[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von praktisch reinem
1-Amino-8-nitro-4,5-dihy- droxy-anthrachinon durch partielle Reduktion von 1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon.
[0002] Aus der CH-PS 370 857 ist bekannt, daß sich Dinitro-dihydroxyanthrachinone im alkalisch
wäßrigen Medium mit Natriumhydrogensulfid oder mit reduzierendenZuckern, wie Glukose
reduzieren lassen. In den DE-OS 24 28 338 und 24 28 452 wird die partielle Reduktion
von Dinitro-dihydroxyanthrachinon mit Hydrazin in wäßrigem Medium bzw. in organischen
protischen Lösungsmitteln beschrieben.
[0003] Ein für die Herstellung von wertvollen, z.B. von in der DE-OS 20 29 793 beschriebenen
Blaufarbstoffen geeignetes 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxy-anthrachinon erhält man nach
den Verfahren des Standes der Technik nur, wenn reines, von ß-Nitroverbindungen freies
1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon als Ausgangsprodukt verwendet wird. Letzteres
kann nach dem Stand der Technik nur auf folgendem Wege erhalten werden: 4,5-Dichlor-
oder 4,5-Dinitro-anthrachinon wird mit Phenol zum 4,5-Diphenoxyanthrachinon umgesetzt.
Durch Nitrierung dieser Verbindung erhält man ein 4,5-Bis-(2',ä'- dinitro-phenoxy)-1,8-dinitro-anthrachinon,
das durch alkalische Spaltung in das Dinatriumsalz des 4,5-Dihydroxy-1,8-dinitro-anthrachinon
und schließlich durch Ansäuern in das 1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon - im folgenden
auch Dinitrochrysazin genannt - überführt wird (Endeavour 35, Seite 137 (September
1976)).
[0004] Der vorliegenden Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, ein technisch sicher zu handhabendes
Verfahren aufzufinden, nach dem ein für Farbstoffsynthesen geeignetes, d.h. ein .praktisch
reines 1-Amino-8-nitro-4,S-dihydroxy-anthrachinon aus dem durch direkte Nitrierung
von 4,5-Dihydroxyanthrachinon (= Chrysazin) erhältliches rohes Dinitrochrysazin hergestellt
werden kann.
[0005] Es wurde gefunden, daß man praktisch reines 1-Amino-8-ni- tro4,5-dihydroxyanthrachinon
durch partielle Reduktion von 1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon erhalten kann,
wenn man durch Nitrierung von 4,5-Dihydroxyanthrachinon erhaltenes rohes 1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon
in einem Phenol-Wasser-Gemisch, das 5 bis 50 Gewichtsprozent Wasser enthält, in Gegenwart
von Alkalimetallphenolat mit Reduktonen, Reduktonaten oder Gemischen davon partiell
reduziert.
[0006] Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhält man aus dem durch Nitrierung von 4,5-Dihydroxyanthrachinon
erhältlichen rohen 1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon ein praktisch chromatographisch
einheitliches 1-Amino-8-nitro-4,5-dihy- droxy-anthrachinon, das für die Herstellung
von Farbstoffen hervorragend geeignet ist. Überraschend war, daß bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren die bei der Nitrierung entstandenen Nebenprodukte und/oder die daraus entstehenden
Reduktionsprodukte selektiv und praktisch vollständig vom gewünschten 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxyanthrachinon
abgetrennt werden.
[0007] Der wirtschaftliche Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin, daß anstelle
des über eine aufwendige und über mehrere Stufen verlaufende Synthese erhältlichen
reinen Dinitrochrysazins, das durch direkte Nitrierung von Chrysazin erhältliche rohe
Dinitrochrysazin zur partiellen Reduktion verwendet werden kann.
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren wird im allgemeinen so durchgeführt, daß man das rohe
Dinitrochrysazin in Phenol und Wasser suspendiert. Das Alkalimetällphenolat wird dann
entweder als solches zugegeben oder vorteilhafterweise durch Zugabe von Alkalihydroxid
oder -karbonat im Reaktionsgemisch erzeugt. Das Reduktionsmittel wird anschließend
bei Temperaturen zwischen 20 und 100°C unter Rühren zugegeben und das Reaktionsgemisch
bei der gewünschten Temperatur gehalten, bis kein Dinitrochrysazin mehr vorhanden
ist. Nach dem Abkühlen wird das Reaktionsgemisch filtriert, der Filterkuchen mit Methanol
und/oder mit verdünnter Sodalösung phenolfrei gewaschen, gegebenenfalls mit Wasser
neutral gewaschen und getrocknet.
[0009] Als Reaktionsmedium dient ein Gemisch aus Phenol und Wasser. Der Wassergehalt liegt
zwischen 5 und 50 Gewichtsprozent, vorzugsweise zwischen 30 und 45 Gewichtsprozent,
bezogen auf das Gemisch. Vorteilhafterweise wird die Suspension des rohen Dinitrochrysazins
dadurch erhalten, daß man das rohe Dinitrochrysazin in Form des wäßrigen Preßkuchens
zum vorgelegten Phenol gibt. Gegebenenfalls wird Phenol nachgesetzt, damit der Wassergehalt
in der Phenol-/Wassermischung unterhalb von 50 Gewichtsprozent liegt oder Wasser als
azeotropes Gemisch mit Phenol oder anderen Schleppmitteln abdestilliert.
[0010] Die Menge an Reaktionsmedium liegt im allgemeinen zwischen dem 2- und 10-, vorzugsweise
zwischen dem 3- und 6-fachen, bezogen auf angewandtes rohes Dinitrochrysazin. Die
Menge an Reaktionsmedium ist einerseits vom Phenolgehalt, andererseits vom Gehalt
des rohen Dinitrochrysazins an Nebenprodukten abhängig. Bei höherem Phenolgehalt kann
die Menge an Reaktionsmedium geringer sein, während höhere Gehalte an Verunreinigungen
eine um 10 bis 25 % größere Menge an Reaktionsmedium bedingen.
[0011] In der Regel wendet man je Mol Dinitro-dihydroxyanthrachinon 0,2 bis ungefähr 1,5
Mol an Phenolat an, wobei die Menge vom Wassergehalt des Reaktionsmediums, von Reduktionsmittel
und von dessen angewendeter Menge abhängig ist.
[0012] Die beim erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten Reduktionsmittel gehören zur Gruppe
der Reduktone und/oder Reduktonate. Als solche kommen z.B. Hydroxyaceton, Dihydroxyaceton,
Glykolaldehyd, Dihydroxybutanon, Triose-Redukton (2,3-Dihydroxyacrylaldehyd), Ascorbinsäure,
Reduktinsäure (= Cyclopentendiol-on), α-Hydroxybutanon-(2) in Betracht. Triose-Redücton
und Reductinsäure entstehen beim sauren oder alkalischen Abbau von Sacchariden wie
Glukose, Stärke oder von Melasse.
[0013] Die zur partiellen Reduktion erforderliche Menge an Reduktionsmittel hängt vom Reduktionsmittel
selbst und von den Reduktionsbedingungen ab.
[0014] Die erforderliche Menge an Reduktionsmittel wird zweckmäßigerweise durch Versuche
unter den später anzuwendenden Reaktionsbedingungen ermittelt. Hierbei werden Proben
des Reaktionsproduktes chromatographischuntersucht und festgestellt, welche Menge
Reduktionsmittel erforderlich ist, bis alles Dinitrochrysazin verschwunden ist.
[0015] Aus wirtschaftlichen Gründen kommen als Reduktionsmittel Dihydroxyaceton, insbesondere
Hydroxyaceton und Glukose in Betracht. Hierbei kann technisches Hydroxyaceton verwendet
werden, das noch Propylenglykol enthält.
[0016] Die Reduktion erfolgt im allgemeinen bei Temperaturen zwischen Raumtemperatur (20°C)
und 100°C, vorzugsweise zwischen 80 und 100°C, insbesondere bei der Siedetemperatur
des Phenol-Wasser-Gemisches.
[0017] Je nach den Bedingungen ist die Reduktion in der Regel in 0,5 bis 3 Stunden beendet.
Die Reaktion ist beendet, wenn in einer Probe kein Dinitrochrysazin mehr festgestellt
werden kann; gegebenenfalls wird dem Reaktionsgemisch noch Reduktionsmittel und -
falls erforderlich - auch Alkalihydroxid zur Bildung von Phenolat nachgegeben.
[0018] Nach dem Verfahren erhält man aus rohem Dinitrochrysazin, das durch direkte Nitrierung
von Chrysazin erhalten wird, ein praktisch reines 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxyanthrachinon.
Das Verfahrensprodukt ist für alle Verwenduhgszwecke geeignet.
[0019] Die folgenden Ausführungsbeispiele sollen das erfindungsgemäße Verfahren weiter erläutern.
Die genannten Teile und Prozentangaben beziehen sich auf das Gewicht.
Beispiel 1
[0020] 498 Teile wäßriger Preßkuchen des rohen Dinitrochrysazins (Gehalt: 33, 1 %, ≙ 165
Teile trocken), 550 Teile Phenol und 32,5 Teile 50 %ige Natronlauge werden gemischt
und auf 90 bis 95
0C erhitzt. Unter Rühren werden innerhalb von 0,5 Stunden 100 Teile Hydroxyaceton roh
(78 %ig) zugetropft. Anschließend wird das Reaktionsgemisch 1,5 Stunden unter Rückfluß
gekocht. Nach dem Abkühlen wird das ausgefallene Reaktionsprodukt abgesaugt, das Filtergut
mit 1 000 Teilen 2 %iger Natriumcarbonatlösung und heißem Wasser nachgewaschen und
getrocknet. Man erhält 109 Teile dünnschichtchro - matographisch einheitliches 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxyanthrachinon.
[0021] Das als Ausgangsprodukt verwendete rohe Dinitrochrysazin wurde wie folgt hergestellt:
[0022] 4 000 Teile 23 %iges Oleum und 248 Teile Borsäure werden unter Rühren 1 Stunde auf
50°C erwärmt. Nach dem Abkühlen auf 30°C werden 360 Teile Chrysazin ber. 100 % (≙
400 Teile 90 %ig) so eingetragen, daß die Temperatur nicht über 50°C steigt. Anschließend
erwärmt man 2 Stunden.auf 50°C, kühlt auf 0°C ab und tropft unter Solekühlung bei
0 bis 5°C innerhalb von 3 Stunden 528 kg Mischsäure (48 % HN0
3) zu. Nach beendetem Zutropfen wird auf Eiswasser ausgetragen. Das ausgefallene Reaktionsprodukt
wird abgesaugt und mit Wasssr neutral gewaschen. Ausbeute: 528 Teile rohes Dinitrochrysazin
berechnet als trockenes Produkt in Form des wäßrigen Preßkuchens (Feststoffgehalt:
33,1 %).
Beispiel 2
[0023] 472 Teile wäßriger Preßkuchen eines rohen Dinitrochrysazins (Gehalt 35,2 %ig = 165
Teile trocken), 550 Teile Phenol und 40 Teile 50 %ige Natronlauge werden unter Rühren
auf 95 bis 100°C erwärmt. Bei dieser Temperatur gibt man innerhalb von 0,5 Stunden
111 Teile Hydroxyaceton (ca. 98 %ig) zu und erhitzt noch 1 Stunde unter Rückfluß.
Nach dem Abkühlen saugt man das ausgefallene Reaktionsprodukt ab, wäscht mit 500 Teilen
2 %iger Sodalösung und heißem Wasser. Nach dem Trocknen erhält man 111 Teile 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxy-anthrachinon,
das noch geringe Mengen an Nebenprodukten enthält.
Beispiel 3
[0024] 50 Teile wäßriger Preßkuchen eines rohen Dinitrochrysazins (Gehalt: 33,1 %ig - 16,5
Teile trocken), 60 Teile Phenol und 3,24 Teile 50 %ige Natronlauge werden auf 90 bis
100
0C erhitzt. Innerhalb von 0,5 Stunden werden unter Rühren 10 Teile Dihydroxyaceton
eingetragen. Zur Vervollstähdigung der Reaktion wird noch 1,5 Stunden unter Rückfluß
gekocht, dann abgekühlt und das ausgefallene Reaktionsprodukt abgesaugt. Man arbeitet
wie in Beispiel 1 angegeben auf. Nach dem Trocknen erhält man 9,8 Teile chromatographisch
einheitliches 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxyanthrachinon.
Beispiel 4
[0025] 50 Teile wäßriger Preßkuchen des nach Beispiel 1 b) hergestellten rohen Dinitrochrysazins
(Gehalt: 33,1 %ig = 16,5 Teile trocken), 60 Teile Phenol und 3,24 Teile 50 %ige Natronlauge
werden auf 90 bis 100°C erhitzt. Innerhalb von 0,5 Stunden werden 14,85 Teile Glukose
eingetragen. Nach 1-stündigem Rühren bei 100°C werden nochmals 3,24 Teile 50 %ige
Natronlauge zugefügt. Zur Vervollständigung der Reaktion erhitzt man noch 1 Stunde
auf Rückflußtemperatur und arbeitet wie in Beispiel 1 angegeben auf. Man erhält 8,3
Teile 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxy-anthrachinon, das chromatographisch praktisch
einheitlich ist.
Beispiel 5
[0026] 50 Teile wäßriger Preßkuchen des rohen Dinitrochrysazins (Gehalt 33,1 %ig ≙ 16,5
Teile trocken), 60 Teile Phenol und 5,5 Teile wasserfreies Kaliumcarbonat werden auf
90 bis 95
0C erhitzt. Unter Rühren werden innerhalb von 0,5 Stunden 10 Teile Hydroxyaceton zugetropft.
Das Reaktionsgemisch wird 3 Stunden auf Rückflußtemperatur erhitzt, anschließend abgekühlt
und das ausgefallene Reaktionsprodukt abgesangt. Nach dem Waschen mit 500 Teilen 2
%iger Sodalösung und heißem Wasser wird das Filtergut getrocknet. Man erhält 11,0
Teile 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxy-anthrachinon, das nur noch Spuren an Verunreinigungen
enthält.
Beispiel 6
[0027] Man verfährt wie in Beispiel 5 angegeben. Anstelle von 5,5 Teilen Kaliumcarbonat
werden jedoch 4,25 Teile wasserfreies Natriumcarbonat verwendet. Man erhält 10,3 Teile
1-Amino-8-nitro-4,5dihydroxy-anthrachinon, das chromatographisch praktisch einheitlich
ist.
1. Verfahren zur Herstellung von praktisch reinem 1-Amino-8-nitro-4,5-dihydroxyaceton
durch partielle Reduktion von 1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon in wäßrigem Medium
und Isolierung des Amino-nitro-dihydroxyanthrachinons, dadurch gekennzeichnet, daß
man rohes 1,8-Dinitro-4,5-dihydroxyanthrachinon, das durch Nietrierung von 4,5-Dihydroxyanthrachinon
erhalten wird, in einem Phenol-Wasser-Gemisch, das 5 bis 50 Gewichtsprozent Wasser
enthält,in Gegenwart von Alkalimetallphenolat mit Reduktonen, Reduktonaten oder Gemischen
davon partiell reduziert.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als Reduktionsmittel
Hydroxyaceton, Dihydroxyaceton oder Glucose verwendet.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Reduktion
bei Temperaturen zwischen 20°C und 100°C erfolgt.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Reduktion
bei Temperaturen zwischen 80°C und 100°C erfolgt.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1, 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß man die
partielle Reduktion in Gegenwart von 0,2 bis 1,5 Mol Alkalimetallphenolat je Mol Dinitrodihydroxyanthrachinon
durchführt.
6. Verfahren nach den Ansprüchen 1, 2, 3, 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß man
die partielle Reduktion in einem Phenol-Wasser-Gemisch durchführt, das 30 bis 45 Gew.%
Wasser, bezogen auf das Gemisch, enthält.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1, 2, 3, 4, 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß
man soviel Reduktionsmittel anwendet, bis im Reaktionsgemisch kein Dinitrodihydroxyanthrachinon
mehr vorhanden ist.