(19)
(11) EP 0 000 861 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.03.1979  Patentblatt  1979/05

(21) Anmeldenummer: 78100051.8

(22) Anmeldetag:  01.06.1978
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)2C02F 1/52, C02F 3/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB NL

(30) Priorität: 25.08.1977 DE 2738309

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Reimann, Hans, Dr.
    D-8000 München 71 (DE)

(74) Vertreter: Schaefer, Gerhard, Dr. 
Linde Aktiengesellschaft Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Reinigung Calcium enthaltenden, organisch belasteten Abwassers


    (57) Zur Reinigung Calcium enthaltenden organisch belasteten Abwassers, insbesondere zur Reinigung von Abwasser aus Zuckerfabriken, wird ein entsprechendes Abwasser mittels eines Belebtschlammverfahrens unter Belüften mit nahezu reinem Sauerstoff und/oder mit einem Sauerstoff enthaltenden Gas behandelt.
    Dabei wird mindestens zeitweise und mindestens in einem Teil des Belebungssystems ein CO2-haltiges Gas in die im Belebungssystem vorhandene Flüssigkeit eingeleitet, und in dieser werden so viele CO2-Anteile gelöst, dass ein Teil des im Abwasser gelösten Calciums als Niederschlag ausfällt. Die Einleitung des CO2-haltigen Gases kann in dem Mass durchgeführt werden, dass der pH-Wert im Belebungssystem auf einen Wert zwischen 6 und 8, insbesondere zwischen 6,5 und 7,5 eingestellt und die Konzentration an Belebtschlammtrockensubstanz über 8 kg/m3 und der Anteil der organischen Substanz darin, definiert als Glühverlust, auf 30 bis 70%, vorzugsweise auf 40 bis 60%, gehalten wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reinigung Calcium enthaltenden organisch belasteten Abwassers mittels eines Belebtschlammverfahrens unter Belüften mit nahezu reinem Sauerstoff und bzw. oder mit einem Sauerstoff enthaltenden Gas.

    [0002] Calcuim enthaltende, organisch belastete Abwässer fallen insbesondere bei der Zuckerherstellung an. Von der Zuckerindustrie werden neuerdings zur Reinigung solcher Abwässer Belebtschlammverfahren entweder anstelle oder in Verbindung mit der Verwendung von Stapelteichen und Oxydationsteichen eingesetzt. So ist beispielsweise ein Abwasserreinigungsverfahren bekannt, bei dem das in der Zuckerfabrik anfallende Schwemm-und Waschwasser im Kreislauf über ein Absetzbecken geführt und das vom Absetzbecken kommende Schlammtransportwasser zunächst einem Auflandebecken und einem Anaerobbecken und danach einem Fermenter mit nachgeschaltetem Nachklärbecken zugeleitet wird. Im Nachklärbecken abgesetzter Schlamm wird in den Fermenter zurücktransportiert, während aus dem Nachklärbecken abgezogenes gereinigtes Wasser in das Absetzbecken des Schwemm- und Waschwasserkreises zurück-oder einem Vorfluter zugeleitet werden kann. Der Fermenter kann dabei mit Luft oder zumindest mit Sauerstoff angereicherter Luft betrieben werden (siehe Sonderdruck aus der Zeitschrift "Zucker", 28. Jahrgang, Heft 10, Seite 527 bis 534, 1975).

    [0003] Wie sich gezeigt hat, verläuft der Betrieb solcher Kläranlagen nicht immer reibungslos. Häufig treten unkontrollierte Entartungen des Belebtschlammes auf, die erhebliche Störungen der Abbauleistung zur Folge haben und die auf ein unausgewogenes Nährstoffangebot insbesondere bei Über- oder Unterbelastung der Anlagen zurückzuführen sind. Solche als Blähschlamm bezeichneten Entartungen können beispielsweise lange Bakterienfäden sein, die nur eine geringe Sinkgeschwindigkeit besitzten. Beim Auftreten eines solchen Blähschlamms erfolgt im Nachklärbecken nur eine sehr langsame Auftrennung in den Belebtschlamm, der in die Belebungsanlage zurückgenommen wird und in den Klarlauf, der in den Vorfluter abgeleitet wird.

    [0004] Darüber hinaus kann auch eine Verminderung des Bakterienwachstums im Belebtschlammsystem und damit eine geringe Abbauleistung dadurch bedingt sein, daß das im Absetzbecken des Schwemm- und Waschwasserkreislaufs anfallende Abwasser aufgrund der üblicherweise mehr oder minder hohen Zugaben von Calciumhydroxid (Ca(OH)2) in den Schwemm- und Wasserkreislauf zur Vermeidung eines in diesem Kreislauf unerwünschten Bakterienwachstums stark alkalisch ist, wobei pH-Werte bis zu 12 erreicht werden können.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Reinigung Calcium enthaltenden Abwassers,insbesondere aus Zuckerfabriken, der eingangs genannten Art zu entwickeln, mit dem auf einfache Weise trotz der unter Umständen auftretenden Entartungen des Belebtschlamms und trotz des hohen pH-Wertes im Abwasser eine möglichst hohe Abbauleistung erzielt werden kann.

    [0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß mindestens zeitweise und mindestens in einem Teil des Belebungssystems ein C02-haltiges Gas in die im Belebungssystem vorhandene Flüssigkeit eingeleitet wird und dabei soviel C02-Anteile in der Flüssigkeit gelöst werden, daß ein Teil des im Abwasser gelösten Calciums als Niederschlag ausfällt.

    [0007] Die Erfindung macht sich den Umstand zunutze, daß sich C02 mit Calciumhydroxid zu Calciumcarbonat und Wasser verbindet. Mit dem Auftreten von Calciumcarbonat wird also das im Abwasser gelöste Calciumhydroxid in einen unlöslichen Niederschlag übergeführt, der leicht entfernt werden kann. Je mehr Calciumhydroxid dabei in Calciumcarbonat übergeführt wird, desto geringer wird der pH-Wert des Abwassers und stellt sich auf einen Bereich ein, in dem das Bakterienwachstum verbessert und die Abbauleistung entsprechend erhöht wird.

    [0008] Vorteilhaft ist es dabei, die Einleitung des C02- haltigen Gases in dem Maß durchzuführen, daß der pH-Wert im Belebungssystem zwischen 6 und 8, vorzugsweise zwischen 6,5 und 7,5 eingestellt wird, da bei nur gering saurem oder nur gering alkalischem Abwasser das Bakterienwachstum am günstigsten ist. Zur Einstellung.dieser pH-Werte ist es lediglich erforderlich, die Menge des eingeleiteten C02-haltigen Gases in Abhängigkeit eines zum Beispiel im Ablauf des Abwassers gemessenen pH-Wertes zu regeln.

    [0009] Darüberhinaus erweist es sich als vorteilhaft, die Einleitung des C02-haltigen Gases in dem Maß durchzuführen, daß die Konzentration an Belebtsehlammtrockensubstanz im Abwasser über 8 kg/m3 und der Anteil der organischen Substanz(definiert als Glühverlust)darin auf 30 bis 70 %, vorzugsweise auf 40 bis 60 %, gehalten wird. Das durch das Einleiten eines C02-haltigen Gases ausgefällte Calciumcarbonat beschwert den Belebtschlamm und führt zu einer Erhöhung der Konzentration der Belebtschlammtrockensubstanz. die allgemein den Gewichtsanteil ungelöster Stoffe eines Feststoffwassergemisches angibt. Dadurch können die Ausbildung und/oder die Auswirkungen des Blähschlamms weitgehend unterbunden und die Sinkgeschwindigkeit auch von fadenförmigen Bakterien in der Nachklärzone erhöht werden, so daß der vorhandene Belebtschlamm schneller in die Belebtzone zurückgeführt werden kann und dadurch letztlich mehr organische Substanz (= Bakterienmasse) zur Verfügung steht. Eine Erhöhung der Abbauleistung ist die Folge.

    [0010] Wie sich gezeigt hat, lassen sich mit den vorstehend angegegebenen Werten gute Abbauleistungen erzielen. Ein Zahlenbeispiel soll diese Zusammenhänge verdeutlichen:

    Abwasser aus dem Schwemm- und Waschwasserkreislauf einer Zuckerfabrik wurde aus dem Ablauf des mechanischen Absetzbeckens entnommen und einer halbtechnischen biologischen Anlage zugeleitet. Der BSB5 des Zulaufs betrug 12000 mg/1, der CSB 17000 mg/1, der pH-Wert 10-12 und der Ca-Gehalt 3000 mg/1. Das Belebungsbecken der Anlage war zu Beginn mit Belebtschlamm einer kommunalen Kläranlage gefüllt worden, der durch eine Trockensubstanzkonzentration von 4 kg/m3, einen Glühverlust von 80 % und einen Schlammindex von 100 ml/g gekennzeichnet war. Im Belebungsbecken wurde ein Gas eingetragen, das 60-70 % 02 und 30-40 % C02 enthielt. Hierdurch stellte sich im Becken ein pH-Wert von 6,5 - 7 ein.



    [0011] Die Trockensubstanzkonzentration nahm im Verlauf kurzer Zeit stark zu und erreichte Werte von 20 bis 40 kg/m3 mit einem Glühverlust von 40-50 % und einem Schlammindex von 20-50 ml/g. Bei einer BSB5-Raumbelastung von 5-10 kg/m3·d und einer entsprechenden nominellen Belüftungszeit von 30-60 Std. wurden im Ablauf des Nachklärbeckens BSB5-Werte von 150-300 mg/l und CSB-Werte von 600-1200 mg/1 gemessen. Der Ca-Gehalt des Ablaufs lag bei 600 mg/l, hatte also um 2400 mg/1 abgenommen, was einer ausgefällten Menge von 6000 mg/l CaCO3 entspricht. Bei Bestimmung des Glühverlustes geht das CaC03 praktisch völlig in 3350 mg/l Ca0 über. Aus 12000 mg/l BSB5 entstehen etwa 2500 mg/l Überschußschlamm mit einem organischen Anteil von ca. 70 %. Die anschließende Tabelle zeigt, daß auf diese Weise ein Schlamm mit einem organischen Anteil von ca. 21 % und einem Glühverlust (zuvor definiert als organische Substanz) von ca. 50 % entstanden ist. Der anorganische Anteil bewirkt die guten Flockungs- und Absetzeigenschaften.




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Reinigung Calcium enthaltenden organisch belasteten Abwassers mittels eines Belebtschlammverfahrens unter Belüften mit nahezu reinem Sauerstoff und bzw. oder mit einem Sauerstoff enthaltenden Gas, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens zeitweise und mindestens in einem Teil des Belebüngssystems ein C02-haltiges Gas in die im Belebungssystem vorhandene Flüssigkeit eingeleitet wird und dabei so viel C02-Anteile in der Flüssigkeit gelöst werden, daß ein Teil des im Abwasser gelösten Calciums als Niederschlag ausfällt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Einleitung C02-haltigen Gases in dem Maß durchgeführt wird, daß der pH-Wert im Belebungssystem zwischen 6 und 8 eingestellt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Einstellung des pH-Wertes auf einen Wert zwischen 6,5 und 7,5 durchgeführt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die C02-Einleitung in dem Maß durchgeführt wird, daß die Konzentration an Belebtschlammtrockensubstanz über 8 kg/m3 und der Anteil der organischen Substanz darin, definiert als Glühverlust, auf 30 bis 70 %, vorzugsweise auf 40 bis 60 % gehalten wird.
     





    Recherchenbericht