[0001] Der Betrieb technischer Brauchwassersysteme ist im allgemeinen ohne die Verwendung
von Korrosionsschutzmitteln und Härtestabilisatoren nicht möglich. Die klassischen
Mittel für diesen Anwendungszweck sind phosphorhaltige Substanzen, wie z.B. Polyphosphate
oder-Phosphonsäuren.
[0002] Die zunehmende Bedeutung ökologischer Probleme in der allgemeinen Technik läßt die
Forderung nach phosphatfreien Korrosions- und Steinschutzmitteln von zunehmender Bedeutung
werden. Unter diesem Gesichtspunkt sind in jüngster Zeit eine Reihe von phosphatfreien
organischen Polymeren zur Verwendung als Härtestabilisatoren in Brauchwassersystemen
beschrieben worden, wie z.B.: Mischpolymerisate von Maleinsäure oder auch deren Homopolymerisate
sowie Homo- und Mischpolymerisate von (Meth)-acrylsäure und Oxyacrylsäure. Alle diese
Verbindungen werden in unterstöchiometrischen.Mengen eingesetzt, wobei die Effektivität
der genannten Substanzen weitaus geringer ist als die der klassischen phosphorhaltigen
Verbindungen.
[0003] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, wirksamere Mittel der genannten
Art zu finden, die keine phosphorhaltigen.Verbindungen sind und somit von erheblichem
technischem Interesse sind.
[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch Verwendung von Telomerisaten aus Mercaptangruppen
aufweisenden Telogenen und Acrylverbindungen als Steinschutz- und/oder Korrosionsschutzmittel
in technischen Brauchwassersystemen gelöst.. Günstig hat sich die Verwendung von solchen
Telomerisaten.erwiesen, die ein durchschnittliches Molekulargewicht zwischen 300 und
3000, insbesondere 700 bis 2000, aufweisen. Zweckmäßig werden sie in Mengen von 0,1
bis 100, insbesondere 1 bis 30 ppm, bezogen auf das Brauchwasser eingesetzt.
[0005] Die erfindungsgemäß zu verwendenden Telomerisate können demnach der allgemeinen Formel

oder

entsprechen und R einen gegebenenfalls eine oder mehrere Carboxylgruppen und/oder
Hydroxylgruppen enthaltenden aliphatischen Rest mit 2 bis 22 Kohlenstoffatomen darstellen
und X = H oder Methyl und M ein Alkalimetallion und n und m ganze Zahlen sind in einer
Größenordnung, so daß die vorstehenden Randbedingungen gemäß des Molekulargewichts
erfüllt werden, und wobei die Nitrilgruppe auch teilweise zur Amidgruppe verseift
sein kann. Als Alkalimetallion kommen natürlich in erster Linie Natrium und Kalium
in Betracht. Natürlich können diese auch ganz oder teilweise durch gegebenenfalls
substituiertes Ammoniumion ersetzt sein.
[0006] Die Herstellung der erfindungsgemäß einzusetzenden Telomerisate kann nach bekannten
Verfahren-erfolgen (z. B. vergl. US-PS 3 498 942). Danach wird die Umsetzung von Alkylmercaptan,
Acrylnitril und Acrylsäure in wasserfreiem Medium, wie z.B. in niedermolekularen aliphatischen
Alkoholen, wie Methanol, Äthanol oder Propanol durchgeführt. Die Reaktionstemperatur
kann innerhalb weiter Grenzen etwa zwischen 20 bis etwa 100° C variiert werden, liegt
im allgemeinen aber zwischen 20 bis 70° C. Die Umsetzung erfolgt in Gegenwart eines
üblichen Radikalinitiators, wie z.B. Ammonium, Alkali und/oder Erdalkallpersulfat,
Laurylperoxid, Cyclohexylperoxid oder t-Butylperoxid. Zur Aufarbeitung des Reaktionsproduktes
wird das Lösungsmittel im Vakuum abdestilliert, nachdem gegebenenfalls zuvor mit einer
wäßrigen Base, wie z.B. Natrium-oder Kaliumhydroxid die vorhandene Säure bzw. die
Carboxylgruppen neutralisiert bzw. teilweise neutralisiert wurden. Das so gewonnene
Telomerisat ist meist ohne weitere Reinigung für die Verwendung als Stein- und Korrosionsinhibitor
geeignet.
[0007] Als Ausgangsmaterialien für die Herstellung der erfindungsgemäß einzusetzenden Cotelomeren
können demnach Alkylmercaptane mit vorzugsweise einer geradkettigen primären, verzweigtkettigen
primären, sekundären oder tertiären Alkylgruppe mit 8 bis 18 Kohlenstoffatomen, wie
z.B. n-Octylmercaptan, n-Decylmercaptan, t-Dodecylmercaptan, Hexadecylmercaptan, Octadecylmercaptan
dienen. Als ungesättigte Monomere kommen insbesondere Acrylsäure und Methacrylsäure
sowie die entsprechenden Amide und auch Acrylnitril und Methacrylnitril infräge.
[0008] Unter den erfindungsgemäßen Acrylamid-Telomerisaten sind Verbindungen der allgemeinen
Formel

zu verstehen, in der R einen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest mit 8 .bis 18 Kohlenstoffatomen,
X Wasserstoff oder eine Methylgruppe und m Zahlen von ungefähr 6 bis 20 darstellen.
[0009] Die Telomerisation der nichtionischen, d.h. Amid- und gegebenenfalls Nitrilgruppen
enthaltenden Polymeren erfolgt wie bereits vorher erläutert. In diesem Fall erfolgt
die Aufarbeitung des Reaktionsansatzes zweckmäßig durch Ausfällen mit Lösungsmitteln,
wie etwa niederen Kohlenwasserstoffen oder insbesondere Diäthyläther. Auf diese Weise
kann auch durch sogn. Umfällen eine Reinigung durchgeführt werden. Im allgemeinen
ist dies jedoch nicht erforderlich.
[0010] Obgleich Verbindungen der erfindungsgemäß zu verwendenden Art als Komplexbildner
an sich in Betracht gezogen werden könnten, ist ihre Verwendung nicht naheliegend.
So ist dem Fachmann durchaus bekannt, daß die Komplexbildungsfähigkeit einer Verbindung
kein Maßstab ist für eine Eignung als Steinschutzmittel (Härtestabilisator) oder etwa
Korrosionsinhibitor in Brauchwassersystemen. Der hervorragende und überaus bekannte
Komplexbildner (EDTA = Natriumsalz der Äthylendiamintetraessigsäure) z.B. ist als
Steinschutzmittel (Härtestabilisator) in Brauchwassersystemen absolut ungeeignet.
Herstellung der erfindungsgemäß zu verwendenden Telomerisate
I) Cotelomerisate von Acrylsäure und Acrylnitril an Thioglykolsäure
[0011] 64,8 g Acrylsäure (0,9 Mol) und 31,8 g Acrylnitril (0,6 Mol) wurden mit 226 g des.
Wasser (35 %ige Monomer-Lösung) in einem 1-1-Dreihalskolben unter Rühren auf 60° C
erwärmt. 16,2 g Thioglykolsäure (0,15 Mol) wurden schnell zugegeben und 2,8 g Ammoniumperoxodisulfat,
gelöst in 8 ml Wasser innerhalb von 4 Minuten zugetropft. Das Reaktionsgemisch erwärmte
sich trotz Eiskühlung auf etwa 90° C. Nachdem die Reaktion abgeklungen war, wurde
noch 1 Stunde unter Rückfluß gekocht. Die Lösung wurde am Rotavapor eingeengt, mit
wäßrigem Äthanol in der Wärme gelöst und in Äther ausgefällt. Ca. 90 % des Telomeren
wurden in Wasser dispergiert, mit verdünnter Natronlauge bis pH 10 neutralisiert,
in Äthanol gefällt und im Vakuumtrockenschrank bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
II) Telomerisate aus Alkylmercaptanen und (Meth)acrylamid
[0012] 568 g Acrylamid (8 Mol) und 202 g n-Dodecylmercaptan (1 Mol) wurden mit 400 ml Methanol
in einem 4-Liter-Dreihalskolben vorgelegt und unter Rühren auf 50° C erwärmt. 3,8
g Ammoniumperoxiddisulfat (0,5 % bezogen auf Monomere) wurden in 500 ml Methanol gelöst
und die Lösung wurde im Verlauf von 7 Stunden dem Reaktionsgemisch zugetropft, wobei
die Temperatur durch Kühlung unter 50° C gehalten wurde. Nach beendeter Reaktion wurde
noch 1 Stunde unter Rückfluß gekocht. Um die zum Teil noch in Lösung befindlichen
Telomeren zu gewinnen, wurden 2,5 Liter Äther als Fällungsmittel zugegeben und der
gebildete Niederschlag abfiltriert. Der Niederschlag wurde mit Aceton gewaschen, filtriert
und im Vakuumtrockenschrank bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
[0013] Die Ausbeute an Telomeren betrug 609 g (entsprechend 79 % der Theorie). Der Schwefelgehalt
des Produktes betrug 4,15 % und die Verteilung der Monomerenanteile in Molen im Telomeren
war 1 Mol n-Dodecylmercaptan : 8,6 Mol Acrylamid (Produkt A).
[0014] In entsprechender Weise wurden die nachfolgenden Produkte hergestellt:
B) 1 Mol-n-Octylmercaptan : 8,2 Mol Acrylamid % S4,39
C) 1 Mol-t-Dodecylmercaptan:14,0 Mol Acrylamid % S2,67
Erfindungsgemäße Anwendung der Polyacryltelomerisate
Beispiel 1
[0015] Zur Prüfung als Steinschutzmittel bzw. Härtestabilisator wurde nach folgender Versuchsanordnung
gearbeitet:
[0016] Das Prüfwasser mit der darin enthaltenen erfindungsgemäßen Substanz wird mittels
einer Schlauchpumpe durch einen Wärmetauscher gefördert. Die sich an der Wand des
Wärmetauschers abscheidende Härte wird in verdünnter Salzsäure abgelöst und Ca0 in
dieser Lösung titrimetrisch bestimmt. Es wird die Relation zu einem Blindwert ohne
Dosierung angegeben:
[0017] Steinschutz in % = 100 - % Ablagerung, wobei sich die Prozentsatzablagerung berechnet
nach

[0018] Im übrigen wurden die folgenden Bedingungen eingehalten:
[0019] Das Testwasser hatte folgende deutsche Härtegrade:

[0020] In der nachfolgenden Tabelle 1 sind die gefundenen Werte für die Substanz A in Vergleich
mit dem sogenannten Nullwert wiedergegeben.

Beispiel 2
[0021] Die Bestimmung des Korrosionsverhaltens wird nach der Couponmethode durchgeführt.
Dazu wird nach einer bestimmten Versuchsdauer aufgrund des Korrosionsprozesses in
Lösung gegangenes Eisen bestimmt und in Relation zu einem Blindwert ohne Zusatz der
erfindungsgemäß einzusetzenden Produkte angegeben.,
[0022] In der später folgenden Tabelle 2 ist der Korrosionsschutz in % angegeben, der berechnet
wird
[0023] 
Der prozentuale Eisengehalt wird berechnet nach:

[0024] Im übrigen wurden folgende Bedingungen eingehalten:

[0025] In der nachfolgenden Tabelle 2 sind in Abhängigkeit von den Acryltelomerisaten nach
II die Korrosionsschutzwirkungen in % angegeben.

Beispiel 3
[0026] Ein technisches Kühlsystem mit einem Inhalt von 1,2 m
3 und einer Umwälzung von 8 m
3/Std. wird mit Düsseldorfer Stadtwasser betrieben. Die wesentlichen Analysendaten
waren: Gesamthärte 16° d.H, davon Carbonathärte 8,5° d.H bei einem pH-Wert von 7,4
und einem Chloridgehalt von 165 mg/l. Die Entwicklung ist ca. 2fach. Ohne jede Korrosionsschutzbildung
des Kreislaufwassers stellt sich im System eine elektrochemisch gemessene Korrosionsrate
von 0,18 mm/a ein. Aufgrund von Härteablagerungen verringert sich der Wärmeübergang
am Wärmetauscher von Δt = 8
0 C auf ein Δt von 4° C innerhalb von 4 Wochen.
[0027] Nach Zugabe des Produktes II A in Höhe von 30 ppm stellte sich eine Korrosionsrate
von 0,075 mm/a ein. Der Wärmeübergang zeigte während der Versuchsdauer von 4 Wochen
keinen Abfall.
1. Verwendung von Telomerisaten aus Mercaptangruppen aufweisenden Telogenen und Acrylverbindungen
als Steinschutz- und/oder Korrosionsschutzmittel in technischen Brauchwassersystemen.
2. Verwendung von Telomerisaten eines durchschnittlichen Molekulargewichts zwischen
300 bis 3000, insbesondere 700 bis 2000, gemäß Anspruch 1.
3. Verwendung von Telomerisaten gemäß Anspruch 1 und 2 in einer Menge von 0,1 bis
100, insbesondere 1 bis 30 ppm bezogen auf eingesetztes Brauchwasser.
4. Verwendung von Telomerisaten gemäß Anspruch 1 bis 3, wobei das Telomerisat der
allgemeinen Formel

oder

entspricht und R einen gegebenenfalls eine oder mehrere Carboxylgruppen und/oder Hydroxylgruppen
enthaltenden aliphatischen Rest mit 2 bi 22 Kohlenstoffatomen darstellt und X = H
oder Methyl und M ein Alkalimetallion und n und m ganze Zahlen sind in einer Größenordnung,
so daß die Randbedingungen gemäß Anspruch 2 erfüllt werden, und wobei die Nitrilgruppe
auch teilweise zur Amidgruppe verseift sein kann.