(19)
(11) EP 0 000 124 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.01.1979  Patentblatt  1979/01

(21) Anmeldenummer: 78100113.6

(22) Anmeldetag:  07.06.1978
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)2A61K 35/16, A61K 37/64
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH FR GB NL SE

(30) Priorität: 28.06.1977 DE 2729096

(71) Anmelder: Hormon-Chemie München GmbH
D-8000 München 45 (DE)

(72) Erfinder:
  • Die Erfinder haben auf ihre Nennung verzichtet

(74) Vertreter: Allgeuer, Dorothea, Dr. et al
Chemie Linz AG Patentabteilung St. Peter-Strasse 25
4020 Linz
4020 Linz (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Mittel zur Senkung des Blutzuckerspiegels und Verbesserung der Durchblutung und Wundheilung


    (57) Die Inhibitorpeptide des Angiotensin-Umwandlungsenzyms verbessern die Glucosediffusion in die Zellen und sind daher zur Bereitung von neuen Arzneimittelzubereitungen mit blutzuckersenkender Wirkung geeignet, wobei sie zusammen mit anderen Wirkstoffen als Infusionslösungen oder mit oral zu verabreichenden Mitteln in Form von Tabletten oder Dragees applizierbar sind oder auch als Salben in Kombination mit lokal wirksamen Stoffen, wobei durch die Steigerung der Glucosediffusion die Durchblutung und Wundheilung verbessert wird.


    Beschreibung


    [0001] Es ist bekannt, dass bestimmte niedermolekulare Peptide, die aus dem Gift der Schlange Bothrops jararaca isoliert wurden, eine blutdrucksenkende Wirkung besitzen. So ist in The Lancet 1973, S. 72, beschrieben, dass das als Pentapeptid erkannte Oligopeptid der Bezeichnung B. P. P. 5a ebenso wie das Nonapeptid der Bezeichnung B. P. P. 9a oder SQ 20881, das die Aminsäurefolge Tyr-Tryp-Pro-Arg-Pro-Glu-Ileu-Pro-Pro aufweist, eine starke blutdrucksenkende Wirkung bei dem durch Angiotensin I ausgelösten Hochdruck beim Menschen zeigen. Die Wirkung kann mit einer Blockierung des Enzyms erklärt werden, das im Organismus das Angiotensin I in das blutdruckwirksame Angiotensin II umwandelt. Die Inhibitorpeptide des Angiotensin-Umwandlungsenzyms (angiotensin-converting enzyme) wurden auch bereits mit Erfolg bei Hochdru-ckpatienten angewendet, vgl. The New English Journal of Medicine, 1974, S. 817-821.

    [0002] Es wurde nun überraschenderweise festgestellt, dass diese Inhibitorpeptide eine blutzuckersenkende Wirkung aufweisen. Die näheren Untersuchungen dieses Effekts haben erkennen lassen, dass diese Wirkung auf einer Verbesserung der Diffusion der Glucose durch die Zellmembranen der Nerven- und Muskelzellen beruhren dürfte. Die neue Erkenntnis der blutzuckersenkenden. Wirkung der Inhibitorpeptide ist deshalb so .überraschend, weil einerseits die bekannten Arzneimittel gegen Diabetes, sei es nun das parenteral zu applizierende Insulin oder die oralen Antidiabetika, wie z. B. die Benzolsullfonylharnstoff-Derivate, keinerlei blutdrucksenkende Wirkung erkennen lassen, während andererseits auch die bekannten blutdrucksenkenden Wirkstoffe keinen Einfluss auf den Blutzucker zeigen. Auch ist nicht bekannt, dass das System Angiotensin I - Angiotensin II in irgendeinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Glucoseverwertung steht.

    [0003] Die Inhibitorpeptide des Angiotensin-Umwandlungsenzyms eignen sich wegen dieser neuartigen, für den Fachmann überraschenden Wirkung als Mittel zur Behandlung des Diabetes sowie auch zur Verbesserung der Glucoseverwertung im Organismus. Sie können percutan oder oral appliziert werden, wobei die Dosierung 1/ug - 3 mg betragen kann. Bei der Ernährung durch parenterale Infusionen enthalten daher glucosehaltige Infusionslösungen, die gegebenenfalls noch Aminosäuren, andere Zucker, Alkohole, Mineralsalze oder andere übliche Zusätze enthalten können, erfindungsgemäss diese Inhibitorpeptide in einer Menge von 10µg - 3 g je Liter. Trotz relativ hoher Infusionsgeschwindigkeiten kann hierdurch eine unerwünschte Steigerung des Blutzuckerspiegels verhindert werden, da durch die Gegenwart der Inhibitorpeptide die Glucosekonzentration im Blut vermindert wird.

    [0004] Der Zusatz dieser Inhibitorpeptide zu bestimmten Extraktstoffen aus dem Bluteiweiss junger Kälber führt zu einer Verbesserung der mit diesen Wirkstoffen erzielten Heilungen, d.h. die Wirkung der Extraktstoffe wird durch den Gehalt an Inhibitorpeptiden deutlich potenziert, was darauf zurückgeführt werden kann, dass der Stoffwechsel mangelhaft versorgter Gewebspartien durch die Inhibitorpeptide verbessert wird. Diese Extraktstoffe, die bei Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen Anwendung finden können, vgl. Med. Welt, Bd. 19, S. 198 (1968), sind u.a.. unter der geschützten Bezeichnung "Actihaemyl" der Firma Solko und unter dem Namen "Actovegin" der Firma Hormonchemie im Handel. Sie hönnen oral, intravenös oder intraarteriell infundiert oder intraronskular injiziert oder als Salbe appliziert werden. Durch die Inhibitorpeptide wird nunmehr erreich, dass speziell bei diabetischer Stoifwechsellage die Durchblutungswirkung verstärkt und bei lokaler Anwendung die Wundheilung schneller eintritt.

    [0005] Auch allein oder in Kombination mit oralen Antidiabetika wird eine Verminderung des Blutzuckerspiegels bei Diabetespatienten erreicht. Die Wirkung bei der neuen Kombination der Inhibitorpeptide mit den oralen Antidiabetika der Benzolsulfonylharnstoffreihe kann nicht mit einer blossen Addition erklärt werden. Die festgestellte Potenzierungswirkung lässt erkennen, dass hier ganz unterschiedliche Wirkungsmechanismen vorliegen, welche im Zusammenspiel eine besonders deutliche Senkung des bei den Diabetespatienten erhöhten Blutzuckerspiegels bewirken.

    [0006] Da die blutzuckersenkenden Wirkungen bereits bei Dosierungen eintreten, bei denen die Wirkung auf den Blutdruck sich noch nicht deutlich zeigt, wird hierdurch der Kreislauf nicht gestört und belastet. Die neuen blutzuckersenkenden Präparate stellen daher eine wertvolle Bereicherung des Arzneimittelschatzes dar.

    Beispiel 1 1



    [0007] Durch Auflösen von 250 g Glucose und 100mg Inhibitorpeptid (Pentapeptid) in Wasser (aqua pro injectione) bis zu einem Gesamtvolumen von 1000 ml wurde eine Infusionslösung für die Kalorienzufuhr erhalten, die mit einer Infusionsgeschwindigkeit von 500 ml in 3 Stunden appliziert werden konnte, ohne dass eine wesentlich unerwünschte Steigerung des Blutzuckerspiegels auftrat.

    B e i s p i e l 2



    [0008] 150 g Glucose, 50 g Fruktose, 50 g Xylit, 100 mg Inhibitorpoptid mit wasser (aqua pro injectione) bis 1000 ml versetzt. Die Lösung wurde bei 120° sterilisiert und dient für die Kalorienzufuhr.

    B e i s p i e l 3



    [0009] 

    Es wurden Glucose 100 g

    Isoleucin 2,2

    Leucin 3,4

    Lysin 3,7

    Methionin 2,4

    Phenylalanin 2,3

    Threonin 1,9

    Tryptophan 0,7

    Valin 2,0 .

    Arginin 4,3

    Histidin 2,1

    Asparaginsäure 1,1

    Glutaminsäure 6,0

    Glycin 3,8

    Alanin 6,5

    Tyrosin 0,4

    Prolin 6,0

    Serin 2,0

    Asparagin 1,5

    Cystin 0,2

    Ornitin 1,2

    KOH 1,71

    Magnesiumacetat

    x 4H2O 1,12

    NsOH 1,55

    Äpfelsäure 1,99

    Inhibitorpeptid 150 mg


    in wasser (aqua pro

    , 1000 ml aufgelöst und wieüblich sterilisiert. Die Lösung dient für die partielle parenterale Ernährung mit Aminosäurezufuhr zum Proteinaufen und kann mit einer Infusionsgeschwindigkeit von 500 ml in 3 Stunden appliziert werden.

    B e i s p i e 1 4



    [0010] 

    Es wurden Glucose 100 g

    Iscleucin 1,0

    Leucin 1,6

    Lysin 1,2

    Hethionin 1,1

    Phenylalanin 1,1

    Threonin 0,9

    Tryptophan 0 ,3

    Valin 1,0

    Arginin 2,1

    Histidin 1,0

    Asparaginsäure 0,5

    Glutaminsäure 3,0

    Glycin 1,9

    Alanin 3,2

    Tyrosin 0,2

    Prolin 3,0

    Serin 0,9

    Asparagin 0,7

    Cystin 0,1

    Ornitin 0,3

    KOH 0,85

    Magnesiumacetat

    x 4H2O 0,56

    NaOH 0,77

    Äpfolsäure 0,99

    Fructose 25,0

    -Xylit 25,0

    Inhibitorpeptid 100 mg

    (Nonapeptid,


    in Wasser (aqua pro injcctione) ad 1000 ml gelöst und dann sterilisiert. Die Lösung kann für die vollständige parenterale. Ernährung verwendet werde.

    B e i s p i e 1 5a



    [0011] 400 mg Blutextrakt (Extr. sanguin. deprot. sicc.) und 150 mg Inhibitorpeptid werden mit einer Zelluloseglucolat-Propylenglycol-Geleegrundlage ad 100 ml vermischt. Der erhaltene Gelee dient zur äuss.erlichen Anwendung bei offenen Hautdefekten.

    B e i s p i e l 5b



    [0012] 100 mg Blutextrakt (Extr. sanguin. deprot. sicc.) und 75 mg Inhibitorpeptid werden mit einer Polyäthylen-glycol-cetylalkohol-Grundlage ad 100 ml vermischt. Die erhaltene Creme dient zur äusserlichen Anwendung bei nicht nässenden Hautschäden.

    B e i s p i e 1 5c



    [0013] 0,5 g Blutextrakt (Extr. sanguin. deprot. sicc.) und 50 mg Inhibitorpeptid werden in aqua pro injectione ad 250 ml gelöst. Die Lösung dient zur intravenösen Infusion bei einer Infusionszeit von ca. 30 Minuten.

    B e i s p i e 1 - 5d



    [0014] 100 mg Blutextrakt (Extr. sanguin. deprot. sicc.) 0,230 g NaCl und 10 mg Inhibitorpeptid werden in aqua pro injectione ad 100 ml gelöst. Die erhaltene Lösung dient zur intraarteriellen Infusion.

    B e i s p e 1 6a



    [0015] Ein wachs- und fetthaltiges Retardgranulat, das in 100 g Granulatmaterial 200 mg Inhibitorpeptid enthält, Wird zu einer 0,5 g schweren Tablette verpresst. Mit einer Dosierung von 1 - 2 Tabletten am Morgen sowie 1 bis.2 Tabletten am Abend konnte die diabetische Stcffwechsellage bei Patienten mit Diabetes vom Erwachsenentyp auf gute postprandiale Blutzuckerwerte unter 180 mg% bei Aglukosurie gehalten werden.

    B c i s p i e l 6b



    [0016] Pulverisiertes N-(4-Methyl-benzol-sulfonyl)N-n-butyl- harnstoff (Tolbutamid), das in 100 g Granulatmaterial 200 mg Inhibitorpetid enthält, wurden miteinander im Gewichtsverhältnis von 7 : 3 vermischt und diese Mischung zu 0,5 g schweren Tabletten verpresst. Jede Tablette enthält somit 0,35 Tolbutamid und 200 mg Inhibitorpeptid. Mit einer Dosierung von 1 bis 2 Tabletten morgens sowie am Abend konnte die diabetische Stoffwechsellage bei Patienten vom Erwachsehentyp gut eingestellt werden, wobei im Vergleich zur Vorperiode eine wesentlich geringere Menge an Sulfonylharnstoff erforderlich war.

    B e i s p i e l 6c



    [0017] Wie in Beispiel 6b beschrieben wurde eine Mischung aus pulverisiertem N-[5-Chlor-2-methoxy-benzamido)-äthyl]-phenyl-sulronyl-H-cycloheyl-harnstoff (Glibenclamid) und einer Tablettengrundmasse (Agar-Agar, Calciumcarbonat und Talkum) im (erhältnis 1 : 100 hergestellt und dann mit dem Retardgranulat des Beispiels 6a im Gewichtsverhältnis von 7 : 3 vermischt. Die 0,5 g schweren Tabletten enthalten dann 3,75 mg Glibenclamid und 200 mg Inhibitorpeptid. Auch mit diesen Tepletten konnten die Patienten auf dem gewünschten Blutzuckerspiegel bei einer

    von 1/2 bis 2 Tabletten morgens und 1 bis 2 Tabletten abends gehalten werden. Anstelle ven Glibenclamid können auch andere hochwirksame Vertreter der Sulfonylharnstoffreihe, z.B. Glisoxepid, Glibornurid in der gleichen Konzentration verwendet werden.


    Ansprüche

    1. Mittel zur Senkung des Blutzuckerspiegels dadurch gekennzeichnet , dass sie die Inhibitorpeptide des Angiotensin-Umwandlungsenzyms in einer Menge von 1 µg - 3 g je Dosierungseinheit in Kombination mit anderen Wirkstoffen enthalten.
     
    2. Mittel zur Senkung des Blutzuckerspiegels nach Anspruch 1 zur Anwendung als. Infusionslösung, dadurch gekennzeichnet , dass sie 10 µg - 3 g Inhibitorpeptide je Liter Lösung in Kombination mit Glucose, Aminosäuren, anderen Zuckern, physiologisch verträglichen Alkoholen, Mineralsalzen und/oder anderen üblichen Zusätzen enthalten.
     
    3. Mittel zur Senkung des Blutzuckerspiegels nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , dass sie die Inhibitorpeptide in Kombination mit blutzuckersenkenden Benzolsulfonylharnstoff-Derivaten enthalten.
     
    4. Mittel zur Senkung des Blutzuckerspiegels und Verbesserung der Durchblutung und Wundheilung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , dass sie die Inhibitorpeptide in Kombination mit Extraktstoffen aus enteiweisstem Kälberblut in einer Menge von 0,1 µg - 25 µg je mg Extraktstoff enthalten.
     





    Recherchenbericht