[0001] Die Erfindung betrifft thermoplastische Formmassen auf Basis von mit einem Kautschuk
schlagzäh modifizierten Styrol--Acrylnitril-Copolymerisaten, die mit einer organischen
Halogenverbindung flammfest ausgerüstet sind.
[0002] Kautschukmodifizierte Styrol-Acrylnitril-Copolymerisat--Gemische sind bekannt. Sie
rden im allgemeinen hergestellt durch Pfropfmischpolymerisation von Styrol und Acrylnitril
in Gegenwart eines Kautschuk sowie gegebenenfalls nachträgliches Abmischen dieses
Pfropfproduktes mit einer separat hergestellten Hartkomponente, die aus einem Styrol-Acrylnitril-Copolymerisat
besteht. Je nachdem, ob bei der Herstellung dieser Formmassen als Kautschuk ein Butadien-Polymerisat,
ein elastomeres Acrylester-Polymerisat oder ein Äthylen-Propylen-Kautschuk eingesetzt
worden ist, werden diese Formmassen auch als ABS-, ASA- oder AES-Polymerisate bezeichnet.
Diese kautschuk-modifizierten Styrol-Acrylnitril-Polymerisate vereinen bekanntermaßen
wertvolle mechanische Eigenschaften, insbesondere hohe Zähigkeit, mit guter Beständigkeit
gegen Chemikalien. Sofern bei Ihrer Herstellung ein .gesättigter Kautschuk eingesetzt
worden ist, sind sie darüber hinaus witterungs- und alterungsbeständig. Diese gute
Eigenschafts-kombination ermöglicht ihren Einsatz zur Herstellung von technischen
Gehäusen, elektrischen Schaltelementen, Küchengeräten, Kraftfahrzeugteilen etc. Für
zahlreiche Anwendungen wird dabei ein nichttropfendes Verlöschen der Formmassen nach
kurzzeitiger Beflammung verlangt.
[0003] Die Flammfest-Ausrüstung von Styrol-Polymerisaten mit organischen Halogenverbindungen
ist ebenfalls seit langem bekannt. Versuche, die Entflammbarkeit von Kautschukmodifizierten
Styrol-Acrylnitril-Copolymerisaten des ABS-, ASA-- oder AES-Typs durch Zugabe der
für Polystyrol üblichen und bekannten halogenhaltigen Flammschutzmittel zu verringern,
haben bislang nur zu einem geringen Erfolg geführt. So werden in der DT-PS 1 123 823
bromierte Diphenyle oder Diphenyläther als Flammschutzmittel für Polystyrol beschrieben,
wobei diese Bromverbindungen vor allem in Kombination mit Antimontrioxid als Synergist
Anwendung finden. Aus der DT-0S 23 58 855 ist der Einsatz von bromierten Oligomeren
oder Polymeren des DI-, Tri- oder Tetraalkylbenzols als Flammschutzmittel für Styrol-
oder Ole- t'inpolymerisate bekannt. Wendet man diese bekannten Flammschutzmittel für
die Flammfestausrüstung von kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisaten
an wie es beispielsweise in der DT-OS 20 46 795 für die halogenierten Diphenyle und
Diphenyläther im Fall der Flammfest- ausrüstung von ABS-Polymerisaten beschrieben
ist, so erhält man wohl'Formmassen mit genügend kurzen Verlöschzeiten. Es stellt sich
jedoch heraus, daß bei längerer Lagerung derart flammfest ausgerüsteter Formmassen
bei Raumtemperatur oder.in der Wärme ein weißer Belag auftritt, der auf Auswanderung
(Migration) des Flammschutzmittels oder bestimmter Anteile des Flammschutzmittels
zurückzuführen ist. Die schon aus optischen Gründen nicht akzeptablen Belagsbildung
der Polymerisate verändert nicht nur deren Flammwidrigkeits-Verhalten, sondern hierdruch
wer- den auch die elektrischen Isoliereigenschaften der Polymeri
J sate herabgesetzt.
[0004] Neben der Forderung, daß das Flammschutzmittel nicht auswandert bzw. "ausschwitzt",
betreffen weitere wichtige Forderungen an das Flammschutzmittel für kautschukmodifizierte
Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate die Verarbeitungseigenschaften auf Extrudern oder
Spritzgußmaschinen. Hier werden vor allem hinreichende Thermostabilität und ausreichende
Fließfähigkeit bei Temperaturen im Bereich von 200 bis 280°C gefordert. Die Flammschutzmittel
dürfen dabei weder Korrosionserscheinungen an den Verarbeitungsmaschinen hervorrufen,
noch eine Belagsbildung auf den Maschinen bewirken. In der DT-OS 23 28 535 werden
schwer brennbare ABS--Polymerisate beschrieben, die als Flammschutzmittel bestimmte
halogenierte bis-Phenoxy- oder -Thiophenyl-alkane enthalten und die obengenannten
Forderungen bezüglich Flammwidrigkeitsverhalten, Auswanderungsbeständigkeit und thermischer
Stabilität des Flammschutzmittels sowie guter mechanischer Eigenschaften der Formmassen
weitgehend erfüllen sollen. Die gemäß der DT-OS 23 28 535 als Flammschutzmittel für
die ABS-Polymerisate zum Einsatz kommenden halogenierten bis-Phenoxy- oder -Thiophenyl-alkane
müssen jedoch nach relativ aufwendigen Verfahrenhergestellt werden. Ferner hat sich
gezeigt, daß die in der DT-OS 23 28 535 beschriebenen flammfest ausgerüsteten ABS--Polymerisate
hinsichtlich ihres Eigenschaftsbildes immer noch nicht völlig zufriedenstellend sind.
[0005] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, ein Flammschutzmittel für kautschukmodifizierte
Styrol-Acrylnitril--Copolymerisate aufzuzeigen, welches die angeführten Nachteile
nicht aufweist. Das Flammschutzmittel soll in wirtschaftlich einfacher Weise erhalten;werden
können und insbesondere bereits in möglichst geringen Mengen eine mög- "lichst hohe
Flammschutz-Wirkung in den kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisaten
zeigen. Gleichzeitig sollen die damit flammfest ausgerüsteten kautschukmodifizierten
Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate eine gute Verarbeitbarkeit auf konventionellen Maschinen
ausweisen, ohne daß es zu Korrosionserscheinungen und zu Belagsbildungen kommt; es
soll keine Migration des Flammschutzmittels aus dem Fertigteil erfolgen und die mechanischen
Eigenschaften der kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate, insbesondere
deren Schlagzähigkeit, sollen durch den Zusatz des Flammschutzmittels nicht negativ
beeinflußt, zumindest nicht wesentlich beeinträchtigt werden, so daß flammwidrige
Fertigteile mit einem hohen mechanischen Niveau erhalten werden können, die in ihrem
Eigenschaftsbild den bekannten flammfest ausgerüsteten kautschukmodifizierten Styrol--Acrylnitril-Copolymerisaten
überlegen sind.
[0006] Es wurde gefunden, daß diese Aufgabe durch den Einsatz von halogenierten Styrol-Oligomeren
als Flammschutzmittel, für die kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate
gelöst werden kann.
[0007] Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind demzufolge thermoplastische Formmassen
aus
(A) 6 bis 100 Gewichtsprozent, bezogen auf (A + B), eines Pfropfproduktes, hergestellt
durch Pfropfpolymerisation von
1. 10 bis 95 Gewichtsprozent, bezogen auf (A), eines Gemisches aus Styrol und Acrylnitril
oder deren Alkylderivaten im Gewichtsverhältnis 90 : 10 bis 60 : 40 in Gegenwart von
2. 90 bis 5 Gewichtsprozent, bezogen auf (A), eines kautschukartigen Polymerisats mit
einer Glasübergangstemperatur unter 0°C.
(B) 0 bis 94 Gewichtsprozent, bezogen auf (A + B), eines Copolymerisats aus Styrol-und
Acrylnitril oder deren Alkylderivaten im Gewichtsverhältnis 90-: 10 bis 60 : 40, wobei
der Gehalt des.kautschukartigen Polymerisats (A 2) in den Formmassen, bezogen auf
die Summe von (A + B), 5 bis 40.Gewichtsprozent betragen soll.
(C) einer wirksamen Menge einer organischen Halogenverbindung als Flammschutzmittel
sowie
(D) gegebenenfalls weiteren Zusatzstoffen.
[0008] Die Formmassen sind dadurch gekennzeichnet, daß diese als Flammschutzmittel halogenierte
Styrol-Oligomere enthalten.
[0009] Die halogenierten Styrol-Oligomere sind als solcne bekannt und können gemäß der DT-OS
25 15 473 insbesondere zur Flammfestausrüstung von Polyestern verwendet werden. Es
hat sich nun überraschenderweise gezeigt, daß sich die halogenierten Styrol-Oligomere
ebenso hervorragend und unter Vermeidung der eingangs beschriebenen Nachteile für
die Flammfestausrüstung von kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Polymerisaten
verwenden lassen und dabei zu Produkten mit gegenüber dem Stand der Technik verbesserten
Eigenschaften führen. Dies war keineswegs vorhersehbar oder zu erwarten, da, wie beispielsweise
aus den DT-OS 20 46 795 und 23 28 535 zu entnehmen ist, halogenhaltige Flammschutzmittel,
die in an-' deren Kunststoffsystemen Verwendung finden, üblicherweise nicht, zumindest
nicht ohne weiteres und mit dem gleichen Erfolg, auch für kautschukmodifizierte Styrol-Acrylnitril--Copolymerisate
einzusetzen sind.
[0010] Für den Zweck der vorliegenden Erfindung können alle üblichen und bekannten kautschukmodifizierten
Styrol-Acryolnitril-Copolymerisate des ABS-, ASA- oder AES-Typs eingesetzt werden.
Hierbei handelt es sich um Polymerisate bzw. Polymerisat-Gemische, die durch Pfropfpolymerisation
einer Mischung aus Styrol und Acrylnitril und/oder deren Alkylderivaten in Gegenwart
eines Kautschuks mit einer Glasübergangstemperatur unter 0°C, vorzugsweise unter -20°C
und ins-
; besondere unter -40°C, sowie gegebenenfalls Abmischen dieser Pfropfprodukte mit separat
hergestelltem Copolymerisat aus Styrol und Acrylnitril und/oder deren Alkylderivaten
erhalten worden sind. Die Ermittlung der Glasübergangstemperatur des eingesetzten
Kautschuks kann dabei nach den bei B. Vollmer, Grundriß der mdkromolekularen Chemie,
Seiten 406 bis 410, Springer-Verlag, Heidelberg (1962), angegebenen Methoden erfolgen.
[0011] Als Kautschuk für die Herstellung des Pfropfproduktes (Komponente A) kommen z.B.
dienhaltige Polymerisate in Betracht. Hierzu zählen vor allem die Homopolymerisate
des Butadiens, Isoprens und 2,3-Dimethylbutadiens. Ebenso können Copolymerisate dieser
Diene untereinander oder mit anderen copolymerisierbaren Monomeren, beispielsweise
Styrol oder Acrylnitril, eingesetzt werden, wobei der Gehalt dieser anderen copolymerisierbaren
Monomeren in den Dienpolymerisaten im allgemeinen 30 Gewichtsprozent nicht übersteigt.
Gleichermaßen können als Kautschuke Polymerisate aus 20 bis 80 Gewichtsprozent, vorzugsweise
30 bis 70 Gewichtsprozent, Butadien und 80 bis 20 Gewichtsprozent, vorzugsweise 70
bis 30 Gewichtsprozent, eines Acrylsäurealkylesters mit 1 bis 8 Kohlenstoffatome in
der Alkoholkomponente, vorzugsweise Acrylsäure-n-butylester, verwendet werden. Auch
diese Butadien-Acrylsäureester-Copolymerisate können gegebenenfalls noch bis zu 30
Gewichtsprozent an weiteren copolymerisierbaren Monomeren, wie beispielsweise Isopren,
Styrol, Acrylnitril oder Vinylalkyläther einpolymerisiert enthalten. Eine weitere
Gruppe von Kautschuken, die für die Herstellung des Pfropfproduktes (Komponente A)
in Betracht kommen, sind die Polyacrylsäurealkylester von Alkoholen mit 1 bis 8 Kohlenstoffatomen
im Alkylrest. Als solche seien beispielsweise genannt Polyäthylacrylat, Polyäthylhexylacrylat
sowie insbesondere Poly-n-butylacrylat. Besonders günstig ist es, wenn die.Polyacrylate
durch Einpolymerisation von 1 bis 5 Gewichtsprozent einer Verbindung mit mindestens
zwei, nicht in Konjugation miteinander stehenden olefinischen Doppelbindungen vernetzt
sind. Als weitere Gruppe von Kautschuken seien die EPDM-Kautschuke genannt, die durch
Terpolymerisation von Äthylen, Propylen und einem Dien mit zwei nicht konjugierten
olefinischen Doppelbindungen erhalten werden.
[0012] Zur Herstellung des Pfropfproduktes (Komponente A) wird ein Monomeren-Gemisch aus
Styrol und Acrylnitril im Gewichtsverhältnis 90 : 10 bis 60 : 40, vorzugsweise 75
: 25 bis 65 : 35, in Gegenwart des Kautschuks polymerisiert, wobei mindestens ein
Teil der Monomeren auf den Kautschuk aufgepfropft wird. Dabei können das Styrol und/oder
das Acrylnitril in dem Monomeren-Gemisch ganz oder teilweise durch die entsprechenden
Alkylderivate dieser Verbindungen, wie α-Methylstyrol und Methacrylnitril, ersetzt
sein. Die Pfropfpolymerisation des Monomeren-Gemisches aus Styrol und Acrylnitril
und/oder deren Alkylderivate in Gegenwart des Kautschuks kann in üblicher und bekannter
Weise in Lösung, Suspension oder vorzugsweise in wäßriger Emulsion, die den vorgebildeten
Kautschuk dispergiert enthält, mittels der üblichen Katalysatoren und in Gegenwart
der gebräuchlichen Polymerisationshilfsstoffe, wie beispielsweise Emulgier- oder Suspendiermittel,
Molekulargewichtsregler und Püffersubstanzen, durchgeführt werden. Vorzugsweise werden
in den erfindungsgemäßen Formmassen Pfropfprodukte (Komponente A) eingesetzt, die
durch Emulsiohs-Pfropfpolymerisation erhalten worden sind, wie es beispielsweise in
den DT-PSen 1 260 135 und 1 238 207 für die Herstellung von ABS- und ASA-Polymerisaten
beschrieben ist.
[0013] Zur Herstellung des Propfproduktes (Komponente A) werden im allgemeinen 10 bis 95
Gewichtsprozent des Monomeren-Gemisches aus Styrol und Acrylnitril und/oder deren
Alkylderivaten in Gegenwart von 90 bis 5 Gewichtsprozent des als Pfropfgrundlage dienenden
Kautschuks polymerisiert. Je nach Kautschuk-Gehalt des Pfropfproduktes (Komponente
A) kann dieses noch mit einem separat hergestellten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisat
(Komponente B) in Mengen bis zu 94 Gewichtsprozent, bezogen auf die Summe der Komponenten
A und B, abgemischt werden, wobei das Styrol und/oder das Acrylnitril in dem Copolymerisat
ganz oder teilweise durch die entsprechenden Alkylderivate ersetzt sein kann. Die
Komponenten A und B sind dabei so zu wählen, daß der Gehalt des als Pfropfgrundlage
dienenden Kautschuks in den .erfindungsgemäßen Formmassen im Bereich von 5 bis 40
Gewichtsprozent, bezogen auf die Summe (A + B), liegt. Das freie Copolymerisat (Komponente
B) wird in üblicher und bekannter Weise durch Polymerisation eines Monomeren-Gemisches
aus Styrol und Acrylnitril im Gewichtsverhältnis 90 : 10 bis 60 : 40, vorzugsweise
75 : 25 bis 65 : 35, in Masse, Lösung, oder wäßriger Dispersion hergestellt, wobei
das Styrol und/oder das Acrylnitril ganz oder teilweise durch die Alkylderivate dieser
Verbindungen, wie
c(-Methylstyrol und Methylacrylnitril, ersetzt sein kann. Das Abmischen des freien
Copolymerisats (Komponente B) mit'dem Pfropfprodukt (Komponente A) kann auf bekannte
und gebräuchliche Art und Weise erfolgen, wie beispielsweise durch gemeinsames Extrudieren,
Kneten oder Verwalzen der beiden Komponenten.
[0014] Vorzugsweise enthalten die erfindungsgemäßen Formmassen als Komponente A 20 bis 50
Gewichtsprozent, bezogen auf (A + B), eines Pfropfproduktes, welches hergestellt worden
ist durch Emulsions-Pfropfmischpolymerisation von 20 bis 50 Gewichtsprozent, bezogen
auf das Pfropfprodukt A, eines Monomeren--Gemisches aus Styrol und Acrylnitril oder
deren Alkylderivaten in Gegenwart von 80 bis 50 Gewichtsprozent, bezogen auf das Pfropfprodukt
A, eines ebenfalls durch EmulsionsPolymerisation hergestellten kautschukartigen Polymerisats
der obenbeschriebenen Art als Pfropfgrundlage, und als Komponente B 80 bis 50 Gewichtsprozent,
bezogen auf (A + B), eines separaten hergestellten Copolymerisats aus Styrol und Acrylnitril
und/oder deren Alkylderivate in den oben angegebenen Gewichtsverhältnissen.
[0015] Erfindungsgemäß werden für die kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate
aus den Komponenten A und B als Flammschutz (Komponente C) halogenierte Styrol-Oligomere
eingesetzt. Unter Styrol-Oligomeren sollen im Sinne dieser Erfindung dabei sowohl.die
Oligomeren des Styrols selbst als auch der kern- und seitenketten-alkylierten Styrols
verstanden werden. Insbesondere kommen die Homo--Oligomeren des Styrols und der kernalkylierten
Styrole in Frage. Geeignete kernalkylierte Styrole sind dabei vor allem solche, die
eine oder mehrere kernständigen C-Atom unverzweigte Alkylgruppen enthalten, beispielsweise
Vinyltoluol, Vinyläthylbenzol oder Vinylpropvibenzol. In gleicher Weise wie die Homooligomeren
können auch die Co--Oligomeren des Styrols mit α-Methylstyrol und/oder den kernalkylierten
Styrolen Anwendung finden, Bevorzugt werden jedoch die Homo-Oligomeren des Styrols
eingesetzt.
[0016] Bei den erfindungsgemäß zu verwendenden halogenierten Styrol-Oligomeren handelt es
sich im algemeinen um die chlorierten und/oder bromierten Styrol-Oligomere, wobei
die bromierten Styrol-Oligomere wiederum bevorzugt sind. Als besonders vorteilhaft
haben sich die kernhalogenierten, thermostabilen Styrol-Oligomere der allgemeinen
Formel (I)

erwiesen, worin X = Halogen, insbesondere Chlor und/oder Brom, R = Wasserstoff oder
ein aliphatischer Rest, insbesondere Wasserstoff oder ein Alkylrest wie CH3 oder C
2H
5, m = eine Zahl zwischen 1 und 5, vorzugsweise von 2 bis 4, und n = den Polymerisationsgrad
der Styrol-Oligomeren bedeuten. Unter den Halogensubstituenten X ist Brom besonders
bevorzugt; R ist vorzugsweise Wasserstoff.
[0017] Die kernhalogenierten, thermostabilen Styrol-Oligomere der allgemeinen Formel (I)
können nach bekannten Verfahren hergestellt werden, beispielsweise durch Polymerisation
von geeigneten bromierten Styrolen. Besonders vorteilhaft erhält man sie nach dem
in der DT-OS 25 37 385 beschriebenen Verfahren, gemäß dem die beispielsweise durch
thermis.che Oligomerisation von Styrol erhaltenen Styrol-Oligomeren zunächst selektiv
hydriert und diese selektiv hydrierten Styrol-Oligomeren dann in halogenhaltigen Lösungsmitteln
in Gegenwart von Lewis-Säuren als Katalysatoren bei Temperaturen unterhalb von 20
0C bromiert werden. Nach quantitativer Entfernung des Katalysators sowie des Lösungsmittels
erhält man Produkte mit einem Bromgehalt von 40 bis 80 Gewichtsprozent, die selbst
bei Temperaturen von 240 bis 340°C keine Zersetzung zeigen.
[0018] Als Flammschutzmittel (Komponente C) gemäß der vorliegenden Erfindung geeignet sind
weiterhin entsprechend hergestellte Bromierungsprodukte aus nicht-hydrierten Styrol-Oligomeren.
Obgleich ihre thermische Stabilität etwas niedriger liegt als die der aus den selektiv-hydrierten
Styrol-Oligomeren erhaltenen Produkte, ist sie jedoch für die Verarbeitung der kautschukmodifizierten
Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate noch ausreichend hoch. Die Herstellung der erfindungsgemäß
einzusetzenden bromierten Styrol-Oligomeren kann in einfacher und eleganter Weise
auch im Eintopf-Verfahren direkt -aus Styrol und Brom erfolgen, wie es beispielsweise
in der Patentanmeldung P 26 51 435.2 beschrieben ist. Hiernach wird zunächst Styrol
in Lösung in Gegenwart von Lewis-Säure--Katalysatoren kationisch polyrisiert und der
Reaktionslösung anschließend, gegebenenfalls nach Zusatz einer weiteren Menge an Lewis-Säure-Katalysator,
Brom zugegeben. Die zum Zwecke der Erfindung einzusetzenden bromierten Styrol-Oligomeren
haben im allgemeinen einen Bromgehalt im Bereich von 40 bis 80 Gewichtsprozent, vorzugsweise
50 bis 80 Gewichtsprozent. Es handelt sich hierbei um farblose bis gelbe Festkörper
mit Schmelzpunkten/Erweichungspunkten von etwa 100°C bis 220°C.
[0019] Der mittlere Polymerisationsgrad der halogenierten Styrol--Oligomeren liegt üblicherweise
im Bereich von 3 bis 200. Formmassen mit einer .optimalen Eigenschafts-Kombination
bezüglich Flammwidrigkeits-Verhalten, Migrationsbeständigkeit des Flammschutzmittels,
Fließverhalten und Verarbeitbarkeit der Formmassen sowie der mechanischen Eigenschaften
der hieraus hergestellten Fertigteile werden erhalten, wenn gemäß einer bevorzugten
Ausführungsform der Erfindung der mittlere Polymerisationsgrad der halogenierten Styrol-Oli-J
gomere im Bereich von 7 bis 50, insbesondere von 7 bis 30, liegt, wobei auch cyclische
Oligomere geeignet sind. Molgewichtsverteilung und somit auch Polymerisationsgrad
der nicht-halogenierten und halogenierten Styrol-Oligomeren entsprechen sich dabei
weitgehend bzw. vollständig.
[0020] Es ist günstig, wenn die kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate
zusätzlich zu den erfindungsgemäßen Flammschutzmitteln noch einen oder mehrere Flammschutzmitbel-Synergisten
enthalten. Als Synergisten für die halogenierten Styrol-Oligomere kommen praktisch
alle bekannten in Frage; besonders bevorzugt sind Oxide von Metallen Vb-Gruppe des
Periodensystems, insbesondere Antimontrioxid. Besonders wirksam ist Antimontrioxid,
das auf geeigneten anorganischen Trägern, wie z.B. feinteiligem Kaolin, kalziniertem
Kaolin oder Talkum, niedergeschlagen wurde.
[0021] Sofern Antimontrioxid als Flammschutzmittel-Synergist zugegeben wird, liegt dessen
Menge im allgemeinen zwischen 2 und 10 Gewichtsprodzent, vorzugsweise zwischen 3 und
6 Gewichtsprozent, bezogen auf die Komponente (A + B).
[0022] Die zur Flammfestausrüstung der kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate
notwendige Menge an halogenierten Styrol-Oligomeren hängt von deren Halogen-Gehalt
ab. Die halogenierten Styrol-Oligomere werden in einer wirksamen Menge verwendet,
wobei festgestellt wurde, daß im allgemeinen 5 bis 30 Gewichtsprozent der halogenierten
Styrol-Oligomere, bezogen auf die Komponenten (A + B), zur Erzie- . lung.einer hinreichenden
Flammschutzwirkung erforderlich ist. Vorzugsweise werden die halogenierten Styrol-Oligomere
in Mengen von 10 bis 25 Gewichtsprozent, bezogen auf die Komponenten (A + B), verwendet.
Bemerkenswert ist dabei, daß die bevorzugt eingesetzten bromierten Styrol-Oligomere
mit einem mittleren Polymerisationsgrad von 7 bis 50, vorzugsweise von 7 bis 30, und
Bromgehalten von 50 bis 80 Gewichtsprozent, vorzugsweise von 55 bis 70 Gewichtsprozent,
in verhältnismäßig .großen Zusatzmengen eingesetzt werden können, ohne daß das Ausschwitzverhalten,
die Korrosionsfestigkeit oder die Schlagzähigkeit der Formmassen beeinträchtigt werden.
Werden bromierte Styrol-Oligomere eingesetzt, soll der Bromgehalt der erfindungsgemäßen
Formmassen zwischen etwa 2 und etwa 25 Gewichtsprozent, bevorzugt zwischen etwa 4
und etwa 20 Gewichtsprozent, bezogen auf die Komponenten (A + B), liegen.
[0023] Die kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate (Komponenten A und B)
können neben dem Flammschutzmittel sowie dem Flammschutzmittel-Synergist noch weitere
Zusatzstoffe in üblichen Mengen enthalten, wie z.B. übliche Verarbeitungshilfsmittel,
Antistatika, Antioxidantien, Stabilisatoren gegen Vergilbung ur thermische Schädigung,
Farbpigmente und/oder Füllstoffe, wie Glasfasern oder Glaskugeln.
[0024] Die halogenierten Styrol-Oligomere sowie gegebenenfalls der Synergist und die weiteren
Zusatzstoffe können in die kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate
nach irgendeinem geeigneten und bekannten Mischverfahren eingebracht werden. Die Einarbeitung
der Stoffe in die kautschukmodifizierten Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate kann beispielsweise
auf der Walze, im Extruder oder in einem Kneter wie üblich vorzugsweise durch Zugabe
zu der Polymerisat--Schmelze erfolgen. Die erfindungsgemäßen Formmassen können beispielsweise
durch Spritzgießen, Strangpressen oder Versintern in Formen zu selbstverlöschenden
Formkörpern oder Profilen verarbeitet werden. Sie besitzen nicht nur ein sehr gutes
Flammwidrigkeits-Verhalten, sondern gleichzeitig eine hohe Migrationsbeständigkeit:
des Flammschutzmittels. Die Formmassen lassen sich dabei ohne nachteilige Nebenerscheinung,
wie Korrosion und Belagsbildung, auf konventionelle Maschinen verarbeiten und liefern
Fertigteile mit einem hohen mechanischen Eigenschafts-Niveau.
[0025] Die Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele erläutert. Die in den Beispielen
genannten Teile und Prozente beziehen sich, sofern nicht anders angegeben, auf das
Gewicht.
Beispiel
[0026] Zur Herstellung der flammwidrigen Formmassen wurde ein.ABS--Polymerisat aus
A) 30 Teilen eines durch Emulsionspolymerisation hergestellten Pfropfproduktes aus
40 % Styrol und Acrylnitril (70 : 30 and 60 % Polybutadien und
B) 70 Teilen eines Styrol-Acrylnitril-Copolymerisats verwendet. Als Flammschutzmittel
wurden bromierte Oligomere des Styrols der allgemeinen Formel (I) mit Bromgehalten
von 60 bis 70 % und wechselnden Polymerisationsgraden eingesetzt. Als Flammschutzmittel-Synergist
dient Antimontrioxid. Das ABS-Polymerisat wurde mit den bromierten Oligomeren des
Styrols und dem Antimontrioxid vermischt und die Mischung in einem Extruder bei 180°
bis 250°C geschmolzen, ausgepreßt und granuliert. Das erhaltene Granulat wurde anschließend
mittels einer Spritzgußmaschine bei Temperaturen von 200 bis 280°C in die für die
verschiedenen Tests erforderlichen Probekörper übergeführt.
[0027] Das Brandverhalten der Probekörper wurde nach ASTM-D-2863-70 überprüft. Als Maß hierfür
ist in der folgenden Tabelle der Sauerstoff-Index (n
2) angegeben. Die Messung des SchmelzIndex MI
21,6 erfolgte nach DIN 53 735. Die vergleichende Beurteilung der Migration des Flammschutzmittels
aus den Fertigteilen wurde einmal in einer Tropenkammer bei 40 bis 60°C, 90 bis 100
% relativer Luftfeuchtigkeit und einer Versuchsdauer von 24 bis 200 Stunden, und zum
anderen in einem Trockenschrank bei 60°C und gleicher Laufzeit vorgenommen. Beurteilt
wurde dabei die Belagsbildung der Fertigteile nach Beendigung des Tests.
[0028] Zu Vergleichszwecken wurde das ABS-Polymerisat in gleicher Weise mit Nonabromdiphenyl
als Flammschutzmittel ausgerüstet und getestet.
[0029] Die Ergebnisse der einzelnen Versuche sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Die Versuche Nr. 1 bis 6 sind erfindungsgemäß, Versuch Nr. 7 dient dem Vergleichszweck.

1. Thermoplastische Formmassen aus.
(A) 6 bis 100 Gewichtsprozent, bezogen auf (A + B), eines Pfropfproduktes, hergestellt
durch Pfropfpolymerisation von
1. 10 bis 95 Gewichtsprozent, bezogen auf (A), eines Gemisches aus Styrol und Acrylnitril
oder deren Alkylderivaten im Gewichtsverhältnis 90 : 10 bis 60 : 40 in Gegenwart von
2. 90 bis 5 Gewichtsprozent, bezogen auf (A), eines kautschukartigen Polymerisats
mit einer Glasübergangstemperatur unter 0°C,
(B) 0 bis 94 Gewichtsprozent, bezogen auf (A + B) eines Copolymerisats aus Styrol
und Acrylnitril oder deren Alkylderivaten im Gewichtsverhältnis 90 : 10 bis 60 : 40,
wobei der Gehalt des kautschukartigen Polymerisats (A 2) in den Formmassen, bezogen
auf die Summe von (A + B), 5 bis 40 Gewichtsprozent betragen s'oll,
(C) einer wirksamen Menge einer organischen Halogenverbindung als Flammschutzmittel
sowie
(D) gegebenenfalls weiteren Zusatzstoffen,
dadurch gekennzeichnet, daß diese als Flammschutzmittel halogenierte Styrol-Oligomere
enthalten.
2. Thermoplastische Formmassen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß diese
als Flammschutzmittel kernhalogenierte, thermostabile Styrol-Oligomere enthalten.
3. Thermoplastische Formmassen nach Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß
es sich bei den halogenierten Styrol-Oligomeren um bromierte Styrol-Oligomere handelt.
4. Thermoplastische Formmassen nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die bromierten
Styrol-Oligomeren einem Bromgehalt von 40 bis 80 Gewichtsprozent be-. sitzen.
5. Thermoplastische Formmassen nach Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
die halogenierten Styrol--Oligomere eien mittleren Polymerisationsgrad von 3 bis 200
aufweisen.
Thermoplastische Formmassen nach Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die
halogenierten Styrol--Oligomeren in der Formmasse in einer Menge von 5 bis 30 Gewichtsprozent,
bezogen auf die Summe von (A + B), enthalten sind.
7. Thermoplastische Formmassen nach Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß
sie zusätzlich zu den halogenierten Styrol-Oligomeren einen Flammschutzmittel--Synergist
enthalten.
8. Thermoplastische Formmassen nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß diese
als Flammschutzmittel-Synergist Antimontrioxyd enthalten.