(19)
(11) EP 4 574 287 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.06.2025  Patentblatt  2025/26

(21) Anmeldenummer: 23217652.9

(22) Anmeldetag:  18.12.2023
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21B 37/28(2006.01)
B21B 37/58(2006.01)
(52) Gemeinsame Patentklassifikation (CPC) :
B21B 37/28; B21B 37/62; B21B 37/58; B21B 37/38; B21B 37/40; B21B 37/44; B21B 37/32; B21B 37/74
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC ME MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Primetals Technologies Germany GmbH
91058 Erlangen (DE)

(72) Erfinder:
  • Grillmeier, Hubertus
    91056 Erlangen (DE)
  • Thekale, Alexander
    91058 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: Metals@Linz 
Primetals Technologies Austria GmbH Intellectual Property Upstream IP UP Turmstraße 44
4031 Linz
4031 Linz (AT)

   


(54) WALZVERFAHREN, COMPUTERPROGRAMMPRODUKT UND WALZANLAGE


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Walzen von flachem Walzgut (1a), ein Computerprogrammprodukt und eine Walzanlage (2) zum Walzen von flachem Walzgut (1a). Dabei wird eine Zielkontur (Z) des flachen Walzguts (1b) nach einem Walzprozess in der Walzanlage (2) vorgegeben und eine Istkontur (I) des flachen Walzguts (1a) vor dem Walzprozess in der Walzanlage (2) bereitgestellt. Zudem werden wenigstens zwei Stellwerte (S) für einen Stellmechanismus (7a, 7b) der Walzanlage (2), mit welchem die Kontur (10) des Walzguts (1a) während des Walzprozesses beeinflussbar ist, ermittelt. Die wenigstens zwei Stellwerte (S) werden dabei zweckmäßigerweise mittels eines Prozessmodells, welches den Walzprozess in der Walzanlage (2) abbildet, auf Grundlage der Zielkontur (Z) und der Istkontur (I) ermittelt. Die Walzanlage (2) wird sodann mit den wenigstens zwei Stellwerten (S) betrieben, wobei der Stellmechanismus (7a, 7b) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S) nicht-symmetrisch angesteuert wird.




Beschreibung

Gebiet der Technik



[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Walzen von flachem Walzgut, ein Computerprogrammprodukt und eine Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut.

Stand der Technik



[0002] Eine zentrale Größe bei der Beurteilung der Qualität eines gewalzten Produkts ist seine Kontur, d. h. seine Form im Querschnitt betrachtet. Die Kontur wird maßgeblich beim Walzprozess beeinflusst. Entstehen dabei in Bezug auf die Weiterverarbeitung ungünstige Konturen, so führt dies meist zu einem wirtschaftlichen Schaden und/oder beträchtlichem Arbeitsaufwand, da das Walzgut gegebenenfalls nachbearbeitet werden muss, für eine geplante Anwendung nicht verwendet werden kann oder als Schrott entsorgt werden muss.

[0003] Üblicherweise stehen in Walzanlagen mehrere Stellmechanismen zur Beeinflussung der Kontur zur Verfügung. Typische Stellmechanismen sind beispielsweise das Biegen, das Verschränken (sog. "Pair Cross") und das Schwenken von Arbeitswalzen, die durch die Ansteuerung von entsprechenden Aktuatoren realisiert werden können. Alternativ oder zusätzlich kann auch durch eine steuerbare Walzen- oder Walzgutkühlung sowie einen Kantenheizer Einfluss auf die Kontur genommen werden.

[0004] Eine in der Regel gewünschte Kontur ist durch eine Achsensymmetrie zur Mitte des Walzguts gekennzeichnet. Verschiedene Effekte beim Walzprozess können aber ungewollt asymmetrische Konturen erzeugen. Beispielsweise kann das Walzgut bereits vor dem Einlaufen in ein oder mehrere Walzgerüste bereits eine asymmetrische Kontur aufweisen, die bei einem konventionell durchgeführten Walzprozess dann nicht korrigiert werden kann. Ebenso kann eine asymmetrische Temperaturverteilung des zu walzenden Walzguts eine Asymmetrie in der Kontur verursachen. Problematisch sind daneben auch asymmetrische Zugverteilungen im Walzgut, die beispielsweise beim Erstarren nach einem Gießprozess entstehen können. Zudem können unter anderem auch Abnutzung oder eine ungenaue Positionierung der Arbeitswalzen nachteilig auf die Symmetrie wirken.

Zusammenfassung der Erfindung



[0005] Vor diesem Hintergrund ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Kontrolle über die Kontur bei einem Walzprozess zu verbessern, insbesondere den asymmetrischen Anteil der Kontur gezielt zu beeinflussen.

[0006] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zum Walzen von flachem Walzgut, ein Computerprogrammprodukt und eine Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut gemäß den unabhängigen Ansprüchen.

[0007] Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der unabhängigen Ansprüche und der folgenden Beschreibung.

[0008] Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird bei einem Verfahren zum Walzen von flachem Walzgut, insbesondere einem Metallband, eine Zielkontur eines flachen Walzguts nach einem Walzprozess in einer Walzanlage vorgegeben und eine Istkontur des flachen Walzguts vor dem Walzprozess in der Walzanlage bereitgestellt. Zudem werden wenigstens zwei Stellwerte für einen Stellmechanismus der Walzanlage, mit welchem die Kontur des Walzguts während des Walzprozesses beeinflussbar ist, insbesondere online, ermittelt. Die wenigstens zwei Stellwerte werden dabei zweckmäßigerweise mittels eines Prozessmodells, welches den Walzprozess in der Walzanlage abbildet, auf Grundlage der Zielkontur und der Istkontur ermittelt. Die Walzanlage wird sodann mit den wenigstens zwei Stellwerten betrieben, wobei der Stellmechanismus mit den wenigstens zwei Stellwerten nicht-symmetrisch angesteuert wird.

[0009] Ein Aspekt der Erfindung beruht auf dem Ansatz, einen nicht-symmetrischen Anteil einer Kontur eines Walzguts, zum Beispiel eines Metallbands, nach einem Walzprozess in einer Walzanlage gezielt durch eine entsprechende Steuerung der Walzanlage zu beeinflussen. Beispielsweise kann einer nicht-symmetrischen Kontur des Walzguts durch entsprechende Steuerung der Walzanlage proaktiv entgegengewirkt werden. Es ist mit diesem Ansatz aber auch denkbar, gezielt einen nicht-symmetrischen Anteil der Kontur im gewalzten Produkt zu erzeugen. In beiden Fällen ist dazu vorgesehen, Stellwerte für einen Stellmechanismus, welcher eine Kontur des Walzguts während dem Walzprozess beeinflusst, für eine nicht-symmetrische Ansteuerung des Stellmechanismus zu ermitteln. Durch die nicht-symmetrische Ansteuerung des Stellmechanismus lässt sich gezielt die Ausformung eines nicht-symmetrischen Anteils der Kontur des fertiggewalzten Produkts erreichen - oder eben der Ausformung eines durch andere Effekte beim Walzprozess bedingten nicht-symmetrischen Anteils entgegenwirken.

[0010] Zweckmäßigerweise werden hierzu zunächst Informationen über das zu walzende Walzgut und vorzugsweise auch über die Walzanlage, zum Beispiel über deren Komponenten und/oder deren Zustand, zusammengetragen. Allgemein gesagt kann also zumindest ein Großteil der Bedingungen, unter denen der Walzprozess stattfinden wird, ermittelt werden. Beispielsweise können neben der Istkontur des zu walzenden Walzguts auch weitere Informationen zu dessen Geometrie, wie etwa dessen Dicke und/oder Breite, bereitgestellt werden. Für eine noch präzisere Kontrolle über den nicht-symmetrischen Konturanteil lassen sich zusätzlich auch die Materialeigenschaften, die chemische Zusammensetzung, die Temperatur und/oder sogar eine Temperaturverteilung im zu walzenden Walzgut bereitstellen. Alternativ oder zusätzlich kann eine Beschreibung der Anlage, zum Beispiel die Anzahl der Arbeitswalzen, deren Geometrie, mechanische Anlagengrenzen und/oder dergleichen bereitgestellt werden. Ebenso kann, alternativ oder zusätzlich, der Zustand der Anlage beschrieben werden durch Bereitstellen aktueller Positionen der Aktuatoren, die einen auf die Walzgutkontur Einfluss nehmenden Stellmechanismus realisieren, den aktuellen Verschleiß der Arbeitswalzen und/oder dergleichen. Weiterhin können Prozessvorgaben berücksichtigt werden, zum Beispiel Stellbereiche der Aktuatoren, Dickenabnahme-Verteilungen bei mehreren aufeinanderfolgenden Walzstichen und/oder dergleichen.

[0011] Zudem wird zweckmäßigerweise eine gewünschte Kontur ("Zielkontur") des Walzguts nach dem Walzprozess vorgegeben, etwa in Form einer Funktion oder einer Datenkurve. Es ist auch denkbar, hierzu diskrete Kontur-Kenngrößen vorzugeben, welche die Zielkontur hinreichend gut beschreiben. Alternativ oder zusätzlich kann ein Zulässigkeitsbereich vorgegeben werden, also ein Kontur-Korridor, in dem sich die Zielkontur befinden soll.

[0012] Wie bereits angedeutet kann bei der Vorgabe der Zielkontur dabei nicht nur ein konventioneller Profilwert oder eine symmetrische Walzgutkontur, sondern auch eine nicht-symmetrische Kontur oder wenigstens eine daraus abgeleitete Kenngröße vorgegeben werden. Gegebenenfalls kann die Zielkontur auch durch Vorgabe eines symmetrischen Konturanteils, etwa einen konventionellen Profilwert, und gleichzeitige Vorgabe eines separaten, nicht-symmetrischen Konturanteils vorgegeben werden.

[0013] Die Informationen über das zu walzenden Walzgut, insbesondere die Istkontur, - und gegebenenfalls auch über die Anlage bzw. Walzbedingungen - und die Zielkontur können dann als Grundlage für eine Modellierung des Walzprozesses genutzt werden. Beispielsweise lassen sich die Istkontur und die Zielkontur, vorzugsweise neben den weiteren bereitgestellten Informationen, als Variablen in ein Modell einsetzen. Das Modell basiert vorzugsweise auf physikalischmathematischen Gleichungen. Alternativ oder zusätzlich kann das Modell auch maschinell erlernt sein, d.h. auf einer künstlichen Intelligenz beruhen. Als Ausgangsgrößen dieses Prozessmodells können Stellwerte erhalten werden, mit welchen sich die Walzanlage betreiben lässt. Die Stellwerte sind dabei zweckmäßigerweise insbesondere solchen Stellmechanismen zugeordnet, welche durch eine nicht-symmetrische Ansteuerung eine nicht-symmetrische Kontur bzw. nicht-symmetrische Konturanteile bewirken können. Diese nicht-symmetrische Ansteuerung der Stellmechanismen, insbesondere mit jeweils wenigstens zwei Stellwerten, erlaubt es, nicht oder nur mit großem Aufwand kontrollierbare Effekte, welche bislang zu nicht-symmetrischen Konturen gewalzter Produkte führten, auszugleichen und/oder in eine gewünschte nicht-symmetrische Kontur zu überführen.

[0014] Nachfolgend werden bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung und deren Weiterbildungen beschrieben. Diese Ausführungsformen können jeweils, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird, beliebig miteinander sowie mit den im Weiteren beschriebenen Aspekten der Erfindung kombiniert werden.

[0015] Als Stellmechanismen, die nicht-symmetrisch ansteuerbar sind, kommen vor allem mechanische und/oder thermische Stellmechanismen infrage. Mit einem thermischen Stellmechanismus können beispielsweise gezielt nicht-symmetrische Temperaturverteilungen im Walzgut oder in Arbeitswalzen erzeugt werden, wie weiter unten noch ausführlicher erläutert wird. Bei einem mechanischen Stellmechanismus dagegen können beispielsweise wenigstens zwei Walzen nicht-symmetrisch zueinander bewegt bzw. positioniert werden. Alternativ oder zusätzlich kann bei einem mechanischen Stellmechanismus wenigstens eine Walze nicht-symmetrisch verformt werden. Bei mechanischen Stellmechanismen sind daher zweckmäßigerweise wenigstens zwei Aktuatoren ("Stellglieder") beteiligt, die jeweils mit einem Stellwert angesteuert werden. Im Gegensatz zu einer konventionellen Ansteuerung solcher Stellmechanismen, bei der die Aktuatoren üblicherweise mit demselben Stellwert angesteuert werden, kann eine nicht-symmetrische Ansteuerung umgesetzt werden, indem die beiden Aktuatoren unterschiedlich weit oder in unterschiedliche Richtungen verfahren werden.

[0016] In einer bevorzugten Ausführungsform wird daher die Kontur eines Walzspalts zwischen zwei Arbeitswalzen der Walzanlage durch die Ansteuerung des Stellmechanismus mit den wenigstens zwei Stellwerten, insbesondere gezielt, nicht-symmetrisch eingestellt. Eine nicht-symmetrisch eingestellte Kontur des Walzspalts ist hierbei vorzugsweise eine Kontur, die nicht symmetrisch bezüglich einer Walzebene, die zwischen zwei zylindrischen, parallel zueinander ausgerichteten Arbeitswalzen definiert ist, und eines Walzspalt-Mittelpunkts ist. Da Arbeitswalzen beispielsweise zur Aufbringung eines gewünschten Walzdrucks bzw. einer gewünschten Anstellkraft, zur Einstellung eines gewünschten Profils und/oder dergleichen in der Regel ohnehin hydraulisch beweglich gelagert sind, stellt die nicht-symmetrische Einstellung der Walzspaltkontur eine besonders aufwandsarme und leicht umzusetzende Maßnahme zur Kontrolle des nicht-symmetrischen Konturanteils im fertiggewalzten Produkt dar. Insbesondere kann diese Maßnahme auch leicht in bestehenden Walzanlagen umgesetzt werden, ohne dass aufwändige Um- oder Nachrüstungen notwendig sind.

[0017] Dabei kann die nicht-symmetrische Walzspaltkontur beispielsweise durch eine nicht-symmetrische Bewegung einer oberen Walze der Walzanlage und einer unteren Walze der Walzanlage zueinander eingestellt werden. Der Stellmechanismus kann also derart angesteuert werden, dass die obere Walze und die untere Walze nicht-symmetrisch zueinander bewegt werden. Eine nicht-symmetrische Bewegung der beiden Walzen zueinander ist dabei zweckmäßigerweise eine Bewegung, die nicht symmetrisch in Bezug auf die Walzebene der Walzanlage und/oder den Mittelpunkt des Walzspaltes erfolgt. Der Mittelpunkt des Walzspalts ist dabei vorzugsweise der Mittelpunkt des Querschnitts eines sich zwischen oberer und unterer Walze befindlichen Walzguts. Bei der Walze kann es sich um eine Arbeitswalze oder eine Zwischenwalze handeln. Die nicht-symmetrische Bewegung der beiden Walzen zueinander erlaubt die nicht-symmetrische Einstellung der Walzspaltkontur, ohne dass die Walzen einer übermäßigen Belastung durch Druckspitzen mit einhergehenden erhöhtem Verschleiß ausgesetzt werden.

[0018] Eine nicht-symmetrische Bewegung der oberen und unteren Walze zueinander kann beispielsweise ein nicht-symmetrisches "Schieben" der beiden Walzen sein. Unter "Schieben" ist vorzugsweise eine axiale, gegenläufige Bewegung der beiden Walzen zu verstehen. Beim nicht-symmetrischen Schieben werden die beiden Walzen - zum Beispiel durch entsprechende Ansteuerung wenigstens eines der oberen und wenigstens eines der unteren Walze zugeordneten Aktuators - um unterschiedliche Strecken axial bewegt. Daraus resultiert eine Bewegung der Walzen, die in Bezug auf den Walzspalt-Mittelpunkt nicht symmetrisch ist. Eine nicht-symmetrische Walzspaltkontur kann sich dann aus einem in Bezug auf die Walzenmitte nicht-symmetrischen Schliff der Walzen ergeben.

[0019] Alternativ kann eine nicht-symmetrische Bewegung auch ein nicht-symmetrisches "Schwenken" der beiden Walzen sein. Unter "Schwenken" ist vorzugsweise eine Änderung des Winkels zwischen der Walzebene und der jeweiligen Walzenachse zu verstehen. Beim nicht-symmetrischen Schwenken werden die beiden Walzen - zum Beispiel durch entsprechende Ansteuerung wenigstens eines der oberen und wenigstens eines der unteren Walze zugeordneten Aktuators - mit unterschiedlichen Winkeln zur Walzebene angestellt. Daraus resultiert eine Bewegung der Walzen, die in Bezug auf die Walzebene nicht symmetrisch ist.

[0020] Alternativ oder zusätzlich lässt sich eine nicht-symmetrische Walzspaltkontur auch erzielen, indem die obere Walze und/oder die untere Walze jeweils an beiden Enden mit unterschiedlichen Kräften beaufschlagt werden. Der Stellmechanismus kann also derart angesteuert werden, dass die obere Walze und/oder die untere Walze an beiden Enden mit unterschiedlichen Kräften beaufschlagt werden. Dies lässt sich umsetzen, indem den Walzen zugeordnete Biegezylinder entsprechend unterschiedlich angesteuert werden. Die hierdurch erzeugten Kräfte auf die Walzenenden weisen zweckmäßigerweise zumindest eine Kraftkomponente quer zur jeweiligen Walzenachse auf. Dadurch lassen sich die obere und/oder die untere Walze nicht-symmetrisch biegen. Es hat sich herausgestellt, dass durch ein derartiges nicht-symmetrisches Biegen eine Vielzahl von Effekten, die einen nicht-symmetrischen Konturanteil im fertiggewalzten Produkt bedingen, zuverlässig kompensiert werden können.

[0021] Grundsätzlich ist es auch denkbar, zur Einstellung einer nicht-symmetrischen Walzspaltkontur die beiden Enden der oberen Walze mit einer anderen Kraft zu beaufschlagen als die beiden Enden der unteren Walze. Dadurch ergibt sich auf einer (Ober-)Seite des fertiggewalzten Produkts - in Bezug auf eine in Breitenrichtung verlaufende Querachse - eine stärkere Ausbauchung als auf der anderen (Unter-)Seite.

[0022] Wie weiter oben bereits angedeutet ist alternativ oder zusätzlich zu solchen mechanischen Stellmechanismen auch eine nicht-symmetrische Ansteuerung eines thermischen Stellmechanismus denkbar. Insbesondere wenn der Walzprozess nicht unmittelbar bevorsteht, d. h. ausreichend Zeit zur Ausbildung einer vorgegebenen Temperaturverteilung im Walzgut oder in einer Arbeitswalze zur Verfügung steht, kann es zur Vermeidung von (zusätzlicher) mechanischer Belastung der Arbeitswalze durch deren Biegung oder Bewegung vorteilhaft sein, das Walzgut oder die Arbeitswalze auf einer Seite des Walzguts bzw. der Arbeitswalze in Bezug auf einen Mittenbereich anders zu temperieren als auf der anderen Seite. Anders gesagt kann einer Hälfte des Walzguts bzw. der Arbeitswalze - in Breitenrichtung bzw. axial gesehen - eine andere Temperatur oder Temperaturverteilung aufgeprägt werden als der anderen Hälfte. Zu diesem Zweck werden vorzugsweise zwei gegenüberliegende Kantenheizer, zwischen denen das zu walzende Walzgut hindurchläuft, unterschiedlich angesteuert. Alternativ oder zusätzlich kann auch eine wenigstens zweiteilige Walzenkühlung, mit der beispielsweise ein axialer Temperaturgradient in einer Arbeitswalze erzeugbar ist, entsprechend angesteuert werden.

[0023] Mithilfe solcher, nicht-symmetrisch angesteuerter Stellmechanismen lässt sich folglich, wie eingangs bereits angedeutet, auch gezielt eine nicht-symmetrische Kontur des Walzguts nach dem Walzprozess erzeugen. Dies kann für gewisse Einsatzzwecke des fertiggewalzten Produkts durchaus gewünscht oder sogar notwendig sein. In solchen Fällen kann es vorteilhaft sein, die Zielkontur als eine Kontur mit einem symmetrischen Anteil und einem nichtverschwindenden nicht-symmetrischen Anteil vorzugeben.

[0024] Besonders wenn aufeinanderfolgend eine Mehrzahl an Walzprodukten gewalzt werden soll, kann es vorteilhaft sein, die Walzgutkontur, insbesondere eines erfindungsgemäß gewalzten Walzguts, nach dem Walzprozess sensorisch zu ermitteln und auf Grundlage der dabei erzeugten Sensordaten wenigstens zwei weitere Stellwerte für den Stellmechanismus zu ermitteln. Um die Walzgutkontur der im Folgenden gewalzten Walzgüter noch stärker an die Zielkontur angleichen zu können, wird die Walzanlage dabei zweckmäßigerweise mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten weiterbetrieben, wobei der Stellmechanismus mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten nicht-symmetrisch angesteuert wird. Im Gegensatz zu der initialen Ermittlung der wenigstens zwei Stellwerte, bei der die Auswirkungen des Stellmechanismus auf die Kontur des fertiggewalzten Produkts rein modellbasiert vorhergesagt werden, können so beim Weiterbetrieb der Walzanlage auch nicht im Modell des Walzprozesses enthaltene Einflüsse und/oder nur ungenau bestimmte oder bestimmbare Anlagen- und/oder Walzgutparameter berücksichtigt werden. Dieses Vorgehen, d. h. der Rückgriff auf die sensorisch ermittelte Walzgutkontur eines vorangehend gewalzten Walzguts, kann auch als online-Adaption bezeichnet werden.

[0025] Die wenigstens zwei weiteren Stellwerte lassen sich beispielsweise dadurch ermitteln, dass die sensorisch ermittelte Walzgutkontur mit der Zielkontur verglichen wird. Je nachdem, wie groß die Übereinstimmung dieser beiden Konturen ist, können die wenigstens zwei initial ermittelten Stellwerte angepasst werden. Eine derartige Optimierung der wenigstens zwei Stellwerte kann unter Einsatz einer Kostenfunktion erfolgen, die vorzugsweise anwendungsabhängig gewählt wird. Dabei ist es besonders zweckmäßig, Abweichungen im asymmetrischen Anteil der Konturen mit in die Kostenfunktion aufzunehmen. Denkbar ist beispielsweise ein additiver, gewichteter Term.

[0026] Alternativ oder zusätzlich ist es auch denkbar, wenigstens eine, nach einem von mehreren Walzprozessen, in denen gleichartige Walzgüter gewalzt wurden, erhaltene Walzgutkontur mit der Zielkontur zu vergleichen und auf Grundlage des Vergleichs das Prozessmodell anzupassen. Zweckmäßigerweise erfolgt die Anpassung unter der Maßgabe, dass dadurch eine Übereinstimmung einer durch das Prozessmodell vorhergesagten, den wenigstens zwei Stellwerten zugeordneten Walzgutkontur mit der Zielkontur erhöht wird. Dies ist insbesondere möglich, da nach den mehreren Walzprozessen der Zustand der Walzanlage, insbesondere die Stellwerte verschiedener Stellmechanismen, und die resultierende Walzgutkontur nach dem Walzen genau bekannt sind. Dadurch lässt sich auch für Folge-Walzgute die Übereinstimmung zwischen den erreichbaren Walzgutkonturen und der Zielkontur verbessern. Dieses Vorgehen, d. h. die nachträgliche Anpassung des Prozessmodells, kann auch als Nachberechnung bezeichnet werden.

[0027] Üblicherweise wird die Zielkontur für das Walzgut nach einem letzten Stich, d. h. zum Beispiel für das Walzgut nach dem Passieren eines letzten Walzgerüsts der Walzanlage, vorgegeben. Um die Ausformung der Walzgutkontur noch präziser kontrollieren zu können, insbesondere einzelne Walzgerüste auf eine Optimierung der Walzgutkontur hin betreiben zu können, ist es zweckmäßig, die Zielkontur für das Walzgut bereits zwischen zwei Walzgerüsten der Walzanlage vorzugeben. Insbesondere können so gegebenenfalls auch mehrere Zielkonturen vorgegeben werden, welche das Walzgut nach dem Passieren des jeweils vorangehenden Walzgerüsts annehmen soll.

[0028] Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft ein Computerprogrammprodukt zur Durchführung des Verfahrens gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung. Ein solches Computerprogrammprodukt kann beispielsweise auf einer Anlagensteuerung einer Walzanlage ausgeführt werden, um das Verfahren mittels der Walzanlage auszuführen. Das Computerprogrammprodukt enthält zweckmäßigerweise Befehle, die bei seiner Ausführung durch einen Computer, etwa der Anlagensteuerung der Walzanlage, diesen veranlassen, das Verfahren gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung auszuführen.

[0029] Ein dritter Aspekt der Erfindung betrifft eine Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut, insbesondere Metallband, mit einem Stellmechanismus, mit welchem die Kontur von flachem Walzgut während eines Walzprozesses in der Walzanlage beeinflussbar ist. Die Walzanlage weist zudem einen Stellwertermittler auf, welcher dazu eingerichtet ist, mittels eines Prozessmodells, welches einen Walzprozess in der Walzanlage abbildet, auf Grundlage einer vorgegebenen Zielkontur des flachen Walzguts nach dem Walzprozess und einer Istkontur des flachen Walzguts vor dem Walzprozess wenigstens zwei Stellwerte für den Stellmechanismus zu ermitteln. Zudem ist eine Steuerungsvorrichtung vorgesehen, welche dazu eingerichtet ist, die Walzanlage bei nicht-symmetrischer Ansteuerung des Stellmechanismus mit den wenigstens zwei Stellwerten zu betreiben.

[0030] Der Stellwertermittler und/oder die Steuerungsvorrichtung können hierbei hard- und/oder softwaretechnisch ausgebildet sein. Der Stellwertermittler und/oder die Steuerungsvorrichtung können insbesondere eine, vorzugsweise mit einem Speicher- und/oder Bussystem daten- bzw. signalverbundene, Verarbeitungseinheit aufweisen. Beispielsweise können der Stellwertermittler und/oder die Steuerungsvorrichtung eine Mikroprozessoreinheit (CPU) oder ein Modul einer solchen und/oder ein oder mehrere Programme oder Programmmodule aufweisen. Der Stellwertermittler und/oder die Steuerungsvorrichtung können dazu ausgebildet sein, Befehle, die als ein in einem Speichersystem abgelegtes Programm implementiert sind, abzuarbeiten, Eingangssignale von einem Datenbus zu erfassen und/oder Ausgangssignale an einen Datenbus abzugeben. Ein Speichersystem kann ein oder mehrere, insbesondere verschiedene, Speichermedien, insbesondere optische, magnetische, Festkörper- und/oder andere nicht-flüchtige Medien, aufweisen. Das Programm kann derart beschaffen sein, dass es das hier beschriebenen Verfahren oder zumindest Teile davon verkörpert bzw. auszuführen imstande ist, sodass der Stellwertermittler und die Steuerungsvorrichtung gemeinsam die Schritte dieses Verfahrens ausführen und damit insbesondere die Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut betreiben können.

[0031] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels, das im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert wird. Dabei zeigen, zumindest teilweise schematisch:
Fig 1
ein Beispiel einer Walzgutkontur;
Fig 2
ein Beispiel einer Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut;
Fig 3
ein Beispiel eines mit wenigstens zwei Stellwerten nicht-symmetrisch angesteuerten Stellmechanismus; und
Fig 4
ein Beispiel eines Verfahrens zum Walzen von flachem Walzgut.


[0032] Soweit zweckdienlich, werden in den Figuren dieselben Bezugszeichen für dieselben oder einander entsprechende Elemente der Erfindung verwendet.

Beschreibung der Ausführungsformen



[0033] FIG 1 zeigt ein Beispiel einer Kontur 10 eines flachen Walzguts 1, zum Beispiel eines Metallbands. Die Kontur 10 entspricht hier dem Umriss des Querschnitts Q durch das Walzgut 1 in einer Ebene senkrecht zu einer Längsachse des Walzguts 1, wobei die Längsachse im gezeigten Beispiel senkrecht auf der Figurenebene steht.

[0034] Die gezeigte Kontur 10 ist eine symmetrische Kontur. Dies bedeutet, dass die Kontur 10 achsensymmetrisch ist einerseits in Bezug auf eine Querachse X1, die quer zur Längsachse in Breitenrichtung des Walzguts 1 verläuft und beim Walzen des Walzguts 1 üblicherweise in einer Walzebene liegt, und andererseits in Bezug auf die Mitte des Walzguts 1. Die Mitte des Walzguts 1 ist dabei zweckmäßigerweise definiert durch eine quer zur Längsachse in Dickenrichtung des Walzguts 1 verlaufende Mittelachse X2. Somit liegt auch eine Punktsymmetrie der Kontur 10 in Bezug auf einen Mittelpunkt M des Walzguts 1 vor.

[0035] Die Kontur 10 lässt sich als Verteilung der Dicke des Walzguts 1 als Funktion der Breite des Walzguts 1 verstehen. Die Kontur 10 kann folglich direkt als Funktion oder Datenkurve angegeben werden. Es ist aber auch denkbar, die Kontur 10 zumindest näherungsweise durch mehrere diskrete Kontur-Kenngrößen anzugeben. Insofern kann die Form des Walzguts 1 durch die Kontur 10 präziser beschrieben werden als durch den technisch üblichen Profilwert. Denn der Profilwert ist lediglich ein skalarer Wert, welcher den Dickenunterschied zwischen der Mitte und einer Kante des Walzguts in einem vorgegebenen Abstand, typischerweise 20 mm oder 40 mm, bezeichnet.

[0036] FIG 2 zeigt ein Beispiel einer Walzanlage 2 zum Walzen von flachem Walzgut 1a. Die Walzanlage 2 weist einen Stellwertermittler 3, eine Steuerungsvorrichtung 4 und wenigstens ein, im vorliegenden Beispiel vier, Walzgerüste 5 auf. Jedes der Walzgerüste 5 umfasst zwei einander gegenüberliegend angeordnete Arbeitswalzen 6a, 6b, die jeweils einen Walzspalt D definieren und von denen aus Gründen der Übersichtlichkeit jeweils nur eine mit einem Bezugszeichen versehen ist. Sowohl die oberen Arbeitswalzen 6a als auch die unteren Arbeitswalzen 6b sind zweckmäßigerweise mittels wenigstens eines mechanischen Stellmechanismus 7a verstellbar.

[0037] Zudem weist die Walzanlage 2 im vorliegenden Beispiel zusätzlich weitere, grundsätzlich optionale Komponenten in Form einer Walzgutkühlung 8 und einer Sensorvorrichtung 9 auf.

[0038] Die Steuerungsvorrichtung 4 ist vorzugsweise zur Steuerung der Walzanlage 2, insbesondere der Walzgerüste 5, eingerichtet. Die Steuerungsvorrichtung 4 kann beispielsweise mittels wenigstens eines der mechanischen Stellmechanismen 7a die Breite des Walzspalts D zwischen jedem Paar von oberer und unterer Arbeitswalze 6a, 6b einstellen und so eine Dickenabnahmeverteilung über die Walzgerüste 5 vorgeben. Ebenso kann die Steuerungsvorrichtung 4 mittels der Walzgutkühlung 8 die Temperatur des in das erste der Walzgerüste 5 einlaufenden Walzguts 1a beeinflussen und mittels der Sensorvorrichtung 9 Informationen über das auch als fertiggewalztes Produkt oder Walzprodukt bezeichnete Walzgut 1b, welches das letzte der Walzgerüste 5 verlassen hat, ermitteln und gegebenenfalls verarbeiten.

[0039] Der Stellwertermittler 3 ist zweckmäßigerweise dazu eingerichtet, auf Grundlage einer vorgegebenen Zielkontur Z für das fertiggewalzte Produkt 1b und einer bereitgestellten, zum Beispiel vor dem ersten der Walzgerüste 5 durch eine nicht dargestellte Sensorvorrichtung ermittelten, Istkontur I wenigstens zwei Stellwerte S zu ermitteln, auf deren Grundlage wenigstens einer der mechanischen Stellmechanismen 7a - und/oder wie im Folgenden noch erläutert, auch wenigstens ein thermischer Stellmechanismus 7b - angesteuert werden kann. Der Stellwertermittler 3 kann dazu hardwaretechnisch ausgebildet sein, zum Beispiel als Mikrocontroller oder integrierte Schaltung. Bevorzugt ist der Stellwertermittler 3 jedoch softwaretechnisch ausgebildet, zum Beispiel als Programm oder Programmodul. In besonders bevorzugter Weise wird der Stellwertermittler 3 als Programm(-modul) auf Hardware der Steuerungsvorrichtung 4 ausgeführt.

[0040] Der Stellwertermittler 3 ermittelt die wenigstens zwei Stellwerte S vorzugsweise derart, dass - nach entsprechender Einstellung wenigstens eines Arbeitswalzenpaares 6a, 6b mittels der mechanischen Stellmechanismen 7a gemäß der wenigstens zwei Stellwerte S - die Kontur 10 des fertiggewalzte Produkts 1b möglichst große Übereinstimmung mit der Zielkontur Z aufweist. Dazu greift der Stellwertermittler 3 zweckmäßigerweise auf ein Prozessmodell zurück, welches den Walzprozess in der Walzanlage 2 abbildet. Neben der Istkontur I und der Zielkontur Z können dabei auch weitere Eingangsgrößen, welche den Zustand der Walzanlage 2, den Zustand des zu walzenden Walzguts 1a und/oder Prozessbedingungen charakterisieren, herangezogen werden.

[0041] Die Steuerungsvorrichtung 4 ist entsprechend zweckmäßigerweise dazu eingerichtet, wenigstens einen der Stellmechanismen 7a, 7b auf Grundlage der wenigstens zwei Stellwerte S anzusteuern. Beispielsweise kann die Steuerungsvorrichtung 4 wenigstens zwei auf eine oder mehrere der Arbeitswalzen 6a, 6b oder die Arbeitswalzen 6a, 6b stützende, nicht gezeigte Stützwalzen einwirkende Aktuatoren (nicht gezeigt), die einen der mechanischen Stellmechanismen 7a bilden, gemäß der wenigstens zwei Stellwerte S verfahren. Dadurch können die Arbeitswalzen 6a, 6b, insbesondere paarweise, umpositioniert oder in ihrer Form beeinflusst werden. Beispielsweise lassen sich die Arbeitswalzen 6a, 6b dadurch paarweise axial (d. h. senkrecht zur Figurenebene) verschieben oder schwenken (d. h. schräg zur Ober- und Unterseite des einlaufenden Walzguts 1a anstellen). Auf diese Weise ist es möglich, die Kontur des durch die angesteuerten Arbeitswalzen 6a, 6b definierten Walzspalts D derart anzupassen, dass die Kontur 10 des fertiggewalzten Produkts 1b nach dem Walzprozess in der Walzanlage 2 zumindest im Wesentlichen mit der Zielkontur Z übereinstimmt.

[0042] Nicht-symmetrische Istkonturen I, thermische Effekte beim Walzprozess, Abnutzungseffekte an den Arbeitswalzen und/oder dergleichen haben in konventionellen Walzanlagen in der Regel zur Folge, dass die Kontur fertiggewalzter Produkte nach dem Walzprozess einen nicht-symmetrischen Anteil hat.

[0043] Um diesen Anteil gezielt kontrollieren, zum Beispiel ausgleichen oder bis zu einem gewünschten Grad abschwächen oder in eine gewünschte Asymmetrie umformen, zu können, ist die Steuerungsvorrichtung 4 der vorliegend gezeigten Walzanlage 2 dazu eingerichtet, wenigstens einen der Stellmechanismen 7a, 7b mit den wenigstens zwei Stellwerten S nicht-symmetrisch anzusteuern. Die Steuerungsvorrichtung 4 kann insbesondere dazu eingerichtet sein, wenigstens einen der mechanischen Stellmechanismen 7a mit den wenigstens zwei Stellwerten S derart anzusteuern, dass der Walzspalt D zwischen der dem Stellmechanismus 7a zugeordneten oberen und unteren Arbeitswalze 6a, 6b eine nicht-symmetrische Kontur annimmt. Beispielsweise kann die obere Arbeitswalze 6a gemäß einem der Stellwerte S mittels eines Aktuators um einen ersten Winkel zu Oberseite des einlaufenden Walzguts 1a und die untere Arbeitswalze 6b gemäß einem anderen der Stellwerte S mittels eines anderen Aktuators um einen vom ersten Winkel verschiedenen zweiten Winkel zu Unterseite des einlaufenden Walzguts 1a angestellt werden. Sind die Arbeitswalzen 6a, 6b in spezieller Weise geschliffen, zum Beispiel mit einem in Bezug auf die Walzenmitte asymmetrischen Schliff, kann es auch zweckmäßig sein, die obere Arbeitswalze 6a gemäß einem der Stellwerte S mittels eines Aktuators um eine erste Strecke und die untere Arbeitswalze 6b gemäß einem anderen der Stellwerte S mittels eines anderen Aktuators um eine zweite Strecke in die entgegengesetzte Richtung axial zu verschieben. Alternativ oder zusätzlich kann zumindest eine der Arbeitswalzen 6a, 6b auch nicht-symmetrisch gebogen werden, wie im Zusammenhang mit FIG 3 weiter unten ausführlicher beschrieben ist.

[0044] Da, wie bereits erwähnt, auch thermische Effekte Einfluss auf die Kontur 10 nehmen können, zum Beispiel nicht-symmetrische Temperaturverteilungen im einlaufenden Walzgut 1a, ist es alternativ oder zusätzlich auch denkbar, den nicht-symmetrischen Anteil der Kontur 10 mittels der Walzgutkühlung 8 zumindest teilweise zu beeinflussen. In diesem Sinne kann die Walzgutkühlung 8 einen thermischer Stellmechanismus 7b bilden, jedenfalls zumindest dann, wenn die Walzgutkühlung 8 eine nicht-symmetrische Temperaturverteilung, zum Beispiel einen Temperaturgradienten, im einlaufenden Walzgut 1a erzeugen kann. In diesem Fall ist es bevorzugt, dass die Steuerungsvorrichtung 4 nicht nur die mechanischen Stellmechanismen 7a, insbesondere die korrespondierenden Aktuatoren zur Bewegung oder Verformung der Arbeitswalzen 6a, 6b oder gegebenenfalls auch von nicht gezeigten Stützwalzen, sondern auch oder alternativ den thermischen Stellmechanismus 7b mit wenigstens zwei vom Stellwertermittler 3 auf Grundlage des Prozessmodells ermittelten Stellwerten S ansteuern kann. Gemäß der Stellwerte S kann beispielsweise eine Hälfte des Walzguts 1a stärker gekühlt werden als die andere Hälfte, etwa indem die Temperatur oder der Druck von durch die Walzgutkühlung 8 auf das Walzgut 1a gespritztem Kühlmittel entsprechend eingestellt wird.

[0045] Alternativ oder zusätzlich zur Walzgutkühlung 8 kann ein thermischer Stellmechanismus 7b auch durch nicht gezeigte Kantenheizer oder nicht gezeigte Walzenkühlungen gebildet sein.

[0046] Falls einige Anlagenparameter nicht mit hinreichender Genauigkeit bekannt sind, zum Beispiel die sich durch Abnutzung laufend ändernde Oberflächenform der Arbeitswalzen 6a, 6b, deren Temperatur und/oder dergleichen, können zum Erzielen noch besserer Walzergebnisse nach dem Walzen wenigstens eines ersten fertiggewalzten Produkts 1b dessen Eigenschaften mittels der Sensorvorrichtung 9 erfasst und beim Walzen folgender Walzgüter 1a berücksichtigt werden. Insbesondere können diese erfassten Eigenschaften, insbesondere die Kontur 10 und besonders bevorzugt der nicht-symmetrische Anteil der Kontur 10, in die Ermittlung der Stellwerte S für die nachfolgenden Walzgüter 1a mit einbezogen werden. Effektiv lassen sich die Stellwerte S auf diese Weise optimieren und die Übereinstimmung der Kontur 10 der fertiggewalzten Produkte mit der Zielkontur Z weiter verbessern.

[0047] FIG 3 zeigt ein Beispiel eines mit wenigstens zwei, insbesondere auf Grundlage einer vorgegebenen Zielkontur und einer bereitgestellten Istkontur mittels eines Prozessmodells ermittelten, Stellwerten S nicht-symmetrisch angesteuerten Stellmechanismus 7a. Der Stellmechanismus 7a wird in diesem Beispiel von zwei Aktuatoren 11 gebildet, die als Biegezylinder ausgebildet sind. Über den Stellmechanismus 7a kann eine Arbeitswalze 6 verbogen werden. Dazu üben die Aktuatoren 11 an den beiden Enden 12 der Arbeitswalze 6 im Wesentlichen senkrecht zur Walzenachse W jeweils eine Kraft F auf die Arbeitswalze 6 aus.

[0048] Bei der nicht-symmetrischen Ansteuerung des Stellmechanismus 7a werden die Kräfte F nicht wie üblich in dieselbe Richtung, sondern, wie in FIG 3 gezeigt, im Wesentlichen in entgegengesetzte Richtungen auf die Enden 12 der Arbeitswalze 6 ausgeübt. Hierzu arbeitet einer der beiden Biegezylinder zweckmäßigerweise gemäß einem der beiden Stellwerte S in eine Richtung, während der andere der beiden Biegezylinder gemäß dem anderen der beiden Stellwerte S in die entgegengesetzte Richtung arbeitet. Dadurch ergibt sich eine in Bezug auf eine Walzebene E, in der von der Arbeitswalze 6 gewalztes Walzgut läuft und in der eine Querachse (siehe FIG 1, Bezugszeichen X1) des gewalzten Walzguts liegt, nicht-symmetrische Biegung der Arbeitswalze 6.

[0049] FIG 4 zeigt ein Beispiel eines Verfahrens 100 zum Walzen von flachem Walzgut.

[0050] In einem Verfahrensschritt S1 wird eine Zielkontur eines flachen Walzguts nach einem Walzprozess in einer Walzanlage, d. h. nach dem Durchlaufen eines letzten Walzgerüsts der Walzanlage, vorgegeben. In einem Verfahrensschritt S2 wird eine Istkontur des flachen Walzguts vor dem Walzprozess in der Walzanlage, d. h. vor dem Einlaufen in ein erstes Walzgerüst der Walzanlage, bereitgestellt.

[0051] In einem weiteren Verfahrensschritt S3 werden auf Grundlage der vorgegebenen Zielkontur und der bereitgestellte Istkontur wenigstens zwei Stellwerte für einen Stellmechanismus der Walzanlage, mit welchem die Kontur des Walzguts während des Walzprozesses beeinflussbar ist, ermittelt. Dazu wird zweckmäßigerweise ein Prozessmodell, welches den Walzprozess in der Walzanlage abbildet, mit der Zielkontur und der Istkontur ausgewertet. Insbesondere werden dabei die wenigstens zwei Stellwerte ermittelt, mit denen der Stellmechanismus derart nicht-symmetrisch ansteuerbar ist, dass die Kontur des fertiggewalzten Produkts zumindest im Wesentlichen mit der Zielkontur übereinstimmt.

[0052] Vorzugsweise werden in dem Prozessmodell noch weitere Anlagen- und/oder Walzgutparameter berücksichtigt, beispielsweise die Walzguttemperatur, die Walzgutgeometrie (d. h. seine Breite und Dicke), physikalische Eigenschaften des Walzgutmaterials, der Schliff der Arbeitswalzen, Abnutzungsgrad der Arbeitswalzen, das Arbeitswalzenkaliber und -material und/oder dergleichen. Diese weiteren Parameter können ebenfalls in den Verfahrensschritten S1 bzw. S2 bereitgestellt oder ermittelt werden.

[0053] In einem weiteren Verfahrensschritt S4 wird die Walzanlage mit den wenigstens zwei Stellwerten betrieben, wobei der Stellmechanismus mit den wenigstens zwei Stellwerten nicht-symmetrisch angesteuert wird. Dadurch lässt sich ein nicht-symmetrischer Anteil der Kontur des Walzguts nach dem Walzprozess, d. h. des fertiggewalzten Produkts, präzise kontrollieren. Insbesondere kann der asymmetrische Konturanteil so zuverlässig auf null reduziert werden.

[0054] Optional kann es vorgesehen sein, in einem Verfahrensschritt S5 die Kontur des Walzguts nach dem Walzprozess sensorisch zu erfassen und mit der Zielkontur zu vergleichen. Auf einer Grundlage des Vergleichs können im Verfahrensschritt S3 beim nachfolgenden Walzen gleichartiger Walzprodukte weitere Stellwerte für den Stellmechanismus ermittelt und so eine Optimierung der Stellwerte erreicht werden. Dadurch lässt sich die Übereinstimmung der Kontur der im Folgenden fertiggewalzten Produkte mit der Zielkontur weiter verbessern. Alternativ oder zusätzlich aber kann, wenn die erhaltenen Walzgutkonturen beim aufeinanderfolgenden Walzen von gleichartigen Walzgütern kontinuierlich mit der Zielkontur abgeglichen werden, zumindest eine gute Übereinstimmung aufrechterhalten werden, da sich so auf die Walzgutkontur aus wirkende Änderungen von Anlagenparametern, zum Beispiel eine weitere Abnutzung der Arbeitswalzen, durchgängig beim Ermitteln der Stellwerte berücksichtigen lassen.

[0055] Obwohl die Erfindung im Detail durch die bevorzugten Ausführungsbeispiele näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.

Bezugszeichenliste



[0056] 
1, 1a, 1b
Walzgut
2
Walzanlage
3
Stellwertermittler
4
Steuerungsvorrichtung
5
Walzgerüst
6
Arbeitswalze
6a
obere Arbeitswalze
6b
untere Arbeitswalze
7a, 7b
Stellmechanismus
8
Walzgutkühlung
9
Sensorvorrichtung
10
Kontur
11
Aktuator
12
Ende
100
Verfahren
S1
Vorgabe Zielkontur
S2
Bereitstellung Istkontur
S3
Ermittlung Stellwerte
S4
Betrieb der Anlage
S5
Erfassung der Walzgutkontur
M
Mittelpunkt
X1
Querachse
X2
Mittelachse
Q
Querschnitt
E
Walzebene
W
Walzenachse
Z
Zielkontur
I
Istkontur
F
Kraft
S
Stellwert
D
Walzspalt



Ansprüche

1. Verfahren (100) zum Walzen von flachem Walzgut (1; 1a), aufweisend

- Vorgeben (S1) einer Zielkontur (Z) eines flachen Walzguts (1; 1b) nach einem Walzprozess in einer Walzanlage (2),

- Bereitstellen (S2) einer Istkontur (I) des flachen Walzguts (1; 1a) vor dem Walzprozess in der Walzanlage (2),

- Ermitteln (S3) wenigstens zweier Stellwerte (S) für einen Stellmechanismus (7a, 7b) der Walzanlage (2), mit welchem die Kontur (10) des Walzguts (1; 1a) während des Walzprozesses beeinflussbar ist, wobei die wenigstens zwei Stellwerte (S) mittels eines Prozessmodells, welches den Walzprozess in der Walzanlage (2) abbildet, auf Grundlage der Zielkontur (Z) und der Istkontur (I) ermittelt werden,

- Betreiben (S4) der Walzanlage (2) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S), wobei der Stellmechanismus (7a, 7b) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S) nicht-symmetrisch angesteuert wird.


 
2. Verfahren (100) nach Anspruch 1, wobei die Kontur eines Walzspalts (D) zwischen zwei Arbeitswalzen (6; 6a, 6b) der Walzanlage (2) durch die Ansteuerung des Stellmechanismus (7a) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S) nicht-symmetrisch eingestellt wird.
 
3. Verfahren (100) nach Anspruch 1 oder 2, wobei eine obere Walze (6a) der Walzanlage (2) und eine untere Walze (6b) der Walzanlage (2) nicht-symmetrisch zueinander bewegt werden in Bezug auf eine Walzebene (E) der Walzanlage (2) oder den Mittelpunkt (M) des Walzspaltes (D).
 
4. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die obere Walze (6a) und/oder die untere Walze (6b) an beiden Enden (12) mit unterschiedlichen Kräften (F) beaufschlagt werden.
 
5. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei das Walzgut (1; 1a) oder eine Arbeitswalze (6; 6a, 6b) der Walzanlage (2) auf einer Seite des Walzguts (1; 1a) bzw. der Arbeitswalze (6; 6a, 6b) in Bezug auf einen Mittenbereich anders temperiert wird als auf der anderen Seite.
 
6. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Zielkontur (Z) als eine Kontur (10) mit einem symmetrischen Anteil und einem nichtverschwindenden nicht-symmetrischen Anteil vorgegeben wird.
 
7. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei

- die Walzgutkontur (10) nach dem Walzprozess sensorisch ermittelt wird (S5),

- auf Grundlage der dabei erzeugten Sensordaten wenigstens zwei weitere Stellwerte (S) für den Stellmechanismus (7a, 7b) ermittelt werden,

- die Walzanlage (2) mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten (S) weiterbetrieben wird, wobei der Stellmechanismus (7a, 7b) mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten (S) nicht-symmetrisch angesteuert wird.


 
8. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei

- wenigstens eine, nach einem von mehreren Walzprozessen, in denen gleichartige Walzgüter (1; 1b) gewalzt wurden, erhaltene Walzgutkontur (10) mit der Zielkontur (Z) verglichen wird und

- auf Grundlage des Vergleichs das Prozessmodell angepasst wird.


 
9. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Zielkontur (Z) für das Walzgut (1; 1a) zwischen zwei Walzgerüsten (5) der Walzanlage (2) vorgegeben wird.
 
10. Computerprogrammprodukt zur Durchführung des Verfahrens (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche.
 
11. Walzanlage (2) zum Walzen von flachem Walzgut (1; 1a), mit

- einem Stellmechanismus (7a, 7b), mit welchem die Kontur (10) von flachem Walzgut (1; 1a) während eines Walzprozesses in der Walzanlage (2) beeinflussbar ist,

- einem Stellwertermittler (3), welcher dazu eingerichtet ist, mittels eines Prozessmodells, welches einen Walzprozess in der Walzanlage (2) abbildet, auf Grundlage einer vorgegebenen Zielkontur (Z) des flachen Walzguts (1; 1b) nach dem Walzprozess und einer Istkontur (I) des flachen Walzguts (1; 1a) vor dem Walzprozess wenigstens zwei Stellwerte (S) für den Stellmechanismus (7a, 7b) zu ermitteln, und

- einer Steuerungsvorrichtung (4), welche dazu eingerichtet ist, die Walzanlage (2) bei nicht-symmetrischer Ansteuerung des Stellmechanismus (7a, 7b) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S) zu betreiben.


 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht