[0001] Die Erfindung betrifft Silberpulver, in dem eine oxidische oder metallische Phase
dispergiert ist, sowie ein Verfahren zur Herstellung dieses Pulvers.
[0002] Werkstoffe für elektrische Schaltkontakte sollen neben hoher elektrischer Leitfähigkeit
eine geringe Schweissneigung und eine hohe Abbrandfestigkeit der Kontakte aufweisen.
Schweissneigung und Abbrandfestigkeit von Silberkontakten können durch Zusätze von
oxidischen Phasen oder durch Zusätze einer nicht im Silber löslichen metallischen
Phase (z.B. Ni) wesentlich verbessert werden.
[0003] Der Mengenanteil derartiger Zusätze wie z.B. Cadmiumoxid beträgt bis zu 15 Gew%.
Funkenlöschverhalten bzw. Abbrandfestigkeit beim Abschalten des Stromes werden durch
Art und Menge sowie Verteilungsgrad der Zusätze bestimmt.
[0004] Neben Verbundwerkstoffen, die aus zwei Komponenten bestehen, werden auch Verbundwerkstoffe
aus drei oder mehr Komponenten eingesetzt, wie z.B. Silber-Metall-Metalloxid oder
Silber-Metalloxid (1)-Metalloxid (2).
[0005] Mechanische und elektrische Eigenschaften eines elektrischen Kontaktes werden darüberhinaus
durch das Kristallgefüge bestimmt. Die gefügekennzeichnenden Parameter sind insbesondere
die Korrigrössenverteilung und die Porosität. Dazu kommt Homogenität und Feinheit
der Fremdphasenverteilung bei mehrkomponentigen Kontaktwerkstoffen. Feinkörnigkeit
und Homogenität der Fremdphasenverteilung bestimmen entscheidend das Kontaktverhalten.
[0006] Die Herstellung der erwähnten Verbundmaterialien ist mit üblichen Schmelzverfahren
normalerweise nicht möglich, so dass pulvermetallurgische oder andere Herstellungsverfahren
herangezogen werden müssen.
[0007] Eine Ausnahme bilden solche Werkstoffe, bei denen das oxidbildende Metall mit Silber
legiert werden kann. Die Legierungsbildung erfolgt unter Sauerstoffausschluss, wodurch
sich eine homogene Verteilung des oxidbildenden Metalls im Silber einstellt. Die oxidischen
Ausscheidungen werden dann durch das Verfahren der inneren Oxidation erzeugt. Dieses
Verfahren findet z.B. bei Silber-, Cadmiumoxid-Werkstoffen Anwendung.
[0008] Die pulvermetallurgische Herstellung heterogener Systeme erfolgt üblicherweise über
eine innige Mischung der Einzelpulver mit anschliessendem Pressen und Sintern.
[0009] Die Herstellung der einzelnen Metallpulver erfolgt z.B. durch Mahlen im festen Zustand
oder durch Zerstäuben von Schmelzen. Darüberhinaus sind chemische und elektrolytische
Verfahren zur Herstellung einkomponentiger Metallpulver bekannt.
[0010] So führt z.B. die thermische Zersetzung von Silbercarbonat zu feinkörnigem Silberpulver
oder die Zersetzung von Nickelcarbonyl bei erhöhter Temperatur zu dem bekannten Carbonyl-Nickelpulver.
[0011] Naßchemische Verfahren, wie die Fällung aus wässriger
Lö- sung, werden bei Edelmetallen, wie Silber oder Gold, angewendet.
[0012] Ein weiteres Verfahren ist die Reduktion von Metallverbindungen, die z.B. auch zur
Metallgewinnung aus natürlichen Erzen herangezogen wird.
[0013] Elektrolytisch können Metallpulver durch geeignete Wahl von Badzusammensetzung, Badtemperatur
und Stromdichte sowie Konzentration des Elektrolyten hergestellt werden. Silberpulver
lässt sich dabei mit hoher Reinheit herstellen.
[0014] Darüberhinaus ist die Verdüsung von Metallschmelzen oder homogenen Legierungsschmelzen
zur Herstellung von Metallpulvern bekannt.
[0015] Alle oben genannten Verfahren eignen sich jedoch nicht zur direkten Herstellung von
Metallpulvern mit oxidischen oder mit metallischen Fremdphasen. Gewisse Erfolge wurden
durch die gemeinsame Fällung zweier Komponenten aus wässriger Lösung erzielt. So können
z.B. Silber und Nickel aus einer Nitratlösung gemeinsam als Carbonate gefällt werden.
Um daraus die heterogene Metallegierung herzustellen, ist jedoch ein weiterer thermischer
Verfahrensschritt notwendig, bei dem die Carbonate thermisch zersetzt werden. Ausser
diesem wirtschaftlichen Nachteil ergibt sich auch ein technischer Nachteil des Verfahrens
dadurch, dass bei der thermischen Zersetzung der Carbonate die feinkörnigen Metallpulver
zum Zusammensintern neigen, d.h. es findet bereits vor dem eigentlichen Sinterprozess
eine Agglomeration statt.
[0016] Ein häufig in der Praxis für die Herstellung von Silber-Cadmiumoxid-Verbundmaterial
angewandtes Verfahren ist das der inneren Oxidation. Die mittlere Korngrösse der Cadmiumoxidausscheidungen
beträgt dabei 5
/um mit Teilchengrössen zwischen 1 und 10
/um. Die im Interesse einer guten Funken- 'löschung gewünschte homogene und feinkörnige
Cadmiumoxidverteilung mit Partikelgrössen < 1
/um lässt sich mit diesem Verfahren nicht erreichen. Darüberhinaus ergibt sich eine
Inhomogenität der Cadmiumoxidteilchengrössen als Funktion des Abstandes von der Phasengrenzfläche
Legierung-Luft, die auf die Diffusion von Cadmium in Richtung zur Oberfläche zurückzuführen
ist.
[0017] Alle pulvermetallurgischen Verfahren, bei denen von einkomponentigen Metallen bzw.
Oxid ausgegangen wird, liefern wesentlich gröbere Ausscheidungen der zweiten Phase.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass entweder die Ausgangspartikelgrössen der Einzelpulver
zu gross sind oder beim Mahl- und Mischvorgang die Agglomeration gleichartiger Teilchen
nicht verhindert werden kann.
[0018] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Silberpulver zu schaffen, das zur Herstellung
von elektrischen Kontakten mit geringer Schweissneigung, guter Funkenlöschung und
gutem Abbrandverhalten geeignet ist, sowie ein Verfahren zur Herstellung dieses Pulvers
anzugeben.
[0019] Die Aufgabe wird erfindungsgemäss durch ein Silberpulver gelöst, das aus Partikeln
im Grössenbereich von 1 bis 10
/um besteht, die Cadmiumoxid als Ausscheidung mit einer Korngrösse < 0,5
/um enthalten, wobei zur Herstellung dieses Pulvers eine gemeinsame wässrige Lösung
von Silber- und Cadmiumsalzen z.B. im Verhältnis 9 : 1 in einen heissen Reaktor zerstäubt
wird und bei Temperaturen unterhalb des Schmelzpunktes der einzelnen Komponenten thermisch
zersetzt wird. Die thermische Zersetzung erfolgt je nach Materialzusammensetzung und
gewünschtem Endprodukt entweder in einer oxidierenden Atmosphäre (Luft) oder einer
reduzierenden Atmosphäre (Wasserstoff, Formiergas, Wasserdampf-Wasserstoffgemische).
[0020] Bei dem erfindungsgemässen Verfahren erfolgt die Homogenisierung der Einzelkomponenten
des Verbundwerkstoffes sehr effektiv in der flüssigen Phase. Beim Einsprühen der gemeinsamen
Lösung in den heissen Reaktor verdampft das Lösungsmittel schlagartig unter Zurücklassung
der festen Bestandteile, in denen die Homogenität der Elementverteilung aus der flüssigen
Phase praktisch erhalten bleibt. Die Weiterreaktion dieser Feststoffpartikel mit dem
umgebenden Gas im heissen Reaktor erfolgt je nach Gaszusammensetzung und Material
entweder durch Zerfall der Metallverbindung in das Metall und gasförmige Spaltprodukte
der Metallverbindung, oder durch Aufnahme von Sauerstoff in das entsprechende Metalloxid,
oder im Fall reduzierender Atmosphäre durch Reduktion-der Metallverbindungen zum Metall.
Da nach der Verdampfung des Lösungsmittels keine schmelzflüssigen Phasen in den einzelnen
Partikeln auftreten, erfolgt die Agglomeration einzelner Komponenten im Verbundmaterial
nur durch relativ langsame Diffusionsprozesse. Die kurze Verweilzeit der Partikel
in der heissen Reaktionszone (einige Sekunden) lässt ein Kornwachstum über den Bereich
von 1
/um nicht zu.
[0021] Im Vergleich zu den konkurrierenden-Fällungsverfahren bietet das erfindungsgemässe
Verfahren den Vorteil, dass nach der eigentlichen Pulverherstellung keine weiteren
Verfahrensschritte mehr notwendig sind. Im übrigen ist die Auswahl der herstellbaren
Verbundpulver nicht dadurch begrenzt, dass ein gemeinsames Fällungsmittel für die
enthaltenen Komponenten gefunden werden muss. Das erfindungsgemässe Verfahren eignet
sich daher auch sehr gut zur Herstellung von mehr als zweikomponentigen Verbundwerkstoffen.
[0022] Darüberhinaus ist das Auswaschen von Fällungsmitteln nach der Pulverherstellung bei
dem erfindungsgemässen Verfahren nicht notwendig.
Beispiel 1:
[0023] Eine Lösung von 611,52 g Silbernitrat (AgN0
3) und 103,67 g Cadmiumnitrat (Cd (NO
3)
2 x 4 H
20) in 4 Liter Wasser wird mit Hilfe pneumatischer Zweistoffdüsen in einen Rohrreaktor
der Abmessungen 0,3 m 0, 1,5 m Länge eingesprüht, wobei die Wandtemperatur des Reaktors
950° C beträgt. Als Zerstäubergas wird Pressluft verwendet. Bei einem Durchsatz von
10 Liter Lösung pro Stunde und 10 m
3 Luft pro Stunde wird 1 kg Silberpulver pro Stunde hergestellt. Die Grösse der entstandenen
Silber-Cadmium-Oxidpulverpartikel liegt zwischen ca. 1 und 5
/um. Nach dem Sintern des Pulvers beträgt die Grösse der Cadmiumoxidausscheidungen
im fertigen Formteil 0,2 - 0,5
/um.
Beispiel 2:
[0024] Eine Mischung von 97 g Silber und 12 g Zinn in einer Mischung von Salpetersäure und
Essigsäure wird auf ein Gesamtvolumen von 3,4 Liter mit Wasser verdünnt. Die Lösung
wird unter denselben Bedingungen, wie in Beispiel 1 angeführt, im Reaktor zerstäubt
und die entstandenen Pulverpartikel werden in einem Zentrifugalabscheider von den
heissen Abgasen getrennt. Der Durchmesser der Silber-Zinn-Oxidpartikel beträgt ca.
1 - 3
/um, wobei im gesinterten Formteil die Abmessungen der Zinn-Oxidausscheidungen ca.
50 nm betragen.
1. Silberpulver zur Verwendung bei elektrischen Kontakten der Zusammensetzung Ag/CdO,
dadurch gekennzeichnet, dass das Pulver aus Partikeln im Grössenbereich von 1 bis
10 /um besteht, die Cadmiumoxid als Ausscheidung mit einer Korngrösse < 0,5 /um enthalten.
2. Silberpulver nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Cadmium ganz oder teilweise
durch Zinn, Indium, Magnesium, Zink, Gadolinium, Blei, Molybdän oder Wolfram ersetzt
ist.
3. Silberpulver nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Cadmiumoxid ganz oder
teilweise durch Nickel ersetzt ist.
4. Silberpulver der Zusammensetzung Ag/Cd, dadurch gekennzeichnet, dass das Pulver
aus Partikeln im Grössenbereich von 1 - 10/um besteht, die eine homogene metallische
Legierung von Cadmium und Silber darstellen.
5. Silberpulver nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass Nickel in Form von Nickeloxid
vorliegt.
6. Silberpulver nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass Cadmium ganz oder teilweise
durch Indium, Magnesium, Zink, Gadolinium, Blei, Molybdän oder Wolfram ersetzt ist.
7. Verfahren zur Herstellung von Silberpulver nach einem oder mehreren der Ansprüche
2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass eine wässrige Lösung von Silbersalzen und Cadmiumsalzen
in einem heissen Reaktor zerstäubt wird und bei Temperaturen unterhalb des Schmelzpunktes
der einzelnen Komponenten thermisch zersetzt wird.