/2 |
8,2 |
4,7 |
38,6 |
[0121] Gegenstand der Erfindung sind ferner die in den nachstehenden Sätzen beschriebenen
Ausführungsformen der Erfindung:
1. Bauteil, das durch Umformen aus einer Stahlblechplatine hergestellt ist,
- das aus einem Stahl besteht, der (in Masse-%) aus
C: |
0,1 - 0,6 %, |
Mn: |
0,1 - 2 %, |
Al: |
0,05 - 0,2 %, |
Nb: |
0,01 - 0,06 %, |
B: |
0,0005 - 0,005 %, |
Cr: |
0,05 - 0,8 %, |
Si: |
bis zu 0,8 %, |
Mo: |
bis zu 1,5 %, |
Cu: |
bis zu 0,5 %, |
Ni: |
bis zu 1,5 %, |
V: |
bis zu 0,2 %, |
REM: |
bis zu 0,05 % |
Ti: |
bis zu 0,02 %, |
Ca: |
bis zu 0,005 %, |
Rest Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht,
- wobei zu den Verunreinigungen Gehalte von bis zu 0,03 % P, bis zu 0,03 % S, bis zu
0,01 % N, weniger als 0,05 % Sn, weniger als 0,05 % As und weniger als 0,05 % Co zählen,
- wobei das aus dem jeweiligen Al-Gehalt %Al und dem jeweiligen N-Gehalt %N gebildete
Verhältnis %Al/%N*14/27 ≥ 8 ist, und
- wobei das Bauteil ein Gefüge aufweist, das zu mindestens 95 Flächen-% aus Martensit
und als Rest aus sonstigen Gefügebestandteilen besteht und in dem in einer homogenen
Verteilung über die Banddicke höchstens 150 Flächen-ppm an Partikeln vorhanden sind,
deren mittlere kreisäquivalente Partikelgröße 0,2 - 10 µm beträgt und die aus Al-Verbindungen
auf oxidischer Basis, aus AIN, TiN oder aus Konglomeraten bestehen, die auf Basis
dieser Partikel gebildet sind.
2. Bauteil nach Satz 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass sein Al-Gehalt 0,07 - 0,13 Masse-% beträgt.
3. Bauteil nach einem der voranstehenden Sätze,
dadurch gekennzeichnet,
dass sein B-Gehalt 0,001 - 0,0035 Masse-% beträgt.
4. Bauteil nach einem der voranstehenden Sätze,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei seinem Gefüge für das Produkt KA x Ks aus ehemaliger Austenitkorngröße KA, eingesetzt
in µm, und einfacher Standardabweichung Ks der ehemaligen Austenitkorngröße, ebenfalls
eingesetzt in µm und gemittelt über die bei einem Sechstel, einem Drittel und der
Hälfte der Dicke des jeweils betrachteten Wandabschnitts des Bauteils ermittelten
Austenitkorngrößen, gilt:

5. Bauteil nach einem der voranstehenden Sätze,
dadurch gekennzeichnet,
dass es im vergüteten oder pressgehärteten Zustand eine Zugfestigkeit Rm von 1000 - 2500
MPa aufweist.
6. Bauteil nach einem der voranstehenden Sätze,
dadurch gekennzeichnet,
dass es im vergüteten oder pressgehärteten Zustand eine Brucheinschnürung in Dickenrichtung
ε3 von 10 - 65 % aufweist.
7. Bauteil nach einem der voranstehenden Sätze,
dadurch gekennzeichnet,
dass es ein Hohlrohr ist, das aus einem längsnahtverschweißten Zuschnitt eines gemäß einem
der Ansprüche 0 - 3 beschaffenen Bauteils gebildet ist.
8. Bauteil nach einem der voranstehenden Sätze,
dadurch gekennzeichnet,
dass es ein Karosseriestrukturteil, ein Stabilisator für eine Fahrzeugfederung, eine Lenkwelle
oder eine Antriebswelle von Kraftfahrzeugen ist.
9. Verfahren zur Herstellung eines Bauteils mit einem zu mindestens 95 Flächen-% aus
Martensit und als Rest aus sonstigen Gefügebestandteilen bestehenden Gefüge, wobei
A) ein Warmband erzeugt wird, indem
a) Stahl erschmolzen wird, der aus (in Masse-%)
Mn: |
0,1 - 2%, |
Al: |
0,05 - 0,2 %, |
Nb: |
0,01 - 0,06 %, |
B: |
0,0005 - 0,005 %, |
Cr: |
0,05 - 0,8 %, |
Si: |
bis zu 0,8 %, |
Mo: |
bis zu 1,5 %, |
Cu: |
bis zu 0,5 %, |
Ni: |
bis zu 1,5 %, |
V: |
bis zu 0,2 %, |
REM: |
bis zu 0,05 % |
Ti: |
bis zu 0,02 %, |
Ca: |
bis zu 0,005 %, |
Rest Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht,
- wobei zu den Verunreinigungen Gehalte von bis zu 0,03 % P, bis zu 0,03 % S, bis zu
0,01 % N, weniger als 0,05 % Sn, weniger als 0,05 % As und weniger als 0,05 % Co zählen
und
- wobei das aus dem jeweiligen Al-Gehalt %Al und dem jeweiligen N-Gehalt %N gebildete
Verhältnis %Al/%N*14/27 ≥ 8 ist,
b) die Stahlschmelze zu einem Vorprodukt vergossen wird, nämlich zu einer Bramme,
einer Dünnbramme oder einem gegossenen Band,
c) das Vorprodukt, sofern erforderlich, auf eine 1100 - 1350 °C betragende Vorwärmtemperatur
durcherwärmt wird,
d) das Vorprodukt zu einem Warmband mit einer Dicke von 1 - 16 mm warmgewalzt wird,
wobei das Warmwalzen bei einer Warmwalzendtemperatur beendet wird, die um mindestens
50 °C und höchstens 150 °C höher ist als die Ar3-Temperatur des Stahls,
e) das erhaltene Warmband auf eine 450 - 700 °C betragende Haspeltemperatur abgekühlt
wird, wobei die Abkühlung im Temperaturbereich von 800 - 650 °C mit einer Abkühlrate
von 20 - 200 °C/s erfolgt,
f) das auf die Haspeltemperatur abgekühlte Warmband zu einem Coil gehaspelt wird und
im gehaspelten Zustand auf Raumtemperatur abgekühlt wird, sowie
g) optional: das im gehaspelten Zustand abgekühlte Warmband gebeizt wird und
h) optional: bei einer Kerntemperatur des Warmbands von 500 - 720 °C über eine Dauer
von 5 - 50 h haubengeglüht wird;
B) wobei aus dem erhaltenen Warmband optional ein Kaltband erzeugt wird, indem
i) das Warmband zu einem Kaltband mit einer Dicke von 0,5 - 3,5 mm in einem oder mehreren
Kaltwalzschritten kaltgewalzt wird;
j) optional: Glühen des Kaltbandes in einer Haubenglühe oder in einer Durchlaufglühe;
C) aus dem Warmband oder dem optional daraus erzeugten Kaltband ein Bauteil geformt
wird, indem
k) von dem Warm- oder Kaltband eine Platine abgeteilt wird
und gemäß Alternative 1:
I.1) die Platine auf eine Austenitisierungstemperatur durcherwärmt wird, die um höchstens
100 °C geringer ist als die Ac3-Temperatur des Stahls, aus dem das Warm- oder Kaltband
erzeugt ist, und höchstens 950 °C beträgt,
I.2) innerhalb von 1 - 20 s nach dem Ende der Durcherwärmung auf die Austenitisierungstemperatur
die Platine in ein gekühltes Warmumformwerkzeug eingelegt wird, in dem die Platine
zu dem Bauteil warmumgeformt wird, und
I.3) das Bauteil durch beschleunigtes Abkühlen mit einer Abkühlrate von 30 - 120 °C/s
bis Erreichen der Martensitstarttemperatur des Stahls, aus dem das jeweilige Warm-
oder Kaltband besteht, pressgehärtet wird, so dass das Bauteil ein vollständig martensitisches
Gefüge erhält,
oder gemäß Alternative 2:
m.1) die Platine zu dem Bauteil kaltumgeformt wird,
m.2) das kaltgeformte Bauteil auf eine Austenitisierungstemperatur durcherwärmt wird,
die um höchstens 100 °C geringer ist als die Ac3-Temperatur des Stahls, aus dem das
Warm- oder Kaltband erzeugt ist, und höchstens 950 °C beträgt, und
m.3) das auf die Austenitisierungstemperatur durcherwärmte Bauteil mit einer Abkühlrate
von 30 - 120 ° C/s bis Erreichen der Martensitstarttemperatur des Stahls, aus dem
das jeweilige Warm- oder Kaltband besteht, beschleunigt abgekühlt wird, so dass das
Bauteil ein vollständig martensitisches Gefüge erhält; und
n) optional: das nach den Arbeitsschritten I.1 - I.3 oder m.1 - m.3 erhaltene Bauteil
bei Temperaturen von 150 - 700 °C bei einer Glühdauer von 5 - 60 min angelassen wird.
10. Verfahren nach Satz 9,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Haspeltemperatur 550 - 630 °C beträgt.
11. Verfahren nach Satz 9 oder 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Gesamtzeit, welche im Arbeitsschritt 1.1 für die Durcherwärmung der Platine oder
im Arbeitsschritt m.2 für die Durcherwärmung des Bauteils vorgesehen wird, 1 Sekunde
bis 20 Minuten beträgt, wobei die Gesamtzeit die zum Aufheizen auf die jeweilige Austenitisierungstemperatur
benötigte Aufheizzeit umfasst.