(19)
(11) EP 4 556 579 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.05.2025  Patentblatt  2025/21

(21) Anmeldenummer: 25164074.4

(22) Anmeldetag:  13.02.2024
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C21D 7/10(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B21D 3/00; B21D 3/10; B21D 3/14; C21D 1/26; B21D 37/01; B21D 37/20; C21D 7/10; C21D 1/30; C21D 9/0075; C21D 8/005; C21D 6/002
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR

(30) Priorität: 20.02.2023 DE 102023104087

(62) Anmeldenummer der früheren Anmeldung nach Art. 76 EPÜ:
24157313.8 / 4417336

(71) Anmelder: Pöckl, Gottfried
4020 Linz (AT)

(72) Erfinder:
  • Pöckl, Gottfried
    4020 Linz (AT)

(74) Vertreter: Burgstaller, Peter 
Rechtsanwalt Landstrasse 12 Arkade
4020 Linz
4020 Linz (AT)

 
Bemerkungen:
Diese Anmeldung ist am 17-03-2025 als Teilanmeldung zu der unter INID-Code 62 erwähnten Anmeldung eingereicht worden.
 


(54) VERFAHREN ZUM HÄRTEN UND RICHTEN HOCHLEGIERTER WERKZEUGSTÄHLE


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Richten von Bauteilen aus hochlegierten, martensitischen Werkstoffen, wobei das Richten durch plastische Verformung nach dem Härten und vor dem Anlassen erfolgt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Härten und Richten hochlegierter Werkzeugstähle, insbesondere korrosionsbeständiger Stähle für lange, spannungsarme Bauteile mit angehobener Einsatztemperatur.

Stand der Technik


Einleitung: Hochlegierte Werkzeugstähle



[0002] Hochlegierte Stähle werden häufig als Werkzeuge der diversesten Art eingesetzt. Häufig werden sie in fünf Gruppen eingeteilt: Warmarbeitsstähle, Kaltarbeitsstähle, Schnellarbeitsstähle, Messerstähle und Kunststoffformenstähle.

[0003] Warmarbeitsstähle werden meistens bei höheren Temperaturen für das Strangpressen, -formen oder die Extrusion verwendet. Um den Wechselbelastungen bei den hohen Temperaturen standzuhalten sind sie einphasig, frei von Karbiden und haben hohe Reinheitsgrade an "Nichtmetallischen Einschlüssen". Für die Gefügefeinheit und die geringe Anzahl an Einschlüssen werden sie nicht selten zusätzlich in Vakuum oder unter Schlacke umgeschmolzen. Ihre Warmfestigkeit erhalten sie durch die Legierungselemente Kohlenstoff, Chrom, Molybdän und Vanadin (Vanadium). Kaltarbeitsstähle und Schnellarbeitsstähle sind in Gegensatz dazu meist ledeburitisch, das bedeutet, sie haben einen hohen Anteil an Karbiden und sind mehrphasig.

[0004] Kaltarbeitsstähle werden häufig als Stempel, Dorne, Schnittwerkzeuge und Pressmatrizen eingesetzt. Die Temperaturbelastung ist überschaubar, aber ihre Schneidhaltigkeit und Kantenstabilität ist gefordert. Sie sind mit denselben Legierungselementen wie die Warmarbeitsstähle legiert, haben aber deutlich höhere Gehalte an Kohlenstoff und Chrom, um die benötigten Karbide zu bilden. Schnellarbeitsstähle sind hingegen hoher thermischer Belastung bei der Zerspanung, etwa beim Drehen, Fräsen oder Bohren ausgesetzt. Legierungstechnisch werden die benötigten Eigenschaften durch das Zulegieren der Sonderkarbidbildner Wolfram, Molybdän, Vanadin und Niob in hohen Gehalten erreicht. Auch bei Messerstählen ist eine hohe Schneidhaltigkeit nötig. Hier ist wiederum die Temperaturbelastung nicht so ausgeprägt. Stattdessen wird meist eine gewisse Korrosionsbeständigkeit gefordert, was durch erhöhte Legierungsgehalte an Chrom bei etwas abgesenktem Kohlenstoff erreicht wird.

[0005] Kunststoffformenstähle werden häufig in der Kunststoffverarbeitung eingesetzt und haben ähnliche Eigenschaftsanforderungen wie Messerstähle, weshalb sie ähnlich legiert sind. Bei beiden Gruppen gibt es Stähle mit geringer bis hoher Korrosionsbeständigkeit und ohne bis hohen Karbidgehalten. Höchstlegierte korrosionsbeständige und verschleißbeständige Kunststoffformenstähle werden über die pulvermetallurgische Stahlherstellungsroute erzeugt.

[0006] Den hochlegierten Werkzeugstählen gemeinsam ist ihre Wärmebehandlung. Durch Härten und Anlassen erhalten sie ihre Gebrauchseigenschaften.

[0007] Häufig erfolgt die spanabnehmende Bearbeitung im weichgeglühten Zustand. Anschließend werden sie gehärtet und unmittelbar darauf angelassen, um die gewünschten Eigenschaften einzustellen. Die Endbearbeitung erfolgt durch Hartdrehen oder Schleifen.

[0008] Bei einer geringen Härte nach der Wärmebehandlung - Härten und Anlassen - kann die Fertigungsreihenfolge auch umgedreht werden. Das Härten und Anlassen kann vor der Bearbeitung durchgeführt werden. Man spricht dann von vergüteten oder vorvergüteten Werkstoffen. Diese können noch gut bearbeitet werden und am Herstellende wird keine weitere Wärmebehandlung mehr benötigt. Korrosionsbeständige ledeburitische Werkzeugstähle Korrosionsbeständige ledeburitische Werkzeugstähle stellen eine spezielle Gruppe der hochlegierten Werkzeugstähle dar. Wie bereits beschrieben, haben sie zwei besonders herausragende Eigenschaften. Auf der einen Seite sind sie aufgrund des hohen Gehalts an Chrom korrosionsbeständig. Auf der anderen Seite haben sie neben Chrom noch weitere Karbidbildner wie Vanadin, Molybdän, Wolfram, Niob und Titan und bilden dadurch mit dem hohen Gehalt an Kohlenstoff Hartphasen, vornehmlich Karbide, aber in manchen Legierungen auch Nitride, Boride oder Mischformen davon wie Carbonitride. Nach der finalen Wärmebehandlung haben sie Härten bis etwa 62 HRC. Diese hohe Härte gemeinsam mit den Hartphasen ermöglicht die hohe Verschleißbeständigkeit, Schneidhaltigkeit, Kantenstabilität, etc. dieser Stähle.

[0009] Durch die hohe Härte in Kombination mit dem hohen Gehalt an Karbiden haben die ledeburitischen Werkzeugstähle aber auch einen gehörigen Nachteil. Die Stähle haben eine geringe Zähigkeit und sind verhältnismäßig spröde. Aufgrund der Sprödigkeit wird die Schlagzähigkeit nicht an gekerbten Proben, sondern an ungekerbten gemessen. Aber auch bei ungekerbten Proben haben sie nur Zähigkeitswerte von etwa 10 Joule bis 70 Joule. Im Zugversuch liegt die plastische Dehnung bei etwa 1% bis 3%. Manche höchstlegierte Stähle liegen auch hier noch darunter. Bei der Herstellung und Anwendung ist auf diese geringe Zähigkeit und plastische Dehnung Rücksicht zu nehmen, damit es nicht zu ungewollten Brüchen und Totalversagen der Bauteile kommt.

[0010] Korrosionsbeständige ledeburitische Werkzeugstähle werden häufig in zwei Stahlgruppen eingeteilt:
Messerstähle und die daraus gefertigten Werkstücke haben hohe Anforderungen an Verschleißbeständigkeit und Schneidhaltigkeit und gewisse Anforderungen an Korrosionsbeständigkeit. Üblich sind dafür etwa Chromgehalte von 15 bis 18%. Ein großer Teil dieses Chromgehaltes bleibt nach der finalen Wärmebehandlung durch Härten und Anlassen in der Eisenmatrix gelöst. Dadurch ist er reaktiv und kann an der Werkstückoberfläche mit dem Sauerstoff aus der Luft reagieren. Das entstehende Chromoxid bildet dann eine dichte Oberflächenschicht mit einer Schichtdicke von wenigen Nanometern, welche weitere chemische Reaktionen und somit Korrosion verhindert.

[0011] Bei den Messerstählen gibt es sowohl nicht ledeburitische als auch einige ledeburitische Stähle. Ab einen Kohlenstoffgehalt von ca. 0,4% bis 0,6% ist in Wechselwirkung mit den jeweiligen karbidbildenden Legierungselementen in den einzelnen Stählen die Löslichkeitsgrenze erreicht, weshalb sich schon bei der Erstarrung der Schmelze die ersten Karbide ausbilden.

[0012] Zu den ledeburitischen Messerstählen gehören unter anderem die Stähle X90CrMoV18, X105CrMo17, X105CrCoMo18-2, etc.

[0013] Über die pulvermetallurgische Stahlherstellungsroute gibt es auch einige ledeburitischen Kunststoffformenstähle, die ähnlich den Messerstählen eine auf den Anwendungsfall zugeschnittene Korrosionsbeständigkeit aufweisen.

[0014] Bei der pulvermetallurgischen Stahlherstellung wird die legierte Stahlschmelze zuerst zu Metallpulver zerstäubt, ehe der Stahl durch heiß isostatisches Pressen HIPpen wieder zu einem dichten Block gepresst wird. Erst anschließend erfolgt die Umformung durch Schmieden oder Walzen.

[0015] Gegenüber den Messerstählen haben die ledeburitischen Kunststoffformenstähle einen deutlich höheren Karbidgehalt, ermöglicht durch die Herstellungsroute. Einige bedeutende pulvermetallurgische Kunststoffformenstähle sind ~X190CrVMo20-4, ~X270CrVMoW20-7, -X260CrVMo26-4, ~X230CrVMo14-9, ~X170CrVMo18-3, etc.

Weichglühen



[0016] Nach der Umformung werden die Stahlstangen der verschiedenen Legierungen beim Stahlhersteller geschält und weichgeglüht. Beim Weichglühen scheiden sich in der Stahlmatrix Glühkarbide aus. Die Matrix verarmt an Legierungselementen und wird ferritisch. Neben den primären, bei der Erstarrung gebildeten und durch die Umformung längsgestreckten Karbiden einer Größe von wenigen Mikrometern bis ca. 50 µm, liegen im Stahl dann noch die Glühkarbide einer Größe von ca. 100nm bis 500nm vor. Die weichgeglühten Stähle haben je nach Legierung eine Härte von ca. 250HB bis 300HB.

[0017] Damit sind sie weich genug, um beim Verarbeiter durch die mechanische, spanabnehmende Bearbeitung wie Drehen, Fräsen, Wirbeln, Bohren und Schleifen, etc. in eine endkonturnahe Form gebracht zu werden. Dabei erfolgt die Bearbeitung, um die verbleibenden Restspannungen möglichst gering zu halten, durch eine grobe Schruppbehandlung mit großem Werkstoffabtrag und einer Schlichtbehandlung mit geringem Abtrag. Ist die Endabmessung des Werkstücks beinahe erreicht, erfolgt die finale Wärmebehandlung bestehend aus Spannungsarmglühen, Härten und Anlassen. Die Temperaturen für das Härten und Anlassen werden den benötigten Eigenschaften des Werkstücks im Einsatz angepasst.

Härten und Anlassen



[0018] Die hochlegierten korrosionsbeständigen Werkzeugstähle werden bei Temperaturen über 1000°C gehärtet. Wird das Härten und Anlassen nicht beim Werkzeughersteller selbst sondern in Lohn durchgeführt, stehen für das Härten bei den Lohnhärtereien dafür üblicherweise folgende Härtetemperaturen zur Verfügung: 1030°C, 1070°C und 1180°C. Diese Temperaturen sind als ein Kompromiss zwischen den erzielbaren Eigenschaften und einem kostengünstigen Härten durch einen möglichst hohen Füllgrad der Härteöfen anzusehen.

[0019] Um beim Aufheizen thermische Spannungen und Verzug, durch hohe Temperaturunterschiede zwischen Innen und Außen, gering zu halten, werden beim Aufheizen zum Härten verschiedene Haltetemperaturen angefahren, um einen Temperaturausgleich zu ermöglichen. Beim Aufheizen wandelt sich auch das Gefüge der Matrix von Ferrit in Austenit um. Während des Haltens auf Härtetemperatur gehen die beim Weichglühen gebildeten Glühkarbide wieder in Lösung und die Matrix reichert sich wieder mit Legierungselementen an. Nach dem Halten wird rasch abgekühlt, um die Legierungselemente in Lösung zu halten und nicht wieder Glühkarbide zu bilden bzw. um zu verhindern, dass sich der Austenit in Ferrit, Perlit oder Bainit umwandelt. Dennoch können einige metallurgische Vorgänge vor sich gehen, die die Eigenschaften der Stähle verschlechtern können, wie voreutektoide Karbidausscheidung, Bildung von Korngrenzenmartensit oder von ungewollten Karbidausscheidungen im Korninneren. Bei ca. 300°C bis 200°C je nach Legierungslage beginnt die angestrebte Bildung von Martensit. Bei den hochlegierten Stählen ist die Martensitbildung bei Raumtemperatur noch nicht abgeschlossen und noch größere Mengen an Restaustenit sind vorhanden. Im Gefüge zeigt der Austenit meist eine eckige oder kantige Form. Häufig befinden sich Ansammlungen von Restaustenit im Bereich um die Primärkarbide, da diffusionsbedingt dort höhere Legierungsgehalte anzutreffen sind.

[0020] Aus umwelttechnischen Gründen wurde das Härten von Salzbädern auf Vakuumöfen umgestellt. Der Vakuumofen hat noch folgende weitere Vorteile gegenüber anderen Technologien: blanke Oberfläche der Bauteile, geringer Verzug bei angepassten Strömungsverhältnissen, hohe Reproduzierbarkeit des Härteergebnisses, Automatisierbarkeit des Härtezyklus, flexible, anpassbare Fertigung und hohe Abkühlungsgeschwindigkeiten durch Mehrkammersysteme, starke Zirkulation und hohen Gasdruck. Unmittelbar nach dem Härten und dem Erreichen von Temperaturen unter ca. 60°C erfolgt das Anlassen, um eine Stabilisierung des Restaustenits und damit einhergehende Versprödung der Werkstücke zu verhindern (Stand der Technik bei der Wärmbehandlung). Der Restaustenit muss vollständig umgewandelt werden, um spätere Maßänderungen zu vermeiden. Das Anlassen wird dazu mehrmals bei Temperaturen im Bereich des Sekundärhärtemaximums - etwas darüber für maximale Zähigkeit, etwas darunter oder weit darunter um hohe Korrosionsbeständigkeit zu erreichen und genau im Bereich des Maximums für höchstmögliche Härte - durchgeführt. Beim Halten auf Anlasstemperatur entspannt sich der Martensit und bildet Sekundärhärtekarbide. Diese können in verschiedenen Morphologien entstehen. Meistens bilden sich regelmäßig verteilte globulare Teilchen mit einem Durchmesser von 3 bis 10nm. In anderen Bereichen habe sie eine längsgestreckte Erscheinungsform mit einer Dicke von 2nm bis 3nm. Ihre Menge korreliert mit der Anzahl der gelösten Legierungselemente. Auch bei höchster Auflösung in Elektronenmikroskopen lassen sich keine Grenzflächen zwischen den Sekundärhärtekarbiden und der umgebenden Matrix ausmachen. Die Karbide sind also vollkommen kohärent, während die primären Karbide inkohärent sind und eine deutliche Grenzfläche ausweisen. Beim Abkühlen nach dem Halten auf Anlasstemperatur kann sich ein weiterer großer Teil an Restaustenit in Martensit umwandeln. Nach zwei- oder dreimaligem Anlassen ist der Restaustenit verschwunden.

[0021] Nach Beendigung der Wärmebehandlung hat ein hochlegierter ledeburitischer Werkzeugstahl ein Gefüge mit einer Matrix aus angelassenem, zähem Martensit, inkohärenten Primärkarbiden im µm-Bereich und kohärenten Sekundärhärtekarbiden im nm-Bereich. Die Stähle haben dann üblicherweise eine Härte im Bereich von ca. 60HRC.

[0022] Ist das Härten und Anlassen abgeschlossen, erfolgt die Fertigbearbeitung der Werkstücke durch Schleifen und Polieren.

Maßänderung und Verzug



[0023] Ein weiteres wichtiges Thema beim Härten ist die Maßänderung und der Verzug. Konventionell hergestellte Werkzeugstähle haben beim Härten eine ausgesprochene Anisotropie der Maßänderung bedingt durch eine längsförmige Anordnung der Karbide bei der Warmumformung in Walzrichtung. Pulvermetallurgische Stähle haben eine homogenere Verteilung der Karbide und sind daher nahezu isotrop in ihrer Maßänderung.

[0024] Die Vorbearbeitung durch mechanischen Abtrag, die Bearbeitungsstrategie - wie viele Schruppvorgänge, wie viele Schlichtvorgänge werden gefahren - und die Anzahl und der Zeitpunkt der Spannungsarmglühungen spielen eine Rolle. Selbst der Ausgangszustand des beim Stahlhersteller weichgeglühten Stahlstabes - wie war sein Temperatur-Zeit-Verlauf, wie war der Ofen chargiert - hat Einfluss auf das Verzugsverhalten.

[0025] Weiters ist beim Aufheizen zum Härten die Matrix der weichgeglühten Stähle ferritisch und wandelt erst bei höheren Temperaturen ab etwa 700°C in Austenit um. Beim Abkühlen ist die Matrix dann austenitisch. Während Ferrit einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von ca. 12µm/mK aufweist ist der Ausdehnungskoeffizient von Austenit deutlich höher und liegt etwa bei ca. 17µm/mK. Die Karbide haben deutlich kleinere Ausdehnungskoeffizienten von ca. 5 bis 6µm/mK. Die Ausdehnungskoeffizienten variieren in Abhängigkeit der Legierung und des Legierungsgehaltes bzw. der Zusammensetzung der Karbide. Auf Härtetemperatur werden die Gefügespannungen durch die hohe Beweglichkeit der Atome stark abgebaut. Durch das Abschrecken nach dem Halten auf Härtetemperatur kommt es dann aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten zu hohen gefügeinternen Spannungen. Die Karbide weisen hohe Druckspannungen auf. Die Eisenmatrix, besonders im Bereich von großen längsgestreckten Karbiden hat hohe Zugspannungen und neigt zu plastischer Verformung.

[0026] Werden abtragende Werkzeuge, wie Fräser, Bohrer, Messer, etc. erzeugt, ist eine hohe Maßhaltigkeit im Einsatz für eine hohe Standzeit notwendig. Hier behilft man sich häufig durch ein entsprechendes Aufmaß vor dem Härten und Anlassen, um durch Fertigschleifen das exakt benötigte Maß einzustellen.

Richten langer Bauteile



[0027] Für lange Bauteile, wir z.B. Plastifizierschnecken, lange Messer, Räumnadeln, etc., ist außerdem die Durchbiegung ein großes Thema. Aufgrund der hohen Maßabweichungen ist meistens ein einfaches Aufmaß im Bereich von einigen Zehntelmillimeter nicht ausreichend, um bei der Endbearbeitung die Maßgenauigkeit einzustellen. Aufwendige Prozessschritte - sogenanntes Richten - sind notwendig, um die langen, dünnen Werkstücke wieder gerade zu machen. Diese bringen aber auch wieder neue Spannungen in die Werkstücke ein.

[0028] Verschiedene Technologien stehen für das Richten zur Verfügung und sind in der Industrie weit verbreitet. Alle haben aber ihre Vor- und auch Nachteile.

[0029] Im weichgeglühten Zustand, wenn die Stahlteile noch mechanisch bearbeitete werden können, haben sie auch noch eine hohe plastische Verformbarkeit von 5 bis 10% oder mehr. Daher können sie auch noch gut durch mechanisches Verformen, üblicherweise durch zwei Auflagepunkte und einem Stempel, gerade gedrückt werden.

[0030] Durch das mechanische Geradedrücken werden viele Spannungen in einen Stahlstab eingebracht. Häufig kombiniert man daher den Richtvorgang mit einem Spannungsarmglühen. Durch das Glühen werden die Spannungen im Stahlstab großteils wieder abgebaut, allerdings verbiegt sich der Stab dadurch auch wieder. Etwa 50% der Geradheitsabweichung können so im spannungsarmen, geglühten Zustand pro Kombination Richten und Spannungsarmglühen abgebaut werden. Da für die weitere mechanische Bearbeitung ein gerader Stab notwendig ist, ist ein weiteres Richten notwendig.

[0031] Geht der bearbeitete Stab bereits endkonturnah zur finalen Wärmebehandlung - Härten und Anlassen - wird es noch deutlich aufwendiger, wieder ein gerades Werkstück zu bekommen. Mehrere Verfahren werden hier eingesetzt.

[0032] Das Werkstück kann nach dem Härten bei etwa 200°C aus dem Härteofen entnommen werden und in eine hydraulische Presse so eingespannt werden, dass er gegen die Geradheitsabweichung vorgespannt wird. Eine plastische Verformung erfolgt nicht, der Stahl wird nur elastisch verbogen. Die hochlegierten ledeburitischen Werkstoffe haben sehr niedrige Martensitumwandlungstemperaturen. Bei der Abkühlung von 200°C auf Raumtemperatur schreitet die Martensitbildung weiter voran. Durch den vorgespannten Zustand ordnen sich die Martensitlatten so an, dass eine Spannungsverminderung stattfindet und die Teile dadurch bei Raumtemperatur gerader sind, als ohne diesen Richtschritt.

[0033] Eine weitere Technologie ist das "Kerbrichten". Nach dem Härten und Anlassen werden am Werkstück lokale plastische Verformungen eingebracht. Bevorzugt wird dafür ein kleiner Stempel verwendet, der mit hoher Geschwindigkeit auf die Werkstückoberfläche auftrifft. Wichtig ist es, die richtige Geometrie an der Stempelspitze einzustellen. Ist die Spitze zu stumpf, zeigt sich keine Wirkung durch den Aufschlag des Stempels. Ist die Spitze zu scharf, dringt der Stempel weit in das Werkstück ein und es ist schwierig wieder eine intakte, glatte Oberfläche herzustellen. Die vielen, kleinen plastischen Verformungen bewirken in Summe ein Richten der Bauteile.

[0034] Eine lokale plastische Verformung kann auch durch die Flamme eines Acetylenbrenners erzeugt werden. Lokal wird der Bauteil so lange mit der Flamme aufgeheizt, dass er stark erhitzt wird. Die damit verbundene thermische Ausdehnung bewirkt dann eine leichte Verformung des Werkstückes. Die Technologie ist sehr aufwendig.

[0035] Teilweise müssen bis zu 60 Flammrichtpunkte erzeugt werden bis die benötigte Geradheit erreicht wird. Des Weiteren kommt es zu einer lokalen Werkstoffschädigung, da die hohen Temperaturen den Wärmebehandlungszustand des Werkstoffes verändern. Durch Temperaturen über der Anlasstemperatur verliert der Stahl zunächst seine hohe Härte und er wird weich. Erreicht man Härtetemperaturen erfolgt eine Neuhärtung. Dann ist ein harter, münzgroßer Punkt von einem weichen Ring umgeben. Bei häufigen Lastwechseln, wie etwa bei schnell laufenden Maschinen mit Zykluszeiten von wenigen Sekunden, kann es dann zu Rissbildung und Risswachstum kommen und die Stahlteile können abbrechen. Bei einer geringen Zahl an Lastwechseln und geringer Belastung spielt diese Schädigung durch das Flammrichten keine Rolle.

[0036] Lange Bauteile: Einsatz bei hohen Temperaturen Besonders kritisch sind Bauteile, die im Einsatz höhere Temperaturen erfahren, da die durch Richtschritte nach dem Anlassen eingebrachten Spannungen dazu führen können, dass sich die Bauteile wieder verbiegen und daher kürzere Standzeiten aufweisen.

[0037] Plastifizierschnecken etwa fördern in einem Plastifizierzylinder Kunststoff und schmelzen diesen bei Temperaturen von 220°C bis 350°C selten 450°C auf. Sie haben ca. ein Längen zu Durchmesserverhältnis von 30 und ein Durchmesserspiel zum umgebenden Zylinder von wenigen zehntel Millimeter. In diesem machen sie eine rotierende Bewegung beim Dosieren - Erzeugung der Kunststoffschmelze - und eine lineare Bewegung unter massivem Druck von bis zu 2400bar beim Einspritzen der Kunststoffschmelze in die Werkzeugform. Zu große Spannungen durch das Richten sind hier kritisch und können zu verkürzten Standzeiten führen.

[0038] Im fertig wärmebehandelten Zustand ist ein weiteres Spannungsarmglühen bei den üblichen Temperaturen von 550°C bis 650°C nicht mehr möglich, da schon bei diesen Temperaturen über der Anlasstemperatur die eingestellten günstigen Eigenschaften wieder verlorengehen würden. Demzufolge ist bereits bei der gesamten Herstellung der Werkstücke - Drehen, Fräsen, Wirbeln, Grobschleifen, Richten, Spannungsarmglühen, Härten, Anlassen, Richten, Fertigbearbeitung - auf Abbau der Spannungen und geringen Verzug zu achten. Vermeiden lassen sich Spannungen und Verzug durch diese Maßnahmen nicht, sie können nur möglichst klein gehalten werden.

[0039] Zusammenfassung Stand der Technik
  • Die Werkzeugstähle werden im weichgeglühten Zustand mechanisch, spannabnehmend bearbeitet (Drehen, Fräsen, Schleifen, Polieren).
  • Das Richten ("Gerade machen") der Teile im weichgeglühten Zustand erfolgt ebenfalls mechanisch. An zwei Positionen wird ein Bock untergestellt und mit einem Hammer wird in der Mitte darauf gedrückt, bis die Schnecken gerade sind. Beim anschließenden Spannungsarmglühen verbiegen sie sich dann wieder auf etwa den halben Wert des Bogens von vorher.
  • Nach der mechanischen Formgebung (Drehen, Fräsen, ...) der Werkstücke werden durch Härten und Anlassen die gewünschten Werkstoffeigenschaften eingestellt.
  • In der Härtereipraxis ist es Stand der Technik, dass das Anlassen möglichst rasch nach dem Härten zu erfolgen hat, damit es zu keiner Restaustenitstabilisierung und massiven Verschlechterung der Zähigkeit kommt. Außerdem sind die ledeburitischen Werkstoffe im Allgemeinen im nur gehärteten Zustand sehr spröde und neigen zum Brechen.
  • Für den Einsatz als Schnecken müssen die langen und dünnen Werkstücke mit einem Länge- zu Durchmesserverhältnis von etwa 30 noch gerade gemacht werden, da sie in einer rotierenden Bewegung in dem umgebenden Massezylinder laufen und es ein Durchmesserspiel von wenigen zehntel Millimeter zwischen den beiden Bauteilen gibt.
  • In diesem Zustand ist ein mechanisches Richten wegen der Sprödigkeit nicht mehr möglich. Für dieses "Gerade machen" wurde die Schnecke unter anderem durch lokales Anwärmen mit einem Acetylenbrenner erhitzt. Durch die Wärmeausdehnung erfolgte lokal eine ausreichende Längenänderung, um die Schnecken gerade zu machen. Dieses sogenannte "Flammrichten" ist ein aufwändiger händischer Prozess und führt zu einer lokalen Werkstoffschädigung der bereits gehärteten und angelassenen Teile.


[0040] In der DE 699 14 433 T2 wird ein Härteverfahren und eine Härtungsvorrichtung für einen Längsabschnitt eines verformten, stangenförmigen Werkstückes beschrieben, wobei das Werkstück beim Erwärmen als auch beim Abschrecken in eine Druckeinrichtung eingespannt wird.

Aufgabe der Erfindung



[0041] Ein Richtverfahren ("Gerade machen") für lange Bauteile, wie etwa Schnecken, ohne lokale Schädigung ist zu entwickeln.

[0042] (Zusätzlich soll das Richten automatisch, maschinell auf einem Richtautomaten gemacht werden können.)

[0043] Der Richtprozess hat so zu erfolgen, dass die Schnecken gerade und gleichzeitig möglichst spannungsarm sind, damit sie sich bei den erhöhten Temperaturen im Spritzgießprozess nicht wieder aufgrund zu vieler vorhandener Spannungen von selber verbiegen und dadurch verschleißen.

[0044] Zum Lösen der Aufgabe wird insbesondere ein Verfahren gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen.

[0045] In einer Ausführungsvariante ist ein Verfahren vorgesehen zum Richten eines Bauteils aus einem hochlegierten Stahl, welches in seiner Längsrichtung einen realen Verlauf aufweist, welcher in Form einer Biegung vom Sollverlauf des Bauteils abweicht, wobei das Bauteil vor dem Durchführen einer Wärmebehandlung in Form eines Glühschritts durch mechanisches Biegen mit einem gebogenen Verlauf versehen wird, welcher gebogene Verlauf entgegengesetzt zum ursprünglichen realen Verlauf vorliegt, wobei sich nachfolgend während der Wärmebehandlung unter Abbau von Spannungen im Bauteil ein neuer Verlauf einstellt, welcher näher am Sollverlauf liegt, als der ursprüngliche reale Verlauf und der gebogene Verlauf.

[0046] Bevorzugt wird, dass die Wärmebehandlung der letzte Wärmebehandlungsschritt ist, den das Bauteil vor seiner Fertigstellung erfährt.

[0047] Bevorzugt wird, dass das Bauteil in einem Winkel von 180° gegen die Richtung der Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs vorgebogen wird.

[0048] Bevorzugt wird, dass das Biegen in einem Ausmaß erfolgt, dass die Abweichung des gebogenen Verlaufs zum Sollverlauf im Bereich von 30 bis 100% der Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs zum Sollverlauf beträgt.

[0049] Bevorzugt wird, dass das Biegen in einem Ausmaß erfolgt, dass die Abweichung des gebogenen Verlaufs zum Sollverlauf im Bereich von 50 bis 80% der Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs zum Sollverlauf beträgt.

[0050] Bevorzugt wird, dass die Abweichung des gebogenen Verlaufs über die gesamte Längserstreckung des Bauteils spiegelgleich zur ursprünglichen Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs zum Sollverlauf vorliegt und zwar in einem Ausmaß von 30% bis 100% der ursprünglichen Abweichung.

[0051] Bevorzugt wird, dass die Abweichung des gebogenen Verlaufs über die gesamte Längserstreckung des Bauteils spiegelgleich zur ursprünglichen Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs zum Sollverlauf vorliegt und zwar in einem Ausmaß von 50% bis 80% der ursprünglichen Abweichung.

[0052] Bevorzugt wird, dass das Verbiegen auf den gebogenen Verlauf nach dem Härten und vor dem Anlassen erfolgt, wobei der Anlassvorgang die Wärmebehandlung in Form eines Glühschritts ist oder umfasst und das Bauteil nach dem Anlassvorgang spannungsarm und gerade vorliegt.

[0053] In einer Variante besteht das Bauteil aus einem martensitischen Werkzeugstahl. In einer anderen Variante besteht das Bauteil aus einem ledeburitischen Werkzeugstahl. In einer anderen Variante besteht das Bauteil aus einem korrosionsbeständigen, martensitischen Stahl. In einer anderen Variante besteht das Bauteil aus einem korrosionsbeständigen, ledeburitischen Werkzeugstahl.

[0054] Bevorzugt wird, dass das Bauteil aus einem der Stähle X105CrMo17, X105CrCoMo18-2, -X190CrVMo20-4 oder ~X270CrVMoW20-7 besteht.

[0055] Bevorzugt wird, dass das Bauteil eine Plastifizierschnecke ist. Der erste Schritt zur Verbesserung des bestehende Richtprozesses ist es, die langen Stäbe vorzubiegen. Ein Wert von ca. 50% ist ein guter Startwert für das Vorbiegen. D.h. bei einem Bogen von etwa einem Millimeter werden sie zu einem negativen Bogen von etwa 0,5mm - dem halben Wert der Geradheitsabweichung - vorgebogen.

[0056] In der Realität erweist sich ein Wert darüber häufig als noch günstiger. Ein Vorbiegen, am besten Spiegeln der Geradheitsabweichung (nicht nur der maximale Schlag, sondern die ganze Länge), auf 50 bis 80% (selten 100%) des Ausganswertes ist anzustreben. Auf den optimalen Wert hat auch die Vorgeschichte des Bauteiles, die Fertigungsroute, und die Geometrie einen Einfluss. Er ist in der Serienfertigung als Erfahrungswert zu erarbeiten. Anschließend gehen die langen Bauteile in den Ofen zum Spannungsarmglühen. Bei optimaler Vorbiegung kommen sie annähernd gerade wieder aus dem Glühofen heraus.

[0057] Die Bauteile werden somit durch Überdrücken der Stangen und anschließendes Spannungsarmglühen spannungsarm und gerade.

[0058] Ein besonderes Verhalten zeigen die korrosionsbeständigen Stähle in Bezug auf ihre Eigenschaften nach dem Härten insbesondere ihre Zähigkeit. Führt man Zugversuche durch zeigt sich im Gegensatz zu ledeburitischen Kaltarbeitsstählen oder Schnellarbeitsstählen, die keine oder nur eine minimale plastische Umformbarkeit aufweisen, eine niedrige Streckgrenze bei etwa 700MPa und eine plastische Verformbarkeit von etwa 1% bis 2%. Zurückzuführen ist dies auf ein geändertes Verhalten des Restaustenits und eine deutlich verminderte Sprödigkeit des frisch gebildeten Martensits aufgrund des hohen Gehaltes an Chrom. Durch den hohen Chromgehalt können die Versetzungen leichter abgleiten. Außerdem bewirkt Chrom auch eine verminderte Stabilisierung des Restaustenits. Messungen zeigen, dass auch wenn zwischen Härten und Anlassen eine Woche vergeht, kein Abfall der Schlagzähigkeit noch der plastischen Dehnung im Zugversuch festzustellen ist.

[0059] Dieses Verhalten kann dazu genutzt werden, auch während des Härte- und Anlasszyklus das Vorbiegen einzusetzen. Der Härte-/Anlasszyklus wird unterbrochen und die langen Werkstücke bei Raumtemperatur nach dem Härten durch mechanisches Vorbiegen plastisch so verformt, dass eine Geradheitsabweichung von 100% auf 50% oder mehr in die Gegenrichtung verändert wird.

[0060] Das anschließende Anlassen bewirkt dann dasselbe wie das Spannungsarmglühen. Es kann dazu genutzt werden, dass die verbleibenden bzw. eingebrachten Spannungen den Bauteil wieder gerade machen. Zusätzlich hat das Anlassen durch die damit verbundenen, oben beschriebenen Gefügeumwandlungen die Wirkung einer Spannungsverminderung. Damit liegen nach der vollständigen Wärmebehandlung Bauteile vor, die gerade und spannungsfrei bzw. spannungsarm sind.

[0061] Die Erfindung wird Anhand von Figuren veranschaulicht.
Fig. 1
veranschaulicht schematisch eine durch Spannungen verbogene Schnecke.
Fig. 2
veranschaulicht schematisch die Durchbiegung eines langen Bauteiles nach der Wärmebehandlung.
Fig. 3
veranschaulicht schematisch das mechanische Richten auf einer hydraulischen Presse: zwei Auflagepunkte, ein Stempel.
Fig. 4
veranschaulicht schematisch das Vorbiegen der Geradheitsabweichung auf 50% in die Gegenrichtung (180° von der Ausgangsgeradheitsabweichung).
Fig. 5
veranschaulicht einen Vergleich von Zugproben in nur gehärteten Zustand eines ledeburitischen Kaltarbeitsstahls (kaum oder nur geringe plastische Verformbarkeit) und eines korrosionsbeständigen, ledeburitischen Werkzeugstahles (niedrige Streckgrenze und 1% bis 2% plastische Verformbarkeit) Gefüge jeweils: Martensit, Restaustenit, primäre Karbide.


[0062] Fig. 1 veranschaulicht ein langes, dünnes Bauteil in Form einer Plastifizierschnecke 1, welche eine Verbiegung aufweist. Aufgabe der Erfindung ist es einen Richtprozess für das Bauteil, insbesondere die Plastifizierschnecke 1 bereit zu stellen, sodass diese gerade und gleichzeitig möglichst spannungsarm wird.

[0063] Fig. 2 veranschaulicht das Problem, bzw. den Ausgangszustand des Bauteils vor der Anwendung des gegenständlichen Verfahrens.

[0064] Das Bauteil weist einen realen Verlauf 2 auf, welcher vom Sollverlauf 3 abweicht. Die Abweichung liegt quer zur Längsrichtung bzw. der Länge des Bauteils vor.

[0065] Die maximale Abweichung 4 liegt üblicherweise im mittleren Bereich des Bauteils vor, bei Schnecken geometriebedingt aber oft auch seitlich davon.

[0066] Fig. 3 veranschaulicht eine mechanische Vorrichtung, um den realen Verlauf 2 des Bauteils an den Sollverlauf 3 anzugleichen. Dazu sind zwei Auflagepunkte an den Enden des Bauteils und ein Stempel im mittleren Bereich des Bauteils vorhanden.

[0067] Fig. 4 veranschaulicht das Richten des Bauteils beim erfindungsgemäßen Verfahren.

[0068] Das Richten erfolgt durch mechanisches Verbiegen vor einem Glühschritt. Dies erfolgt durch eine Biegevorrichtung, welche nach dem Stand der Technik bekannt ist und nach dem zu Fig. 3 erläuterten Prinzip arbeiten kann.

[0069] Wie veranschaulicht, weist das Bauteil vor dem Verbiegen einen realen Verlauf 2 auf, welcher vom Sollverlauf 3 abweicht.

[0070] Die maximale Abweichung 4, welche meist zirka mittig am Bauteil auftritt, stellt die Ermittlungsgrundlage für das Verbiegen des Bauteils dar und ist mit 100% angegeben.

[0071] Das Verbiegen erfolgt dann entgegen der maximale Abweichung 4. Das bedeutet, dass das Bauteil spiegelbildlich zum ursprünglichen realen Verlauf 2 in die entgegengesetzte Richtung gebogen wird, bis ein neuer Verlauf in Form des gebogenen Verlaufs 5 resultiert. Der gebogene Verlauf 5 weist bevorzugt an der Stelle der ursprünglichen maximale Abweichung 4 ebenfalls ein Maximum 6 auf. Das Maximum 6 beträgt bevorzugt zwischen 30 bis 100%, insbesondere 50 bis 80%, der ursprünglichen maximalen Abweichung 4, beispielsweise wie dargestellt 50%. Bevorzugt weist der gebogene Verlauf 5 an jeder Stelle der Längsrichtung eine Abweichung auf, welche im Bereich von 30 bis 100%, insbesondere 50 bis 80%, der Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs 2 an derselben Stelle entspricht. Bevorzugt ist das Verhältnis zwischen der ursprünglichen Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs 2 und der Abweichung des gebogenen Verlaufs 5 über die Längsrichtung des Bauteils zumindest annähernd konstant.

[0072] Wenn der gewünschte gebogene Verlauf 5 erreicht ist, wird das Bauteil aus der Biegevorrichtung entnommen und der Wärmebehandlung, in Form eines Glühschrittes, zugeführt.

[0073] Beim Glühschritt erfährt das Bauteil bevorzugt eine Wärmebehandlung im Temperaturbereich von 600°C bis 800°C für eine Dauer von 1 bis 5 Stunden. In einer Ausführungsvariante erfolgt das Verbiegen zwischen dem Härten und Anlassen. Dabei sind die Temperaturen des Glühschrittes auf die Temperaturen des Anlassens zu senken, da sonst die benötigten Gebrauchseigenschaften, insbesondere die hohe Härte, wieder verloren gehen würden. Der Glühschritt erfolgt dann bei Temperaturen von 250°C bis 600°C für eine Dauer von 1 bis 4 Stunden. Da damit massive Gefügeänderungen einhergehen wegen eines unstabilen Ausgangszustandes vor dem Anlassen, sind auch die geringeren Temperaturen für eine spannungsvermindernde Wirkung ausreichend.

[0074] Durch die Wärmebehandlung verformt sich das Bauteil vom gebogenen Verlauf 5 zurück in Richtung des ursprünglichen realen Verlaufs 2, sodass ein weiterer Verlauf erhalten wird, welcher zumindest näher am Sollverlauf 3 liegt als die beiden anderen Verläufe 2, 5.

[0075] Ein geeignetes Ausmaß der Abweichung des gebogenen Verlaufs 5 bezogen auf die Abweichung des realen Verlaufs 2 ist unter anderem vom Material des Bauteils und dessen Geometrie abhängig, sodass dieses am besten innerhalb der oben genannten Grenzen durch Versuch ermittelbar ist.

[0076] In einer Ausführungsvariant wird die maximale Abweichung 4 des Bauteils gemessen und der Messwert mit einem Faktor im Bereich von 0,3 bis 1 multipliziert, um das benötigte Maximum 6 des gebogenen Verlaufs zu ermitteln. Der Stempel einer Biegevorrichtung kann dann entsprechend dem ermittelten Maximum verfahren werden.

[0077] Fig. 5 veranschaulicht einen Vergleich von Zugproben im nur gehärteten Zustand eines ledeburitischen Kaltarbeitsstahls 7 (kaum oder nur geringe plastische Verformbarkeit) und eines korrosionsbeständigen, ledeburitischen Werkzeugstahles 8 (niedrige Streckgrenze und 1% bis 2% plastische Verformbarkeit) Das Gefüge umfasst jeweils Martensit, Restaustenit und primäre Karbide.


Ansprüche

1. Verfahren zum Richten von Bauteilen aus hochlegierten, martensitischen Werkstoffen, dadurch gekennzeichnet, dass das Richten durch plastische Verformung nach dem Härten und vor dem Anlassen erfolgt.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die martensitischen Werkstoffe eine niedrige Streckgrenze aufweisen.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die martensitischen Werkstoffe eine Streckgrenze unter 1500 MPa aufweisen.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die martensitischen Werkstoffe eine Streckgrenze unter 1000 MPa aufweisen.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Bauteile lange und dünn sind und das Richten der langen, dünnen Bauteile durch Biegen erfolgt.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Bauteile durch das Anlassen nach dem Richten durch mechanisches, plastisches Verbiegen nach dem Anlassvorgang spannungsfrei oder zumindest spannungsarm vorliegen.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Bauteile aus einem korrosionsbeständigen, martensitschen Werkzeugstahl bestehen.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Bauteile aus einem korrosionsbeständigen, ledeburitischen Werkzeugstahl bestehen.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die langen, dünnen Bauteile beim Richten nach dem Härten so vorgebogen werden, dass sie nach dem Anlassen gerade und spannungsfrei oder zumindest spannungsarm vorliegen.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Abweichung des gebogenen Verlaufs (5) über die gesamte Längserstreckung des Bauteils spiegelgleich zur ursprünglichen Abweichung des ursprünglichen realen Verlaufs (2) zum Sollverlauf (3) vorliegt und zwar in einem Ausmaß von 30% bis 100% der ursprünglichen Abweichung.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil aus einem der Stähle X35CrMoV15, X50CrNoV15, X39CrMo17, X60CrMo17, X80CrMo18, X90CrMo17, X105CrMo17, X105CrCoMo18-2, -X190CrVMo20-4 oder ~X270CrVMoW20-7 oder ähnlichen besteht.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil aus einem der Stähle X90CrMo17, X105CrMo17, X105CrCoMo18-2, -X190CrVMo20-4 oder ~X270CrVMoW20-7 oder ähnlichen besteht.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil eine Plastifizierschnecke (1) ist.
 




Zeichnung











Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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