(19)
(11) EP 0 000 203 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.01.1979  Patentblatt  1979/01

(21) Anmeldenummer: 78100280.3

(22) Anmeldetag:  29.06.1978
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)2A01N 43/42, C07D 215/56
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB NL

(30) Priorität: 01.07.1977 CH 8130/77
08.06.1978 CH 6285/78

(71) Anmelder: CIBA-GEIGY AG
4002 Basel (CH)

(72) Erfinder:
  • Sturm, Elmar, Dr.
    CH-4147 Aesch (CH)

(74) Vertreter: Zumstein sen., Fritz et al


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(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) 1-Äthyl-7-chlor-6-fluor-4-chinolon-3-carbonsäure, deren Herstellung und Verwendung als Pflanzenbakterizid


    (57) Pflanzen bakterizide Mittel, die als Wirkstoff eine Verbindung der Formel oder eines ihrer Salze enthalten

    worin X Wasserstoff, Fluor oder Chlor und R einen niederen Alkylrest bedeuten, eignen sich zur Bekämpfung von Erwinia spp., vor allem E. amylovora (Feuerbrand an Obstbäumen) und E. carotovora (Nassfäule an Kartoffeln und Gemüse).


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft bakterizide Mittel und ein Verfahren zur Bekämpfung von Erwinia-Arten durch Applikation einer Verbindung der Formel I oder ihrer Salze

    worin X für Wasserstoff, Fluor oder Chlor und R für einen niederen Alkylrest steht.

    [0002] Als niederer Alkylrest sind im Rahmen dieser Erfindung Methyl, Aethyl, Propyl, Isopropyl, Butyl, Isobutyl und sek. Butyl zu verstehen.

    [0003] Als Salze sind solche starker organischer Basen wie Methylamin. Triäthylamin, vor allem aber solche anorganischer Alkali- und Erdalkali-Metalle sowie Ammoniak zu verstehen.

    [0004] Unter den Erwinia-Arten befinden sich einige, die bedeutende, wirtschaftlich sehr nachteilige Bakteriosen hervorrufen. Es sind dies einmal die Erreger der Nassfäule an Pflanzen, z.B. E. carotovora, E. atroseptica, E. chrysanthemi, zum anderen der Erreger des Feuerbrands, E. amylovora. In der ersten, nach ihrem Haupterreger .E. carotovora benannten Gruppe fasst man alle Arten der gefürchteten Nassfäulen zusammen, die nach der Ernte bei vielen Gemüse-Arten, bei Rüben und bei Kartoffeln unter ungünstigen Lagerbedingungen (hohe Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffmangel infolge schlechter Belüftung) verheerende Schäden ausrichten können. Doch auch im Feld vermögen Erreger der E. carotovora-Gruppe das Saatgut, z.B. Kartoffelknollen, noch vor der Keimung zu zerstören ("Seed Piece decay"). Kartoffelstauden können die Symptome der Schwarzbeinigkeit ("Black leg") zeigen, Rüben, Kohl und Konnyaku können ähnlich geschädigt werden.

    [0005] Zur Bekämpfung dieser Bakterien werden z.T. Tauchbehandlungen mit Na-Hypochlorit (Na0C1) oder Spritzapplikationen mit Streptomycin mit ganz ungenügendem Erfolg durchgeführt.

    [0006] Demgegenüber erweist sich die kleine Gruppe von halogenierten Chinoloncarbonsäuren der Formel I als ausserordentlich wirksam.

    [0007] Bevorzugt sind unter diesen vor allem solche der Formel I und ihre Salze, bei denen X für Wasserstoff oder Chlor und R für einen niederen Alkylrest, bevorzugt Aethyl, Propyl und Isopropyl steht.

    [0008] Der Feuerbrand, verursacht durch das Bakterium Erwinia amylovora, ist eine der gefürchtetsten und wirtschaftlich bedeutendsten Krankheiten des Kernobstes. Diese Bakteriose wurde erstmals an der Ostküste der USA beobachtet, durchschritt dann in einem einmaligen Seuchenzug den nordamerikanischen Kontinent und löste anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts in Kalifornien, Oregon und Washington eine verheerende Epidemie in den dortigen Apfel- und Birnen-Pflanzungen aus. Als Folge des Feuerbrandes ist heute der kommerzielle Birnenanbau in den USA hauptsächlich-auf die ariden Gebiete von Kalifornien beschränkt. Im Jahr 1957 wurde der Feuerbrand in England festgestellt und etwa 10 Jahre später wurden auch'auf dem europäischen Kontinent einzelne Herde dieser Krankheit beobachtet. Trotz gewaltiger Rodungsaktionen, mit denen man versuchte, diese Befallsherde auszulöschen, konnte sich der Feuerbrand ausbreiten und in Nord-Europa fest etablieren (Dänemark, Schleswig-Holstein, Holland, Regionen von Frankreich und Belgien). Vorläufig sind in den betroffenen europäischen Gebieten vor allem Büsche aus der Familie der Rosaceen (Crataegus, Cotoneaster etc.) befallen, doch am weiteren Vordringen der Krankheit auch in die grossen Obstbau-Regionen ist nicht zu zweifeln.

    [0009] Das stetige Vordringen dieser Krankheit beweist die Unzulänglichkeit der bisherigen Massnahmen (Streptomycin-Einsätze, Kupferpräparate u.a.)

    [0010] Es wurde nun überraschend gefunden, dass die kleine Gruppe von Chinoloncarbonsäuren der Formel I insbesondere diese Krankheit protektiv verhüten kann.

    [0011] Chino.loncarbonsäuren sind in allgemeiner Form als Therapeutika in der GB-PS. 830,832

    Eine pflanzenbakterizide Wirkung wird,nicht erwähnt. Der überwiegende Teil der dort genannten Verbindungen ist gegen E.amylovora völlig wirkungslos,

    [0012] Die Herstellung der Verbindungen der Formel I erfolgt durch Reaktion eines Anilinderivats der Formel II mit einem Alkoxymethylenmalonsäureester unter Alkanol-Abspaltung bei 20°- 160° C und Ringschluss des erhaltenen Anilinomethylenmalonsäureesters der Formel III bei erhöhter Temperatur von 200°bis 280° C und Abspaltung des alkoholischen Teils einer der Estergruppen zum 4-Hydroxychinolin-3-carbonsäureester der Formel IV und nachfolgende Einführung eines Substituenten R durch übliche Alkylierung mit z.B. einem Alkylhalogenid (wie Alkylbromid oder Alkyljodid). Der erhaltene Chinoloncarbonsäureester der Formel V kann mit Basen zu Verbindungen der Formel I verseift werden und liegt dabei in der Salzform vor, aus der er, falls gewünscht, durch Ansäuern in die freie Carbonsäure überführt werden kann:

    (alk und alk' sind beliebige abspaltbare Alkylreste)

    [0013] Die Chinoloncarbonsäuren der Formel I sind stabile, in den meisten organischen Lösungsmitteln bei Normaltemperatur unlösliche Verbindungen, teillöslich in Wasser, jedoch bei Zusatz von Alkalien oder starken Aminen leicht löslich. Durch Ansäuern mit z.B. Mineralsäuren lassen sie sich ausfällen bzw. als kolloidale Lösung stabilisieren.

    [0014] Eine der in ihrer Wirkung besonders hervorzuhebende Verbindung ist die im folgenden Beispiel beschriebene Verbindung Nr. 2, andere sind die nachfolgenden Verbindungen Nr. 1 und 14.

    [0015] Die Erfindung bezieht sich auch auf die neuen Verbindungen der Formel I, worin X für Fluor oder Chlor steht und R einen niederen Alkylrest bedeutet, oder worin X für Wasserstoff steht und R Methyl, Propyl, Isopropyl, Butyl, Isobutyl und sek. Butyl bedeutet.

    [0016] Herstellung von 1-Aethyl-7-chlor-6-fluor-4-chinolon-3-carbonsäure

    1. Stufe: 21,8 g 3-Chlor-4-fluoranilin werden mit 32,4 g Aethoxymethylenmalonsäurediäthylester gemischt und 30 Min. auf 150° erhitzt, wobei Alkohol abdestilliert. Die Schmelze erstarrt nach dem Erkalten zu einer Kristallmasse. Man erhält so 47 g rohen 3-Chlor-4-fluoranilino- methylenmalonsäurediäthylester vom Smp. 67-70° C.

    2. Stufe: 35,5 g der voranstehenden Verbindung werden in 300 ml DOWTHERM A 1 Std.. lang auf 240-250° erhitzt, wobei Alkohol abdestilliert. Nach dem Erkalten verrührt man das Gemisch mit dem doppelten Volumen Petroläther, saugt den Kristallbrei ab und erhält 20 g 7-Chlor-6-fluor-4-hydroxychinolin-3-carbonsäureäthylester vom Smp. 283-290° C.

    3. Stufe: 20 g der vorstehend beschriebenen Verbindung werden in 200 ml Dimethylformamid aufgeschlämmt und 3,9 g einer 50 %igen Natriumhydrid-Dispersion zugefügt. Nach Abklingen der Wasserstoff-Entwicklung erwärmt man 1 Std. auf 80° und fügt 17 g 'A'thyljodid zu. Man rührt bei 80-90° Innen-Temperatur unter Rückfluss 5 Std. lang, bis eine klare Lösung entstanden ist. Das Dimethylformamid wird weitgehend im Vakuum entfernt, 200 ml Wasser und 10 g Natriumhydroxid zugesetzt und die Mischung 2 Std. unter Rückfluss gerührt. Die alkalische Lösung wird mit etwas Tierkohle versetzt, filtriert und mit konz.-Chlorwasserstoffsäure sauer gestellt. Der ausgefallene Niederschlag wird abgesaugt und noch feucht aus Dimethylformamid umkristallisiert. Man erhält 15 g der Titelverbindung als farblose Kristalle, Smp. 279-281°C.



    [0017] Auf diese oder gleiche Art werden folgende Verbindungen hergestellt:



































    [0018] Die Verbindungen der Formel I können für sich allein oder zusammen mit geeigneten Trägern und/oder anderen Zuschlagstoffen verwendet werden. Geeignete Träger und Zuschlagstoffe können fest oder flüssig sein und entsprechen den in der Formulierungstechnik üblichen Stoffen wie z.B. natürlichen oder regenerierten mineralischen Stoffen, Lösungs-, Dispergier-, Netz-, Haft-, Verdickungs-, Binde-oder Düngemitteln.

    [0019] Der Gehalt an Wirkstoff in handelsfähigen Mitteln liegt zwischen 0,1 bis 90 %.

    [0020] Zur Applikation können die Verbindungen der Formel I in den folgenden Aufarbeitungsformen vorliegen (wobei die Gewichts-Prozentangaben in Klammern vorteilhafte Mengen an Wirkstoff darstellen):

    Feste Aufarbeitungsformen: Stäubemittel und Streumittel (bis zu 10 %) Granulate, Umhüllungsgranulate, Imprägnierungsgranulate und Homogengranulate, Pellets (Körner) 1 bis 80 %) ;



    [0021] Flüssige Aufarbeitungsformen:

    a) in Wasser dispergierbare Wirkstoffkonzentrate: Spritzpulver (wettable powders) und Pasten (25-90 % in der Handelspackung, 0,01 bis 15 % in gebrauchsfertiger Lösung) ; Emulsions- und Lösungskonzentrate (10 bis 50 %; 0,01 bis 15 % in gebrauchsfertiger Lösung);

    b) Lösungen (0,1 bis 20 %); Aerosole



    [0022] Die Wirkstoffe der Formel I vorliegender Erfindung können beispielsweise wie folgt formuliert werden:

    [0023] Spritzpulver: Zur Herstellung eines a) 40 %igen und b) 10 %igen Spritzpulvers werden folgende Bestandteile verwendet:



    [0024] Die Wirkstoffe werden in geeigneten Mischern mit den Zuschlagstoffen innig vermischt und auf entsprechenden Hühlen und Walzen vermahlen. Man erhält Spritzpulver von vorzüglicher Benetzbarkeit und Schwebefähigkeit, die sich. mit Wasser zu Suspensionen der gewünschten Konzentration verdünnen und insbesondere zur Blattapplikation verwenden lassen.

    [0025] Emulgierbare Konzentrate: Zur Herstellung eines 25 %igen emulgierbaren Konzentrates werden folgende Stoffe verwendet:

    Aus solchen Konzentraten können durch Verdünnen mit Wasser Emulsionen der gewünschten Konzentration hergestellt werden, die besonders zur Blattapplikaton geeignet sind.

    Biologisches Beispiel 1



    [0026] Die Prüfsubstanzen, formuliert als Spritzpulver, werden in Wasser suspendiert und in verschiedenen Konzentrationen (1000 bis 100 ppm AS) auf einjährige Birnensämlinge der Sorte Bartlett bis zur Tropfnässe gesprüht. 24 Std. später erfolgt die Infektion der Bäumchen, in dem diese mit einer wässrigen Suspension eines virulenten Stammes von Erwinia amylovora besprüht werden. Unmittelbar nach der Infektion werden die Pflanzen während 24 Std. in einem Klimaraum bei 25° C und 100 % rel. Luftfeuchtigkeit aufgestellt. Anschliessend erfolgt die weitere Inkubation in einem konventionellen Gewächshaus. Sieben Tage nach der Infektion wird der Versuch ausgewertet, indem der Prozentsatz befallener Pflanzen pro Behandlung bestimmt wird. Für jede Behandlung werden 20 Bäumchen verwendet. Als Standard dient Streptomycin und als Kontrollen werden nur mit Wasser behandelte, infizierte Bäumchen herangezogen.

    [0027] Im Gegensatz zu den unbehandelten Bäumchen und den mit Streptomycin behandelten wurde der Befall bei den mit den Verbindungen Nr. 1, 3 und,17 behandelten Bäumen fast vollständig verhindert. Bäume, die mit Suspensionen der Verbindung Nr. 2 oder der Verbindung Nr. 14 behandelt worden waren, zeigten gar keinen Befall durch E. amylovora.

    Biologisches Beispiel 2



    [0028] Kartoffelknollen werden halbiert. Die Hälften werden während 5 min. in eine wässrige Suspension mit 40 ppm bzw. 10 ppm Wirkstoff getaucht und auf Glasschalen oberflächlich betrocknen gelassen. Nach 2 Std. werden sie mit einer Bakteriensuspension von Erwinia carotovora besprüht. Ungetauchte Knollenhälften werden gleichfalls infiziert und dienen als Kontrolle. Anschliessend erfolgt eine Inkubation aller infizierten Knollen bei ca. 26° C und 90 - 100 % relativer Luftfeuchtigkeit. Vier Tage nach der Infektion sind die unbehandelten Knollen breiartig zersetzt, die Wirkung an behandelten Knollen kann daher visuell bonitiert werden.

    [0029] Die Verbindungen der Formel I zeigten durchweg bei 40 ppm voile protektive Wirkung. Neben anderen zeigte insbesondere die Verbindung Nr. 2 diese Wirkung auch noch bei einer Konzentration von 10 ppm.


    Ansprüche

    1. Chinoloncarbonsäuren und ihre Salze mit organischen oder anorganischen Basen der Formel

    worin X für Fluor oder Chlor steht und R einen niederen Alkylrest bedeutet, oder worin X für Wasserstoff steht und R Methyl, Propyl, Isopropyl, Butyl, Isobutyl und sek. Butyl bedeutet.
     
    2. 1-Aethyl-6-fluor-7-chlor-4-chinolon-3-carbonsäure und ihre Salze gemäss Anspruch 1.
     
    3. l-Aethyl-6,7-difluor-4-chinolon-3-carbonsäure und ihre Salze gemäss Anspruch 1.
     
    4. Pflanzenbakterizides Mittel enthaltend als mindestens eine aktive Komponente eine Verbindung der Formel I oder ihre Salze mit organischen oder anorganischen Basen

    worin X für Wasserstoff, Fluor oder Chlor und R für einen niederen Alkylrest steht.
     
    Mittel gemäss Anspruch 4 enthaltend 1-Aethyl-6-fluor-3-chlor-4-chinolon-3-carbonsäure oder eines ihrer Salze.
     
    6. Mittel gemäss Anspruch 4 enthaltend 1-Aethyl-6, 7-difluor-4-chinolon-3-carbonsäure oder eines ihrer Salze.
     
    7. Verfahren zur Bekämpfung oder zur Verhütung von Erwinia-spp. -Bakteriosen durch Applikation einer Verbindung der Formal I oder eines ihrer Salze mit organischen oder anorganischen Basen

    worin X fü Wasserstoff, Fluor oder Chlor und R für einen niederen Alkylrest steht.

    8. Verfahren gemäss Anspruch 7, wobei 1-Aethyl-1-6-fluor- 7-chinoli-3-carbonsäure oder ihr Salz verwendet wird.

    9. Verfahren gemäss Anspruch 7, wobei 1-Aethyl-6-fluor- 7-chlor-4-chirolon-3-carbonäusare oder ihr Salz verwendet ird.

    10. Verfahren gemäss Anspruch 7, wobei 1-Aehtyl-6, 7-difluor-

    -3 -carbons äure oder ihr Salz verwendet wird.


     





    Recherchenbericht