Gebiet der Technik
[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Walzen von flachem Walzgut,
ein Computerprogrammprodukt und eine Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut.
Stand der Technik
[0002] Eine zentrale Größe bei der Beurteilung der Qualität eines gewalzten Produkts ist
seine Kontur, d. h. seine Form im Querschnitt betrachtet. Die Kontur wird maßgeblich
beim Walzprozess beeinflusst. Entstehen dabei in Bezug auf die Weiterverarbeitung
ungünstige Konturen, so führt dies meist zu einem wirtschaftlichen Schaden und/oder
beträchtlichem Arbeitsaufwand, da das Walzgut gegebenenfalls nachbearbeitet werden
muss, für eine geplante Anwendung nicht verwendet werden kann oder als Schrott entsorgt
werden muss.
[0003] Üblicherweise stehen in Walzanlagen mehrere Stellmechanismen zur Beeinflussung der
Kontur zur Verfügung. Typische Stellmechanismen sind beispielsweise das Biegen, das
Verschränken (sog. "Pair Cross") und das Schwenken von Arbeitswalzen, die durch die
Ansteuerung von entsprechenden Aktuatoren realisiert werden können. Alternativ oder
zusätzlich kann auch durch eine steuerbare Walzen- oder Walzgutkühlung sowie einen
Kantenheizer Einfluss auf die Kontur genommen werden.
[0004] Eine in der Regel gewünschte Kontur ist durch eine Achsensymmetrie zur Mitte des
Walzguts gekennzeichnet. Verschiedene Effekte beim Walzprozess können aber ungewollt
asymmetrische Konturen erzeugen. Beispielsweise kann das Walzgut bereits vor dem Einlaufen
in ein oder mehrere Walzgerüste bereits eine asymmetrische Kontur aufweisen, die bei
einem konventionell durchgeführten Walzprozess dann nicht korrigiert werden kann.
Ebenso kann eine asymmetrische Temperaturverteilung des zu walzenden Walzguts eine
Asymmetrie in der Kontur verursachen. Problematisch sind daneben auch asymmetrische
Zugverteilungen im Walzgut, die beispielsweise beim Erstarren nach einem Gießprozess
entstehen können. Zudem können unter anderem auch Abnutzung oder eine ungenaue Positionierung
der Arbeitswalzen nachteilig auf die Symmetrie wirken.
Zusammenfassung der Erfindung
[0005] Vor diesem Hintergrund ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Kontrolle
über die Kontur bei einem Walzprozess zu verbessern, insbesondere den asymmetrischen
Anteil der Kontur gezielt zu beeinflussen.
[0006] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zum Walzen von flachem Walzgut, ein
Computerprogrammprodukt und eine Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut gemäß den
unabhängigen Ansprüchen.
[0007] Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der unabhängigen Ansprüche
und der folgenden Beschreibung.
[0008] Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird bei einem Verfahren zum Walzen von flachem
Walzgut, insbesondere einem Metallband, eine Zielkontur eines flachen Walzguts nach
einem Walzprozess in einer Walzanlage vorgegeben und eine Istkontur des flachen Walzguts
vor dem Walzprozess in der Walzanlage bereitgestellt. Zudem werden wenigstens zwei
Stellwerte für einen Stellmechanismus der Walzanlage, mit welchem die Kontur des Walzguts
während des Walzprozesses beeinflussbar ist, insbesondere online, ermittelt. Die wenigstens
zwei Stellwerte werden dabei zweckmäßigerweise mittels eines Prozessmodells, welches
den Walzprozess in der Walzanlage abbildet, auf Grundlage der Zielkontur und der Istkontur
ermittelt. Die Walzanlage wird sodann mit den wenigstens zwei Stellwerten betrieben,
wobei der Stellmechanismus mit den wenigstens zwei Stellwerten nicht-symmetrisch angesteuert
wird.
[0009] Ein Aspekt der Erfindung beruht auf dem Ansatz, einen nicht-symmetrischen Anteil
einer Kontur eines Walzguts, zum Beispiel eines Metallbands, nach einem Walzprozess
in einer Walzanlage gezielt durch eine entsprechende Steuerung der Walzanlage zu beeinflussen.
Beispielsweise kann einer nicht-symmetrischen Kontur des Walzguts durch entsprechende
Steuerung der Walzanlage proaktiv entgegengewirkt werden. Es ist mit diesem Ansatz
aber auch denkbar, gezielt einen nicht-symmetrischen Anteil der Kontur im gewalzten
Produkt zu erzeugen. In beiden Fällen ist dazu vorgesehen, Stellwerte für einen Stellmechanismus,
welcher eine Kontur des Walzguts während dem Walzprozess beeinflusst, für eine nicht-symmetrische
Ansteuerung des Stellmechanismus zu ermitteln. Durch die nicht-symmetrische Ansteuerung
des Stellmechanismus lässt sich gezielt die Ausformung eines nicht-symmetrischen Anteils
der Kontur des fertiggewalzten Produkts erreichen - oder eben der Ausformung eines
durch andere Effekte beim Walzprozess bedingten nicht-symmetrischen Anteils entgegenwirken.
[0010] Zweckmäßigerweise werden hierzu zunächst Informationen über das zu walzende Walzgut
und vorzugsweise auch über die Walzanlage, zum Beispiel über deren Komponenten und/oder
deren Zustand, zusammengetragen. Allgemein gesagt kann also zumindest ein Großteil
der Bedingungen, unter denen der Walzprozess stattfinden wird, ermittelt werden. Beispielsweise
können neben der Istkontur des zu walzenden Walzguts auch weitere Informationen zu
dessen Geometrie, wie etwa dessen Dicke und/oder Breite, bereitgestellt werden. Für
eine noch präzisere Kontrolle über den nicht-symmetrischen Konturanteil lassen sich
zusätzlich auch die Materialeigenschaften, die chemische Zusammensetzung, die Temperatur
und/oder sogar eine Temperaturverteilung im zu walzenden Walzgut bereitstellen. Alternativ
oder zusätzlich kann eine Beschreibung der Anlage, zum Beispiel die Anzahl der Arbeitswalzen,
deren Geometrie, mechanische Anlagengrenzen und/oder dergleichen bereitgestellt werden.
Ebenso kann, alternativ oder zusätzlich, der Zustand der Anlage beschrieben werden
durch Bereitstellen aktueller Positionen der Aktuatoren, die einen auf die Walzgutkontur
Einfluss nehmenden Stellmechanismus realisieren, den aktuellen Verschleiß der Arbeitswalzen
und/oder dergleichen. Weiterhin können Prozessvorgaben berücksichtigt werden, zum
Beispiel Stellbereiche der Aktuatoren, Dickenabnahme-Verteilungen bei mehreren aufeinanderfolgenden
Walzstichen und/oder dergleichen.
[0011] Zudem wird zweckmäßigerweise eine gewünschte Kontur ("Zielkontur") des Walzguts nach
dem Walzprozess vorgegeben, etwa in Form einer Funktion oder einer Datenkurve. Es
ist auch denkbar, hierzu diskrete Kontur-Kenngrößen vorzugeben, welche die Zielkontur
hinreichend gut beschreiben. Alternativ oder zusätzlich kann ein Zulässigkeitsbereich
vorgegeben werden, also ein Kontur-Korridor, in dem sich die Zielkontur befinden soll.
[0012] Wie bereits angedeutet kann bei der Vorgabe der Zielkontur dabei nicht nur ein konventioneller
Profilwert oder eine symmetrische Walzgutkontur, sondern auch eine nicht-symmetrische
Kontur oder wenigstens eine daraus abgeleitete Kenngröße vorgegeben werden. Gegebenenfalls
kann die Zielkontur auch durch Vorgabe eines symmetrischen Konturanteils, etwa einen
konventionellen Profilwert, und gleichzeitige Vorgabe eines separaten, nicht-symmetrischen
Konturanteils vorgegeben werden.
[0013] Die Informationen über das zu walzenden Walzgut, insbesondere die Istkontur, - und
gegebenenfalls auch über die Anlage bzw. Walzbedingungen - und die Zielkontur können
dann als Grundlage für eine Modellierung des Walzprozesses genutzt werden. Beispielsweise
lassen sich die Istkontur und die Zielkontur, vorzugsweise neben den weiteren bereitgestellten
Informationen, als Variablen in ein Modell einsetzen. Das Modell basiert vorzugsweise
auf physikalischmathematischen Gleichungen. Alternativ oder zusätzlich kann das Modell
auch maschinell erlernt sein, d.h. auf einer künstlichen Intelligenz beruhen. Als
Ausgangsgrößen dieses Prozessmodells können Stellwerte erhalten werden, mit welchen
sich die Walzanlage betreiben lässt. Die Stellwerte sind dabei zweckmäßigerweise insbesondere
solchen Stellmechanismen zugeordnet, welche durch eine nicht-symmetrische Ansteuerung
eine nicht-symmetrische Kontur bzw. nicht-symmetrische Konturanteile bewirken können.
Diese nicht-symmetrische Ansteuerung der Stellmechanismen, insbesondere mit jeweils
wenigstens zwei Stellwerten, erlaubt es, nicht oder nur mit großem Aufwand kontrollierbare
Effekte, welche bislang zu nicht-symmetrischen Konturen gewalzter Produkte führten,
auszugleichen und/oder in eine gewünschte nicht-symmetrische Kontur zu überführen.
[0014] Nachfolgend werden bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung und deren Weiterbildungen
beschrieben. Diese Ausführungsformen können jeweils, soweit dies nicht ausdrücklich
ausgeschlossen wird, beliebig miteinander sowie mit den im Weiteren beschriebenen
Aspekten der Erfindung kombiniert werden.
[0015] Als Stellmechanismen, die nicht-symmetrisch ansteuerbar sind, kommen vor allem mechanische
und/oder thermische Stellmechanismen infrage. Mit einem thermischen Stellmechanismus
können beispielsweise gezielt nicht-symmetrische Temperaturverteilungen im Walzgut
oder in Arbeitswalzen erzeugt werden, wie weiter unten noch ausführlicher erläutert
wird. Bei einem mechanischen Stellmechanismus dagegen können beispielsweise wenigstens
zwei Walzen nicht-symmetrisch zueinander bewegt bzw. positioniert werden. Alternativ
oder zusätzlich kann bei einem mechanischen Stellmechanismus wenigstens eine Walze
nicht-symmetrisch verformt werden. Bei mechanischen Stellmechanismen sind daher zweckmäßigerweise
wenigstens zwei Aktuatoren ("Stellglieder") beteiligt, die jeweils mit einem Stellwert
angesteuert werden. Im Gegensatz zu einer konventionellen Ansteuerung solcher Stellmechanismen,
bei der die Aktuatoren üblicherweise mit demselben Stellwert angesteuert werden, kann
eine nicht-symmetrische Ansteuerung umgesetzt werden, indem die beiden Aktuatoren
unterschiedlich weit oder in unterschiedliche Richtungen verfahren werden.
[0016] In einer bevorzugten Ausführungsform wird daher die Kontur eines Walzspalts zwischen
zwei Arbeitswalzen der Walzanlage durch die Ansteuerung des Stellmechanismus mit den
wenigstens zwei Stellwerten, insbesondere gezielt, nicht-symmetrisch eingestellt.
Eine nicht-symmetrisch eingestellte Kontur des Walzspalts ist hierbei vorzugsweise
eine Kontur, die nicht symmetrisch bezüglich einer Walzebene, die zwischen zwei zylindrischen,
parallel zueinander ausgerichteten Arbeitswalzen definiert ist, und eines Walzspalt-Mittelpunkts
ist. Da Arbeitswalzen beispielsweise zur Aufbringung eines gewünschten Walzdrucks
bzw. einer gewünschten Anstellkraft, zur Einstellung eines gewünschten Profils und/oder
dergleichen in der Regel ohnehin hydraulisch beweglich gelagert sind, stellt die nicht-symmetrische
Einstellung der Walzspaltkontur eine besonders aufwandsarme und leicht umzusetzende
Maßnahme zur Kontrolle des nicht-symmetrischen Konturanteils im fertiggewalzten Produkt
dar. Insbesondere kann diese Maßnahme auch leicht in bestehenden Walzanlagen umgesetzt
werden, ohne dass aufwändige Um- oder Nachrüstungen notwendig sind.
[0017] Dabei kann die nicht-symmetrische Walzspaltkontur beispielsweise durch eine nicht-symmetrische
Bewegung einer oberen Walze der Walzanlage und einer unteren Walze der Walzanlage
zueinander eingestellt werden. Der Stellmechanismus kann also derart angesteuert werden,
dass die obere Walze und die untere Walze nicht-symmetrisch zueinander bewegt werden.
Eine nicht-symmetrische Bewegung der beiden Walzen zueinander ist dabei zweckmäßigerweise
eine Bewegung, die nicht symmetrisch in Bezug auf die Walzebene der Walzanlage und/oder
den Mittelpunkt des Walzspaltes erfolgt. Der Mittelpunkt des Walzspalts ist dabei
vorzugsweise der Mittelpunkt des Querschnitts eines sich zwischen oberer und unterer
Walze befindlichen Walzguts. Bei der Walze kann es sich um eine Arbeitswalze oder
eine Zwischenwalze handeln. Die nicht-symmetrische Bewegung der beiden Walzen zueinander
erlaubt die nicht-symmetrische Einstellung der Walzspaltkontur, ohne dass die Walzen
einer übermäßigen Belastung durch Druckspitzen mit einhergehenden erhöhtem Verschleiß
ausgesetzt werden.
[0018] Eine nicht-symmetrische Bewegung der oberen und unteren Walze zueinander kann beispielsweise
ein nicht-symmetrisches "Schieben" der beiden Walzen sein. Unter "Schieben" ist vorzugsweise
eine axiale, gegenläufige Bewegung der beiden Walzen zu verstehen. Beim nicht-symmetrischen
Schieben werden die beiden Walzen - zum Beispiel durch entsprechende Ansteuerung wenigstens
eines der oberen und wenigstens eines der unteren Walze zugeordneten Aktuators - um
unterschiedliche Strecken axial bewegt. Daraus resultiert eine Bewegung der Walzen,
die in Bezug auf den Walzspalt-Mittelpunkt nicht symmetrisch ist. Eine nicht-symmetrische
Walzspaltkontur kann sich dann aus einem in Bezug auf die Walzenmitte nicht-symmetrischen
Schliff der Walzen ergeben.
[0019] Alternativ kann eine nicht-symmetrische Bewegung auch ein nicht-symmetrisches "Schwenken"
der beiden Walzen sein. Unter "Schwenken" ist vorzugsweise eine Änderung des Winkels
zwischen der Walzebene und der jeweiligen Walzenachse zu verstehen. Beim nicht-symmetrischen
Schwenken werden die beiden Walzen - zum Beispiel durch entsprechende Ansteuerung
wenigstens eines der oberen und wenigstens eines der unteren Walze zugeordneten Aktuators
- mit unterschiedlichen Winkeln zur Walzebene angestellt. Daraus resultiert eine Bewegung
der Walzen, die in Bezug auf die Walzebene nicht symmetrisch ist.
[0020] Alternativ oder zusätzlich lässt sich eine nicht-symmetrische Walzspaltkontur auch
erzielen, indem die obere Walze und/oder die untere Walze jeweils an beiden Enden
mit unterschiedlichen Kräften beaufschlagt werden. Der Stellmechanismus kann also
derart angesteuert werden, dass die obere Walze und/oder die untere Walze an beiden
Enden mit unterschiedlichen Kräften beaufschlagt werden. Dies lässt sich umsetzen,
indem den Walzen zugeordnete Biegezylinder entsprechend unterschiedlich angesteuert
werden. Die hierdurch erzeugten Kräfte auf die Walzenenden weisen zweckmäßigerweise
zumindest eine Kraftkomponente quer zur jeweiligen Walzenachse auf. Dadurch lassen
sich die obere und/oder die untere Walze nicht-symmetrisch biegen. Es hat sich herausgestellt,
dass durch ein derartiges nicht-symmetrisches Biegen eine Vielzahl von Effekten, die
einen nicht-symmetrischen Konturanteil im fertiggewalzten Produkt bedingen, zuverlässig
kompensiert werden können.
[0021] Grundsätzlich ist es auch denkbar, zur Einstellung einer nicht-symmetrischen Walzspaltkontur
die beiden Enden der oberen Walze mit einer anderen Kraft zu beaufschlagen als die
beiden Enden der unteren Walze. Dadurch ergibt sich auf einer (Ober-)Seite des fertiggewalzten
Produkts - in Bezug auf eine in Breitenrichtung verlaufende Querachse - eine stärkere
Ausbauchung als auf der anderen (Unter-)Seite.
[0022] Wie weiter oben bereits angedeutet ist alternativ oder zusätzlich zu solchen mechanischen
Stellmechanismen auch eine nicht-symmetrische Ansteuerung eines thermischen Stellmechanismus
denkbar. Insbesondere wenn der Walzprozess nicht unmittelbar bevorsteht, d. h. ausreichend
Zeit zur Ausbildung einer vorgegebenen Temperaturverteilung im Walzgut oder in einer
Arbeitswalze zur Verfügung steht, kann es zur Vermeidung von (zusätzlicher) mechanischer
Belastung der Arbeitswalze durch deren Biegung oder Bewegung vorteilhaft sein, das
Walzgut oder die Arbeitswalze auf einer Seite des Walzguts bzw. der Arbeitswalze in
Bezug auf einen Mittenbereich anders zu temperieren als auf der anderen Seite. Anders
gesagt kann einer Hälfte des Walzguts bzw. der Arbeitswalze - in Breitenrichtung bzw.
axial gesehen - eine andere Temperatur oder Temperaturverteilung aufgeprägt werden
als der anderen Hälfte. Zu diesem Zweck werden vorzugsweise zwei gegenüberliegende
Kantenheizer, zwischen denen das zu walzende Walzgut hindurchläuft, unterschiedlich
angesteuert. Alternativ oder zusätzlich kann auch eine wenigstens zweiteilige Walzenkühlung,
mit der beispielsweise ein axialer Temperaturgradient in einer Arbeitswalze erzeugbar
ist, entsprechend angesteuert werden.
[0023] Mithilfe solcher, nicht-symmetrisch angesteuerter Stellmechanismen lässt sich folglich,
wie eingangs bereits angedeutet, auch gezielt eine nicht-symmetrische Kontur des Walzguts
nach dem Walzprozess erzeugen. Dies kann für gewisse Einsatzzwecke des fertiggewalzten
Produkts durchaus gewünscht oder sogar notwendig sein. In solchen Fällen kann es vorteilhaft
sein, die Zielkontur als eine Kontur mit einem symmetrischen Anteil und einem nichtverschwindenden
nicht-symmetrischen Anteil vorzugeben.
[0024] Besonders wenn aufeinanderfolgend eine Mehrzahl an Walzprodukten gewalzt werden soll,
kann es vorteilhaft sein, die Walzgutkontur, insbesondere eines erfindungsgemäß gewalzten
Walzguts, nach dem Walzprozess sensorisch zu ermitteln und auf Grundlage der dabei
erzeugten Sensordaten wenigstens zwei weitere Stellwerte für den Stellmechanismus
zu ermitteln. Um die Walzgutkontur der im Folgenden gewalzten Walzgüter noch stärker
an die Zielkontur angleichen zu können, wird die Walzanlage dabei zweckmäßigerweise
mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten weiterbetrieben, wobei der Stellmechanismus
mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten nicht-symmetrisch angesteuert wird. Im
Gegensatz zu der initialen Ermittlung der wenigstens zwei Stellwerte, bei der die
Auswirkungen des Stellmechanismus auf die Kontur des fertiggewalzten Produkts rein
modellbasiert vorhergesagt werden, können so beim Weiterbetrieb der Walzanlage auch
nicht im Modell des Walzprozesses enthaltene Einflüsse und/oder nur ungenau bestimmte
oder bestimmbare Anlagen- und/oder Walzgutparameter berücksichtigt werden. Dieses
Vorgehen, d. h. der Rückgriff auf die sensorisch ermittelte Walzgutkontur eines vorangehend
gewalzten Walzguts, kann auch als online-Adaption bezeichnet werden.
[0025] Die wenigstens zwei weiteren Stellwerte lassen sich beispielsweise dadurch ermitteln,
dass die sensorisch ermittelte Walzgutkontur mit der Zielkontur verglichen wird. Je
nachdem, wie groß die Übereinstimmung dieser beiden Konturen ist, können die wenigstens
zwei initial ermittelten Stellwerte angepasst werden. Eine derartige Optimierung der
wenigstens zwei Stellwerte kann unter Einsatz einer Kostenfunktion erfolgen, die vorzugsweise
anwendungsabhängig gewählt wird. Dabei ist es besonders zweckmäßig, Abweichungen im
asymmetrischen Anteil der Konturen mit in die Kostenfunktion aufzunehmen. Denkbar
ist beispielsweise ein additiver, gewichteter Term.
[0026] Alternativ oder zusätzlich ist es auch denkbar, wenigstens eine, nach einem von mehreren
Walzprozessen, in denen gleichartige Walzgüter gewalzt wurden, erhaltene Walzgutkontur
mit der Zielkontur zu vergleichen und auf Grundlage des Vergleichs das Prozessmodell
anzupassen. Zweckmäßigerweise erfolgt die Anpassung unter der Maßgabe, dass dadurch
eine Übereinstimmung einer durch das Prozessmodell vorhergesagten, den wenigstens
zwei Stellwerten zugeordneten Walzgutkontur mit der Zielkontur erhöht wird. Dies ist
insbesondere möglich, da nach den mehreren Walzprozessen der Zustand der Walzanlage,
insbesondere die Stellwerte verschiedener Stellmechanismen, und die resultierende
Walzgutkontur nach dem Walzen genau bekannt sind. Dadurch lässt sich auch für Folge-Walzgute
die Übereinstimmung zwischen den erreichbaren Walzgutkonturen und der Zielkontur verbessern.
Dieses Vorgehen, d. h. die nachträgliche Anpassung des Prozessmodells, kann auch als
Nachberechnung bezeichnet werden.
[0027] Üblicherweise wird die Zielkontur für das Walzgut nach einem letzten Stich, d. h.
zum Beispiel für das Walzgut nach dem Passieren eines letzten Walzgerüsts der Walzanlage,
vorgegeben. Um die Ausformung der Walzgutkontur noch präziser kontrollieren zu können,
insbesondere einzelne Walzgerüste auf eine Optimierung der Walzgutkontur hin betreiben
zu können, ist es zweckmäßig, die Zielkontur für das Walzgut bereits zwischen zwei
Walzgerüsten der Walzanlage vorzugeben. Insbesondere können so gegebenenfalls auch
mehrere Zielkonturen vorgegeben werden, welche das Walzgut nach dem Passieren des
jeweils vorangehenden Walzgerüsts annehmen soll.
[0028] Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft ein Computerprogrammprodukt zur Durchführung
des Verfahrens gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung. Ein solches Computerprogrammprodukt
kann beispielsweise auf einer Anlagensteuerung einer Walzanlage ausgeführt werden,
um das Verfahren mittels der Walzanlage auszuführen. Das Computerprogrammprodukt enthält
zweckmäßigerweise Befehle, die bei seiner Ausführung durch einen Computer, etwa der
Anlagensteuerung der Walzanlage, diesen veranlassen, das Verfahren gemäß dem ersten
Aspekt der Erfindung auszuführen.
[0029] Ein dritter Aspekt der Erfindung betrifft eine Walzanlage zum Walzen von flachem
Walzgut, insbesondere Metallband, mit einem Stellmechanismus, mit welchem die Kontur
von flachem Walzgut während eines Walzprozesses in der Walzanlage beeinflussbar ist.
Die Walzanlage weist zudem einen Stellwertermittler auf, welcher dazu eingerichtet
ist, mittels eines Prozessmodells, welches einen Walzprozess in der Walzanlage abbildet,
auf Grundlage einer vorgegebenen Zielkontur des flachen Walzguts nach dem Walzprozess
und einer Istkontur des flachen Walzguts vor dem Walzprozess wenigstens zwei Stellwerte
für den Stellmechanismus zu ermitteln. Zudem ist eine Steuerungsvorrichtung vorgesehen,
welche dazu eingerichtet ist, die Walzanlage bei nicht-symmetrischer Ansteuerung des
Stellmechanismus mit den wenigstens zwei Stellwerten zu betreiben.
[0030] Der Stellwertermittler und/oder die Steuerungsvorrichtung können hierbei hard- und/oder
softwaretechnisch ausgebildet sein. Der Stellwertermittler und/oder die Steuerungsvorrichtung
können insbesondere eine, vorzugsweise mit einem Speicher- und/oder Bussystem daten-
bzw. signalverbundene, Verarbeitungseinheit aufweisen. Beispielsweise können der Stellwertermittler
und/oder die Steuerungsvorrichtung eine Mikroprozessoreinheit (CPU) oder ein Modul
einer solchen und/oder ein oder mehrere Programme oder Programmmodule aufweisen. Der
Stellwertermittler und/oder die Steuerungsvorrichtung können dazu ausgebildet sein,
Befehle, die als ein in einem Speichersystem abgelegtes Programm implementiert sind,
abzuarbeiten, Eingangssignale von einem Datenbus zu erfassen und/oder Ausgangssignale
an einen Datenbus abzugeben. Ein Speichersystem kann ein oder mehrere, insbesondere
verschiedene, Speichermedien, insbesondere optische, magnetische, Festkörper- und/oder
andere nicht-flüchtige Medien, aufweisen. Das Programm kann derart beschaffen sein,
dass es das hier beschriebenen Verfahren oder zumindest Teile davon verkörpert bzw.
auszuführen imstande ist, sodass der Stellwertermittler und die Steuerungsvorrichtung
gemeinsam die Schritte dieses Verfahrens ausführen und damit insbesondere die Walzanlage
zum Walzen von flachem Walzgut betreiben können.
[0031] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie
die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich
im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels, das im
Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert wird. Dabei zeigen, zumindest teilweise
schematisch:
- Fig 1
- ein Beispiel einer Walzgutkontur;
- Fig 2
- ein Beispiel einer Walzanlage zum Walzen von flachem Walzgut;
- Fig 3
- ein Beispiel eines mit wenigstens zwei Stellwerten nicht-symmetrisch angesteuerten
Stellmechanismus; und
- Fig 4
- ein Beispiel eines Verfahrens zum Walzen von flachem Walzgut.
[0032] Soweit zweckdienlich, werden in den Figuren dieselben Bezugszeichen für dieselben
oder einander entsprechende Elemente der Erfindung verwendet.
Beschreibung der Ausführungsformen
[0033] FIG 1 zeigt ein Beispiel einer Kontur 10 eines flachen Walzguts 1, zum Beispiel eines
Metallbands. Die Kontur 10 entspricht hier dem Umriss des Querschnitts Q durch das
Walzgut 1 in einer Ebene senkrecht zu einer Längsachse des Walzguts 1, wobei die Längsachse
im gezeigten Beispiel senkrecht auf der Figurenebene steht.
[0034] Die gezeigte Kontur 10 ist eine symmetrische Kontur. Dies bedeutet, dass die Kontur
10 achsensymmetrisch ist einerseits in Bezug auf eine Querachse X1, die quer zur Längsachse
in Breitenrichtung des Walzguts 1 verläuft und beim Walzen des Walzguts 1 üblicherweise
in einer Walzebene liegt, und andererseits in Bezug auf die Mitte des Walzguts 1.
Die Mitte des Walzguts 1 ist dabei zweckmäßigerweise definiert durch eine quer zur
Längsachse in Dickenrichtung des Walzguts 1 verlaufende Mittelachse X2. Somit liegt
auch eine Punktsymmetrie der Kontur 10 in Bezug auf einen Mittelpunkt M des Walzguts
1 vor.
[0035] Die Kontur 10 lässt sich als Verteilung der Dicke des Walzguts 1 als Funktion der
Breite des Walzguts 1 verstehen. Die Kontur 10 kann folglich direkt als Funktion oder
Datenkurve angegeben werden. Es ist aber auch denkbar, die Kontur 10 zumindest näherungsweise
durch mehrere diskrete Kontur-Kenngrößen anzugeben. Insofern kann die Form des Walzguts
1 durch die Kontur 10 präziser beschrieben werden als durch den technisch üblichen
Profilwert. Denn der Profilwert ist lediglich ein skalarer Wert, welcher den Dickenunterschied
zwischen der Mitte und einer Kante des Walzguts in einem vorgegebenen Abstand, typischerweise
20 mm oder 40 mm, bezeichnet.
[0036] FIG 2 zeigt ein Beispiel einer Walzanlage 2 zum Walzen von flachem Walzgut 1a. Die
Walzanlage 2 weist einen Stellwertermittler 3, eine Steuerungsvorrichtung 4 und wenigstens
ein, im vorliegenden Beispiel vier, Walzgerüste 5 auf. Jedes der Walzgerüste 5 umfasst
zwei einander gegenüberliegend angeordnete Arbeitswalzen 6a, 6b, die jeweils einen
Walzspalt D definieren und von denen aus Gründen der Übersichtlichkeit jeweils nur
eine mit einem Bezugszeichen versehen ist. Sowohl die oberen Arbeitswalzen 6a als
auch die unteren Arbeitswalzen 6b sind zweckmäßigerweise mittels wenigstens eines
mechanischen Stellmechanismus 7a verstellbar.
[0037] Zudem weist die Walzanlage 2 im vorliegenden Beispiel zusätzlich weitere, grundsätzlich
optionale Komponenten in Form einer Walzgutkühlung 8 und einer Sensorvorrichtung 9
auf.
[0038] Die Steuerungsvorrichtung 4 ist vorzugsweise zur Steuerung der Walzanlage 2, insbesondere
der Walzgerüste 5, eingerichtet. Die Steuerungsvorrichtung 4 kann beispielsweise mittels
wenigstens eines der mechanischen Stellmechanismen 7a die Breite des Walzspalts D
zwischen jedem Paar von oberer und unterer Arbeitswalze 6a, 6b einstellen und so eine
Dickenabnahmeverteilung über die Walzgerüste 5 vorgeben. Ebenso kann die Steuerungsvorrichtung
4 mittels der Walzgutkühlung 8 die Temperatur des in das erste der Walzgerüste 5 einlaufenden
Walzguts 1a beeinflussen und mittels der Sensorvorrichtung 9 Informationen über das
auch als fertiggewalztes Produkt oder Walzprodukt bezeichnete Walzgut 1b, welches
das letzte der Walzgerüste 5 verlassen hat, ermitteln und gegebenenfalls verarbeiten.
[0039] Der Stellwertermittler 3 ist zweckmäßigerweise dazu eingerichtet, auf Grundlage einer
vorgegebenen Zielkontur Z für das fertiggewalzte Produkt 1b und einer bereitgestellten,
zum Beispiel vor dem ersten der Walzgerüste 5 durch eine nicht dargestellte Sensorvorrichtung
ermittelten, Istkontur I wenigstens zwei Stellwerte S zu ermitteln, auf deren Grundlage
wenigstens einer der mechanischen Stellmechanismen 7a - und/oder wie im Folgenden
noch erläutert, auch wenigstens ein thermischer Stellmechanismus 7b - angesteuert
werden kann. Der Stellwertermittler 3 kann dazu hardwaretechnisch ausgebildet sein,
zum Beispiel als Mikrocontroller oder integrierte Schaltung. Bevorzugt ist der Stellwertermittler
3 jedoch softwaretechnisch ausgebildet, zum Beispiel als Programm oder Programmodul.
In besonders bevorzugter Weise wird der Stellwertermittler 3 als Programm(-modul)
auf Hardware der Steuerungsvorrichtung 4 ausgeführt.
[0040] Der Stellwertermittler 3 ermittelt die wenigstens zwei Stellwerte S vorzugsweise
derart, dass - nach entsprechender Einstellung wenigstens eines Arbeitswalzenpaares
6a, 6b mittels der mechanischen Stellmechanismen 7a gemäß der wenigstens zwei Stellwerte
S - die Kontur 10 des fertiggewalzte Produkts 1b möglichst große Übereinstimmung mit
der Zielkontur Z aufweist. Dazu greift der Stellwertermittler 3 zweckmäßigerweise
auf ein Prozessmodell zurück, welches den Walzprozess in der Walzanlage 2 abbildet.
Neben der Istkontur I und der Zielkontur Z können dabei auch weitere Eingangsgrößen,
welche den Zustand der Walzanlage 2, den Zustand des zu walzenden Walzguts 1a und/oder
Prozessbedingungen charakterisieren, herangezogen werden.
[0041] Die Steuerungsvorrichtung 4 ist entsprechend zweckmäßigerweise dazu eingerichtet,
wenigstens einen der Stellmechanismen 7a, 7b auf Grundlage der wenigstens zwei Stellwerte
S anzusteuern. Beispielsweise kann die Steuerungsvorrichtung 4 wenigstens zwei auf
eine oder mehrere der Arbeitswalzen 6a, 6b oder die Arbeitswalzen 6a, 6b stützende,
nicht gezeigte Stützwalzen einwirkende Aktuatoren (nicht gezeigt), die einen der mechanischen
Stellmechanismen 7a bilden, gemäß der wenigstens zwei Stellwerte S verfahren. Dadurch
können die Arbeitswalzen 6a, 6b, insbesondere paarweise, umpositioniert oder in ihrer
Form beeinflusst werden. Beispielsweise lassen sich die Arbeitswalzen 6a, 6b dadurch
paarweise axial (d. h. senkrecht zur Figurenebene) verschieben oder schwenken (d.
h. schräg zur Ober- und Unterseite des einlaufenden Walzguts 1a anstellen). Auf diese
Weise ist es möglich, die Kontur des durch die angesteuerten Arbeitswalzen 6a, 6b
definierten Walzspalts D derart anzupassen, dass die Kontur 10 des fertiggewalzten
Produkts 1b nach dem Walzprozess in der Walzanlage 2 zumindest im Wesentlichen mit
der Zielkontur Z übereinstimmt.
[0042] Nicht-symmetrische Istkonturen I, thermische Effekte beim Walzprozess, Abnutzungseffekte
an den Arbeitswalzen und/oder dergleichen haben in konventionellen Walzanlagen in
der Regel zur Folge, dass die Kontur fertiggewalzter Produkte nach dem Walzprozess
einen nicht-symmetrischen Anteil hat.
[0043] Um diesen Anteil gezielt kontrollieren, zum Beispiel ausgleichen oder bis zu einem
gewünschten Grad abschwächen oder in eine gewünschte Asymmetrie umformen, zu können,
ist die Steuerungsvorrichtung 4 der vorliegend gezeigten Walzanlage 2 dazu eingerichtet,
wenigstens einen der Stellmechanismen 7a, 7b mit den wenigstens zwei Stellwerten S
nicht-symmetrisch anzusteuern. Die Steuerungsvorrichtung 4 kann insbesondere dazu
eingerichtet sein, wenigstens einen der mechanischen Stellmechanismen 7a mit den wenigstens
zwei Stellwerten S derart anzusteuern, dass der Walzspalt D zwischen der dem Stellmechanismus
7a zugeordneten oberen und unteren Arbeitswalze 6a, 6b eine nicht-symmetrische Kontur
annimmt. Beispielsweise kann die obere Arbeitswalze 6a gemäß einem der Stellwerte
S mittels eines Aktuators um einen ersten Winkel zu Oberseite des einlaufenden Walzguts
1a und die untere Arbeitswalze 6b gemäß einem anderen der Stellwerte S mittels eines
anderen Aktuators um einen vom ersten Winkel verschiedenen zweiten Winkel zu Unterseite
des einlaufenden Walzguts 1a angestellt werden. Sind die Arbeitswalzen 6a, 6b in spezieller
Weise geschliffen, zum Beispiel mit einem in Bezug auf die Walzenmitte asymmetrischen
Schliff, kann es auch zweckmäßig sein, die obere Arbeitswalze 6a gemäß einem der Stellwerte
S mittels eines Aktuators um eine erste Strecke und die untere Arbeitswalze 6b gemäß
einem anderen der Stellwerte S mittels eines anderen Aktuators um eine zweite Strecke
in die entgegengesetzte Richtung axial zu verschieben. Alternativ oder zusätzlich
kann zumindest eine der Arbeitswalzen 6a, 6b auch nicht-symmetrisch gebogen werden,
wie im Zusammenhang mit FIG 3 weiter unten ausführlicher beschrieben ist.
[0044] Da, wie bereits erwähnt, auch thermische Effekte Einfluss auf die Kontur 10 nehmen
können, zum Beispiel nicht-symmetrische Temperaturverteilungen im einlaufenden Walzgut
1a, ist es alternativ oder zusätzlich auch denkbar, den nicht-symmetrischen Anteil
der Kontur 10 mittels der Walzgutkühlung 8 zumindest teilweise zu beeinflussen. In
diesem Sinne kann die Walzgutkühlung 8 einen thermischer Stellmechanismus 7b bilden,
jedenfalls zumindest dann, wenn die Walzgutkühlung 8 eine nicht-symmetrische Temperaturverteilung,
zum Beispiel einen Temperaturgradienten, im einlaufenden Walzgut 1a erzeugen kann.
In diesem Fall ist es bevorzugt, dass die Steuerungsvorrichtung 4 nicht nur die mechanischen
Stellmechanismen 7a, insbesondere die korrespondierenden Aktuatoren zur Bewegung oder
Verformung der Arbeitswalzen 6a, 6b oder gegebenenfalls auch von nicht gezeigten Stützwalzen,
sondern auch oder alternativ den thermischen Stellmechanismus 7b mit wenigstens zwei
vom Stellwertermittler 3 auf Grundlage des Prozessmodells ermittelten Stellwerten
S ansteuern kann. Gemäß der Stellwerte S kann beispielsweise eine Hälfte des Walzguts
1a stärker gekühlt werden als die andere Hälfte, etwa indem die Temperatur oder der
Druck von durch die Walzgutkühlung 8 auf das Walzgut 1a gespritztem Kühlmittel entsprechend
eingestellt wird.
[0045] Alternativ oder zusätzlich zur Walzgutkühlung 8 kann ein thermischer Stellmechanismus
7b auch durch nicht gezeigte Kantenheizer oder nicht gezeigte Walzenkühlungen gebildet
sein.
[0046] Falls einige Anlagenparameter nicht mit hinreichender Genauigkeit bekannt sind, zum
Beispiel die sich durch Abnutzung laufend ändernde Oberflächenform der Arbeitswalzen
6a, 6b, deren Temperatur und/oder dergleichen, können zum Erzielen noch besserer Walzergebnisse
nach dem Walzen wenigstens eines ersten fertiggewalzten Produkts 1b dessen Eigenschaften
mittels der Sensorvorrichtung 9 erfasst und beim Walzen folgender Walzgüter 1a berücksichtigt
werden. Insbesondere können diese erfassten Eigenschaften, insbesondere die Kontur
10 und besonders bevorzugt der nicht-symmetrische Anteil der Kontur 10, in die Ermittlung
der Stellwerte S für die nachfolgenden Walzgüter 1a mit einbezogen werden. Effektiv
lassen sich die Stellwerte S auf diese Weise optimieren und die Übereinstimmung der
Kontur 10 der fertiggewalzten Produkte mit der Zielkontur Z weiter verbessern.
[0047] FIG 3 zeigt ein Beispiel eines mit wenigstens zwei, insbesondere auf Grundlage einer
vorgegebenen Zielkontur und einer bereitgestellten Istkontur mittels eines Prozessmodells
ermittelten, Stellwerten S nicht-symmetrisch angesteuerten Stellmechanismus 7a. Der
Stellmechanismus 7a wird in diesem Beispiel von zwei Aktuatoren 11 gebildet, die als
Biegezylinder ausgebildet sind. Über den Stellmechanismus 7a kann eine Arbeitswalze
6 verbogen werden. Dazu üben die Aktuatoren 11 an den beiden Enden 12 der Arbeitswalze
6 im Wesentlichen senkrecht zur Walzenachse W jeweils eine Kraft F auf die Arbeitswalze
6 aus.
[0048] Bei der nicht-symmetrischen Ansteuerung des Stellmechanismus 7a werden die Kräfte
F nicht wie üblich in dieselbe Richtung, sondern, wie in FIG 3 gezeigt, im Wesentlichen
in entgegengesetzte Richtungen auf die Enden 12 der Arbeitswalze 6 ausgeübt. Hierzu
arbeitet einer der beiden Biegezylinder zweckmäßigerweise gemäß einem der beiden Stellwerte
S in eine Richtung, während der andere der beiden Biegezylinder gemäß dem anderen
der beiden Stellwerte S in die entgegengesetzte Richtung arbeitet. Dadurch ergibt
sich eine in Bezug auf eine Walzebene E, in der von der Arbeitswalze 6 gewalztes Walzgut
läuft und in der eine Querachse (siehe FIG 1, Bezugszeichen X1) des gewalzten Walzguts
liegt, nicht-symmetrische Biegung der Arbeitswalze 6.
[0049] FIG 4 zeigt ein Beispiel eines Verfahrens 100 zum Walzen von flachem Walzgut.
[0050] In einem Verfahrensschritt S1 wird eine Zielkontur eines flachen Walzguts nach einem
Walzprozess in einer Walzanlage, d. h. nach dem Durchlaufen eines letzten Walzgerüsts
der Walzanlage, vorgegeben. In einem Verfahrensschritt S2 wird eine Istkontur des
flachen Walzguts vor dem Walzprozess in der Walzanlage, d. h. vor dem Einlaufen in
ein erstes Walzgerüst der Walzanlage, bereitgestellt.
[0051] In einem weiteren Verfahrensschritt S3 werden auf Grundlage der vorgegebenen Zielkontur
und der bereitgestellte Istkontur wenigstens zwei Stellwerte für einen Stellmechanismus
der Walzanlage, mit welchem die Kontur des Walzguts während des Walzprozesses beeinflussbar
ist, ermittelt. Dazu wird zweckmäßigerweise ein Prozessmodell, welches den Walzprozess
in der Walzanlage abbildet, mit der Zielkontur und der Istkontur ausgewertet. Insbesondere
werden dabei die wenigstens zwei Stellwerte ermittelt, mit denen der Stellmechanismus
derart nicht-symmetrisch ansteuerbar ist, dass die Kontur des fertiggewalzten Produkts
zumindest im Wesentlichen mit der Zielkontur übereinstimmt.
[0052] Vorzugsweise werden in dem Prozessmodell noch weitere Anlagen- und/oder Walzgutparameter
berücksichtigt, beispielsweise die Walzguttemperatur, die Walzgutgeometrie (d. h.
seine Breite und Dicke), physikalische Eigenschaften des Walzgutmaterials, der Schliff
der Arbeitswalzen, Abnutzungsgrad der Arbeitswalzen, das Arbeitswalzenkaliber und
-material und/oder dergleichen. Diese weiteren Parameter können ebenfalls in den Verfahrensschritten
S1 bzw. S2 bereitgestellt oder ermittelt werden.
[0053] In einem weiteren Verfahrensschritt S4 wird die Walzanlage mit den wenigstens zwei
Stellwerten betrieben, wobei der Stellmechanismus mit den wenigstens zwei Stellwerten
nicht-symmetrisch angesteuert wird. Dadurch lässt sich ein nicht-symmetrischer Anteil
der Kontur des Walzguts nach dem Walzprozess, d. h. des fertiggewalzten Produkts,
präzise kontrollieren. Insbesondere kann der asymmetrische Konturanteil so zuverlässig
auf null reduziert werden.
[0054] Optional kann es vorgesehen sein, in einem Verfahrensschritt S5 die Kontur des Walzguts
nach dem Walzprozess sensorisch zu erfassen und mit der Zielkontur zu vergleichen.
Auf einer Grundlage des Vergleichs können im Verfahrensschritt S3 beim nachfolgenden
Walzen gleichartiger Walzprodukte weitere Stellwerte für den Stellmechanismus ermittelt
und so eine Optimierung der Stellwerte erreicht werden. Dadurch lässt sich die Übereinstimmung
der Kontur der im Folgenden fertiggewalzten Produkte mit der Zielkontur weiter verbessern.
Alternativ oder zusätzlich aber kann, wenn die erhaltenen Walzgutkonturen beim aufeinanderfolgenden
Walzen von gleichartigen Walzgütern kontinuierlich mit der Zielkontur abgeglichen
werden, zumindest eine gute Übereinstimmung aufrechterhalten werden, da sich so auf
die Walzgutkontur aus wirkende Änderungen von Anlagenparametern, zum Beispiel eine
weitere Abnutzung der Arbeitswalzen, durchgängig beim Ermitteln der Stellwerte berücksichtigen
lassen.
[0055] Obwohl die Erfindung im Detail durch die bevorzugten Ausführungsbeispiele näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
Bezugszeichenliste
[0056]
- 1, 1a, 1b
- Walzgut
- 2
- Walzanlage
- 3
- Stellwertermittler
- 4
- Steuerungsvorrichtung
- 5
- Walzgerüst
- 6
- Arbeitswalze
- 6a
- obere Arbeitswalze
- 6b
- untere Arbeitswalze
- 7a, 7b
- Stellmechanismus
- 8
- Walzgutkühlung
- 9
- Sensorvorrichtung
- 10
- Kontur
- 11
- Aktuator
- 12
- Ende
- 100
- Verfahren
- S1
- Vorgabe Zielkontur
- S2
- Bereitstellung Istkontur
- S3
- Ermittlung Stellwerte
- S4
- Betrieb der Anlage
- S5
- Erfassung der Walzgutkontur
- M
- Mittelpunkt
- X1
- Querachse
- X2
- Mittelachse
- Q
- Querschnitt
- E
- Walzebene
- W
- Walzenachse
- Z
- Zielkontur
- I
- Istkontur
- F
- Kraft
- S
- Stellwert
- D
- Walzspalt
1. Verfahren (100) zum Walzen von flachem Walzgut (1; 1a), aufweisend
- Vorgeben (S1) einer Zielkontur (Z) eines flachen Walzguts (1; 1b) nach einem Walzprozess
in einer Walzanlage (2),
- Bereitstellen (S2) einer Istkontur (I) des flachen Walzguts (1; 1a) vor dem Walzprozess
in der Walzanlage (2),
- Ermitteln (S3) wenigstens zweier Stellwerte (S) für einen Stellmechanismus (7a,
7b) der Walzanlage (2), mit welchem die Kontur (10) des Walzguts (1; 1a) während des
Walzprozesses beeinflussbar ist, wobei die wenigstens zwei Stellwerte (S) mittels
eines Prozessmodells, welches den Walzprozess in der Walzanlage (2) abbildet, auf
Grundlage der Zielkontur (Z) und der Istkontur (I) ermittelt werden,
- Betreiben (S4) der Walzanlage (2) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S), wobei
der Stellmechanismus (7a, 7b) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S) nicht-symmetrisch
angesteuert wird.
2. Verfahren (100) nach Anspruch 1, wobei die Kontur eines Walzspalts (D) zwischen zwei
Arbeitswalzen (6; 6a, 6b) der Walzanlage (2) durch die Ansteuerung des Stellmechanismus
(7a) mit den wenigstens zwei Stellwerten (S) nicht-symmetrisch eingestellt wird.
3. Verfahren (100) nach Anspruch 1 oder 2, wobei eine obere Walze (6a) der Walzanlage
(2) und eine untere Walze (6b) der Walzanlage (2) nicht-symmetrisch zueinander bewegt
werden in Bezug auf eine Walzebene (E) der Walzanlage (2) oder den Mittelpunkt (M)
des Walzspaltes (D).
4. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die obere Walze (6a)
und/oder die untere Walze (6b) an beiden Enden (12) mit unterschiedlichen Kräften
(F) beaufschlagt werden.
5. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei das Walzgut (1; 1a)
oder eine Arbeitswalze (6; 6a, 6b) der Walzanlage (2) auf einer Seite des Walzguts
(1; 1a) bzw. der Arbeitswalze (6; 6a, 6b) in Bezug auf einen Mittenbereich anders
temperiert wird als auf der anderen Seite.
6. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Zielkontur (Z) als
eine Kontur (10) mit einem symmetrischen Anteil und einem nichtverschwindenden nicht-symmetrischen
Anteil vorgegeben wird.
7. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei
- die Walzgutkontur (10) nach dem Walzprozess sensorisch ermittelt wird (S5),
- auf Grundlage der dabei erzeugten Sensordaten wenigstens zwei weitere Stellwerte
(S) für den Stellmechanismus (7a, 7b) ermittelt werden,
- die Walzanlage (2) mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten (S) weiterbetrieben
wird, wobei der Stellmechanismus (7a, 7b) mit den wenigstens zwei weiteren Stellwerten
(S) nicht-symmetrisch angesteuert wird.
8. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei
- wenigstens eine, nach einem von mehreren Walzprozessen, in denen gleichartige Walzgüter
(1; 1b) gewalzt wurden, erhaltene Walzgutkontur (10) mit der Zielkontur (Z) verglichen
wird und
- auf Grundlage des Vergleichs das Prozessmodell angepasst wird.
9. Verfahren (100) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Zielkontur (Z) für
das Walzgut (1; 1a) zwischen zwei Walzgerüsten (5) der Walzanlage (2) vorgegeben wird.
10. Computerprogrammprodukt zur Durchführung des Verfahrens (100) nach einem der vorangehenden
Ansprüche.
11. Walzanlage (2) zum Walzen von flachem Walzgut (1; 1a), mit
- einem Stellmechanismus (7a, 7b), mit welchem die Kontur (10) von flachem Walzgut
(1; 1a) während eines Walzprozesses in der Walzanlage (2) beeinflussbar ist,
- einem Stellwertermittler (3), welcher dazu eingerichtet ist, mittels eines Prozessmodells,
welches einen Walzprozess in der Walzanlage (2) abbildet, auf Grundlage einer vorgegebenen
Zielkontur (Z) des flachen Walzguts (1; 1b) nach dem Walzprozess und einer Istkontur
(I) des flachen Walzguts (1; 1a) vor dem Walzprozess wenigstens zwei Stellwerte (S)
für den Stellmechanismus (7a, 7b) zu ermitteln, und
- einer Steuerungsvorrichtung (4), welche dazu eingerichtet ist, die Walzanlage (2)
bei nicht-symmetrischer Ansteuerung des Stellmechanismus (7a, 7b) mit den wenigstens
zwei Stellwerten (S) zu betreiben.