(57) Bei der Anzucht von Pflanzen aus Stecklingen und Samen kommen die verschiedensten
Trägersubstanzen zur Verwendung. Um eine ausreichende Beständigkeit, Festigkeit und
ein günstiges Penetrationsverhalten zu gewährleisten und bei der Anzucht das Entstehen
phytotoxischer Stoffe zu vermeiden, wird als Trägersubstanz zur Anzucht oder als Kultursubstrat
ein ausgehärteter Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoff verwendet, dessen Eigenschaften
wie Härte und Porenvolumen sich den jeweiligen Einsatzbedingungen entsprechend einstellen
lassen.
[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Schaumstoffes als Trägersubstanz für
Pflanzen, insbesondere zur Anzucht von Pflanzen aus Stecklingen und Samen.
[0002] Es ist bekannt, Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoffe in Form von Flocken als Bodenverbesserungsmittel
und Substratkomponente einzusetzen. Die Wirksamkeit beschränkt sich dabei im wesentlichen
auf einer besseren Durchlüftung des Bodens; außerdem wird durch diesen Zusatz eine
Erhöhung der Wasserkapazität erzielt. Zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Nährstoffangebotes
ist jedoch ein verstärktes Angebot an Mineralstoffdünger erforderlich.
[0003] Weiterhin ist es bekannt, daß die Verwendung von Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoffen
als Bodenverbesserungsmittel auch ungünstige Wirkungen auf die Pflanze ausüben kann.
Beim Abbau des Schaumstoffes können phytotoxisches Formaldehyd entstehen; außerdem
werden bei der Abbaureaktion die in der Schaumlösung notwendigerweise enthaltenen
Tenside frei. Dabei handelt es sich zumeist um Alkylarylsulfonate, die gleichfalls
eine ausgeprägte phytotoxische Wirkung besitzen. Ein weiterer Nachteil besteht darin,
daß sich der Schaumstoff beim Dämpfen des Bodens zum Zwecke einer Sterilisation zersetzt
und einen hohen Stickstoff-Überschuß hinterläßt.
[0004] Aus der deutschen Patentschrift 1 018 077 ist es weiterhin bekannt, einen Kunstharzschaumstoff
auf der Basis eines Phenol-Melaminharzes als Kulturmaterial für den erdlosen Pflanzenanbau
zu verwenden. Es hat sich jedoch gezeigt, daß dieser verhältnismäßig weiche Schaumstoff
insofern Nachteile aufweist, als die Wurzeln nach Erreichen einer gewissen Höhe der
Pflanze nicht mehr ausreichend fest im Pflanzblock gehalten werden. Beim Schwanken
oder Biegen der Pflanzen besteht insbesondere beim Auspflanzen die Gefahr, daß die
feinsten, äußersten Wurzeln des Wurzelballens aus-oder abreißen. Beim Abbau des Schaumstoffes
entsteht außerdem äußerst phytotoxisches Phenol.
[0005] Ein anderer, zur Stecklings- und Samenvermehrung vorgeschlagener Phenolharzschaum
zeichnet sich gegenüber den natürlichen Anzuchtmitteln durch ein wesentlich geringeres
Raumgewicht, durch eine gute Einheitlichkeit sowie durch eine hohe Wirtschaftlichkeit
aus. Darüber hinaus ermöglicht die Verwendung dieses Produktes als Anzuchtblock einen
problemlosen Transport und Versand. Versuche haben jedoch ergeben, daß insbesondere
bei zahlreichen Zierpflanzen der Anzucht-und Vermehrungserfolg gering ist. Die Wurzelbildung
lag erheblich unter dem Durchschnitt im Vergleich zu der mit natürlichen Anzuchtmitteln
erzielten; häufig war keinerlei Wurzel- oder Kallusbildung festzustellen.
[0006] Aus diesem Grunde wurden bisher überwiegend Torfe und Erdsubstrate als Anzuchtmittel
eingesetzt. Diese natürlichen Anzuchtmittel weisen jedoch gleichfalls eine Reihe von
Nachteilen auf. Aufgrund ihrer Herkunft enthalten sie mehr oder weniger bakterielle
Verunreinigungen und insbesondere erhebliche Mengen Unkrautsamen. Demzufolge ist vor
der Verwendung stets ein zeit-und kostenintensives Sterilisieren erforderlich. Danach
muß das Material alsbald verarbeitet werden, um eine erneute Verunreinigung zu vermeiden.
Der pH-Wert dieser Produkte ist nicht selten größeren Schwankungen unterworfen, was
insbesondere bei der Anzucht von empfindlichen Pflanzen mitunter zu Schwierigkeiten
führt.
[0007] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Trägersubstanz zur Anzucht von
Pflanzen durch Stecklinge und Samen zu finden, die die genannten Nachteile nicht aufweist.
Insbesondere soll die Substanz weitgehend abbauunfähig sein und keine phytotoxischen
Stoffe bilden. Außerdem soll der Träger, beispielsweise in der Form eines Pflanzblocks,
eine ausreichende Festigkeit und Kompaktheit besitzen, damit er bei der Handhabung
und dem Transport nicht auseinanderfällt. Gleichzeitig darf er jedoch nicht zu dicht
sein, damit eine gute Entwicklung der Wurzeln gewährleistet ist.
[0008] Versuche haben nun ergeben, daß sich die genannten Nachteile überraschenderweise
vermeiden lassen, wenn zur Anzucht oder auch als Kultursubstrat von Pflanzen aus Stecklingen
und Samen ein ausgehärteter Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoff als Trägersubstanz verwendet
wird. Dabei lassen sich die Schaumstoffeigenschaften der jeweiligen Einsatzbedingung
entsprechend einstellen; so beispielsweise die Härte und das Porenvolumen, das für
die Wasser- und die Nährstoffaufnahme entscheidend ist. Der vorgeschlagene Schaumstoff
besitzt zudem den Vorteil, daß er ein niedriges Versandgewicht und eine ausgezeichnete
Wasserbweglichkeit ohne die Gefahr von zu Fäulnis führendem Stauwasser besitzt. Der
vorgeschlagene Schaumstoff gewährleistet zudem einen guten Feuchtigkeitsausgleich
gegenüber dem umgebenden Erdreich, was auf die gute Kapillarwirkung zurückzuführen
ist. Dies steht im Gegensatz zu Phenolharzblöcken, die nie ganz im Erdreich liegen
dürfen, um Fäulnis zu vermeiden. Schließlich läßt sich der vorgeschlagene Schaumstoff
für die Anzucht oder auch als Hygrokultur aller Pflanzen verwenden.
[0009] Als besonders geeignet hat sich ein Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoff erwiesen, bei
dem als Ausgangsstoff ein reines und unmodifiziertes Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukt
in wäßriger Lösung dient. Besonders geeignet als Ausgangsstoff ist eine wäßrige Lösung
eines Kondensationsproduktes mit einem Trockengehalt von 30 bis 40 %. Derartige Kondensationsprodukte
dienten bislang in Verbindung mit Härtern überwiegend als Verleimungsmittel für die
Sperrholz-, Möbel- und Spannplattenverarbeitung sowie als Wärme-und Schallschutz.
[0010] Diese Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoffe werden in der Weise hergestellt, daß ein
reines, unmodifiziertes Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukt in wäßriger Lösung
unter Zugabe eines Schäummittels durch Einblasen komprimierter Luft aufgeschäumt und
durch Einsprühen einer Säure, beispielsweise Phosphorsäure, gehärtet wird. Das spezifische
Schaumgewicht beträgt 0,025 bis 0,125 g/cm
3, vorzugsweise 0,05 bis 0,075 g/cm
3. Anschließend erfolgt ein Neutralisieren durch Aufsprühen von Alkalien, beispielsweise
Natronlauge. Das Produkt wird dann solange mit Wasser gespült, bis mit Sicherheit
alle phytotoxischen Verbindungen ausgewaschen sind.
[0011] Die zu Blöcken oder Streifen geschnittenen Schaumstoffkörper weisen aufgrund ihrer
Zellenformen eine große Aufnahmekapazität für Wasser auf. Sie sind völlig steril und
genügend fest für einen Transport. Sie lassen sich beispielsweise nach einem Tränken
mit Nährstoffen oder -salzen enthaltendem Wasser oder auch nährstoffrei unmittelbar
zur Anzucht von Pflanzenstecklingen oder -samen nach üblichen Arbeitsweisen verwenden.
[0012] Selbstverständlich lassen sich auch zur Aufnahme von Samen Vertiefungen oder zur
Aufnahme von Stecklingen Sacklöcher in den Schaumstoff einarbeiten.
[0013] Versuche zur Stecklingsvermehrung mit 17 Zierpflanzen ergaben nach 14 bis 21 Tagen
zu mehr als 31 % eine Kallusbildung und zu mehr als 60 % eine Wurzelbildung. Nur bei
weniger als 8 % der Stecklinge unterblieb eine Wurzelbildung. Diese Ergebnisse zeigen
die Überlegenheit der erfindungsgemäßen Trägersubstanz.
1. Verwendung eines ausgehärteten Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoffes als Trägersubstanz
für Pflanzen.
2. Verwendung eines ausgehärteten Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoffes als Trägersubstanz
zur Anzucht von Pflanzen aus Stecklingen und Samen.
3. Verwendung eines ausgehärteten Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoffes nach Anspruch
1 oder 2, bei dem als Ausgangsstoff ein reines und unmodifiziertes Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukt
in wäßriger Lösung dient.
4. Verwendung eines ausgehärteten Harnstoff-Formaldehyd-Schaumstoffes nach Anspruch
1, 2 oder 3 mit einem Ausgangsstoff, der einen Trockengehalt von 30 bis 40 % und nach
dem Schäumen ein spezifisches Gewicht von 0,025 bis 0,125 g/cm3 besitzt.