[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von α-Halogenalkylcarbamidsäurehalogeniden
durch Umsetzung von Vinylisocyanat oder N-tert.Alkyl-N-(1-alkenyl)carb- amidsäurehalogeniden
mit Halogenwasserstoff bei -78°C bis +80°C.
[0002] Es ist aus der Angewandten Chemie, Band 74 (1962), Seiten 848 bis 855 bekannt, daß
man Alkylcarbamidsäurechloride mit elementarem Chlor in die entsprechenden α-Chloralkylcarbamidsäurechloride
umsetzt. Die dabei anfallenden Produkte sind jedoch Gemische sowohl mit Bezug auf
den Halogenierungsgrad wie auf die Stellung der eintretenden Halogenatome. Das Verfahren
ist im Hinblick auf Ausbeute und Reinheit des Endstoffs sowie einfachen und wirtschaftlichen
Betrieb nicht befriedigend.
[0003] Es wurde nun gefunden, daß man α-Halogenalkylcarbamidsäurehalogenide vorteilhaft
erhält, wenn man Vinylisocyanat oder N-tert.Alkyl-N-(1-alkenyl)-carbamidsäurehalogenide
mit Halogenwasserstoff bei einer Temperatur von -78°C bis +80°C umsetzt.
[0004] Weiterhin wurden die neuen α-Halogenalkylcarbamidsäurehalogenide der Formel
worin R
4 ein Wasserstoffatom oder einen Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen bedeutet
und X ein Halogenatom bezeichnet, gefunden.
[0005] Weiterhin wurden die neuen α-Haloger.äthylcarbamidsäureha- logenide, insbesondere
das neue α-Chloräthylcarbamidsäurechlorid, gefunden.
[0006] Die Umsetzung kann im Falle der Verwendung von Vinylisocyanat und Chlorwasserstoff
durch die folgenden Formeln wiedergegeben werden:
[0007] Im Falle der N-tert.Alkyl-N-(l-alkenyl)-carbamidsäureha- logenide, z.B. der Chloride,
tritt entsprechend der Reaktionsgleichung quantitativ eine Fragmentierung in tert.
Alkylchlorid und -Chloräthylcarbamidchlorid ein.
[0008] 'Im Hinblick auf das bekannte Verfahren liefert das Verfahren nach der Erfindung
auf einfacherem und wirtschaftlicherem Wege α-Halogenalkylcarbamidsäurehalogenide
in besserer Ausbeute und Reinheit. Die Aufarbeitung ist wesentlich einfacher, da kein
komponentenreiches Reaktionsgemisch erhalten wird.
[0009] Die Umsetzung von tert.Alkyl-N-(l-alkenyl)-carbamidsäure- halogeniden, insbesondere
den Chloriden, mit Halogenwasserstoff, insbesondere Chlorwasserstoff, gestattet es,
in besonders reiner Form und unter schonenden Reaktionsbedingungen das thermostabile
Halogenid, insbesondere X -Chloralkylcarbamidsäurechlorid, herzustellen, wohingegegen
bei der Einwirkung von elementarem Halogen auf Alkylcarbamidsäurechloride (Ang., loc.
cit.) Produktgemische hinsichtlich der Stellung des eintretenden Halogenatoms sowie
des Halogenierungsgrades erhalten werden. Das bei der Reaktion gleichzeitig anfallende
tert.Alkylhalogenid ist unter den üblichen Reaktionsbedindungen inert und muß daher
in der Regel bei den weiteren Umsetzungen des α-Chloralkylcaramidsäurechlorids nicht
entfernt werden.
[0010] Alle diese vorteilhaften Ergebnisse sind überraschend, denn angesichts der sehr reaktionsfreudigen
Ausgangsstoffe war mit der Bildung verschiedenartiger Reaktionsprodukte zu rechnen.
Auch war zu vermuten, daß α,β-ungesättigte Stickstoffverbindungen sehr leicht unter
der Einwirkung von Säuren polymerisieren oder hydrolysieren. So geht z.B. N-Vinylpyrrolidon
durch Einwirkung schon geringer Mengen an anorganischen Säuren in ein Gemisch von
Oligomeren über (Ullmanns Encyc lopädie der technischen Chemie, Band 14, Seite 261).
Bull. Soc. Chim. Belg., Band 65, Seiten 291 bis 296 (1956) zeigt, daß Vinylisocyanat
mit wäßriger 12-N-Salzsäure in Aceton zu Acetaldehyd hydrolysiert.
[0011] Vinylisocyanat kann z.B. durch Umsetzung von Acrylsäurechlorid mit Natriumazid (Bull.,
loc. cit.) oder durch thermische Zerlegung von N-tert.-Butyl-N-vinylcarbamidsäure-
chlorid hergestellt werden. Man verwendet den Halogenwasserstoff, vorteilhaft Bromwasserstoff
und insbesondere Chlorwasserstoff, in stöchiometrischer Menge oder im Überschuß, vorzugsweise
in einer Menge von 2 bis 2,2 Mol Halogenwasserstoff je Mol Vinylisocyanat oder N-tert.Alkyl-N-(1-alkenyl)-carbamidsäurehalogenid.
[0012] Als tertiäre Alkylreste, R
1, R
2 und R
3, die gleich oder verschieden sein können, kommen solche mit 4 bis 20, insbesondere
4 bis 12 Kohlenstoffatomen, in Betracht. Insbesondere sind der tert.Butyl- und tert.Amylrest
zu nennen. Demgemäß können die Reste R
1 bis R
3 in der angegebenen Formel Alkylreste mit 1 bis 6 Kohlenstoffatomen, insbesondere
Methyl und Äthyl bedeuten. R
4 bezeichnet vorteilhaft Wasserstoff oder einen Alkylrest mit 1 bis 20, insbesondere
1 bis 12, vorzugsweise 1 bis 6 Kohlenstoffatomen; bevorzugt sind Wasserstoff, Methyl
und Äthyl.
[0013] Die Umsetzung wird bei einer Temperatur von -78°C bis +80°C, vorteilhaft von +40°C
bis -78°C, vorzugsweise im Falle von Vinylisocyanat von +30°C bis -78°C, insbesondere
bei 0°C bis -40°C, vorzugsweise im Falle von N-tert.Alkyl-N-(l-Alkenyl)-carbamidsäurehalogeniden
von -10°C bis 20°C, drucklos oder unter Druck, vorzugsweise bei 0,7 bis 2 bar, kontinuierlich
oder diskontinuierlich durchgeführt. Man kann ohne Lösungsmittel umsetzen, zweckmäßig
verwendet man aber unter den Reaktionsbedingungen inerte Lösungsmittel. Wasser wird
im Falle von Vinylisocyanat nicht verwendet. Wegen der Reaktivität der entstehenden
α-Halogenalkylcarbamidsäurehalogenide arbeitet man bevorzugt wasserfrei; prinzipiell
kann man aber auch mit wäßriger Salzsäure arbeiten. Bevorzugt arbeitet man in Lösungsmitteln,
die bei der weiteren Umsetzung des Endstoffs, insbesondere des α-Chloräthylencarbamidsäurechlorids,
als Reaktionsmedium Verwendung finden. Als Lösungsmittel kommen z.B. in Frage: aromatische
Kohlenwasserstoffe, z.B. Toluol, Äthylbenzol, o-, m-, p-Xylol, Isopropylbenzol, Methylnaphthalin,
aromatische Äther; Halogenkohlenwasserstoffe, insbesondere Chlorkohlenwasserstoff,
z.B. Tetrachloräthylen, 1,1,2,2- oder 1,1,1,2-Tetrachloräthan, Amylchlorid, Cyclohexylchlorid,
1,2-Dichlorpropan, Methylenchlorid, Dichlorbutan, Isopropylbromid, n-Propylbromid,
Butylbromid, Chloroform, Äthyljodid, Propyljodid, Chlornaphthalin, Dichlornaphthalin,
Tetrachlorkohlenstoff, 1,1,1- oder 1,1,2-Trichloräthan, Trichloräthylen, Pentachloräthyn,
1,2-Dichloräthan, 1,1-Dichloräthan, n-Propylchlorid, 1,2-cis-Dichloräthylen, n-Butylchlorid,
2-, 3-und iso-Butylchlorid, Chlorbenzol, Fluorbenzol, Brombenzol, Jodbenzol, o-, p-
und m-Dichlorbenzol, o-, p-, m-Dibrombenzol, o-, m-, p-Chlortoluol, 1,2,4-Trichlorbenzol,
1,10-Dibromdekan, 1,4-Dibrombutan; Äther, z.B. Äthylenpropyläther, Methyl-tert.-butyläther,
n-Butyläthyläther, Di-n-butyläther, Diisobutyläther, Diisoamyläther, Diisopropyläther,
Anisol, Phenetol, Cyclohexylmethyläther, Diäthyläther, Athylenglykoldimethylather,
Tetrahydrofuran, Dioxan, Thianisol, ß,ß'-Dichlordiäthyläther; Ketone wie Methyläthylketon,
Aceton, Diisopropylketon, Diäthylketon, Methylisobutylketon, Mesityloxid, Acetophenon,
Cyclohexanon, Äthylisoamylketon, Diisobutylketon, Methylcyclohexanon, Dimethylcyclohexanon;
Ester wie Methylacetat, n-Propylacetat, Methylpropionat, Butylacetat, Äthylformiat,
Phthalsäuremethylester, Benzoesäuremethylester, Essigester, Phenylacetat und höher
siedende Ester; aliphatische oder cycloaliphatische Kohlenwasserstoff, z.B. Pentan,
Heptan, Pinan, Nonan, Benzinfraktionen innerhalb eines Siedepunktintervalls von 70
bis 190°C, Cyclohexan, Methylcyclohexan, Dekalin, Petroläther, Hexan, Ligroin, 2,2,4-Trimethylpentan,
2,2,3-Trimethylpentan, 2,3,3-Trimethylpentan, Octan; und entsprechende Gemische. Zweckmäßig
verwendet man das Lösungsmittel in einer Menge von 200 bis 10 000 Gewichtsprozent,
vorzugsweise von 300 bis 2 000 Gewichtsprozent, bezogen auf den Ausgangsstoff Vinylisocyanat.
[0014] Die Konzentration der Lösungen der N-tert.Alkyl-N-(1-alkenyl)-carbamidsäurechloride
ist in weiten Grenzen variabel. Bevorzugt wird ein Konzentrationsbereich zwischen
1 und 50 Gewichtsprozent angewandt.
[0015] Die Reaktion kann wie folgt durchgeführt werden: Ein Gemisch der Ausgangsstoffe und
zweckmäßig Lösungsmittel wird während 0,1 bis 4 Stunden bei der Reaktionstemperatur
ge-halten. Vinylisocyanat wird vorteilhaft im Lösungsmittel vorgelegt und bei der Reaktionstemperatur
mit dem Halogenwasserstoff begast. Zweckmäßig rührt man die Reaktionslösung 0,25 Stunden
bis ein Stunde nach. Das N-tert.Alkyl-N-(1-alkenyl)-carbamidsäurehalogenid wird zweckmäßig
in einem inerten Lösungsmittel vorgelegt und bei einer Temperatur von z.B. -10°C bis
0°C mit Halogenwasserstoff begast. Nach Beendigung der Umsetzung rührt man die Reaktionslösung
einige Zeit, z.B. 15 Minuten, nach und bläst überschüssigen Halogenwasserstoff mittels
N
2 aus. Dann wird der Endstoff aus dem Gemisch in üblicher Weise, z.B. durch Kristallisation
und Filtration, abgetrennt.
[0016] Die nach dem Verfahren der Erfindung hergestellten α-Halogenalkylcarbamidsäurehalogenide,
insbesondere das
d-Chlor- äthylcarbamidsäurechlorid, sind wertvolle Ausgangsstoffe für die Herstellung
von Lackrohstoffen, Textilbeschichtungsmitteln, Farbstoffen, Pharmaceutica und Pflanzenschutzmitteln.
[0017] Die in den Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile.
Beispiel 1
[0018] 69 Teile Vinyilsocyanat werden in 250 Teilen Tetrachlorkohlenstoff vorgelegt. In
diese Lösung werden bei -35
0C innerhalb einer Stunde 73 Teile Chlorwasserstoff eingeleitet. Die Reaktionslösung
wird weitere 15 Minuten bei dieser Temperatur gerührt. Man erhält nach Filtration
137 Teile (95 der Theorie) α-Chloräthylcarbamidsäurechlorid vom Fp. 21°C und NMR-Spektrum
in CC1
4 (Standard Tetramethylsilan).
Beispiel 2
[0019] 161,5 Teile N-tert.butyl-N-vinylcarbamidsäurechlorid werden bei 0°C vorgelegt und
hierzu innerhalb 60 Minuten 75 Teile Chlorwasserstoff eingegast. Die Reaktionsmischung
wird 15 Minuten bei dieser Temperatur nachgerührt und überschüssiger HCl mit N
2 ausgeblasen. Tert.Butylchlorid wird bei vermindertem Druck abgezogen und das α-Chloräthylcaramidsäurechlorid
in CCl
4 umkristallisiert. 136 Teile (95 % der Theorie); Fp. 20/21°C.
Beispiel 3
[0020] 175,5 Teile N-tert.Amyl-N-vinylcarbamidsäurechlorid werden bei 10°C vorgelegt und
unter Rühren 75 Teile HCl eingeleitet.
[0021] Nach Beendigung der Umsetzung wird die Reaktionsmischung noch 30 Minuten bei Raumtemperatur
nachgerührt und überschüssiger HCl mit N
2 ausgeblasen.
[0022] Das tert. Amylchlorid wird bei vermindertem Druck abgezogen.
[0023] Es hinterbleiben 130 Teile (91,5 % der Theorie) α-Chlor- äthylcarbamidsäurechlorid
vom Fp. 20°C.
Beispiel 4
[0024] 50 Teile Vinylisocanat werden in 150 Teilen Dichlormethan vorgelegt. Innerhalb von
70 Minuten werden in diese Lösung 125 Teile Bromwasserstoff bei -20°C eingeleitet.
Die Reaktionslösung wird weitere 40 Minuten bei dieser Temperatur gerührt. Nach Filtration
erhält man 150 Teile (90 % der Theorie) α-Bromäthylcarbamidsäurebromid vom Fp. 55°C
und NMR-Spektrum in CDC1
3 (Standard metramethylsilan).